Kitabı oku: «Familien- und Kindschaftsrecht für die Soziale Arbeit», sayfa 3

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Die Gründe für die Härtefallscheidung können dabei auch erst nach dem Scheitern der Ehe eingetreten sein, also während die Ehegatten bereits getrennt leben.

Voraussetzungen für eine sog. Härtefallscheidung nach §§ 1565 Abs. 1 S. 2, 1565 Abs. 2 BGB sind:

Die Ehegatten leben noch nicht ein Jahr getrennt

unzumutbare Härte

begründet in der Person des anderen Ehegatten

die Fortsetzung der Ehe als solche muss unzumutbar sein („das Festhalten am Eheband“)

Rechtsprechung zu Härtegründen

Ob in der konkreten Scheidungssituation ausreichende Härtegründe vorliegen, ist von den Gerichten zu prüfen. In der Rechtsprechung gibt es eine Vielzahl von Urteilen, die eine Orientierung bieten. Die nachfolgenden Beispiele nennen Fälle, in denen die Gerichte das Vorliegen von Härtegründen bejaht („ehefeindliche Willensrichtung“) bzw. verneint haben. Es zeigt sich dabei, dass es auf den jeweiligen Einzelfall ankommt. So wird das Vorliegen eines Härtefalls bei einem Ehebruch einmal angenommen und im anderen Fall abgelehnt. Die unterschiedliche Bewertung ergibt sich hier aus den jeweiligen weiteren tatsächlichen Umständen.

Härtegründe bejaht

In den folgenden Fällen hat die Rechtsprechung Härtegründe bejaht:

Alkoholmissbrauch/Alkoholismus verbunden mit wiederholten Gewalttätigkeiten, Bedrohungen und Beleidigungen


Entscheidung „Alkoholkranker gewalttätiger Ehepartner” (OLG Schleswig-Holstein, Urteil vom 31.01.2007, 15 WF 22/07):

Aus den Gründen: „Gemäß § 1565 Abs. 2 BGB kann die Ehe, wenn die Ehegatten noch nicht ein Jahr getrennt leben, nur geschieden werden, wenn die Fortsetzung der Ehe für den Antragsteller aus Gründen, die in der Person des anderen Ehegatten liegen, eine unzumutbare Härte darstellen würde. Diese Voraussetzung liegt nach dem unstreitigen Vorbringen der Antragstellerin vor. Danach ist die Ehe auf Grund der erheblichen alkoholbedingten Ausfälle des Antragsgegners gescheitert. Die unzumutbare Härte muss sich auf das Eheband, d. h., das „Weiter-miteinander-verheiratet-sein”, nicht auf die Fortsetzung des ehelichen Zusammenlebens beziehen. Der Antragstellerin darf insoweit nicht zuzumuten sein, mit der Scheidung bis zum Ablauf des Trennungsjahres zu warten. Deshalb ist es unerheblich, dass die Antragstellerin nicht nur von ihrem alkoholkranken Ehemann getrennt lebt, sondern diesem durch die einstweilige Anordnung sogar verboten ist, die Wohnung der Parteien zu betreten, sich in einem Umkreis von 100 m der Wohnung aufzuhalten und Verbindungen zur Antragstellerin aufzunehmen. Diese Maßnahmen vermögen die Antragstellerin zwar grundsätzlich davor zu schützen, dass sie sich erneut Bedrohungen oder gar körperlichen Übergriffen des Antragsgegners in der und um die Wohnung herum ausgesetzt sehen könnte. Sie besagen aber nichts darüber, ob der Antragstellerin zuzumuten ist, das eheliche Band und die damit verbundenen rechtlichen und gesellschaftlichen Folgen aufrechtzuerhalten.

Das ist ihr nicht zuzumuten.

Die Antragstellerin hat den Antragsgegner seit Jahren immer wieder volltrunken, aggressiv und gewalttätig erlebt. Die gravierenden Vorfälle am 03.01.06 und im August 2006 über mehrere Tage mit Drohungen des Antragsgegners gegen das Leben der Antragstellerin zeigen, dass die in der Person des Antragsgegners liegende Unzumutbarkeit ein Ausmaß erreicht hat, das eine Scheidung vor Ablauf des Trennungsjahres rechtfertigt.”

