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Kitabı oku: «Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre», sayfa 39

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Einundzwanzigstes Capitel.
Die pathologische, besonders die heterologe Neubildung

Theorie der substitutiven Neubildung im Gegensatze zu der exsudativen. Zerstörende Natur der Neubildungen. Homologie und Heterologie (Malignität). Ulceration. Osteomalacie. Knochenmark und Eiter. Proliferation und Luxuriation.

Die Eiterung. Verschiedene Formen derselben: oberflächliche aus Epithel und tiefe aus Bindegewebe, Auswanderung der farblosen Blutkörperchen. Erodirende Eiterung (Haut, Schleimhaut): Eiter- und Schleimkörperchen im Verhältniss zum Epithel. Ulcerirende Eiterung. Lösende Eigenschaften des Eiters.

Zusammenhang der Destruction mit pathologischem Wachsthum und Wucherung. Uebereinstimmung des Anfanges bei Eiter, Krebs, Sarkom u. s. w. Mögliche Lebensdauer der pathologisch neugebildeten Elemente und der pathologischen Neubildungen als ganzer Theile (Geschwülste).

Zusammengesetzte Natur der grösseren Geschwulstknoten und miliarer Charakter der eigentlichen Heerde. Bedingungen des Wachsthums und der Recidive: Contagiosität der Neubildungen, Bedeutung der Elementar-Anastomosen und der Wanderzellen. Die Cellularpathologie im Gegensatze zur Humoral- und Neuropathologie. Allgemeine Infection des Körpers. Parasitismus und Autonomie der Neubildungen.

Im vorigen Capitel habe ich die Hauptpunkte in der Geschichte der Neubildungen erörtert. Es erhellt daraus, dass nach meiner Auffassung jede Art von Neubildung, insofern sie präexistirende zellige Elemente als ihren Ausgangspunkt voraussetzt und an die Stelle derselben tritt, auch nothwendig mit einer völligen Veränderung (Alteration) des gegebenen Körpertheiles verbunden sein muss. Es lässt sich nicht mehr eine Hypothese der Art vertheidigen, wie man sie früher vom Gesichtspunkte der plastischen Stoffe aus festhielt, dass sich neben die vorhandenen Elemente des Körpers ein Rohstoff lagere, welcher aus sich durch eine Art von Urzeugung ein neues Gewebe erzeugt und so einen reinen Zuwachs für den Körper liefern würde. Wenn es richtig ist, dass jede Neubildung aus bestimmten Elementen hervorgeht und dass in der Regel Theilungen der Zellen das Mittel der Neubildung sind, so versteht es sich natürlich von selbst, dass, wo eine Neubildung stattfindet, in der Regel auch gewisse Gewebselemente des Körpers aufhören müssen zu existiren. Selbst ein Element, das sich einfach theilt und aus sich zwei neue, ihm gleiche Elemente erzeugt, hört damit auf zu sein, wenngleich das Gesammtresultat nur die scheinbare Apposition eines Elementes ist. Dies gilt für alle Formen von Neubildungen, so für die gutartigen, wie für die bösartigen, und man kann daher in einem gewissen Sinne sagen, dass überhaupt jede Art von Neubildung destructiv ist, dass sie etwas vom Alten zerstört. Allein wir sind bekanntlich gewöhnt, die Zerstörungen nach dem Effect zu beurtheilen, der für die gröbere Anschauung hervortritt, und wenn man von destruirenden Bildungen spricht, so meint man zunächst nicht diejenigen, wobei das Resultat der Neubildung ein Analogon der alten Bildung darstellt, sondern irgend ein mehr oder weniger von dem ursprünglichen Typus des Theiles abweichendes Erzeugniss. Dieser Gesichtspunkt ist es, den ich früher schon (S. 92) bei der Classification der pathologischen Neubildungen hervorgehoben habe. Aus ihm ergibt sich ein vernünftiger, den Thatsachen entsprechender Scheidungsgrund aller Neubildungen in homologe und heterologe.

