Kitabı oku: «Turbulenzen», sayfa 2
Hunter: Lieber Oldtimer als gar nichts
Mit dem Nullentscheid des Bundesrates entschwand die angestrebte Sanierung der Schweizer Flugwaffe in weite Ferne. Um den Zusammenbruch der Organisation und den Verlust des im Personal vorhandenen Knowhows zu verhindern, bewilligte das Parlament im März 1973 «aus der Hüfte heraus» und ohne ordentliches Auswahlverfahren 136 Millionen Franken für den Kauf von 30 gebrauchten Hunter-Kampfflugzeugen, für die die britische Royal Air Force keine Verwendung mehr hatte. Das Geschäft ging reibungslos über die Bühne, erstens wegen des relativ geringfügigen finanziellen Umfangs und zweitens, weil die Flugwaffe diesen Flugzeugtyp seit 15 Jahren bestens kannte. Das letzte dieser mittlerweile so gut wie nutzlosen Flugzeuge sollte erst Ende 1994 ausser Dienst gestellt werden, also 36 Jahre nachdem die Schweizer Flugwaffe das erste übernommen hatte. Ironischerweise war es dann auch das Flugzeug Nummer eins, welches «stilecht» als letztes ins Museum flog …
Tiger: Neuanfang mit Misstönen
Mit Museumsstücken lässt sich kein Krieg gewinnen – diese Einsicht liess sich Mitte der 1970er-Jahre nicht mehr verdrängen. Gemäss der anno 1975 einmal mehr erneuerten Verteidigungskonzeption sollte sich die Aufgabe der Schweizer Luftwaffe ab 1980 auf die Unterstützung der Bodentruppen beschränken. Dafür brauchte es definitiv keine schnellen Jäger mehr, sondern robuste, universell verwendbare und vor allem rasch und günstig erhältliche Flugzeuge, mit denen sich zumindest der Eindruck einer schlagkräftigen Luftwaffe erwecken liess. Dazu genügte eine «Proforma-Evaluation», oder wie es ein beteiligter Ingenieur beschreibt: «Eigentlich konnten wir nicht viel mehr tun als die Verkaufsprospekte studieren, ein paar Testflüge machen und dann den Antrag zum Kauf einer Flotte amerikanischer Northrop F-5E Tiger schreiben; eine realistische Alternative gab es nicht.»
Und so kam es: Ende August 1975 bewilligte der Bundesrat 1170 Millionen Franken für den Kauf von 75 Stück, also 15,6 Millionen Franken pro Flugzeug. Im Juni 1981 kam es dann noch zu einer Ergänzungsbestellung über 38 Stück für 770 Millionen Franken, also 20,4 Millionen Franken pro Flugzeug. Opposition oder auch nur eine ernsthafte Diskussion über den Sinn der Sache gab es nicht.
Es war ein hastiger Kauf, getätigt in einer Notsituation und ausschliesslich vom Bestreben geleitet, schnell, günstig und vor allem ohne weitere Skandale etwas auf die Beine zu stellen, was nach einer anständigen Flugwaffe aussah. Kampfkraft spielte keine Rolle: Der F-5E ist nur bei Tag und gutem Wetter einsetzbar, fliegt nur mit Mühe und für kurze Zeit schneller als der Schall und verhält sich zu einem zeitgemässen Kampfflugzeug ungefähr wie ein Smart zu einem Lamborghini. Dies jedoch mit voller Absicht, denn der F-5E wurde von der US-Regierung von Anfang an die Rolle eines «Placebo-Jägers» zugedacht: Das Flugzeug sollte aussehen wie ein Jäger, Lärm machen wie ein Jäger, die Schallmauer durchbrechen können wie ein Jäger – aber kein Jäger sein! Aus der Sicht der USA war dies eine überzeugende Strategie, wenn man sie im Lichte der strategischen Weltlage zehn Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges betrachtet.
