Kitabı oku: «Mit der Dakota in die Freiheit», sayfa 2
Andere offizielle Schriftstücke aus den USA, die auf den Umsturz in der ČSR reagierten, stammen aus der Feder politischer Institutionen in Washington. Dazu gehört ein Dokument des Auswärtigen Ausschusses des 80. Kongresses der Vereinigten Staaten, das bereits in der ersten Aprilwoche 1948 im US-Parlament vorgelegt wurde. Dieser Bericht war die erste ausführliche offizielle Information über den Februarumsturz, die durch die USA verfasst und im nachfolgenden Jahr unter dem Titel „Prager Umsturz“ als separater Anhang Nr. 3 der dokumentierenden Akte, die von dem 5. Unterausschuss des Auswärtigen Kongressausschusses unter dem Titel „Strategie und Taktik des Weltkommunismus“ herausgegeben wurde, erschien. Im genannten Bericht ist ausgeführt, dass diese Technik der Machtergreifung ihre Wurzeln bereits in Machiavellis Zeiten habe und der Prager Umsturz, der als „künstliche Revolution“ bezeichnet wurde, dafür ein Idealbeispiel sei.12
Die Autoren des Berichts behandelten auch die Außenpolitik der ČSR. Sie führten an, dass der tschechoslowakische Minister für Auswärtige Angelegenheiten unter dem Einfluss der Sowjetischen Union stand, die den zunächst von Berlin, dann von Frankreich besetzten Platz eingenommen hatte. Sie betrachteten diese Beziehung als logische Folge der historischen Tatsache, dass die sowjetische und kommunistische Politik von 1935–1939 viel positiver bewertet wurde als die in vielen anderen Staaten betriebene Politik. Die daraus gezogenen Schlüsse zeigen, wie groß und langwierig die Auswirkungen schwerer Fehleinschätzungen sein können und wie wichtig es ist, solche Irrtümer zu vermeiden oder, falls sie bereits geschehen sind, zu korrigieren.13
Die Autoren bieten ebenso eine interessante Perspektive auf Präsident Beneš, den sie den „Hüter der Grundsätze des Parlamentarismus“ nennen. Er sei jedoch mit Argumenten von unwiderstehlicher Überzeugungskraft konfrontiert worden. Die Kommunistische Partei der Tschechoslowakei (KSČ) hatte doppelt so viele Mitglieder wie alle anderen politischen Parteien im Lande. Sie genoss die Unterstützung der Sowjetunion, die ihre Macht entlang der gesamten Landesgrenze ausübte. Die Sowjetunion war auch die einzige Weltmacht, die 1938 nicht in den „Münchner Ausverkauf der Republik“ verwickelt war. Das Offizierkorps der neuen Tschechoslowakischen Armee (ČSA) diente während des Krieges in der Sowjetunion, die Arbeitergewerkschaften wurden durch Kommunisten oder Sozialdemokraten mit prokommunistischer Orientierung geführt und waren im Mobilisierungszustand. Ebenso befand sich die Polizei in den Händen der Kommunisten und war mit Waffen ausgerüstet. Beneš sei machtlos gewesen, und habe den Umsturz so mit seiner Einwilligung versehen und legalisiert.14 Der umfassende Staatsputsch bestand in der Ergreifung der Macht durch eine einzige politische Partei, die mithilfe von legal erlangten Ämtern einige Staatsbehörden zu ihrem Vorteil nutzte, die anderen lähmte und einen Teil der Bevölkerung zu ihrer Unterstützung mobilisierte. Dem anderen Teil verunmöglichte sie es, politisch zu agieren. Das geschah nie vollständiger oder erfolgreicher als in der Tschechoslowakei im Februar 1948.
Und wie nahmen die Autoren des Berichts die Folgen des Umsturzes wahr? In erster Linie als vollständige Integration der ČSR gemeinsam mit anderen Staaten in die absolute kommunistische Herrschaft.
Die Beziehungen zwischen Prag und Moskau nach Februar analysiert der Historiker Michal Štefanský in seiner Veröffentlichung „Studená vojna, Slovensko 1946–1954“.15 Ein weiterer Kommentar zu der oben genannten Frage wäre meinerseits nur eine Wiedergabe der Analysen Štefanskýs.
