Kitabı oku: «Guten Morgen, Leben!», sayfa 2
»LAUFE NICHT DER VERGANGENHEIT NACH, VERLIERE DICH NICHT IN DER ZUKUNFT. DIE VERGANGENHEIT IST NICHT MEHR. DIE ZUKUNFT IST NOCH NICHT GEKOMMEN. DAS LEBEN IST HIER UND JETZT.«
LAOTSE
ZUR MORGENSHOW-MODERATORIN GEBOREN
Seit 2007 ist es mein Beruf – nein, meine Berufung – Österreich im Radio in den Tag zu begleiten. Ein Job, der mir auf den Leib geschneidert ist, denn ich gestehe: Ich war schon immer eine Frühaufsteherin. Schon als kleines Mädchen habe ich mich in den Ferien vor allen anderen aus dem Bett geschlichen, um ja nichts vom Tag zu verpassen. Sobald die Sonne durch den Vorhang geblitzt hat, war es für mich eine Qual, liegen bleiben zu müssen. Was könnte ich nicht schon alles erleben? Und dieses wunderbare Gefühl, dass jeden Morgen ein noch unbeschriebenes Kapitel meines Lebens vor mir liegt, habe ich noch immer.
Was gestern war, ist vorbei, heute ist jetzt und neu und bietet so viele Möglichkeiten. Jeder von uns erlebt Zeiten, die von Sorgen und Ängsten geprägt sind, von Verlusten und Krisen. Aber sich die Decke über den Kopf zu ziehen und einfach liegen zu bleiben, ist in den seltensten Fällen ein Lösungsansatz, der uns dauerhaft weiterbringt. Wie heißt dieser Spruch noch mal? »Hinfallen, aufstehen, Krone richten, weitergehen.« Na gut, wirst du dir jetzt vielleicht denken, eine Frau mit Traumjob und zwei gesunden Kindern hat leicht reden. – Ich bin aber nicht nur die Frau mit dem Traumjob. Ich bin auch noch das kleine Mädchen, das mit zehn Jahren ihren geliebten Vater verloren hat. Herzinfarkt, ganz plötzlich. Ein Verlust, der für mich und mein Leben prägend war. Wenn das Leben schon in jungen Jahren von heute auf morgen vorbei sein kann, worauf soll ich dann warten? Warum kann ich nicht einfach loslegen? Warum soll ich nicht probieren, meine Leidenschaften und Hobbys zu meinem Job zu machen? Warum soll ich der Vergangenheit nachhängen, wo die Sonne doch jeden Tag neu aufgeht?
Ich habe schon als kleines Mädchen für mich entschieden, lächelnd nach vorne zu blicken – ganz sicher auch, weil mich der Blick zurück traurig gemacht hat. Aber auch, weil mein Vater garantiert nicht gewollt hätte, dass ich verzweifle. Er hätte sich gewünscht, dass seine kleine Tochter fröhlich die Welt erobert und ihre Träume verwirklicht. Ich bin mir da absolut sicher. Gemeinsam haben wir morgens immer Radio gehört, gefrühstückt und unsere Tage geplant. Jetzt bin ich die, die aus dem Radio spricht, die informiert, die zu motivieren versucht und hoffentlich ein Lächeln in das Gesicht der Hörer zaubert. Die Liebe meines Vaters zur Musik und zum Radio hat sich auf mich übertragen und ist zu meinem Beruf geworden. Ein Beruf, der mir Freude bereitet und mit dem ich Freude bereiten kann. Jeden Morgen.
YOGA
»Für Yoga bin ich zu unbeweglich.« – »Namasté, ja sicher. Ich trinke lieber Kaffee.« – »Beim Yoga sind alle anderen so viel besser.« Ich habe schon sehr viele Gründe gehört, warum Yoga nicht das Richtige ist. Liebe Yoga-Muffel, ihr verpasst etwas Großartiges!
MEHR ALS EIN
TRENDSPORT
Flexibilität, Stabilität, Leichtigkeit, Gleichgewicht und Klarheit – das wünschen wir uns in Beziehungen und im Leben. All das sind Qualitäten, die wir im Yoga üben. Jede Minute auf der Yogamatte ist eine gewonnene Minute. Probier es doch mal aus!
Meist habe ich das Yogastudio mit einer Antwort verlassen – der Antwort auf die eine wirklich wichtige Frage aus der Problemwolke in meinem Kopf.