Die Konstruktion des F-5 geht auf die Zeit um Mitte der 1950er-Jahre zurück. Das war die Epoche, in der die USA und die damalige Sowjetunion den «kalten Krieg» ausfochten. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wetteiferten beide Grossmächte um die Gunst und die Unterstützung zahlreicher junger Staaten (viele von ihnen ehemalige Kolonien europäischer Mächte), die in der neuen Weltordnung einen sicheren Platz zu ergattern suchten. Teil dieses Bemühens war der Aufbau einer eigenen Armee – weniger um sich zu verteidigen als um in der eigenen Bevölkerung den Ruhm ihrer Herrscher zu mehren, aufständische Volksgruppen in die Schranken zu weisen und einmal pro Jahr mit einer bombastischen Militärparade den Nationalfeiertag zu begehen. Zu diesem wiederum gehörten – und gehören manchenorts bis heute – schöne Paradeuniformen für die Soldaten und eine Luftwaffe, deren Kampfflugzeuge mit viel Lärm und mit Rauchspuren in den Farben der nationalen Flagge kunstvolle Figuren in den Himmel zeichnen.
Dazu, und nicht primär zur Verteidigung des Landes gegen einen äusseren Feind, brauchte es geeignete Flugzeuge. Sowohl die Sowjetunion wie auch die USA lieferten gerne und kostenlos ausgediente Jäger aus dem Koreakrieg, aber diese waren in der Regel nicht mehr lange zu gebrauchen und zudem alles andere als «sexy». In dieser kritischen Lage der Weltpolitik sah die US-Flugzeugherstellerin Northrop (heute Northrop Grumman) eine Chance. Unter der Bezeichnung N-156 entwickelte das Unternehmen auf eigene Kosten ein leichtes, einfaches und wartungsfreundliches Düsenflugzeug, dessen einziger Zweck es sein sollte, das Selbstbewusstsein amerikanischer Klientelstaaten (beziehungsweise von deren Herrschern) aufzupäppeln, ohne gleichzeitig das in der betroffenen Gegend der Welt existierende militärische Kräfteverhältnis zu stören und die Sowjetunion ihrerseits zu einer Aufrüstung zu veranlassen. Das Flugzeug sollte also wie ein ernsthaftes Kampfflugzeug aussehen, aber, wie es im amerikanischen Polit-Jargon ganz unverblümt hiess, «nonprovocative» sein, zu Deutsch: harmlos.
Nach anfänglichem Zögern erwärmte sich die US-Regierung für die Idee. Northrop peppte das Flugzeug technisch auf, und die USA lieferten es ab 1962 im Rahmen zahlreicher Militärhilfeprogramme unter der Bezeichnung F-5A in die halbe Welt, ab 1973 auch in der verstärkten und leicht modernisierten Version F-5E. Im eigenen Land wird der Typ, da militärisch annähernd wertlos, in einer vereinfachten und zweisitzigen Version namens T-38 als Schulflugzeug verwendet, ebenso in zahlreichen weiteren Ländern.
Hawk als Basis für den Neubeginn
Mit der als Notlösung beschafften Tiger-Flotte war der erste Schritt zum Aufbau einer glaubwürdigen Luftverteidigung getan. Was noch fehlte, war ein Schulflugzeug auf einem vergleichbaren Stand der Technik. Schliesslich sollten die jungen Piloten von Anfang an so ausgebildet werden, dass sie in der Zukunft auch mit wirklich zeitgemässen Kampfflugzeugen umgehen konnten. Die damals als Standard verwendeten zweisitzigen Vampire-Trainer verkörperten den technischen Stand von 1950 und waren dafür in keiner Weise mehr geeignet.
In aller Stille startete der Bund anno 1984 ein Evaluationsverfahren, welches mit vier Kandidaten begann und nach wenigen Monaten auf zwei Typen konzentriert wurde: auf den französischen Alpha Jet und den britischen Hawk. Ein kurzes Auswahlverfahren mit weniger als 40 Flügen pro Kandidat genügte, um die Entscheidung zugunsten des Hawk zu fällen. In der Folge beschaffte die Schweiz 20 Stück dieses Zweisitzers (mitsamt einem modernen Flugsimulator), welche ab 1990 mit grossem Erfolg eingesetzt wurden. Dies freilich – und entgegen der ursprünglichen Planung – nur bis zum Jahr 2002. Das war das Jahr, in dem die Pilatus Flugzeugwerke erfolglos einen Erstkunden für ihr neues Schulflugzeug PC-21 suchten. Sofort sprang die Schweizer Luftwaffe ein, deponierte die mit zehn Jahren noch absolut tauglichen Hawks in der leerstehenden Felskaverne eines Walliser Militärflugplatzes und kaufte das Schweizer System, welches sich in der Folge bewährte und dank dem Schweizer Sinneswandel zum weltweiten Erfolg wurde.
