Ücretsiz

Tagebuch des Verführers

Abonelik
iOSAndroidWindows Phone
Uygulamanın bağlantısını nereye göndermeliyim?
Kodu mobil cihazınıza girene kadar bu pencereyi kapatmayın
TekrarlaBağlantı gönderildi

Telif hakkı sahibinin talebi üzerine, bu kitap dosya olarak indirilemez.

Yine de, onu mobil uygulamalarımızda (internet bağlantısı olmadan bile) okuyabilir ve Litres sitesinde çevrimiçi olarak okuyabilirsiniz.

Okundu olarak işaretle
Yazı tipi:Aa'dan küçükDaha fazla Aa

Ich mache vollkommen mein Glück bei der Tante, sie fühlt mich als einen reifen, ordentlichen Mann, mit dem man sich gern einlassen kann, der nichts mit den alltäglichen Gecken gemein hat. Bei Cordelia stehe ich nicht besonders gut. Sie verlangt natürlich nicht, dass jeder Mann ihr den Hof macht, dazu ist sie eine zu reine und unschuldige Weiblichkeit, aber sie fühlt meine Existenz beinahe empörend.

Sitzen wir in dem behaglichen Zimmer und sie übt ihren Zauber aus, über alle und alles, was mit ihr in Berührung kommt, da werde ich bei mir selbst ungeduldig und möchte aus meiner Höhle vorstürzen. Vor aller Augen sitze ich auf einem Sessel, aber ich liege doch eigentlich in einer Höhle auf der Lauer. Ich möchte ihre Hand fassen und das liebe Geschöpf fest in meinen Arm nehmen, damit keiner sie mir nimmt. Oder am Abend, wenn Eduard und ich fortgehen und sie mir ihre Hand zum Abschied reicht und ich dieselbe halte, dann möchte ich sie nicht mehr loslassen. Geduld – quod antea fuit impetus, nunc ratio est – sie muss noch ganz anders ins Netz laufen – und dann plötzlich breche ich mit der vollen Macht meiner Liebe hervor. Wir haben uns diesen Augenblick nicht durch Naschhaftigkeit, durch Antizipationen verdorben, mir verdankt das dann Cordelia! Ich arbeite, um Gegensätze zu schaffen. Ich spanne die Sehne wie ein Bogenschütze bald straffer, bald schlaffer, aber lege den Pfeil noch nicht auf die Sehne.

Kommen einige Personen in demselben Zimmer oft miteinander in Berührung, so entwickelt sich leicht eine Tradition und jeder nimmt seinen bestimmten Platz ein. Das Ganze wird eine Terrainkarte, die man, so oft man will, aufrollen kann. Im Wahlschen Hause ist es so. Wir trinken abends Thee. Nachher setzt sich die Tante an den kleinen Nähtisch. Eduard will leise und geheimnisvoll flüstern, und das macht er gewöhnlich so gut, dass er ganz stumm wird. Vor der Tante habe ich keine Geheimnisse, rede über Marktpreise, rechne, die Liter Milch aus, die zum Pfund Butter nötig sind, durch das Medium der Sahne, und die Dialektik des Butterns – nicht nur kann das ein junges Mädchen ohne Schaden hören, sondern Kopf und Herz werden durch diese erhebende Konversation in gleichem Masse veredelt. Dem Theetisch, Eduards und Cordelias Schwärmerei den Bücken wendend, schwärme ich mit der Tante. Ist die Natur nicht gross und weise in ihrer Produktivität, welche Wundergabe ist doch die Butter, welch ein prächtiges Resultat von Natur und Kunst. Dabei hört die Tante nicht, was Eduard und Cordelia miteinander sprechen, vorausgesetzt, sie reden überhaupt, dagegen ich kann jedes gewechselte Wort, jede noch so unbedeutende Bewegung hören. Es ist wichtig für mich, man weiss ja nicht, ob ein Verzweifelter nicht auch mal etwas Verzweifeltes wagt. Die vorsichtigsten und scheusten Menschen wagen zuweilen die verzweifeltsten Sachen. Obwohl ich nicht im mindesten mit diesen zwei einsamen Menschen zu thun habe, so kenne ich doch so weit Cordelia, um zu wissen, dass ich immer zwischen ihnen unsichtbar stehe.

