Kitabı oku: «Seal Team 9», sayfa 2

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Brady

Frustriert drehe ich mich auf den Rücken und starre an die Decke. Seit Wochen bin ich nun schon krankgeschrieben und langweile mich. Ich bin mir sicher, dass dies auch noch ein wenig so bleiben wird. Ich bin mir sicher, dass mein Therapeut es noch einige Male versuchen wird, bevor er mich an einen Kollegen verweist, der dann sein Glück versuchen soll. Sobald er allerdings merkt, dass er keinen Schritt weiter kommt, wird er mich testen, feststellen, dass ich einsatzfähig bin und mich wieder in den Dienst schicken.

Woher ich das weiß?

Weil es meistens so läuft!

Ich war zwar noch nie in dieser Situation, doch bei der Ausbildung wird kein Geheimnis daraus gemacht. Und ich habe es auch schon von ein paar Kollegen gehört.

Ich bin schließlich ein Navy Seal. Mit meiner Ausbildung und meiner Erfahrung kann man mich nicht ewig krankschreiben. Das werden auch die Therapeuten irgendwann einsehen.

Solange bleibt mir jedoch nichts anderes übrig, als mich selber fit zu halten, damit ich es leichter habe, wieder in das Training hineinzufinden, sobald ich wieder im Dienst bin.

Daher werfe ich die dünne Decke zur Seite und verlasse mein Bett. Schnell ziehe ich meine Trainingssachen an und binde meine Sportschuhe zu.

Ich will nicht mehr Zeit verlieren, als es unbedingt nötig ist.

So schnell wie möglich renne ich die Straße entlang, nachdem ich das Haus verlasse habe, in der ich wohne, und entferne mich so immer weiter von meinem zu Hause. Und je weiter ich renne, umso befreiter kann ich atmen. Es fühlt sich richtig an und mehr ist nicht für mich wichtig. Ein wenig kommt es mir so vor, als würden all meine Probleme verschwinden.

Schon früher war es so. Beim Sport konnte ich alles vergessen und mich nur noch auf mein Training konzentrieren. Es hat mir dabei geholfen, dass ich die Dinge von einer anderen Seite sehe.

Bei diesem Punkt hat das bis jetzt noch nicht funktioniert, denke ich zähneknirschend.

Ich habe keine Ahnung, wie lange ich schon unterwegs bin. Doch ich spüre die Energie, die durch meinen Körper fließt und weiß, dass ich noch eine Weile so weitermachen kann. Daher mache ich das auch.

Gerade gibt es nichts, was mich stoppen kann.

Ich will mich auspowern und den ganzen Mist vergessen, der in meinem Leben passiert und passiert ist. Und das geht nur, wenn ich laufe und trainiere.

Als ich irgendwann wieder in meine Straße einbiege, bleibe ich ruckartig stehen und atme tief durch, um meinen Puls wieder zu beruhigen. Auch aus dieser Entfernung kann ich meine neue Nachbarin erkennen. Kendra steht neben ihrem Wagen und scheint etwas daraus zu holen. Da ich mich jedoch auf der anderen Straßenseite befinde und ein paar Autos zwischen uns stehen, kann ich leider nicht so genau erkennen, was es ist.

Für einen Moment beobachte ich sie. Mir ist bewusst, dass ich gestern gemein zu ihr war, als ich sie einfach angegangen bin, nachdem sie sich mir vorgestellt hat. Sie hat nichts Böses gesagt oder getan. Dennoch ist es die richtige Entscheidung gewesen.

Sie kann und soll von Anfang an wissen, dass ich keine Lust habe, mich mit ihr zu unterhalten und sie mich in Ruhe lassen soll. Auf diese Weise will ich sie von mir fernhalten und so dafür sorgen, dass sie nicht mit diesem ganzen Mist belastet wird.

Denn das ist noch etwas, was ich von meinen Kollegen gelernt habe. Diese Geschichte belastet nicht nur einen selbst, sondern auch alle Menschen, mit denen man zu tun hat. Jeden einzelnen, der sich in der Nähe befindet.

Und das hat sie sicherlich nicht verdient.

Ohne darauf zu warten, ob sie ins Haus gehen will oder aus der Einfahrt fährt, setze ich mich wieder in Bewegung und halte direkt auf sie zu. Dabei lasse ich sie keine Sekunde aus den Augen. Sie scheint etwas zu suchen oder zusammenzuräumen, auf jeden Fall verraten mir das ihre Bewegungen.