Acht Jahre später erlöste Finnland die 20 Flugzeuge aus ihrem langen Schlaf, kaufte sie zu einem sehr günstigen Preis, unterzog sie einer Erfrischungskur, integrierte sie erfolgreich in ihre Pilotenschulung und gedenkt, sie noch bis etwa 2030 weiterzuverwenden.
Beinahe gestolpert: F/A-18
Für die Schweiz war die Tiger-Flotte also nie ein glaubhafter Schutzschild (von den in den 1980er-Jahren immer noch verwendeten Hunter-Jets ganz zu schweigen), sondern eher ein Mittel, um die Luftwaffe wenigstens auf dem Niveau eines fortgeschrittenen Drittweltstaates am Leben zu erhalten. Dieses Ziel wurde erreicht. Von Anfang an war jedoch klar, dass dies keine langfristige Lösung sein konnte, zumal die Hunter-Flotte eigentlich in ihrer Gesamtheit längst museumsreif war und die Tiger diesem Zustand Monat für Monat zielstrebig entgegenflogen. 1985 startete der Bundesrat deshalb ein neues Auswahlverfahren mit anfänglich sechs Kandidaten (Rafale aus Frankreich, F-16 und F/A-18 aus den USA, Gripen aus Schweden sowie die in der Folge nicht realisierten Projekte Lavi aus Israel und F-20 aus den USA). Es war im Prinzip das bekannte Prozedere, diesmal jedoch mit dem Unterschied, dass im Lichte früherer Erfahrungen alles unter einem Schutzschild weitgehender Diskretion ablief. Tatsächlich gelang es, den Prozess ohne wesentliche emotionale Streitereien auf sachlicher Ebene voranzutreiben und schliesslich nach rund drei Jahren zu einem aussagekräftigen, wenn auch, wie sich später zeigen sollte, erst provisorischen Ende zu führen. Im Oktober 1988 beantragte der Bundesrat den Kauf von 34 F/A-18 Hornet zum Preis von rund 3 Milliarden Franken.
Damit war zwar die Richtung vorgegeben, das Ziel aber immer noch in weiter Ferne. Jetzt galt es zweimal hintereinander die basisdemokratische Hürde einer Volksinitiative zu überwinden. Das erste Volksbegehren (genannt «für eine Schweiz ohne Armee» und somit logischerweise auch ohne Kampfflugzeuge) wurde am 26. November 1989 abgelehnt, das zweite (dieses spezifisch gegen den inzwischen politisch beschlossenen Kauf der F/A-18) am 6. Juni 1993. Erst jetzt konnten die Verträge rechtsgültig unterzeichnet werden, und seit 1999 ist das Flugzeug bei der Schweizer Luftwaffe vollumfänglich im Einsatz – 16 Jahre nach der Indienststellung durch die Luftwaffe der USA und folglich mit einem technologischen Rückstand von ebenso vielen Jahren. Immerhin verfügt die Schweiz damit erstmals seit langer Zeit über eine zwar kleine, aber im europäischen Umfeld respektierte und technisch einigermassen zeitgemässe Luftwaffe. Doch für wie lange noch?
Bei Niederschrift dieser Zeilen Anfang 2020 haben die 30 verbliebenen Flugzeuge – von ursprünglich 26 Einsitzern und 8 Zweisitzern gingen vier Flugzeuge durch Absturz verloren – im Durchschnitt etwas mehr als die Hälfte ihrer «Lebensspanne» von 6000 Flugstunden hinter sich. Angesichts der langen Zeitdauer für die Bestellung, die Herstellung und die Truppeneinführung eines komplexen Waffensystems liegt es auf der Hand, dass dies der Zeitpunkt ist, ohne erneute Verzögerungen den Schritt in die nächste Generation der Luftkriegführung anzugehen.
Die Gripen-Pleite von 2013/14
Nachdem vorangegangene Beschaffungsprojekte wiederholt im Gegenwind basisdemokratischer Mitbestimmungsansprüche stecken geblieben waren, versuchte es der Bundesrat 14 Jahre nach der erfolgreichen Eingliederung der F/A-18 mit einer neuen Strategie. Er veranlasste eine verwaltungsinterne Evaluation für die nächste absehbare Flugzeuggeneration und legte das Resultat frühzeitig dem Volk zur Genehmigung vor. Es war ein erster Versuch, aus dem geradezu traditionellen Muster aufeinanderfolgender Notfallübungen auszubrechen und den Weg zu einer rationalen, langfristig vorausschauenden Beschaffungsplanung einzuschlagen.