Ehebruch in der früheren Ehewohnung


Entscheidung „Ehebruch in der früheren Ehewohnung” (OLG Saarbrücken, Urteil vom 05.10.2004, 9 WF 111 /04):

Leitsätze: „1. Für die Annahme einer Unzumutbarkeit i. S. des § 1565 II BGB muss die Fortsetzung aus den in der Person des Partners liegenden Gründen über die Erkenntnis des Scheiterns der Ehe hinaus eine besondere psychische Belastung für den Antragsteller darstellen; an die Feststellung der nach einem objektiven Maßstab zu beurteilenden Unzumutbarkeit der Härte sind nach Wortlaut und Zweck der Vorschrift strenge Anforderungen zu stellen.

2. Unterhält ein Ehegatte ein Verhältnis zu einem neuen Partner, welcher mittlerweile mit dem Ehegatten im vormals ehelichen Hausanwesen zusammenwohnt, kann dieser Treuebruch für den anderen Ehegatten eine unzumutbare Härte im Sinne von § 1565 II BGB darstellen.”

Ehebruch mit Schwangerschaft der Ehefrau von einem anderen Mann (vgl. auch OLG Hamm, Beschluss vom 16.06.2014, Az. 8 WF 106/14)


Entscheidung „Ehebruch mit Schwangerschaftsfolge“ (OLG Karlsruhe, Urteil vom 13.04.2000, 20 WF 32/00):

Anmerkung der Autorin: Erwartet die Ehefrau aus einem ehebrecherischen Verhältnis ein Kind, ist die Unzumutbarkeit der Fortsetzung der Ehe nach Ansicht des OLG für den Ehemann gegeben, ohne dass weitere belastende Umstände vorliegen müssen. Ein anderes sei mit dem Sinn und Zweck des § 1599 Abs. 2 Satz 1 BGB nicht vereinbar. Gemäß § 1599 Abs. 2 S. 1 BGB gelte nämlich die Vaterschaftsvermutung des § 1592 Nr. 1 BGB nicht, wenn das Kind nach Anhängigkeit eines Scheidungsverfahrens geboren wird und ein Dritter spätestens ein Jahr nach Rechtskraft des Scheidungsurteils die Vaterschaft anerkennt. Dieser Vorteil, nämlich der Wegfall der Vaterschaftsvermutung, dürfe dem Ehemann nicht entzogen werden, weil die Schwangerschaft für ihn nicht mit weiteren belastenden Umständen verbunden ist.

Die Schwangere selbst kann sich hingegen nicht auf diesen Umstand berufen (vgl. OLG Naumburg, NJW 2005, 1812).

Vorschlag zum Geschlechtsverkehr zu dritt durch einen Ehegatten nach Aufdeckung des Ehebruchs (vgl. OLG Köln, Urteil vom 23.06.1995, 25 WF 103/95: Die Fortsetzung der Ehe ist „angesichts der Schmach und Erniedrigung unzumutbar“.)

Prostitution des Ehepartners – auch nach der Trennung – (vgl. OLG Bremen, Urteil vom 26.09.1995, 5 WF 66/95)

Dauernde Verweigerung des Geschlechtsverkehrs (vgl. OLG Hamm, FamRZ 1979, 511)

Geschlechtsverkehr mit der Stieftochter (OLG Oldenburg, FamRZ 1992, 682)

Ein an HIV erkrankter Ehegatte, dem seine Erkrankung bekannt ist, täuscht den anderen Ehegatten über die Erkrankung (OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 15.03.2006, Az.4 UF 112/05)

Eine über Monate oder Jahre hinweg andauernde sexuelle Beziehung zum neuen Partner, die bereits vor der Trennung aufgenommen worden war (OLG Karlsruhe, FamRZ 1978, 592).

Verschweigen einer anstehenden Haftstrafe (AG Ludwigsburg, NJW-RR 2007, 4).

Mehrmalige Vergewaltigungen in der Ehe, nicht aber bei einer einmaligen Vergewaltigung in der Ehe im Affekt (OLG Stuttgart, FamRZ 2002, 239)

Härtegründe verneint

In den folgenden Fällen hat die Rechtsprechung Härtegründe verneint:

homosexuelle Neigung des Ehemannes (vgl. auch OLG Nürnberg, Urteil vom 28.12.2006, 10 WF 1526/06)


Entscheidung „Homosexuelle Beziehung des getrenntlebenden Ehegatten“ (OLG Köln, Urteil vom 13.03.1996, 27 WF 17/96):

Aus den Gründen: „An die Feststellung der unzumutbaren Härte sind strenge Anforderungen zu stellen. Es muss sich um eine Ausnahmesituation gegenüber der bloß gescheiterten Ehe handeln. Entscheidendes Kriterium für die Zumutbarkeitsprüfung ist, ob dem Antragsteller in seiner konkreten Lage angesonnen werden kann, nach dem Zweckgedanken des § 1565 Abs. 1 BGB den Ablauf des Trennungsjahres abzuwarten. Die Zuwendung zu einem anderen Partner und das Zusammenleben mit diesem lässt zwar in der Regel den Schluss zu, dass die Ehe der Ehepartner gescheitert und eine Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht mehr zu erwarten ist. Die Zuwendung eines Ehegatten zu einem anderen Partner kann demnach Zerrüttungsgrund sein. Sie ist aber als solche nicht zugleich Ausnahmetatbestand mit der Folge der Unzumutbarkeit für den anderen Ehegatten.