Es dauert ein wenig, bis sie mich bemerkt, doch dann erkenne ich an ihrer Körperhaltung, dass sie nicht weiß, wie sie sich verhalten soll.

Sie spannt sich an und betrachtet mich aufmerksam, als würde sie meine Laune so herausfinden wollen. Ihre Lippen sind so dicht aufeinander gepresst, dass sie nur noch eine dünne Linie sind. Sie ist nicht nur unsicher, sondern auch wütend.

Ich habe die Hoffnung, dass sie kein Wort von sich gibt. Doch in dem Moment, in dem ich an ihr vorbeigehen will, bricht sie ihr Schweigen.

„Wie ich sehe, bist du wieder nüchtern“, stellt sie trocken fest. Gleichzeitig bildet sich ein kleines Grinsen um ihre Lippen.

Ruckartig bleibe ich stehen und drehe mich langsam zu ihr herum.

Ich lasse sie keine Sekunde aus den Augen, als ich mich ihr wieder nähere. Dabei lasse ich meinen Blick über ihren Körper wandern. Gestern ist mir nicht aufgefallen, wie scharf sie ist. Das leugne ich nicht. Ihre Rundungen passen perfekt zu ihrer Größe und wie ich finde auch zu ihrem frechen Mundwerk. Ihre blonden Haare, die ihr in weichen Wellen über die Schultern fallen, lassen sie noch ein paar Jahre jünger aussehen, als sie eigentlich ist. Und ihre Augen funkeln vergnügt.

Doch es ändert nichts an meiner Einstellung. Auch nicht für eine Nacht.

An oberster Stelle steht für mich, dass ich so schnell wie möglich wieder in den Dienst komme, ohne, dass ich mit jemanden über diese Erfahrung sprechen zu müssen. Und ich bin mir sicher, dass ich da auf dem besten Weg bin.

Ich sehe ihr an, dass es ihr immer unangenehmer wird.

Wahrscheinlich fragt sie sich gerade, wieso sie überhaupt etwas gesagt hat.

Ja, ich könnte sie einfach nicht beachten und in meinem Haus verschwinden. Doch ich habe nicht vor, sie schon gehen zu lassen.

„Hat dir schon einmal jemand gesagt, dass du ganz schön frech bist?“, erkundige ich mich.

Mit großen Augen sieht sie mich an, nachdem meine Worte bei ihr angekommen sind.

„Ich habe mich nur bei dir vorgestellt“, erinnert sie mich, obwohl sie das nicht muss. „Ich konnte ja nicht damit rechnen, dass du anscheinend zu betrunken warst, um dich freundlich zu verhalten. Zumindest habe ich das gedacht, bis jetzt. Jetzt stelle ich jedoch fest, dass dies bei dir aber wohl ein Dauerzustand ist.“

Mit zusammengekniffenen Augen sieht sie mich an und macht einen Schritt nach vorne. Einige Sekunden sieht sie mich einfach an. Es gibt ein paar Worte, die mir bereits auf der Zunge liegen und nur darauf warten, dass ich sie endlich ausspreche. Doch ich behalte sie für mich. Stattdessen warte ich ab, ob sie noch etwas dem hinzufügen will. Doch das macht sie nicht. Mit einem leisen Schnauben dreht sie sich um und lässt mich einfach stehen.

Ich kann nicht verhindern, dass sich ein kleines Grinsen bei ihrem Abgang auf meinem Gesicht bildet. Ich muss zugeben, dass sie mir gefällt. Sie hat ein Temperament, was ein wenig erfrischend ist.

Mir ist bewusst, dass es nicht unbedingt einfacher deswegen für mich ist. Doch aus genau diesem Grund werde ich mich nicht weiter damit beschäftigen.

Ich sehe ihr nach, bis sie in ihrem Haus verschwunden ist. Erst dann gehe ich in meines.

4

Kendra

Ich bin genervt. Anders kann ich es nicht beschreiben. Eigentlich gibt es dafür auch keinen anderen Ausdruck, als genau dieses eine Wort. Und auch während der Fahrt zu meiner Arbeitsstelle kann ich dieses Gefühl nicht zur Seite schieben.

