Kitabı oku: «Mein Weg als Freimaurer»
Serge Abad-Gallardo
MEIN WEG ALS
FREIMAURER
Ich diente Luzifer, ohne es zu wissen
Vorwort von Maurice Caillet
Bibliografische Information: Deutsche Nationalbibliothek.
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.
Originalausgabe: »Je servais Lucifer sans le savoir«
© Éditions Pierre Téqui, Paris 2016
MEIN WEG ALS FREIMAURER
Ich diente Luzifer, ohne es zu wissen
Serge Abad-Gallardo
Übersetzung: Dr. Gabriele Stein
© Media Maria Verlag, Illertissen 2020
Printed in Germany
Alle Rechte vorbehalten
ISBN 978-3-9479311-5-6
eISBN 978-3-9479316-8-2
Inhalt
Vorwort
Prolog
Einleitung
Unbehagen bei einer freimaurerischen Tempelarbeit
Zweifel am Freimaurerleben
Freimaurer … sein oder nicht sein?
Austritt aus der Loge … und dann?
I.Im Schatten der Symbole
Sinn und Tragweite der freimaurerischen Symbole
Symbolik des Musivischen Pflasters und des Relativismus
Was bedeutet das Musivische Pflaster?
Die Vorstellungen von Gott und der Ewigkeit sind relativ
Das unüberwindliche Paradox einer relativen Wahrheit
Aus Sicht der Freimaurerei befindet sich die Kirche im Irrtum
Von Grund auf eine Doppelmoral
In den Augen der Freimaurerei ist das Böse für die Menschheit nötig und nützlich
Ein Werkzeug, um die Welt aus den Angeln zu heben
Die Macht des Hebels
Sich selbst rühmen!
II.Der Einfluss der Freimaurerei auf die Politik
Dieses »Glück der Menschheit«
Die Scheidung
Die Abtreibung
Die Ehe für gleichgeschlechtliche Pare
Wahrscheinlich eine freimaurerische ehemalige Ministerin?
Das Gesetz für eine Minderheit
Die Kommuniqués der Freimaurerei
Der Großorient verurteilt die Äußerungen der katholischen Kirche
Die Euthanasie
Die Freimaurerei arbeitet seit Langem auf die Legalisierung der Euthanasie hin
Freimaurerische Formulierungen im Gesetz
Die Arbeit der Lobbys
Die wertvolle Unterstützung der ADMD
Sterbehilfe in Ausnahmefällen
Sterbehilfe im Namen der Zivilisation
Sterbehilfe aus Nächstenliebe
Sterbehilfe bei Kindern, Demenzkranken und psychisch Kranken?
Gesetze, die aus der esoterischen Lehre der Freimaurerei hervorgegangen sind
Die Enzyklika Leos XIII
III.Eine Initiationsgemeinschaft
Die freimaurerische Bruderkette
Das Ritual der Bruderkette
Die energetische Kraft der Bruderkette
Das Anrufen von Mächten, die uns übersteigen
Hiram wieder zum Leben erwecken
Das Tarot und die Bruderkette
IV.Wie ich herausfand, dass die Freimaurerei eine satanische Religion ist
Johannisfest
Eine Parodie der Eucharistie
Luzifer – als Gott verehrt!