Gleichgeschlechtliche Beziehungen unterliegen aus den vom Amtsgericht genannten Gründen – größere Akzeptanz in der Bevölkerung infolge der Liberalisierung der Sitten- und Moralvorstellungen seit Ende der 60er Jahre auch auf dem Gebiet sexueller Beziehungen – grundsätzlich den gleichen Regeln wie heterosexuelle Beziehungen. Dem Argument, in der Aufnahme homosexueller Beziehungen sei zusätzlich auch die Missachtung des anderen Ehepartners als Geschlechtspartner zu sehen, fehlt es an Überzeugungskraft. Selbst wenn das Argument zuträfe, wäre die Voraussetzung der unzumutbaren Härte dadurch i. Ü. nicht erfüllt.”

Eine Härtefallscheidung vor Ablauf des Trennungsjahres kommt nicht allein deshalb in Betracht, weil die Ehefrau eine gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaft mit einer anderen Frau eingegangen ist (vgl. OLG München, Urteil vom 03.02.1995, 16 WF 534/95)

Psychische Erkrankung


Entscheidung „Suiziddrohung eines psychisch Kranken” (OLG Schleswig, Beschluss vom 21.12.2005, 15 UF 85/05):

Aus den Gründen: „Nach § 1568 BGB soll die Ehe nicht geschieden werden, obwohl sie gescheitert ist, wenn und solange die Scheidung für den Antragsgegner, der sie ablehnt, auf Grund außergewöhnlicher Umstände eine so schwere Härte darstellen würde, dass die Aufrechterhaltung der Ehe auch unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers ausnahmsweise geboten erscheint. Die Suiziddrohung eines psychisch Kranken ist kein außergewöhnlicher Umstand, solange der Kranke seine seelischen Reaktionen noch steuern kann. Ist das Steuerungsvermögen erheblich beeinträchtigt, darf die Ehe nicht geschieden werden, bis die ausreichende medizinische Betreuung des Kranken gesichert ist. Unerheblich ist dabei, ob der suizidgefährdete Ehegatte das Scheitern der Ehe verursacht hat.”


Entscheidung „Demenz” (OLG Hamm, Beschluss vom 16.08.2013, 3 UF 43/13):

Anmerkung der Autorin: Zu den Voraussetzungen einer wirksamen Bevollmächtigung der Verfahrensbevollmächtigten eines an Demenz erkrankten Ehegatten durch dessen gesetzlichen Betreuer für einen wirksamen Ehescheidungsantrag gemäß den §§ 125 Abs. 2 S. 2, 287 Abs. 1 FamFG, 1564 S. 1 BGB.

Leitsätze: „Eine einseitige, dem Familiengericht den Ausspruch der Ehescheidung ermöglichende Zerrüttung der Ehe lässt sich gemäß den §§ 1565, 1566, 1567 BGB jedenfalls feststellen, wenn die Ehegatten unstreitig seit mehr als einem Jahr räumlich getrennt voneinander leben und die Anhörung des an Demenz erkrankten Antragstellers nach § 128 FamFG sowie das übrige Ergebnis der Beweisaufnahme den Rückschluss zulassen, dass dieser zum Zeitpunkt der Trennung bzw. zu einem danach liegenden Zeitpunkt noch den hinreichend sicheren natürlichen Willen zur Trennung und Ehescheidung sowie die Ablehnung der Wiederaufnahme der ehelichen Lebensgemeinschaft erklärt hat. Darauf, dass bei dem an Demenz erkrankten Antragsteller zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung hingegen kein natürlicher Trennungs- und Scheidungswillen mehr festgestellt werden kann, kommt es nicht für den Ausspruch der Ehescheidung an. Ist nämlich der antragstellende Ehegatte wegen einer fortgeschrittenen Demenzerkrankung zu diesem Zeitpunkt nicht mehr in der Lage, das Wesen einer Ehe und einer Ehescheidung erfassen zu können, ist bei ihm ein Zustand äußerster Eheferne erreicht, bei dem die Ehe der mehr als ein Jahr getrennt lebenden Ehegatten scheidbar ist.”