»Yoga, hmmm. Na gut, warum nicht mal ausprobieren?« – Nie und nimmer hätte ich mir träumen lassen, was in meiner ersten »Schnupperstunde« auf mich zugekommen ist: 90 Minuten Bikram-Yoga, 26 Positionen bei fast 40 Grad Raumtemperatur. Ich habe in meinem ganzen Leben noch nie so geschwitzt! Den Hot Room, den aufgeheizten Yogaraum, nicht fluchtartig zu verlassen, war eine echte Herausforderung – und meine Bewunderung für die Yogis in der ersten Reihe grenzenlos. Atmung und Bewegung perfekt abgestimmt. Jede Position trotz Hitze exakt ausgeführt. Aber ich habe durchgehalten und bin wiedergekommen. Wieder und wieder und wieder. Zu Beginn nicht regelmäßig. Mal waren die Kinder krank, mal konnte ich einfach nicht zwei Stunden von zuhause weg, mal war es mir zu heiß, mal war ich zu müde. Trotzdem habe ich von der ersten Stunde an gespürt, wie gut mir Yoga tut. Wie ausgepowert ich nach einer Yogaklasse bin, aber auch wie gelassen und ruhig. Oft hatte ich vor einer Yogastunde den Kopf voll mit Fragen und Problemen, die mich gerade beschäftigten. Ich hatte das Gefühl zu explodieren! Meist habe ich das Yogastudio dann mit einer Antwort verlassen – der Antwort auf die eine wirklich wichtige Frage aus der Problemwolke in meinem Kopf.
Der langen Rede kurzer Sinn: Ich habe angebissen – und nicht mehr losgelassen.
WAS YOGA FÜR DICH TUN KANN
Yoga ist im 21. Jahrhundert, was Aerobic in den 1980ern war. Es gibt Kurse in jedem Fitnessstudio und stylische Yoga-Outfits in jedem Sportgeschäft. Dabei ist Yoga so viel mehr als ein Trendsport. Das Wort Yoga leitet sich vom Sanskrit-Wort Yuj (anjochen, zusammenbinden, anspannen) her und wird oft mit »Einheit von Körper und Geist« übersetzt. Schon seit 5.000 Jahren wird Yoga in Indien praktiziert. Warum aber laufen gerade in den 2020er-Jahren immer mehr Menschen auf der ganzen Welt mit Yogamatten herum? Und warum lächeln diese Yogis so glückselig?
Menschen, die regelmäßig Yoga praktizieren, sind nicht nur fit und meist auch gesund, sie wirken strahlend, lächeln oft, sind positiv eingestellt und scheinbar rundum zufrieden – sogar wenn einmal etwas schiefläuft.
WAS MACHT DEN YOGA-GLOW AUS?
Es sind nicht die schwierigsten Positionen, die diese Glücksgefühle auslösen – weder die Krähe noch der Kopfstand. Es ist vor allem die innere Haltung, die regelmäßig Yoga praktizierende Menschen auch in schwierigen Situationen den Fokus auf das Wesentliche richten lässt. Teilweise unmöglich erscheinende Dehn- und Kraftpositionen werden immer wieder geübt. Und während wir ruhig atmen und uns achtsam bewegen, entdecken wir uns selbst und die Welt rund um uns herum völlig neu. Es ist faszinierend: Yoga lehrt uns zu akzeptieren, was wir nicht ändern können, und plötzlich sehen wir klarer und es öffnen sich neue Türen und Möglichkeiten. Was vorher selbstverständlich war, erscheint uns danach überholt. Was unmöglich umsetzbar erschien, trauen wir uns nun zu. Wo wir vorher unsere Schwächen gesehen haben, entdecken wir jetzt unsere Superkräfte. Und wir fühlen uns so gelassen und stark, dass wir auch ganz sanft und verletzlich sein dürfen. Und vielleicht fühlen wir uns nach einer Stunde auf der Yogamatte ohne erkennbaren äußeren Anlass richtig tief erfüllt und zum Weinen glücklich.
Yoga kräftigt, dehnt und streckt nicht nur den Körper, Yoga verändert auch den Fokus und lässt uns den Blick auf das Wesentliche richten.