Der satanische Genius
»Jeder von uns ist sein eigener Luzifer«
Rollentausch zwischen Gott und dem Teufel
Wie die Freimaurerei ihren Bezug auf Luzifer rechtfertigt
Die Freimaurerei verherrlicht Luzifers Ungehorsam
Die Leugnung des Taufsakraments
Die Freimaurerei verehrt die Schlange aus dem Buch Genesis
Die Leugnung Christi
Warum sich die Freimaurerei auf die Bibel bezieht
Das Kreuz im XVIII. Hochgrad
Das satanische Zeichen des XVIII. Hochgrads
Parodie auf das letzte Abendmahl im XVIII. Grad
Die Freimaurerei leitet sich direkt von Kain ab und ist von Luzifer inspiriert
Die Freimaurerei: eine satanische Religion
V.Luzifer lässt nicht los
Die Anfechtungen des Dämons
Wenn der Dämon mit an Bord ist
Ein Gebet um Befreiung von der Freimaurerei
Ein langer Weg der Befreiung
VI.Bekehrung und Friede
Umkehr und Befreiung
Ich hatte die Hilfe der Engel abgelehnt
Kindliche Prägung durch einen Glauben, von dem ich mich entfernt hatte
Ein guter Kandidat für die Freimaurerei
Rückkehr zum christlichen Glauben
»Welches Wunder hat Sie aus der Freimaurerei herausgeholt?«
Akte zur Stärkung des Glaubens
Der Krankenbesuch
Das Kreuz hat das Böse besiegt
Ein bestätigter, weil authentischer geistlicher Ruf
Gott hat das Böse nicht erschaffen
Im Gebet mit einem Freimaurer!
Notwendige Vergebung
Die freimaurerische Spiritualität hat nichts mit dem christlichen Gebet zu tun
Schluss
An die Freimaurer, jedoch nicht nur an sie
Der Glaube
Epilog
Anhang
Hochgradsystem des Alten und Angenommenen Schottischen Ritus
Johannisgrade
Blaue Freimaurerei
Hochgrade
Perfektionsgrade: grüne Freimaurerei
Kapitelgrade: rote Freimaurerei
Philosophische oder Areopag-Grade: schwarze Freimaurerei
Konsistorialgrade: weiße Freimaurerei
Grad des Obersten Rates
Bibliografie
Anmerkungen
Und aus dem Licht hör’ ich den stolzen Engel. O Schreckensruf! »Ich unterwerf’ mich nicht.«
In Nacht ich schwöre in dem Tal der Mängel, gehorsam will ich sein im Glaubenslicht. Ich fühle in mir jenen Mut der Heil’gen. Der fürchtet nicht der ganzen Hölle Wut. Mir ist ein Panzer, heißt Gehorsam, eigen. Er ist mein Schild und nimmt mein Herz in Hut.
Hl. Theresia vom Kinde Jesus und vom Heiligsten Antlitz
»Meine Waffen«, 25. März 1897
Wir befinden uns vor dem größten Kampf, den die
Menschheit je gesehen hat.
Ich glaube nicht, dass die christliche Gemeinschaft das schon ganz verstanden hat.
Hl. Johannes Paul II., 1976
Die Nacht ist vorgerückt, der Tag ist nahe. Darum lasst uns ablegen die Werke der Finsternis und anlegen die Waffen des Lichts!
Röm 13,12
Vorwort
Mit seinem persönlichen Zeugnis und seiner umfassenden Kenntnis der Freimaurerei beweist Serge Abad-Gallardo, dass die spekulative Freimaurerei1 seit 300 Jahren daran arbeitet, sämtliche Errungenschaften aus zweitausend Jahren Christentum zunichtezumachen. Dieses Bestreben richtet sich insbesondere gegen den Katholizismus, weil dieser aufgrund der zentralen Bedeutung des Papsttums eine strukturierte und hierarchische Einheit bildet. Hier tobt – was vielen Katholiken und auch etlichen Freimaurern der ersten drei Grade allerdings nicht bewusst ist – ein echter »geistlicher Kampf«.
Papst Franziskus übrigens hat seit Beginn seines Pontifikats immer wieder vor den Fallstricken des Teufels gewarnt und damit sogar bei vielen Gläubigen für Überraschung gesorgt.