Der Antrag sah vor, die für den nächsten Erneuerungsschub erforderlichen Mittel im Umfang von 3,126 Milliarden Franken in Form eines Fonds zu sichern und damit später 22 Kampfflugzeuge des Typs Saab Gripen inklusive Zusatzaufwendungen für Waffen, Munition, Anpassung der Flugplätze sowie weitere Aufwendungen zu finanzieren. Dieses finanzielle Konstrukt sollte die Einhaltung des angestrebten Kreditrahmens ebenso sichern wie Gewähr bieten für die Art, die Qualität und die Quantität des dafür zu beschaffenden Materials. Doch auch diesem Ansatz war kein Erfolg beschieden: Im Nu waren die für das Referendum erforderlichen Unterschriften gesammelt, und in der Volksabstimmung vom 18. Mai 2014 wurde das Projekt mit 53,4 Prozent Neinstimmen versenkt.
Eines der Hauptargumente gegen die Vorlage war die Aussage, es sei unklar, ob der bestellte Flugzeugtyp jemals fliegen werde. Mit dem Flugzeugtyp war die massiv verbesserte Version E des schon in den vorangegangenen Versionen C und D bewährten Flugzeuges gemeint. Inzwischen fliegt die neue Version, erbringt nach den vorliegenden Informationen die versprochenen Leistungen und hat gute Chancen, von der finnischen Luftwaffe ausgewählt zu werden. Die ältere Version ist in Schweden, Ungarn, Tschechien und Südafrika im Einsatz.
Bevor wir auf die aktuelle Kampfflugzeugbeschaffung eingehen, blicken wir zurück auf das weltweite Geschäft des Schweizer Flugzeugbauers Pilatus, das immer wieder zu Kontroversen führte, weil die Kleintransporter für militärische Zwecke umgenutzt und eingesetzt wurden.
Turbo-Porter: Friedenspolitik und das reale Leben
Kampfflugzeuge sind extrem komplexe und anspruchsvolle Produkte, aber für die Schweizer Industrie eine Nummer zu gross, wie die gescheiterten Projekte N-20 und P.16 gezeigt haben. Das heisst nicht, dass die Schweizer Ingenieure keine Ideen hätten; als Zulieferer von grossen Flugzeugherstellern wie Airbus (Rumpfteile für Verkehrsflugzeuge) oder ESA (Strukturen von Weltraumraketen) sind Schweizer Unternehmen seit langer Zeit erfolgreich. Gut sind sie auch als Erfinder und Tüftler; als bisher Einzige haben sie ein Flugzeug gebaut, das allein mit Sonnenenergie die Welt umrundete. Hin und wieder sind sie sogar geradezu genial und landen einen Volltreffer, der sich gut verkauft und für Jahrzehnte unerreicht bleibt – wie zum Beispiel den Kleintransporter Pilatus PC-6 Porter. Dieses Flugzeug startete anno 1959 zum Jungfernflug, wurde in der Folge während 60 Jahren in nahezu 600 Exemplaren gebaut (wenn auch am Schluss nur noch in geringer Stückzahl) und fliegt heute auf der ganzen Welt vor allem unter schwierigen Bedingungen: im Hochgebirge, im Urwald, in Sumpflandschaften und in der Wüste.
Der PC-6 ist ein einmotoriges Arbeitsflugzeug, vergleichbar mit einem geländegängigen Kleintransporter mit Allradantrieb. Das Flugzeug ist weder schön noch schnell noch besonders komfortabel. Piloten bezeichnen es gerne als «fliegenden Luftwiderstand», aber sie schätzen seine Wendigkeit, seine riesigen Schiebetüren und seine robuste Bauweise: Der Porter ist so gut wie «unzerstörbar», braucht nur minimale Start- und Landestrecken, und seine Räder lassen sich problemlos durch Skis oder Schwimmer ersetzen. Unter Fliegern gilt er weltweit als «fliegendes Schweizer Taschenmesser» und als «Jeep der Lüfte» – beides zu Recht. Eine amerikanische Fachzeitschrift nannte das Flugzeug mit einem Wortspiel «a missionary and a mercenary» – einen Missionar und Söldner zugleich. Beides ist wörtlich zu verstehen.
