Kitabı oku: «Allgemeine Psychologie», sayfa 6

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Die Fähigkeit, unterschiedliche Gerüche zu differenzieren, hängt mit der Anzahl der funktionellen Geruchsrezeptorgene zusammen. Beim Menschen sind dies etwa 350 verschiedene funktionell aktive Gene (aus einer größeren Zahl von etwa 1.000 Geruchsgenen, von denen die meisten aber funktionell inaktiv sind) – relativ wenig im Vergleich zu etwa 1.000 funktionellen Geruchsrezeptorgenen der Maus (Keller / Vosshall 2004). Dabei variiert das Repertoire dieser Gene zwischen Individuen beträchtlich. Für einzelne dieser Gene konnte inzwischen ein Zusammenhang zwischen Genotyp und Geruchspräferenzen nachgewiesen werden (Keller et al. 2007)

In der menschlichen Riechschleimhaut befinden sich mehrere Millionen Riechsinneszellen, von denen jede eines der etwa 350 Geruchsrezeptorgene exprimiert. Das jeweilige Gen bestimmt, welche Moleküle an den Rezeptor binden. Dabei unterscheiden sich die Rezeptoren stark in der Bindungsspezifität an einige wenige oder aber eine große Anzahl verschiedener Moleküle. Umgekehrt gibt es auch Moleküle, die nur spezifisch an einen Rezeptortyp binden, und andere, die Bindungen mit mehreren Rezeptortypen eingehen. Diese Variabilität macht es sehr schwer, eine Systematik zu erkennen, wie das Spektrum der Geruchsempfindungen in den Rezeptoren kodiert ist.

Riechschleimhaut

Die Riechschleimhaut befindet sich an der Decke des Nasenraumes, nur durch die knöcherne Schädelbasis vom Bulbus olfactorius getrennt (Abb. 1.6.1). Von diesem ziehen Nervenfasern (Fila olfactoria) durch Kanäle im Schädelknochen (der aufgrund der vielen Kanäle Siebbein heißt) zu den Rezeptorzellen in der Riechschleimhaut. Die Rezeptoren tragen haarförmige Fortsätze, die Zilien, auf denen sich die Rezeptormoleküle befinden. Ihre Bindung mit Geruchsmolekülen setzt den Transduktionsprozess in Gang.


Abb. 1.6.1: Der Nasen-Rachen-Raum

Riechbahn

Über die Fila olfactoria werden Signale von den Rezeptorneuronen der Riechschleimhaut zum Bulbus olfactorius geleitet (Abb. 1.6.2). Vom Bulbus olfactorius zieht dann der Tractus olfactorius zur primären Riechrinde in der Area praepiriformis und zum Lobus piriformis im rostralen Bereich des Gyrus parahippocampalis. Von dort ziehen Fasern weiter zum Orbitofrontalcortex. Weitere Fasern ziehen u. a. zum Hippocampus und zur Amygdala, Strukturen, die eine zentrale Rolle für Gedächtnisfunktion und emotionale Verarbeitung haben.


Abb. 1.6.2: Die Riechbahn

Geruchsqualitäten

Menschliche Probanden können bis zu 10.000 verschiedene Gerüche unterscheiden, wozu allerdings Training vonnöten ist. Typischerweise unterscheiden wir allerdings sehr viel weniger Gerüche; Parfumhersteller verwenden etwa 150 verschiedene Geruchsrichtungen. Anders als etwa im visuellen und auditiven System ist es schwierig, eine Systematik der Gerüche zu geben (s. Kasten).

Versuche einer Systematik der Gerüche

Das Geruchsprisma von Henning (1915) setzt die Geruchsqualitäten blumig, faulig, fruchtig, würzig, brenzlig und harzig an die Ecken eines Prismas. Alle spezifischen Gerüche sollen sich entlang der Kanten des Prismas anordnen lassen.