Yoga baut tatsächlich Glücksinseln, auf die wir uns flüchten können. Und noch mehr: Diese Stärke und Ruhe hilft im Alltag. Das heißt nicht, dass Yogis durchs Leben schweben, sich nie wieder über Kleinigkeiten aufregen und diese – wie wir alle manchmal – zu großen Problemen dramatisieren. Aber Einheit und Frieden, diese morgendlichen Mini-Erleuchtungen, können dir zeigen: Aha, so kann sich das Leben also auch anfühlen. Einfach gut!
Es ist schwer zu sagen, was genau an Yoga diese magische Wirkung entfaltet – zu unterschiedlich und persönlich ist das, was jede/r aus ihrer/seiner eigenen Praxis zieht. Aber es gibt einige Anhaltspunkte:
1. Yoga macht achtsam
Volle Konzentration auf jede einzelne Bewegung und jeden Atemzug. Achtsamkeit setzt dem sorgenvollen Wirrwarr im Kopf ein Ende. Nach ein paar Minuten voller Konzentration auf deine Yogaübungen hörst du ganz von allein auf, Pläne zu schmieden, und durchbrichst unnötig rotierende Gedankenspiralen. Im Yoga gibt es nur das Jetzt, nur den Moment. Jede einzelne Bewegung und jede Position wird so aufmerksam wie möglich ausgeführt. Verlierst du den Fokus, verlierst du auch die Balance.
2. Unser Atem als Motor
In der yogischen Sichtweise spendet, transportiert und harmonisiert der Atem, Prana, die Lebensenergie. Kombiniert man den Atem mit der Bewegung, wirkt er wie ein Katalysator. Diese Verbindung zeigt sich auch in unserer Sprache: Dir stockt der Atem, wenn etwas Heftiges auf dich zukommt – sei es positiv oder negativ –, oder du atmest auf, wenn etwas Belastendes vorbei ist. Je nachdem was wir gerade brauchen, beruhigen wir mit unserer Atmung den Geist oder wir beleben ihn. Wir lenken damit unsere Lebensenergie.
3. Kannst du dich sehen?
Wenn du dich ganz in deine Yogapraxis vertiefst, beginnst du irgendwann, dich selbst zu beobachten. Dieser innere Beobachter ist unser bester Freund – das ist eine Wahnsinnserkenntnis! Denn dieser innere Beobachter hat auch eine Botschaft: Du bist deinen Gefühlen und Stimmungen nicht hilflos ausgeliefert. Deine Gedanken und Gefühle und du – das sind zwei unterschiedliche Baustellen. Auf der Yogamatte lernst du tatsächlich, einen Schritt zur Seite zu treten und dich aus einem anderen Blickwinkel zu sehen. Situationen, in die du dich normalerweise so richtig reinsteigerst, schrumpfen plötzlich zu Kleinigkeiten.
4. We are one!
Yoga bedeutet Einheit und Verbindung – zum einen unsere Verbindung nach innen, also die Einheit von Körper, Geist und Seele, zum anderen die Verbindung nach außen. Wie gefällt dir dieser Gedanke? Menschen, Tiere, Pflanzen – alles Lebendige – sind Einzelformen des Lebens, die gemeinsam ein harmonisches Ganzes bilden. Wie ein Puzzle, in dem jeder Teil gleich wichtig ist.
5. Alles ist schon da
Yoga macht Freude, und Freude ist der Stoff, aus dem wir gemacht sind. Der Kern unserer Existenz ist unser Bewusstsein. Manche nennen es die Seele, andere das »Göttliche« oder das »Licht« in uns. In der Yogalehre heißt es, dass dieser menschliche Kern in fünf »Körper« oder »Hüllen« eingepackt ist: die fünf Koshas. Die äußerste Hülle ist unser aus Nahrung bestehender Körper. Darunter liegt eine Hülle aus Lebensenergie, dann der Geist, darunter unser Intellekt und ganz nah am Kern schließlich meine Lieblingshülle – die Glückseligkeit. In der yogischen Sichtweise steckt das Glück in uns drin, es ist ein Teil von uns.
6. Herz über Kopf
Der Geist, Citta, ist die Stimme der Vernunft, unser Denken und Empfinden. Er wird im Yoga für fast all unser Leid verantwortlich gemacht. Denn Citta warnt uns vor Gefahren, schätzt Situationen ein und lässt uns Sorgen und Ängste fühlen. Das macht Sinn und schützt uns vor vielem. Aber die Yogaphilosophie besagt, wir sollen dieses Auf und Ab des Geistes nicht immer so ernst nehmen. Wir sind nicht, was wir denken und fühlen, und das Leben ist nicht immer das, was der Geist uns vorgaukelt. Egal was er dir einflüstern möchte: Du bist gut genug. Du darfst glücklich sein. Du musst nicht um Liebe kämpfen. Es ist viel mehr möglich, als du dir vorstellen kannst. Es lohnt sich, auf dein Herz zu hören.