Heterolog dürfen wir nicht nur die malignen, degenerativen Neoplasmen nennen, sondern wir müssen jedes Gewebe so bezeichnen, welches von dem anerkannten Typus des Ortes abweicht, während wir homolog alles das nennen werden, was, obwohl neu gebildet, doch den Typus seines Mutterbodens reproducirt. Wir finden z. B., dass die so überaus häufige Art der Uterus-Geschwülste, welche man als fibröse oder fibroide bezeichnet, ihrer ganzen Zusammensetzung nach denselben Bau hat, wie die Wand des „hypertrophischen“ Uterus, indem sie nicht nur aus fibrösem Bindegewebe mit Gefässen, sondern auch aus Muskelfasern besteht. Ich habe sie daher Myom oder Fibromyom genannt284. Die Geschwulst kann bekanntlich so gross werden, dass sie nicht bloss den Uterus in allen seinen Functionen auf das Aeusserste beeinträchtigt, sondern auch durch Druck auf die Nachbartheile den allerübelsten Einfluss ausübt. Trotzdem wird sie immer als ein homologes Gebilde gelten müssen. Dagegen können wir nicht umhin, von einer heterologen Bildung zu sprechen, sobald durch einen Vorgang, der vielleicht in seinem Anfange eine einfache Vermehrung der Theile auszudrücken scheint, ein Resultat gewonnen wird, welches von dem ursprünglichen Zustande des Ortes wesentlich verschieden ist. Ein Katarrh z. B. in seiner einfachen Form kann eine Vermehrung der zelligen Elemente an der Oberfläche mit sich bringen, ohne dass die neuen Zellen wesentlich verschieden sind von den präexistirenden. Untersucht man eine Vagina mit ausgesprochenem Fluor albus (Leukorrhoe), so ist kein Zweifel, dass die Zellen des Fluor albus den Zellen des Vaginalepithels sehr nahe stehen, obgleich sie nicht mehr ganz die typische Gestalt des Pflasterepithels bewahren. Je weniger sie sich aber zu den typischen Formen des Ortes entwickeln, um so mehr werden sie functionsunfähig. Sie sind beweglich auf einer Oberfläche, wo sie eigentlich festhaften sollten; sie fliessen herunter (Katarrh) und erzeugen Resultate, welche mit der Integrität der Theile unverträglich sind.

Im engeren Sinne des Wortes destruirend sind allerdings nur heterologe Neubildungen. Die homologen können per accidens sehr nachtheilig werden, aber sie haben doch nicht den eigentlichen, im groben und traditionellen Sinne destruirenden oder malignen Charakter. Dagegen haftet jeder Art von Heterologie, zumal wenn sie sich nicht auf die alleroberflächlichsten Theile bezieht, eine gewisse Malignität an. Trotzdem sollte man nicht übersehen, dass selbst die Oberflächen-Affectionen, auch wenn sie sich nur auf die äusserste Epithelial-Lage beschränken, allmählich einen sehr nachtheiligen Einfluss ausüben können. Man denke nur an den Fall, dass eine grosse Schleimhautfläche immerfort secernirt, dass auf ihr fortwährend heterologe Producte erzeugt werden, die nicht zu bleibendem Epithel werden, sondern immerfort von der Schleimhaut herunter fliessen. Die durch die Ablösung der deckenden Elemente entstehende Erosion verbindet sich hier mit der Blennorrhoe, der Anämie, der Neuralgie u. s. f.

Viel klarer stellt sich dieser nachtheilige Einfluss heraus, sobald man jene gröbere Destruction ins Auge fasst, welche das Motiv für Ulceration und Höhlenbildung im Innern der Theile wird. Es sieht wie ein Widerspruch aus, dass ein Prozess, der neue Elemente hervorbringt, zerstöre, allein dieser Widerspruch ist doch eben nur ein oberflächlicher. Wenn man sich denkt, dass in einem Theile, der vorher fest war, ein Gewebe neu gebildet wird, welches beweglich, in seinen einzelnen Theilen verschiebbar ist, so wird das natürlich immer eine wesentliche Aenderung in der Brauchbarkeit des Theiles mit sich bringen. Die einfache Umwandlung des Knochens in Mark (S. 502) kann die Ursache werden für eine grosse Fragilität der Knochen, und die Osteomalacie beruht ihrem Wesen nach auf gar nichts Anderem, als darauf, dass compacte Knochensubstanz in Mark umgewandelt wird285. Eine excessive Markraumbildung rückt allmählich vom Innern des Knochens an die Oberfläche vor, beraubt den Knochen seiner Festigkeit, erzeugt ein an sich ganz normales, aber für die nothwendige Festigkeit der Theile unbrauchbares Gewebe und bereitet so die Zerstörung des Zusammenhanges mit einer gewissen Nothwendigkeit vor. Das Mark ist ein ausserordentlich weiches Gewebe, das in jenen Zuständen, wo es roth und zellenreich oder atrophisch und gallertig ist, fast flüssig wird. Die Thierärzte sprechen daher geradezu von einer „Markflüssigkeit“ als einer besonderen Krankheitsform. Von dem Mark zu den vollkommen flüssigen Geweben ist ein kleiner Schritt, und die Grenzen zwischen Mark und Eiter lassen sich manchmal mit Sicherheit überhaupt gar nicht feststellen. Eiter ist für uns ein junges Gewebe, welches allmählich unter rapider Vermehrung der Zellen alle feste Intercellularsubstanz auflöst. Eine einzige Bindegewebszelle mag in kürzester Zeit einige Dutzend Eiterzellen produciren, denn der Eiter hat einen reissend schnellen Entwickelungsgang286. Aber das Resultat ist für den Körper nutzlos, die Proliferation wird Luxuriation287. Die Eiterung ist ein Consumtions-Vorgang, durch welchen überflüssige Theile erzeugt werden, welche nicht die Consolidation, die dauerhafte Beziehung zu einander und zur Nachbarschaft gewinnen, welche für das Bestehen des Körpers nothwendig ist.

