Kitabı oku: «Mein Weg als Freimaurer», sayfa 4
Sich selbst rühmen!
Vom Moment ihrer Initiation an erzieht also die Freimaurerei ihre Eingeweihten vor allem mittels bestimmter Rituale zu einer stolzen Autonomie. Das gilt für die Logen des Großorients von Frankreich, die mehrheitlich den – von ihnen selbst als »laikal (sic)« bezeichneten – französischen Ritus praktizieren. Im Verlauf der Zeremonie berührt der Meister vom Stuhl den neu ernannten Freimaurerlehrling, der soeben das Licht empfangen hat, mit der Klinge seines Flammenschwerts und sagt:
»Steh auf, mein Bruder, du wirst vor niemandem mehr knien. Ein Freimaurer lebt aufrecht und stirbt aufrecht.«
Das Wort Gottes lehrt uns das genaue Gegenteil: »Darum hat ihn Gott über alle erhöht und ihm den Namen verliehen, der größer ist als alle Namen, damit alle im Himmel, auf der Erde und unter der Erde ihr Knie beugen vor dem Namen Jesu und jeder Mund bekennt: Jesus Christus ist der Herr zur Ehre Gottes, des Vaters« (Phil 2,9–11).
Im Alten und Angenommenen Schottischen Ritus, der weltweit am häufigsten zu finden ist, beginnt der Ichkult im Gesellengrad mit der oben beschriebenen Belehrung über die Handhabung des Brecheisens. Seine Bestätigung findet er im IV. Hochgrad des Geheimen Meisters. Bei der rituellen Unterweisung dieses Grades wird der Freimaurer gefragt:
»Sind Sie Geheimer Meister?«, und er muss antworten: »Dessen rühme ich mich.«
Es war mir schwergefallen, diese Selbstverherrlichung zu akzeptieren. Der Dreimalmächtige Meister65 hatte dies offenbar gespürt und mir daraufhin aufgetragen, ein Werkstück im IV. Grad vorzubereiten. Das Thema lautete: »Warum darf sich der Geheime Meister rühmen?«
Ich vertrat in meinem Werkstück die These, dass man sicherlich Gott, aber eben nur Gott rühmen und verherrlichen dürfe. Ich erklärte, dass »die Herrlichkeit […] der Strahlenkranz [ist], der das Bild Christi umgibt«. Dann führte ich aus, dass der Geheime Meister nicht mit der biblischen Person gleichgestellt werden könne. In diesem Zusammenhang zitierte ich in meinem Werkstück den sechsten und siebten Vers des 82. Psalms66: Die Menschen dürfen sich nicht für Götter halten, denn sonst stürzen sie wie einer der Fürsten!
Außerdem bezog ich mich auf das Johannesevangelium: »Vater, die Stunde ist gekommen. Verherrliche deinen Sohn, damit der Sohn dich verherrlicht!« (Joh 17,1). Der Geheime Meister dagegen, das sah ich ganz deutlich, rühmte sich seines eigenen Initiationserfolges und seines Sieges über sich selbst. Das bringt das Ritual dieses Grades nicht zuletzt durch die Erwähnung des Lorbeers zum Ausdruck:
– »Sind Sie Geheimer Meister?«
– »Dessen rühme ich mich!«
– »Wo wurden Sie als Geheimer Meister·aufgenommen?«
– »Unter dem Ölbaum und dem Lorbeerbaum.«
– »Wofür stehen diese Symbole?«
– »Der Lorbeer ist das Symbol des Sieges67, den ich infolge meiner Bemühungen, meine Pflicht zu erfüllen, über mich selbst davonzutragen hoffe.«68
Für mich dagegen gebührte aller Ruhm immer nur Gott. Mein Glaube an Gott ließ nicht zu, dass ich mich selbst rühmte: Das wäre Blasphemie gewesen: »Wo bleibt da noch das Recht, sich zu rühmen? Es ist ausgeschlossen. Durch welches Gesetz? Durch die Werke? Nein, durch das Gesetz des Glaubens« (Röm 3,27). Das stand fest: Kein gläubiger Mensch konnte sich selbst rühmen …
Im weiteren Verlauf meines Vortrages erklärte ich, dass ich mich vor Gott nur einer einzigen Sache rühmen konnte, nämlich der Armseligkeit meines Menschseins. »Ich muss mich ja rühmen […]; meiner selbst will ich mich nicht rühmen, höchstens meiner Schwachheit. […] [Der Herr] aber antwortete mir: Meine Gnade genügt dir; denn die Kraft wird in der Schwachheit vollendet. Viel lieber also will ich mich meiner Schwachheit rühmen, damit die Kraft Christi auf mich herabkommt« (2 Kor 12,1.5.8–9).
