Kitabı oku: «Zur Selbstprufung der Gegenwart empfohlen», sayfa 6
Also, einige zweifelten. Aber dann waren wieder einige, die durch Gründe den Zweifel zu widerlegen suchten. Eigentlich ist doch wohl der Zusammenhang dieser: das erste war, daß man durch Gründe das Christentum zu beweisen, oder Gründe für das Christentum anzubringen suchte. Und diese Gründe – sie erzeugten den Zweifel, und der Zweifel wurde der stärkere. Der Beweis für das Christentum liegt nämlich eigentlich in der »Nachfolge«. Die nahm man weg. So fühlte man ein Bedürfnis nach »Gründen«; aber diese Gründe oder dies, daß Gründe da sein sollen, ist schon eine Art des Zweifelns – und dann erhob sich der Zweifel und lebte von den Gründen. Man merkte nicht, daß, je mehr Gründe man anführt, desto mehr nährt man den Zweifel, und desto stärker wird er; dem Zweifel Gründe bieten, um ihn zu töten, heißt gleichsam, einem hungrigen Ungeheuer, welches man loszuwerden wünscht, die wohlschmeckende Speise bieten, die es am meisten liebt. Nein, dem Zweifel soll man nicht – wenigstens nicht, wenn es die Absicht ist, ihn zu töten – Gründe bieten, sondern, wie Luther sagt, ihm gebieten, den Mund zu halten, und zu dem Ende selbst reinen Mund halten und nicht mit Gründen kommen.
Diejenigen dagegen, deren Leben das Merkmal der »Nachfolge« trug, die haben nicht an der Himmelfahrt gezweifelt. Erstens, weil ihr Leben zu angestrengt, zu sehr in täglichen Leiden hingeopfert war, um müßig da sitzen und sich mit Gründen und Zweifeln, gerade oder ungerade, beschäftigen zu können. Die Himmelfahrt stand ihnen fest; aber sie kamen vielleicht sogar seltener dazu, an sie zu denken oder bei ihr zu verweilen – weil ihr Leben so thätig war, und auf dem schmalen Wege. Da ist's, wie mit einem Krieger, der eine prachtvolle Tracht besitzt; er weiß sehr wohl, daß er sie hat, aber er sieht sie fast nie an, denn sein ganzes Leben geht dahin in täglichem Kämpfen und Wagen, und darum hat er eine tägliche Kleidung, um sich recht rühren zu können. Sieh, so waren die, deren Leben das Merkmal der Nachfolge trug, davon überzeugt, daß ihr Herr und Meister gen Himmel fuhr. Und was dazu beitrug, das war wieder die Nachfolge. Alle diese täglichen qualvollen Leiden, die sie tragen mußten, alle diese Opfer, die sie bringen mußten, all dieser Widerstand der Menschen, Hohn und Spott und Schimpf und blutige Grausamkeit, alles dies brachte mit Macht in den »Nachfolgern« den Drang hervor, der, wie die Himmelfahrt die Naturgesetze sprengt oder mit ihnen streitet, das ist ja die Einwendung des Zweifels, so die bloß menschlichen Trostgründe sprengt – wie sollten diese auch Den trösten können, der leiden muß, weil er Gutes thut! –; den Drang, den es nach einer anderen Art von Trost drängt, der nach ihres Herrn und Meisters Himmelfahrt dringt, und gläubig durchdringt zu der Himmelfahrt. So ist's immer mit dem Drang in einem Menschen; Speise geht aus von dem Esser: wo der Drang ist, da bringt er gleichsam selber das hervor, wonach er dringt. Und die Nachfolger, wahrlich die bedurften seinerHimmelfahrt, um das Leben, welches sie führten, auszuhalten – nun, darum ist sie ihnen auch gewiß. Aber einer, der müßig sitzt in guten Tagen oder geschäftig von Morgen bis Abend in geschäftiger Bewegung ist, aber nie etwas um der Wahrheit willen gelitten hat, bedarf ihrer eigentlich nicht, es ist mehr etwas, was er sich einbildet, oder etwas, was er für Geld sich einbilden läßt, es ist fast mehr wie mit einem Kuriosum, daß er sich mit dieser Himmelfahrt beschäftigt – und dann zweifelt er, natürlich, er hat auch keinen Drang; oder er erfindet einige Gründe, oder ein anderer ist so gut, ihm drei Gründe dafür – zu überlassen! nun ja, sein Drang ist denn auch nicht eben groß!
