Kitabı oku: «Das Festival der Liebe», sayfa 4
KAPITEL FÜNF
„Ich weiß nicht, wie lange der Ausflug dauern wird, den wir machen werden“, sagte Keira, als sie auf dem Beifahrersitz Platz genommen hatte und mit dem Gurt herumfummelte. „Aber ich brauche so schnell wie möglich einen Kaffee. Und wenn wir ein paar Stunden vor der Eröffnung des Festivals zurück sein könnten, wäre das super. Ich brauche unbedingt Zeit zum Schreiben.“ Endlich schnappte der Gurt ein. „So, wo fahren wir hin?“
Als keine Antwort kam, blickte sie auf. Shanes Gesicht wirkte wie üblich amüsiert. Sie verschränkte die Arme vor der Brust. „Was?“
Er zuckte mit den Schultern. „Nun, es ist nicht gerade das passende Wetter für eine Sonnenbrille, das ist alles.“
Keira rückte energisch die Brille zurecht. „Es gibt vielleicht grelles Morgenlicht“, antwortete sie, krümmte sich aber innerlich bei dem überheblichen Unterton in ihrer Stimme. „Und außerdem bist du ja wohl der Letzte, der sich über das Aussehen anderer Leute ein Urteil erlauben darf. Hast du heute Morgen überhaupt mal einen Blick in den Spiegel geworfen?“
Shane warf den Kopf in den Nacken und lachte. Keira musste sich zusammenreißen. Sie hätte sich beinahe gerade selbst gestattet, mit ihm zu flirten. Das wich deutlich ab von ihrem Motto Gucken sei erlaubt.
„Ich dachte, ich zeige dir etwas in der Nähe, für den Anfang“, erklärte Shane, als er losfuhr. „Daher habe ich mich für den Burren entschieden, da fährt man nur zwanzig Minuten. Es ist ein Nationalpark. Hast du davon gehört?“
Keira schüttelte den Kopf. „Ich kann es kaum erwarten“, sagte sie. In Gedanken entwarf sie ein Bild der schönen irischen Landschaft.
Sie war sich nicht sicher, aber sie glaubte, Shane schmunzeln zu sehen. Als sie zwanzig Minuten später auf den Parkplatz einbogen, verstand sie, warum. Es gab nicht einen einzigen Grashalm zu sehen. Der Burren war nichts anderes als kahler, grauer Kalkstein, eine Karstlandschaft.
Sie wandte sich irritiert an Shane. „Ist das ein Scherz? Ich dachte, du sprachst von einem Nationalpark.“
Shane begann zu lachen. „Das ist es! Anderthalbtausend Hektar geschütztes Land, bestehend fast ausschließlich aus Kalkstein.“
Keira atmete verärgert aus. „Also, von all den Plätzen, die du mir hättest zeigen können, um mir das großartige Irland zu präsentieren, hast du ausgerechnet diesen gewählt?“
„Ich habe vorhin bei William im Büro ein paar hochnäsige Untertöne aufgeschnappt“, sagte Shane und zog provozierend eine Augenbraue hoch. „Ich dachte mir, dies ist der beste Ort, um dich von deinem hohen Ross herunterzuholen. Irland ist kein Märchenland mit Leprechauns, auch wenn es Gegenden gibt, wo das für die Touristen so dargestellt wird. Aber wenn du bereit bist, ein wenig unter die Oberfläche zu blicken, dann findest du ein Land mit echten Gefühlen, echter Romantik. Wir haben eine reichhaltige und interessante Geschichte, du musst uns nur eine Chance geben.“
Keira verschränkte bockig die Arme vor der Brust. Alles, was er gesagt hatte, stimmte natürlich. Aber sie konnte das wohl kaum zugeben. „Ich bin nicht hochnäsig“, sagte sie.
Shane zuckte gleichmütig mit den Schultern. „Komm, hier entlang. Der Ausblick von dem Hügel ist unglaublich.“
Keira folgte ihm. „Ich habe nicht gerade das passende Schuhwerk für eine Wanderung“, klagte sie.