Treuebruch allein ist noch kein Härtegrund: Es müssen weitere Umstände hinzukommen (vgl. OLG München, Beschluss vom 28.07.2010, 33 WF 1104/10)


Entscheidung „Untreue zwei Tage nach der Eheschließung” (OLG München, Beschluss vom 28.07.2010, Az. 33 WF 1104/10):

Anmerkung der Autorin: Keine unzumutbare Härte nach Ansicht des Gerichts bei Ehebruch zwei Tage nach der Eheschließung mit der Freundin der Braut.

Aus den Gründen: „Nicht jede Aufnahme einer außerehelichen Lebensgemeinschaft mit einem Dritten begründet die Unzumutbarkeit für den anderen Ehegatten, das Trennungsjahr abzuwarten. Damit wird nicht der Treuebruch selbst bagatellisiert, sondern der gesetzgeberischen Wertung Rechnung getragen, die eben das Vorliegen einer unzumutbaren Härte verlangt. Deshalb müssen weitere Umstände wie etwa die Darstellung in der Öffentlichkeit oder ein ehebrecherisches Verhältnis in der früheren Ehewohnung hinzutreten, die es für den anderen Ehegatten geradezu als entwürdigendes Unrecht erscheinen lassen, wenn man ihn noch länger am Eheband festhalten wollte.

Daraus folgt, dass die Art und Weise sowie die Begleitumstände des Treubruchs die Annahme eines Härtegrundes rechtfertigen können. Als Grund für die Scheidung vor Ablauf des Trennungsjahres hat die Rechtsprechung beispielsweise anerkannt den Geschlechtsverkehr mit der vorehelichen Tochter der Frau; mit Familienangehörigen oder der Schwägerin; den Ehebruch, der auch für Dritte in einer kleinen Gemeinde offensichtlich ist; wenn der Ehebruchspartner in die eheliche Wohnung aufgenommen wird oder zur Verletzung der Treuepflicht weitere demütigende Umstände hinzukommen, etwa die Aufforderung zum Geschlechtsverkehr zu dritt nach Entdeckung des ehebrecherischen Verhältnisses oder auch einmaliger Geschlechtsverkehr mit einem bis dahin unbekannten Mann, den die Ehefrau ebenso wie die hierdurch begründete Schwangerschaft trotz entsprechenden Aids-Risikos dem Ehemann zunächst verschweigt. Nach alldem ist festzustellen, dass hier zwar ein ehelicher Treubruch vorliegt, der sich dadurch hervorhebt, dass er bereits wenige Tage nach der Eheschließung offenkundig geworden ist und zudem mit einer engen Freundin der Antragstellerin. Es müssen vielmehr besonders erschwerende Begleitumstände hinzutreten, so dass das Verhalten des anderen Ehegatten für den verlassenen Ehegatten besonders erniedrigend oder peinlich wäre.”

Einmalige körperliche Misshandlung im Affekt aufgrund eines Streits rechtfertigt keine sofortige Scheidung (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 27.02.2001, 17 UF 411/00)

3.3 Die Schutzklauseln des § 1568 BGB

Für alle Scheidungstatbestände (Fallgruppen) sind zusätzlich die Schutzklauseln nach § 1568 BGB zu beachten (Johannsen/Henrich 2015).


§ 1568 BGB (Härteklausel)

„Die Ehe soll nicht geschieden werden, obwohl sie gescheitert ist, wenn und solange die Aufrechterhaltung der Ehe im Interesse der aus der Ehe hervorgegangenen minderjährigen Kinder aus besonderen Gründen ausnahmsweise notwendig ist oder wenn und solange die Scheidung für den Antragsgegner, der sie ablehnt, auf Grund außergewöhnlicher Umstände eine so schwere Härte darstellen würde, dass die Aufrechterhaltung der Ehe auch unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers ausnahmsweise geboten erscheint.”

3.3.1 Kinderschutzklausel (§ 1568 S. 1, 1. Alt. BGB)

Ehe im Interesse der Kinder

Die Ehe ist trotz Scheitens nur dann zu scheiden, sofern und solange die Aufrechterhaltung der Ehe im Interesse der aus der Ehe hervorgegangenen minderjährigen Kinder aus besonderen Gründen ausnahmsweise nicht notwendig ist. Dies kann auch der Fall sein, wenn die Scheidung für den anderen Ehegatten eine schwere Härte darstellen würde, die sich auf das Kind auswirkt (z. B. Miterleben müssen des beim Ehegatten ausgelösten ungewöhnlich starken Leidensdrucks; hier Prüfung von Amts wegen § 127 Abs. 3 FamFG).

