Kitabı oku: «Seal Team 9», sayfa 3
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Kendra
Ich kann überhaupt nicht in Worte fassen, wie genervt ich von seinem Verhalten bin. Sprachlos schaue ich ihm nach, wofür ich mir in den Hintern treten könnte. Nachdem er die Praxis verlassen hat, kneife ich die Augen ein Stück zusammen und gebe einen frustrierten Ton von mir. Als ich in die Richtung des Büros meines Chefs sehe, erkenne ich, dass er uns anscheinend die ganze Zeit beobachtet hat.
Nun bildet sich ein freches Grinsen auf seinem Gesicht. Kurz sehe ich ihn an, bevor ich mich umdrehe und wieder an meine Arbeit gehe. Gerne würde ich ihm sagen, dass ich nichts mit einem Patienten habe. Doch ich behalte die Worte für mich, da ich nicht auch noch Öl ins Feuer gießen will.
Den restlichen Tag bekomme ich diese kurze Unterhaltung mit ihm nicht mehr aus dem Kopf. Auch wenn ich mich mit Arbeit belade, um nicht mehr daran denken zu müssen. Für einen kurzen Moment überlege ich sogar, ob ich einen Blick in seine Akte werfen soll. Auf diese Weise würde ich wenigstens in Erfahrung bringen, was sein verdammtes Problem ist. Außerdem könnte ich dann besser mit ihm umgehen.
Allerdings entscheide ich mich dagegen.
Ich will zum einen nicht meinen Job deswegen riskieren und zum anderen finde ich es besser, wenn ich es von ihm erfahre. Obwohl ich mir sicher bin, dass er es mir nicht sagen wird. Schließlich hat er keinen Grund dafür. Wir kennen uns nicht und haben bis jetzt noch nicht eine vernünftige Unterhaltung miteinander geführt.
Wir sind nur Nachbarn, rufe ich mir in Erinnerung.
Als ich an diesem Abend nach Hause gehe, nehme ich mir vor, dass ich ihn darauf ansprechen werde. Ich habe zwar keine Ahnung, wann ich das am besten mache und vor allem auch nicht wie, doch ich bin mir sicher, dass das auch egal ist. Es wird so oder so im Streit enden, daher kann ich das auch in Angriff nehmen, sobald er mir das nächste Mal über den Weg läuft.
Als ich eine halbe Stunde später jedoch vor meinem Haus stehen bleibe, ist sein Wagen nicht da. Und so ist es auch in den nächsten Tagen.
Als ich eine Woche später nach Hause komme, gebe ich einen frustrierten Ton von mir und sehe in seine Einfahrt. Auch heute ist wieder das Auto nicht da.
„Super“, brumme ich vor mir her, als ich zu meiner Haustür gehe.
Gleichzeitig macht sich aber auch ein merkwürdiges Gefühl in mir breit. Ich kann es nicht genau beschreiben. Ich weiß nicht einmal, ob es dabei um ihn geht, oder um etwas anderes. Doch es ist da und es lässt sich auch nicht einfach zur Seite schieben.
Müde öffne ich meine Augen und brauche einen Moment, bis ich wirklich wach bin. Doch selbst dann bin ich mir nicht sicher, ob gerade wirklich mein Telefon klingelt, oder ich es nur geträumt habe. Als jedoch der schrille Ton wieder an meine Ohren dringt weiß ich, dass es wirklich mein Telefon ist.
Augen verdrehend schalte ich das Licht ein und werfe einen Blick auf die Uhr. Es ist mitten in der Nacht, sodass ich hoffe, dass es einen verdammt guten Grund dafür gibt, dass jetzt jemand versucht mich zu erreichen.
Als das penetrante Geräusch ein weiteres Mal ertönt, stehe ich auf und hoffe, dass derjenige, wer auch immer es ist, noch einen Moment in der Leitung bleiben wird.
„Ja?“, frage ich schließlich, nachdem ich mein Handy in die Hand genommen habe. Dabei kann ich nicht für mich behalten, dass ich müde bin.