Wie entwickelten sich in diesem Zeitraum aber die Beziehungen zu Washington? Nach den innenpolitischen Veränderungen in der Tschechoslowakei wurden auch die tschechoslowakisch-amerikanischen Beziehungen komplizierter. Laufende Verhandlungen der Vertreter der beiden Staaten über das Handelsabkommen und die Erstattung von beschlagnahmtem Eigentum endeten im Misserfolg. Dabei ging es um eine relativ hohe Forderung von 149 Mio. USD, die die amerikanische Seite im Laufe der Verhandlungen wesentlich senkte. Eine adäquate Kompensation bzw. ein finanzieller Ausgleich zwischen der amerikanischen und tschechoslowakischen Seite für das verstaatlichte Vermögen nach dem Zweiten Weltkrieg konnten bis zum Sommer 1947 nicht gefunden werden. Dies übte einen negativen Einfluss auf die gegenseitigen Beziehungen aus, wobei die unterschiedlichen Ansichten und Ziele der beiden Staaten schwer überwindbare Hindernisse darstellten. Ein weiterer erschwerender Faktor war das tschechoslowakische Währungsgold, das während des Krieges durch Deutschland geraubt und nach dem Krieg durch die Verbündeten Truppen entdeckt und über Jahrzehnte in den USA gelagert wurde.16
Ein weiterer Versuch zur Regelung der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den USA und der ČSR nach der Ablehnung des Marshall-Plans durch Prag war der amerikanische Vorschlag zur Schließung eines Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsabkommens. Die gesetzliche Grundlage für die Wirtschaft- und Handelsbeziehungen zwischen den beiden Staaten bildete bis 1948 die „Deklaration über die Handelspolitik“, die die Gewährung der Meistbegünstigungsklausel für die Tschechoslowakei garantierte. Desgleichen genoss die Tschechoslowakei die Meistbegünstigung im Handel mit den USA wegen der gemeinsamen Teilnahme der ČSR und der USA am Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen (GATT), dem die Tschechoslowakei nach ihrer Gründung im Oktober 1947 in Genf beigetreten war. Das GATT fasste 38 Teilverträge zusammen, die zwischen den jeweiligen Vertragsparteien die Höhe der Zollgebühren, Vorschriften zur Ausstellung der Ausfuhrgenehmigungen sowie andere Fragen des internationalen Handels regelten. Das Grundprinzip des GATT war, dass alle Mitglieder auf Basis der Meistbegünstigungsklausel verhandelten. Dabei galt die Empfehlung, alle Einfuhrhindernisse zu beseitigen.17
Allerdings ließen amerikanische wirtschaftliche Sanktionen nicht lange auf sich warten. Zu den wirksamsten Maßnahmen der amerikanischen Behörden gegen die kommunistische Tschechoslowakei sowie die sonstigen Staaten des Ostblocks gehörte die Verabschiedung des Gesetzes über die Exportkontrolle, der sog. Export Control Act, im Februar 1949. Auf dieser Basis wurde das Beratungskomitee für die Exportpolitik (Advisory Committee for Export Policy) eingerichtet, das quartalsweise in Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Handel Listen über kontrollierte Ware in zwei Kategorien ausarbeitete. Einerseits handelte es sich um Mangelware, andererseits um Ware, die einer Sicherheitskontrolle unterlag, wobei der Export beider Kategorien in die Tschechoslowakei wie auch in die sonstigen Staaten des Ostblocks verboten war. Beide Kategorien umfassten dabei fast 90 % der Warenarten des Welthandels.18 Durch diese radikale Maßnahme schränkten die USA ihre Beziehungen mit der ČSR auf ein Minimum ein.
Den Höhepunkt der sich verschärfenden wirtschaftspolitischen Beziehungen zwischen der Tschechoslowakei und den Vereinigten Staaten nach dem Februarumsturz stellte die Aufhebung der bereits erwähnten Meistbegünstigungsklausel dar. Diese 1946 durch beide Staaten anerkannte Klausel wurde am 1. August 1951 von Truman für nichtig erklärt. In Bezug auf das GATT unternahm Washington im September 1951 einen ähnlichen Schritt. Die Nichtigkeitserklärung wurde durch die Regierung der Vereinigten Staaten mit überwiegend politischen Argumenten begründet. Außerdem verkündete sie, die tschechoslowakisch-amerikanischen Wirtschaftsbeziehungen hätten für beide Seiten ihre Zweckmäßigkeit verloren, weil die ČSR diese mit ihren Maßnahmen die Grundlage entzogen hätte. Die ČSR habe das Vermögen amerikanischer Bürger und Unternehmen verstaatlicht, den Vereinigten Staaten keine Informationen über die eigene wirtschaftliche Entwicklung und auswärtige Wirtschaftsbeziehungen geliefert, die Kapazität der amerikanischen Botschaft in Prag reduziert und wirtschaftliche Interessen des sowjetischen Blocks offen verteidigt.19
Infolge der gegensätzlichen politischen, ideologischen und wirtschaftlichen Prinzipien beschränkten sich die Beziehungen zwischen der Tschechoslowakei und den Vereinigten Staaten Anfang der 1950er Jahre lediglich auf unbedeutsame Angelegenheiten. Es wäre nicht sinnvoll, Vermutungen darüber anzustellen, ob sich die Wirtschaftsbeziehungen anders hätten entwickeln können, wenn die eine oder die andere Seite anders gehandelt hätte. Man kann jedoch mit Sicherheit feststellen, dass die Chancen auf eine Beilegung offener Streitpunkte zu diesem Zeitpunkt gegen Null tendierte. Nach der kommunistischen Machtübernahme standen die Tschechoslowakei und die USA auf gegenüberliegenden Seiten.
