Kitabı oku: «So werden Sie zum Quizgott»
SEBASTIAN JACOBY
SO WERDEN SIE ZUMQUIZGOTT!
SEBASTIAN JACOBY ZEIGT WIE’S GEHT!
HEEL Verlag GmbH
Gut Pottscheidt
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Autor: Sebastian Jacoby
Projektleitung: Hannah Kwella
Satz und Gestaltung: My Linh Nguyen
Covergestaltung: Axel Mertens
Fotocredit
Cover: picture alliance/rtn - radio tele nord; S. 5: Henrike Bubenzer; S. 13: Hannes Kirchner; S. 27: www.wikipedia.org/wiki/World_Quizzing_Championship; S. 30–32: Sebastian Jacoby; S. 53: Holger Waldenberger, S. 55: Uwe Ernst; S. 57: Andrea Kreuzheck; S. 59: Marta Kozyrska; S. 61: Dr. Manuel Hobiger; S. 63: Alisa Mewes; S. 66: Sebastian Jacoby; S. 76: Nina Lochmann; S. 82: Christos Georghiou; S. 93: picture alliance/Geisler-Fotopress; S. 124: Uwe Ernst; S. 130: bbbar; S. 147: www.wikipedia.de / Graham Bould
– Alle Rechte vorbehalten –
– Alle Angaben ohne Gewähr –
Printed in Czech Republic
ISBN: 978-3-96664-132-6
eISBN: 978-3-96664-162-3
INHALT
1. EINFÜHRUNG
2. QUIZ – WAS IST DAS EIGENTLICH? Von Gymnasiallehrern, thebanischen Wegelagerinnen und schwarzen Teichen
Von Quiztiden, Public Houses und einem dicken Wirt
3. SEBASTIAN JACOBY – EIN ÜBER BLICK Von Pilzbüchern, Tullamore Dew und Mangobäumen
4. GEFR AGT – GEJAGT Von Jägern und Gammlern
5. WIE ERWEITERE ICH MEIN ALLGEMEINWISSEN? Von Horaz, Selbstgesprächen und dem dritten Auge
6. EIN QUIZ ENTSTEHT Von Ankern und Untiefen
7. FRAGEN, ANTWORTEN UND ERLÄUTERUNGEN
EINFÜHRUNG
Im März 2013, knapp ein Jahr nach meinem Erfolg beim Quiz-Champion im ZDF, der mir eine halbe Million Euro eingebracht hatte, kam es an der Skalitzer Straße in Berlin-Kreuzberg zu einem Treffen mit der Produktionsgesellschaft von Gefragt - Gejagt. Nach einem kurzen Gedankenaustausch über die Schlacht bei Skalitz, die 1866 mit einem Sieg der Preußen über die Österreicher geendet hatte, wurde man sich recht schnell einig, dass ich mich in der Rolle des Jägers in einer der spannendsten und anspruchsvollsten Quizsendungen Deutschlands versuchen sollte. Mein vorangegangener Auftritt beim „Konkurrenzsender“ aus Mainz, mein Titel als Deutscher Quizmeister in der Saison 2012 und meine Teilnahme an den Quiz-Europameisterschaften im estnischen Tartu im Herbst des Vorjahres hatten hierfür wohl die notwendigen Voraussetzungen geschaffen.
Weitaus langwieriger gestaltete sich die Diskussion über den Kampfnamen, der mir im Rahmen von Gefragt - Gejagt, wie jedem anderen Jäger auch, zugeordnet werden sollte. Letztlich kam man überein, dass die Bezeichnung „Quizgott“ wohl allen Anforderungen genügen würde. Mit einiger Vehemenz hatte ich zuvor auf die Anfeindungen hingewiesen, die Radioreporter Herbert Zimmermann 1954 erfahren musste, nachdem er die Duisburger Torhüterlegende Toni Turek während des WM-Finales von Bern als „Fußballgott“ bezeichnet hatte. Mit dem Hinweis, dass das Umfeld der 1950er-Jahre sich nur schwerlich mit der Situation in den 2010er-Jahren vergleichen ließe, konnte ich einstweilen beruhigt werden. Da Klappern bekanntlich zum Geschäft gehört, kann ich mittlerweile gut mit dem Pseudonym leben, obwohl mir die mitschwingende Hybris grundsätzlich fern liegt, und ich zudem in der Zwischenzeit tatsächlich mehrfach von religiösen Kreisen für die Namenswahl kritisiert worden bin.