In den letzten Jahren habe ich es immer geschafft, meinen privaten Ärger in den Hintergrund zu schieben, sodass er mir auf der Arbeit nicht im Weg steht. Doch während ich durch den dichten Verkehr fahre, ahne ich bereits, dass es mir dieses Mal nicht gelingen wird.

Und das nur, weil der Typ mir näher geht, als er es eigentlich sollte.

Mir ist bewusst, dass das nicht gut ist. Ändern kann ich es leider aber auch nicht.

Immer wieder denke ich darüber nach, was sein verdammtes Problem ist. Sein Freund hat mir zwar gesagt, dass ich es nicht persönlich nehmen soll. Doch irgendwie mache ich das. Schließlich habe ich ihm nichts getan und dementsprechend hat er auch keinen Grund, mich so anzugehen. Und das weckt die Neugierde in mir.

Ich denke sogar darüber nach, ob es etwas mit seinem Job als Soldat zu tun hat. Aus Erfahrung weiß ich, dass diese Männer und Frauen Dinge sehen und tun müssen, die nicht immer leicht zu verarbeiten sind.

Wenn er keine Lust hat, sich mit mir zu unterhalten, soll er es einfach sagen. Um genau zu sein habe ich auch keine Lust mit jemanden zu sprechen, der sich so wenig unter Kontrolle hat, wie das bei ihm anscheinend der Fall ist. Obwohl ich nicht einmal sagen kann, ob es wirklich daran liegt oder einfach, weil er ein Arschloch ist.

Doch wenn ich ehrlich bin muss ich zugeben, dass ich eher zu der zweiten Möglichkeit tendiere. Es ist egal, was einem passiert ist, man sollte schon auseinanderhalten können, wer etwas damit zu tun hat, und wer nicht.

Und ich gehöre eindeutig zu der letzten Gruppe.

Als ich die Praxis betrete, in der ich arbeite, habe ich die Hoffnung, dass ich diesen Mist loswerden kann, als ich einen Blick auf meinen überfüllten Schreibtisch werfe. Ich will mich auf meine Arbeit konzentrieren und nicht weiter an ihn denken. Vor allem deswegen, weil es eh nichts ändern würde. Allerdings brauche ich nicht lange, um festzustellen, dass dies nicht so leicht ist.

Während der nächsten Stunden wandern meine Gedanken immer wieder zu ihm. Dabei ist es egal, wie sehr ich versuche, mich auf andere Dinge zu konzentrieren.

Als ich mich abends auf den Weg zu meiner Schwester mache, habe ich noch immer keine Lösung gefunden, die es mir ermöglicht, besser mit ihm umzugehen. Und das bedeutet, dass ich keine Ahnung habe, wie ich mich ihm gegenüber verhalten soll.

Dieser Mann hat eine Art an sich, die es mir beinahe unmöglich macht, einen vernünftigen Gedanken zu fassen. Und das nicht nur deswegen, weil er den Arsch heraushängen lässt.

„Du hast ja keine Ahnung, was hier zurzeit los ist“, begrüßt mich diese und schließt mich in ihre Arme, nachdem sie ihre Wohnungstür geöffnet hat.

„Was ist denn los?“

Während ich spreche, begutachte ich das ganze Werkzeug, welches im Flur liegt. Außerdem sind irgendwelche Ersatzteile dort noch verteilt, mit denen ich jedoch nichts anfangen kann.

„Neben uns haben sie die Handwerker im Haus, Wasserrohrbruch. Ich kann dir sagen, das ist nichts Gutes. Sie haben keine Ahnung, wie lange sie brauchen werden, da sie nicht absehen können, welche Wohnungen es betrifft. Gerade sehen sie bei mir nach. Bei mir steht zwar nichts unter Wasser und so wie es aussieht, sind die Wände auch trocken, aber sie wollen sichergehen.“

Meine Schwester verzieht das Gesicht und zeigt mir so, dass sie nicht sehr glücklich darüber ist. Doch das kann ich nachvollziehen. Die Vorstellung, dass man meine Wände aufreißen würden, sorgt auch nicht unbedingt dafür, dass ich gute Laune hätte.

„Wenn du willst, können wir uns auch an einem anderen Tag treffen“, schlage ich ihr vor. „Es muss nicht unbedingt jetzt sein.“

Ich sehe kurz an ihr vorbei in den Flur, der zum Badezimmer führt. Dort kann ich zwei Handwerker hören, die sich anscheinend über irgendwelche Messergebnisse unterhalten. Doch genau kann ich das nicht sagen.