Eine weitere Eigenart dieses Flugzeuges ist, dass es seinen Weltruhm ohne grosse Verkaufsanstrengungen erlangte. 1960, also im Jahr nach seinem Jungfernflug, diente sein Prototyp einer schweizerischen Himalaya-Hochgebirgs-expedition als «Lastenträger». Statt mühsam durch einheimische Bergbewohner konnten die Schweizer ihr Material auf dem Luftweg bis auf 5700 Meter über Meer transportieren, und dies trotz des nur 340 PS «schwachen» Motors des Prototyps (modernere Porter sind mit einer fast doppelt so starken amerikanischen Propellerturbine Pratt & Whitney PT-6 ausgestattet). Für Pilatus, ein in der grossen weiten Welt so gut wie unbekanntes privates Schweizer Flugzeugwerk ohne grossen Heimmarkt, bedeutete dies den Durchbruch. Schlagartig erwarb der PC-6 den Ruf als zuverlässiges Lastentier, und aus der ganzen Welt trafen die Bestellungen ein. Die amerikanische Flugzeugherstellerin Fairchild-Hiller erwarb die Rechte zum Lizenzbau und verkaufte das Flugzeug knapp hundertmal in fast unveränderter Form.
Rauschgiftkurier in Zentralamerika …
Ein Flugzeug mit so universellen Einsatzmöglichkeiten weckt logischerweise das Interesse unterschiedlichster Betreiber, und so ist es nicht verwunderlich, dass ein Teil der rund 600 Turbo-Porter in zwielichtige Operationen verwickelt war. Ein typischer Fall war jenes Flugzeug, das unter dem – eigentlich im Luftfahrzeugregister gelöschten und somit wohl gefälschten – Kennzeichen HK-1111 in Kolumbien registriert war. Gemäss den amtlichen Unterlagen gehörte das Flugzeug dem «Geografischen Institut Augustín Codazzi» in der kolumbianischen Hauptstadt Bogotá, und nach den Aufzeichnungen der Flugsicherung landete es Anfang 1977 ohne ersichtlichen Grund wiederholt auf dem Flughafen der Stadt Opa Locka, einem Nachbarort von Miami, Florida. Kolumbien und Florida sind rund 2000 km voneinander entfernt. Ein normaler Mensch wird für diese Distanz wohl eher ein komfortables Reiseflugzeug benutzen als einen langsamen und nicht sehr komfortablen Pilatus Porter – es sei denn, der Zweck der Reise ist nicht ganz lupenrein. Und tatsächlich: Ein Telegrammaustausch zwischen dem kolumbianischen Sicherheitsministerium und dem US-Aussenministerium lässt erahnen, dass die Flüge wohl eher mit Rauschgifthandel zu tun hatten als mit wissenschaftlicher Forschung über die Geografie Zentralamerikas. Wie die Sache letztlich ausging, ist dem Autor nicht bekannt …
… und Kriegsmission im Dschungel Südostasiens
So oder so, die rätselhaften Florida-Exkursionen dieses einen Flugzeuges waren Kleinigkeiten im Vergleich zu dem, was sich die amerikanischen Geheimdienste damals bereits seit rund zehn Jahren in Südostasien erlaubten – und die Manager der Pilatus Flugzeugwerke partout nicht wissen wollten.
Wir springen zurück in die späten 1960er-Jahre. Seit 1954 waren die ehemaligen französischen Kolonialgebiete Vietnam, Laos und Kambodscha unabhängige Staaten, Vietnam allerdings in zwei Teile getrennt: in einen von den USA wirtschaftlich und militärisch unterstützten (und faktisch von den USA abhängigen) Süden und einen Russland und China nahestehenden Norden. Präsident Nordvietnams war ein genialer Guerillakrieger namens Ho Chi Minh. Im Jahre 1954 hatte er bereits die damalige französische Kolonialarmee auf demütigende Weise aus dem Land gejagt; jetzt war es sein Ziel, die Amerikaner trotz ihrer enormen militärischen Überlegenheit aus Südvietnam zu vertreiben und das Land wieder zu vereinen. So kam es bereits 1955 zum Ausbruch jenes Krieges, der heute «Vietnam-Krieg» genannt wird und erst Ende 1975 mit der definitiven Niederlage der Amerikaner und ihrer überhasteten Flucht aus Vietnam enden sollte.