Die nächste Komplikation in den gegenseitigen Beziehungen der beiden Staaten verursachte im Frühling 1951 der bereits erwähnte Fall des US-amerikanischen AP-Korrespondenten William Oatis, der durch die tschechoslowakischen Behörden verhaftet wurde. William N. Oatis wurde zuerst durch die ŠtB verfolgt und am 23. April 1951 inhaftiert. Er wurde im tschechischen Gefängnis Pankrác gefangen gehalten. Bei der vom 2. bis zum 4. Juli 1951 laufenden Gerichtsverhandlung wurde er der Spionage gegen die Tschechoslowakische Republik beschuldigt und zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt.20 Dank amerikanischer diplomatischer Bemühungen wurde Oatis im Sommer 1953 entlassen und kehrte in die USA zurück. Die Vereinigten Staaten hoben die Gültigkeit von US-Reisepässen in der Tschechoslowakei auf, stellten die Ausstellung von Visa ein, verboten Überflüge tschechoslowakischer Flugzeuge durch die westliche Besatzungszone Deutschlands, verlangten Fingerabdrücke tschechoslowakischer Bürger bei der Ausstellung von Visa für die USA und überprüften konsularische Geschäftsrechnungen nicht mehr. Die USA verweigerten die Lieferung eines Breitband-Walzwerks für 16 Mio. USD an die Tschechoslowakei. (Sie argumentierten, die Walzanlage könne nach einem kleinen Umbau Bleche für die Produktion von Panzern liefern.) Als Vergeltungsmaßnahme ordnete die Tschechoslowakei die staatliche Verwaltung des Vermögens der amerikanischen IBM an.
Nach Stalins Tod im Jahr 1953 brachte die in Teilen aufgelöste Anspannung der Ost-West-Beziehungen nur eine geringfügige Besserung der Beziehungen zwischen der Tschechoslowakei und den USA mit sich. Auch weiterhin gab es die sog. Ballonaktionen, Luftballonaussendungen antikommunistischer Aktivisten, die Luftballons mit Flugblättern in die ČSR versandten, Grenzkonflikte und Anschuldigungen seitens der tschechoslowakischen Propaganda, die tschechoslowakische Landwirtschaft sei von „amerikanischen Kartoffelkäfern“ befallen. Die Tschechoslowakei blieb auch weiterhin ein fester Bestandteil des sowjetischen Ostblocks, baute den Sozialismus auf und liquidierte unter der Leitung der KSČ und der ŠtB alle realen und fiktiven Gegner des totalitären kommunistischen Regimes.
Amerikanische und tschechoslowakische Erkundungs- bzw. Spionageflüge über das tschechoslowakisch-deutsche Grenzgebiet waren praktisch an der Tagesordnung. Ihre Auswertung hing davon ab, welche Seite die Flüge durchführte. Die ČSR bezeichnete die amerikanischen Flüge über dem tschechoslowakischen Gebiet als Spionage, während sie die eigenen Flüge durch das deutsche Gebiet als Erkundungsflüge darstellte. Die USA handelten spiegelbildlich.
Die außenpolitische Stellung der ČSR im behandelten Zeitraum war eindeutig – sie führte an der Seite Moskaus unter der strengen bzw. direkten sowjetischen Kontrolle einen unversöhnlichen Kampf gegen die USA und den sogenannten imperialistischen Westen.