Und nun Du, m. Z., was thust Du? Zweifelst Du an der Himmelfahrt? Wenn das, so thue wie ich, sage zu Dir selbst: ja, von solchem Zweifel macht man nicht viel Aufhebens, ich weiß sehr wohl, woher er kommt, nämlich daher, daß ich mich selbst in Hinsicht der »Nachfolge« geschont haben muß, daß mein Leben in dieser Hinsicht nicht angestrengt genug ist, daß ich zu gute Tage habe, mich selbst vor den Gefahren verschone, die mit dem Zeugen für die Wahrheit und wider die Unwahrheit verbunden sind. Thu' Du nur so! Aber vor allem werde nicht Dir selber wichtig, indem Du zweifelst; es ist – das versichere ich Dir! – auch nicht irgend ein Grund dazu vorhanden, da alles solches Zweifeln eigentlich Selbstanklage ist. Nein, lege Dir selbst und Gotte das Geständnis ab, und Du wirst sehen, eins von beiden wird geschehen, entweder wirst Du bewogen werden, Dich in Hinsicht der »Nachfolge« weiter hinaus zu wagen – und dann kommt die Gewißheit über die Himmelfahrt sogleich; oder Du demütigst Dich, daß Du Dein selbst geschont hast, daß Du ein Altweiberpastor geworden bist, und dann wirst Du Dir wenigstens nicht erlauben, zu zweifeln, sondern demütig sprechen: »will Gott so gnädig sein, mich wie ein Kind zu behandeln, das fast ganz vor den Leiden der »Nachfolge« verschont wird, so will ich wenigstens nicht ein unartiges Kind sein, das obendrein an der Himmelfahrt zweifelt«. O, wenn Du bewundert, geschmeichelt, angesehen, in Überfluß lebst, so bist Du in Versuchung, so manches Wort zu sagen und an so vielem teilzunehmen, was Du doch vielleicht lieber unterlassen möchtest, und wofür Du – denke daran! – doch Rechenschaft ablegen sollst – – und zugleich geht Dir die Himmelfahrt so leicht aus dem Sinn, vielleicht zweifelst Du sogar, wenn Du einmal darüber nachdenkst, und sagst: eine Himmelfahrt, das streitet ja gegen alle Naturgesetze, gegen den Geist – doch wohl nur den Naturgeist! – in der Natur. Aber wenn Du für eine gute Sache – denn sonst nützt es ja nicht, und wenn dem so ist, streitet das Verhältnis ja auch gegen alle bloß menschlichen Begriffe: zu leiden, weil man wohl thut, weil man recht hat, weil man liebevoll ist – wenn Du für eine gute Sache verlassen, verfolgt, verspottet, in Armut lebst: Du wirst sehen, dann zweifelst Du nicht an seiner Himmelfahrt; denn Du bedarfst ihrer. Und nicht einmal so viel ist nötig, um den Zweifel zu hemmen; denn wenn Du Dich nur vor Gott demütigst im Bekenntnis, daß Dein Leben nicht das Merkmal eines Nachfolgers im strengeren Sinne trägt, wenn Du Dich darunter demütigst, so wirst Du Dich nicht vermessen zu zweifeln. Wie solltest Du darauf verfallen können, Dich mit einem Zweifel zu melden, wenn Dir die Antwort werden müßte: gehe erst hin und werde ein Nachfolger im strengeren Sinne, nur ein solcher hat Erlaubnis mitzusprechen – und von ihnen hat keiner gezweifelt.
APOSTELGESCHICHTE KAP. 2, V. 1-12
Und als der Tag der Pfingsten erfüllet war, waren sie alle einmütig bei einander. Und es geschah schnell ein Brausen vom Himmel, als eines gewaltigen Windes, und erfüllete das ganze Haus, da sie saßen. Und man sah an ihnen die Zungen zerteilet, als wären sie feurig, und er setzte sich auf einen jeglichen unter ihnen. Und wurden alle voll des Heiligen Geistes, und fingen an, zu predigen mit neuen Zungen, je nachdem der Geist ihnen gab auszusprechen. Es waren Juden zu Jerusalem wohnend, die waren gottesfürchtige Männer, aus allerlei Volk, das unter dem Himmel ist. Da nun diese Stimme geschah, kam die Menge zusammen und wurden bestürzt; denn es hörte ein jeglicher, daß sie mit seiner Sprache redeten. Sie entsetzten sich aber alle, verwunderten sich, und sprachen unter einander: Siehe, sind nicht diese alle, die da reden, aus Galiläa? Wie hören wir denn ein jeglicher seine Sprache, darinnen wir geboren sind? Parther und Meder und Elamiter, und die wir wohnen in Mesopotamien, und in Judäa und Kappadozien, Pontus und Asien, Phrygien und Pamphylien, Ägypten, und an den Enden der Lybien bei Cyrene, und Ausländer von Rom, Juden und Judengenossen, Kreter und Araber: wir hören sie mit unseren Zungen die großen Thaten Gottes reden.