Untersuchen wir nun zunächst eben die Geschichte der Eiterung, so ergibt sich sofort, dass wir verschiedene Wege der Eiterbildung unterscheiden müssen, je nachdem nehmlich die Elemente des Eiters mit den farblosen Blutkörperchen identisch sind und unmittelbar aus dem Blute auswandern, oder von den Elementen der örtlichen Gewebe neu erzeugt werden. Als solche Matrices des Eiters können bezeichnet werden sowohl die erste von uns betrachtete Art von Geweben, die der Epithelformation, als auch die zweite, die der Bindesubstanz288. Ob es auch eine Eiterung gibt, die aus einem Gewebe der dritten Reihe hervorgeht, aus Muskeln, Nerven, Gefässen u. s. f., das ist insofern zweifelhaft, als man natürlich die Bindegewebs-Elemente, welche in die Zusammensetzung der grösseren Gefässe, Muskel- und Nervenmassen eingehen, von den eigentlich muskulösen, nervösen und vasculösen (capillären) Elementen ausscheiden muss. Nun haben freilich zuverlässige Beobachter, wie C. O. Weber, auch für diese Gewebe das Bestehen einer aus ihrem Parenchym hervorgehenden Eiterung beschrieben, indess kann ich darüber nichts Bestimmtes aussagen. Die Regel ist jedenfalls auch für diese Gewebe die interstitielle Eiterung (Fig. 144).

Fig. 144. Interstitielle eiterige Muskelentzündung bei einer Puerpera m m Muskelprimitivfasern, i i Entwickelung von Eiterkörperchen aus der Wucherung der Körperchen des Zwischen-Bindegewebes. Vergr. 280.


Die Frage von der Eiterbildung ist im Laufe der Zeit ziemlich complicirt geworden. Während die neueren Beobachter viele Jahre lang es als selbstverständlich ansahen, dass die Eiterkörperchen aus dem Exsudate durch Urzeugung hervorgingen, stellten zuerst einzelne Untersucher, wie William Addison und Gustav Zimmermann, die Meinung auf, dass der Eiter wesentlich auf ausgetretene farblose Blutkörperchen (Lymphkörperchen) zurückzuführen sei. Benno Reinhardt zeigte dagegen, dass in dem Wundsecrete allerdings während der ersten Stunden die vorkommenden Zellen mit den gleichzeitig im Blute vorkommenden farblosen Blutkörperchen übereinstimmen, dass diess jedoch später nicht mehr der Fall sei. Allein auch er liess diese späteren Eiterkörperchen aus dem Exsudate entstehen. Nachdem ich jedoch dasjenige, was er für die Anfänge der jungen Eiterkörperchen ansah, vielmehr für spätere Producte, welche innerhalb alter Körperchen entstanden sind, erklären musste289, und allmählich die Entstehung von Eiterkörperchen aus anderen Gewebselementen erkannte, so muss ich daran festhalten, dass nicht alle Elemente, welche sich irgendwo im Eiter finden, aus dem Blute stammen. Ich meinerseits habe nie daran gezweifelt, dass farblose Blutkörperchen in Exsudate übergehen290. Indess haben erst die Untersuchungen von Waller und namentlich von Cohnheim gezeigt, in wie grossem Maasse dies der Fall ist. Letzterer hat ausserdem durch direkte Beobachtung am Mesenterium des Frosches gefunden, dass das Austreten der farblosen Blutkörperchen nicht durch passive Exsudation, sondern durch active Auswanderung, und zwar überwiegend durch die Wandungen kleinerer Venen erfolgt, und wenngleich diese Thatsache von manchen Gegnern geradezu in Abrede gestellt ist, so kann doch über ihre Richtigkeit nach dem, was ich selbst gesehen habe, nicht der mindeste Zweifel sein.

