Kitabı oku: «Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse», sayfa 7
Wenn wir von den Gemeinsamkeiten der Träume nicht weiterkommen, so wollen wir‘s vielleicht mit ihren Verschiedenheiten versuchen. Die Träume sind ja oft sinnlos, verworren, absurd; aber es gibt sinnvolle, nüchterne, vernünftige. Sehen wir zu, ob uns die letzteren, sinnvollen, etwas Aufschluß über die unsinnigen geben können. Ich teile Ihnen den letzten vernünftigen Traum mit, der mir erzählt worden ist, den Traum eines jungen Mannes: »Ich bin in der Kärtnerstraße spazierengegangen, habe dort den Herrn X. getroffen, dem ich mich für eine Weile angeschlossen habe, dann bin ich ins Restaurant gegangen. Zwei Damen und ein Herr haben sich an meinen Tisch gesetzt. Ich habe mich zuerst darüber geärgert und wollte sie nicht anschauen. Dann habe ich hingeschaut und gefunden, daß sie ganz nett sind.« Der Träumer bemerkt dazu, daß er am Abend vor dem Traum wirklich in der Kärntnerstraße gegangen, was sein gewohnter Weg ist, und dort den Herrn X. getroffen hat. Der andere Teil des Traumes ist keine direkte Reminiszenz, sondern hat nur eine gewisse Ähnlichkeit mit einem Erlebnis vor längerer Zeit. Oder ein anderer nüchterner Traum, der einer Dame: »Ihr Mann fragt: Soll man das Klavier nicht stimmen lassen? Sie: Es lohnt nicht, es muß ohnedies neu beledert werden.« Dieser Traum wiederholt ein Gespräch, welches sich ohne viel Veränderung am Tage vor dem Traum zwischen ihrem Mann und ihr abgespielt hat. Was lernen wir aus diesen beiden nüchternen Träumen? Nichts anderes, als daß sich Wiederholungen aus dem Leben des Tages oder Anknüpfungen an dasselbe in ihnen finden. Das wäre schon etwas, wenn es sich von den Träumen allgemein aussagen ließe. Aber davon ist keine Rede, auch dies gilt nur für eine Minderzahl; in den meisten Träumen ist von einer Anknüpfung an den Vortag nichts zu finden, und auf die unsinnigen und absurden Träume fällt von hier aus kein Licht. Wir wissen nur, daß wir auf eine neue Aufgabe gestoßen sind. Wir wollen nicht nur wissen, was ein Traum sagt, sondern wenn er es, wie in unseren Beispielen, deutlich sagt, wollen wir auch wissen, warum und wozu man dies Bekannte, erst kürzlich Erlebte, im Traum wiederholt.
Ich glaube, Sie werden wie ich müde sein, Versuche wie unsere bisherigen fortzusetzen. Wir sehen eben, alles Interesse für ein Problem ist unzureichend, wenn man nicht auch einen Weg kennt, den man einschlagen kann, daß er zur Lösung hinführe. Wir haben diesen Weg bis jetzt nicht. Die experimentelle Psychologie hat uns nichts gebracht als einige sehr schätzbare Angaben über die Bedeutung der Reize als Traumanreger. Von der Philosophie haben wir nichts zu erwarten, als daß sie uns neuerdings hochmütig die intellektuelle Minderwertigkeit unseres Objekts vorhalte; bei den okkulten Wissenschaften wollen wir doch keine Anleihe machen. Geschichte und Volksmeinung sagen uns, der Traum sei sinnreich und bedeutungsvoll, er blicke in die Zukunft; das ist doch schwer anzunehmen und gewiß nicht beweisbar. So läuft unsere erste Bemühung in volle Ratlosigkeit aus.