Wir Vier bilden doch ein eigentümliches Bild zusammen. Eine Analogie würde ich finden, wenn ich Mephistopheles vorstellen wollte. Nur ist Eduard kein Faust. Bin ich aber Faust, so wäre Eduard Mephisto und dazu passt er gar nicht. Aber ein Mephistopheles bin ich nicht, in Eduards Augen am wenigsten. Ich bin für ihn der gute Genius seiner Liebe, sehr wohl thut er daran, er kann sicher sein, keiner wacht so über seiner Liebe wie ich. Versprochen habe ich ihm, die Tante zu unterhalten, ich erfülle diese ehrenvolle Aufgabe ganz ernst, und diese verschwindet auch beinahe in lauter Ökonomie vor unseren Augen; in Küche und Keller gehen wir, auf den Boden, sehen nach Hühnern und Enten, nach kleinen Gänsen u. s. w. Alles das ärgert Cordelia, denn sie kann nicht begreifen, was ich damit bezwecke. Ein Rätsel bin ich ihr, aber eines, das sie gar nicht raten mag, sie wird davon erbittert und indigniert. Wohl fühlt sie, dass die Tante, die eine so ehrwürdige Dame ist, fast lächerlich wird. Dabei ordne ich aber meine Karten so gut, dass sie fühlt, es ist unmöglich, mir hineinzuschauen oder entgegenzuarbeiten, und zuweilen treibe ich das Spiel so weit, dass ich Cordelia dahin bringe, heimlich über die Tante zu lächeln. Solche Etüden müssen gemacht werden. Ich lächele niemals mit Cordelia zusammen, da würde sie nie über die Tante lachen, ich bleibe ernst, nur sie ist gezwungen, zu lächeln. Dies ist die erste falsche Weisheit: Es muss ihr gelehrt werden, ironisch zu lächeln. Doch mich trifft das Lächeln fast ebenso wie die Tante. Sie weiss gar nicht, was soll sie von mir denken. Es kann ja sein, ich bin ein junger zu früh alt gewordener Mann, oder – – oder – –. Hat sie dann über die Tante gelacht, so wird sie über sich selbst böse, ich wende mich um, spreche mit der Tante weiter, sehe sie ganz ernsthaft an, und sie lächelt über mich und die Situation. Unser Verhältnis basiert nicht auf empfindungsvollen und kostbaren Umarmungen des Verständnisses, es ist keine Attraktion des Einverständnisses, sondern eine Repulsion des Missverständnisses. Mein Verhältnis zu ihr ist im Grunde keines. Es ist ein absolut geistiges Verständnis für ein junges Mädchen natürlich gleichbedeutend mit »nichts«. Doch hat die Methode, die ich jetzt anwende, ihre ausserordentlichen Vorteile. Ein Mensch, der als Kavalier auftritt, weckt Verdacht und ruft einen Widerstand hervor. Von allen solchen Sachen bin ich befreit. Man misstraut mir nicht, im Gegenteil, man möchte einen ehrenvollen jungen Mann in mir sehen, der geeignet ist, ein junges Mädchen zu bewachen. Die Methode hat nur einen Fehler und das ist ihre Langweiligkeit, darum kann sie auch nur bei Individuen angewendet werden, bei denen etwas Interessantes zu finden ist.

Ein junges Mädchen, welch verjüngende Macht sie besitzt. Frische Morgenluft, Winde und Wogen des Meeres, der feurige Wein, nichts – nichts hat in der Welt diese jüngende Macht.

Sie wird mich bald hassen. Ich mache mich ganz zum Hagestolzen. Sage, mein höchster Wunsch ist, immer gemütlich zu sitzen, bequem zu liegen, einen Diener zu haben, auf den ich mich verlassen kann, einen Freund, auf den man sich verlassen kann, mit dem man Arm in Arm geht, kann ich nun die Tante dazu bringen, ihre Landwirtschaftsideen aufzugeben, so bringe ich sie auf dasselbe Gebiet. Das stachelt die Ironie an. Über Hagestolzen kann man lachen, man darf sie sogar bemitleiden, und zugleich empört ein junger Mensch, der nicht geistlos ist, ein junges Mädchen durch solches Benehmen. Denn die volle Bedeutung und die Poesie ihres Geschlechts wird dadurch zerstört.