Später schlug Amoore (1970) eine stereochemische Theorie der Geruchswahrnehmung vor, mit den sieben Primärgerüchen blumig, ätherisch, moschusartig, kampferartig, schweißig, faulig und minzig als Prototypen von Duftstoffen. Amoore nahm an, dass den Primärgerüchen Geruchsrezeptoren zugeordnet sind, an die Moleküle einer bestimmten Form andocken. Diese Annahme hat sich allerdings nicht bestätigt. Das Henning’sche Prisma wie die Amoore’sche Theorie haben heute nur noch historische Bedeutung (Goldstein 2002). Auch moderne Versuche der multidimensionalen Klassifikation von Gerüchen leiden darunter, dass es keine allgemein anerkannten Referenzgerüche gibt und daher die Wahl des Referenzsystems die Ergebnisse der Geruchszuordnung beeinflusst. Man kann aber versuchen, diesem Problem durch Untersuchung von Ähnlichkeiten zu begegnen. Ähnlichkeiten von Gerüchen können etwa untersucht werden, indem drei Substanzen präsentiert werden und die Probanden aufgefordert werden, den am wenigsten passenden Geruch auszusortieren.

Moderne Methoden der Duftcharakterisierung benutzen Geruchsprofile, die aus bis zu 150 verschiedenen Gerüchen bestehen (Dravnieks 1982) und trainierte Beurteiler erfordern. Wenn man Gerüche von einer Gruppe von Beurteilern einschätzen lässt, kommt man so zu stabilen durchschnittlichen Geruchsprofilen. Ein Nachteil der Methode ist jedoch, dass man durch die Mittelung Informationen über potenziell interessante individuelle Unterschiede verliert.

Geruchsschwellen

Die Detektionsschwelle wird für verschiedene Gerüche bei sehr unterschiedlichen Konzentrationen des Duftstoffes in einem Bereich von 0,00001 bis 500.000 Teile / 1 Mrd. Teile erreicht. Ferner unterscheiden sich menschliche Probanden individuell stark in ihren Detektionsschwellen für verschiedene Duftstoffe, was zumindest für einzelne Gerüche mit unterschiedlichen Genotypen von Geruchsrezeptorgenen zusammenhängt (Keller et al. 2007). Eine reduzierte Sensitivität für moschusartige Gerüche ist relativ häufig und hat eine genetische Basis. Man spricht bei einer reduzierten Sensitivität für spezifische Gerüche von einer spezifischen Anosmie.

Die Identifikation eines Geruchs erfordert meist deutlich höhere Konzentrationen als die Detektion. Ein weiteres Problem bei der Charakterisierung von Gerüchen ist ihre Abhängigkeit von der Intensität. Zwei Substanzen, die bei niedriger Intensität gleich riechen, können sich bei höherer Intensität unterscheiden.

Geruchsmischung

Der Duft einer Rose setzt sich aus etwa 260 Duftstoffen zusammen. Beinahe alle alltäglichen Gerüche sind aus mehreren, meist vielen, Duftstoffen zusammengesetzt. Anders als etwa bei der Mischung von Licht mehrerer Wellenlängen oder Tönen verschiedener Frequenzen besteht bei der Mischung von Duftstoffen keine einfache Additivität. Ein ganzes Spektrum von Interaktionen zwischen Duftstoffen wurde beobachtet: Die Mischung zweier Duftstoffe kann zu einem Duft führen, der intensiver als der intensivste Teilduft riecht, dessen Intensität zwischen den Intensitäten der Einzelsubstanzen liegt, oder der sogar weniger intensiv als der schwächere Duft der einzelnen Duftstoffe riecht. Diese Effekte beruhen darauf, dass manche Duftstoffe antagonistische Wirkungen an den Duftrezeptoren haben (Keller / Vosshall 2004).

analytisch vs. synthetisch

Wenn zwei Duftstoffe gemischt werden, so kann es, in Abhängigkeit von den jeweiligen Substanzen, zu analytischer oder synthetischer Geruchswahrnehmung kommen. Damit ist gemeint, dass in ersterem Fall die Einzeldüfte erkannt werden, während sich in letzterem Fall die Düfte zu einem Gesamteindruck verbinden und die Einzelkomponenten nicht mehr gerochen werden können. Analytische Wahrnehmung tritt i. d. R. bei sehr unterschiedlichen Ausgangsdüften auf, es existiert aber noch kein Modell, das analytische oder synthetische Wahrnehmung bestimmter Mischungen aufgrund bestimmter Prinzipien vorhersagen könnte.

Adaptation

Wie Reize aus anderen Modalitäten unterliegen auch Gerüche der Adaptation. Wiederholte oder zeitlich ausgedehnte Präsentation eines Duftstoffes führt zu erhöhten Detektions- und Identifikationsschwellen. Es gibt auch eine Kreuzadaptation zwischen verschiedenen Duftstoffen, wobei diese nicht immer reziprok ist. So führt die sauer-ranzig riechende Propionsäure nicht zu Adaptation des aromatischen Geruchs von Carvon (u. a. enthalten in Kümmelöl), umgekehrt führt aber Carvon zu Adaptation des Geruchs der Propionsäure.