Gebet
Du heiliger Geist, Du, der Du lebendig machst, segne Du auch diese unsere Versammlung, den Redenden, den Hörenden; frisch vom Herzen soll es mit Deinem Beistande kommen, laß Du es auch zu Herzen gehen!
*
A. Z. Wenn Du achten willst, nicht auf die Rede, die an Festtagen in unseren Kirchen, sondern auf die, welche an den Werktagen, und übrigens auch am Sonntage außen vor unseren Kirchen gangbar ist: Du wirst kaum jemanden finden, der nicht glaube – z. B. an den »Geist der Zeit«. Selbst der, welcher in der Mittelmäßigkeit beglückt, vom Höheren Abschied nahm, ja selbst der, der längst den Rücksichten der Erbärmlichkeit oder dem verächtlichen Dienste schlechten Gewinns fröhnet, selbst der glaubt steif und fest an den Geist der Zeit. Nun; das versteht sich, etwas Hohes ist es eben auch nicht, woran er glaubt, denn der Geist der Zeit ist wohl nicht höher, als die Zeit, bleibt an der Erde, so daß er als Geist wohl zunächst mit den Nebeln des Moors verglichen werden könnte; aber er glaubt doch an Geist. Oder er glaubt an den »Weltgeist«, diesen starken Geist – ja stark in Lockungen; diesen kräftigen Geist – ja, kräftig in Verirrungen; diesen sinnreichen Geist – ja, sinnreich im Betrug; diesen Geist, den das Christentum einen bösen nennt – so daß es denn insofern nicht etwas sehr Hohes ist, woran er glaubt, wenn er an diesen Geist glaubt; aber er glaubt doch an Geist. Oder er glaubt an den »Menschengeist«, nicht den Geist in dem einzelnen, aber den Geist des Geschlechts, diesen Geist, der, wenn er gottverlassen ist, weil er Gott verlassen hat, abermals nach der Lehre des Christentums ein böser Geist ist – so daß es dann insofern nicht etwas Hohes ist, woran er glaubt, wenn er an diesen Geist glaubt; aber er glaubt doch an Geist.
Dagegen, sobald vom Heiligen Geiste die Rede ist, und vom Glauben an einen Heiligen Geist: wie viele, meinst Du, glauben an den? Oder wenn von einem bösen Geiste die Rede ist, dem entsagt werden soll: wie viele, meinst Du, glauben solches? Woher mag das kommen? Vielleicht daher, daß die Sache zu ernst wird, wenn es einen Heiligen Geist gibt? Denn Zeitgeist und Weltgeist u. dgl., davon kann ich reden, daran kann ich glauben, und ich brauche mir nicht gerade etwas Bestimmtes dabei zu denken; das ist nur so ein Geist, aber ich bin ganz und gar nicht durch das gebunden, was ich sage; und nicht gebunden zu sein durch das, was man sagt, ist etwas, worauf man Wert legt; wie oft hört man nicht: ich will wohl das und das sagen, aber ich will nicht durch mein Wort gebunden sein. Aber davon, daß ein Heiliger Geist ist, und vom Glauben an einen Heiligen Geist kann man nicht reden, ohne sich durch sein Wort zu binden, und ferner nicht, ohne sich an diesen Heiligen Geist zu binden, indem man dem bösen Geiste entsagt: dies ist allzu ernst, sowohl daß ein Heiliger Geist ist – o Ernst! – als auch daß, um den Ernst zu sichern, ein böser Geist ist; welch ein Ernst! Ein böser Geist! Ja, der, der an den Zeitgeist, Weltgeist glaubt, der glaubt ja freilich, nach der Meinung des Christentums, an einen bösen Geist; aber dies ist nicht seine Meinung, und insofern glaubt er nicht, daß ein böser Geist ist. Für ihn ist wohl im tieferen Sinne dieser Gegensatz von gut und böse gar nicht vorhanden; lose, wie er ist, oder aufgelöst, ein Zweifler in seinem Glauben, unbeständig in allen seinen Wegen, sich beugend vor jedem Lüftchen der Zeit, ist seines Glaubens Gegenstand von derselben Art: das Luftige, der Geist der Zeit; oder verweltlicht wie er ist in all seinem Dichten und Trachten, ist seines Glaubens Gegenstand und danach: der Geist der Welt.