So bereitwillig ich diese Thatsache anerkenne, so sehr muss ich doch davor warnen, alle Rundzellen, welche im Eiter oder überhaupt in Exsudaten oder Secreten vorkommen, für ausgewanderte farblose Körperchen oder gar für Lymphkörperchen zu halten. Schon früher (S. 211) habe ich auf die Unterschiede aufmerksam gemacht, welche zwischen den Rundzellen der Lymphdrüsen, der Lymphflüssigkeit und des Blutes bestehen; hier muss ich hinzufügen, dass eine vorurtheilsfreie Untersuchung der Exsudat- und Secretzellen fernere und erhebliche Unterschiede vieler derselben von den Lymph- und farblosen Blutkörperchen ergibt. Auch haben sich andere Untersucher der neuesten Zeit in immer grösserer Zahl davon überzeugt, dass Eiterkörperchen durch Proliferation von Gewebselementen entstehen können. Die Grenzen zwischen diesen verschiedenen Arten von Zellen zu ziehen, ist gegenwärtig um so weniger möglich, als sich nicht leugnen lässt, dass auch die ausgewanderten farblosen Blutkörperchen weitere Veränderungen erfahren, wodurch sie von den gewöhnlichen, im Blute selbst enthaltenen farblosen Rundzellen verschieden werden.

So lange die Eiterung eine blosse oberflächliche ist, so erfolgt sie natürlich auch ohne erheblichen Substanzverlust, mit einfacher Erosion, ohne Geschwürsbildung. Dies ist aber jedesmal der Fall, wo der Eiter in der Tiefe, namentlich im Bindegewebe entsteht. Die Sache gestaltet sich dabei gerade umgekehrt, wie man früher annahm, wo man dem Eiter direkt schmelzende Eigenschaften zuschrieb. Der Eiter ist nicht das Schmelzende, sondern das Geschmolzene, d. h. das transformirte Gewebe. Ein Theil wird weich, er schmilzt ein, indem er eitert, aber es ist nicht der fertige Eiter, welcher diese Erweichung bedingt, sondern umgekehrt, er ist es, welcher durch die Umwandlung des Gewebes hervorgebracht wird.

Oberflächliche Eiterung sehen wir alle Tage sowohl an der äusseren Haut, als an manchen Schleim- und serösen Häuten. Am besten kann man sie da beobachten, wo im normalen Zustande geschichtetes Epithel vorhanden ist. Verfolgt man die Eiterung auf der äusseren Haut, wenn sie ohne Geschwürsbildung geschieht, so findet man regelmässig, dass sie an dem Rete Malpighii geschieht. Sie besteht theils in der Auswanderung farbloser Blutkörperchen, theils in einer Wucherung der Zellen mit Entwickelung neuer Elemente. In dem Maasse, als die Eiterung fortschreitet, bildet sich eine Ablösung der härteren Epidermislage, welche in Form einer Blase, einer Pustel erhoben wird. Der Ort, wo die Eiterung hauptsächlich erfolgt, entspricht den oberflächlichen Schichten des Rete, welche schon im Uebergange zur Epithelbildung begriffen sind; zieht man die Haut der Blase ab, so bleiben diese auch gewöhnlich an der Oberhaut sitzen. Gegen die tieferen Lagen hin kann man bemerken, wie die zelligen Elemente, welche ursprünglich einfache Kerne haben, sich theilen, die Kerne reichlicher werden, an die Stelle einzelner Zellen mehrere treten, deren Kerne sich ihrerseits wieder theilen. Gewöhnlich hat man sich auch hier damit geholfen, dass man angenommen hat, es würde zuerst ein amorphes Exsudat gesetzt, welches den Eiter in sich erzeuge, und bekanntlich sind viele von den Untersuchungen über die Entwickelung des Eiters gerade an solchen Flüssigkeiten gemacht worden. Es war sehr begreiflich, dass so lange, als man die discontinuirliche Zellenbildung überhaupt nicht bezweifelte, man ohne Weiteres die jungen Zellen als freie Neubildungen ansah und sich dachte, dass in der Flüssigkeit Keime entständen, welche, allmählich zahlreicher werdend, den Eiter lieferten. Aber die Sache ist die, dass je länger die Eiterung dauert, um so zuverlässiger eine Reihe von Zellen des Rete nach der anderen in den Prozess hineingezogen wird, und dass, während die Blase sich abhebt, die Masse der in die Höhle hineingelangenden Zellen immer grösser wird. Wenn eine Pockenpustel sich bildet, so ist zuerst ein Tröpfchen klarer Flüssigkeit vorhanden, aber darin entsteht nichts; die Flüssigkeit lockert nur die Nachbartheile auf.