Kontexteffekt

Die Geruchswahrnehmung kann stark von Kontextfaktoren beeinflusst werden, sowohl vom aktuellen Kontext, etwa anderen Gerüchen, denen man gerade ausgesetzt war, oder auch zurückliegenden Paarungen eines Geruchs mit anderen Gerüchen (Lawless et al. 1991). Kontexteffekte können auch über andere Sinnesmodalitäten, also multimodal, vermittelt werden.


Ein besonders eindrucksvolles Beispiel für einen multimodalen Kontexteffekt wurde von Morrot und Kollegen (1991) beschrieben, die Studenten der Oenologie (Weinkunde) an der Universität von Bordeaux den Duft von Weinen charakterisieren ließen. Die Studenten beschrieben zunächst den Duft von jeweils einem Weißwein und einem Rotwein. Eine Analyse der verbalen Beschreibungen ergab eine klare Trennung der Beschreibungen, die dem Weißwein (etwa Honig, Zitrone, Banane) und dem Rotwein (etwa Kirsche, Zimt, Tabak) zugeordnet waren. In einer späteren Sitzung wurde den Studenten der gleiche Weißwein vorgesetzt, den sie eine Woche zuvor bereits beurteilt hatten. Diesmal jedoch war der Wein mit einem roten Farbstoff versetzt. In einem Kontrollexperiment war zuvor festgestellt worden, dass der Farbstoff selbst nicht zu einer Veränderung der Geruchswahrnehmung führt. Die Studenten beschrieben den Duft des eingefärbten Weißweins mit den Begriffen, die sie zuvor für den Rotwein verwendet hatten. Die Begriffe, die sie zuvor für den Weißwein verwendet hatten, wurden dagegen nicht mehr verwendet.

Diese Untersuchung wurde angeregt durch eine lexikalisch-statistische Untersuchung mehrerer tausend Urteile über das Bouquet von Weinen, veröffentlicht von vier professionellen Weintestern. Bei dieser Analyse fiel auf, dass die Begriffe nur eine klare Zuordnung zu Weiß- und Rotweinen zuließen. Das Experiment von Morrot und Mitarbeitern legt nahe, dass diese Beschreibungen weniger vom Geruch als von der Farbe der Weine beeinflusst sind.

Kognitive Bewertung von Gerüchen

In einer bildgebenden Studie wurden englischen Probanden Geruchsproben präsentiert, die nach Käse rochen. Gleichzeitig wurde entweder die visuelle Information „Cheddar-Käse“ oder „Körpergeruch“ eingeblendet. Der Geruch wurde als unangenehmer bewertet, wenn „Körpergeruch“ eingeblendet wurde. Der als angenehmer empfundene „Cheddar-Käse“-Geruch ging einher mit einer höheren Aktivierung des rostralen anterioren cingulären Cortex, des benachbarten medialen Orbitofrontalcortex und der Amygdala – Hirnarealen, die in anderen Experimenten mit emotionalen und motivationalen Prozessen assoziiert waren (Kap. 4.3 und 4.4).

soziale Kommunikation

Evolutionär ist es von großer Bedeutung, zu erkennen, in welchem Verwandtschaftsverhältnis andere Individuen zu einem selbst stehen. Individuelle Unterschiede im Geruch können als Indikator für bestimmte Genotypen verwendet werden und damit als Signale für die Erkennung von Verwandtschaftsverhältnissen genutzt werden.

Partnerwahl

Moleküle des Haupthistokompatibilitätskomplexes (major histocompatibility complex, MHC) sitzen auf der Zelloberfläche und regeln die Immunerkennung und damit die Erkennung zum Körper gehöriger Zellen. Seit langem ist bekannt, dass die MHC-Gene, die die MHC-Moleküle exprimieren, in einer Reihe von Spezies, inclusive des Menschen, über den Geruch auch das Verhalten beeinflussen können.