1 Hlavová, Viera. Kulak triedny nepriateľ [Kulak, der Klassenfeind]. Bratislava. Veda 2010, S. 7 ff;
2 Londák, Miroslav. Ekonomické reformy v Československu v 50. a 60. rokoch a ekonomika Slovenska [Wirtschaftliche Reformen in der Tschechoslowakei in den 50er und 60er Jahren und die Wirtschaft der Slowakei]. Bratislava. Historický ústav SAV 2010, S. 11-40;
3 Londáková, Elena. Modernizácia výchovy a vzdelávania na Slovensku v druhej polovičke 20. storočia [Modernisierung der Erziehung und Ausbildung in der Slowakei in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts]. Bratislava. Veda 2007, S. 50-58.
4 Pešek, Jan. Nástup komunistickej totality po roku 1948 [Der Beginn des kommunistischen Totalitarismus nach 1948]. In Bystrický, Valerián, Pešek, Jan, Kováč, Dušan a kol. Kľúčové problémy moderných slovenských dejín [Schlüsselprobleme der slowakischen Zeitgeschichte]. Bratislava. Veda, 2012, S. 255-282.
5 Archív Ministerstva zahraničných vecí (Archiv des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten, AMZV) ČR, Praha, Folie Generálny sekretariát-sekretariát ministra (GS-SM) 1945-1954 [Generalsekretariat-Ministerielles Sekretariat (GS-SM) 1945-1954], Kartei-Nr. 195, Material-Nr. 79.429/II-5/48.
6 AMZV ČR, Folie Teritoriálny odbor – obyčajné (TOO) USA 1945-1959 [Territorialer Fachbereich – Ordentlich (TOO) USA 1945-1959], Kartei-Nr. 24, Material-Nr. 42251/1948.
7 Library of Congress, Washington DC, Folie Jan Papanek Diplomatic Papers, No. 13. Zu Papáneks Protest vor den VN siehe näher auch: Michálek, Slavomír. Ján Papánek, politik, diplomat, humanista [Ján Papánek: Politiker, Diplomat, Humanist]. Bratislava. Veda, 1996, S. 91-100.
8 Library of Congress, Folie Steinhardt Papers, box 58.
9 Im genannten Dokument wird der Begriff „Czechs“ benutzt. In diesem Fall wird er zur Bezeichnung des tschechischen Volks verwendet. Diese Terminologie bzw. die Form „Czech“ kommt in amerikanischen Schriftstücken regelmäßig vor und ist als „tschecholowakisch“ zu verstehen (z.B. czechgovernment, czechambassador usw.).
10 Mareš, Petr. Únor očima amerického velvyslance v Praze [Februar mit den Augen des amerikanischen Botschafters in Prag]. In: Dějiny a současnost [Die Geschichte und die Gegenwart] 2/91, Praha, Jhg. 13, S. 52-55. oder Kalvoda, Josef. Role Československa v sovětské strategii [Die Rolle der Tschechoslowakei für die sowjetische Strategie]. Veda 1999, S. 301-303.
11 Mareš, S. 55.
12 Stratégia a taktika svetového komunizmu [Die Strategie und die Taktik des Weltkommunismus]. (ed. Frances P. Bolton), Washington, DC, 1949, S. 4.
13 Ebd., S. 7.
14 Ebd.
15 Štefanský, Michal. Studená vojna, Slovensko 1946-1954 [Der Kalte Krieg, die Slowakei 1946-1954]. Bratislava. VHÚ, 2008.
16 Die Dreiländerkommission zur Rückerstattung des Währungsgolds bestimmte, der ČSR 24,5 Tonnen Gold (Münzen und Goldziegel) zu erstatten, während Prag 45 Tonnen forderte. Die ersten 6,1 Tonnen wurden im April 1948 erstattet, die restlichen 18,4 Tonnen wurden bis zum Jahr 1982 in der Federal Reserved Bank und der Bank of England aufbewahrt.
17 AMZV ČR, Folie Generálny sekretariát-kabinet (GS-K) [Generalsekretariat-Ministerielles Sekretariat], 1945-54, Kartei-Nr. 5, ohne Signatur oder Olšovský, Rudolf. Vývojové tendence v ekonomice vyspělých kapitalistických zemí 1945-70 [Entwicklungstendenzen in der Wirtschaft der entwickelten kapitalistischen Länder]. Praha 1977, S. 62; oder Galský, Desider. Světové události 1945/61 [Weltereignisse 1945/61]. Praha 1963, S. 19.
18 Procházka, Zdeněk. Hospodárska válka USA proti Československu [Der Wirtschaftskrieg der USA gegen die Tschechoslowakei]. Praha, 1976, S. 105.