So vergehen die Tage, ich sehe sie, ohne sie zu sprechen, ich spreche in ihrer Gegenwart mit der Tante. Nur in der Nacht manchmal, da muss ich meiner Liebe Luft schaffen. Dann in einen Mantel gehüllt, den Hut tief über die Augen gedrückt, gehe ich zu dem Hause, wo sie wohnt. Ihr Schlafzimmer geht nach dem Hof hin, da es aber in einem Eckhaus ist, kann man es von der Strasse sehen. Sie steht oft einen Augenblick an dem Fenster, oder sie öffnet es und betrachtet die Sterne. Ich gehe wie ein Geist in diesen nächtlichen Stunden um; wie ein Geist bewohne ich den Platz, an dem ihr Haus liegt. Sie steht oben, unbeachtet von allen, nur nicht von dem, von dem sie sich am wenigsten beobachtet glaubt. Ich aber unten vergesse alles, habe keine Pläne, keine Berechnung mehr, werfe den Verstand über Bord, und meine Brust weitet sich und stärkt sich, durch tiefe Seufzer, eine Motion, die ich nicht missen kann, weil ich unter dem Schema meines ganzen Lebens zu sehr leide. Andere sind Tugendhelden am Tag und Sünder bei der Nacht, ich bin Heuchler am Tag und Sehnsüchtiger nachts. Könnte sie mich hier sehen und in meine Seele hineinschauen – ja wenn! Dies Mädchen, wenn es sich selber verstünde, müsste einsehen, er ist der rechte Mann für mich. Sie ist zu heftig, zu leicht erregt, um eine glückliche Ehe zu bekommen. Sie darf nicht durch einen gewöhnlichen Verführer fallen, fällt sie durch mich, so rettet sie aus der Niederlage das Interessante. Sie muss im Verhältnis zu mir, wie das Wortspiel der Philosophen sagt, »zu Grunde gehen«.

Eigentlich mag sie nicht zuhören, wenn Eduard spricht. Wie es immer geht, sind die Grenzen eng gezogen, so entdeckt man mehr und mehr Interessantes, sie hört zuweilen meinen Gesprächen mit der Tante zu. Ich mache dann gern eine am Horizont aufzuckende Andeutung, wie aus einer ganz fremden Welt, die Tante sowohl wie Cordelia sind dann erstaunt. Den Blitz sieht die Tante, hört aber nichts, die Stimme hört Cordelia, sieht aber nichts. Gleich darauf ist alles wieder in Ordnung, die Unterhaltung fliesst zwischen der Tante und mir weiter, einförmig und nur von dem Summen der Theemaschine begleitet. Ungemütlich können solche Augenblicke sein, besonders für Cordelia. Niemand hat sie, mit dem sie sprechen kann. Würde sie sich an Eduard wenden, könnte es sein, dass er aus Verlegenheit Dummheiten machte, sieht sie sich nach der Tante und mir um, so fällt ihr ein unangenehmer Gegensatz auf, da bei uns Sicherheit herrscht und der monotone Hammerschlag unserer ruhigen Konversation gegen Eduards Unsicherheit absticht. Denken kann ich es mir, in Cordelias Augen muss die Tante wie verhext sein, so bewegt sie sich gleichmässig im Tempo mit meinem Takt. Aber an unserer Unterhaltung kann sie auch nicht teilnehmen, wie ein Kind behandle ich sie dabei, nicht um mir aus diesem Grund eine Freiheit gegen sie zu erlauben, eher das Gegenteil. Ich weiss wie schädlich so etwas wirkt, und das Wichtigste ist hier, dass ihre Weiblichkeit sich rein und schön erhebt. Bei meinem intimen Verhältnis zur Tante ist es mir leicht, sie als ein Kind zu behandeln, das noch nichts von der Welt weiss. Ihre Weiblichkeit wird dadurch nicht verletzt, nur neutralisiert. Es kann sie nicht beleidigen, wenn ich annehme, dass sie Marktpreise nicht kennt, empört wird sie aber, dass Derartiges das Höchste im Leben sein soll. Die Tante aber, imponiert von meinem kräftigen Verstand, überbietet sich fast selbst und ist ganz fanatisch geworden. Dass ich nichts bin, das ist das Einzige, darein kann sie sich nicht finden. So oft jetzt von einem vakanten Amt die Rede ist, mache ich darum die Bemerkung, »das wäre etwas für mich«. Und ich spreche dann sehr ernsthaft mit ihr darüber. Natürlich merkt Cordelia die Ironie, und das ist es, das will ich.

 

Armer Eduard! Schade, dass er nicht Fritz heisst. So oft ich über sein Verhältnis zu mir nachdenke, fällt mir Fritz in der »Braut«, Theaterstück von Scribe, ein. Eduard ist, wie sein Vorbild, Korporal bei der Bürgergarde. Soll ich ehrlich sein, so muss ich gestehen, Eduard ist auch ziemlich langweilig. Er fasst die Sache nicht richtig an. Er kommt immer so geschniegelt und stramm an, unter uns gesagt, ich komme aus Freundschaft für ihn immer fast nachlässig in die Gesellschaft. Armer Eduard, das einzige, was mir wehthut, ist, dass er mir so unendlich zugethan ist, dass er fast nicht weiss, wie er mir danken soll. Mir dafür zu danken, ist wirklich zu viel.