„Keine Sorge, wir machen keine dreistündige Gebirgswanderung, obwohl es atemberaubend da oben ist und ein Jammer, wenn du es dir entgehen lässt.“ Er warf ihr einen vernichtenden Blick zu. „Meinst du, du hältst eine halbe Stunde durch? Es sind nur Wiesen und wunderschöne Wälder.“
„Ja, ich denke, dreißig Minuten werde ich schon schaffen“, murmelte Keira.
„Ich meinte, ohne mich töten zu wollen“, lachte Shane.
Es schien ihm zu gefallen, Keira aufzuziehen.
„Irgendwie sind wir beide auf dem falschen Fuß gestartet“, sagte Keira, während sie versuchte, mit ihm Schritt zu halten. Sie war stramme Spaziergänge nicht gewohnt. „Habe ich irgendetwas gesagt, was dich beleidigt?“
Zunächst ignorierte Shane die Frage. Statt dessen deutete er auf einen Holzpfosten mit verschiedenen bunten Pfeilen daran. „Wir folgen dem orangen Pfad, okay?“
Keira nickte. Sie stiegen den grauen Hügel hinauf. Die Landschaft war so öde, dass Keira beinahe das Gefühl hatte, über den Mond zu latschen. Die rissigen Krater beiderseits des Weges verstärkten diesen Eindruck noch. Wenn sie hier und da ein Büschel Gras wachsen sah, das sich erstaunlicherweise einen Weg durch das Gestein gebahnt hatte, dann war es wie ein Schock, dass auf dem Mond Gras wachsen könnte. Sie musste sich zwingen, daran zu denken, dass dies die Erde war.
„Nun?“, drängte Keira. „Du hast meine Frage nicht beantwortet.“
„Ob wir auf dem falschen Fuß angefangen haben?“, fragte Shane. Er kaute nachdenklich auf seiner Unterlippe. „Wieso ist das wichtig?“
„Weil wir dreißig Tage miteinander verbringen werden, da wäre es schon besser, wenn wir miteinander auskommen.“
Shane schwieg. Keira fand es frustrierend, wie lange es dauerte, mal eine richtige Antwort von ihm zu bekommen. Das ständige Schweigen behagte ihr nicht.
„Ich frage mich“, sagte er schließlich, „ob dir einfach der Gedanke nicht behagt, dass dich jemand nicht mögen könnte.“
„Entschuldigung?“ Keira fühlte sich von dieser Bemerkung beleidigt und nahm sofort eine abwehrende Haltung ein.
„Du hast einen Nice-Guy-Komplex. Du denkst, alle müssen diesen etwas schrullige amerikanische Attitüde charmant finden, aber das tue ich nicht.“
„Ich, charmant?“, spottete Keira. „Du bist doch derjenige, der hier die ganze Zeit das kesse irische Kerlchen gibt!“
„Stört dich das?“
„Es ist ein ärgerliches Stereotyp.“
Keira merkte, dass sie schnippisch wurde. Shanes Tonfall hatte sich hingegen kein bisschen geändert. Er war ganz neutral, als ob diese Unterhaltung nicht im Mindesten lästig oder unangenehm war.
„Ich glaube, du findest weitaus mehr als nur mich ärgerlich“, sagte Shane. „Ich meine, du warst auch nicht sonderlich nett zu William.“
„Und?“, spottete Keira. „Ich bin hier, um zu arbeiten, nicht, um Freunde zu finden. Und ich sehe mich nicht verpflichtet, nett zu jemandem mit solch antiquierten Ansichten über die Liebe zu sein. Es nervt, wenn Leute glauben, sie wüssten genau, was Männer und Frauen voneinander wollen.“
Shane zog die Augenbrauen hoch. „Für jemanden, der behauptet, glücklich in einer Beziehung zu sein, wirkst du eher so, als stündest du der Vorstellung von wahrer Liebe ziemlich feindselig gegenüber.“
Keira schaute ihn vielsagend an. „Die Liebe ist nicht das Problem. Es ist die Vorstellung, dass alles immer perfekt sein muss. Dass ein alter Mann, den du nie zuvor getroffen hast, dich mit jemandem zusammenbringt, den er auch noch nie vorher gesehen hat. Und beide verlieben sich sofort ineinander und bleiben für immer glücklich zusammen. Das wahre Leben ist kein Roman.“
Während sie noch sprach, konnte sie erkennen, dass Shane sich über ihre Reaktion amüsierte. Er zog sie absichtlich auf. Das kann ich auch, dachte Keira.
