Kitabı oku: «Anorexie und Gottesstaatlichkeit»

Yazı tipi:

Sophia Eisenhut

Anorexie und Gottesstaatlichkeit
Materialien zu Katharina von Manresas »Exerzitien«

MSeB

Inhalt

Der Ersuch

Katharinas Augustinus-Lektüre: Die Aufruhr des Dosenfleisches

Die Kaiserin von Mexiko

Der Ersuch

Diese Art von Filmen, in denen die Hauptfigur aufhört zu sprechen, und man ab diesem Punkt versucht, wahrscheinlich vollkommen fälschlicherweise, alle vorhergehende Handlung sprachphilosophisch zu deuten. So geht es uns jetzt mit Katharina, wenn sie nicht mehr schreibt.

Nach Vollendung der Exerzitien hat Katharina von Manresa keinen Text mehr hinterlassen. Die Kirchenhistoriker sind auf die Logbücher des Admirals Edward Wratham und die Aufzeichnungen des Abtes Manfredi Gonzaga angewiesen.

Wenn sie Letzteren tagsüber im Kreuzgang der Abtei traf, wollte sie ihm jedes Mal vor die Füße fallen. Nachts, wenn er sein Begehren gebarte, zog sie wie schon als Kind die Decke über die Ohren, auf dass sie ihrer nicht mittels eines einzigen gekonnten Schnittes entledigt worden wäre.

Wenn Sie zwischen den Ruinen aus augusteischer Zeit stand und von der Sonne auf ihre Sohlen, auf die Steinplatten aus augusteischer Zeit gedrückt wurde, ergriff sie die Angst, ihr Körper könnte Feuer fangen, ihr Hirn könnte Feuer fangen vom optischen Strahl, den Gott durch eine Lupe auf ihren Scheitel fahren ließ, wie ihn die Kinder auf die Ameisen fahren lassen, wie sie ihn selbst jetzt auf eine Zigarettenspitze fahren ließe.

In ihrer Rocktasche trug sie eine Schale, eiförmig, darin der Allmächtige wohnt. Lässig an jeder nur auftauchenden Ampel hervorgeholt, gekonnt zwischen Ringfinger und Daumen gedreht, war sie vom Picadilly Circus bis zur Piazza del Popolo willkommene Zerstreuung, Maske über die peinigende Präsenz der Erfahrung, fremd zu sein, am Sozialstaat nur als Nutznießerin teilzunehmen. Im Mittelpunkt dieser Beschreibung soll die Lässigkeit jenes Fingerspiels liegen, also das Verhältnis zwischen Risiko eines möglichen Zubruchgehens der porösen Schale angesichts des tollkühnen Schwunges über der Fahrstreifenmarkierung und der versprochenen Folgenschwere jenes Gefäßes. Denn die versprochene Folgenschwere jenes Gefäßes war für sie, die sich nur noch Pandora in diesen Tagen nannte, die höchste.

Mein erzählerisches Augenmerk richtet sich jetzt also auf ihre Gleichgültigkeit gegenüber jedes Entweder-oders in Form dieser manuell konditionierten Leichtigkeit. Fallhöhe im aristotelischen Drama oder Vanitas im barocken Sonett wären ihr – hätte sie dem geschriebenen Ausdruck gegenüber noch Verständnis aufgebracht – als Formen des inneren Zwangs beide willkommen gewesen. War ihr die Vertrautheit des äußeren Zwangs ihrer englischen Gefangenschaft seit ihrer Freilassung doch abhandengekommen.

Die Schale aus Kalk, darin das Wesen Gottes wohnt, hatte sie in Stunden der dumpfesten Langeweile von der kalkhaltigen Zellwand geschabt, bis ihre Fingernägel darauf quietschend zerbrachen. Auf der Suche nach Halt glitten die Nägel jedes Mal quietschend ab. Einen Halt für ihre ziellosen Fingerspitzen, so zum Abt, einen Halt, den sie früher in Gott gefunden hätte, und er:

Es gibt keinen Gott

Machs Maul auf.