So beurteilten etwa weibliche Probanden den Geruch von zuvor zwei Nächte lang von männlichen Probanden getragenen T-Shirts als angenehmer, wenn sich die männlichen Träger in ihren MHC-Genen von den weiblichen Beurteilerinnen unterschieden, als wenn sie ähnliche MHC-Gene hatten (Wedekind et al. 1995). Weiterhin gaben die Probandinnen an, dass die angenehmer riechenden T-Shirts sie eher an den Geruch ihrer früheren Partner erinnerten. Die Autoren kamen zu dem Schluss, dass die Ausstattung mit MHC-Genen auch beim heutigen Menschen noch Auswirkungen auf die Partnerwahl hat. Diese Annahme wurde durch eine neuere Studie bestätigt. Sie zeigte, dass Frauen weniger sexuell responsiv waren und stärkeres Verlangen nach (und eine größere Wahrscheinlichkeit von) Sex mit anderen Partnern hatten, wenn ihre Partner einen ihnen ähnlichen MHC-Genotyp hatten (Garver-Apgar et al. 2006).

Die Bevorzugung von Individuen mit vom eigenen MHC-Genotyp möglichst verschiedenen Genotypen könnte sich im Laufe der Evolution als adaptiv erwiesen haben: Damit wird Inzucht vermieden, oder die Nachkommen werden mit MHC-Molekülen ausgestattet, die eine größere Anzahl potenziell pathogener Fremdpeptide erkennen und damit über eine bessere Immunabwehr verfügen (Penn / Potts 1999).

1.6.2Der Geschmackssinn

Wenn man sieht, wie ein Kleinkind bei einem Löffel bitterer Medizin das Gesicht verzieht oder bei einer Süßspeise nach mehr verlangt, wird man daran erinnert, dass der Geschmack eine überlebenswichtige Rolle spielt: Er gibt, gekoppelt an starke Emotionen, Hinweise auf genießbare oder ungenießbare Speisen und Getränke. In Zeiten von standardisiertem, mit Haltbarkeitsdatum versehenem Essen aus dem Supermarkt mag diese Funktion etwas in den Hintergrund getreten sein, aber für unsere Vorfahren, die bei Nahrungsmangel auch auf unbekannte Früchte aus Feld und Wald zurückgreifen mussten, war der Geschmack ein wichtiger Indikator. Heute, in Zeiten industrialisierter Speisenherstellung, verdienen Heerscharen von Lebensmittelingenieuren ihr Geld damit, mit Geschmacksdesign dafür zu sorgen, dass ihr Produkt immer wieder (und oft viel zu häufig) von uns konsumiert wird.

Geschmacksrezeption auf der Zunge

Auf der Zunge befinden sich vier Arten von Papillen: die Pilzpapillen an der Zungenspitze und am Zungenrand, die Fadenpapillen, die auf der gesamten Oberfläche der Zunge vorkommen, die Blätterpapillen am Zungenrand und die Wallpapillen an der Zungenwurzel. Alle Papillen außer den Fadenpapillen enthalten Geschmacksknospen, deren Anzahl von etwa 100 in den Wallpapillen, über 50 in den Blätterpapillen bis zu 3–4 in den Pilzpapillen variiert. Insgesamt enthält die Zunge etwa 4.000–5.000 Geschmacksknospen. Eine Geschmacksknospe enthält wiederum 50–100 Geschmackssinneszellen, die in Mikrovilli enden, die in den Porus, einen flüssigkeitsgefüllten Trichter, hineinragen. Auf den Mikrovilli befinden sich die Geschmacksrezeptoren.


Abb. 1.6.3: Verteilung der Geschmackspapillen auf der Zunge

primäre Geschmacksrichtungen

Es gibt fünf primäre Geschmacksrichtungen: süß, sauer, salzig, bitter und umami. „Umami“ ist ein japanisches Wort, das einen herzhaften Geschmack kennzeichnet, wie er etwa durch Glutamat hervorgerufen wird. Diese Geschmacksrichtungen werden über die Geschmacksknospen in der Zunge aufgenommen.