Könnt ihr endlich nicht ruhig werden? Den ganzen Morgen habt ihr nichts anderes gethan, als an meiner Markise gerissen, mit meinem Reflektionsspiegel und der Schnur daran gespielt, und euch bemerkbar gemacht auf die unmöglichste Weise, als wolltet ihr mich zu euch hinausholen. Das Wetter ist schön, aber lasst mich sein, ich bleibe zu Hause . . . Ihr übermütigen, ausgelassenen Zephirwinde, ihr flotten Burschen, könnt ihr nicht allein gehen und euch wie immer mit den jungen Mädchen unterhalten. Jawohl, ich weiss es, ein Mädchen verführerisch zu umarmen, das versteht keiner so wie ihr, entfliehen kann sie euch nicht – und will es auch nicht, denn ihr erhitzt die innere Glut nicht, ihr kühlt . . . . Meint ihr, davon hättet ihr kein Vergnügen, ihr meint, ihr thätet es nicht um euretwillen, . . . . nun also, ich gehe mit; aber unter zwei Bedingungen nur. Erstens, auf dem Kongens Nytorp wohnt ein junges Mädchen, das mich nicht lieben will, und das Schlimmste ist, sie mag einen andern, und sie sind schon so weit, dass beide Arm in Arm spazieren gehen. Heute will er sie um 1 Uhr abholen. Versprecht mir, die stärksten Bläser unter euch sollen sich in der Nahe verstecken, bis beide aus der Hausthüre auf die Strasse kommen. Sowie er in die Königstrasse einbiegt, stürzt eine Abteilung von euch hervor, nimmt ihm den Hut vom Kopf, möglichst höflich, und macht, dass er in einiger Entfernung auf den Boden fällt, zu weit aber nicht, denn sonst könnte er wieder nach Hause gehen. Er darf ihren Arm nicht fahren lassen und muss immer meinen, den Hut im nächsten Augenblick zu bekommen. Führt ihn so, ihn und sie durch die grosse Königstrasse bis zum Hoibroplatz. . . . Wie lange kann das dauern? Eine halbe Stunde, denke ich. Eh bien, punkt ½1 Uhr komme ich von der Osterstrasse. Hat nun jenes Detachement die Liebenden mitten auf den Platz geführt, dann macht ihr einen gewaltsamen Angriff auf dieselben. Ihr reisst auch ihr den Hut ab, zerzaust ihr die Haare und entführt ihr den Shawl, und dabei fliegt der Hut jubelnd höher und höher, kurz, macht eine Konfusion, dass nicht ich allein, sondern dass das ganze verehrte Publikum in schallendes Gelächter ausbricht, die Hunde müssen anfangen zu bellen, auf dem Thurm wird vom Wächter die Sturmglocke geläutet u. s. w. Richtet es so ein, der Hut muss zu mir hinfliegen, ich will der Glückliche sein, der ihn überreichen darf. Das erstens, nun noch zweitens. Die Abteilung des Detachements, die mir folgt, hört auf meinen leisesten Wink, hält sich in den Grenzen des Anstandes, insultiert kein junges Mädchen, bedient sich keiner weiteren Freiheiten, nur dass die kindliche Seele an dem Scherz ihre Freude hat, der Mund dabei lächelt, das Auge muss seine Ruhe bewahren können, und das Herz ohne Angst bleiben. Keiner von euch wage anders aufzutreten, sein Name soll sonst verflucht sein. Und jetzt, angefangen, hinein in das Leben voll Freude, Jugend und Schönheit. Ihr sollt mir jetzt zeigen, was ich schon oft gesehen habe, was mich nie müde macht, immer will ich es wiedersehen, zeigt mir ein schönes, junges Mädchen in enthüllter Schönheit, dass sie ohne Hülle schöner wird, und examinieren sollt ihr sie, so dass ihr das Examen Freude macht! – Jetzt gehe ich die Breitestrasse, aber wie ihr wisst, über meine Zeit kann ich nur bis ½2 Uhr verfügen. – –