Aber das Christentum, welches fordert, einem bösen Geiste zu entsagen, lehrt, daß ein Heiliger Geist ist. Und es ist heute dieses Heiligen Geistes Fest in der Kirche, das Pfingstfest, zur Erinnerung an den Tag, da der Geist zum erstenmal über die Apostel ausgegossen wurde. Von diesem Heiligen Geist soll daher heute geredet werden, was wir nun thun wollen, indem wir über das Wort reden:
Der Geist ist es, der da lebendig macht. (Am ersten Pfingsttage)
M. Z. Es gibt im Verhältnis zum Christentume nichts, wozu wir Menschen von Natur mehr geneigt sind, als leichtfertig mit ihm umzugehen. Es gibt auch nicht irgend etwas Christliches, nicht eine einzige christliche Bestimmung, die nicht dadurch, daß sie eine kleine Änderung erleidet, indem man eine nähere Mittelbestimmung wegnimmt, etwas ganz anderes würde, etwas, wovon man sagen muß: »dies ist in des Menschen Herz entsprungen« – und dann ist leichtfertig damit umgegangen. Anderseits gibt es nichts, wogegen sich das Christentum mit größerer Wachsamkeit und Sorgfalt gesichert hat, als daß leichtfertig mit ihm umgegangen werde. Es gibt keine, gar keine Bestimmung dessen, was christlich ist, ohne daß das Christentum zuerst als Mittelbestimmung anbringt – den Tod, das Absterben, um dadurch das Christliche vor leichtfertiger Auffassung zu sichern. Man sagt: »das Christentum ist der sanfte Trost, ist die Lehre von dem sanften Trostgrunde« – ja, es läßt sich nicht leugnen, wenn Du nämlich erst sterben, absterben willst; aber das ist nicht so sanft! Man stellt Christum dar, man sagt: »höret seine Stimme, wie sanft einladend er alle zu sich ruft, alle Leidenden, und verheißt, ihnen Ruhe zu geben für ihre Seelen« – und in Wahrheit, so ist es, Gott verhüte, daß ich es etwas anderes sagen sollte; aber doch, doch, ehe diese Ruhe für die Seele Dir zu teil wird, und damit sie Dir zu teil werden könne, wird gefordert, was der Einladende auch sagt, was sein ganzes Leben hier auf Erden alle Tage und alle Stunden ausdrückte, daß Du erst sterbest, absterbest: ist dies so einladend? So auch mit dieser christlichen Verkündigung: der Geist ist es, der da lebendig macht. An welchem Gefühl hängt wohl ein Mensch fester, als am Gefühl des Lebens, was begehrt er stärker und heftiger, als recht das Leben in sich zu fühlen, wovor schaudert ihm mehr, als vor dem Sterben! Aber hier wird ja ein lebendigmachender Geist verkündigt. Also lasset uns zugreifen, wer will sich bedenken, bringe uns Leben, mehr Leben, daß das Lebensgefühl in mir schwellen möge, als wäre alles Leben in meiner Brust gesammelt!
Aber sollte dies wohl Christentum sein, diese schreckliche Verirrung? Nein, nein! Diese Belebung im Geiste, sie ist nichtgeradezu eine Erhöhung des natürlichen Lebens in einem Menschen in unmittelbarer Fortsetzung desselben und im Zusammenhange damit – o Gotteslästerung, o schrecklich, so das Christentum leichtfertig mißzuverstehen! – sie ist einneues Leben. Ein neues Leben, ja, und das ist keine Redensart, wie wenn wir dies Wort von diesem und jenem gebrauchen, jedesmal, wo etwas Neues anfängt, sich in uns zu regen, nein, ein neues Leben, buchstäblich ein neuesLeben; – denn, gib wohl acht darauf, der Tod tritt dazwischen, das Absterben; und ein Leben jenseit des Todes, ja, das ist ein neues Leben.
Der Tod tritt dazwischen, das ist die Lehre des Christentums, Du sollst absterben, gerade der lebendigmachende Geist ist es, der Dich tötet, das ist die erste Äußerung des lebendigmachenden Geistes, daß Du absterben mußt – so ist's, damit Du nicht mit dem Christentum leichtfertig umgehest. Ein lebendigmachender Geist: das ist die Einladung: wer wollte nicht gerne zugreifen! Aber erst sterben: das ist die Hemmung!