„Polizei Coronado“, meldet sich schließlich eine männliche Stimme.
Augenblicklich ist die Müdigkeit aus meinem Körper verschwunden und Adrenalin schießt durch meine Adern.
„Spreche ich mit Ms. Blair?“, redet er weiter, bevor ich etwas von mir geben kann.
„Ja, das bin ich“, stelle ich fest, wobei ich die Verwirrung nicht für mich behalten kann.
Im gleichen Moment geht mir der Gedanke durch den Kopf, worum es gehen kann. Ich hoffe, dass keinem aus meiner Familie oder meinen Freunden etwas passiert ist.
„Es tut mir leid, dass ich Sie um diese Uhrzeit anrufe“, beginnt er. „Ich habe hier einen Brady Andrews in der Ausnüchterungszelle sitzen. Er hat mir Ihren Namen genannt, als ich ihn gefragt habe, ob ich jemanden anrufen soll.“
Es dauert einen Moment, doch schließlich wird mir klar, dass wir uns gerade anscheinend über meinen Nachbarn unterhalten. Und dann lege ich die Stirn in Falten.
„Brady?“, frage ich noch einmal nach um sicherzugehen, dass ich ihn richtig verstanden habe. „Groß, schlecht gelaunt und ein Tattoo am Arm?“
Mir ist bewusst, dass diese Beschreibung wahrscheinlich auf mehrere Männer zutrifft. Doch gerade ist mir das egal.
„Als ich ihn gefragt habe, wer ihn abholen könnte, hat er gesagt, dass Sie das machen könnten.“
Mein Mund öffnet sich. Doch so ganz weiß ich nicht, was ich darauf erwidern soll.
„Sind Sie noch dran?“, erkundigt sich der Polizist, als ich nach einigen Sekunden noch keinen Ton von mir gegeben habe.
„Ja, ich bin nur überrascht, dass ich ihm da anscheinend als einzige Person eingefallen bin. Ich ziehe mir schnell etwas an und dann mache mich sofort auf den Weg.“
Schnell nennt er mir noch die Adresse, bevor ich auflege.
Einen Moment sehe ich noch mein Telefon an, bevor ich es zur Seite lege. Ich habe keine Ahnung, was in diesem Mann vor sich geht. Dass er sich ausgerechnet im besoffenen Zustand von mir abholen lässt, hätte ich nun überhaupt nicht erwartet. Ich hätte eher gedacht, dass er seine Jungs damit beauftragt. Aber wirklich Gedanken darüber habe ich mir auch nicht gemacht.
Allerdings gibt es nur eine Möglichkeit es herauszufinden. Und dafür muss ich zur Polizeidienststelle fahren, auch wenn ich nicht sehr begeistert davon bin.
Schnell gehe ich in mein Schlafzimmer und ziehe mir ein paar Sportsachen an. Dies ist immer noch besser, als in meinen Schlafsachen dort aufzutauchen.
In diesem Fall würde er nur wieder irgendeinen Kommentar von sich geben.
Und das wiederum würde bedeuten, dass ich ihn nach Hause laufen lassen würde. Vielleicht würde der Spaziergang ihm ja aber auch dabei helfen, wieder nüchtern zu werden.
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Brady
Als der Polizist mich gefragt hat, ob er irgendwen anrufen soll, habe ich einen Moment darüber nachgedacht. Als Erstes sind mir meine Jungs in den Kopf gekommen. Gleichzeitig habe ich mir jedoch auch überlegt, von wem ich am wenigsten zu hören bekommen würde. Aber direkt danach habe ich sie vor mir gesehen und ihre Stimmen in meinem Kopf gehabt. Sie hätten mir nur gesagt, dass das eine beschissene Idee war. Und zwar jeder einzelne von ihnen!
Und was soll ich sagen?
Sie hätten recht gehabt!
Das ist mir selber bewusst. Daher brauche ich niemanden, der mir das noch einmal unter die Nase hält.