„Das heißt, du bist ein Romantiker?“, fragte sie. „Willst du mir das damit sagen? Ich nehme an, du warst schon immer mit deiner ersten Schulfreundin zusammen und jetzt wollt ihr heiraten?“
Shane verstummte plötzlich. Keira konnte sehen, dass sie über das Ziel hinaus geschossen war und hielt den Mund. Sie musste es ja nicht noch forcieren.
Sie erreichten den Gipfel des Hügels und eine unglaubliche Aussicht entfaltete sich vor Keira. Es war, als schaue man über die erkaltete Lava eines Vulkans oder die Oberfläche eines Asteroiden. Keira hatte noch nie eine so außerirdische Landschaft gesehen und fühlte sich klein und unbedeutend im Vergleich dazu.
Zum ersten Mal seit ihrer Ankunft fühlte sie so etwas wie Bescheidenheit. Vielleicht war es doch ein Fehler von Elliot gewesen, sie nach Irland zu schicken. Joshua wäre sicher nicht sentimental geworden bei dem Anblick dieser wunderschönen, mystischen Landschaft. Er würde zynisch und kühl bleiben, so wie Elliot es erwartete. Aber Keira spürte , wie sich etwas tief in ihrem Inneren löste. Das erste Mal seit ihrer Ankunft in Irland hatte sie etwas von dieser kahlen Ödnis berührt.
„Komm, weiter“, sagte Shane. Seine Stimme hatte die gewohnte Fröhlichkeit verloren. „Gehen wir.“
„Können wir noch einen Moment bleiben?“, bat Keira.
„Ich dachte, du bräuchtest einen Kaffee.“
„Der kann warten.“
Sie standen Seite an Seite, stumm, und schauten über die Welt. Meilenweit war niemand sonst zu sehen. Keira konnte sich nicht erinnern, jemals zuvor in einer so einsamen Gegend gewesen zu sein. Daheim in New York war sie immer von Menschen umgeben, von Lärm, von der Zivilisation. Aber hier gab es nur die Natur in ihrer krassesten Form.
„Habe ich was gesagt, das dich verstimmt hat?“, fragte Keira.
Es waren gute zehn Minuten vergangen, seit er ein Wort gesagt hatte. Es fühlte sich merkwürdig an, nicht unter Dauerbeschuss seines Spotts zu stehen.
„Ehrlich gesagt, ja“, sagte Shane schließlich.
„Oh.“ Keira hatte nicht mit solcher Offenheit gerechnet. Irgendwie war es erfrischend. Aber die brutale Wahrheit war eben auch genau das: brutal. „Was auch immer ich gesagt habe, es tut mir leid.“
Shane schaute sie schließlich an. „Ich bin nicht sicher, ob das stimmt.“
Er machte sich auf den Rückweg und ließ Keira zurück, am Rande der Welt. Sie riss sich schließlich zusammen und folgte ihm.
„Das ist nicht fair“, sagte sie und schloss zu ihm auf. Sie musste sich ganz schön anstrengen, um mit ihm Schritt zu halten.
„Ach?“, fragte er, mehr nicht.
Keira spürte die vertraute Irritation aufkommen. „Du kannst mir nicht vorwerfen, dass es mir nicht wirklich leid täte.“
„Nun, du weißt ja offenbar gar nicht, wofür du dich entschuldigen solltest, wie sollte es da aufrichtig gemeint sein?“
Keira runzelte die Stirn. Shane sprach mal wieder in Rätseln. „Es kann mir doch leid tun, wenn ich deine Gefühle verletzt habe, selbst wenn ich nicht weiß, womit.“
Shane zuckte mit den Schultern. „Vielleicht.“
„Was soll das denn heißen?“, fragte Keira herausfordernd. „Vielleicht“, ahmte sie ihn in mit ihrem besten irischen Akzent nach.