7. Sich dem Leben hingeben
Man könnte meinen, Hingabe bedeute, so leidenschaftlich wie möglich zu leben. Aber sich hinzugeben heißt auch, dass wir unsere Ängste, festen Vorstellungen und auch Widerstände aufgeben dürfen – und akzeptieren, was ist. Das bedeutet nicht, dass du Dinge, die dich belasten und unglücklich machen, hinnehmen musst. Es bedeutet, dass du dich für dein Glück öffnen und zugreifen solltest, wenn es vor dir steht. Alles wird gut.
8. Loslassen und annehmen
Davon ist im Yoga oft die Rede. Spannungen, negative Gedanken – alles soll losgelassen werden. Ich habe mich so oft gefragt (vor allem am Beginn meines Yogaweges), wie das eigentlich gehen soll. Stress, Verspannungen und Schmerzen verschwinden nicht einfach, weil wir das jetzt möchten. Aber wir können die Idee ziehen lassen, immer sofort glücklich sein zu müssen, niemals Schmerzen haben zu dürfen und dass es uns nie schlecht gehen darf. Wenn wir wirklich von ganzem Herzen akzeptieren, was wir gerade nicht ändern können, sind wir schon einen wesentlichen Knoten im Kopf los. Loslassen bedeutet, alles bewusst zu spüren und auch den unangenehmen Seiten in uns liebevolle Aufmerksamkeit zu schenken. Ehrlich anzunehmen, was ist.
9. Let love flow
Jede Minute, jede Stunde auf der Yogamatte ist ein Liebesbeweis an uns selbst. Wir nehmen uns Zeit für uns, achten auf jeden Atemzug, jede Bewegung und lassen alles andere mal beiseite. Und das Schönste ist: Je leidenschaftlicher wir dabei sind, desto mehr Liebe und Mitgefühl empfinden wir auch für die Welt rund um uns herum.
10. Der Gruß der Yogis
Namasté – der Gruß der Hindus drückt Respekt und den Wunsch nach Verbindung aus. Wörtlich übersetzt heißt er: »Verehrung dir!« Aber im Sanskrit sind die Worte noch vielschichtiger. Namasté steht für: »Das Licht in mir verneigt sich vor dem Licht in dir.« Oder auch: »Das Göttliche in mir verneigt sich vor dem Göttlichen in dir.« Anstatt die Unterschiede und das Trennende zwischen uns hervorzuheben, führen wir unsere Hände vor dem Herzen zusammen. Namasté.
»YOGA IST EINE REISE DES SELBST, DURCH DAS SELBST, ZUM SELBST.«
AUS DER BHAGAVAD GITA
VIER WEGE ZUM
GLÜCK
Yoga. Fast jeder hat schon mal davon gehört und ein Bild von sich verbiegenden Menschen im Kopf. Viele haben es auch schon ausprobiert. Aber nur wenige wissen, worum es dabei wirklich geht.
In unserer westlichen Welt verstehen viele unter Yoga einfach Körperübungen, wie wir sie als Angebot im Fitnessstudio und auch in immer mehr Yogastudios finden. Ursprünglich hatten diese Übungen aber ausschließlich den Zweck, die Körper der Yogis auf stundenlange Meditationen vorzubereiten. Das lässt ahnen, dass mehr dahintersteckt. Auch mein eigener Yogaweg hat im Fitnessstudio begonnen: Ich war auf der Suche nach einem sportlichen Ausgleich zu meinem stressigen Alltag zwischen Job und Familie. Gefunden habe ich nicht nur meine Balance auf einem Bein auf der Yogamatte, sondern auch meine innere Balance im Alltag. Nach wie vor stelle ich fest, dass selbst große Yoga-Zweifler, die sich nur in Yogastunden »verirren«, doch immer wiederkommen. Vielleicht auch ein Hinweis dafür, dass Yoga mehr kann, als uns »bloß« fit zu halten. Aus eigener Erfahrung weiß ich: Auch wenn du dich vorerst nur auf einen kleinen Teil des Yogaweges einlässt, können sich neue Verhaltensweisen und Denkmuster etablieren – und das geht ganz von allein.