Aus dem gleichen Grund habe ich auch meine Eltern nicht benachrichtigen lassen. Seitdem all das angefangen hat, haben sie zwar nichts dazu gesagt. Doch ich bin mir sicher, dass sie nun nicht mehr den Mund halten könnten. Außerdem bin ich kein kleines Kind mehr und kann mich sehr gut alleine um meinen Mist kümmern.
Daher blieb mir nichts anderes übrig, als ihnen zu sagen, dass sie meine Nachbarin Kendra anrufen sollen. Mir ist bewusst, dass das vor dem Hintergrund, dass wir uns jedes Mal gestritten haben, wenn wir uns über den Weg gelaufen sind, wahrscheinlich auch nicht die beste Idee war. Allerdings wollte ich auch nicht die Nacht im Knast verbringen. Und sie ist so gesehen meine einzige Chance, wie ich das nicht machen muss.
Als ich nun durch die Tür trete, die zu den Zellen führt, steht sie nur wenige Meter von mir entfernt. Sie hat die Arme vor der Brust verschränkt und sieht mich mit einem Blick an, der mir klar zu verstehen gibt, dass sie eine Erklärung dafür haben will, dass sie mitten in der Nacht auf der Polizeiwache steht. Und die werde ich ihr auch geben, jedoch nicht hier.
Außerdem muss ich mir noch die passenden Worte überlegen.
„Passen Sie gut auf ihn auf“, weist der Polizist, der ungefähr in meinem Alter sein muss, sie an. „Ich denke, dass er morgen einen dicken Kater haben wird.“
„Hmmm“, macht Kendra nur, beachtet ihn jedoch nicht weiter.
Ich kann mir vorstellen, dass sie sich wahrscheinlich gerade denkt, dass ich es verdient habe. Und das habe ich. Daher bin ich froh, dass sie es nicht ausspricht.
Ihre Augen sind auf mich gerichtet. Keine Sekunde wendet sie sich von mir ab, sodass ich schlucke. Unter anderen Umständen wäre mir das egal. Allerdings habe ich dafür gesorgt, dass sie mitten in der Nacht aus dem Bett geholt wurde und herkommen musste. Daher habe ich schon irgendwie ein schlechtes Gewissen.
Schweigend gehen wir zu ihrem Wagen, der direkt vor dem Eingang steht, nachdem sie sich von dem Beamten verabschiedet hat. Ich sage nichts, sondern nicke ihm nur kurz zu.
Nachdem wir uns hineingesetzt haben, warte ich darauf, dass sie den Motor startet und von hier verschwindet. Doch genau das macht sie nicht.
Stattdessen dreht sie sich in meine Richtung und zieht die Augenbrauen ein Stück nach oben.
„Ich höre“, erklärt sie nun.
Ihre Stimme ist ruhig und gelassen. Doch als ich einen Blick in ihre Augen werfe weiß ich, dass es in ihrem Inneren anders aussieht. Sie ist wütend.
„Nicht hier“, gebe ich leise zurück, da ich merke, wie ich langsam Kopfschmerzen bekomme.
Die Wirkung des Alkohols lässt nach, dafür bildet sich ein Kater, auf den ich gut verzichten könnte.
„Oh doch, genau hier“, stellt sie fest. „Ansonsten kannst du nach Hause laufen. Vielleicht hilft es dir ja dabei wieder nüchtern zu werden. Ich habe mal gehört, dass frische Luft dabei helfen soll.“
An dem Ton ihrer Stimme erkenne ich, dass sie es genauso meint, wie sie es gesagt hat. Daher seufze ich und berichte ihr schließlich davon, wie ich beinahe in einer Kneipenschlägerei gelandet wäre, nachdem mich ein Idiot einfach dumm angemacht hatte. Bevor es jedoch ausarten konnte, ist die Polizei erschienen und hat mich verhaftet. Ein paar Minuten später war ich plötzlich in der Ausnüchterungszelle und habe ihnen den Namen von Kendra genannt.