3.3.2 Ehegattenschutzklausel (§ 1568 S. 1, 2. Alt. BGB)

Scheidung als schwere Härte

Die Ehe soll zudem nicht geschieden werden, wenn und solange die Scheidung aufgrund außergewöhnlicher Umstände für den Antragsgegner eine so schwere Härte darstellen würde, dass die Aufrechterhaltung der Ehe auch unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers ausnahmsweise geboten erscheint, z. B. bei einer psychischen Ausnahmesituation, Gefahr von Kurzschlussreaktionen bis hin zu der Gefahr einer Tötung oder Suizids.


Entscheidung „Depression durch Trennungskonflikt” (OLG Brandenburg, Urteil vom 06.11.2008, 9 UF 50/08):

Anmerkung der Autorin: Der Antragsgegner litt „an einer schweren Depression durch Trennungskonflikt”. Es wurde „eine schwere depressive Episode, ausgelöst durch die Trennung von der Ehefrau vor dem Hintergrund einer akzentuierten Persönlichkeit mit Neigung zur cholerischen, rechthaberischen Verhalten” bei ihm diagnostiziert, der sich an den Wunsch nach Rückkehr der Ehefrau geklammert habe. Aus den Gründen: „Nach § 1568 2. Alternative BGB soll die Ehe trotz ihres Scheiterns nicht geschieden werden, wenn und solange die Scheidung für den Antragsgegner, der sie ablehnt, aufgrund außergewöhnlicher Umstände eine so schwere Härte darstellen würde, dass die Aufrechterhaltung der Ehe auch unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers ausnahmsweise geboten erscheint. Die Vorschrift will aus Gründen der Einzelfallgerechtigkeit eine Scheidung zur Unzeit verhindern, weshalb an die Feststellung der schweren Härte ein strenger Maßstab anzulegen ist, der nur bei außergewöhnlichen Tatsachen vorliegen kann. Die Härtefallklausel bietet also schon im Ansatz nur einen zeitlich begrenzten Ehebestandsschutz und greift nicht ein, wenn es geeignete andere Maßnahmen zur Milderung oder Beseitigung der Härte gibt als allein den Ausschluss der Scheidung; die Verweigerung der Scheidung muss mithin das einzige Mittel sein, um den Ehegatten vor einer für ihn durch die Scheidung sonst entstehenden unerträglichen Lage zu bewahren. Härten, die mit Trennung und Scheidung üblicherweise einhergehen, können niemals die Anwendung des § 1568 BGB rechtfertigen (OLG Hamm FamRZ 1989, 1188/1189; erkennender Senat, FamRZ 2007, 1888, 1889).

Gemessen an diesen Grundsätzen ist die Annahme eines Härtefalles nach § 1568 BGB im Streitfall nicht gerechtfertigt.”


Entscheidung „Suiziddrohung eines psychisch Kranken” (OLG Schleswig, Urteil vom 21.12.2005, 15 UF 85/05):

Aus den Gründen: „Bei Suiziddrohung eines psychisch Kranken, der in der Steuerung seiner seelischen Reaktionen erheblich beeinträchtigt ist, darf die Ehe nicht geschieden werden, bis die ausreichende medizinische Betreuung des Kranken gesichert ist.”

4 Aufhebung einer Ehe (§§ 1313–1320 BGB)

Die Aufhebungstatbestände der Ehe sind in den §§ 1313–1320 BGB abschließend geregelt. Sie spielen in der Praxis allerdings eine absolut untergeordnete Rolle.

Gründe

Die Aufhebungstatbestände im Gesetz sind:

fehlende Ehemündigkeit nach § 1303 BGB (§ 1314 BGB)

Geschäftsunfähigkeit (§ 1314 Abs. 1 BGB iVm § 1304 BGB)

Eheschließung mit einem Dritten, der schon verheiratet ist (§ 1314 Abs. 1 iVm § 1316 BGB)

Ehe zwischen Verwandten in gerader Linie (Geschwister; § 1314 Abs. 1 BGB iVm § 1307 BGB)