DIE VIER YOGAWEGE
Jeder von uns ist anders, hat andere Gefühle, Gedanken, Ziele und Vorlieben. Deshalb gibt es auch vier Yogawege, vier Möglichkeiten, Yoga zu praktizieren. Grundsätzlich heißt es im Yoga, unser Selbst – Atman – entstammt dem höchsten Selbst – Paramatma. Das höchste Selbst ist Glückseligkeit – Ananda. Und da unser inneres Selbst Teil des Höchsten ist, strebt auch jeder Mensch danach, glücklich zu sein.
Ja, wir alle wollen glücklich sein – so weit, so klar. Aber ehrliche und vor allem dauerhafte Glückseligkeit können wir in der äußeren Welt nicht finden, sondern nur in uns selbst.
1. Karma-Yoga: der Weg der Tat
Alles, was wir tun, hat eine Auswirkung auf unseren Körper, Geist und unser Bewusstsein und bringt ein Ergebnis, das der Absicht entspricht, mit der wir gehandelt haben. Jede Handlung hat eine Folge.
2. Bhakti-Yoga: der Weg der Hingabe und Liebe
Im Zentrum unseres Lebens sollte Liebe stehen. Die Liebe zu Gott, zur gesamten Schöpfung, zu den Menschen genauso wie zu den Tieren und Pflanzen – zur gesamten Natur.
3. Raja-Yoga: der »königliche Weg des Yoga« oder der »achtstufige Pfad«
Dabei geht es um Selbstdisziplin und die tatsächliche Yogapraxis. Raja-Yoga umfasst die uns bekannten Yogatechniken wie Asana (Körperübung), Pranayama (Atemübung), Meditation und Kriya (Reinigungstechniken).
4. Gyana-Yoga: der philosophische Weg
Beim Yoga geht es immer um Körper und Geist. Es geht darum zu üben, zu spüren, zu fühlen, aber auch zu erkennen. Yoga als Weg zur Selbsterkenntnis.
Diese vier Yogawege gehen Hand in Hand: Wenn wir liebevoll mit unseren Mitmenschen und der Natur umgehen, sind wir Bhakti-Yogis. Karma-Yogis sind wir, wenn wir anderen helfen. Wenn wir über den Sinn des Lebens nachdenken, sind wir Gyana-Yogis, und wenn wir unsere Yogaübungen machen, sind wir Raja-Yogis. So können wir alle vier Yogawege an jedem Tag leben … oder es zumindest versuchen.
»YOGA IST DAS ZUR-RUHE-BRINGEN DER BEWEGUNGEN IM GEIST.«
PATANJALI
NANCY KRÜGER
PHILOSOPHIN, YOGALEHRERIN, FREIGEIST
Was bedeutet Yoga in unserer heutigen Zeit? Wie kann man eine 5.000 Jahre alte indische Philosophie ins Hier und Jetzt übersetzen und wie einen Nutzen für ein Leben in der westlichen Welt daraus ziehen? Nancy Krüger bildet nicht nur Yogalehrer aus, sie strahlt von morgens bis abends – dank Yoga.
Wenn Nancy über Yoga-Philosophie spricht, glitzern ihre Augen. Ihre Erzählungen alter indischer Mythen und Geschichten leuchten in allen Farben wie ein Tempel in Indien.
»Morgens wache ich auf, weil mein Sohn Pauli zu mir ins Bett kriecht. Jeden Tag sage ich dann: Nur noch fünf Minuten! Woraufhin er mir ein ›Kraftbussi‹ gibt – er ist davon überzeugt, dass seine Guten-Morgen-Küsse Zauberkräfte haben. Und das haben sie auch! – Meine eigene Morgenroutine beginnt erst, wenn ich Pauli in den Kindergarten gebracht habe. Dann setze ich mich auf meinen orangen Sessel und schaue aus dem Fenster. Das sind die einzigen fünf Minuten des Tages, in denen ich ganz still bin und nichts mache. Danach praktiziere ich Yoga. Früher wollte ich kreativ sein und jeden Tag etwas Neues ausprobieren oder üben. Jetzt mache ich jeden Morgen dieselben Positionen und versuche, sie nicht langweilig werden zu lassen. Routinen anders zu sehen, auf Details zu achten und ehrliche Freude dabei zu empfinden, das trainiere ich Tag für Tag auf meiner Yogamatte.