Der Geist ist es, der da lebendig macht. Ja er macht lebendig – durch den Tod hindurch. Denn, wie in einem alten Gesange steht, der die Überlebenden über den Verlust der Verstorbenen trösten will: »sein Tod ein Gang zum Leben ist«; so gilt es in geistigem Sinne, die Mitteilung des lebendigmachenden Geistes beginnt im Tode. Denke an das Fest des Tages! Es war ja der Geist, der da lebendig macht, der heute über die Apostel ausgegossen wurde – und es war auch wahrlich ein lebendigmachender Geist, das beweist ihr Leben, ihr Tod, davon zeugt die Geschichte der Kirche, die gerade dadurch entstand, daß der Geist, der da lebendig macht, den Aposteln mitgeteilt wurde. Aber wie war ihr Zustand vorher? O, wer hat so lernen müssen, was es heißt, der Welt und sich selber absterben, wie die Apostel! Denn wer hat so große Erwartung gehegt, wie in einem gewissen Sinne die Apostel doch eine zeitlang zu hegen veranlaßt waren; und welche Erwartungen sind so getäuscht worden! Wahr genug, dann kam der Ostermorgen, und Christus erstand aus dem Grabe, und dann kam die Himmelfahrt – aber was dann weiter? Ja, Er war nun in die Herrlichkeit aufgenommen – aber was dann weiter? O, glaubst Du, daß irgend eine menschliche, selbst die kühnste menschliche Hoffnung sich auf die Aufgabe einlassen durfte, die den Aposteln gestellt war? Nein, hier muß jede bloß menschliche Hoffnung verzweifeln. Dann kam der Geist, der da lebendig macht – die Apostel waren ja auch tot, abgestorben jeder bloß menschlichen Hoffnung, jedem menschlichen Vertrauen auf eigene Kräfte oder menschlichen Beistand.
Also zuerst der Tod, zuerst mußt Du jeder bloß menschlichen Hoffnung, jedem bloß menschlichen Vertrauen absterben, Du mußt Deiner Selbstliebe, oder der Welt, absterben; denn nur durch Deine Selbstliebe hat die Welt über Dich Macht, bist Du Deiner Selbstliebe abgestorben, so bist Du auch der Welt abgestorben. Aber es gibt natürlicherweise nichts, woran ein Mensch so fest hängt – ja mit seinem ganzen Selbst! – als an seiner Selbstliebe! O, wenn in der Stunde des Todes Seele und Leib geschieden werden, nicht so schmerzlich ist das, wie bei lebendigem Leibe von seiner Seele geschieden werden zu sollen! Und nicht hängt ein Mensch so fest an diesem Leben der Sinne, wie die Selbstliebe eines Menschen an seiner Selbstliebe festhängt! Laß mich ein Beispiel geben, gebildet nach jenen alten Erzählungen von dem, was ein Mensch in älteren Zeiten an innerlichem Leiden erfahren hat, was unsere unversuchten, klugen Zeiten wohl als eine Fabel, die höchstens einen dichterischen Wert habe, ansehen werden – laß mich ein Beispiel geben, und laß mich dazu das wählen, wovon wir Menschen so oft reden, und was uns so sehr beschäftigt: die Verliebtheit, denn Verliebtheit ist gerade eine der stärksten und tiefsten Äußerungen der Selbstliebe. Also, denke Dir einen Verliebten! Er sah den Gegenstand; so wurde er verliebt; und dieser Gegenstand ward seiner Augen Lust und seines Herzens Begehr! Und er griff danach – er war seiner Augen Lust und seines Herzens Begehr! Und er ergriff ihn, er hielt ihn in seiner Hand – das war seiner Augen Lust und seines Herzens Begehr! Da erging (so ist es in jenen alten Erzählungen) der Befehl an ihn: »laß diesen Gegenstand fahren!« – ach, und er war seiner Augen Lust und seines Herzens Begehr! M. Z., laß uns hier achtgeben, um recht zu sehen, wie tief eingedrungen werden muß, wenn eigentlich die Selbstliebe getötet werden soll. Denn in seinem Elend rief er: »nein, ich lasse diesen Gegenstand nicht fahren und ich kann ihn nicht fahren lassen, o, habe Mitleid mit mir; kann ich ihn nicht behalten, nun, so töte mich, oder laß ihn mir doch wenigstens durch einen anderen genommen werden!