Shane lachte lauthals. „Wow, ich dachte Amerikaner sind schlecht darin, Akzente nachzuahmen. Aber du bist die Krönung. Dafür hättest du einen Preis verdient.“
Keira atmete frustriert aus. Immerhin hatte Shane zu alter Form zurückgefunden. Zu seiner vorhersehbar irritierenden Form.
Sie erreichten das Auto. Keira spürte die Wärme der Anstrengung in den Wangen, ihr Atem ging schnell.
„Du bist nicht sonderlich fit, was?“, spottete Shane, als er ihr die Beifahrertür aufhielt.
„Ich bin einfach Berge nicht gewohnt“, antwortete sie schnippisch. „Aber lass mich raten, du bist eine Art olympischer Wanderer?“
Shane lachte auf seine typische Art und Keira spürte wieder dieses Kribbeln. Sie mochte dieses Lachen, wollte ihn öfter dazu bringen. Es gab ihr ein gutes Gefühl, das aus ihm herauszukitzeln.
„Olympisches Wandern, warum nicht?“, sagte Shane kopfschüttelnd. „Nein, nicht ganz. Aber mein Vater hat mir das Boxen beigebracht. Und ich bin an einem See aufgewachsen und daher auch kein schlechter Schwimmer.“
Als sie ins Auto stieg, gab sie sich Mühe, unbeeindruckt zu erscheinen, aber in ihrer Vorstellung formte sich ein Bild von seinem muskulösen Körper, der aus dem See stieg, das Sonnenlicht glitzerte in den Wassertropfen, die seinen Bizeps herab liefen. Es war etwas schwierig, sich einen muskulösen Körper unter dem schlecht sitzenden T-Shirt und den Jeans vorzustellen, aber als sie dieses Bild erst einmal heraufbeschworen hatte, wurde sie es nicht mehr los.
Shane nahm auf dem Fahrersitz Platz und ihr wurde wieder einmal bewusst, wie klein diese Fahrzeuge hier waren und wie eng beieinander man darin saß.
„Dann bist du also stark?“, fragte sie und bemerkte, dass sie unabsichtlich schon wieder den flirtenden Unterton hatte. Sie hoffte, er bemerkte es nicht.
Sie rechnete beinahe damit, dass Shane den Ärmel aufkrempeln würde, um ihr seine Muskeln zu zeigen. Aber er zuckte einfach nur wie üblich mit den Schultern. „Kann man sagen.“
Er verließ den Parkplatz und Keira warf einen letzten sehnsuchtsvollen Blick auf den Burren. Sie ahnte, dass sie hier etwas ganz Besonderes zu sehen bekommen hatte, das sie nie wieder vergessen würde.
*
Sie kehrten zurück nach Lisdoonvarna, wo das Festival bereits eröffnet worden war. Die Straßen waren voll mit Männern und Frauen, die sich entsprechend gekleidet hatten. Geschäfte und Bars hatten ihre Türen geöffnet und die Lichter eingeschaltet, so dass die Stadt wie eine Discokugel glitzerte. An jeder Ecke stand ein Musiker oder eine Band, umgeben von Zuhörern, die tanzten und sangen, die Biergläser zum Himmel gereckt.
Das sah alles sehr spaßig aus, aber Keira hatte schließlich einen Plan, an den sie sich halten musste, daher holte sie ihr Notizbuch hervor und begann, ein paar Dinge zu notieren. Alles klang bissig: grelle Lichter, Las Vegas für Arme, nichts weiter als ein Nachtclub, den man auf die Straße gefegt hat.
„Was schreibst du da?“, fragte Shane, als er das Auto parkte.
Keira schlug ihr Notizbuch schnell zu. „Nichts.“
Shane schaute sie misstrauisch an, hakte aber nicht nach. „Wir sollten etwas essen“, sagte er. „Hier entlang.“
Keira folgte ihm durch die Menge der Feiernden. Einige trugen Kronen und Schärpen, alle waren ziemlich betrunken, obwohl es gerade erst dunkel wurde.