multisensorische Geschmackswahrnehmung

Neben dem Geschmack spielt aber auch die Textur (Oberflächenbeschaffenheit), das Gewicht und die Temperatur einer Speise eine wichtige Rolle für das Geschmacksempfinden im weiteren Sinne. Diese werden über weitere Sinnesrezeptoren vermittelt, die, teils als Chemo- teils als Mechanorezeptoren, sich im Mundraum befinden und ihre Signale hauptsächlich über den Nervus trigeminus an das Gehirn weiterleiten (Simon et al. 2006). Es handelt sich hier teils um spezialisierte Rezeptoren des somatosensorischen Systems, das wir im nächsten Kapitel ausführlich besprechen. Es gibt Nervenendigungen, die zunächst auf physikalische Eigenschaften von Speisen wie Temperatur, Gewicht oder Textur reagieren, die aber auch durch spezifische Substanzen erregt werden. Dazu gehören Neurone, die sowohl auf Wärme wie auch auf die Substanz Capsaicin, die in Chilischoten vorkommt, reagieren und ein Gefühl der Wärme auslösen (im Englischen kommt die Gemeinsamkeit in dem Wort hot – heiß und scharf – zum Ausdruck). Andere Nervenendigungen werden durch Menthol gereizt und lösen eine Empfindung der Kühle aus. Ähnlich führt auch Ethanol (Alkohol) über die Reizung somatosensorischer Nervenendigungen zu der brennenden Empfindung von hochprozentigen alkoholischen Getränken.

Geschmack entsteht also nicht allein durch die Reizung der spezifischen Geschmackssinneszellen in den Geschmacksknospen, sondern über multisensorische Signale gustatorischer und somatosensorischer Rezeptoren aus dem Mundraum.

Molekulare Gastronomie

Molekulare Gastronomie nennt sich eine gastronomische Richtung, die wissenschaftliche Erkenntnisse zur Kreation neuer Gerichte einsetzt. Aus der molekularen Gastronomie entwickelte sich die „dekonstruktivistische Küche“ des spanischen Kochs Ferran Adrià Acosta, dessen Ziel es ist, „unerwartete Kontraste von Geschmack, Textur und Temperatur zu schaffen“. Dazu gehören etwa Karottenschaum oder Gemüsegelee.

neuronale Geschmackskodierung

Werden Geschmacksrichtungen über spezifische Rezeptoren vermittelt, die ihre Signale auf ebenfalls spezifischen Bahnen an das zentrale Nervensystem weiterleiten, oder ist Geschmack in den überlappenden Aktivierungen vieler Rezeptoren verteilt kodiert? Die primären Geschmacksrichtungen süß, sauer, bitter und umami werden in nicht überlappenden Populationen von Geschmacksrezeptoren kodiert. Mit dieser Spezifität ist aber noch nicht gesagt, dass Erregung etwa eines „süß“-Rezeptors auch zu der subjektiven Empfindung „süß“ führt.


Um sich dieser Frage zu nähern, wurden im Tierversuch mit gentechnologischen Methoden Geschmacksrezeptoren von Mäusen so verändert, dass sie auch einen Opiatrezeptor exprimierten. Somit wurden die Zellen auch durch die Ankopplung von opiatartigen Molekülen (Opiatagonisten) erregt (Zhao et al. 2003). Wenn diese Genmanipulation an „süß“-Rezeptoren durchgeführt wurde und den Tieren eine Substanz mit einem geschmacklosen Opiatagonisten angeboten wurde, dann nahmen die Tiere die Substanz auf. Wurde dieselbe Genmanipulation an „bitter“-Rezeptoren durchgeführt, so verweigerten die Tiere die Aufnahme. Damit wurde eine direkte Assoziation zwischen der Aktivität der spezifischen Geschmacksrezeptoren mit dem geschmackstypischen Verhalten der Tiere gezeigt. Da der Opiatagonist an sich keine süße oder bittere Geschmacksqualität hatte, konnten die Reaktionen nicht über andere Geschmacksrezeptoren vermittelt worden sein.

Diese Ergebnisse beweisen natürlich noch nicht, dass die Tiere bei Reizung eines bestimmten Geschmacksrezeptors auch die entsprechende Geschmacksempfindung haben. Die spezifischen Aktivationsmuster der Rezeptoren müssen nicht einmal zwingend bis ins zentrale Nervensystem weitervermittelt werden, um entsprechende Reaktionen hervorzurufen. Letzteres belegen Experimente an decerebrierten Ratten (Ratten, bei denen das Großhirn abgetragen wurde): Sie akzeptierten süße Geschmacksstoffe, wiesen bittere aber zurück (Grill / Norgren 1978). Hirnstammreflexe scheinen also zumindest für reflexhafte Reaktionen auf süße und saure Substanzen auszureichen.