Unerwarteterweise kommt uns ein Wink von einer Seite zu, nach der wir bisher nicht geblickt haben. Der Sprachgebrauch, der ja nichts Zufälliges, sondern der Niederschlag alter Erkenntnis ist, der freilich nicht ohne Vorsicht verwertet werden darf – unsere Sprache also kennt etwas, was sie merkwürdigerweise »Tagträumen« heißt. Tagträume sind Phantasien (Produktionen der Phantasie); es sind sehr allgemeine Phänomene, wiederum bei Gesunden ebenso zu beobachten wie bei Kranken und bei der eigenen Person dem Studium leicht zugänglich. Das Auffälligste an diesen phantastischen Bildungen ist, daß sie den Namen »Tagträume« erhalten haben, denn von beiden Gemeinsamen der Träume haben sie nichts an sich. Der Beziehung zum Schlafzustande widerspricht schon ihr Name, und was das zweite Gemeinsame betrifft, so erlebt, halluziniert man in ihnen nichts, sondern stellt sich etwas vor; man weiß, daß man phantasiert, sieht nicht, sondern denkt. Diese Tagträume treten in der Vorpubertät, oft schon in der späteren Kinderzeit auf, halten bis in die Jahre der Reife an, werden dann entweder aufgegeben oder bis ins späteste Alter festgehalten. Der Inhalt dieser Phantasien wird von einer sehr durchsichtigen Motivierung beherrscht. Es sind Szenen und Begebenheiten, in denen die egoistischen, Ehrgeiz- und Machtbedürfnisse, oder die erotischen Wünsche der Person Befriedigung finden. Bei jungen Männern stehen meist die ehrgeizigen Phantasien voran, bei den Frauen, die ihren Ehrgeiz auf Liebeserfolge geworfen haben, die erotischen. Aber oft genug zeigt sich auch bei den Männern die erotische Bedürftigkeit im Hintergrunde; alle Heldentaten und Erfolge sollen doch nur um die Bewunderung und Gunst der Frauen werben. Sonst sind diese Tagträume sehr mannigfaltig und erfahren wechselvolle Schicksale. Sie werden entweder, ein jeder von ihnen, nach kurzer Zeit fallengelassen und durch einen neuen ersetzt, oder sie werden festgehalten, zu langen Geschichten ausgesponnen und passen sich den Veränderungen der Lebensverhältnisse an. Sie gehen sozusagen mit der Zeit und empfangen von ihr eine »Zeitmarke«, die den Einfluß der neuen Situation bezeugt. Sie sind das Rohmaterial der poetischen Produktion, denn aus seinen Tagträumen macht der Dichter durch gewisse Umformungen, Verkleidungen und Verzichte die Situationen, die er in seine Novellen, Romane, Theaterstücke einsetzt. Der Held der Tagträume ist aber immer die eigene Person, entweder direkt oder in einer durchsichtigen Identifizierung mit einem anderen.
Vielleicht tragen die Tagträume diesen Namen wegen der gleichen Beziehung zur Wirklichkeit, um anzudeuten, daß ihr Inhalt ebensowenig real zu nehmen sei wie der der Träume. Vielleicht aber ruht diese Namensgemeinschaft doch auf einem uns noch unbekannten psychischen Charakter des Traumes, einem der von uns gesuchten. Es ist auch möglich, daß wir überhaupt unrecht tun, wenn wir diese Gleichheit der Bezeichnung als bedeutungsvoll verwerten wollen. Das kann ja erst später geklärt werden.
6. Vorlesung Voraussetzungen und Technik der Deutung
Meine Damen und Herren! Also wir bedürfen eines neuen Weges, einer Methode, um in der Erforschung des Traumes von der Stelle zu kommen. Ich mache Ihnen nun einen naheliegenden Vorschlag. Nehmen wir als Voraussetzung für alles Weitere an, daß der Traum kein somatisches, sondern ein psychisches Phänomen ist. Was das bedeutet, wissen Sie, aber was berechtigt uns zu dieser Annahme? Nichts, aber wir sind auch nicht gehindert, sie zu machen. Die Sache liegt so: Wenn der Traum ein somatisches Phänomen ist, geht er uns nichts an; er kann uns nur unter der Voraussetzung, daß er ein seelisches Phänomen ist, interessieren. Wir arbeiten also unter der Voraussetzung, er sei es wirklich, um zu sehen, was dabei herauskommt. Das Ergebnis unserer Arbeit wird darüber entscheiden, ob wir an der Annahme festhalten und sie nun ihrerseits als ein Resultat vertreten dürfen. Was wollen wir denn eigentlich erreichen, wozu arbeiten wir? Wir wollen, was man in der Wissenschaft überhaupt anstrebt, ein Verständnis der Phänomene, die Herstellung eines Zusammenhanges zwischen ihnen, und in letzter Ferne, wo es möglich ist, eine Erweiterung unserer Macht über sie.