Wer sich selbst rühmt – so lehrt es der hl. Paulus, und das erkannte ich nun –, der sündigt und lässt sich mit Luzifer ein. Der IV. Hochgrad war für mich die Bestätigung, dass ich zum geheimen Herzen des Dämons vorgedrungen war!
Obwohl ich aus diplomatischen Gründen in meinem Werkstück im IV. Grad Christus implizit mit Hiram gleichsetzte, damit es der »freimaurerischen Korrektheit« entsprach69 – was der Herr mir später vergeben hat –, wirkten die Mitglieder der Perfektionsgrade verstört. Einige zogen eine Grimasse, andere knirschten mit den Zähnen, und die, die mich mochten, schienen betrübt darüber, dass es offenbar mit mir »schiefging«: Ich begann, dem Ungehorsam ungehorsam zu werden!
Von da an trennten sich unsere Wege … Hätten sie damals verstehen können, dass mein Gott nicht der »Große Baumeister aller Welten« war? Ich wollte nur noch eines: meinem Gott gehorchen, ihn allein von ganzem Herzen lieben und mich vor seiner Allmacht verneigen. Und nicht mich selbst vor dem »Großen Baumeister aller Welten« rühmen!
In den Ritualen der Freimaurerei – und das gilt auch für die deistischen Großlogen – ist keinerlei Lob Gottes vorgesehen. Allenfalls wird bei der Eröffnung und zum Abschluss der Arbeit verkündet, dass diese »zu Ehren des ›Großen Baumeisters aller Welten‹« abgehalten wird. Doch es gibt keine Bitten, keinen Lobpreis, kein gemeinsames Gebet, keine Anbetung. Was nur logisch ist, denn kein Freimaurer wäre imstande, sich vor Gott als schwach zu bekennen. Für die deistischen Großlogen ist Gott ein naturalistischer Begriff70, aber kein persönlicher Gott. Und für die »laizistischen« (genauer gesagt antiklerikalen oder bestenfalls materialistischen) Großlogen ist »Gott« einfach die Humanität oder ihr kollektives Unbewusstes.
Die individualistische Einstellung oder Autonomie, die daraus erwächst, wird zum Dogma erhoben und äußert sich letzten Endes in einem grundsätzlichen Ungehorsam: »Was mich die Fakten der Wissenschaft, des Glaubens und der Philosophie bislang hat ablehnen lassen, ist die Gehorsamsverweigerung gegenüber einem System und einer Sprache, die dieses System abbildet, und mein Bestreben […], bei ›der Suche nach der Wahrheit keinerlei Grenze‹ zu akzeptieren.«71 Dieser institutionalisierte Ungehorsam führt zwangsläufig zur Übertretung. In einem Konventbericht wird die Übertretung – als Leitidee einer auf die »freimaurerischen Werte« gegründeten Gesellschaft – sogar ausdrücklich gelobt: »1789 markiert somit den Beginn einer euphorischen Periode der Übertretungen […]. Ab Anfang des 19. Jahrhunderts wird eine große Zahl von Werken das Kommen einer wunderbaren Welt heraufbeschwören. Dies sind politische Utopien, die man als sozialistisch bezeichnen wird.«72 Aus Sicht der Freimaurerei kann also der »Fortschritt der Menschheit«, insofern er einzig und allein auf freimaurerischen Utopien beruht, nur durch Übertretungen herbeigeführt werden. »Manchmal sind aus den Utopien von gestern die Realitäten von heute (Abschaffung der Sklaverei, Bürgerrechte, Abtreibung, Abschaffung der Todesstrafe …) geworden.«73 »Die Utopie erklärt sich durch die Entscheidung, sich für eine baldige Veränderung der Gesellschaften einzusetzen.«74
Die Freimaurerei wird ihre Adepten, die sich der weitreichenden Konsequenzen ihres Tuns zuweilen gar nicht bewusst sind, also anspornen, diese Utopien wahr werden zu lassen und – um noch einmal auf das Symbol des Brecheisens zurückzukommen – die Einführung von Gesetzen zu ermöglichen, die (wie Brecheisen) die bestehende Gesellschaftsordnung der Menschen aus den Angeln heben sollen. Das heißt, dass auf dem gedanklichspekulativen Boden der meisten Großlogen die Entschlossenheit wächst, eine neue Gesellschaftsordnung zu schaffen. Meine eigenen Erfahrungen aus 24 Jahren aktiver Freimaurerei sowie etlichen Werkstücken und freimaurerischen Erklärungen werden mir im Folgenden als Grundlage dienen, um zu erläutern, mit welcher Methode die Freimaurerei immer wieder versucht, ihre Utopien in Gesetzen auf legaler Ebene durchzudrücken und ihre Handlungs- und Einflussbereiche geltend zu machen.