Zentrale Geschmacksbahn

Die Axone der Geschmackssinneszellen konvergieren auf Neurone im rostralen Anteil des Nucleus tractus solitarii (rNTS) in der Medulla oblongata. Der gleiche Kern erhält aber auch Signale von somatosensorischen Neuronen aus dem Mundbereich wie auch viscerale Signale aus dem Magen-Darm-Bereich. Bereits im rNTS liegen damit die Voraussetzungen für eine Integration all dieser Informationen vor. Physiologische Experimente haben denn auch gezeigt, dass die Aktivität geschmackssensitiver Neurone im rNTS in Abhängigkeit vom Füllungszustand des Magens variiert (Glenn / Erickson 1976).

Vom rNTS aus ziehen die Fasern geschmackssensitiver Neurone zur nächsten Umschaltstation im Nucleus ventralis posteromedialis des Thalamus (VPM) und von dort weiter in den primären gustatorischen Cortex, der sich im Bereich der anterioren Insel und des benachbarten frontalen Operculums befindet.

Vom VPM-Kern gehen weiterhin auch Fasern in corticale Areale in der Umgebung der somatosensorischen Repräsentationsareale des Gesichts und der Mundhöhle (s. Kap. 1.7). Vom primären gustatorischen Cortex ziehen Bahnen zum Nucleus centralis der Amygdala, von wo weitere Verbindungen zum lateralen Hypothalamus und zu dopaminergen Strukturen des Mittelhirns ziehen, die u. a. in Belohnungslernen involviert sind (s. Kap. 4.4). Vom primären gustatorischen Cortex ziehen weiterhin Bahnen zum caudolateralen Anteil des Orbitofrontalcortex, dem sekundären gustatorischen Cortex. Dieser Bereich erhält auch olfaktorische Signale, was für die Aromawahrnehmung von Bedeutung sein mag. Weiterhin ziehen Bahnen vom lateralen Hypothalamus zum sekundären gustatorischen Cortex, die eine Modulation der Geschmacksverarbeitung durch den Sättigungszustand erlauben. Wie in den anderen Sinnesmodalitäten, so existieren auch rekurrente Geschmacksbahnen, von den corticalen Geschmackscortices zum rNTS, die eine Top-down-Modulation der Geschmacksverarbeitung erlauben.


Abb. 1.6.4: Die Geschmacksbahn

corticale Kodierung

Ableitungen vom primären gustatorischen Cortex haben gezeigt, dass chemosensorische Signale bereits 150 ms nach der Aufnahme eines Geschmacksstoffes auftraten. Damit ist die Geschmacksverarbeitung erheblich schneller, als lange Zeit angenommen. Die Neurone zeigten allerdings ein recht breites Tuning, insofern als sie teilweise sowohl auf süße wie auf bittere Reize reagierten. Allerdings gibt es auch Neurone im gustatorischen Cortex, die spezifisch auf süße, salzige, bittere, saure und Umami-Geschmacksreize reagieren. Damit scheint die Geschmackskodierung im gustatorischen Cortex eine Mischung aus spezifischen und verteilten Repräsentationen zu sein. Die Neurone des gustatorischen Cortex sind häufig multimodal, sie reagieren neben gustatorischen auch auf somatosensorische Reize aus der Mundregion sowie auf olfaktorische Reize.

Aromawahrnehmung

Auf die Bedeutung des Riechens für die Geschmackswahrnehmung sind wir bereits im einleitenden Beispiel am Anfang des Kapitels eingegangen. Die Kombination von Geschmack und Geruch wird auch als Aromawahrnehmung bezeichnet.

Sie können den Beitrag des Riechens zur Aromawahrnehmung selbst ausprobieren, indem Sie sich die Nase zuhalten und einige Schlucke Fruchtsaft trinken. Wenn Sie den Versuch anschließend mit geöffneter Nase wiederholen, sollten Sie Unterschiede im wahrgenommenen Aroma feststellen. Wenn Sie den Versuch zu zweit durchführen, dann können Sie auch versuchen zu erraten, welchen Saft Ihnen Ihr Partner eingegossen hat.