Wir setzen also die Arbeit unter der Annahme fort, daß der Traum ein psychisches Phänomen ist. Dann ist er eine Leistung und Äußerung des Träumers, aber eine solche, die uns nichts sagt, die wir nicht verstehen. Was tun Sie nun in dem Falle, daß ich eine Ihnen unverständliche Äußerung von mir gebe? Mich fragen, nicht wahr? Warum sollen wir nicht dasselbe tun dürfen, den Träumer befragen, was sein Traum bedeutet? Erinnern Sie sich, wir befanden uns schon einmal in dieser Situation. Es war bei der Untersuchung gewisser Fehlleistungen, eines Falles von Versprechen. Jemand hatte gesagt: Da sind Dinge zum Vorschwein gekommen, und darauf fragten wir – nein, zum Glück nicht wir, sondern andere, die der Psychoanalyse ganz fernstehen, da fragten ihn diese anderen, was er mit dieser unverständlichen Rede wolle. Er antwortete sofort, daß er die Absicht gehabt hatte zu sagen: das waren Schweinereien, daß er aber diese Absicht zurückgedrängt gegen die andere, gemilderte: da sind Dinge zum Vorschein gekommen. Ich erklärte Ihnen schon damals, diese Erkundigung sei das Vorbild jeder psychoanalytischen Untersuchung, und Sie verstehen jetzt, daß die Psychoanalyse die Technik befolgt, sich soweit es nur angeht die Lösung ihrer Rätsel von den Untersuchten selbst sagen zu lassen. So soll uns auch der Träumer selbst sagen, was sein Traum bedeutet.
Aber so einfach geht das bekanntlich beim Traum nicht. Bei den Fehlleistungen ging es in einer Anzahl von Fällen; dann kamen wir zu anderen, in denen der Befragte nichts sagen wollte, ja sogar die Antwort, die wir ihm nahelegten, entrüstet zurückwies. Beim Traum fehlen uns die Fälle der ersten Art völlig; der Träumer sagt immer, er weiß nichts. Zurückweisen kann er unsere Deutung nicht, da wir ihm keine vorzulegen haben. So sollten wir also unseren Versuch wieder aufgeben? Da er nichts weiß und wir nichts wissen und ein Dritter erst recht nichts wissen kann, gibt‘s wohl keine Aussicht, es zu erfahren. Ja, wenn Sie wollen, geben Sie den Versuch auf. Wenn Sie aber anders wollen, so können Sie den Weg mit mir fortsetzen. Ich sage Ihnen nämlich, es ist doch sehr wohl möglich, ja sehr wahrscheinlich, daß der Träumer es doch weiß, was sein Traum bedeutet, nur weiß er nicht, daß er es weiß, und glaubt darum, daß er es nicht weiß.
Sie werden mich aufmerksam machen, daß ich da wiederum eine Annahme einführe, schon die zweite in diesem kurzen Zusammenhange, und den Anspruch meines Verfahrens auf Glaubwürdigkeit enorm herabsetze. Unter der Voraussetzung, daß der Traum ein psychisches Phänomen ist, unter der weiteren Voraussetzung, daß es seelische Dinge im Menschen gibt, die er weiß, ohne zu wissen, daß er sie weiß, usw. Dann braucht man nur die innere Unwahrscheinlichkeit jeder dieser beiden Voraussetzungen ins Auge zu fassen, um beruhigt sein Interesse von den Schlüssen aus ihnen abzuwenden.
Ja, meine Damen und Herren, ich habe Sie nicht hieher kommen lassen, um Ihnen etwas vorzuspiegeln oder zu verhehlen. Ich habe zwar »Elementare Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse« angekündigt, aber damit habe ich keine Darstellung in usum delphini beabsichtigt, die Ihnen einen glatten Zusammenhang zeigen soll mit sorgfältigem Verstecken aller Schwierigkeiten, Ausfüllung der Lücken, Übermalen der Zweifel, damit Sie ruhigen Gemüts glauben sollen, Sie haben etwas Neues gelernt. Nein, gerade darum, weil Sie Anfänger sind, wollte ich Ihnen unsere Wissenschaft zeigen, wie sie ist, mit ihren Unebenheiten und Härten, Anforderungen und Bedenken. Ich weiß nämlich, daß es in keiner Wissenschaft anders ist und besonders in ihren Anfängen gar nicht anders sein kann. Ich weiß auch, daß der Unterricht sich sonst bemüht, diese Schwierigkeiten und Unvollkommenheiten dem Lernenden zunächst zu verbergen. Aber das geht bei der Psychoanalyse nicht. Ich habe also wirklich zwei Voraussetzungen gemacht, die eine innerhalb der anderen, und wem das Ganze zu mühselig und zu unsicher ist, oder wer an höhere Sicherheiten und elegantere Ableitungen gewöhnt ist, der braucht nicht weiter mitzugehen. Ich meine nur, der soll psychologische Probleme überhaupt in Ruhe lassen, denn es ist zu besorgen, daß er die exakten und sicheren Wege, die er zu begehen bereit ist, hier nicht gangbar findet. Es ist auch ganz überflüssig, daß eine Wissenschaft, die etwas zu bieten hat, um Gehör und um Anhänger werbe. Ihre Ergebnisse müssen für sie Stimmung machen, und sie kann abwarten, bis diese sich Aufmerksamkeit erzwungen haben.