II. Der Einfluss der Freimaurerei auf die Politik
Dieses »Glück der Menschheit«
Für die freimaurerischen Brüder und Schwestern sind die Gesetze, die freimaurerischen Ursprungs sind, zwangsläufig gut und grundsätzlich unanfechtbar, weil sie »freimaurerisch korrekt« sind. Das liegt in der Natur der Sache, denn sie tragen durch ihren Ursprung zum »Glück der Menschheit« bei!
Ein sprechendes Beispiel hierfür sind die Äußerungen der Schwester, die, nachdem ich drei Jahre lang das Amt des Redners1 bekleidet hatte, als meine Nachfolgerin vorgeschlagen wurde. Sie verlas, wie es die allgemeinen Regeln vorsehen, einen Bericht über die Gesamtheit der im abgelaufenen Jahr durchgeführten Arbeiten und beendete ihren Vortrag mit den folgenden Worten:
»Abschließend, meine Schwestern und meine Brüder, möchte ich dem Wunsch Ausdruck verleihen, dass die Freimaurerei auch weiterhin auf die Ausarbeitung der Gesetze in unserem Land Einfluss nimmt: Gesetze der Freiheit, der Gleichheit und der Brüderlichkeit wie jene, die dank unseres Bruders Schœlcher die Abschaffung der Sklaverei ermöglicht haben. Ferner – dank anderer Brüder oder Schwestern, die Abgeordnete oder Regierungsmitglieder waren – die Scheidung, das Frauenwahlrecht, die Pille, die Abtreibung, die Abschaffung der Todesstrafe und zuletzt die »Ehe für alle« sowie in naher Zukunft die Legalisierung der Sterbehilfe, die es jedem ermöglichen wird, in Würde zu sterben. Ich habe gesprochen, Ehrwürdiger Meister!«2
Und so traten sie einer nach dem anderen vor und ergriffen das Wort, um die Freimaurerei, die so viel für die Befreiung der Menschheit getan hatte und weiterhin tun würde, zu beweihräuchern und in den höchsten Tönen zu preisen. Dieses Glück – ob man es nun Scheidung, Abtreibung, Sterbehilfe oder »Ehe für alle« nennt – wird in der Loge vorbereitet! Die Methode, die es den Freimaurern ermöglicht, ihre Ideologie auf politischer Ebene durchzusetzen, ist immer dieselbe. Die Debatte, die von einer oder von mehreren freimaurerischen Strömungen geführt oder befeuert wird, beginnt mit der Analyse einer kritischen Situation und der Feststellung, dass die Freimaurerei Lösungen für diese kritische Situation bereithält. Diese Lösungen laufen stets auf eine Befreiung hinaus – das heißt auf eine übersteigerte Autonomie des Einzelnen, bei der eine libertäre Einstellung mit Freiheit vermischt wird. Mit den Jahren, Jahrzehnten oder sogar Jahrhunderten – denn die Freimaurerei denkt und arbeitet in anderen Maßstäben als der Lebenszeitspanne ihrer Mitglieder – werden die Texte immer »offener« werden, bis es schließlich nur noch um die Regelung vergleichsweise nebensächlicher Einzelheiten geht: Dann wird es der Freimaurerei gelungen sein, eine Besonderheit zum allgemeingültigen Prinzip zu erheben. Es ist wichtig, sich diese Abläufe vor Augen zu führen, denn auf diese Weise sind zahlreiche Gesetze zur Abstimmung gelangt: Gesetze, die weit davon entfernt sind, gute Früchte für die Menschheit hervorzubringen.