Sie hielten an einem langen Tisch, den man mitten auf die Straße gestellt hatte, daneben einen Grill. Teller mit Resten von Hähnchen und Burgern standen verstreut auf dem Tisch.
„Hier essen wir?“, fragte Keira und schaute Shane fragend an.
„Wieso nicht? Nicht fein genug für die Prinzessin?“
Keira war nicht gewillt, sich beleidigen zu lassen. Entschlossen setzte sie sich hin und schob einen Teller mit Resten und Ketchup beiseite. Ich nehme einen Burger, bitte“, sagte sie. „Gut durch.“
Er schmunzelte und ging los, um die Bestellung aufzugeben.
Als er weg war, kam eine Gruppe junger Frauen und setzte sich ebenfalls an den Tisch. Sie waren ziemlich laut. Keira wurde bewusst, dass dies eine ideale Gelegenheit war, um ein paar Interviews zu führen. Sie wandte sich an das Mädchen, das ihr am nächsten saß.
„Hi, entschuldige die Störung“, begann sie. „Ich bin Journalistin und schreibe einen Artikel über das Festival der Liebe hier in Lisdoonvarna. Macht es dir etwas aus, mir ein paar Fragen zu beantworten?“
„Schieß los“, sagte die junge Frau lachend. Sie hatte einen Schluckauf und war eindeutig beschwipst. „Ich habe hier langjährige Erfahrung, bin also genau die Richtige zum Fragen.“
„Ach?“, fragte Keira. „Langjährige Erfahrung? Du meinst, du warst schon öfter hier?“
Die Frau beugte sich zu ihr und flüsterte laut: „Ich komme jedes Jahr her.“
„Dann hast du nie den Passenden gefunden?“, fragte Keira, zufrieden, dass es offenbar Beweise für ihre skeptische Haltung gab.
„Oh, ich hatte einen Passenden, sicher. Ich finde jedes Jahr den Passenden.“ Sie zwinkerte Keira zu. „Das ist genau mein Ding.“
Keira machte sich schnell ein paar Notizen. Dass jemand das Festival benutzte wie eine Dating-App, war sehr interessant.
„Du kommst also jedes Jahr her für eine nette Affäre?“, hakte Keira nach.
„Genau so kann man das sagen“, antwortete die Frau.
„Dann glaubst du nicht an den Einen?“, hakte Keira nach. „An das perfekte Liebespaar?“
„Natürlich nicht“, rief die Frau. „Wir leben im 21. Jahrhundert. So etwas gibt es doch gar nicht mehr. So wie ich das sehe, sind wir sieben Milliarden Menschen auf diesem Planeten. Wie groß ist denn da die Chance, den Einen zu finden, vorausgesetzt, es gibt ihn überhaupt? Besser, man nimmt den ersten, zweiten, dritten, vierten…, du verstehst, was ich sagen will.“ Sie lachte.
Das ist perfekt, dachte Keira. Wenn selbst die Teilnehmer des Festivals dem Ganzen kritisch gegenüber standen, dann schrieb sich der Artikel praktisch von allein.
Gerade in dem Moment kam Shane zurück mit zwei Burgern und einem Bierkrug.
„Nicht noch mehr Bier“, stöhnte Keira. „Ich vertrage so viel Alkohol nicht.“
Shane grinste. „Du musst deinen Toleranzwert erhöhen. Das wird schon. Am Ende des Monats kannst du mich dann unter den Tisch trinken.“
Die Frau neben Keira beugte sich zu ihr herüber.
„Willst du mich deinem Freund nicht vorstellen?“, fragte sie und warf einen verführerischen Blick in Shanes Richtung.
Keira verstand nicht recht, wieso sie plötzlich rasende Eifersucht empfand. Es war beinahe schon instinktiv. Geradezu beängstigend.
Shane lehnte sich an ihr vorbei und reichte der Frau die Hand. „Shane Lawder“, sagte er mit blitzenden Augen.
„Ich bin Tessa“, antwortete sie. „Sehr erfreut, dich kennenzulernen.“
„Ganz meinerseits“, sagte Shane und zwinkerte ihr zu.