Unterstützt von zahlreichen Zuschriften aus ganz Deutschland, der Schweiz und Österreich, die ich seit meinem Einstieg bei Gefragt - Gejagt erhalten habe, entstand Anfang 2020 in Gesprächen mit dem Heel Verlag aus Königswinter nun die Idee, meine Quizwelt einem breiten Leserpublikum zugänglich zu machen und konkrete Tipps zu geben, wie jeder Einzelne zu einem besseren Quizzer und letztlich vielleicht zum besagten „Quizgott“ werden kann. Aufbauend auf dieser Idee erfahren Sie in den folgenden Kapiteln was ein Quiz überhaupt ist und wie das Wort „Quiz“ möglicherweise entstanden sein könnte.
Sie erhalten einen Überblick über die verschiedenen Quizformen mit besonderem Fokus auf Deutschland und seine Szene, alle Infos zu meiner Herkunft und speziellen Quiz-Vita und interessante Informationen über die anderen deutschen Jägerinnen und Jäger von Gefragt - Gejagt, die ich hierzu ausführlich befragt habe. Mit welchen Techniken Sie sich persönlich zu einem besseren Quizzer entwickeln können und was eine gute Quizfrage ausmacht, erfahren Sie in den Kapiteln 5 und 6, während Kapitel 7 endgültig von der Theorie zur Praxis überleitet: Hier präsentiere ich Ihnen 150 meiner schönsten Quizfragen, die sicherlich einen spannenden Trainingseinstieg auf Ihrem Weg in die Quizelite darstellen. Damit das Lernen auch während der ersten Kapitel nicht zu kurz kommt, versuchen Sie sich doch einmal an den eingestreuten „Wissenshäppchen“, die einzelne Textabschnitte näher beleuchten.
Ich wünsche Ihnen nun viel Spaß beim Gehirnjogging
VON GYMNASIALLEHRERN, THEBANISCHEN WEGELAGERINNEN UND SCHWARZEN TEICHEN
Es scheint mir nicht gänzlich unangebracht, ein Buch, das sich zu einem erklecklichen Teil mit Wissen beschäftigt, mit einem Gymnasiallehrer beginnen zu lassen. Dies gilt umso mehr, wenn sich der Geburtsort des besagten Herrn in relativer Nähe zu meiner Duisburger Homebase, nämlich in Wesel, befindet, und der Mann außerdem dem bekanntesten Wörterbuch der deutschen Sprache seinen Namen vererbt hat. Es geht, wie Sie sicher erahnen können, um Konrad Duden, der im Januar 1829 in Lackhausen, das heute zur Stadt Wesel gehört, das Licht der Welt erblickte. Auch wenn - oder gerade weil - seine wissenschaftliche Ausbildung nicht gerade stringent verlief (er brach sowohl das Studium wie auch das Referendariat im ersten Anlauf ab), gilt er doch als Kapazität auf seinem Gebiet, und wir wollen ihn bzw. eine aktuelle Ausgabe seines Werks bemühen, um uns unserem eigentlichen Thema, dem Quiz in allen seinen Facetten, anzunähern. Was also findet man im Duden unter dem Stichwort „Quiz“:
Quiz, das - Substantiv, Neutrum
Bedeutung: besonders im Fernsehen, Rundfunk veranstaltetes Frage-und-Antwort-Spiel, bei dem die Antworten innerhalb einer vorgeschriebenen Zeit gegeben werden müssen.
Herkunft: englisch quiz, eigentlich = schrulliger Kauz; Neckerei, Ulk, Herkunft ungeklärt
Grammatik: das Quiz; Genitiv: des Quiz, Plural: die Quiz, umgangssprachlich auch: Quizze
Im Hinblick auf die Bedeutung des Wortes kann ich Konrad hier mit gewissen Einschränkungen folgen, denn was soll ein Quiz anderes sein, als ein Frage-und-Antwort-Spiel. Auch beim Zeitaspekt gehe ich d’accord, wenn auch einschränkend gesagt werden muss, dass diese Restriktion bei verschiedenen Quizformen völlig unterschiedlich gestaltet sein kann. Den besonderen Fokus, den der Duden auf Quizze im Fernsehen oder im Rundfunk legt, kann ich aus heutiger Sicht nicht nachvollziehen, und wir werden im Laufe dieses Buches sehen, dass die Quizwelt wesentlich breiter aufgestellt ist.