Nachdem ich geendet habe, warte ich darauf, dass sie etwas erwidert. Irgendeinen spitzen Kommentar, oder sonst irgendetwas. Ich gehe sogar davon aus, dass sie etwas von sich gibt. Doch wieder überrascht sie mich, in dem sie nicht das macht, wovon ich ausgehe, sondern losfährt.
Während der Fahrt gibt sie keinen Ton von sich. Immer wieder sehe ich sie von der Seite an und versuche so ihre Stimmung in Erfahrung zu bringen. Doch das gelingt mir nicht.
Ich bin nicht zurückhaltend, doch gerade kommt es mir so vor, als wäre es besser, wenn ich den Mund halte. Normalerweise mache ich nicht das, was besser ist. Doch gerade ist es wahrscheinlich besser, wenn ich mich nicht mit ihr anlege.
Dementsprechend lange kommt mir aber die Fahrt vor. Als mein Haus in meinem Sichtfeld auftaucht, bin ich erleichtert.
„Wie geht es dir?“, fragt sie mich nun, als wir uns nur noch wenige Meter entfernt befinden.
„Ich gebe zu, dass es besser sein könnte“, erwidere ich.
„Du kannst von mir aus heute bei mir schlafen“, murmelt sie schließlich, als sie in ihrer Hofeinfahrt stehen geblieben ist. „Also nur, wenn du willst. Aber du bist total betrunken. Da ist es wahrscheinlich nicht die beste Idee, wenn du alleine bist.“
Nachdenklich sieht sie mich an, nachdem sie den Motor ausgestellt hat. Zumindest gehe ich davon aus, dass es nachdenklich ist. So ganz kann ich das nicht mehr feststellen, da der Alkoholspiegel mich fest im Griff hat. Um mich herum hat sich ein Schleier gelegt, der dafür sorgt, dass ich meine Umwelt nicht mehr richtig wahrnehmen kann.
Dennoch weiß ich, was sie mir gerade vorgeschlagen hat. So betrunken kann ich überhaupt nicht sein, dass ich das nicht merke.
Nun bin ich derjenige, der sie nachdenklich ansieht. In meinem Kopf macht sich der Gedanke breit, was sie damit bezweckt. Doch das ist gerade ehrlich gesagt nur nebensächlich für mich. Viel wichtiger ist, dass ich so die Chance habe, sie besser kennenzulernen.
Nickend nehme ich das Angebot an. Gleichzeitig nehme ich mir vor, dass ich mich ihr gegenüber nicht mehr wie ein Arsch verhalten werde. Schließlich habe ich es ihr zu verdanken, dass ich nicht doch die Nacht dort verbringen muss. Zumal ich mir sicher bin, hätte ich dort bleiben müssen, hätten meine Vorgesetzten davon erfahren.
Und die wären sicherlich nicht glücklich darüber gewesen.
„Dann komm mit“, fordert sie mich auf, verlässt den Wagen und geht auf die Haustür zu.
Ich bleibe ein paar Schritte hinter ihr. Als ich das Haus betreten habe, bleibe ich neben der Tür stehen und sehe mich in dem schwach erhellten Wohnzimmer um.
Man sieht, dass sie gerade erst eingezogen ist. Überall stehen noch Kartons herum, die darauf warten, dass sie endlich ausgepackt werden. Die Möbel sind zwar schon aufgebaut, allerdings noch leer.
„Ich gebe zu, dass ich noch nicht auf Besuch eingestellt bin, der über Nacht bleibt. Daher hoffe ich, dass das Sofa in Ordnung ist.“
Mit diesen Worten deutet sie auf die Couch, die hinter mir steht. Einen Moment betrachte ich sie.
„Das ist perfekt“, murmle ich schließlich. Dabei behalte ich für mich, dass ich eindeutig schon an schlimmeren Orten geschlafen habe.
„Dann gute Nacht.“
Ein letztes Mal lächelt sie mich an. Erst jetzt fällt mir auf, dass sie selber nicht so genau weiß, was sie machen soll. Auch wenn es sonst nicht den Eindruck auf mich gemacht hat, so kommt es mir jetzt so vor, als wäre sie schüchtern, oder wenigstens zurückhaltend.