Zum ersten Mal sah Keira eine Seite von Shane, die er ihr bisher vorenthalten hatte: den Playboy. Sie konnte es in seinen Augen sehen, wie die Pupillen sich erweiterten. Shane nahm von diesem Festival so viel mit wie jeder andere auch. Er hatte bestimmt jedes Jahr eine kleine Affäre, genau wie diese Frau.
Keira lehnte sich zurück, während die beiden miteinander flirteten. Sie empfand eine ganze Reihe von verwirrenden Gefühlen, von Abscheu bis Wut. Sie holte ihr Handy hervor, auf der Suche nach Ablenkung.
Auf Instagram gab es weitere Bilder von Ruths Hochzeit. Zum ersten Mal fühlte sie sich etwas einsam und hatte Heimweh. Während sie die Bilder der Reihe nach anschaute, wurde sie plötzlich von einem unerwarteten Anblick überrascht: Im Hintergrund sah man Zach mit Ruths Freundin Julia tanzen. Und nicht nur tanzen, sondern tanzen. Seine Hände lagen auf ihrem Steiß, der unbekleidet war. Sie trug ein kurzes, sexy Kleid. Julia lehnte sich zu ihm, mit einem koketten Gesichtsausdruck. Sie sahen wie ein Paar aus, und zwar nicht nur wie ein rein zufälliges Tanzpaar.
Keira war fuchsteufelswild. Zach wusste ganz genau, dass sie diese Bilder sehen würde. Er hatte das mit voller Absicht gemacht, um sie zu ärgern.
Sie schickte eine Nachricht mit dem Bild an Zachary: Eifersüchtiger Freund schnappt sich erstbeste Schlampe.
Dann nahm sie den Bierkrug und schüttete sich ein Glas voll ein. Sie nahm einen kräftigen Zug. Es sollte der erste von vielen werden in dieser Nacht.
*
Keira wankte die Straße hinunter in Richtung ihres B&B. Sie hatte den Überblick verloren, wie viele Biere sie getrunken hatte, oder die Anzahl der Krüge, die bestellt worden waren. Es waren viele gewesen und dennoch nicht genug, um ihren Ärger über Zach zu betäuben.
„Hey, warte!“, rief Shane und folgte ihr. „Es gehört zu meinen Aufgaben, dafür zu sorgen, dass du heile nach Hause kommst.“
Er wirkte bemerkenswert nüchtern, wenn man bedachte, wie viel er getrunken hatte.
„Mir geht’s gut“, murmelte Keira. „Ich kann mich ja wohl kaum verlaufen, oder? Es gibt hier ja nur eine einzige Straße.“
„Ach, das ist das Problem, ja?“, fragte er lachend und nahm sie am Arm, um die Richtung zu halten. „Es gibt nicht genug Straßen in Lisdoonvarna für Prinzessin Keira?“
„Ich bin nicht in der Stimmung, um mich aufziehen zu lassen“, antwortete sie. Das Bild von Zach und Julia war ihr ins Gedächtnis gebrannt und machte sie immer noch wütend.
Shane wich zurück. „Okay“, sagte er, deutlich ernster. „Na, da sind wir ja auch schon.“
Sie hatten den Eingang zum B&B erreicht. Keira fummelte am Türgriff herum.
„Dann sehen wir uns morgen früh“, sagte Shane, als sie eintrat.
Sie antwortete nicht, sondern wankte durch den schwankenden Pub, die knarrende Treppe hinauf, in ihr Zimmer. Dort warf sie sich auf das Bett und seufzte schwer. Sie zog sich die Schuhe aus und rieb sich die schmerzenden Knöchel. Es war ein langer Tag gewesen. Aber er hatte sie auch inspiriert. Von ihrer Begegnung mit dem Matchmaker zu der grauen und kargen Landschaft des Burren, von Shanes und Tessas Tändelei auf dem Festival zu Zachs dreistem Versuch, sie auf der Hochzeit eifersüchtig zu machen. Es gab jede Menge, worüber Keira lästern konnte. Elliot würde den Artikel lieben.
Sie musste bloß den Rest des Festivals überstehen.