Ein junges Mädchen kommt dort, prall und geputzt, da Sonntag ist. . . . . Kühlt ihr ein wenig das Blut, gleitet leicht über sie hin, mit unschuldiger Berührung müsst ihr sie umarmen. Die Wangen werden rot, die Lippen bekommen stärkere Farbe, der Busen hebt sich, .... nicht wahr, schönes Mädchen, unbeschreiblich ist es, ein seliger Genuss ist es, diese frische Luft einzuatmen. Der kleine Mantel von ihr bewegt sich wie ein Blatt, wie sie frisch und stark den Atem einzieht Jetzt geht sie langsamer, wie von den leisen Lüften getragen, wie eine Wolke, wie ein Traumbild, . . . . . Blast etwas stärker, in andauernden Zügen! . . . . Sie sammelt sich, legt die Arme fester an die Brust, sie hüllt sich behutsam ein, damit ihr nicht zu nahe kommt. . . . Ja, der Mensch wird von der Anfechtung schöner. In den Zephyr müsste sich jedes Mädchen verlieben. Wie er kann kein Mann, der mit ihr kämpft, die Schönheit erhöhen. . . . Ihr Körper neigt sich ein wenig vor, beugt sich gegen die Fusspitze. . . . Hört ein wenig auf, ihre Figur verliert ihre Schlankheit, sie wird breit . . . . kühlt sie ein bischen! . . . . Nicht wahr, mein Mädchen, wenn man warm geworden ist, ist das erquickend, diese erfrischenden Lüfte um sich zu fühlen. Aus Dankbarkeit, aus reiner Freude am Leben, möchte man seine Arme ausbreiten, . . . . sie wendet sich auf die Seite . . . . rasch nun einen tüchtigen Stoss, dass ich die Schönheit ihrer Körperformen ahnen darf! . . . . Stärker etwas! Dass das Kleid sich enger um sie schmiegt! – Nein, nicht so viel! . . . . Es wird unschön! Sie geht nicht mehr so unbefangen und leicht! Sie wendet sich wieder um! . . . . Blast . . . . genug, genug! Viel zu viel, eine Locke fliegt ihr schon über das Gesicht, . . . . wollt ihr aufhören! – – Ah, ein ganzes Regiment kommt:

 
Die eine ist verliebt gar sehr;
Die andre wünscht, dass sie es wär'.
 

Ja, ohne Zweifel, eine unangenehme Sache ist es im Leben, am linken Arm seines zukünftigen Schwagers zu gehen. Für ein Mädchen ist es ungefähr dasselbe, als was es für einen Mann ist, Kopist zu sein. . . . Aber der Kopist kann avancieren, er hat auch seinen Platz im Kontor, er ist beteiligt bei ausserordentlichen Angelegenheiten, und das ist nicht das Los der Schwägerin; aber im Gegensatz zum Kopisten ist ihr Avancement nicht so langsam, wenn sie avanciert und in ein anderes Kontor versetzt wird. . . . Hebt euch ein wenig, Zephyre! Wenn man einen festen Anhaltspunkt hat, dann kann man Widerstand leisten. Der Mittelpunkt steht kräftig da, nur Flügel können ihn fortbewegen. Er steht fest genug, ihm kann der Wind nichts anhaben, dazu ist er zu schwer – aber auch zu schwer, als dass der Wind ihn von der Erde wegheben könnte. Er drängt sich vor, um zu zeigen, dass er einen schweren Körper hat; aber je unbeweglicher er feststeht, desto mehr leiden die kleinen Mädchen darunter. . . . Meine schönen Damen, darf ich Ihnen nicht mit einem guten Rate helfen? Lassen Sie den künftigen Mann und Schwager aus dem Spiel, versuchen Sie allein zu gehen und Sie werden sehen, dass Sie viel mehr Vergnügen davon haben. . . . Weht jetzt ein wenig leiser! . . . . Wie sie sich in den Wellen des Windes tummeln, bald bewegen sie sich durcheinander zu beiden Seiten der Strasse, – kann Tanzmusik eine frischere Munterkeit hervorbringen? Und doch ermattet der Wind nicht, er stärkt bald jagen sie wie mit vollen Segeln die Strasse herunter – kann ein Walzer ein junges Mädchen verführerischer hinreissen, und doch ermüdet der Wind nicht, sondern er trägt. . . . Jetzt drehen sie sich gegen den Mann und den Schwager. . . . Nicht wahr, ein bischen Widerstand ist angenehm? Man kämpft gern, um zu besitzen was man liebt; und man erreicht das, wofür man kämpft, es verfügt darüber ein höheres Schicksal. Hab ich's nicht richtig gemacht? Wenn man selber den Wind im Rücken hat, so kann man leicht an dem Geliebten vorübergehen, aber hat man ihn konträr, so kommt man in eine angenehme Bewegung und fliegt dem Geliebten entgegen, und der Wind kommt einem erfrischender vor, aufreizender, verführerischer, er kühlt die Frucht der Lippen, die kalt genossen am besten ist, weil sie selbst so heiss ist, wie Champagner erhitzt, wenn er fast wie Eis ist. Wie sie lachen und schwatzen . . . . und der Wind trägt ihre Worte weg. Sie haben nichts, worüber sie sprechen können – und sie lachen wieder, beugen sich vor dem Wind, halten den Hut fest und gehen vorsichtiger. . . . Ruhig, ruhig ihr Winde, die jungen Mädchen werden sonst ungeduldig, zürnen und fürchten sich vor uns! – –