Diejenigen von Ihnen aber, die bei der Sache verbleiben wollen, kann ich daran mahnen, daß meine beiden Annahmen nicht gleichwertig sind. Die erste, der Traum sei ein seelisches Phänomen, ist die Voraussetzung, die wir durch den Erfolg unserer Arbeit erweisen wollen; die andere ist bereits auf einem anderen Gebiete erwiesen, und ich nehme mir bloß die Freiheit, sie von dorther auf unsere Probleme zu übertragen.
Wo, auf welchem Gebiet sollte der Beweis erbracht worden sein, daß es ein Wissen gibt, von dem der Mensch doch nichts weiß, wie wir es hier für den Träumer annehmen wollen? Das wäre doch eine merkwürdige, überraschende, unsere Auffassung des Seelenlebens verändernde Tatsache, die sich nicht zu verbergen brauchte. Nebenbei eine Tatsache, die sich in ihrer Benennung selbst aufhebt und doch etwas Wirkliches sein will, eine contradictio in adjecto. Nun, sie verbirgt sich auch gar nicht. Es liegt nicht an ihr, wenn man nichts von ihr weiß oder sich nicht genügend um sie kümmert. So wenig, wie es unsere Schuld ist, daß alle diese psychologischen Probleme von Personen abgeurteilt werden, die sich von all den hiefür entscheidenden Beobachtungen und Erfahrungen ferngehalten haben.
Der Beweis ist auf dem Gebiet der hypnotischen Erscheinungen erbracht worden. Als ich im Jahre 1889 die ungemein eindrucksvollen Demonstrationen von Liébeault und Bernheim in Nancy mitansah, war ich auch Zeuge des folgenden Versuches. Wenn man einen Mann in den somnambulen Zustand versetzt hatte, ihn in diesem alles mögliche halluzinatorisch erleben ließ und ihn dann aufweckte, so schien er zunächst von den Vorgängen während seines hypnotischen Schlafes nichts zu wissen. Bernheim forderte ihn dann direkt auf zu erzählen, was sich mit ihm während der Hypnose zugetragen. Er behauptete, er wisse sich an nichts zu erinnern. Aber Bernheim bestand darauf, er drang in den Mann, versicherte ihm, er wisse es, müsse sich daran erinnern, und siehe da, der Mann wurde schwankend, begann sich zu besinnen, erinnerte zuerst wie schattenhaft eines der ihm suggerierten Erlebnisse, dann ein anderes Stück, die Erinnerung wurde immer deutlicher, immer vollständiger, und endlich war sie lückenlos zutage gefördert. Da er es aber nachher wußte und inzwischen von keiner anderen Seite etwas erfahren hatte, ist der Schluß berechtigt, daß er um diese Erinnerungen auch vorher gewußt hat. Sie waren ihm nur unzugänglich, er wußte nicht, daß er sie wisse, er glaubte, daß er sie nicht wisse. Also ganz der Fall, den wir beim Träumer vermuten.