Im Abschnitt zur Wortherkunft lernen wir weiterhin, dass das Wort Quiz der englischen Sprache entlehnt ist, dass die ursprüngliche Etymologie ungeklärt ist und dass „a quiz“ in der englischsprachigen Welt irgendwann einmal einen „schrulligen Kauz“ bezeichnete, also für Menschen Verwendung fand, die nicht in Gänze der Norm entsprechen. Dieser Einschätzung kann ich mit Blick auf die heutige Quizszene beinahe uneingeschränkt zustimmen, ohne das auch nur im Geringsten abwertend zu meinen.
Die Grammatik, vielleicht geht es Ihnen da ähnlich, ist nicht gerade mein Steckenpferd. Da ein Einschreiten Konrads zudem eher nicht zu befürchten ist, möchte ich mir auf diesem weiten Feld eine bescheidene Frechheit erlauben: Auf allen Seiten dieses Buches werde ich den Rat des Dudens konsequent ignorieren und die Mehrzahl des Wortes „Quiz“ als „Quizze“ wiedergeben. Auch auf die sperrigen Komposita „Quizspielerin“ und „Quizspieler“ werde ich verzichten. Hier soll uns das Wort „Quizzer“ genügen.
#WISSENSHÄPPCHEN:
„Hinz und Kunz“ >>> Deutsche Redewendung mit der Bedeutung „Jedermann“. Hinz ist eine Kurzform für Heinrich, während Kunz für Konrad steht . Im Mittelalter waren beide Namen im deutschen Sprachraum bei Herr schern und im Volk überaus häufig.!
Nun ist Konrad Duden sicherlich nicht Hinz, aber doch Kunz, und eine zweite Meinung hat weder bei Ärzten noch bei Gymnasiallehrern je geschadet; also werfen wir noch zusätzlich einen Blick in ein weiteres Wörterbuch, das „Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache“, das teilweise auf Arbeiten beruht, die an der Akademie der Wissenschaften der DDR erstellt wurden.
Hier lesen wir zum Stichwort „Quiz“ unter anderem:
Quiz, das
Grammatik: Substantiv (Neutrum) – Genitiv Singular: Quiz – Nominativ Plural: Quiz
Nebenform: Quiz – Substantiv (Neutrum) – Genitiv Singular: Quiz – Nominativ Plural: Quizze
Herkunft: Englisch
Bedeutung: ein in heiterer Form gehaltenes Frage-und Antwortspiel, besonders bei Rundfunksendungen und Fernsehsendungen, wobei die Fragen meist in einer vorgeschriebenen Zeit beantwortet werden müssen.
Wie Sie feststellen können, werte Leser, unterscheiden sich die beiden Wörterbucheinträge nicht signifkant, und wir können mit ziemlicher Sicherheit annehmen, dass in Deutschland weitgehende lexikalische Einigkeit hinsichtlich des Wortes Quiz besteht. Dennoch fallen mir im zweiten Eintrag zwei Aspekte auf: Einerseits akzeptiert das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache meine angemaßte Pluralbildung „Quizze“ bereits als Nebenform, während der Duden mich in das umgangssprachliche Regal auslagert. Andererseits unterstellt die DudenKonkurrenz einem Quiz pauschal eine „heitere Form“. Geht es beim Quiz also lustig zu?
Auch wenn man nicht, wie Gefragt-Gejagt-Moderator Alexander Bommes, Jura studiert hat, sondern Wirtschaftswissenschaften, muss man sagen: „Es kommt darauf an“. Ein Trivial-Pursuit-Abend in fröhlicher Runde oder ein satter Geldgewinn bei Günther Jauch sind sicher heitere Events. Demgegenüber kann es schon furchteinflößend sein, in der Schnellraterunde des Quiz-Champion vor Johannes B. Kerner zu stehen und sieben korrekte Antworten in einer Minute geben zu müssen. Dass ein Quiz aber auch eine überaus ernste Angelegenheit mit schlimmen Folgen für Quizzer und Quizmaster sein kann, zeigt eines der ältesten Beispiele für ein Quiz aus der Weltliteratur.