Als ein in Lourdes bekehrter ehemaliger Freimaurermeister, Meister vom Stuhl des Großorients von Frankreich und Ritter vom Rosenkreuz (XVIII. Grad), kann ich die Beweise, die Serge für den religiösen Dualismus der Freimaurerei, die Luzifer-Verehrung der Hochgrade und den Abscheu gegenüber den Dogmen des katholischen Glaubens anführt (manche Logen und Großlogen verwenden ganz ungehemmt den Ausruf »Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, nieder mit den Pfaffen!«), ausnahmslos und uneingeschränkt bestätigen.
Freimaurer, nehmt euch Serges Warnungen zu Herzen, es ist noch nicht zu spät. Katholiken, greift zu den Waffen des Gebets und eines tugendhaften Lebens und wappnet euch gegen den tückischen und todbringenden Hedonismus der Freimaurerei, der euch mit einer »bis zur Gottesverachtung getriebenen Selbstliebe« – so hat der heilige Augustinus die Herrschaft des Feindes definiert – verführen will.
Maurice Caillet2
Ehemaliger Meister vom Stuhl des Großorients von Frankreich
Prolog
Charles Baudelaire hat uns gewarnt: »Meine lieben Brüder, vergesst niemals, wenn ihr den Fortschritt der Aufklärung rühmen hört, dass die beste List des Teufels die ist, euch weiszumachen, dass er nicht existiere!«1
Die Freimaurerei verkündet eine Botschaft der Brüderlichkeit, der Toleranz und des Humanismus. Wer wollte derartige Bestrebungen nicht teilen? Wer würde sich nicht wünschen, dass die Welt brüderlicher, toleranter und menschlicher wird? Gerade die Kirche und die Christen können ein solches Ideal nur unterstützen. Und doch ist es – wie ich in meinem letzten Buch aufgezeigt habe2 – unmöglich, sich gleichzeitig zum Glauben der katholischen Kirche und zur Freimaurerei zu bekennen, weil beide Institutionen unter den genannten Begriffen jeweils etwas anderes verstehen. Ist diese grundlegende Unvereinbarkeit womöglich ein Indiz dafür, dass sich hinter den Reden der Freimaurerei ein anderes Ziel verbirgt? Ein Ziel, dessen nur scheinbare Übereinstimmung mit den Zielen der kirchlichen Soziallehre als Täuschung entlarvt werden muss, weil zwischen beiden Lehren in Wirklichkeit fundamentale Gegensätze bestehen?
Und wenn man weiß, dass Luzifer es darauf anlegt, die Neigung zum Guten in einen Hang zum Bösen zu verkehren, dann könnte man auch ganz direkt fragen, ob die Freimaurerei womöglich nicht satanisch ist?
Ich denke, dass ich bezeugen und belegen kann, dass sie in einer zwar heimlichen, aber durchaus engen Beziehung zur luziferischen Lehre steht.
Sind die Freimaurer sich dessen bewusst? Die überwiegende Mehrheit von ihnen höchstwahrscheinlich nicht. Sie handeln, wie es bei mir selbst lange Zeit der Fall war, in gutem Glauben und vermeintlich zum »Wohl der Menschheit«.
Denn, wie Georges Bernanos schreibt, »so listig der Feind auch sein mag, seine scharfsinnigste Bosheit vermag der Seele doch nur auf einem Umweg beizukommen, wie man eine Stadt bezwingt, indem man ihre Quellen vergiftet. Er täuscht das Urteil, beschmutzt die Einbildungskraft, bringt Fleisch und Blut in Aufruhr, benutzt mit vollendeter Kunst unsere eigenen Widersprüche […] fälscht die Handlungen und Absichten.«3
Deshalb schien es mir unbedingt notwendig, dieses Buch zu schreiben, um Zeugnis abzulegen.
Entweder bedient sich die Freimaurerei im Zuge ihrer Auflehnung gegen Gott und seine Kirche absichtlich einer luziferischen Lehre oder sie lässt sich auf eine Art Rollenspiel ein, das ihr selbst nicht bis ins Letzte bewusst ist. Wie dem auch sei, das Ergebnis ist dasselbe: Man knüpft eine Beziehung zu Luzifer. Was absolut nicht ohne schwerwiegende Folgen bleibt.