Ich hoffe, Sie werden von der Feststellung dieser Tatsache überrascht sein und mich fragen: Warum haben Sie sich auf diesen Beweis nicht schon früher, bei den Fehlleistungen berufen, als wir dazu kamen, dem Mann, der sich versprochen hatte, Redeabsichten zuzuschreiben, von denen er nichts wußte und die er verleugnete? Wenn jemand von Erlebnissen nichts zu wissen glaubt, deren Erinnerung er doch in sich trägt, so ist es nicht mehr so unwahrscheinlich, daß er auch von anderen seelischen Vorgängen in seinem Innern nichts weiß. Dies Argument hätte uns gewiß Eindruck gemacht und uns im Verständnis der Fehlleistungen gefördert. Gewiß hätte ich mich schon damals darauf berufen können, aber ich sparte es auf bis zu einer anderen Stelle, an der es notwendiger wäre. Die Fehlleistungen haben sich zum Teil selbst aufgeklärt, zum anderen Teil hinterließen sie uns die Mahnung, dem Zusammenhang der Erscheinungen zuliebe die Existenz solcher seelischer Vorgänge, von denen man nichts weiß, doch anzunehmen. Beim Traum sind wir gezwungen, Erklärungen von anderswoher heranzuziehen, und überdies rechne ich damit, daß Sie hier eine Übertragung von der Hypnose her leichter zulassen werden. Der Zustand, in dem wir eine Fehlleistung vollziehen, muß Ihnen als der normale erscheinen, er hat mit dem hypnotischen keine Ähnlichkeit. Dagegen besteht eine deutliche Verwandtschaft zwischen dem hypnotischen Zustand und dem Schlafzustand, welcher die Bedingung des Träumens ist. Die Hypnose heißt ja ein künstlicher Schlaf; wir sagen der Person, die wir hypnotisieren: schlafen Sie, und die Suggestionen, die wir erteilen, sind den Träumen des natürlichen Schlafes vergleichbar. Die psychischen Situationen sind in beiden Fällen wirklich analoge. Im natürlichen Schlaf ziehen wir unser Interesse von der ganzen Außenwelt zurück, im hypnotischen wiederum von der ganzen Welt, aber mit Ausnahme der einen Person, die uns hypnotisiert hat, mit welcher wir im Rapport bleiben. Übrigens ist der sogenannte Ammenschlaf, bei dem die Amme im Rapport mit dem Kind bleibt und nur von diesem zu erwecken ist, ein normales Seitenstück zum hypnotischen. Die Übertragung eines Verhältnisses von der Hypnose auf den natürlichen Schlaf scheint also kein so kühnes Wagnis. Die Annahme, daß auch beim Träumer ein Wissen um seinen Traum vorhanden ist, das ihm nur unzugänglich ist, so daß er es selbst nicht glaubt, ist nicht völlig aus der Luft gegriffen. Merken wir uns übrigens, daß sich an dieser Stelle ein dritter Zugang zum Studium des Traumes eröffnet; von den schlafstörenden Reizen aus, von den Tagträumen und jetzt noch von den suggerierten Träumen des hypnotischen Zustandes.
Nun kehren wir vielleicht mit gesteigertem Zutrauen zu unserer Aufgabe zurück. Es ist also sehr wahrscheinlich, daß der Träumer um seinen Traum weiß; es handelt sich nur darum, ihm möglich zu machen, daß er sein Wissen auffindet und es uns mitteilt. Wir verlangen nicht, daß er uns sofort den Sinn seines Traumes sage, aber die Herkunft desselben, den Gedanken- und Interessenkreis, aus dem er stammt, wird er auffinden können. Im Falle der Fehlleistung, erinnern Sie sich, wurde er gefragt, wie er zu dem Fehlwort »Vorschwein« gekommen war, und sein nächster Einfall gab uns die Aufklärung. Unsere Technik beim Traume ist nun eine sehr einfache, diesem Beispiel nachgeahmte. Wir werden ihn wiederum fragen, wie er zu dem Traume gekommen ist, und seine nächste Aussage soll wieder als Aufklärung angesehen werden. Wir setzen uns also über den Unterschied, ob er etwas zu wissen glaubt oder nicht glaubt, hinaus und behandeln beide Fälle wie einen einzigen.
Diese Technik ist gewiß sehr einfach, aber ich fürchte, sie wird Ihre schärfste Opposition hervorrufen. Sie werden sagen: Eine neue Annahme, die dritte! Und die unwahrscheinlichste von allen! Wenn ich den Träumer frage, was ihm zum Traum einfällt, soll gerade sein nächster Einfall die gewünschte Aufklärung bringen? Aber es braucht ihm ja gar nichts einzufallen, oder es kann ihm Gott weiß was einfallen. Wir können nicht einsehen, worauf sich eine solche Erwartung stützt. Das heißt wirklich zuviel Gottvertrauen zeigen an einer Stelle, wo etwas mehr Kritik besser passen würde. Überdies ist ja ein Traum nicht ein einzelnes Fehlwort, sondern besteht aus vielen Elementen. An welchen Einfall soll man sich da halten?