Ganz ebenso verhält es sich an den Schleimhäuten. Wir haben keine einzige Schleimhaut, die nicht unter Umständen puriforme Elemente liefern könnte. Allein auch hier zeigt sich eine grosse Verschiedenheit. Eine Schleimhaut ist um so weniger im Stande, ohne Ulceration Eiter zu produciren, je einfacher, je weniger geschichtet ihr Epithel ist. Alle Schleimhäute mit Cylinderepithel sind weniger geeignet, nicht ulcerativen Eiter zu erzeugen, als solche mit Pflasterepithel; das, was an ihnen erzeugt wird, ergibt sich, auch wenn es ein ganz eiteriges Aussehen hat, bei genauer Untersuchung häufig nur als hyperplastisches Epithel. Die Darmschleimhaut, namentlich die des Dünndarms, erzeugt fast nie Eiter ohne Geschwürsbildung. Die Schleimhaut des Uterus, der Tuben, die manchmal mit einer dicken Masse von ganz puriformem Aussehen überzogen ist, sondert fast immer nur Epithelelemente ab, während wir an anderen Schleimhäuten, wie an der Urethra, massenhafte Absonderungen von Eiter sehen, z. B. in Gonorrhöen (Fig. 72), ohne dass auch nur die mindeste Geschwürsbildung an der Oberfläche vorhanden wäre. Sind mehrfach geschichtete Zellen-Lagen da, so können die oberen eine Art von Schutz für die tieferen bilden, deren Wucherung eine Zeit lang gesichert wird.

Der Eiter wird entweder durch nachdrängende Eitermasse endlich weggeschoben, oder es erfolgt, wie es gewöhnlich der Fall ist, gleichzeitig eine Transsudation von Flüssigkeit, welche die Eiterzellen von der Oberfläche entfernt, gerade so, wie bei der Samensecretion die Epithelial-Elemente der Samenkanälchen die Spermatozoen liefern, und ausserdem eine Flüssigkeit transsudirt, welche dieselben fortträgt. Aber die Spermatozoen entstehen nicht in der Flüssigkeit, sondern diese ist nur das Vehikel ihrer Fortbewegung (S. 39). Auf ähnliche Weise sehen wir häufig Flüssigkeiten an der Körperoberfläche exsudiren, ohne dass dieselben als Bildungsorte für Zellen betrachtet werden könnten. Findet gleichzeitig eine vermehrte Epithelbildung an der Oberfläche statt, so werden auch die durch das Transsudat losgelösten Bestandtheile nur wucherndes Epithel darstellen; wurde Eiter gebildet, so wird auch die Flüssigkeit Eiterkörperchen enthalten.

Wenn man Eiter-, Schleim- und Epithelialzellen mit einander vergleicht, so ergibt sich, dass allerdings zwischen Eiterkörperchen und Epithelialzellen eine Reihe von Uebergängen oder Zwischenstufen besteht. Neben ausgebildeten, mit mehrfachen glatten, nicht nucleolirten Kernen versehenen Eiterkörperchen (Fig. 8, A. 72) finden sich sehr gewöhnlich etwas grössere, runde, granulirte Zellen mit einfachen gleichfalls granulirten Kernen und sehr deutlichen Kernkörperchen, die sogenannten Schleimkörperchen (Fig. 8, B); etwas weiter sehen wir vielleicht noch grössere Elemente von typischer Gestalt und mit einfachen grossen Kernen: diese nennen wir Epithelialzellen. Letztere sind platt oder eckig oder cylindrisch, je nach dem Orte von bestimmter typischer Beschaffenheit, während Schleim- und Eiterkörperchen durchweg ausgezeichnete Rundzellen (Kugeln, Globuli) sind. Schon aus diesem Umstande erklärt es sich, dass, während die Epithelzellen, die sich gegenseitig decken und aneinander schliessen, eine nicht unbeträchtliche Festigkeit des Zusammenhanges besitzen, die lose aneinander gelagerten, sphärisch gestalteten Schleim- und Eiterkörperchen eine sehr grosse Verschiebbarkeit haben und leicht vom Orte gerückt werden, was natürlich um so leichter geschieht, wenn gleichzeitig mit ihrer Anhäufung eine reichlichere Transsudation von Flüssigkeit erfolgt.