So ist's recht, energisch und kräftig, rechtes Bein vor das linke. . . . Sieht sie sich nicht keck und mutig in der Welt um! .... Sie hat einen unterm Arm, verlobt also! Mein Kind, zeig doch, was für ein Geschenk hat Dir des Lebens Weihnachtsbaum gebracht? Wirklich, o ja, mir scheint, es ist ein ganz solider Bräutigam. – Dies ist noch das erste Stadium der Verlobung, möglich, – sie liebt, aber ihre Liebe flattert noch weit und geräumig lose um ihn, sie ist noch im Besitz des Liebesmantels, der viele verbergen kann. . . .

Blast etwas kräftiger! Ja, wenn man so schnell geht, dann ist es kein Wunder, dass die Hutbänder sich gegen den Wind sträuben, so dass es aussieht, als trügen sie wie Flügel ihre leichte Gestalt – und ihre Liebe, auch sie ist dabei; wie der Schleier einer Elfe spielt die Liebe mit dem Wind. Ja, so wenn sie Liebe sieht, sieht sie so üppig aus, wenn man sich aber darin einhüllen will, wenn die Schleier zu einem tagtäglichen Kleid umgenäht werden sollen, da bleibt nicht Platz für viel Ausputz. . . . O mein Gott, hat man Mut gehabt, einen entscheidenden Schritt für das Leben zu wagen, sollte man da nicht Courage haben, gerade gegen den Wind zu gehen. Wer zweifelt daran? Ich – nicht. Aber erhitzen Sie sich nicht, mein Fräuleinchen, erhitzen Sie sich nicht. Die Zeit ist ein strenger Zuchtmeister und der Wind ist auch zu etwas gut. . . . Neckt, neckt sie ein wenig. . . . Wo verschwand ihr Taschentuch? Ja, sie bekam es doch wieder. Da ging das eine Hutband los . . . . es ist wirklich peinlich, dass der Zukünftige Zeuge ist . . . Sieh da, eine Freundin kommt, die müssen sie grüssen. Sie begegnet ihr zum erstenmal nach ihrer Verlobung. . . . Sie gehen gewiss in die Breitestrasse, um sich als Verlobte zu zeigen und haben ausserdem die Absicht, auf die »Langelinie« zu fahren. So viel ich weiss, ist es Sitte, dass Eheleute am ersten Sonntag nach der Hochzeit in die Kirche gehen, die Verlobten dagegen auf die Langelinie. Ja, eine Verlobung hat wirklich viel Ähnlichkeit mit der Langenlinie. Aufpassen, der Wind wird den Hut forttragen, festhalten, den Kopf etwas vorbeugen. . . . Wirklich fatal, man konnte die Freundin nicht grüssen, konnte sie nicht mit überlegener Miene grüssen, eine Braut nimmt immer Überlegenheit andern jungen Mädchen gegenüber an. Blast nun etwas weniger. . . . Die schönen Tage kommen jetzt . . . . wie fest sie sich an dem Geliebten hält, sie sieht zu ihm hin, freut sich an ihm, und ist selig in ihren Zukunftsgedanken. … O, mein Mädchen, mache nicht zu viel aus ihm. . . . Oder verdankt er es nicht zuerst mir und dem Wind, dass er so kräftig aussieht? Und Du selber, hast es auch mir und den linden Lüften zu danken, sie heilen Dich jetzt, und Du vergisst alle Schmerzen.

 
Aber ich wünsch keinen Studenten mir,
Der nachts nur lesen thut,
Ich wünsch mir einen Offizier
Mit Federn an dem Hut.
 

Das kann man Dir sofort ansehen, mein Kind, Dein Blick verrät das etwas, . . . . nein, Du sollst keinen Studenten haben – – aber warum gerade einen Offizier, sollte ein Kandidat, der mit seinen Studien fertig ist, nicht dasselbe ausrichten können? . . . . . . . . In diesem Augenblick kann ich Dir weder mit einem Offizier, noch mit einem Kandidaten dienen, dagegen kann ich Dir mit einigen temperierten Abkühlungen dienen: . . . Wehet jetzt ein wenig. . . . Das war gut, wirf den seidenen Shawl über die Schulter zurück. Geh ein wenig langsamer, dann wird die Wange noch ein bischen bleicher und der Glanz der Augen nicht so heftig. – – So. Ja, ein wenig Bewegung, besonders bei einem so schönen Wetter wie heute, und ein bischen Geduld, und Sie bekommen bestimmt den Offizier. Dass Du so voll Leben, voll Sehnsucht, voll Ahnung bist!? – – Es ist ein Paar, das für einander geboren ist.