« Du verstehst ihn wohl; seine Selbstliebe würde tief genug verwundet werden, indem er des Gegenstandes beraubt würde, aber er fühlte ganz richtig, daß seine Selbstliebe noch tiefer verwundet wird, wenn die Forderung die ist, daß er selbst sich desselben berauben soll. M. Z., laß uns weiter gehen, um das Leiden weiter in die Tiefe zu verfolgen, wenn die Selbstliebe noch williger getötet werden soll; laß uns den »Gegenstand« hinzunehmen. Also dieser Gegenstand, den er begehrte, den er ergriff, in dessen Besitz er ist, seiner Augen Lust, seines Herzens Begehr dieser Gegenstand, den er fahren lassen soll, ach, seiner Augen Lust, ach, seines Herzens Begehr, dieser Gegenstand, laß uns es annehmen, um den Schmerz des Absterbens deutlicher in's Licht zu stellen, dieser Gegenstand ist derselben Meinung, wie er, daß es grausam wäre, sie zu trennen – und er ist es, der es thun soll! Er soll das fahren lassen, dessen keine menschliche Macht ihn zu berauben gedenkt, und welches fahren zu lassen nun doppelt schwer ist; denn, Du kannst Dir's ja so denken, der Gegenstand gebraucht Thränen und Bitten, ruft Lebende und Tote an, beides Menschen und Gott, um ihn zu hindern – und er ist es, der diesen Gegenstand fahren lassen soll! Hier hast Du, wenn er anders um die scharfe Ecke kommt und nicht den Verstand verliert, ein Beispiel des Absterbens. Denn seinen Wunsch, seine Hoffnung nicht erfüllt zu sehen, oder des Ersehnten, des Liebsten beraubt zu werden: das kann schmerzlich genug sein, die Selbstliebe wird verwundet, aber daraus folgt nicht, daß dies ein Absterben sei; und selbst sich versagen zu müssen, ob es denn auch der liebste Wunsch war: das kann schmerzlich genug sein, die Selbstliebe wird verwundet, aber daraus folgt nicht, daß dies ein Absterben sei. Nein, aber selbst seinen erfüllten Wunsch zu nichte machen, selbst sich des Ersehnten berauben sollen, in dessen Besitze man schon ist: das heißt, die Selbstliebe an der Wurzel verwunden, wie sie's bei Abraham wurde, als Gott forderte, daß Abraham selbst, selbst – furchtbar! – mit eigener Hand – o, Schrecken des Wahnsinns! – Isaak opfern sollte, Isaak, die so lange und so sehnsüchtig erwartete Gabe, die aber auch von Gott war wofür Abraham meinte, sein ganzes Leben hindurch danken zu sollen, aber nie genugsam danken zu können, Isaak, sein einziges Kind, seines Alters, der Verheißungen Kind! Glaubst Du, daß der Tod so schmerzen kann? Ich glaube es nicht. Und in jedem Falle, wenn es der Tod ist, so ist es auch vorbei; aber mit dem Absterben ist es nicht so vorbei, denn man stirbt ja nicht, es liegt vielleicht ein langes Leben vor ihm, dem Abgestorbenen.
Dies war das Absterben. Aber ehe der Geist kommen kann, der da lebendig macht, mußt Du erst absterben. O, wenn ich mitunter einen Tag, oder längere Zeit, mich so unaufgelegt, so müde, so untauglich fühle, so – ja, so nennen wir's ja wohl – fast als ob ich tot wäre, dann habe ich auch bei mir selbst geseufzt: o, bringe Leben, Leben ist's, was ich bedarf! Oder wenn ich, angestrengt vielleicht über meine Kräfte, zu entdecken meine, daß ich dies nicht länger ertragen könne; oder wenn es eine Zeitlang gewesen ist, als müßte mir denn auch alles mißlingen, und ich in Mißmut versank: dann habe ich bei mir selbst geseufzt: »Leben, bringe Leben!« Aber daraus folgt noch nicht, daß das Christentum der Meinung ist, daß dies eben das sei, wessen ich bedarf. Gesetzt, es wäre andrer Meinung und sagte: »nein, stirb erst ganz; das ist Dein Unglück, Du hängst doch selbstisch am Leben, an dem Leben, welches Du eine Plage, eine Bürde nennst! stirb ganz!« Ich habe einen Menschen fast verzweifelnd zusammensinken sehen, ich habe auch ihn rufen hören: »bringe Leben, Leben, das ist ärger als der Tod, der dem Leben ein Ende macht, während ich wie tot und doch nicht tot bin!« Nicht ich bin der Strenge; habe ich ein linderndes Wort gewußt, ich bin willig genug gewesen, zu trösten und aufzumuntern. Aber doch, doch, es ist sehr möglich, daß dem Leidenden eigentlich etwas anderes fehlte – daß er härterer Leiden bedurfte. Härtere Leiden! Wer ist der Grausame, der solches zu sagen wagt? Mein Freund, es ist das Christentum, die Lehre, die unter dem Namen des sanften Trostes ausverkauft wird, während es – ja wahrlich! – es ist der Trost der Ewigkeit und für ewig, aber es muß freilich den Menschen etwas hart anfassen. Denn das Christentum ist nicht das, wozu wir Menschen, beides Du und ich, es nur allzu gerne machen wollen, es ist kein Quacksalber. Ein Quacksalber, der steht gleich zu Diensten und wendet gleich das Heilmittel an und verpfuscht alles. Das Christentum wartet, ehe es sein Heilmittel anbringt, es heilt nicht mit Hilfe