19 AMZV ČR, Folie Odbor medzinárodných organizácií 1945-1954, Schachtel Nr. 5., ohne Signatur.
20 Zur genannten Problematik siehe näher: Michálek, Slavomír. Prípad Oatis, československý komunistický režim verzus dopisovateľ Associated Press [Der Fall Oatis, das tschechoslowakische kommunistische Regime gegen den Associated-Press-Korrespondenten]. Bratislava. ÚPN, 2003.
3. Landesflucht mit dem Flugzeug
Im August 1945 wurde die Rückkehr der tschechoslowakischen Truppen der RAF in die ČSR genehmigt. Die meisten Flieger blieben Angehörige der tschechoslowakischen Luftwaffe, etwa 130 Personen (Piloten, Navigatoren, Bordmechaniker, Bodenpersonal) traten in den Dienst der Tschechoslowakischen Fluglinien (ČSA). Nach Februar 1948 wurden die ehemaligen Angehörigen der RAF allmählich als Feinde des neuen Systems und damit als unerwünscht betrachtet, was zu Entlassungen und Verhaftungen führte. Es folgte eine Fluchtwelle über die Landesgrenzen.
Den Startschuss für Fluchten aus der ČSR mithilfe von Flugzeugen setzte Ján Ambruš, Militärpilot, Politiker und Abgeordneter der slowakischen Demokratischen Partei bereits am 21. März 1948.1 Auch war er ein ehemaliger ‚Westler‘ der RAF. Für seine Flucht hatte Ambruš unbestreitbare Gründe: Ausschluss aus dem politischen Leben, Verfolgung durch die ŠtB und Hausarrest. Am 21. März 1948 gelang es ihm, aus seiner Wohnung in Bratislava zu fliehen und bis zum Flughafen im benachbarten Stadtteil Vajnory zu gelangen, von wo aus er ein Kleinflugzeug zum österreichischen Flughafen Schwechat steuerte. Nach einem kurzen offiziellen Verfahren erhielt er einen österreichischen Reisepass und floh in die USA.
Die erste umfangreiche Flucht über die Landesgrenze mithilfe eines Verkehrsflugzeugs vom Typ Dakota DC-3 (Bez. OK – WDO) unternahm am 6. April 1948 eine kleine Gruppe ehemaliger tschechoslowakischer Angehöriger der RAF. Für ihre Flucht wählte sie die innerstaatliche Fluglinie Prag – Brünn – Bratislava, die täglich nachmittags verkehrte. Hauptorganisator der Flucht war ein Oberstleutnant der Luftwaffe und ehemaliger ‚Westler‘ der RAF, Vladimír Nedvěd2, der als einer der 22 Fluggäste gemeinsam mit dem Pilot Stanislav Huňáček3 die gesamte Aktion geplant hatte. Zwei Besatzungsmitglieder, Stanislav Huňáček und Funker František Malý4, sowie 14 Passagiere waren in den Fluchtplan eingeweiht. Ein Copilot war für den Flug von Prag nicht eingeplant, da Eduard Prchal, der in Bratislava einige Familienangelegenheiten zu erledigen hatte, an seiner Stelle für den Rückflug eingesetzt werde sollte. Der Bordmechaniker Ondrej Pavlík, ein Kommunist, wusste von den Fluchtplänen nichts.
Der Abflug von Prag erfolgte unter günstigen Bedingungen. Am Flughafen Prag-Ruzyně wurde zum gleichen Zeitpunkt eine sowjetische Delegation empfangen, weshalb die Flughafensicherheitskräfte der Dakota mit Huňáček an Bord kaum Aufmerksamkeit schenkten. Kurz nach dem Start übergab Huňáček Nedvěd eine Dienstwaffe, und mithilfe der Passagiere setzte er Ondrej Pavlík außer Gefecht. Das Flugzeug brach die Kommunikation ab und änderte den Kurs in Richtung Deutschland. Als das Flugzeug fünf Minuten nach dem Start nicht mehr zu erreichen war, begann die Fahndung nach diesem, allerdings ohne Erfolg. Am Abend des gleichen Tages erklärte die ČSA, dass das Flugzeug auf dem US-amerikanischen Militärflughafen Neubiberg bei München gelandet sei.5 Nach der Rückkehr von Ondrej Pavlík und eines Teils der Fluggäste nach Prag setzte die ŠtB eine Reihe von Verhören in Gang. Den Aussagen zufolge konnte die Flugzeugentführung wie folgt rekonstruiert werden: Von Pavlík abgesehen, hatte keiner der Passagiere bemerkt, dass das Flugzeug den Kurs geändert hatte. Pilot Huňáček habe Pavlík zu den Fluggästen geschickt, um diese zu fragen, ob ihnen zu warm wäre. Im Passagierraum hätten ihn zwei Passagiere, Miroslav Červenka und Jiří Pavelka, mit einer Waffe bedroht und ihn gezwungen, sich auf einen Notfallsitz zu setzen. Nach der Landung seien die Passagiere in zwei Gruppen geteilt worden: Eine Gruppe mit denjenigen, die in Deutschland bleiben wollten, die andere mit denjenigen, die wieder zurückkehren wollten. Nach kurzer Befragung durch die amerikanische Spionageabwehr (CIC) wurde die Gruppe der Zurückkehrenden nach Hause geschickt.