Formmangel (§ 1314 Abs. 1 BGB iVm § 1311 BGB), wenn bei Eheschließung nicht beide Ehepartner persönlich und gleichzeitig anwesend waren (beachte § 1315 Abs. 2 BGB: keine Aufhebung, wenn beide 5 Jahre zusammen gelebt haben)

wenn die Eheschließung im Zustand der Bewusstlosigkeit oder vorübergehenden Störung der Geistestätigkeit erfolgte (§ 1314 Abs. 2 Nr. 1 BGB)

Vorliegen eines tatsächlichen oder rechtlichen Irrtums über wirksame Eheschließung (§ 1314 Abs. 2 Nr. 2 BGB)

arglistige Täuschung (§ 1314 Abs. 2 Nr. 3 BGB; nicht über Vermögensverhältnisse)

Eheschließung aufgrund Drohung (§ 1314 Abs. 2 Nr. 4 BGB)

Eheschließung aus ehefremden Zwecken (§ 1314 Abs. 2 Nr. 5 BGB iVm § 1353 BGB)

Wiederauftauchen des für Tod erklärten Ehegatten (§ 1320 BGB)

(ausführlich zu den Eheaufhebungstatbeständen: Gernhuber/Coester-Waltjen 2010).

Folgen

Die Rechtsfolgen der Eheaufhebung sind in § 1318 Abs. 2–5 BGB geregelt.

5 Sonderthema 1: Die Lebenspartnerschaft (LPartG)

Das Lebenspartnerschaftsgesetz ist ein gutes Beispiel dafür, wie gesellschaftlicher Wandel auf Rechtsprechung und Gesetzgebung einwirkt. Der Blick erweitert sich auf die rechtliche Behandlung derselben Fragestellung in einem Terrorregime (NS) über die parallel stattfindende Entwicklung in den zwei verschiedenen Systemen im geteilten Deutschland bis hin zur Zusammenführung und Neuregelung nach der Wiedervereinigung bis heute. Und diese Entwicklung ist längst nicht abgeschlossen. Dies zeigt auch die letzte Abstimmung im Bundestag über die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare am 30.06.2017.

Der nachfolgende Überblick soll zunächst den historischen Kontext und die Entwicklung der rechtlichen Regelungen im Zusammenhang mit Homosexualität beschreiben, in dem sich wiederum die heutige Rechtsanwendung bewegt.

5.1 Homosexualität in der Weimarer Republik

Magnus Hirschfeld

Der am 14.05.1868 in Kolberg (heute Kolobrzeg/Polen) geborene und am 14.05.1935 verstorbene Arzt und preußische Sanitätsrat Magnus Hirschfeld gründete 1897 das „Wissenschaftlich-humanitäre Komitee“ sowie im Jahre 1918 die Nachfolgeeinrichtung, das „Institut für Sexualwissenschaft“ in Berlin, um sich aktiv für die Anerkennung der Rechte von Homosexuellen in Deutschland einzusetzen. Diese beiden Organisationen waren die weltweit ersten für Bürgerrechte von Homosexuellen.

Das Ziel Hirschfelds war es: „[...] aufgrund sichergestellter Forschungsergebnisse und der Selbsterfahrung vieler Tausender endlich Klarheit darüber zu schaffen, dass es sich bei der Liebe zu Personen gleichen Geschlechts, der sogenannten Homosexualität, um kein Laster oder Verbrechen, sondern um eine von Natur aus tief in einer Anzahl von Menschen wurzelnde Gefühlshaltung handelt.” Hirschfeld (1914, 973)

Sein Hauptziel war es, neben der gesellschaftlichen Anerkennung, die Entkriminalisierung der Homosexualität in Deutschland und Abschaffung des sog. „Homosexuellenparagraphen“ 175 aus dem Jahre 1872 zu erreichen, der noch aus dem Preußischen Strafgesetzbuch stammte.

Rechtslage

Diese Rechtsvorschrift verbot jede homosexuelle Handlung zwischen Männern unter Androhung einer Gefängnisstrafe oder Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte.


§ 175 RStGB (1872):

„Die widernatürliche Unzucht, welche zwischen Personen männlichen Geschlechts oder von Menschen mit Tieren begangen wird, ist mit Gefängnis zu bestrafen; auch kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden.”

Im Jahre 1921 organisierte Hirschfelds Institut die „Erste internationale Tagung für Sexualreform auf sexualwissenschaftlicher Grundlage“ und engagierte sich im Jahre 1928 auch bei der Gründung der „Weltliga für Sexualreform“. Hirschfeld gelang es jedoch nicht, einen gesellschaftlichen Bewusstseinswandel herbeizuführen.