Wie sie fest und sicher auftreten, ganz einander vertrauend. Welche »harmonia prestabilita«, wie Leibnitz sagt, und in allen Bewegungen. Leicht und graziös sind ihre Bewegungen nicht, sie tanzen nicht miteinander, ihre Lebensanschauung heisst: Das Leben ist eine Wanderschaft. In der That, sie scheinen prädestiniert zu sein, sie werden miteinander Arm in Arm durch des Lebens Leiden und Freuden wandern. So sehr harmonieren sie miteinander, dass die Dame sogar den Vorzug, auf dem Trottoir zu gehen, aufgegeben hat. . . . Aber meine lieben Zephyrwinde, ihr seid so eifrig hinter dem Paar her. Wirklich, es scheint das nicht wert zu sein. . . . Halb Zwei ist es, zurück zum Hoibro-Platz.

 

Allmählich geh ich zum Angriff über, rücke ich immer näher, indem ich zu direkten Angriffen übergehe. Diese Veränderung kann ich auf folgende Weise auf der Kriegskarte bei den Zusammenkünften bei der Tante bezeichnen. Meinen Stuhl habe ich so gestellt, so dass ich mich mehr an sie wenden kann. Ich gehe mehr auf sie ein, spreche sie an, zwinge sie zu antworten. Sie hat eine heftige leidenschaftliche Seele und am Aussergewöhnlichen Freude. Sie wird von meiner Ironie über die Welt, meiner Verachtung der Feigheit, und meinem Spott über die schläfrige Trägheit gefesselt. Sie möchte ganz gern am Himmel den Sonnenwagen lenken, der Erde näher kommen und die Menschen etwas rösten. Trotzdem hat sie kein rechtes Vertrauen zu mir, ich habe bisher jede Annäherung auf dem Gebiet des Geistes verhindert. Sie muss, ehe sie sich an mich anlehnen darf, erst stark in sich selbst werden. Für Augenblicke sieht es so aus, als wäre sie es, die sich zur Vertrauten in meiner Freimaurerei machen wollte, aber das ist nur für Augenblicke: Sie selbst muss sich entwickeln, sie muss die Spannkraft ihrer Seele fühlen, sie muss die Welt nehmen und tragen. Was für Fortschritte sie macht, das zeigt mir ihr Blick und ihr Auge. Einmal habe ich darin den Zorn der Vernichtung gesehen. Mir soll sie nichts zu verdanken haben; denn frei muss sie sein, nur. in der Freiheit ist Liebe, nur in der Freiheit ist Zeitvertreib und ewige Lust, trotzdem ich sie so in Beschlag nehme, dass sie wie mit Naturnotwendigkeit in meinen Schoss sinken muss, trotzdem ich arbeite, sie dahin zu bringen, dass sie zu mir gravitiert, so kommt es doch darauf an, dass sie nicht wie ein schwerfälliger Körper fällt, sondern wie ein Geist gegen Geist gravitiert. Trotzdem sie mir gehören soll, darf dieses doch nicht identisch mit dem Unschönen sein, so dass es auf mir wie eine Last ruht. Sie darf mir weder in physischer Hinsicht eine Plage, noch in moralischer Hinsicht eine Verpflichtung sein. Zwischen uns beiden soll nur das Spiel der Freiheit herrschen. Sie soll mir so leicht sein, dass ich sie auf meinen Arm nehmen kann.

Cordelia beschäftigt mich fast zu viel. Wenn ich ihr persönlich gegenüberstehe, verliere ich mein Gleichgewicht nicht, aber dann, wenn beim Alleinsein mein Verstand sich aufs Strengste mit ihr abgiebt. – Ich kann mich nach ihr sehnen, nicht um mit ihr zu reden, nur um ihr Bild an mir vorüberschweben zu lassen, ich kann mich ihr nachschleichen, wenn ich weiss, sie ist ausgegangen, nicht um gesehen zu werden, aber um zu sehen. Letzten Abend kamen wir zusammen von Baseters, Eduard begleitete sie. In grösster Eile trennte ich mich von ihnen und lief in eine andere Strasse hinein, wo mein Diener mich erwartete, im Augenblick war ich umgekleidet und begegnete ihr noch einmal, ohne dass sie es ahnte. Eduard war stumm wie immer. Verliebt bin ich, das ist gewiss, aber nicht im gewöhnlichen Sinn, man muss sehr vorsichtig sein, wenn man so verliebt ist, die Folgen sind immer gefährlich, und man ist es ja nur einmal. Doch der Gott der Liebe ist blind, wenn man klug ist, kann man ihn gewiss täuschen. Die Kunst ist, so empfindlich wie möglich für den Eindruck zu sein, zu wissen, welchen Eindruck man macht, und welchen Eindruck man von jedem jungen Mädchen empfängt. Auf diese «Weise kann man in viele auf einmal verliebt sein, weil man in die Einzelheiten auf verschiedene Weise verliebt ist. Eine zu lieben ist zu wenig, alle zu lieben ist Oberflächlichkeit, sich selbst zu kennen und so viele wie möglich zu lieben, die Mächte der Liebe in seiner Seele zu verbergen, dass sie ihre bestimmte Nahrung bekommt, während das Bewusstsein das Ganze umspannt, – das ist Genuss, das ist Leben!