Sie haben in allem Nebensächlichen recht. Ein Traum unterscheidet sich von einem Versprechen auch in der Vielheit seiner Elemente. Dem muß die Technik Rechnung tragen. Ich schlage Ihnen also vor, daß wir den Traum in seine Elemente zerteilen und die Untersuchung für jedes Element gesondert anstellen; dann ist die Analogie mit dem Versprechen wieder hergestellt. Auch darin haben Sie recht, daß der zu den einzelnen Traumelementen Befragte antworten kann, es falle ihm nichts ein. Es gibt Fälle, in denen wir diese Antwort gelten lassen, und Sie werden später hören, welche. Es sind bemerkenswerterweise solche Fälle, in denen wir selbst bestimmte Einfälle haben können. Aber im allgemeinen werden wir dem Träumer, wenn er keinen Einfall zu haben behauptet, widersprechen, wir werden in ihn drängen, werden ihm versichern, daß er einen Einfall haben müsse und – werden recht bekommen. Er wird einen Einfall dazu bringen, irgendeinen, uns gleichgültig, welchen. Gewisse Auskünfte, die man historische nennen kann, wird er besonders leicht erteilen. Er wird sagen: Das ist etwas, was gestern vorgefallen ist (wie in den beiden uns bekannt gewordenen »nüchternen Träumen«), oder: Das erinnert mich an etwas, was sich vor kurzer Zeit ereignet hat – und auf diese Art werden wir bemerken, daß die Anknüpfungen der Träume an Eindrücke der letzten Tage weit häufiger sind, als wir zuerst geglaubt haben. Endlich wird er sich auch vom Traum aus an fernerliegende, eventuell sogar an weit zurückliegende Begebenheiten erinnern.
In der Hauptsache aber haben Sie unrecht. Wenn Sie meinen, es sei willkürlich anzunehmen, daß der nächste Einfall des Träumers gerade das Gesuchte bringen oder zu ihm führen müsse, der Einfall könne vielmehr ganz beliebig und außer Zusammenhang mit dem Gesuchten sein, es sei nur eine Äußerung meines Gottvertrauens, wenn ich es anders erwarte, so irren Sie groß. Ich habe mir schon einmal die Freiheit genommen, Ihnen vorzuhalten, daß ein tief wurzelnder Glaube an psychische Freiheit und Willkürlichkeit in Ihnen steckt, der aber ganz unwissenschaftlich ist und vor der Anforderung eines auch das Seelenleben beherrschenden Determinismus die Segel streichen muß. Ich bitte Sie, es als eine Tatsache zu respektieren, daß dem Gefragten dies eingefallen ist und nichts anderes. Aber ich setze nicht dem einen Glauben einen anderen entgegen. Es läßt sich beweisen, daß der Einfall, den der Gefragte produziert, nicht willkürlich, nicht unbestimmbar ist, nicht außer Zusammenhang mit dem von uns Gesuchten steht. Ja, ich habe unlängst erfahren – ohne übrigens zuviel Wert darauf zu legen –, daß auch die experimentelle Psychologie solche Beweise vorgebracht hat.
Bei der Bedeutung des Gegenstandes bitte ich um Ihre besondere Aufmerksamkeit. Wenn ich jemand auffordere zu sagen, was ihm zu einem bestimmten Element des Traumes einfällt, so verlange ich von ihm, daß er sich der freien Assoziation unter Festhaltung einer Ausgangsvorstellung überlasse. Dies erfordert eine besondere Einstellung der Aufmerksamkeit, die ganz anders ist als beim Nachdenken und das Nachdenken ausschließt. Manche treffen eine solche Einstellung leicht; andere zeigen bei dem Versuch ein unglaublich hohes Maß von Ungeschicklichkeit. Es gibt nun einen höheren Grad von Freiheit der Assoziation, wenn ich nämlich auch diese Ausgangsvorstellung fallenlasse und etwa nur Art und Gattung des Einfalles festlege, z. B. bestimme, daß man sich einen Eigennamen oder eine Zahl frei einfallen lassen solle. Dieser Einfall müßte noch willkürlicher, noch unberechenbarer sein als der bei unserer Technik verwendete. Es läßt sich aber zeigen, daß er jedesmal strenge determiniert wird durch wichtige innere Einstellungen, die im Moment, da sie wirken, uns nicht bekannt sind, ebensowenig bekannt wie die störenden Tendenzen der Fehlleistungen und die provozierenden der Zufallshandlungen.
Ich und viele andere nach mir haben wiederholt solche Untersuchungen für Namen und Zahlen, die man sich ohne jeden Anhalt einfallen läßt, angestellt, einige derselben auch veröffentlicht. Man verfährt dabei in der Weise, daß man zu dem aufgetauchten Namen fortlaufende Assoziationen weckt, die also nicht mehr ganz frei, sondern wie die Einfälle zu den Traumelementen einmal gebunden sind, und dies so lange, bis man den Antrieb dazu erschöpft findet. Dann hat man aber auch Motivierung und Bedeutung des freien Nameneinfalls aufgeklärt. Die Versuche ergeben immer wieder das nämliche, ihre Mitteilung erstreckt sich oft über reiches Material und macht weitläufige Ausführungen notwendig. Die Assoziationen der frei aufgetauchten Zahlen sind vielleicht die beweisendsten; sie laufen so schnell ab und gehen mit so unbegreiflicher Sicherheit auf ein verhülltes Ziel los, daß sie wirklich verblüffend wirken. Ich will Ihnen nur ein Beispiel einer solchen Namenanalyse mitteilen, weil es sich günstigerweise mit wenig Material erledigen läßt.