Es muss sich in der Bronzezeit zugetragen haben und zwar in der Nähe der griechischen Stadt Theben, in der antiken Landschaft Böotien, die für damalige Athener in etwa denselben Stellenwert hatte, wie der Bayerische Wald für heutige Münchner. Dort saß auf einem Felsvorsprung, wahrscheinlich neben einer in der Rush Hour vielbefahrenen Wagenbahn, ein schreckliches Mischwesen, die Sphinx. Aus welchen Lebewesen diese gefährliche Phantasiegestalt zusammengesetzt war, ist nicht eindeutig zu klären. Ein geflügelter Löwe mit dem Kopf einer Frau gilt als häufige Darstellungsform, aber auch genetische Beiträge von Schlangen etc. sind nicht auszuschließen. In jedem Fall versperrte diese unangenehme Erscheinung Touristen und Geschäftsreisenden den Weg in die Stadt Theben, was den Fremdenverkehrsverband zur Weißglut trieb. Damit aber nicht genug! Die Sphinx gehörte keineswegs zur veganen Fraktion, sondern verschlang alle Passanten, die eine von ihr formulierte Frage nicht lösen konnten. Das macht sie uns natürlich wieder einigermaßen sympathisch, da sie sicherlich zu den frühesten Quizmasterinnen der Weltgeschichte gehörte, auch wenn es sich nur um Sagenstoff handelt.
Kennen Sie Ihren Gustav Schwab und seine „Sagen des klassischen Altertums“ noch und können die Frage bzw. das Rätsel der Sphinx herunterbeten? Zwar gilt auch für mich „Graeca non leguntur“, aber auf Deutsch kann ich Ihnen Hilfestellung leisten wie einst Ihr Sportlehrer am Reck. Die Löwenfrau fragte: „Was ist am Morgen vierfüßig, am Mittag zweifüßig, am Abend dreifüßig? Von allen Geschöpfen wechselt es allein mit der Zahl seiner Füße; aber eben wenn es die meisten Füße bewegt, sind Kraft und Schnelligkeit seiner Glieder ihm am geringsten.“ Das ist natürlich eine knallharte Frage. Wir wissen auch nicht, ob alle die da ihres Weges kamen, des Griechischen mächtig waren und ob die Sphinx eine angemessene Überlegungszeit einräumte, wie das in der modernen Quizszene üblich ist. So wurde sie wohl über eine längere Zeitspanne zur tödlichsten und gefräßigsten Quizmasterin, die uns bekannt ist.
#WISSENSHÄPPCHEN:
„Graeca non leguntur.“ >>> „Griechisches wird nicht gelesen.“ Im vorhumanistischen mit telalterlichen Vorlesungsbetrieb wurden Textpassagen in griechischer Sprache schlicht übergangen, da die Lehrer für gewöhnlich kein Griechisch beherrschten.!
Schließlich fand die Casting-Abteilung aber doch einen Kandidaten, der der Sphinx das Wasser bzw. die Antwort reichen konnte. Zur besten Sendezeit kam der smarte Ödipus daher, der kurz zuvor Opfer unglücklicher Umstände geworden war und nichts ahnend seinen eigenen Vater erschlagen hatte, wie es diesem einst prophezeit worden war. Kreon, der Herrscher über Theben, hatte mutige Quizzer mit einer großartigen
Belohnung angespornt, sich der Herausforderung der Sphinx zu stellen. Er versprach den Thron Thebens und zudem seine Schwester Iokaste als Ehefrau. Dem konnte Ödipus nicht widerstehen und trat der Sphinx gegenüber. Er löste die Quizfrage mit der verblüffend simplen Antwort „der Mensch“. Denn dieser krabbelt als Kleinkind auf allen vieren, geht als Erwachsener auf zwei Beinen und nutzt im Alter einen Stock als drittes Bein. Die Reaktion der Sphinx auf die gelöste Frage zeigt, wie wenig heiter ein Quiz eben auch sein kann: Aus Scham und Verzweiflung stürzte sich die Quizmasterin in einen Abgrund und war nicht mehr. Aber auch der Kandidat wurde mit seinem scheinbaren Millionengewinn nicht glücklich. Zwar wurde Ödipus tatsächlich König von Theben und heiratete Iokaste, bald stellte sich jedoch heraus, dass diese seine eigene, ihm unbekannte Mutter war, mit der er jetzt in Blutschande lebte. Mit dieser Nachricht kam er überhaupt nicht klar, stach sich in Agonie die Augen aus und verließ -in den meisten Versionen der Geschichte - die Stadt Theben.