Einer derjenigen, die in Deutschland bleiben wollte, war Ing. František Martínek, Betriebsleiter der ČSA6, dessen englische Ehefrau Beryll sich bereits legal in Großbritannien aufhielt. An dieser Stelle darf auch der Pilot Stanislav Huňáček nicht unerwähnt bleiben. Laut der tschechoslowakischen Propaganda wurde er als unzuverlässiger ‚Westler‘ bereits im Februar 1948 von der ČSA von Langstreckenflügen ausgeschlossen. Ein weiterer Protagonist war der Funker František Malý. Auch seine Frau war Engländerin, sie wartete auf ihn zum Zeitpunkt der Flucht bereits jenseits des Ärmelkanals. Auch František Hanák, einer der Passagiere, hatte eine englische Ehefrau. Die Aussagen der Zurückgekehrten (Alexander Alpar, Božena Chládková, Ondrej Pavlík, Michal Šereď, Jan Beran, Dalibor Hanes und Bohuslav Zeithamer) waren fast identisch7, was nicht überraschte.
Nachdem Huňáček mit der Dakota den Böhmerwald passiert hatte, landete er auf der US-Militärbasis Neubiberg bei München. Der gesamte Flug dauerte eineinhalb Stunden. Die USA berechneten für die Überführung der Maschine 9.1151,80 Kčs.8 Diese Summe umfasste Kosten für Unterkunft und Rückführung der Zurückkehrenden, Treibstoff und Gebühren für die Einlagerung und Bewachung des Flugzeugs. Zu den Besatzungsmitgliedern, die zurück nach Prag flogen, gehörte auch Stanislav Šácha, einer der Akteure einer dreifachen Flugzeugentführung im Frühling 1950 (siehe Kapitel 6).
Im April 1948 erfolgten noch zwei weitere Flüge durch den Eisernen Vorhang. Der erstere per Kleinflugzeug des Typs M-I Sokol (Bez. OK-BKO), das Mjr. Josef Čermák, auch ein ehemaliger Angehöriger der RAF, am 19. April von Klatovy aus pilotierte9. Das Flugzeug war im Privatbesitz des ehemaligen Geschäftsmannes František Dvořáček, der sich ebenfalls an Bord befand. Anstatt in Prag, wie laut Flugplan vorgesehen, landeten sie in Deutschland. Bei einer anderen Flucht flog Alois Šedivý10, Pilot der Regierungsstaffel des Verkehrsministeriums, eine Regierungsdelegation am 22. April 1948 zur einer internationalen Konferenz über die Presse- und Informationsfreiheit im Rahmen eines Sonderflugs von Prag nach Genf. Nach der Landung lehnte Alois Šedivý es schließlich ab, mit der Dakota in die Tschechoslowakei zurückzufliegen. Er teilte den sonstigen Besatzungsmitgliedern (Copilot Jaroslav Dobrovolný, Funker Antonín Rotbauer, Bordmechaniker Květoslav Koudelka) mit, dass er im Westen bleiben würde. Er habe es ihnen nicht früher sagen können, damit sie ihn nicht hätten hindern können. Als Grund für sein Verbleiben im Westen gab er Befürchtungen an, gekündigt zu werden.11 Als Pilot genoss Jaroslav Šedivý eine ausgezeichnete Wertschätzung. Er war äußerst beliebt bei allen Piloten sowie bei der Besatzung. Seine menschliche Größe lässt sich auch daran erkennen, dass er den zweiten Piloten in Prag starten und in Genf landen ließ, um sicherzustellen, dass die Besatzung des Flugzeuges den Rückflug nach Hause auch ohne ihn bewältigen könnte. In Prag wurde durch die ŠtB neben der Besatzung auch Soňa Šedivá, seine Ehefrau, verhört. Sie kam ursprünglich aus England und wiederholte während der Vernehmung die Befürchtungen ihres Ehegatten, bald seine Arbeit zu verlieren, doch er habe nie, nicht einmal nach dem Februarumsturz, Interesse daran geäußert, im Ausland zu bleiben. Am Tag des Abflugs nach Genf habe sie zu Hause einen versiegelten Brief ihres