der Ewigkeit ein jedes kurze kleine Unwohlsein – das ist doch wohl eine Unmöglichkeit, wie es auch ein Widerspruch ist – es heilt durch Hilfe der Ewigkeit und für die Ewigkeit, wenn die Krankheit solcher Art ist, daß die Ewigkeit angebracht werden kann, das heißt Du mußt absterben. Darum ist die Strenge des Christentums, um nicht selbst, wozu wir Menschen es nur allzu gern verwandeln wollen, Geschwätz zu werden, und um nicht Dich im Schwatzen zu bestärken. Und daß dies richtig ist, hast Du doch gewiß auch selbst in kleineren Verhältnissen erfahren. Hast Du nicht selbst erfahren – das habe ich – daß, wenn Du vielleicht anfingst, Dich zu winden und schon sagtest: »ich kann nicht länger«, – und dann den folgenden Tag, dann wurdest Du etwas härter angefaßt, und was dann? dann konntest Du! Wenn die Pferde stöhnen und keuchen, abgearbeitet, wie man meint so, daß sie wohl einer Handvoll Hafer bedürften – aber wenn auf der anderen Seite schon bei eines Augenblicks Stillehalten der schwer beladene Wagen zurückliefe, den Abhang hinunter, und vielleicht Pferde und Kutscher und alles mit sich in den Abgrund risse: ist es dann so grausam vom Kutscher, wenn die Schläge fürchterlich fallen, fürchterlich, wie er's nie über's Herz gebracht hat, zumal das Paar Pferde zu schlagen, die ihm, solches kann ja wohl wahr sein, lieb sind wie sein Augapfel – ist das grausam oder ist es liebevoll? Ist es grausam, wenn Du so willst, grausam zu sein, wenn das unbedingt das Einzige ist, was vom Untergang retten und hindurchhelfen kann? So mit dem Absterben.
M. Z. Dann, dann – dann kommt der lebendigmachende Geist. Wann? Ja, wann dies geschehen ist, daß Du abgestorben bist; denn wie es heißt: »sind wir mit Christo gestorben, so werden wir auch mit ihm leben«, so kann auch gesagt werden: wollen wir mit ihm leben, so müssen wir auch mit ihm sterben. Erst der Tod, dann das Leben, Aber wann? Ja, wenn dies erste geschehen ist: denn mit dem Kommen des lebendigmachenden Geistes ist es wie mit dem des »Trösters«, den Christus den Jüngern verheißt. Wann kommt der Tröster? Er kommt dann, wenn all das Furchtbare, was Christus von seinem Leben vorhergesagt hat, erst gekommen ist, und gleichfalls das Schreckenvolle, was er in betreff des Lebens der Jünger vorhergesagt hat: dann kommt der Tröster. Ob er grade in demselben Augenblick kommt, wird nicht gesagt; nur das wird gesagt, daß es geschieht, wenn dieses erste geschehen, wenn dies Sterben eingetreten ist. So mit dem Kommen des lebendigmachenden Geistes.
Aber er kommt; er betrügt nicht dadurch, daß er ausbleibt. Kam er nicht zu den Aposteln, betrog er sie? Kam er nicht später zu den wahren Gläubigen, betrog er sie und blieb aus?
Nein, er kommt – und er bringt des Geistes Gaben, Leben und Geist.
Er bringt Glauben, »den Glauben«: dies ist nämlich erst im strengsten Sinne Glauben, diese Gabe des Heiligen Geistes, nachdem der Tod dazwischen getreten ist. Denn wir Menschen nehmen es nicht so genau mit den Worten, wir reden oft von Glauben, wo es nicht im strengeren christlichen Sinne Glaube ist. Es ist, je nach der Verschiedenheit der Naturgabe, eine stärkere oder schwächere Unmittelbarkeit jedem Menschen angeboren; je stärker, je kräftiger sie ist, desto länger kann sie gegen einen Widerstand aushalten. Und dieses Aushalten, dieses lebensfrische Vertrauen auf sich selbst, auf die Welt, auf die Menschen, unter anderem auch auf Gott, nennen wir dann Glauben. Aber das ist nicht in streng christlichem Sinne geredet. Glaube ist wider den Verstand; Glaube ist jenseit des Todes. Und als Du starbst oder Dir selbst, der Welt abstarbst, da starbst Du zugleich aller Unmittelbarkeit in Dir selber ab, auch Deinem Verstande. Das heißt: wenn alles Vertrauen auf Dich selbst oder auf menschlichen Beistand, auch, unmittelbar, auf Gott, wenn jede Wahrscheinlichkeit ausgelöscht ist, wenn es finster ist, wie in der finstern Nacht – es ist ja auch der Tod, den wir beschreiben: dann kommt der lebendigmachende Geist und bringt den Glauben. Dieser Glaube, der ist stärker, als die ganze Welt, der hat die Kräfte der Ewigkeit, der ist die Gabe des Geistes von Gott, der ist Dein Sieg über die Welt, in welchem Du mehr als siegst.