#WISSENSHÄPPCHEN:
Ödipus >>> Gestalt aus der griechischen My thologie. In vielen Versionen Sohn von Laios, König von Thebe n, und Iokaste. Der Name bedeutet „Schwellfuß“. Als Neugeborenem wurden Ödipus die Füße durchstochen und anschließend zusammengebunden, um ihn aussetzen zu können.!
Nun aber genug mit dieser gar erschröcklichen Episode und zurück zu unseren Wörterbüchern. In beiden oben zitierten Werken wird der Ursprung des Wortes „Quiz“ in der englischen Sprache verortet. Beide Werke erwähnen auch frühere Wortbedeutungen, die in die Richtung „Spaß“, „Ulk“ oder „schrulliger Kauz“ gehen. Letztendlich konstatieren aber sowohl der Duden als auch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache, dass die ursprüngliche Wortgenese ungeklärt ist. Befragt man englische Wörterbücher, so findet man heraus, dass sich Textbelege für das Wort „Quiz“ erstmals in den letzten beiden Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts finden lassen. Hier scheint also einmal ausnahmsweise nicht der gute William Shakespeare aus Stratford-upon-Avon für einen angelsächsischen Neologismus verantwortlich zu sein. Wenn es aber der „Meister des Blankverses“ nicht war, und auch sonst kein historischer „Täter“ für die Schöpfung des Wortes „Quiz“ verantwortlich gemacht werden kann, liegt es der britischen Mentalität nahe, eine spleenige Anekdote zu präsentieren, die alle zufriedenstellt. So auch hier!
Unser Weg führt uns auf 53 Grad und 21 Minuten nördlicher Breite sowie 6 Grad und 16 Minuten westlicher Länge an den „schwarzen Teich“. Bevor Sie Google-Maps oder ein Gälisch-Lexikon bemühen müssen helfe ich Ihnen: Wir begeben uns in die irische Hauptstadt Dublin und zwar in das Jahr 1791. Dort soll es, laut der Anekdote, einen Theaterdirektor namens Richard Daly gegeben haben. In anderen Versionen der Geschichte lautet sein Vorname wohl auch John oder James, was den wankelmütigen Charakter der Episode nur verstärkt. Dieser Daly ließ sich angeblich zu einer Wette hinreißen, in der er versprach, binnen 24 Stunden ein bislang unbekanntes Wort in die englische Sprache einzuführen. So unmöglich das auf den ersten Blick auch erscheinen mag, Daly war erfinderisch:
Er suchte sich ein beliebiges Nonsens-Wort aus, heuerte eine Gruppe von Straßenjungen an und ließ diese das Wort an alle möglichen Wände in der Stadt Dublin kritzeln. Innerhalb kürzester Zeit sprachen die braven Bürger der Stadt nur noch über Dalys Wort und rätselten, was es wohl bedeuten möge. Wie Sie sicher erraten haben, lautete der Nonsens-Begriff des Theatermannes „Quiz“. Er gewann seine Wette und die vier zusammengesetzten Buchstaben erhielten in der Folge genau die Bedeutung, die sie für die Einwohner Dublins vom ersten Moment an gehabt hatten, nämlich „Rätsel“.
#WISSENSHÄPPCHEN:
Dublin >>> Haupt stadt und größte Stadt der Republik Irland. Name ab - geleitet vom irischen „Duibhlinn“, was im Deut schen „schwarzer Teich“ bedeutet. Der Stadtname im modernen Irisch lautet „Baile Átha Cliath“ (zu Deutsch: „Stadt an der Hürdenfurt“).!