Im Laufe der Behandlung eines jungen Mannes komme ich auf dieses Thema zu sprechen und erwähne den Satz, daß man sich trotz der anscheinenden Willkür doch keinen Namen einfallen lassen kann, der sich nicht als enge bedingt durch die nächstliegenden Verhältnisse, die Eigentümlichkeiten der Versuchsperson und ihre momentane Situation erwiese. Da er zweifelt, schlage ich ihm vor, ohne Aufschub selbst einen solchen Versuch zu machen. Ich weiß, daß er besonders zahlreiche Beziehungen jeder Art zu Frauen und Mädchen unterhält, und meine darum, er werde eine besonders große Auswahl haben, wenn er sich gerade einen Frauennamen einfallen lasse. Er ist damit einverstanden. Zu meinem, oder vielleicht zu seinem Erstaunen, bricht aber jetzt keineswegs eine Lawine von Frauennamen über mich los, sondern er bleibt eine Weile stumm und gesteht dann, daß ihm ein einziger Name in den Sinn gekommen sei, kein anderer daneben: Albine. – Wie merkwürdig, aber was knüpft sich für Sie an diesen Namen? Wieviel Albinen kennen Sie? Sonderbar, er kannte keine Albine, und es fiel ihm zu diesem Namen auch weiter nichts ein. So konnte man annehmen, die Analyse sei mißlungen; aber nein, sie war nur bereits vollendet, es war kein weiterer Einfall erforderlich. Der Mann hatte selbst ungewöhnlich helle Farben, in den Gesprächen der Kur hatte ich ihn wiederholt scherzhaft einen Albino genannt; wir waren eben damit beschäftigt, den weiblichen Anteil an seiner Konstitution festzustellen. Er war also selbst diese Albine, das derzeit interessanteste Frauenzimmer.
Ebenso erweisen sich Melodien, die einem unvermittelt einfallen, als bedingt durch und zugehörig zu einem Gedankenzug, der ein Recht hat, einen zu beschäftigen, ohne daß man um diese Aktivität weiß. Es ist dann leicht zu zeigen, daß die Beziehung zur Melodie an deren Text oder an ihre Herkunft anknüpft; ich muß aber so vorsichtig sein, diese Behauptung nicht auf wirklich musikalische Menschen auszudehnen, über die ich zufällig keine Erfahrung habe. Bei solchen mag der musikalische Gehalt der Melodie für ihr Auftauchen maßgebend sein. Häufiger ist gewiß der erstere Fall. So weiß ich von einem jungen Manne, der von der allerdings reizenden Melodie des Parisliedes aus der Schönen Helena eine Zeitlang geradezu verfolgt wurde, bis ihn die Analyse auf die derzeitige Konkurrenz einer »Ida« mit einer »Helene« in seinem Interesse aufmerksam machte.
Wenn also die ganz frei auftauchenden Einfälle in solcher Weise bedingt und in einen bestimmten Zusammenhang eingeordnet sind, so werden wir wohl mit Recht schließen, daß Einfälle mit einer einzigen Gebundenheit, der an eine Ausgangsvorstellung, nicht minder bedingt sein können. Die Untersuchung zeigt wirklich, daß sie außer der Gebundenheit, die wir ihnen durch die Ausgangsvorstellung mitgegeben haben, eine zweite Abhängigkeit von affektmächtigen Gedanken- und Interessenkreisen, Komplexen, erkennen lassen, deren Mitwirkung im Moment nicht bekannt, also unbewußt ist.
Einfälle von solcher Gebundenheit sind Gegenstand sehr lehrreicher experimenteller Untersuchungen gewesen, die in der Geschichte der Psychoanalyse eine bemerkenswerte Rolle gespielt haben. Die Wundtsche Schule hatte das sogenannte Assoziationsexperiment angegeben, bei welchem der Versuchsperson der Auftrag erteilt wird, auf ein ihr zugerufenes Reizwort möglichst rasch mit einer beliebigen Reaktion zu antworten. Man kann dann das Intervall studieren, das zwischen Reiz und Reaktion verläuft, die Natur der als Reaktion gegebenen Antwort, den etwaigen Irrtum bei einer späteren Wiederholung desselben Versuches und ähnliches. Die Züricher Schule unter der Führung von Bleuler und Jung hat die Erklärung der beim Assoziationsexperiment erfolgenden Reaktionen gegeben, indem sie die Versuchsperson aufforderte, die von ihr erhaltenen Reaktionen durch nachträgliche Assoziationen zu erläutern, wenn sie etwas Auffälliges an sich trugen. Es stellte sich dann heraus, daß diese auffälligen Reaktionen in der schärfsten Weise durch die Komplexe der Versuchsperson determiniert waren. Bleuler und Jung hatten damit die erste Brücke von der Experimentalpsychologie zur Psychoanalyse geschlagen.