„Nein, alles in Ordnung. Wir müssen nur leider in der Wohnung bleiben. Ich kann die Handwerker ja schließlich schlecht hier alleine lassen.“

„Das ist überhaupt kein Problem.“

Kaum habe ich ausgesprochen, ergreift sie meine Hand, zieht mich hinter sich her in die Wohnung und bedeutet mir mit einem Knopfnicken, dass ich mich auf ihr großes Sofa setzen soll.

„Nun erzähl aber mal, wie das neue Haus so ist. Ich gebe zu, dass ich neidisch auf dich bin. Ich hätte auch gerne ein Haus, warte aber, bis ich einen Freund habe und nicht mit allen Kosten alleine dastehe.“

„Du weißt aber schon, dass ich es nur gemietet habe, oder?“, erinnere ich sie und grinse sie dabei frech an.

„Ich weiß. Doch das ändert nichts daran, dass die Kosten eindeutig höher sind, als bei meiner kleinen Wohnung.“

Abwartend sieht sie mich an.

In kurzen Sätzen beantworte ich die Frage meiner Schwester.

Dabei überlege ich aber gleichzeitig, ob ich sie bezüglich meines reizenden Nachbarn um Rat fragen soll. Doch schnell verwerfe ich diese Idee wieder. Ich würde gerne ihre Meinung dazu hören. Doch meine Schwester ist dafür bekannt, dass sie auch gerne einmal über das Ziel hinaus schießt. Sie würde nur alle möglichen Theorien aufstellen, wieso er so darauf ist.

Und in diesem Fall müsste ich zugeben, dass ich mir selber schon den Kopf darüber zerbrochen habe.

Etwas, was ich nicht will.

Es reicht schon so, dass ich den ganzen Tag an ihn denken musste. Da will ich mich jetzt nicht auch noch über ihn unterhalten. Sollte sein Verhalten sich mir gegenüber allerdings nicht ändern, werde ich das auf jeden Fall machen und mir alles anhören, was sie zu sagen hat.

Nachdem die Handwerker verschwunden sind, und zum Glück nichts gefunden haben, bestellen wir uns eine Pizza und sehen uns einen Film an. Auch wenn ich es nicht schaffe, Brady ganz aus meinem Kopf zu verbannen, steht er wenigstens nicht mehr ganz oben, worüber ich froh bin.

5

Brady

Schweigend sieht mein Therapeut mich durch seine Brille an. Er hat die Hände gefaltet auf dem Schoss liegen und lässt mich keine Sekunde aus den Augen. Ich kenne diesen Blick und weiß daher auch, was gerade in seinem Kopf vor sich geht.

Es gab mal eine Zeit in der Schule, in der hat mein Direktor mich mindestens einmal in der Woche so angesehen, meistens war es sogar noch öfter.

Ja, ich war kein Musterschüler und bin sehr oft aus der Reihe getanzt. Erst bei der Navy hat es sich gebessert und ich habe angefangen, mich an manche Regeln zuhalten.

Meine Eltern hatten sich einen Spaß daraus gemacht und gemeint, sie hätten mich schon eher hinschicken sollen, wenn sie das gewusst hätten. Ich habe es ihnen nicht immer leicht gemacht. Doch ich bin froh darüber, dass sie es mir nie krumm genommen haben. Stattdessen haben sie mich immer unterstützt, damit ich meine Ziele erreiche.

Und dann bin ich ein Navy Seal geworden.

„Vielleicht sollten wir uns über Ihre Kindheit unterhalten“, erklärt er schließlich und bricht so das Schweigen, welches sich in den letzten Minuten zwischen uns ausgebreitet hat.

Ich ziehe meine Augenbrauen ein Stück nach oben und zeige ihm so, dass ich keine Ahnung habe, was er damit bezwecken will. Und die Tatsache, dass er nicht näher darauf eingeht, zeigt mir, dass er will, dass ich etwas von mir gebe.

„Meine Kindheit?“, frage ich ihn schließlich, als er auch nach einer Ewigkeit keine Anstalten macht, mir zu antworten.

Nun bin ich derjenige, der ihn keine Sekunde aus den Augen lässt. Ich versuche seine Körpersprache zu lesen. Doch dafür kenne ich ihn nicht gut genug.