Während der ganzen Zeit des Krieges war Laos, das langgezogene, an Thailand grenzende Königreich im Westen von Vietnam, offiziell neutral, faktisch jedoch in drei Zonen unterteilt. Diese wurden von drei miteinander als Halbbrüder verwandten, aber politisch verfeindeten Prinzen regiert. Kambodscha, weiter im Süden gelegen und im Gegensatz zu Laos mit Meeranstoss, war ein neutrales Königreich und spielte im Zusammenhang mit unserem Thema keine bedeutende Rolle.
Sehr wohl jedoch Laos, obwohl es ein unbeteiligter Drittstaat war und ohne eigenes Zutun in den Strudel des Krieges geriet, ganz einfach, weil es zu schwach war, um sich gegen die Macht der Fakten, lies: gegen die Strategie der amerikanischen Generale, zu wehren. Andererseits blieb Laos, da geostrategisch relativ unbedeutend, immer ein Nebenschauplatz und dadurch im Unterschied zu Vietnam vor der totalen Zerstörung bewahrt.
Die Hauptakteure im Südostasien-Konflikt waren die USA (mit Südvietnam als Schützling) auf der einen und das von China und der Sowjetunion unterstützte Nordvietnam auf der anderen Seite. Der Krieg war extrem asymmetrisch: im Süden die mit Milliardenaufwand, Hochtechnologie und schier unbeschränktem Materialeinsatz kämpfenden, aber mit der Zeit immer weniger motivierten Amerikaner und Südvietnamesen, im Norden die meist nur bescheiden bewaffneten, aber hoch motivierten Dschungelkämpfer Nordvietnams.
Ebenso unterschiedlich wie der Charakter war die Logistik der Gegner. Die Amerikaner schafften ihren Nachschub an Soldaten und Kriegsmaterial mit Frachtschiffen und Grossraumflugzeugen ins Land, die Feinverteilung erfolgte per Helikopter. Die Vietcong hingegen (so nannten sich die Kämpfer des Nordens) mussten jede Gewehrpatrone mühsam auf dem Landweg nach Südvietnam schaffen – und dabei immer auf der Hut sein, um nicht von amerikanischen Kampfflugzeugen entdeckt und bombardiert zu werden!
So errichteten Ho Chi Minhs Soldaten für die Versorgung der im Süden kämpfenden Truppen ein kompliziertes Netz von einfachen, aus der Luft kaum erkennbaren Dschungelpfaden, im Westen bald «Ho-Chi-Minh-Pfad» genannt und von einem ortskundigen Schweizer Rotkreuzmitarbeiter als «so ähnlich wie die Schweizer Bergwanderwege» beschrieben. Der grösste Teil des primitiven «Wegnetzes» lag auf laotischem Staatsgebiet. Darauf bewegten sich permanent Kolonnen von Soldaten südwärts, zu Fuss und jeder ein mit Munition oder Waffen schwer beladenes Fahrrad vor sich herschiebend – und in der weithin von dichtem Dschungel überzogenen Hügellandschaft unsichtbar für die Besatzungen der amerikanischen Bomber.
An diesem Punkt kommt der Pilatus Porter ins Spiel. Für die Amerikaner war klar, dass sie als Vorbedingung für einen nachhaltigen Sieg das Nachschubsystem des Gegners zerstören mussten, und diese Aufgabe war mit «High-Tech» nicht zu lösen. Wollten sie den Nachschub aus Nordvietnam unterbinden, mussten sie das Wegnetz durch Spione auskundschaften. Sie mussten Dorfvorsteher bestechen, um Informationen über den diskreten «Warenverkehr» zu gewinnen. Sie mussten Behelfsbrücken zerstören, Sprengfallen installieren und sich auf andere Weise die Finger schmutzig machen. Und sie mussten ihre Leute jederzeit zuverlässig an die Einsatzorte bringen – und nachher wieder heil nach Hause. Dafür war der Pilatus Turbo-Porter das richtige Verkehrsmittel: Er ist unvergleichlich robust, kann fast überall starten und landen und erzeugt im Vergleich mit einem Helikopter fast keinen Lärm, kann also relativ diskret auf Baumwipfelhöhe fliegen, in einer Lichtung landen und sogleich wieder starten und verschwinden.
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