VON QUIZ TIDEN, PUBLIC HOUSES UND EINEM DICKEN WIRT
Zurzeit befindet sich Deutschland in einer Phase ungekannter Leidenschaft für das Thema Quiz. Apps sprießen wie Pilze aus dem Boden, Fernsehshows werden in Fülle neu aufgelegt, Kneipen erkennen die wirtschaftliche und stimmungsmäßige Bedeutung von Tablequiz-Veranstaltungen für ihren Betrieb und eine stetig zunehmende Zahl von Deutschen kann sich auch für das Quiz als Wettkampfform begeistern. Das war nicht immer so und an manchen unserer Nachbarländer - teilweise deutschsprachig, teilweise nicht - geht dieser Hype auch fast gänzlich vorbei. In diesem Kapitel wollen wir uns einen Überblick verschaffen, welche Formen von Quiz in unserer Republik bestehen bzw. vorherrschen, welche Entwicklung sie genommen haben und welcher Status quo für die einzelnen Formen zu verzeichnen ist. Dabei bitte ich die Freunde der Apps, Brettspiele und Hörfunkquizze unter den Lesern dieses Buches vorab um Entschuldigung, da wir uns im Folgenden auf die drei zentralen Felder Fernsehquiz, Kneipenquiz und Wettkampfquiz fokussieren wollen.
#WISSENSHÄPPCHEN:
Status quo >>> Der gegenwärtige Zustand einer Sache. Der Ausdruck ist der lateinischen Rechtssprache entnommen und stellt eine Verkürzung von „in statu quo res erant ante bellum“ (zu Deutsch: „In dem Zustand, in dem die Dinge vor dem Krieg waren.“) dar.!
FERNSEHQUIZ
Die TV-Quizshow am Nachmittag, am Vorabend oder zur Hauptsendezeit ist in Deutschland fast so alt wie das Medium selbst. Zu den frühesten Vertretern gehören noch heute bekannte Namen wie Was bin ich? mit Robert Lembke, Hätten Sie’s gewußt? mit Heinz Maegerlein oder das Tick-Tack-Quiz mit Fritz Benscher, bei dem Kuckucksuhren als Trostpreis vergeben wurden. Seit Mitte der 1950er-Jahre - als die drei genannten Shows entstanden - bis heute, hat die Popularität von Quizsendungen im deutschen Fernsehen aber keine lineare Entwicklung erfahren. Man muss vielmehr einen gezeitenartigen Verlauf konstatieren, den ich als die „Quiztiden“ beschreiben möchte. Zunächst bestanden die Klassiker, deren Beliebtheit bis in die 1980er-Jahre anhielt. Nach einer Flaute von zehn bis fünfzehn Jahren löste ab 1999 Wer wird Millionär? mit Günther Jauch den Boom der zweiten Welle aus. Trotz des Fortbestehens des RTL-Flaggschiffs ebbte aber auch diese Entwicklung wieder ab, ehe es - etwa seit 2012 - zu einer weiteren, noch anhaltenden Hochphase für das Raten auf der Mattscheibe kam.
Die folgende Graphik verdeutlicht, welche ausgewählten Sendungen ich welcher Tide zuordnen würde. Überprüfen Sie gern, ob Sie mit meiner Einschätzung übereinstimmen.
Die Klassiker | Die 2. Welle | Gegenwart |
• Hätten Sie‘s gewußt? | • Wer wird Millionär? | • Der Quiz-Champion |
• Was bin ich? | • Riskant! / Jeopardy | • Ich weiß alles! |
• Alles oder nichts | • Die Quiz-Show | • Gefragt – Gejagt |
• Einer wird gewinnen | • Das Quiz (Jörg Pilawa) | • Quizduell |
• Der große Preis | • Rette die Million! | • Wer weiß denn sowas? |
• Die Pyramide | • Der Schwächste fiegt | • Genial daneben – Das Quiz |
• Ich trage einen großen Namen (seit 1997) |
Ich möchte nicht zu viel Papier für die Beschreibung der einzelnen Sendungen verbrauchen, kann es mir aber doch nicht entgehen lassen, ein paar hübsche Details anzusprechen, die mir auf den Nägeln brennen. Wenn Ihnen dies zu erratisch vorkommt, liebe Leser, so betrachten Sie die Sprunghaftigkeit schlicht als ureigenen Wesenszug von Quiz an sich.