„Danke“, erkläre ich deswegen schnell, bevor sie verschwindet.
Ich kann es nicht genau in Worte fassen, doch ich will ein letztes Mal ihre Stimme hören, bevor ich versuchen werde, wenigstens etwas zu schlafen.
„Kein Problem.“
Ihre Stimme ist warm. In diesem Moment wird mir bewusst, dass ich es nicht verdient habe, dass sie mich hier schlafen lässt. Schon gar nicht, nachdem ich sie so fies behandelt habe.
Kaum hat sie ausgesprochen, dreht sie sich um und verschwindet im Flur. Im nächsten Moment höre ich im oberen Geschoss eine Tür geschlossen wird und gehe davon aus, dass sie sich im Schlafzimmer befindet.
Ein letztes Mal sehe ich mich noch um, ehe ich nach der Decke greife, die über der Sofalehne hängt und das Licht ausschalte. Dann lasse ich mich in die dicken Kissen sinken.
Zu meiner Überraschung dauert es nicht lange, bis ich einschlafe.
„Guten Morgen“, murmle ich verschlafen, als ich am nächsten Tag in die Küche komme.
Augenblicklich dreht Kendra sich zu mir herum und sieht mich von oben bis unten prüfend an. Hätte ich mich in der letzten Zeit mehr mit ihr befasst, wüsste ich wahrscheinlich, was jetzt in ihrem Kopf vor sich geht. Doch so weiß ich genau das nicht und wenn ich ehrlich bin, stört es mich ein wenig.
Schon wegen meines Berufes muss ich immer wissen, was der andere denkt, damit ich seine Schritte vorhersehen kann. Doch gerade ist genau das nicht so einfach. Allerdings muss ich zugeben, dass es mir gefällt. Ich sehe es als eine Art Herausforderung an, damit ich sie besser kennenlerne.
„Hi“, gibt sie schließlich von sich und stellt ein Glas Wasser und einen Kaffee auf den Tisch, der sich zwischen uns befindet. „Wie geht es dir?“
Kurz höre ich in mich hinein. Dabei stelle ich jedoch fest, dass es mir nach einer durchgemachten Nacht schon einmal schlechter ging. Klar, ich habe Kopfschmerzen. Doch ich bin mir sicher, dass sie im Laufe des Tages wieder verschwinden werden und nicht so wie die letzten Male, zwei oder drei Tage anhalten werden.
„Nicht so schlimm, wie ich es erwartet habe“, gebe ich also zurück und zucke mit den Schultern.
Einen Moment betrachtet sie mich, als würde sie davon ausgehen, dass da noch etwas kommt. Doch schließlich lächelt sie sanft.
In diesem Moment könnte ich mir in den Arsch treten, weil ich sie so behandelt habe. Sie hat mir nichts getan, eigentlich wollte sie sich mir nur vorstellen, da wir nun Nachbarn sind. Doch ich habe sie wie keine Ahnung was behandelt. Das heißt, ich habe schon eine Ahnung, ich ziehe es jedoch vor, dies nicht auszusprechen.
„Danke, dass ihr hier schlafen konnte“, erkläre ich also und erwidere ihr Lächeln.
Ich hoffe, dass ich so wenigstens etwas mein Verhalten ihr Gegenüber wieder gut machen kann. Doch die Wahrheit sieht so aus, dass ich nicht weiß, ob mir das auch gelingt.
„Kein Problem. Sollte das in Zukunft aber öfter vorkommen wäre es nett, wenn du mich warnen würdest. Dann würde ich erst gar nicht ins Bett gehen. Es ist leichter wach zu bleiben, als mitten in der Nacht aus dem Bett geklingelt zu werden.“
Ein freches Funkeln ist in ihren Augen zu erkennen. In diesem Moment wird mir bewusst, dass sie ihren Satz nicht so ernst meinte, wie sie ihn gesagt hat. Doch ich meine es ernst, als ich ihr nun antworte.