Experimente nach diesem Schema haben ergeben, dass es Probanden tatsächlich leichter fiel, Lebensmittel oder künstliche Aromen zu identifizieren, wenn sie diese nicht nur schmecken, sondern auch riechen konnten (Mozell et al. 1969; Hettinger et al. 1990).

spezifische sensorische Sättigung

Der Anreiz einer Speise kann sich stark ändern, wenn man zu viel davon isst. In Tierversuchen wurde gefunden, dass erst die Neuronen des sekundären gustatorischen Cortex durch die Sättigung des Organismus moduliert werden. Dagegen kodieren Neurone in früheren Stationen der Geschmacksverarbeitung wie dem primären gustatorischen Cortex oder dem rNTS weiter die sensorischen Qualitäten der Geschmacksreize (Rolls 2007). Die im sekundären gustatorischen Cortex beobachtete Abnahme der Feuerrate bei zunehmender Sättigung ist relativ spezifisch für den jeweiligen Reiz und generalisiert nicht auf andere Speisen. Diese spezifische sensorische Sättigung bewirkt, dass man bei entsprechender Speisenfolge mehr Gänge essen kann, auch wenn man nach den einzelnen Gängen bereits gesättigt war. Während dies bei einem Festmahl erwünscht sein kann, so kann die Verfügbarkeit von Lebensmitteln mit unterschiedlichen sensorischen Eigenschaften auch leicht zu Übergewicht und Fettleibigkeit beitragen.

Der Appetit bleibt insbesondere für Speisen erhalten, die sich in ihren sensorischen Eigenschaften wie Geschmacksrichtung und Textur von der gesättigten Speise unterscheiden. Man spricht deshalb auch von sensorisch spezifischer Sättigung. Einzelne Neurone im Orbitofrontalcortex reagieren unterschiedlich auf verschiedene Texturen der gleichen Substanz, wie feste oder pürierte Nahrung (Rolls et al. 1999). Daraus lässt sich wohl folgern, dass auch die Kreationen der „dekonstruktivistischen Küche“ (s. Kasten „Molekulare Gastronomie“) unseren Orbitofrontalcortex anregen.

Alloästhesie

Die spezifische sensorische Sättigung ist zu unterscheiden von der Alloästhesie, der Verringerung des Genusses, der sich mit zunehmendem Verzehr einer Speise einstellen kann. Die Alloästhesie hängt mit einer veränderten Empfindung zusammen, die durch metabolische Vorgänge wie der Zuckerverwertung hervorgerufen wird (Cabanac / Duclaux 1970).

Fragen zu Kapitel 1.6


Überprüfen Sie Ihr Wissen!

51. Was determiniert die Empfindlichkeit eines Individuums für einen bestimmten Geruchsstoff?

52. Wie hängen Geruchsrezeptorgene und Rezeptortypen zusammen?

53. Skizzieren Sie die Stationen der Riechbahn. Welche funktionellen Charakteristika zeichnen die einzelnen Stationen aus?

54. Welche Besonderheiten treten bei der Mischung von Geruchsstoffen auf?

55. Wie kann Geruch die Partnerwahl beeinflussen?

56. Beschreiben Sie die menschlichen Geschmacksrezeptoren.

57. Was sind die primären Geschmacksrichtungen?

58. Welche verschiedenen Rezeptorarten sind an der Geschmacksempfindung im weiteren Sinne beteiligt?

59. Was ist spezifische sensorische Sättigung? Welches neuronale Korrelat geht mit ihr einher?

60. Welche anderen Sättigungssignale gibt es?

1.7Sensomotorik

Die Haut ist unser größtes Sinnesorgan. Im Unterschied zum Sehen, Hören und Riechen ist sie kein Fernsinn, sondern informiert uns über den Kontakt mit der unmittelbaren Umgebung. Die Reizqualitäten reichen vom angenehmen Streicheln bis zum Schmerzreiz und haben dementsprechend neben informativen auch emotionale Konnotationen. Die Somatosensorik ist eng mit der Motorik verbunden. Zum einen benötigen wir somatosensorische Informationen zur korrekten Steuerung motorischer Prozesse. Ohne solche Rückmeldung würden wir so manches Glas zerdrücken, weil wir die Kraft unseres Griffs nicht steuern könnten. Weiterhin benötigen wir Rückmeldungen über die Stellung unserer Gliedmaßen, um unsere Motorik kontrollieren zu können. Umgekehrt hilft uns die Motorik, aktive Tastbewegungen auszuführen, um unsere Umwelt zu explorieren.