Ist es nicht so, dass wir üblicherweise zwischen Dingen hin- und herspringen, die wir entweder sehr oder gar nicht mögen? Dass wir uns stets auf das nächste Highlight freuen? Dabei nimmt doch eigentlich die Zeit zwischen diesen Highlights den größten Raum ein. Ich halte es für eine unglaublich starke Kraft zu sehen, dass das wahre Leben aus ganz simplen Dingen besteht. Wenn man nur auf die Besonderheiten wartet, verpasst man es.
Auch in einfachen Positionen liegt eine ganze Welt
Yoga ist extrem rituell. In traditionellen Yogaschulen in Indien wird jeden Tag zur selben Zeit das ganze Yogasutra, alle 195 Verse, rezitiert. Das Yogasutra des indischen Gelehrten Patanjali gilt als wichtigster Yoga-Leitfaden im alltäglichen Leben. Es ist wie ein tägliches Wiederkäuen. Yogis glauben, wenn man diese Botschaften im Körper verankern möchte, muss man sie durch die tägliche Wiederholung in eine festere Konsistenz bringen. Physisch ist das der Sonnengruß, der jeden Morgen wiederholt wird, wieder und wieder und wieder.
Gerade morgens ist es noch leicht, Klarheit zu finden, den Zauber zu sehen. Die Schwierigkeit liegt darin, über die Schwelle seiner Wohnungstür zu gehen und diese Qualität auch in den Tag mitzunehmen. Im Schnitt werden wir Mitteleuropäer 80 Jahre alt. Etwa 24 Jahre davon verbringen wir mit Schlafen, zwölf Jahre sitzen wir vor dem Fernseher, acht Jahre arbeiten wir, fünf Jahre widmen wir uns dem Essen, zwei Jahre und sechs Monate verbringen wir im Auto, ganze 16 Monate wird geputzt und neun Monate wird gewaschen und gebügelt. Wenn wir also den größten Teil unseres Lebens mit langweiligen Routinen verbringen, stellt sich mir die Frage, wie man dieses System im Kopf umkehren kann. Wie kann ich es schaffen, mich nicht nur auf die wenigen Momente zu fokussieren, in denen Höhepunkte passieren, sondern in allem anderen Freude zu finden?
»ROUTINEN ANDERS ZU SEHEN, AUF DETAILS ZU ACHTEN UND EHRLICHE FREUDE DABEI ZU EMPFINDEN, DAS TRAINIERE ICH TAG FÜR TAG AUF MEINER YOGAMATTE.«
NANCYS TIPPS FÜR TAGE, AN DENEN ES NICHT LÄUFT:
1. LASSE ANDERE MACHEN!
2. FÜHRE KEINE SCHWIERIGEN GESPRÄCHE!
3. SAGE TERMINE AB UND NIMM DIR DEINEN RAUM!
Manchmal gelingt meine Yogapraxis besser, manchmal schlechter – es gibt eben gute und weniger gute Tage. Aber die Kunst ist es, auch die weniger guten anzunehmen und nicht nur hinter sich zu bringen. Yoga hilft uns auch anzuerkennen, dass wir nicht jeden Tag herumreißen müssen, dass wir unsere Tagesverfassung auch einfach annehmen können und keine Widerstände erzeugen müssen.
Auch schlechte Tage drücken dich nicht nieder, wenn du diesen Zustand mit Gleichmut nimmst – und dich selbst nicht so wichtig. Du bist nur ein kleiner Teil des Universums und musst nicht jeden Tag in Bestform sein. Das Universum wird trotzdem funktionieren.
Wie sich die Welt verändern würde, wenn alle morgens fünf Minuten Yoga machten? Gute Frage. Dazu kann ich eines sagen: Ich kenne niemanden, dessen Leben durch die morgendliche Yogapraxis nicht ungemein bereichert wurde. Wie viel mehr ist möglich, wenn man im Inneren tief entspannt ist. Das Innere ist immer ein Ausgangspunkt für alles nach außen Gerichtete. Und selbst wenn es um Streit mit heftigen Emotionen geht, die richtig überkochen – Ausgangspunkt für deine Überzeugungskraft ist deine innere Ruhe. Und die kanalisierst du am besten in deiner gelernten und gelebten Routine.«
DIE WICHTIGSTEN
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