Und der Geist bringt demnächst die Hoffnung, die Hoffnung im strengsten christlichen Sinne, diese Hoffnung, welche Hoffnung ist, wo nichts zu hoffen war. Denn in jedem Menschen ist unmittelbar eine Hoffnung; sie kann in dem einen lebensfähiger sein, als in dem anderen, aber im Tode, d. h. wenn Du abstirbst, stirbt jede solche Hoffnung, und verwandelt sich in Hoffnungslosigkeit. In dieser Nacht der Hoffnungslosigkeit – es ist ja der Tod, den wir beschreiben – kommt dann der lebendigmachende Geist und bringt die Hoffnung, die Hoffnung der Ewigkeit. Sie ist Hoffnung, wo nichts zu hoffen war, denn gemäß jenem bloß natürlichen Hoffen war keine Hoffnung mehr. Der Verstand sagt: »nein, es ist keine Hoffnung«; doch Du bist ja Deinem Verstande abgestorben, insofern schweigt er wohl, aber kommt er irgendwann wieder zu Worte, er wird gleich anfangen, wo er aufhielt: »es ist keine Hoffnung« – und er wird wohl dieser neuen Hoffnung, der Gabe des Geistes, spotten; wie die am Pfingstfest versammelten Klugen und Verständigen der Apostel spotteten und sagten: sie sind voll süßen Weins, so wird er über Dich spotten und zu Dir sagen: »Du mußt berauscht gewesen sein, als Du auf so etwas verfallen konntest, wenigstens mußt Du von Verstande gewesen sein« – es liegt auch niemand näher, das zu wissen, als dem Verstande, und es ist übermäßig verständig vom Verstande gesprochen, denn absterben ist ja auch dem Verstande absterben, und die Hoffnung des lebendigmachenden Geistes ist wider die Hoffnung des Verstandes. »Es ist zum Verzweifeln, daß keine Hoffnung ist«, sagt der Verstand, »doch das kann man noch verstehen. Aber daß jenseit von diesem, daß keine Hoffnung ist, noch eine neue Hoffnung sein sollte, ja, die Hoffnung: das ist, so wahr ich der Verstand heiße, das ist Tollheit!« Aber der Geist, der da lebendig macht, was der »Verstand« nicht thut, der sagt und zeuget: »die Hoffnung« ist, wo nichts zu hoffen war. O Du, der Du vielleicht bis zur Verzweiflung in Hoffnungslosigkeit kämpfest, vergebens, um Hoffnung zu finden, ringest: nicht wahr, das ist's worauf Du gleichsam trotzest, daß Du meinst unbedingt, siegreich es selbst einem Kinde, selbst dem dümmsten Menschen einleuchtend machen zu können, daß für Dich keine Hoffnung sei; und es ist vielleicht grade das, was Dich erbittert, daß man Dir widersprechen will. Nun, so vertraue Dich dem »Geiste« an, denn mit dem kannst Du reden, er gibt Dir sogleich recht, er sagt: »ganz richtig, es ist keine Hoffnung, und es ist mir sehr wichtig, daß dies festgehalten werde, denn grade daraus beweise ich, der Geist, daß Hoffnung ist: die Hoffnung ist, wo nichts zu hoffen war«. Kannst Du mehr verlangen, kannst Du Dir eine Behandlung denken, die mehr grade auf Deinen Zustand im Leiden berechnet wäre? Du bekommst recht, dessen bedurftest Du, und Du bedurftest, was Dir auch zu teil wird, verschont zu werden mit all diesem Geschwätz, all diesen so ekelhaften Trostgründen, Du bekommst Erlaubnis – was so wohl thut – ordentlich krank zu werden, in Ruhe vor allen diesen Quacksalbern; Du bekommst Erlaubnis – was den Schmerz endet und die Unruhe stillt – Dich auf die andere Seite umzukehren, um zu sterben, befreit von der unseligen ärztlichen Behandlung derer, die nicht neues Leben bringen können, aber quälerisch streben, Dein Leben zu fristen oder Dich am Absterben zu hindern – und dann bekommst Du noch obendrein »die Hoffnung«, wo nichts zu hoffen war, die Gabe des Geistes!