Mit seinem Einsatz zog der jüdische homosexuelle Sexualforscher Hirschfeld vielmehr massive Anfeindungen der Nationalsozialisten auf sich. Bereits 1920 wurde Hirschfeld nach einem Vortrag in München durch Rechtsradikale schwer verletzt. Kurz vor Kriegsbeginn ging er ins Exil.

5.2 Homosexuelle Männer im Dritten Reich

Rechtslage

Nach der Machtübernahme verschärften die Nationalsozialisten die Verfolgung Homosexueller massiv. Homosexuelle Handlungen von Frauen blieben weiterhin straffrei. Zugleich änderten die Nationalsozialisten den Inhalt der Bestimmung des § 175.

Der am 01.09.1935 in Kraft getretene § 175 RStGB (Art. 6 des Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuchs vom 28.06.1935, RGBl I Nummer 70, S. 839–843) lautete nunmehr:


§ 175 RStGB (1935):

„Ein Mann, der mit einem anderen Mann Unzucht treibt oder sich von ihm zur Unzucht missbrauchen lässt, wird mit Gefängnis bestraft. Bei einem Beteiligten, der zur Zeit der Tat noch nicht einundzwanzig Jahre alt war, kann das Gericht in besonders leichten Fällen von Strafe absehen.”

5.3 Homosexualität in der DDR

Rechtslage

Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrte die DDR 1950 zunächst zur Formulierung aus der Weimarer Zeit zurück. Im Jahre 1968 gab sich die DDR schließlich ein eigenes Strafgesetzbuch und hob § 175 RStGB auf. In § 151 StGB-DDR wurde geschlechterneutral formuliert und einvernehmliche Handlungen zwischen Erwachsenen legalisiert:


§ 151 StGB-DDR (1968) (Strafgesetzbuch der Deutschen Demokratischen Republik vom 12.01.1968, geändert durch Gesetz vom 19.12.1974 – GBl. I. S. 591, neu bekannt gemacht am 19.12.1974 – GBl. 1975 I S. 13):

„Ein Erwachsener, der mit einem Jugendlichen gleichen Geschlechts sexuelle Handlungen vornimmt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Verurteilung auf Bewährung bestraft”.

Am 11.08.1987 entschied das Oberste Gericht der DDR schließlich in einem Urteil zu § 151 StGB-DDR:


Entscheidung „Homosexualität“ (Oberstes Gericht der DDR, Neue Justiz 1987, 467f.):

Aus den Gründen: „Homosexualität (stellt) ebenso wie Heterosexualität eine Variante des Sexualverhaltens (dar) (...) Homosexuelle Menschen stehen somit nicht außerhalb der sozialistischen Gesellschaft, und die Bürgerrechte sind ihnen wie allen anderen Bürgern gewährleistet.”

Aufhebung

Ein Jahr später wurde § 151 StGB-DDR von der Volkskammer der DDR mit dem 5. Strafrechtsänderungsgesetz ersatzlos gestrichen.

5.4 Wandel in den 1960er Jahren in der BRD

Rechtslage

Nach dem 2. Weltkrieg galt im Westen hingegen weiterhin die verschärfte Fassung der Strafbestimmung aus der NS-Zeit. Homosexuelle Handlungen zwischen Männern waren in der jungen Republik damit vollständig verboten und wurden auch strafrechtlich verfolgt. Im Zeitraum von 1953 bis 1969 gab es bei über 100.000 Ermittlungsverfahren insgesamt ca. 50 000 Verurteilungen (Bruns 2012).

BVerfG und Reformen

Das Bundesverfassungsgericht entschied am 10.05.1957 (BVerfGE 6, 389 ff.) dass diese Strafverfolgung und damit der § 175 StGB verfassungsgemäß seien. Die Tatsache, dass in § 175 StGB nur schwule Männer, nicht aber auch lesbische Frauen bestraft würden, verstoße weder gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG), noch läge in der Verfolgung homosexueller Handlungen ein Verstoß gegen das Grundrecht auf die freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 Abs. 1 GG), da einvernehmliche homosexuelle Handlungen zwischen erwachsenen Männern gegen das Sittengesetz verstießen und nicht eindeutig festgestellt werden könne, dass jedes öffentliche Interesse an ihrer Bestrafung fehle.

Der gesamtgesellschaftliche Wandel führte 1969 schließlich zu einer 1. Reform des Sexualstrafrechts. Homosexuelle Handlungen von Männern über 21 Jahre wurden straffrei.