Die Scheidung
Die Scheidung und die verschiedenen Gesetze, durch die die Scheidung seit der Französischen Revolution in Frankreich eingeführt wurde, sind von der Freimaurerei inspiriert. Adolphe Crémieux, der mit seinem ersten und fruchtlosen Entwurf einer Scheidungsgesetzgebung keinen Erfolg gehabt hatte, war Freimaurer. Alfred Naquet3, der den Entwurf später durchgebracht hat, stand der Freimaurerei und der politischen Linken nahe.4
Der Entwurf wurde also erneut vorgelegt – und diesmal auch akzeptiert –, sobald die öffentliche Meinung und die Politik »reif« dafür waren. Dieses Szenario ist üblich bei allen »gesellschaftlichen Entwicklungen« freimaurerischen Ursprungs: Zuweilen wird ein erster Vorstoß abgeschmettert. Darauf folgt eine Phase, in der die Logen aktiv werden, um die öffentliche Meinung gezielt zu beeinflussen und für die Entscheidung »reif« werden zu lassen. Und schließlich wird das Gesetz verabschiedet.
Es spricht allerdings einiges dafür – auch wenn die Reden, die man in den diversen Sitzungsprotokollen der damaligen Zeit nachlesen kann, Situationen der Not oder schwierige Vermögensverhältnisse heraufbeschwören –, dass der Abgeordnete der Linken, der hinter der Scheidungsgesetzgebung stand, in Wirklichkeit die Abschaffung der Familie im Sinn hatte. Denn Alfred Naquet war der Verfasser eines stark anarchistisch gefärbten Werks, das 1868 unter dem Titel Religion, propriété, famille5 erschien.
In diesem Buch brach der Abgeordnete eine Lanze für die wilde Ehe und vertrat – ganz im Einklang mit der freimaurerischen Doxa, die die individuelle Freiheit als den höchsten aller Werte anpreist – die Auffassung, dass »die unauflösliche Ehe einen Anschlag auf die Freiheit darstellt«.6 Und so kam am 27. Juli 1884 die sogenannte Loi Naquet zur Abstimmung: ein Gesetz, das die Scheidung wegen Fehlverhaltens auf Verlangen des Mannes oder der Frau legitimierte.7 In den gut 130 Jahren, die seither vergangen sind, wurde die Scheidung derart banalisiert und die Ehe derart entsakralisiert, dass die im Naquet-Gesetz vorgesehene Scheidung jetzt, da ich dies schreibe, nur noch eine reine Formalität darstellt: »Am Mittwoch, 4. Mai 2016, haben die Abgeordneten über einen Entwurf abgestimmt, den der Justizminister im Rahmen der großen Justizreform vorgelegt hat und der die außergerichtliche Scheidung im beidseitigen Einvernehmen gestattet.8 Zur Begründung dieser Gesetzesänderung hat der Justizminister insbesondere auf die ›Vereinfachung‹ und die ›friedlichere Gestaltung der Beziehungen zwischen den Eheleuten‹ hingewiesen.«9 Die Scheidung muss ab sofort nicht mehr von einem Richter beurteilt, sondern lediglich notariell beurkundet werden! Wie alle freimaurerischen Gesetze, die zunächst extreme Umstände hervorheben, um sie dann auf alltägliche Situationen zu übertragen, führt die heutige Scheidungsgesetzgebung dazu, dass »das Schicksal des Kindes wie eine materielle Besitznachfolge von den Notaren geregelt wird«.10 Um auf die genannten Extremfälle zu reagieren, hat der Gesetzgeber es also in Kauf genommen, dass nicht nur die Beziehung zwischen den Eheleuten, sondern auch der Rahmen, der den Kindern eigentlich stabile Bedingungen für ihr Aufwachsen hatte garantieren sollen, brüchig geworden ist. Heute ist es, wie ich leider Gottes bezeugen muss, in der Loge und insbesondere in Frauen- oder gemischten Logen – zumal angesichts der Beschränkung der Redefreiheit auf »freimaurerisch korrekte« Themen – nicht mehr möglich, die Scheidung an sich zu kritisieren – so tief hat sich das Prinzip inzwischen in den Marmor unserer freimaurerischen Gesetze eingegraben.
Die Abtreibung
Im April 2015 konnte ich während eines Spanienaufenthalts beobachten, wie die Abtreibungsdebatte wieder an Fahrt aufnahm. Der damalige spanische Justizminister Alberto Ruiz-Gallardón hatte der spanischen Regierung unter Mariano Rajoy im Dezember 2013 einen Gesetzentwurf vorgelegt, der dem ungeborenen Kind außer in Fällen angeborener Fehlbildungen grundsätzlich ein persönliches Recht auf Leben zuerkannte. Doch der internationale und insbesondere freimaurerische Druck brachte den Entwurf zum Scheitern.