In solcher Weise belehrt, werden Sie sagen können: Wir anerkennen jetzt, daß freie Einfälle determiniert sind, nicht willkürlich, wie wir geglaubt haben. Wir geben dies auch für die Einfälle zu den Elementen des Traumes zu. Aber das ist es ja nicht, worauf es uns ankommt. Sie behaupten ja, daß der Einfall zum Traumelement durch den uns nicht bekannten psychischen Hintergrund eben dieses Elements determiniert sein wird. Das scheint uns nicht erwiesen. Wir erwarten schon, daß sich der Einfall zum Traumelement durch einen der Komplexe des Träumers bestimmt zeigen wird, aber was nützt uns das? Das führt uns nicht zum Verständnis des Traumes, sondern wie das Assoziationsexperiment zur Kenntnis dieser sogenannten Komplexe. Was haben diese aber mit dem Traum zu tun?
Sie haben recht, aber Sie übersehen ein Moment. Übrigens gerade jenes, wegen dessen ich das Assoziationsexperiment nicht zum Ausgangspunkt für diese Darstellung gewählt habe. Bei diesem Experiment wird die eine Determinante der Reaktion, nämlich das Reizwort, von uns willkürlich gewählt. Die Reaktion ist dann eine Vermittlung zwischen diesem Reizwort und dem eben geweckten Komplex der Versuchsperson. Beim Traum ist das Reizwort ersetzt durch etwas, was selbst aus dem Seelenleben des Träumers, aus ihm unbekannten Quellen, stammt, also sehr leicht selbst ein »Komplexabkömmling« sein könnte. Es ist darum die Erwartung nicht gerade phantastisch, daß auch die an die Traumelemente angeknüpften weiteren Einfälle durch keinen anderen Komplex als den des Elements selbst bestimmt sein und auch zu dessen Aufdeckung führen werden.
Lassen Sie mich an einem anderen Falle zeigen, daß es tatsächlich so ist, wie wir es für unseren Fall erwarten. Das Entfallen von Eigennamen ist eigentlich ein ausgezeichnetes Vorbild für den Fall der Traumanalyse; nur ist hier in einer Person beisammen, was bei der Traumdeutung auf zwei Personen verteilt ist. Wenn ich einen Namen zeitweilig vergessen habe, so habe ich doch die Sicherheit in mir, daß ich den Namen weiß; jene Sicherheit, die wir uns für den Träumer erst auf dem Umwege über das Bernheimsche Experiment aneignen konnten. Der vergessene und doch gewußte Name ist mir aber nicht zugänglich. Nachdenken, wenn auch noch so angestrengtes, hilft dabei nichts, das sagt mir bald die Erfahrung. Ich kann mir aber jedesmal an Stelle des vergessenen Namens einen oder mehrere Ersatznamen einfallen lassen. Wenn mir ein solcher Ersatzname spontan eingefallen ist, dann wird erst die Übereinstimmung dieser Situation mit der der Traumanalyse evident. Das Traumelement ist ja auch nicht das Richtige, nur ein Ersatz für etwas anderes, für das Eigentliche, das ich nicht kenne und durch die Traumanalyse auffinden soll. Der Unterschied liegt wiederum nur darin, daß ich beim Namenvergessen den Ersatz unbedenklich als das Uneigentliche erkenne, während wir diese Auffassung für das Traumelement erst mühselig erwerben mußten. Nun gibt es auch beim Namenvergessen einen Weg, vom Ersatz zum unbewußten Eigentlichen, zum vergessenen Namen zu kommen. Wenn ich meine Aufmerksamkeit auf diese Ersatznamen richte und weitere Einfälle zu ihnen kommen lasse, so gelange ich nach kürzeren oder längeren Umwegen zum vergessenen Namen und finde dabei, daß die spontanen Ersatznamen wie die von mir hervorgerufenen mit dem vergessenen in Beziehung standen, durch ihn determiniert waren.