Und das geht uns alle an.
Einleitung
Unbehagen bei einer freimaurerischen Tempelarbeit
Zweifel am Freimaurerleben
Der Freimaurertempel lag im Halbdunkel. Wir hatten in den Kolonnen1 Platz genommen. Soeben wurde eine Tempelarbeit der Freimaurer im ersten Grad der blauen Loge eröffnet: ein Freimaurerabend im Lehrlingsgrad2. Also standen wir alle auf. Wir trugen unsere Abzeichen.
Die Lehrlinge waren mit ihrem weißen Schurz bekleidet. Er war rechteckig und lief an seinem oberen Ende in einer dreieckigen Klappe aus, deren Spitze nach oben zeigte. Da man dem Lehrling bei der Arbeit am Stein das geringste Geschick zutraut, muss sein Schurz eine möglichst große Fläche schützen, die bis auf die Höhe des Herzens reicht.
Die Gesellen trugen einen identischen Schurz, wobei die Klappe heruntergeklappt war, weil sie bereits über gewisse Anfangskenntnisse in der Freimaurerei verfügen, weshalb sie in der Loge das Wort ergreifen und sogar den Meistern helfen dürfen.
Wir, die Meister, hatten die Insignien unseres Grades angelegt: die Schärpe und den Meisterschurz.
Unsere Schärpen waren blau mit roten Borten, die diagonal von der rechten Schulter zur linken Hüfte getragen wurden. Es handelt sich um ein Überbleibsel aus einer Zeit, in der die Männer – Adlige oder Soldaten – ihr Schwert in einem Bandelier3 bei sich führten. Die Freimaurerei beruft sich vor allem in den Hochgraden gern auf eine ritterliche Tradition.
Unsere Schurze waren prächtig und bunt: ein Rechteck aus weißem Lammleder, das an allen vier Seiten mit einem aufgenähten roten Band eingefasst war. Die Klappe war geschlossen: ein ebenfalls rotes Dreieck, dessen Spitze nach unten wies. Innen waren zwei Buchstaben eingestickt: »M.« und »B.«, die freimaurerische Schreibung des hebräischen Worts Mak Benach, des heiligen Meisterworts, das einige mit »Sohn des Vaters« und andere mit »Sohn der Verwesung« übersetzen.
Darüber hinaus war ich seit einigen Jahren zu den Hochgraden zugelassen. Dies ist etwas, worum man auf keinen Fall bitten sollte, denn das ist – wie ich nach meiner Zulassung erfuhr – besonders verpönt. Wer um Aufnahme in die Hochgrade bittet, dessen Gesuch wird ganz sicher abschlägig beschieden und dessen Eingliederungsprozess verlängert sich um mehrere Jahre! Nur die Inhaber der Hochgrade selbst können beurteilen, ob ein Meister »geeignet« ist, in ihre Reihen aufgenommen zu werden.
Der Zugang zu diesem »Allerheiligsten« erfolgt somit ausschließlich durch das Hineingewähltwerden, nachdem man – und zwar über Jahre hinweg – sowohl innerhalb der Loge als auch in der »profanen Welt« von den höchsten Eingeweihten geprüft, beurteilt, gewogen und schließlich für tauglich befunden worden ist. Nachdem man somit, ohne sich dessen überhaupt bewusst zu sein, sein Engagement und seine freimaurerische Treue hinreichend unter Beweis gestellt hat.
Ich war also für »würdig« befunden worden, ein Mitglied dieses streng geschlossenen Zirkels zu werden, stand kurz vor dem Abschluss des zwölften Hochgrads und würde aller Wahrscheinlichkeit nach bald für die Zulassung zum XIII. und dann zum XIV. Grad vorgeschlagen werden. Ich war etwas über fünfzig Jahre alt und hatte es innerhalb der Hochgrade schon recht weit gebracht.