Man hat schon früher gesagt, es seien die Schleimkörperchen weiter nichts, als junges Epithel. Einen Schritt weiter und man könnte sagen, die Eiterkörperchen wären weiter nichts, als junge Schleimkörperchen. Das ist etwas irrthümlich. Man kann nicht behaupten, dass eine Zelle, die bis zu dem Punkte eines sogenannten Schleimkörperchens als sphärisches Gebilde sich erhalten hat, noch im Stande wäre, die typische Form des Epithels anzunehmen, welches an der Stelle existiren sollte; eben so wenig ist es sicher, dass ein Eiterkörperchen, nachdem es sich regelmässig ausgebildet hat und lose geworden ist, sich wieder in einen Entwickelungsgang hineinzubegeben vermöchte, der ein relativ bleibendes Element des Körpers herzustellen im Stande wäre. Die Elemente, aus denen die Entwickelung neuer Gewebe überhaupt erfolgt, sind junge Formen, indifferente Bildungszellen (S. 493), aber sie sind keine eigentlichen Eiterkörperchen. Im Eiter beginnt jede neue Zelle sehr früh ihren Kern zu theilen; nach kurzer Zeit erreicht die Kerntheilung einen hohen Grad, ohne dass die Zelle selbst weiter wächst. Im Schleim pflegen die Zellen einfach zu wachsen und zum Theil sehr gross zu werden, ohne ihre Kerne zu theilen, aber sie überschreiten nicht gewisse Grenzen, und namentlich nehmen sie keine typische Gestalt an. Im Epithel dagegen fangen die Elemente schon sehr früh an, ihre besondere Gestalt zu zeigen, denn, „was ein Haken werden soll, das krümmt sich beizeiten.“ Die allerjüngsten Elemente, welche unter pathologischen Verhältnissen gebildet werden, kann man aber nicht Epithelzellen nennen, wenigstens sind sie noch keine typischen Epithelzellen, sondern auch sie sind indifferente Bildungszellen, welche auch zu Schleim- oder Eiterkörperchen werden könnten. Eiter-, Schleim- und Epithelialzellen sind also pathologisch äquivalente Theile, welche einander wohl substituiren, aber nicht für einander functioniren können.

Schon hieraus folgt, dass der gesuchte Unterschied zwischen Schleim und Eiter, für dessen Auffindung man im vorigen Jahrhunderte Preise aussetzte, eigentlich nicht gefunden werden konnte, und dass die „Proben“ immer unzureichend sein mussten, insofern die Entwickelungen auf der Schleimhaut nicht, immer den rein purulenten, den rein mucösen oder den rein epithelialen Charakter haben, vielmehr in der grossen Mehrzahl der Fälle ein gemischter Zustand existirt. Fast jedesmal, wenn auf einer grossen Schleimhaut, wie auf den Harn- oder Geschlechtswegen, ein katarrhalischer Prozess sich entwickelt, erscheinen Eiterkörperchen, aber die Secretion derselben findet irgendwo ihre Grenze, von wo an nur Schleimkörperchen abgesondert werden, und auch die Absonderung der Schleimkörperchen geht irgendwo wieder in vermehrte Epithelbildung über. Diese Art von Eiterung wird natürlich immer das Resultat haben, dass an Stellen, wo sie eine gewisse Höhe erreicht, die natürlichen Decken der Oberfläche nicht zu Stande kommen, oder wo diese eine gewisse Festigkeit haben, dass sie abgehoben und zerstört werden. Eine Pustel an der Haut zerstört die Epidermis, und insofern können wir auch diesen Formen der Eiterung einen degenerativen Charakter beimessen.


Fig. 145. Eiterige Granulation aus dem Unterhautgewebe des Kaninchens, im Umfange eines Ligaturfadens, a Bindegewebskörperchen, b Vergrösserung der Körperchen mit Theilung der Kerne, c Theilung der Zellen (Granulation), d Entwickelung der Eiterkörperchen. Vergr. 300.