„Da brauchst du dir keine Sorgen zu machen, das wird es nicht.“
In den letzten Monaten habe ich mich öfter besoffen und jedes Mal habe ich mir am nächsten Morgen geschworen, dass es das letzte Mal war. Allerdings spüre ich, dass ich es nun ernst meine. Woher der Sinneswandel kommt weiß ich nicht, doch gerade ist mir das auch egal. Ich bin einfach nur froh, dass er endlich da ist.
„Ich muss gleich zur Arbeit“, stellt sie nun fest und sieht dabei auf die Uhr, die an der Wand neben dem Fenster hängt.
„Ich werde auch verschwinden. Ich muss dringend unter die Dusche und mich um ein paar Dinge kümmern.“
Einige Sekunden sehe ich sie einfach nur an. Doch dann gehe ich um den Tisch herum und drücke ihr einen sanften Kuss auf die Wange. Überrascht zieht sie die Augenbrauen ein Stück nach oben, nachdem ich mich wieder ein Stück von ihr entfernt habe.
„Wofür war der denn?“
„Dass du mich abgeholt und hier hast schlafen lassen. Das hättest du nicht machen müssen und ich hätte es verstehen können, wenn du es nicht gemacht hättest.“
Ihr Mund öffnet sich, doch bevor sie etwas sagen kann, verschwinde ich durch die Küchentür.
Ein leichtes Grinsen erscheint auf meinen Gesichtszügen, während ich mich meinem Haus nähere und die Schlüssel aus meiner Hosentasche ziehe.
In diesem Moment beschließe ich, dass ich es darauf ankommen lassen werde.
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Kendra
Während der nächsten drei Tage sehe ich ihn leider nicht. Ja, leider. Ich kann nicht einmal genau sagen, wieso ich es so schlimm finde, doch es ist so. Ein paar Mal habe ich darüber nachgedacht, ob ich nach der Arbeit bei ihm vorbeischauen soll. Als Vorwand hätte ich vorbringen können, dass ich nach ihm sehen will, ob es ihm nach seinem Besäufnis gut geht. Doch ich musste nur einen Blick auf sein Haus zu werfen, um diese Idee wieder über den Haufen zu werfen.
Ich will mein Glück nicht herausfordern und ein wenig kommt es mir so vor, als würde ich genau das tun. Noch weiß ich nämlich nicht, wieso er sich plötzlich so freundlich mir gegenüber verhalten hat. An diesem Morgen habe ich mich nicht lange genug mit ihm unterhalten, um einschätzen zu können, ob er es wirklich ernst meint, oder nicht. Und solange ich das nicht weiß, ist es wahrscheinlich besser, wenn ich nicht plötzlich vor seiner Tür stehe.
Auch wenn ich zugeben muss, dass es mir schwerfällt, genau das nicht zu machen.
Seufzend lasse ich mich auf das Sofa sinken, nachdem ich mein Haus betreten habe. Doch in dem Moment, in dem ich nach der Fernbedienung greifen will, höre ich, wie ein lautes Klingeln durch mein Haus dringt. Erschrocken, da ich nicht damit gerechnet habe, richte ich mich wieder auf und werfe einen prüfenden Blick auf mein Handy.
Es ist bereits nach acht Uhr. Auch wenn es nicht sonderlich spät ist, kenne ich niemanden, der mich jetzt noch besuchen würde. Weder meine Schwester, noch eine Freundin. Und meine Eltern wohnen zu weit entfernt, um diese Uhrzeit noch zu einem Überraschungsbesuch hier aufzutauchen.
„Moment“, rufe ich und stehe wieder auf. Dabei kann ich jedoch ein leises Seufzen nicht für mich behalten.
Mit wenigen Schritten bin ich bei der Tür und öffne sie ein Stück. Dabei gehe ich trotz besseres Wissens davon aus, dass es meine Schwester ist, die doch noch vorbeikommt. Als ich jedoch die Person erblicke, die sich auf der anderen Seite befindet, ziehe ich überrascht die Luft ein. Mit ihr habe ich eindeutig nicht gerechnet.