„Sie haben mich richtig verstanden. Wie war das Verhältnis zu Ihren Eltern? Haben Sie Geschwister? Wo sind Sie aufgewachsen? Ich würde gerne mehr über Sie erfahren.“

Mir ist bewusst, dass er das durchaus ernst meint. Dennoch kommt es mir so vor, als würde er sich einen Scherz erlauben.

„Das Verhältnis zu meinen Eltern war gut und das ist es auch jetzt noch. Die Antworten auf die anderen beiden Fragen stehen bestimmt in meiner Akte“, antworte ich, wobei ich nicht für mich behalten kann, dass ich ein wenig genervt bin.

Wenn es etwas gibt, worüber ich mich noch weniger unterhalten will, dann ist es definitiv meine Kindheit. Das hat nichts damit zu tun, dass sie scheiße war. Doch sie ist schon lange her und hat nichts mit diesem Problem zu tun.

Allerdings würde mich interessieren, wie er nun auf dieses Thema kommt.

„Es steht alles in Ihrer Akte, in diesem Punkt haben Sie recht. Es ist jedoch so, dass es nicht Sinn der Sache ist, wenn wir hier wieder eine Stunde sitzen und uns anschweigen. Daher dachte ich mir, dass wir uns auch über etwas unterhalten können, mit dem Sie keine Probleme haben. Und wenn ich das richtig mitbekommen habe, ist das mit Ihrer Kindheit eindeutig der Fall. Zumindest konnte ich nichts Gegenteiliges darüber in Erfahrung bringen.“

Seufzend fahre ich mir über den Nacken und versuche so die Verspannungen in meinen Muskeln zu lösen, die immer größer werden. Allerdings gelingt mir dies nicht so gut, wie ich es gerne hätte.

„Sie wollen sich also tatsächlich über meine Kindheit unterhalten?“, frage ich ihn ein weiteres Mal.

„Berichten Sie mir etwas, was nicht in dieser Akte steht. Was waren Ihre Hobbys? Wer war Ihr bester Freund?“

Während er spricht, deutet er auf den Papierhaufen, der zwischen uns auf dem Tisch liegt. Nachdenklich sehe ich ihn an. Es gibt einiges, was nicht dort steht. Und das aus dem einzigen Grund, weil es nie wichtig war.

Allerdings sind es auch viele Dinge, bei denen ich mir sicher bin, dass ich meinen Job verlieren würde, wenn ich sie jemanden erzählen würde. Und das will ich nun wirklich nicht. Daher behalte ich sie nun auch für mich.

„Ich habe mit meinen Freunden das gemacht, was alle Jungs auf dem Land tun“, sage ich also.

Ich hoffe, dass diese Worte diplomatisch genug sind und er sie akzeptiert. Doch als ich einen Blick in sein Gesicht werfe erkenne ich das freche Funkeln in seinen Augen und weiß, dass er mich richtig verstanden hat.

„Was haben Sie denn gemacht?“, erkundigt er sich nun.

Seufzend lasse ich mich nach hinten sinken. Dabei krame ich in meinem Gedächtnis nach etwas, was ich ihm berichten kann. Schließlich finde ich etwas, was nicht ganz so schlimm ist.

„Wir haben Trecker im See versenkt, gegen Stromzäune gepinkelt und solche Sachen.“

Ich zucke mit den Schultern und zeige ihm so, dass es keine große Sache war.

Kurz habe ich die Hoffnung, dass er nun doch das Thema wechselt. Doch in der nächsten Stunde zeigt er mir, dass er das nicht vorhat.

Wir unterhalten uns über alles Mögliche, was in meiner Kindheit passiert ist. Ich bin froh darüber, dass er dieses Thema angesprochen hat, obwohl ich weiß, dass er so nur das Eis zwischen uns brechen wollte. Doch ich habe auch keine Lust, mich über den eigentlichen Grund zu unterhalten, wegen dem ich hier bin. Ich habe es ihm in den letzten Wochen schwer genug gemacht, da will ich ihm wenigstens dieses Erfolgsgefühl geben.

„Sehen Sie? Das war ja eigentlich gar nicht so schwer. Das nächste Mal schaffen wir es, uns über das zu unterhalten, was in Syrien geschehen ist.“

Mir ist bewusst, dass er sich seiner Sache sicher ist. Doch diese Sicherheit werde ich ihm schnell wieder nehmen, wenn es so weit ist.