Das bedeutete, dass ich im Rahmen meiner freimaurerischen Initiation4 in mehr und mehr undurchdringliche, mehr und mehr esoterische und mehr und mehr geschlossene Kreise vorstieß. Gleichzeitig verfolgte ich meine Karriere als höherer Beamter der Territorialverwaltung: Ich war eine Persönlichkeit, die in den gesellschaftlichen Kreisen einer mittelgroßen Stadt kein geringes Ansehen genoss. Und in der elitären Welt der Hochgrade, der ich nun schon seit mehreren Jahren angehörte, war ich inzwischen in den innersten Bereich vorgedrungen: dorthin, wo die Bezeichnungen der Grade mehr als wohlklingend sind.
Nachdem ich zu den Hochgraden eines »Geheimen Meisters«, »Vollkommenen Meisters«, »Geheimen Sekretärs«, »Vorstehers und Richters«, »Intendanten der Gebäude«, »Auserwählten Meisters der Neun«, »Erlauchten Auserwählten der Fünfzehn« und »Erhabenen Auserwählten Ritters« aufgestiegen war, hatte ich schließlich den Hochgrad »Großarchitekt« erreicht. Schon bald würde ich zum XIII. Grad – »Meister vom Königlichen Gewölbe« – und sodann zum XIV. Grad gelangen und mich »Auserwählter Maurer« nennen dürfen. Damit würden mir die Grade eines »Ritters vom Osten oder Ritters vom Schwert« und »Meisters von Jerusalem«, ebenfalls des »Ritters vom Osten und Westen« offenstehen bis zum Erreichen des XVIII. Grades, des »Ritters vom Rosenkreuz«. Anschließend würde mein freimaurerischer Werdegang es mir erlauben, zu den höchsten Initiationsstufen, nämlich bis zum XXX. und letzten Grad der schwarzen Freimaurerei aufzusteigen, dem »Ritter Kadosch«.
Andererseits jedoch verspürte ich seit mittlerweile einem Jahr ein echtes Wiederaufleben meines katholischen Glaubens5 – und machte auch keinen Hehl daraus. Meine Schwestern und meine Brüder beobachteten mich: die einen mit der Nachsicht, die man für einen leichtsinnigen Freund empfindet, die anderen mit der Skepsis, die man angesichts eines unbegreiflichen Phänomens an den Tag legt, wieder andere schließlich mit dem Argwohn, den man dem künftigen Verräter entgegenbringt.
An jenem Abend verfolgte ich zwar die Phasen der Zeremonie, doch ich war zerstreut und in Wirklichkeit mit meinen Gedanken woanders. Ich spürte, dass es Zeit wurde, einen anderen Weg einzuschlagen.
Denn was war die Freimaurerei, verglichen mit der Barmherzigkeit des Herrn und der zärtlichen Liebe Mariens, die mir in Lourdes direkt an der Grotte von Massabielle ein so machtvolles Zeichen hatte zukommen lassen? Sie hatte mir die Augen und vor allem das Herz geöffnet. Von diesem Augenblick an erkannte ich all die Fehler, die ich begangen hatte, und all das andere, das der Götzendienst mit sich gebracht hatte: Ich war entschlossen, mein Leben wieder in die Hände der seligen Jungfrau Maria zu legen.