Es ist nicht meine Schwester und auch keine Freundin, die da vor mir steht und mich frech angrinst.
Nein, es ist Brady.
Für einige Sekunden bin ich so überrascht, dass ich keine Ahnung habe, wie ich reagieren soll. In meinem Kopf überschlagen sich die Gedanken.
Geduldig wartet er darauf, dass ich mich wieder fange. Dabei lässt er mich jedoch keine Sekunde aus den Augen. In diesem Moment bin ich mir sicher, dass ihm nichts entgeht. Und dabei ist es egal, dass er mich genauso wenig kennt, wie ich ihn. Gerade kommt es mir so vor, als wäre ich ein offenes Buch für ihn.
„Hi“, begrüße ich ihn schließlich, als ich meine Sprache wieder gefunden habe.
Gleichzeitig bin ich froh darüber, dass ich überhaupt in der Lage bin, einen Ton von mir zu geben.
„Ich hoffe, ich störe dich nicht“, verkündet er und sieht mich dabei prüfend an.
Während er spricht, erkenne ich, dass er einen Blick an mir vorbei ins Wohnzimmer wirft. Ein wenig macht es den Anschein auf mich, als würde er sichergehen wollen, dass ich alleine bin. Schnell mache ich einen Schritt zur Seite und signalisiere ihm so, dass er ruhig hineinkommen kann.
„Nein, ich habe nur nicht mit dir gerechnet. Ich bin gerade erst nach Hause gekommen“, murmle ich ausweichend.
Als er an mir vorbeigeht, werfe ich einen prüfenden Blick auf meine Klamotten. So will ich sichergehen, dass sie auch sauber sind, was allerdings der Fall ist.
„Was kann ich für dich tun?“, frage ich ihn, nachdem ich die Tür geschlossen habe.
Langsam dreht er sich zu mir herum. Sein Blick gleitet über meinen Körper und sorgt dafür, dass mein Magen zu kribbeln beginnt. So gut es geht, versuche ich das vor ihm zu verheimlichen. Doch ich bin mir nicht sicher, dass mir das auch wirklich gelingt.
„Du könntest meine Einladung annehmen“, stellt er schließlich fest und sieht mich unverwandt an.
„Deine Einladung?“
Ich bin irritiert und das kann ich auch nicht für mich behalten. In diesem Moment habe ich keine Ahnung, wovon er spricht.
Einige Sekunden sehe ich ihn schweigend an, während ich darauf warte, dass er weiterspricht. Doch das macht er nicht.
Stattdessen setzt er sich in Bewegung und kommt auf mich zu. Seine Bewegungen sind geschmeidig, als wäre er auf der Jagd. Dicht vor mir bleibt er stehen, sodass ich meinen Kopf ein wenig in den Nacken legen muss, um ihn ansehen zu können. Dies hat allerdings noch zur Folge, dass mein Herz beginnt schneller zu schlagen. Mein Mund öffnet sich ein Stück, damit ich besser atmen kann, während mein Kopf nun wie leer gefegt ist.
„Ich habe mich dir gegenüber wie ein Idiot verhalten“, gibt er dann von sich.
„So könnte man es auch bezeichnen“, erwidere ich, wobei ich nicht für mich behalten kann, dass ich ein wenig skeptisch bin.
Seine ehrlichen Worte überraschen mich. Doch ich bin auch froh darüber. Sie zeigen mir nämlich, dass er sein Verhalten selber eingesehen hat. Und ich weiß, dass er sie genauso meint, wie er sie ausgesprochen hat. Das sagt mir unter anderem der Gesichtsausdruck, mit dem er mich betrachtet.