Mit Hätten Sie’s gewußt? präsentierte Heinz Maegerlein ab 1958 eine deutsche Adaption der US-Show Twenty-One. Die amerikanische Version ist insbesondere durch einen Skandal in Erinnerung geblieben, der sogar vor dem US-Kongress verhandelt wurde. Dem College-Professor Charles Van Doren und anderen Kandidaten waren korrekte Antworten vorab durch die Redaktion verraten worden, um den gewünschten Ausgang herbeizuführen. Auch Hollywood nahm sich des Themas an: Robert Redford verfilmte den Skandal 1994 unter dem Titel Quiz Show. Die deutsche Ausgabe hatte nichts Skandalöses an sich, zeugt aber in YouTube-Schnipseln noch heute vom verstaubten Geschlechterbild der Epoche. Das Spielprinzip – man musste über Fragen mit verschiedenen Schwierigkeitsgraden und darauf aufbauenden Punktwerten 21 Zähler erreichen – basiert lose auf dem Kartenspiel „Siebzehn und Vier“. In der Sendung gab es nur Sachpreise zu gewinnen, die in einer Isetta von BMW als Hauptpreis gipfelten. Ein Markenzeichen in der Show waren auch die oft genutzten humorvollen Zeichnungen von Manfred Schmidt.
Der Münchner Robert Lembke, der die Radioübertragung des „Wunders von Bern“ 1954 mit seiner Stimme eingeleitet hatte, moderierte zwischen 1955 und 1958 und erneut zwischen 1961 und 1989 mehr als 300 Folgen von Was bin ich?, dem „heiteren Beruferaten“. Die erste Ausgabe trug den Titel „Ja oder Nein. Ein psychologisches Extemporale mit sieben unbekannten Größen“. Das bekannteste Rateteam der Sendung bestand aus Annette von Aretin, Marianne Koch, Hans Sachs und Guido Baumann aus der Schweiz. Das Sparschwein, die Fünf-Mark-Stücke als Preisgeld und Lembkes Satz „Welches Schweinderl hätten S’ denn gern?“ sind noch heute Allgemeingut.
Einer wird gewinnen mit Hans-Joachim „Kuli“ Kulenkampff war ein Quiz mit internationalen Kandidaten, das die europäische Einigung unterstützen sollte. Auch der Titel wurde mit dieser Intention gewählt, da er zu „EWG“ abgekürzt werden konnte, was auch für die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft – die heutige EU – stand. Kulenkampff war durch seine joviale und weltmännische Moderation das Zentrum jeder Sendung und drängte Wettkampf und Regeln in den Hintergrund. Zu Beginn präsentierte er stets eine „Conférence“ zu aktuellen Geschehnissen, später gab es einen Einspielfilm namens „Kulinade“ und am Ende jeder Ausgabe übergab ihm der Butler, Herr Martin, Mantel, Schal und Hut. Dass der Butler von Martin Jente, dem Produzenten der Sendung gespielt wurde, stellt eine besondere Ironie dar.
Bei Der große Preis mit Wim Thoelke stand im Gegensatz zu „EWG“ das Quiz im Mittelpunkt, während die Show in den Hintergrund rückte und allenfalls durch die Auftritte der Figuren Wum und Wendelin aufschien. Für mich persönlich ist es die erste Fernsehquizsendung, an die ich Erinnerungen habe und sie sind durchweg positiv belegt. Viele assoziieren mit der Sendung noch heute die große Multivisionswand, Thoelkes Ruf „Risiko“ und die futuristischen Kugeln, in denen die drei Kandidaten Platz nehmen durften oder mussten.