„Das wichtigste ist, dass die Geschehnisse meinen Job nicht beeinflussen wird. Daher werde ich mich auch nicht darüber unterhalten. Es ist nicht immer gut, wenn man sich über alles unterhält“, erkläre ich ihm, während ich die Tür öffne. „Ich wurde während meiner Ausbildung darauf vorbereitet, dass so etwas geschehen kann. Aus diesem Grund war es keine Überraschung für mich. Bei jedem Einsatz kann etwas schiefgehen und man landet in dieser Situation.“

Mit diesen Worten drehe ich mich herum, halte jedoch mitten in der Bewegung sofort inne, noch bevor ich den Flur richtig betreten habe.

Nur wenige Schritte von mir entfernt, steht die Frau, mit der ich hier überhaupt nicht gerechnet habe. Und ehrlich gesagt sieht sie nicht so aus, als wäre sie ein Patient. Nein, sie hat ein Namensschild an der Bluse und weißt sich so als Mitarbeiterin aus.

Geduldig bleibe ich an Ort und Stelle stehen. Es dauert einen Moment, doch dann dreht sie ihren Kopf in meine Richtung und entdeckt mich auch.

Im ersten Moment macht es den Eindruck auf mich, als würde sie nicht genau wissen, wie sie darauf reagieren soll, dass ich ihr ausgerechnet hier über den Weg laufe. Verwunderung macht sich in ihrem Gesicht breit, während sie mitten im Flur stehen bleibt.

Aber ehrlich gesagt weiß ich auch nicht, wie ich mich verhalten soll. In der nächsten Sekunde kneift sie jedoch ihre Augen ein Stück zusammen.

In diesem Moment weiß ich, dass sie die Überraschung überwunden hat. Sie stemmt die Hände in die Hüften und sieht mich herausfordernd an.

Gleichzeitig erkenne ich aber auch das Funkeln in ihren Augen, welches mich beinahe anzieht, als wäre es ein Magnet.

Einen Moment denke ich darüber nach, ob ich darauf eingehen soll. Mir liegen bereits ein paar Worte auf der Zunge, die ich von mir geben könnte. Dann entscheide ich mich dafür, dass ich mir diese Chance nicht entgehen lassen kann.

Dabei ist es mir egal, dass sie hier arbeitet und er mein Arzt ist.

Daher verabschiede ich mich von dem Arzt und gehe dann zu ihr.

„Wieso wundert es mich nicht, dass du hier bist?“, frage ich sie und bleibe dicht vor ihr stehen.

Da ich ein Stück größer bin als sie, muss sie ihren Kopf ein wenig in den Nacken legen, damit sie mich ansehen kann. Dabei komme ich nicht drumherum zuzugeben, dass ich ihr vielleicht etwas zu nah gekommen bin. Das macht mir vor allem die Tatsache klar, dass ihr Parfüm mir in die Nase steigt.

Es lenkt mich ein wenig ab, sodass ich mich zusammenreißen muss, damit ich mich wieder auf unsere Unterhaltung konzentriere. Gerade gehen mir nämlich auch Bilder von Dingen durch den Kopf, die ich auch mit ihr machen könnte.

„Im Gegensatz zu dir arbeite ich hier. Ich kann diese Erkenntnis also durchaus zurückgeben.“

Ihre Augen funkeln vergnügt. Daran erkenne ich, dass ihr unser Schlagabtausch anscheinend gefällt. Daher lehne ich mich noch ein Stück nach vorne und komme ihr so noch näher, was es mir aber auch nicht einfacher macht.

Ich sehe ihr an, dass sie sich unsicher ist, wie sie sich verhalten soll. Und das freut mich. Auf diese Weise merke ich, dass ich einen gewissen Einfluss auf sie habe. Auch wenn das wahrscheinlich nicht gut ist, freue ich mich doch darüber.

Im Gegensatz weiß ich sehr gut, was ich machen soll und das zeige ich ihr auch.

„Wie es aussieht, lernen wir alle immer etwas Neues dazu“, flüstere ich ihr leise ins Ohr und verschwinde dann, bevor sie noch etwas darauf erwidern kann.

Mir ist bewusst, dass meine Anwesenheit sie nervös werden lässt. Und das freut mich. Es zeigt mir, dass ich eine gewisse Wirkung auf sie habe, der sie sich nicht entziehen kann.

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