Degeneration im gewöhnlichen Sinne tritt jedoch erst dann ein, wenn tiefere Theile befallen werden. Diese tiefere, eigentlich ulcerative Eiterbildung geschieht regelmässig im Bindegewebe oder seinen Aequivalenten291. An ihm erfolgt zuerst eine Vergrösserung der Zellen (Bindegewebskörperchen), die Kerne theilen sich und wuchern eine Zeit lang excessiv. Auf dieses erste Stadium folgen dann sehr bald Theilungen der Elemente selbst. Im Umfange der gereizten Stellen, wo vorher einzelne Zellen lagen, findet man späterhin doppelte und mehrfache, aus denen sich gewöhnlich eine Neubildung homologer Art (hyperplastisches Bindegewebe) gestaltet. Nach innen hin dagegen, wo schon vorher die Elemente stark mit Kernen gefüllt werden, treten bald Haufen von kleinen Zellen auf, welche anfangs noch in den Richtungen und Formen liegen, wie die früheren Bindegewebskörperchen. Etwas später findet man hier rundliche Heerde oder diffuse „Infiltrationen“, innerhalb deren das Zwischengewebe äusserst spärlich ist und in dem Maasse, als die Zellenanhäufung sich weiter ausbreitet, immer mehr verzehrt oder erweicht wird. Einen wie grossen Antheil an diesen Vorgängen die Einwanderung farbloser Blutkörperchen aus den Gefässen hat, muss noch genauer festgestellt werden. Manche neueren, ziemlich einseitigen Auffassungen haben von offenbar falschen Voraussetzungen aus das Ergebniss der experimentellen Untersuchungen irrthümlich gedeutet. Indess ist dies um so mehr verzeihlich, da auch wir, indem wir nur der Proliferation gedachten, früher eben so einseitig waren. Für die spätere Geschichte der suppurativen Prozesse kommt übrigens wenig darauf an, ob man die neuen Zellen der Wucherung oder der Wanderung zuschreibt.

Finden diese Prozesse an einer unversehrten Oberfläche statt, so sieht man zuweilen das Epithellager noch ganz zusammenhängend über die gereizte und etwas geschwollene Stelle hinweglaufen. Auch die äusserste Lage der Intercellularsubstanz erhält sich oft noch lange Zeit, während alle tieferen Theile des Bindegewebes schon mit Eiterkörperchen erfüllt, „infiltrirt“ oder „abscedirt“ sind. Endlich berstet die Oberfläche oder sie wird auch ohne Berstung direkt transformirt in eine weiche, zerfliessende Masse. Diese Formen geben nach und nach die sogenannten Granulationen, welche immer aus einem Gewebe bestehen, wo in eine schwache Quantität von weicher Intercellularsubstanz mehr oder weniger zahlreiche, wenigstens in dem eigentlich wuchernden Stadium der Granulationen runde Elemente eingesetzt sind. Je weiter wir gegen die Oberfläche kommen, um so mehr zeigen die Zellen, welche in der Tiefe mehr einkernig sind, Theilungen der Kerne und an der letzten Grenze kann man sie nicht mehr von Eiterkörperchen unterscheiden. Es pflegt dann eine Ablösung des Epithels stattzufinden, und endlich kann es sein, dass die Grundsubstanz zerfliesst und die einzelnen Elemente sich frei ablösen. Bleibt die Wucherung oder Auswanderung der Zellen reichlich, so bricht die Masse fortwährend auf, die Elemente schütten sich auf der Oberfläche aus, und es findet eine Zerstörung statt, welche immer tiefer in das Gewebe eingreift und immer mehr Elemente auf die Oberfläche wirft. Das ist das eigentliche Geschwür.

Nach der gewöhnlichen Vorstellung, wo man den Eiter aus einem beliebigen Exsudat ableitete, war diese Art von Ulceration gar nicht recht begreiflich; man sah sich immer genöthigt, eine besondere Art der Umwandlung des Gewebes neben der Eiterung anzunehmen, und man kam endlich dahin, dem Eiter eine Fähigkeit der chemischen Lösung zuzuschreiben. Aber auf chirurgischem Wege hat man sich schon lange auf das Mannichfachste überzeugt, dass flüssiger Eiter nicht schmelzend einwirkt. Man hat in Eiterhöhlen Knochen hineingesteckt, sie wochenlang darin liegen lassen, und wenn man sie nachher hervorlangte und wog, so waren sie eher schwerer geworden durch Aufnahme flüssiger Substanz; es hatte sich aber kein Erweichungszustand gebildet, ausser dem durch Fäulniss bedingten. Nur die Granulationen und ähnliche wuchernde Gewebe „fressen“ wirklich den Knochen an (S. 521). In wie weit bei der Eiterung das Gewebe durch eine wirkliche Auflösung zerstört wird, das hängt hauptsächlich davon ab, ob die Grundsubstanz, welche die jungen Elemente umgibt, vollkommen flüssig wird. Behält sie eine gewisse Consistenz, so beschränkt sich der Prozess auf die Hervorbringung von Granulationen, und diese können eben so gut hervorgehen aus einer intacten, wie aus einer vorher verletzten Oberfläche. In der Chirurgie nimmt man häufig an, dass die Granulationen sich stets auf der Oberfläche eines Substanzverlustes bilden, allein sie gehen jedesmal direkt aus dem Gewebe hervor. Sie entstehen unmittelbar in dem Knochen, ohne dass an demselben ein Substanzverlust vorherging. Ebenso direkt in der Cutis unter intacter Epidermis, ebenso an Schleimhäuten. Erst in dem Maasse, als sie sich entwickeln, verliert die Oberfläche ihren normalen Charakter.