Plötzlich drang wie ein Blitz, der den Nebelschleier meiner Gedanken zerriss, die Stimme des »Meisters vom Stuhl« an meine Ohren:
»Meine Schwestern und meine Brüder, wir schreiten nun zur Illumination des Tempels. Schwester Grand Expert6, walten Sie Ihres Amtes.«
Die Schwester Grand Expert streckte dem »Meister vom Stuhl« eine Flamme entgegen, der von seinem Stuhl aus drei weitere Kerzen daran entzündete und feierlich verkündete:
»Möge das Licht der Weisheit unsere Arbeiten erleuchten!«
Die Schwester Grand Expert umrundete den gekachelten Fußboden mit einer beinahe militärisch anmutenden Vierteldrehung an jeder Ecke und begab sich vor den »Ersten Aufseher«, der mit Nachdruck erklärte:
»Möge das Licht der Stärke unsere Arbeiten tragen!«
Anschließend rief der »Zweite Aufseher«, den die Schwester Grand Expert nach einer weiteren Runde erreicht hatte, in prophetischem Ton:
»Möge das Licht der Schönheit in unseren Arbeiten erstrahlen!«
Die Schwester Grand Expert nahm ihren Platz in unmittelbarer Nähe zu den Lehrlingen wieder ein und löschte ihre Kerze.
Der Meister vom Stuhl schloss mit allergrößter Feierlichkeit: »Das Licht bleibt immer unter uns. Nehmt Platz, meine Schwestern und meine Brüder!«
Erst dann durften wir uns endlich setzen, damit das Ritual seinen Fortgang nehmen und die Tempelarbeit endgültig und offiziell eröffnet werden konnte.
Die Beamten, das heißt insbesondere der Meister vom Stuhl, der Erste und der Zweite Aufseher, führten das Ritual in der gewohnten Weise durch. Ich kannte es auswendig, denn ich hatte unzählige Male daran teilgenommen und es als Inhaber diverser Ämter – darunter auch das des Meisters vom Stuhl – selbst durchgeführt. Seit meiner Initiation waren mehr als zwanzig Jahre vergangen!
Freimaurer … sein oder nicht sein?
Ein Wort schoss mir plötzlich durch den Kopf: »Mummenschanz!«
Danach schweifte ich wieder ab, bis mich der letzte Satz des Rituals aus meinen Gedanken riss. Der Meister eröffnete nun offiziell die Arbeit:
»Meine Schwestern und meine Brüder, wir sind nicht mehr in der profanen Welt, wir haben unsere Metalle an der Pforte des Tempels abgelegt. Erheben wir unsere Herzen in Brüderlichkeit und mögen sich unsere Blicke dem Licht zukehren. Nehmt Platz, meine Schwestern und meine Brüder!«
Sodann begann die Tempelarbeit mit dem Rechenschaftsbericht über die letzte Sitzung, der Tempelarbeit des ersten Grades, den Abstimmungen und der Durchführung der Tagesordnung.
Meine Abzeichen waren für mich zu dem geworden, was sie de facto auch waren: Dekoration, nichts weiter! Nichts, was auch nur die geringste spirituelle Bedeutung besessen hätte! Und dasselbe galt auch für dieses Ritual, diese Atmosphäre, diese Symbole, die mich bisher ausgefüllt und getragen hatten: Dies alles hatte in meinen Ohren einen zunehmend falschen Klang.
Inzwischen wusste ich, welche Realität sich hinter der Maske der guten Absichten verbarg, die die Freimaurerei zur Schau trug. Ich hatte schon seit einiger Zeit geahnt, was sich unter diesem Deckmantel verbarg. Doch es hatte noch eine Weile gedauert, bis ich mir endlich darüber im Klaren war. Mit sanfter, aber unwiderstehlicher Gewalt hatte unsere heiligste Mutter mich zu ihrem geliebten Sohn geführt: »Um zu richten, bin ich in diese Welt gekommen: damit die nicht Sehenden sehen und die Sehenden blind werden« (Joh 9,39).