Ehemanns vorgefunden. Er habe sich darin für seine Flucht entschuldigt: „Verzeihe mir, bitte, dass ich dir nicht gesagt habe, was ich tun werde. Hätte ich es dir gesagt, hättest du mich nicht gehen lassen, ich weiß es. Ich kenne keinen anderen Ausweg und weiß, dass ich früher oder später meine Stelle verlieren werde, weil du eben Engländerin bist. Ich kehre nicht mehr zurück, aber nicht, weil ich etwas Schlechtes getan habe – nein –, sondern weil ich weiß, dass ich wohl der letzte bin, der eine Engländerin zur Frau hat und immer noch fliegt. Und ich bin mir sicher, dass sie mich baldig ohne jeglichen Grund entlassen werden. Gut, meine Liebste, verzeih mir, bitte. Ich hoffe, dass du ohne Schwierigkeiten nach Hause zu deiner Mutter zurückkehren kannst. Ich finde irgendwo eine Arbeitsstelle. Wenn du willst, kannst du dich von mir scheiden lassen, weil ich nicht weiß, ob du mich jemals wiedersehen wirst. Gott segne dich, meine Liebste, und meine Kinder. Ganz deine Liebe, dein schlechter Ehemann Alois.“12 Die Prager ŠtB ermittelte natürlich, mit wem Šedivý in Kontakt stand, wer ihm geholfen bzw. mit wem er seine Flucht geplant hatte. Laut ihrer Informanten wurden die Fluchten der Flieger vom Ausland aus durch Konkurrenzunternehmen organisiert. Einem Geheimbericht des Innenministeriums zufolge gab es jedoch Erwägungen, einen politisch-militärischen Grund in der Flucht zu sehen, da einige der geflüchteten Piloten ehemalige Kommandanten von Luftwaffeneinheiten in England waren.13 Soňa Šedivá beantragte unmittelbar nach ihrem Verhör eine Genehmigung zur Rückkehr nach England. Als Grund nannte sie, dass sie in Prag über keine Mittel verfüge, um ihren Lebensunterhalt sicherzustellen, und dass sie sich mit ihrer Angelegenheit bereits an das britische Konsulat gewandt habe. Dies was ein Indiz dafür, dass sie in die Fluchtabsichten ihres Gatten eingeweiht war und der genannte Abschiedsbrief lediglich zur Tarnung diente, damit die Ehefrau auch ausreisen konnte. Soňa Šedivá und ihre Kinder verließen die ČSR legal am 31. Mai 1948. Die ŠtB fahndete weiter nach A. Šedivý, doch ohne Erfolg. Am 7. April 1949 erließ das Staatsgericht in Prag einen Haftbefehl gegen A. Šedivý wegen Verbrechen gemäß § 2 des Gesetzes Nr. 50/23 Zb. Im Oktober 1950 erstattete die Dienststelle der ŠtB am Flughafen Prag-Ruzyně gegen Alois Šedivý Anzeige bei der Bezirksstaatsanwaltschaft Prag II. Laut der Anzeige sei er ins Ausland geflüchtet, da er die Rückkehr in seine Heimat verweigert habe und sich nun wahrscheinlich in England aufhalte. Motiv für die Flucht sei sein Widerstand gegen die politische Entwicklung in der ČSR nach Februar 1948 gewesen, sowie seine Befürchtung, als Pilot wegen der englischen Abstammung seiner Frau entlassen zu werden. Die Bezirksverwaltung der ŠtB in Chrudim leitete im Mai 1955 eine Fahndung nach A. Šedivý ein, weil er „sich der Flucht, des Hochverrats und der Spionage strafbar gemacht hat, und alles, was er über das tschechoslowakische Militär wusste, ausländischen Nachrichtendiensten verraten hat“14. Die ŠtB setzte zwar die Fahndung fort, doch ohne Erfolg. Im September 1980 stellte sie in Hradec Králové (Königgrätz) fest, dass im Laufe der Ermittlungen keine staatsfeindliche Tätigkeit von Alois Šedivý habe bewiesen werden können, und beantragte die dauerhafte Schließung des Falls.15 Damit war die Flucht von Alois Šedivý abgeschlossen.