Nachdem der Gesetzentwurf aufgegeben worden war, soll Spanien, wie mir gewisse journalistische Quellen dort bestätigten, als Gegenleistung den Vorsitz im UN-Sicherheitsrat bekommen haben.
Zuvor hatten die Frauen-Großloge von Frankreich (Grande Loge Féminine de France, GLFF) und der französische Landesverband von »Le Droit Humain« ein gemeinsames Kommuniqué veröffentlicht, das sich an ihre spanischen Brüder und Schwestern richtete11: »Die Frauen-Großloge von Frankreich und der Französische Landesverband des Internationalen Freimaurerordens für Männer und Frauen ›Le Droit Humain‹ wollen den Schwestern der Frauen-Großloge von Spanien und des spanischen Landesverbandes von ›Le Droit Humain‹, die uns von einer alarmierenden Schwächung der Frauenrechte in ihren Ländern berichten, ihre Solidarität bekunden. Der Entwurf einer Reform des Rechts auf Abtreibung, der im Dezember vom spanischen Kabinett verabschiedet worden ist, ersetzt dieses Recht durch ein sogenanntes Gesetz ›Zum Schutz des Lebens des Fötus und der Rechte der schwangeren Frauen‹, das den Frauen die freie Entscheidungsgewalt über ihren Körper nimmt […]. Der französische Landesverband von ›Le Droit Humain‹ und die Frauen-Großloge von Frankreich rufen dazu auf […], angesichts des Drucks konservativer und religiöser Lobbyisten an der Verteidigung der Freiheiten und des Laizismus festzuhalten. […] Sie rufen zu […] starken allgemeinen Aktionen auf, um der parlamentarischen Versammlung des Europarats die folgenden Forderungen vorzulegen:
– dass sie die Mitgliedsstaaten ermahnt, die Frauen gegen jegliche Verletzung ihrer religiös (sic) fundierten Rechte zu schützen; – dass sie das Recht auf Abtreibung in die ›Charta der Grundrechte der Europäischen Union‹ aufnimmt.«12
Man muss wissen, dass das freimaurerische Eintreten für die Abtreibung eine lange Geschichte hat: Die Freimaurerei gibt selbst zu und erklärt, dass sie bei den ersten Abtreibungsgesetzen die Hand im Spiel hatte. Der Großorient von Frankreich weist beispielsweise darauf hin, dass die Großloge »allen Aktionen, die sie in der Vergangenheit durchgeführt hat, um […] für das Recht der Frauen auf Abtreibung und für deren vollständige finanzielle Rückerstattung einzutreten, treu geblieben ist«.13
Bei der Lektüre des erwähnten Kommuniqués der beiden freimaurerischen Großlogen wird deutlich, dass die Freimaurerei sich klar zwischen dem Recht des Kindes, geboren zu werden, und dem Recht der Mutter, ihm ebendies zu verweigern, entschieden hat. Dementsprechend vertritt die Freimaurerei die Auffassung, dass »der Schutz des Lebens des Fötus den Frauen das Recht nimmt, über ihren Körper zu verfügen«. Noch nie habe ich einen Freimaurer, zumal während der Debatten in der Loge, sagen hören, dass die Abtreibung immer zwei Opfer zur Folge hat: den Fötus und seine Mutter! Drei, wenn man den Vater hinzunimmt! Es gibt kein Recht auf Abtreibung, es gibt nur Fälle von schlechtem Gewissen. Doch das habe ich in der Loge nie äußern können, weil ich die verbalen Zornausbrüche eines Großteils meiner Schwestern und Brüder fürchten musste. Und ich habe mich auch nie zu sagen getraut, dass dieses Recht heute in vielen, allzu vielen Fällen zu einer Art der Verhütung, zu einer Empfängnisverhütung a posteriori14 geführt hat.