Zunächst hatte ich noch gehofft, dass ich meinen Schwestern und meinen Brüdern helfen könnte, die Liebe des Herrn kennenzulernen: Ich wollte in der Loge bleiben, um von meinem Weg der Befreiung zu erzählen. Doch dann musste ich mir mein Scheitern wohl oder übel eingestehen: Meine Brüder und meine Schwestern waren wie »gefesselt«, gefangen. Sie, die von »Freiheit« sprachen, waren in Wirklichkeit Sklaven und durch das freimaurerische Ritual und Lehrgebäude schlichtweg »konditioniert«. Sie, die von »Gleichheit« sprachen, wachten eifersüchtig über ihre Geheimnisse und bildeten eine Welt für sich, von der die armen »Profanen« ausgeschlossen waren. Sie, die sich in der Loge so gern auf die »Brüderlichkeit« beriefen, waren nur untereinander in ihrem exklusiven Bereich Brüder und Schwestern. Ich hingegen hatte soeben entdeckt, dass wir alle ohne Ausnahme Brüder und Schwestern in Christus sind. Ich begriff endlich, dass die wahre Liebe keine Schranken kennt.
Mir war wohl bewusst, dass der Dialog kompliziert war. Dass ich seit fast eineinhalb Jahren kein wirklich gewissenhaftes Mitglied der blauen Loge und der Hochgrade mehr war. Dass ich immer öfter betend vor unserem Herrn oder vor Maria kniete. Schon stieg eine gewisse Ungeduld in mir auf. Ich spürte sie sogar physisch: Ja, ich musste gehen!
An jenem Abend begriff ich plötzlich, dass dies meine letzte Tempelarbeit war, dass ich zum letzten Mal am Brudermahl7 teilnahm: mein letztes Essen mit den Eingeweihten! Ich war ein gläubiger Mensch geworden und ertrug die Heimlichkeiten nicht mehr. Als ich spät in der Nacht nach Hause kam, beschloss ich, meinen Austritt zu erklären. Ich wollte nicht länger warten.
Unwillkürlich stieg die Erinnerung an mein Initiationsritual8 in mir auf: Nachdem ich mich damals allen Prüfungen, die mich zum Eingeweihten machten, blind unterzogen hatte, hatte man mir die Augenbinde abgenommen. Geblendet hatte ich mich einer Gruppe von Freimaurern gegenüber gesehen. Sie waren mit Schwertern bewaffnet, deren Spitzen auf mein Herz gerichtet waren. Gerade erst hatte ich schwören müssen, dass ich das Geheimnis der Freimaurer bewahren würde. Jetzt klang mir die feierliche Stimme des Meisters vom Stuhl in den Ohren, während ich blinzelte und meine Augen die feindselig auf mich gerichteten Waffen entdeckten:
»Neuling, die Schwerter, die Sie hier sehen, bedrohen nur die Verräter und die Meineidigen. Ihnen verkünden Sie im Gegenteil, dass alle Freimaurer Ihnen in der Not zu Hilfe eilen werden. Mögen diese Schwerter Schutz, Liebe und Züchtigung zugleich versinnbildlichen!«9
Mir war klar, dass man mich nun für einen Verräter halten würde.
Und das machte sich, wie ich bitter erfahren sollte, vor allem in meinem alltäglichen Leben bemerkbar.
Personen, die über ein rundes Dutzend Jahre hinweg meine Schwestern und meine Brüder – und teilweise sogar enge und vermeintlich echte Freunde – gewesen waren, mieden mich plötzlich, wenn wir einander auf der Straße begegneten. Türen verschlossen sich, ich wurde nicht mehr zum Aperitif oder zum Abendessen eingeladen. So verlor ich alle meine »Freunde«, und zwar genau deshalb, weil sie meine Schwestern und Brüder gewesen waren!
In meinem beruflichen Umfeld arbeiteten etliche Brüder, und einige waren sehr hochrangig. Auch dort war es nicht einfach!
Ganz zu schweigen von den öffentlichen Beschimpfungen und den indirekten Drohungen, die ich nach Erscheinen meines ersten Buches erhielt, mit dem ich mich aus Sicht der Freimaurer einer primitiven »Intoleranz« oder schlimmer noch, einer Freimaurerfeindlichkeit schuldig gemacht hatte! Einfach deshalb, weil ich die Wahrheit geschrieben hatte!