Erstes Gesetz zur Reform des Strafrechts (1. StRG) vom 25.06.1969, BGBl I S. 645: Am 01.09.1969 trat die neue Fassung der §§ 175 und 175a StGB (vom 25.06.1969) in Kraft, die homosexuelle Handlungen von Männern über 21 Jahre straffrei stellte:

§ 175 StGB (1969):

„(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren wird bestraft

1. ein Mann über achtzehn Jahre, der mit einem anderen Mann unter einundzwanzig Jahren Unzucht treibt oder sich von ihm zur Unzucht missbrauchen lässt,

2. ein Mann, der einen anderen Mann unter Missbrauch einer durch ein Dienst-, Arbeits- oder Unterordnungsverhältnis begründeten Abhängigkeit bestimmt, mit ihm Unzucht zu treiben oder sich von ihm zur Unzucht missbrauchen zu lassen,

3. ein Mann, der gewerbsmäßig mit Männern Unzucht treibt oder von Männern sich zur Unzucht missbrauchen lässt oder sich dazu anbietet.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist der Versuch strafbar.

(3) Bei einem Beteiligten, der zur Zeit der Tat noch nicht einundzwanzig Jahre alt war, kann das Gericht von Strafe absehen.”

gesellschaftlicher Wandel

Der gesellschaftliche Wandel setzte sich fort. Insbesondere Rosa von Praunheims provokanter Film im Jahre 1971 „Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt“, sorgte für neue Diskussionen. Der Gesetzgeber reagierte auf diese Entwicklung. Folge war das Vierte Gesetz zur Reform des Strafrechts (4. StRG) vom 23.11.1973, das das Schutzalter für einvernehmliche sexuelle Handlungen von Männern mit jungen Männern auf 18 Jahre senkte.

Der entsprechende Abschnitt im StGB wurde von „Verbrechen und Vergehen wider die Sittlichkeit” in „Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung” umbenannt und der Begriff der Unzucht durch den Begriff der „sexuellen Handlung” ersetzt (vgl. BGBl I S. 1725).

In der Folgezeit wurden die gesellschaftlichen Veränderungen immer sichtbarer: Seit 1979 finden jährlich Christopher Street Days (CSD) statt. Im Jahre 1987 gaben sich in der ARD-Serie „Lindenstraße“ erstmals zwei schwule Männer im Fernsehen einen Kuss, was zwar zu einer besseren „Integration von Schwulen ins bürgerliche Leben“ beitrug, aber auch zu großem Aufsehen führte.

5.5 Die Regelung im wiedervereinigten Deutschland

Einigungsvertrag

Zur Wiedervereinigung am 03.10.1990 wurde im Einigungsvertrag vereinbart, dass die §§ 149 und 150 StGB-DDR für das Gebiet der neuen Bundesländer weiter in Kraft bleiben, während in den alten Bundesländern § 175 StGB weiterhin gültig war. Infolgedessen waren beispielsweise einvernehmliche sexuelle Handlungen von Männern mit männlichen Jugendlichen über 16 Jahren in Ostberlin straffrei, während sie in Westberlin bestraft wurden. (Art. 9 Abs. 2 des Einigungsvertrages vom 31.08.1990 i. V. m. Anlage II Kapitel III Sachgebiet C Abschnitt 1 Nr. 1 und Art. 1 des Gesetzes v. 23.09.1990, BGBl II S. 885, 1168, gültig ab 29.09.1990).

5.6 Rechtsangleichung zwischen Ost und West

Aufhebung

Es dauerte schließlich 25 Jahre zwischen der Entkriminalisierung der Homosexualität unter Erwachsenen im Jahre 1969 und der Aufhebung des § 175 StGB im Jahr 1994. Im Zuge der Rechtsangleichung zwischen Ost und West wurde die Rechtseinheit durch das „29. Strafrechtsänderungsgesetz“ vom 31.05.1994 herbeigeführt (BGBl I S. 1168, in Kraft getreten am 11.06.1994). § 149 StGB-DDR und § 175 StGB-BRD wurden aufgehoben.

Das absolute Schutzalter für sexuelle Handlungen mit Jugendlichen wurde einheitlich auf 14 Jahre festgelegt (§ 176 StGB); in besonderen Fällen gilt gemäß § 182 StGB (Antragsdelikt) ein relatives Schutzalter von 16 Jahren.

5.7 Rechtsangleichung der Lebenspartnerschaft mit der Ehe

Resolution des Deutschen Bundestags

Am 07.12.2000 verabschiedete der Deutsche Bundestag sodann einstimmig folgende Resolution und machte damit den Bewusstseinswandel in der Gesellschaft deutlich.

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