Ungefähr einen Monat nach der Flucht Huňáčeks erfolgte die zweite Entführung eines Flugzeugs der ČSA während eines innerstaatlichen Flugs. Eine Gruppe von fünf Mitgliedern organisierte am 4. Mai 1948 unter der Leitung von Vojmír Matus16 die Flucht nach Erding über die regelmäßige Flugverbindung Brünn–České Budějovice (Böhmisch Budweis). Die Besatzung des zweimotorigen Flugzeugs Siebel (Bez. OK-ZDL), darunter der Pilot Oldřich Doležal und der Navigator Jiří Kügler, kehrte in die Heimat zurück. Pilot Doležal galt 1950 als einer der wichtigsten Protagonisten der bereits erwähnten Entführung dreier Dakotas (siehe Kapitel 6). Der Grund für Doležals Rückkehr im Mai 1948 war, dass er zusammen mit seiner Ehefrau flüchten wollte. Der Passagier Matus und seine Freundin Ludmila Hofmannová flogen von Brünn, während die restlichen Fluggäste – Ema Hronyová, Ľudovít Bardi und Milan Bojsa –, die Slowaken waren, von Ostrau aus flogen. Alle fünf blieben in Deutschland. Während der Ermittlung stellte die ŠtB fest, dass Hofmannová in Brünn für sich und ihren Freund zwei Flugtickets auf die Namen Ludmila Dražďáková und Jan Malík gekauft hatte. Die amerikanische Seite berechnete die mit dem Aufenthalt der Siebel in der US-amerikanischen Zone in Deutschland verbundenen Kosten auf 1.384,42 USD.17 Das Flugzeug flog am 15. Juni 1948 in die ČSR zurück.
Bereits am 5. Mai 1948, also nur einen Tag nach der Entführung der Siebel, gelang Václav Šlouf die Flucht in den Westen.18 Als Pilot der ČSA nutzte er dafür eine regelmäßige Flugverbindung von Prag nach Paris. Václav Šlouf war unter Beobachtung der ŠtB, denn seine Ehefrau war britische Staatsbürgerin und wartete bereits zusammen mit ihren Töchtern auf den Ehemann in England. Nach der Landung in Paris informierte Šlouf die ČSA in Prag, dass er mit der Dakota (Bez. OK-WDI) am nachfolgenden Tag nicht nach Prag zurückfliegen würde. Die Fluggäste wurden in Paris darüber unterrichtet, dass das Flugzeug wegen einer Motorstörung nicht zurückfliegen könnte. Schließlich kehrten sie nach Prag mit einer Maschine der Air France zurück und die ČSA musste einen Ersatzpiloten für die Dakota entsenden. Nach der Landung am Flughafen Prag-Ruzyně am 8. Mai 1948 verhörte die ŠtB die sonstigen Mitglieder der Besatzung: Copilot Josef Tichý, Funker Gejza Hujbert und Stewardess Eva Karanová. Alle drei sagten aus, dass Šlouf weder während des Flugs noch zuvor seine Pläne angedeutet und sich gänzlich natürlich verhalten habe. Davon, dass sie nicht am gleichen Tag zurückfliegen würden, hätten sie erst von einem Vertreter der ČSA in Paris erfahren. Šlouf habe ihnen gegenüber seine Weigerung zur Rückkehr damit begründet, dass seine Ehefrau in Großbritannien sei. Er habe ihnen auch berichtet, dass er am Vorabend des Abflugs aus Prag von zwei Agenten der ŠtB aufgesucht worden sei. Die Agenten hätten ihn darauf aufmerksam gemacht, dass er unter Beobachtung stehe, da sie vermuteten, dass er ins Ausland fliehen könnte.19 Šlouf besuchte die Besatzung am Vormittag des folgenden Tages im Hotel und übergab ihnen einen Brief für den Leiter der ČSA in Prag. Im Mai 1952 legte die ŠtB die Fahndung nach Václav Šlouf zu den Akten. Sie hatten seine zwei Brüder, die in den tschechischen Dörfern Nepomuk (Pomuk) und Dvořec bei Pilsen lebten, ergebnislos überwacht.20 Šlouf hatte mit seinen Brüdern keinen Kontakt. Aus diesem Grund beantragte die ŠtB 1962, die Akte 15 Jahre lang ruhen zu lassen. Kraft einer Entscheidung der Kommission des Innenministeriums wurde die Akte Šlouf 1978 endgültig geschlossen.