Und Katharina: Machs Herz auf, und die Vorstellung, wie im festen Griff um ihren Hinterkopf das koitale Stoßen seiner Hüfte in ihren Rachenraum alles Irdische hinwegfegt. Und sie dachte bei sich, seine Sprache sei die eines Feldherren, die als Schmuck nur Beschönigung, qualitative Steigerung um eine Stufe, kennt.

Auf dem Handelsschiff, das sie von der walisischen Küste aus nahm, hatte es niemand gewagt, ihren vom Sonnenlichtmangel der letzten Jahren gläsern gewordenen Körper zu berühren. Als einzige Frau auf dem Schiff goss sie den Wein ein und sang unverfängliche Lieder, die von life hacks im Haushalt handelten, damit des Nachts niemand das Flehen ihrer Gebete vernehmen konnte, das dann aus dem Lagerraum drang. Sie selbst erklärte sich die furchtbegründete Verschmähung durch das männliche Geschlecht als Folge ihres politischen Status als Staatsfeindin und tröstete sich darüber hinweg, wenigstens im Fleisch ihrer Fahndungsphotos noch irgendwelchen masturbatorischen Bedürfnissen entgegenzukommen. Was sei schon der Staat, wich der Tuchhändler aus Kensington halbherzig aus, da fragte sie ihn, sei er denn Hyperion oder was, und schenkte noch Wein nach.

Bevor das Schiff in den Hafen von Antwerpen einfuhr, wickelte sie sich in 44 Meter des billigsten Tuchs und wurde an Bord italienischer Handelsleute verfrachtet. Auch die Schusswaffe der Marke Heckler & Koch konnte dabei unentdeckt bleiben. Unglücklich durch den Stoffballen diagonal ans Rückgrat gewickelt, konnte sie durch konzentriertes Aufeinanderpressen von Ober- und Unterkiefer zwei Wochen in diesem Zustand verharren.

Wenn sie jetzt unter der lombardischen Sonne, die jedes Denken lähmt, an jenes kontemplative zweifache Senken und einfache Heben des anapästischen Versmaßes denkt, ist ihr, als wechselten die Schweißtropfen die Richtung.

Weil Gott seine Eindeutigkeit verschweigt, sagte sie, soll diese Schale zerbrechen. Vor der Nase des Papstes und seiner Kardinäle könnte sie zerbrechen. Wenn der Staat eine Wiege ist, sei sie ein plärrendes Kind darin, ein blau anlaufendes. Wenn man am spanischen Hof über die Geschäfte des Staates sprach, ergriff sie jedes Mal eine Kälte. Mi friads as ganze Jahr I bin a so dafroan. Warum sie so still sei, gestern haben wir über deine Probleme geredet und heute reden wir über die Probleme der Welt. Dann dachte sie, auch das phallische Streben nach der vermeintlichen Eindeutigkeit des weiblichen Geschlechts konnte sie, ähnlich ihrer Ratlosigkeit gegenüber der Vieldeutigkeit in Politik- und Klimaangelegenheiten, auch nur mit einem andern Streben erwidern. Dann ergriff sie ein Streben nach ihrem himmlischen Vater am brennendsten entgegen dieser inkorporierten, doch unbegriffenen Kälte. Vor Prägnanz scheute sich ihr Ausdruck am meisten. Yes. Why?, so Manfredi darauf. Sein Penis erschien dann zapfenförmig, betont fleischig und spitz. Unter seiner Soutane hatte sie schon immer mehr erwartet. Weil Eindeutigkeit eine Lüge sei, so sie und angesichts der Offenbarung dieser libidinösen Differenzen zog er sich und zog er seinen Zapfen halb beschämt, halb beiläufig unter die Soutane zurück. Ihre Aufmerksamkeit galt dann eher der unvorteilhaften Beleuchtung des Parkettbodens im Hintergrund, die man in der Darstellung von Interieurmotiven eher vermeidet. Eine spöttische Konnotation dieser Bildästhetik mit dem Medium »WG-Gesucht« lag ihr dann auf den Lippen.

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