„Es war total dämlich von mir, mich so zu besaufen, dass es beinahe in einer Schlägerei ausartet. Und eigentlich wollte ich es auch nicht. Deswegen hoffe ich, dass du meine Einladung annimmst. Wir könnten essen gehen, oder etwas anderes unternehmen. Einfach einen schönen Abend miteinander verbringen.“
Er zuckt mit den Schultern und zeigt mir so, dass er selber noch nicht so genau darüber nachgedacht hat. Diese Erkenntnis sorgt dafür, dass ich leise lachen muss.
Einen Moment habe ich keine Ahnung, ob er das wirklich gesagt hat, oder ich es mir nur einbilde. Doch sein Blick gibt mir zu verstehen, dass es wirklich passiert ist. Dies war kein Scherz und ich habe es auch nicht geträumt.
Er hat mich gerade tatsächlich um ein Date gebeten!
Zumindest fühlt es sich für mich so an.
„Woher kommt dein Sinneswandel?“, frage ich ihn, da ich noch nicht so genau weiß, wie ich darauf reagieren soll.
Ich brauche Zeit, um eine Antwort auf seine Bitte zu finden. Vor allem brauche ich aber auch mehr Informationen.
„Du hast mich aus der Ausnüchterungszelle geholt, obwohl du es nicht musstest.“
Sein Blick ist unschuldig, doch seine Körperhaltung ist es nicht. Dadurch, dass er mir so nah ist, hat er mich in Gefangenschaft genommen. Er setzt Gefühle in mir frei, die es mir gerade unmöglich machen, einen klaren Gedanken fassen zu können. Das ist etwas, was mir überhaupt nicht gefällt.
„Du kannst dir überhaupt nicht vorstellen, wie gerne ich das nicht gemacht hätte.“
Ich verziehe ein wenig das Gesicht und bringe ihn so zum Lachen.
„Und dennoch hast du es getan.“
Seine Stimme ist ruhig. Er macht den Eindruck auf mich, als würde er das wirklich wollen. Und ja, ich gebe zu, dass ich es auch will.
Es geht nicht nur darum endlich herauszufinden, was mit ihm nicht stimmt und wieso er mich so angegangen ist. Es ist vor allem auch die Tatsache, dass ich so die Chance habe, ihn besser kennenzulernen und noch mehr Zeit mit ihm zu verbringen.
„Ich würde mich gerne mit dir treffen“, flüstere ich also und nicke.
Kaum habe ich ausgesprochen breitet sich ein glückliches Lächeln auf seinem Gesicht aus. Erst jetzt merke ich, dass die Ruhe nur nach außen war. Innerlich war er angespannt und hat sich Sorgen wegen meiner Reaktion gemacht. Und irgendwie muss ich zugeben, dass ich das süß finde. Denn bis jetzt hat es nicht den Anschein auf mich gemacht, als würde er das.
Er hat mich jedes Mal in die Ecke gedrängt und mir so bewiesen, dass er sehr selbstbewusst ist. Daher ist das nun eine ganze neue Erfahrung für mich, was ihn angeht.
„Ich verspreche dir, dass du es nicht bereuen wirst.“
Mit diesen Worten umfasst er meinen Hals, lehnt sich nach vorne und küsst mich sanft. Überrascht bleibe ich einen Moment so stehen, ehe ich den Kuss erwidere ich mich etwas an ihn lehne.
Mein Herz hört auf zu schlagen und mein Kopf ist wie leer gefegt. An diesem Kuss ist nichts Freundschaftliches, oberflächliches, oder wie man es sonst nennen will. Dieser Kuss ist ein Versprechen, dass er noch viel weiter mit mir gehen wird, wenn ich es zulasse.
Und bis morgen sollte ich mir im Klaren darüber werden, was ich will!
Als er sich von mir verabschiedet, stehe ich noch eine Ewigkeit an der gleichen Stelle und starre auf die geöffnete Tür. Niemals hätte ich gedacht, dass dieser Mann so ein großes Chaos in mir anrichten kann, nachdem wir uns so oft gestritten haben. Dennoch hat er es geschafft.
Und jetzt kann ich nichts anderes tun, als abzuwarten, was der morgige Abend uns bringen wird.