Jede solche Entwickelung, gleichviel ob sie am Epithel oder am Bindegewebe erfolgt, geschieht heerdweise292, und zwar genau so, wie an der Grenze des Ossificationsrandes des Knochens, wo jene mächtigen Gruppen von Knorpelzellen liegen (Fig. 113, I. 134, p), welche einer einzigen früheren Knorpelzelle entsprechen. Es handelt sich dabei in der That um Vorgänge, welche in gewöhnlichen Erscheinungen des Wachsthums ihr Analogen finden. Wie ein Knorpel, wenn er nicht verkalkt, z. B. in der Rachitis, endlich so beweglich wird, dass er seine Function als Stützgebilde nicht mehr erfüllen kann, so schwindet überall unter der Entwickelung der Granulation und Eiterung allmählich die Festigkeit des Gewebes. Damit verbindet sich sehr gewöhnlich eine Lockerung des Zusammenhanges, eine Erweichung, endlich eine Schmelzung des Gewebes. So verschieden also scheinbar diese Vorgänge der Destruction von den Vorgängen des Wachsthums sind, so fallen sie doch an einem gewissen Punkte vollständig damit zusammen. Es gibt ein Stadium, wo man nicht mit Sicherheit entscheiden kann, ob es sich an einem Theile um einfache Vorgänge des Wachsthums oder um die Entwickelung einer heteroplastischen, zerstörenden Form handelt.


Fig. 146. Entwickelung von Krebs aus Bindegewebe bei Carcinoma mammae. a Bindegewebskörperchen, b Theilung der Kerne, c Theilung der Zellen, d reihenweise Anhäufung der Zellen, e Vergrösserung der jungen Zellen und Bildung der Krebsheerde (Alveolen), f weitere Vergrösserung der Zellen und der Heerde. g Dieselbe Entwickelung auf dem Querschnitt. Vergr. 300.


Die eben geschilderte Art der Entwickelung ist aber nicht etwa dem Eiter als solchem eigenthümlich, sondern sie findet sich in ähnlicher Weise bei jeder heteroplastischen Entwickelung; die ersten Veränderungen, welche wir bei der Eiterung durch Proliferation constatiren, finden sich genau ebenso bei jeder Art von Heteroplasmen bis zu den äussersten malignen Formen hin293. Die erste Entwickelung des Sarkoms, des Krebses und Cancroids zeigt dieselben Stadien: man muss nur weit genug in der Entwickelungs-Geschichte zurückgehen, dann stösst man auch zuletzt immer auf ein Stadium, wo man in den tieferen und jüngeren Schichten indifferente Zellen antrifft, welche erst durch spätere Differenzirung je nach den Besonderheiten der Reizung den einen oder den anderen Typus annehmen. Man kann daher auch im Grossen die Geschichte der meisten Neubildungen, die ihrem Haupttheile nach aus Zellen bestehen, gleichviel welches Muttergewebe sie haben, unter einen ganz gleichen Gesichtspunkt bringen. Die Form, unter welcher der Krebs schliesslich ulcerirt, hat mit der eiterigen Ulceration eine so grosse Aehnlichkeit, dass man seit langer Zeit beide Dinge als gleichartige betrachtet hat; schon im Alterthum stellte man die fressende Form der Eiterung, die sogenannten Schanker (Cancer) in Parallele mit der krebsigen „Eiterung“ oder Verjauchung.

284.Archiv VI. 553. Geschwülste III. 97.
285.Archiv IV. 307. V. 491.
286.Archiv I. 240.
287.Spec. Pathologie und Ther. I. 331.
288.Archiv XIV. 58. XV. 530.
289.Archiv X. 183.
290.Archiv I. 246.
291.Archiv IV. 312. VIII. 415. XIV. 58. Spec. Pathol. u. Ther. I. 330, 337.
292.Spec. Pathologie und Therapie. I. 337.
293.Geschwülste I. 74, 89.
Yaş sınırı:
12+
Litres'teki yayın tarihi:
30 haziran 2018
Hacim:
863 s. 156 illüstrasyon
Telif hakkı:
Public Domain