1.7.1Somatosensorik

Hautrezeptoren

Die Hautsinne werden auch Somatosensorik genannt. Sie werden weiter untergliedert in die taktile Wahrnehmung, womit alle durch mechanische Reizung der Hautsinne vermittelten Wahrnehmungsprozesse außer dem Schmerz gemeint sind, die Schmerz- und die Temperaturwahrnehmung.

taktile Rezeptoren

Die wichtigsten taktilen Rezeptoren sind die Merkelzellen, die Meissner-, Ruffini- und Vater-Pacini-Körperchen. Sie unterscheiden sich insbesondere hinsichtlich ihrer optimalen Reizfrequenz und der Geschwindigkeit, mit der sie an einen andauernden Reiz adaptieren. So werden Sie alle durch Druck auf die Haut erregt. Während aber Merkel-Zellen langsam adaptieren, anhaltenden Druck also dauerhaft signalisieren, so adaptieren Meissner-Körperchen schnell und sind daher besser für die Signalisierung von schnell wiederkehrenden Drücken wie bei Bewegungen über die Haut oder Zittern geeignet. Ruffini- und Vater-Pacini-Körperchen erfassen noch höhere Reizfrequenzen, wobei die Ruffini-Körperchen langsam, die Vater-Pacini-Körperchen dagegen schnell adaptieren. Sie kodieren damit Intensität bzw. Geschwindigkeitsänderungen (Beschleunigung) von Vibrationsreizen (Tab. 1.7.1).

Tab. 1.7.1: Taktile Rezeptortypen


Thermorezeptoren

Temperaturempfindung wird durch Warm- und Kalt-Thermorezeptoren vermittelt, die auf überlappende Temperaturbereiche von 20–45 °C und 30–48 °C reagieren. Dabei steigt die Erregung der Warmrezeptoren mit zunehmender Temperatur, während umgekehrt die Kaltrezeptoren bei niedrigeren Temperaturen stärker feuern. Bei einer Temperaturänderung reagieren die Thermorezeptoren zunächst überschießend, um sich dann auf die für die neue Temperatur spezifische Erregungsfrequenz einzustellen.

Schmerzrezeptoren regieren auf mechanische, thermische oder chemische Reize. Die Rezeptoren haben sehr hohe Schwellen, so dass sie nur durch Reize erregt werden, die das Gewebe zu schädigen drohen oder bereits schädigen. Schmerzrezeptoren adaptieren nicht. Bei anhaltender Gewebeschädigung kommt es zu einer Sensibilisierung, die zu einer erhöhten Schmerzempfindung führt. Die Signale werden über den spinothalamischen Trakt zum Cortex weitergeleitet (Abb. 1.7.1). Schmerzreize werden in einem Netzwerk corticaler Areale verarbeitet, der „Schmerzmatrix“ (Melzack 1990). Diese besteht im Kern aus den somatosensorischen Cortices, präfrontalen Arealen, dem cingulären Cortex, der Insel, der Amygdala, dem Hippocampus sowie den Basalganglien. Die Funktion dieser Hirnareale in emotional negativ-valenten Situationen (wie dem Schmerz) wird in späteren Kapiteln erläutert (insbesondere Kap. 4.1 und 4.3).


Abb. 1.7.1: Sensomotorische Bahnen

Schmerzrezeptoren

Der Placebo-Effekt

Der Placebo-Effekt beschreibt die Wirkung eines Medikaments, der keinen pharmakologischen Wirkstoff enthält. So kann etwa die Gabe von Kochsalz schmerzlindernde Wirkung entfalten. Das Interesse an den neurobiologischen Grundlagen des Placebo-Effekts wurde sehr durch eine Studie befördert, die die schmerzlindernde Wirkung eines Placebos durch die Gabe von Naloxon aufhob (Levine et al. 1978). Naloxon ist ein Opiatantagonist. Die Tatsache, dass die Schmerzlinderung durch Naloxon aufgehoben wurde, zeigte, dass die schmerzlindernde Wirkung des Placebos durch die Freisetzung endogener Opiate (Endorphine) verursacht war.

Placebo-Wirkungen sind allerdings vielfältig, so sind heute opiatabhängige und -unabhängige Placebo-Wirkungen bekannt. Ein spezifisches neuronales Korrelat einer Placebo-Wirkung wurde in Parkinson-Patienten gefunden, die aus therapeutischen Gründen eine Elektrode im Nucleus subthalamicus liegen hatten. Der Ncl. subthalamicus ist ein Kern der Basalganglien, der in die Steuerung motorischer Prozesse eingebunden ist, die wiederum bei den Parkinson-Patienten gestört ist. Ableitungen von dieser Elektrode während der Gabe eines Placebos zeigten Aktivitätsänderungen der Ncl.-subthalamicus-Neurone, die eng mit dem subjektiven Besserungsempfinden der Patienten wie auch der Symptombeurteilung durch den Neurologen korrelierten (Benedetti et al. 2004).

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