Eduard kann sich eigentlich nicht über mich beklagen. Freilich will ich, dass er Cordelia zum Probestein dienen soll, und dass sie durch ihn gegen die banale Liebe Abscheu kriegen soll, und auf diese Art aus ihren Grenzen heraustreten soll – aber gerade dazu gehört, dass Eduard keine Karrikatur sein soll, denn dann hilft es mir nichts. Eduard ist nicht nur bürgerlich genommen eine gute Partie – so etwas wiegt in ihren Augen nicht schwer, ein junges Mädchen von siebzehn Jahren sieht darauf nicht, – aber er hat auch persönlich viele liebenswürdige Eigenschaften, und ich helfe ihm immer, diese so vorteilhaft als möglich zu beleuchten. Wie eine Kammerjungfer oder wie ein Dekorateur, so statte ich ihn aus, so gut ich es kann, und so weit die Mittel reichen, ja zuweilen schmücke ich ihn sogar mit geliehenen Federn. Wenn wir dann zusammen zu Cordelia gehen, ist es mir ganz sonderbar, neben ihm zu gehen. Es ist mir, als ob er mein Bruder oder mein Sohn wäre, und doch ist er mein gleichalteriger Freund und mein Rival. Gefährlich kann er mir nie werden. Je höher ich ihn hinstelle, da er doch fallen muss, desto mehr Einsicht bekommt Cordelia über das, was sie verschmäht, und desto grösser wird ihre Ahnung von dem, wonach sie sich sehnt. Ich helfe ihm zurecht, ich empfehle ihn, kurz, ich thue alles, was ein Freund für einen anderen thun kann. Um meiner Kälte richtig Relief zu geben, hetze ich mich selbst gegen Eduard auf. Ich schildere ihn als Schwärmer. Da Eduard nicht im mindesten versteht, sich selbst zu helfen, so muss ich ihn vorziehen.

Cordelia hasst und fürchtet mich. Was fürchtet ein junges Mädchen? Geist. Warum? Weil Geist die Verneinung ihrer ganzen weiblichen Existenz ausmacht. Männliche Schönheit, ein einnehmendes Wesen, und so weiter, sind gute Mittel. Durch sie kann man auch Eroberungen machen, aber nie einen vollständigen Sieg gewinnen. Warum? Weil man dann das junge Mädchen in seiner eigenen Potenz bekriegt, und in ihrer eigenen Kraft ist sie doch immer die Stärkste. Durch solche Mittel kann man ein junges Mädchen zum Erröten bringen, die Augen zum Senken, aber nie wird man die unbeschreibliche schnürende Angst erzeugen, die ihre Schönheit interessant macht.

Non formosus erat, sed erat facundus Ulisees, et tarnen aquoreas torsit amore Deas Ovidius: Ars amandi: Odysseus war nicht schön, doch Schönredner und brachte die Göttinnen des Meeres dazu, sich in Liebe zu ihm zu winden.

Ein jeder muss seine Kräfte kennen. Etwas, was mich oft aufgeregt hat, ist, dass auch die, welche auf Voraussetzungen leben, sich so tölpelhaft benehmen. Eigentlich müsste man jedem jungen Mädchen ansehen können, wenn sie einem andern oder richtiger ihrer eigenen Liebe zum Opfer gefallen ist, in welcher Richtung sie betrogen worden ist. Der routinierte Mörder hat einen bestimmten Stoss und die erfahrene Polizei erkennt gleich den Thäter, wenn sie die Wunde sieht. Aber wo trifft man solch systematischen Verführer, wo solchen Psychologen? Ein junges Mädchen verführen, bedeutet für die meisten, ein junges Mädchen zu verführen, sonst nichts – und doch wieviel liegt nicht in diesem Begriff!