Ich trage einen großen Namen läuft in SDR und SWF seit dem Jahr 1977. Dabei handelt es sich um eine der ältesten noch laufenden Fernsehquizshows in Deutschland. Pro Sendung treten zwei Gäste auf, die jeweils mit einer Berühmtheit aus der Vergangenheit verwandt sind oder in naher Verbindung stehen. Die Berühmtheit muss vom Rate-Panel über Fragen an die Gäste ermittelt werden, die nur mit Ja oder Nein antworten dürfen. Gäste mit großer Ähnlichkeit zu ihren Vorfahren sind nur im Schattenriss zu sehen. Seit 2020 moderiert Julia Westlake die Sendung. Sie übernahm den Staffelstab von Wieland Backes, der zuvor 465 Folgen geleitet hatte.
#WISSENSHÄPPCHEN:
Risiko >>> Möglichkeit des Eintritts zukünftiger Ereignisse, die negative Folgen in sich bergen. Das Wort leitet sich wohl aus der italienischen Sprache ab. Diskutiert wird eine Ableitung aus „risco“, was im Altitalienischen so viel wie „Klippe“ bedeutet. Auch eine Entstehung aus dem arabischen Wort „rizq“ („Lebensunterhalt, der von Gott und Schicksal abhängt“) ist möglich.!
Wer wird Millionär? … was soll man zu dieser Sendung schreiben, die für die Quizleidenschaft der Deutschen von so großer Bedeutung ist und die fast jeder en detail kennt? Vielleicht nur, dass sie auf dem britischen Original Who Wants to Be a Millionaire? basiert, dass die Bedeutung von Günther Jauch für den deutschen Ableger gar nicht hoch genug eingeschätzt werden kann, und dass es bis heute (Stand 2020) in Deutschland - abgesehen von den Prominenten-Specials -13 Personen gab, die sich den Hauptgewinn holten: Eckhard Freise, Marlene Grabherr, Gerhard Krammer, Maria Wienströer, Stefan Lang, Timur Hahn, Ralf Schnoor, Sebastian Langrock, Thorsten Fischer, Nadja Sidikjar, Leon Windscheid, Jan Stroh und Ronald Tenholte.
Beim Nachdenken über Riskant!, die erste deutsche Variante der US-Show Jeopardy! mit Moderator Hans-Jürgen Bäumler, schleicht sich noch heute ein Grinsen in mein Gesicht. Wahrscheinlich geht das auch Ihnen so, liebe Leser, wenn ich an die großen Scheuklappen, die sogenannten „Blickwinkelkonzentratoren“, erinnere, die den Kandidaten im Finale übergestülpt wurden.
Zwei der aktuell erfolgreichsten deutschen Quizshows auf der Vorabendschiene will ich in einer gesonderten Gegenüberstellung vergleichen. Sie ahnen, dass es sich bei der ersten Sendung aus persönlichem Anlass um Gefragt – Gejagt handelt, das mit seiner ARD-Staffel im Jahr 2019 auf einen durchschnittlichen Marktanteil von starken 15,4 % kam. Noch etwas besser schnitt das Vergleichsformat Wer weiß denn sowas? in dieser Hinsicht ab. 2018 erreichte die Sendung nach den mir vorliegenden Daten eine Quote von durchschnittlichen 17,3 % … ohne Gewähr!
Wer weiß denn sowas? | Gefragt - Gejagt |
• Vorabend | • Vorabend |
• Basiert auf Prominenten | • Basiert nicht auf Prominenten |
• Langsam | • Schnell / Viele Fragen je Zeiteinheit |
• Gewinne unbedeutend | • Gewinne bedeutender |
• Skurrile, instruktive Fragen | • In Mehrheit lösbare Fragen |
• Auflösungsfilme | • Keine Auflösungsfilme |
• Multiple-Choice | • Mischung aus Multiple-Choice und offenen Fragen |
• Publikum beteiligt | • Publikum nicht beteiligt |
• Eher schwache Klimax | • Klassische Finalklimax |
Beide Formate sind, wie Sie ohne Zweifel feststellen konnten, in vielerlei Hinsicht verschieden. Dennoch haben beide auf dem gleichen Sendeplatz, den sie im Wechsel belegen, große Erfolge eingefahren und können sich jeweils über eine beträchtliche Fanbase freuen, die sie auch in den sozialen Medien unterstützt. Die gegenwärtige Quizleidenschaft der Deutschen wird durch zwei so divergente Shows mit beinahe gleich großem Erfolg eindrucksvoll belegt.