Für die Freimaurerei resultiert das Gesetz schlichtweg aus dem Gesellschaftsvertrag und steht in keinerlei Bezug zu einem wie auch immer gearteten göttlichen Recht. Eine solche Vorstellung kann jedoch, wie die Geschichte beweist, schlimme Folgen haben und dazu führen, dass Personen, die als »nicht konform« oder »geistig zurückgeblieben« gelten, die unter psychischen Störungen leiden – so geschehen zwischen 1900 und 1970 in den Vereinigten Staaten oder wie im NS-Staat in Deutschland – als eine Gefahr für die »Reinheit der Rasse« betrachtet werden. Dies gilt auch für viele andere Menschen in so unterschiedlichen Ländern wie Japan, Peru und Schweden, die zwangssterilisiert wurden. Selbst in Frankreich wurden Menschen mit leichten geistigen Behinderungen widerrechtlich ohne ihr Wissen sterilisiert.15 In manchen Fällen könnte eine solche Rechtsauffassung sogar dazu führen, dass solche Menschen auf dem Wege der Sterbehilfe beseitigt werden!16
Was auch immer die Freimaurer dazu sagen, Abtreiben heißt nicht einfach, sich eines Zellhaufens zu entledigen. Der Embryo ist unbestreitbar eine Form von Leben: »Sobald das erste Spermium mit der Eizelle verschmilzt, ändert diese die Polarität ihrer Membran und verhindert so das Verschmelzen weiterer Spermien. In den folgenden zwölf Stunden verbinden sich die 23 Chromosomen des Spermiums mit den 23 Chromosomen der Eizelle und bilden gemeinsam einen neuen genetischen Code. Diese Mischung der Gene des Vaters und der Mutter programmiert die Entstehung eines neuen Menschenwesens.«17 Schon in den ersten Stunden der Befruchtung ist wirklich eine neue Person entstanden und hat begonnen zu existieren, zu leben!18
Und doch gibt es einen Hoffnungsschimmer. Bis vor einigen Jahren19 lautete der Standpunkt des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte wie folgt: »Nach Ansicht des Gerichtshofs ist es daher weder wünschenswert noch möglich, die Frage, ob das ungeborene Kind ein durch Art. 2 der Europäischen Menschenrechtskonvention geschützter Mensch ist, in abstracto zu beantworten.« Damit umging der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die Beantwortung der eigentlichen Frage, erklärte jedoch gleichzeitig in einem anderen in derselben Gesetzessammlung veröffentlichten Urteil – was dieser Entscheidung eine unanfechtbare Rechtsverbindlichkeit verleiht –, dass die internationale Menschenrechtskonvention damit nicht automatisch ein »Recht auf Abtreibung« garantiere, denn »die nationalen Werte haben Vorrang«.20 Dazu muss man jedoch wissen, dass derselbe Gerichtshof in einem Urteil vom 27. August 201521 präzisiert hat, dass, auch wenn der menschliche Embryo noch keine Person sei, dies nicht bedeute, dass er auf »Besitz« im Sinne dieser Bestimmung reduziert werden kann. Somit sei sein Schutz legitim.
Das aber hält den Großteil der freimaurerischen Großlogen nicht davon ab, die Abtreibung zu befürworten oder – in einigen eher »spiritualistischen« Logen – bestenfalls ein schuldhaftes Stillschweigen zu wahren. Die Frauen-Großloge von Frankreich beglückwünschte sich und begrüßte es als »Fortschritt«, dass die Nationalversammlung im Oktober 2012 für den Fall eines Schwangerschaftsabbruchs eine 100 %ige Kostenerstattung für alle Frauen beschlossen hatte.22
Übrigens verbuchte der Konvent der Großloge »Le Droit Humain« die Abtreibung 2014 in seinen sozialen Fragen als begrüßenswerte Verwirklichung einer endlich wahr gewordenen Utopie.23 Jahr für Jahr legen die jeweiligen Landesverbände den Freimaurern von »Le Droit Humain« eine soziale Frage vor, über die in den Logen debattiert werden soll. Anschließend erarbeitet jede Loge eine Zusammenfassung der von ihren Mitgliedern geäußerten Meinungen. Auf dieser Grundlage entstehen sodann Regionalberichte, die ihrerseits wiederum zu einem Abschlussdokument zusammengefasst werden, das endlich auf dem Konvent des betreffenden Jahres auf nationaler Ebene vorgestellt und danach dem Staatsoberhaupt übermittelt wird. Nun gründet sich aber der Gesellschaftsbegriff der Freimaurerei auf die von ihr praktizierte esoterische Lehre. Und das bedeutet, dass die meisten unserer Gesetze – die sehr oft freimaurerisch inspiriert sind – auf einer politisch-philosophischen Grundlage beruhen, die nichts anderes als eine okkultistische Metaphysik ist!
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