Kitabı oku: «Der schmerzfreie Körper», sayfa 2
3. Gesunde Muskelkraft
Muskelgewebe besitzt die Fähigkeit zur Kontraktion. Es kann sich zusammenziehen. Muskeln kommen in inneren Organen vor (Verdauungssystem, Atemwege) und in den Blutgefäßen. Auch das Herz ist abhängig von permanent funktionierendem Muskelgewebe. Durch die Skelettmuskulatur sind wir in der Lage, uns zu bewegen.
Schnelle Anpassung Wie kaum ein anderes Gewebe verfügt die Muskulatur über einen sehr schnellen Stoffwechsel. Muskeln passen sich somit sehr schnell an. Bei Ruhigstellung (z. B. nach einer Fraktur) baut Muskulatur zügig ab. Bereits nach einigen Wochen ist der Abbau durch fehlende Nutzung erkennbar. Muskelvolumen und -leistung verringern sich deutlich. Wird Muskulatur vermehrt gefordert (z. B. durch körperliche Arbeit oder gezieltes Krafttraining), findet ebenso schnell der Aufbau statt. Der gute Stoffwechsel sorgt für schnelle Anpassung.
Die Gelenkstabilisatoren Gelenke sind bereits in Alltagssituationen enormen Belastungen ausgesetzt. Schon bei zügigem Treppensteigen oder beim Heben einer Getränkekiste übersteigen die biomechanischen Belastungen im Gelenk das eigene Körpergewicht um ein Vielfaches. Auch wenn die gelenkumgebenden Strukturen (Gelenkkapseln, Faszien) einen stabilisierenden Effekt haben, ist eine gesunde Muskelkraft von zentraler Bedeutung. Gleichgewichtsreaktionen sind abhängig von ausreichend kraftvoller Muskulatur. Ebenso werden Gelenke unter Belastung und auch in Ruhe von der Muskulatur in ihrer optimalen Position gehalten.
Rutscht das Schultergelenk durch einen Unfall oder eine Krankheit permanent aus der Pfanne, kommt es zu einer Lähmung der Schultermuskulatur. Tatsächlich kann man von einer durchgehend ausgekugelten Schulter sprechen. In keinem anderen Gelenk des menschlichen Körpers kommt es zu diesem Phänomen. Dennoch wird durch dieses Beispiel klar, wie wichtig ausreichende Kraft der Muskeln für unsere Gelenke ist.
Viele Senioren besuchen heutzutage Fitnessstudios. Neben dem hervorragenden Effekt auf die Muskelkraft und die Gesundheit sind soziale Kontakte ein weiterer Pluspunkt.
Muskeln brauchen Spannung Kraftvoll-gesunde Muskeln brauchen Spannung als essenziellen Reiz. Der Abbau von Muskulatur im Alter lässt sich nicht verhindern. Man kann ihn aber bremsen – und zwar deutlich! Bereits 60 Minuten Krafttraining einmal in der Woche, bei dem jede Muskelgruppe gezielt trainiert wird, wirken phänomenal gegen den altersbedingten Muskelabbau. In zahlreichen Studien wurde dies bestätigt. Doch auch junge Leute dürfen ihre Muskeln nicht vernachlässigen. Wenn ein Muskel nicht gebraucht wird, baut er ab und verliert an Leistung. Tatsache ist auch, dass schwache Muskulatur früher oder später zu Problemen mit den Gelenken führt.
Das kranke Gelenk
1. Volksleiden Arthrose
Arthrose ist ein Volksleiden. Nach einer Studie aus dem Jahr 2016 (Deutsches Ärzteblatt) zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland wurde bei Personen zwischen 18 und 79 Jahren bei 20,3 % eine Arthrose ärztlich festgestellt. Vor dem 30. Lebensjahr mit einer Häufigkeit von unter 2 % und zwischen 50 und 60 Jahren von 15 %. Ab dem 60. Lebensjahr sollen sogar rund die Hälfte aller Frauen und ein Drittel der Männer betroffen sein (Deutsche Arthrose-Hilfe e.V.). In Deutschland sind jährlich 30 % der Frühverrentungen auf Arthrose zurückzuführen.
Was ist Arthrose? Die Diagnose hat die Wirkung eines Schreckgespenstes, denn Arthrose wird für viele Beschwerden verantwortlich gemacht. Das vom Arthrose-Patienten wahrgenommene Symptom ist Schmerz. Arthrose kann in allen echten Gelenken vorkommen. Sie ist gekennzeichnet durch eine fortschreitende Abnahme des hyalinen Gelenkknorpels. Am häufigsten betroffen sind Knie, Hüfte, Schulter, aber auch die Wirbelsäule.
Begriffsklärung und Gradeinteilung Im Bericht von radiologischen Praxen findet man häufig die Fachworte Chondromalazie oder Chondropathie. Betrachten wir diese Begriffe genauer, denn in der Medizin haben die Krankheitsnamen immer etwas mit der Erkrankung zu tun. Ausnahmen bilden die Krankheiten, die nach ihrem Erstbeschreiber benannt sind, z. B. Parkinson oder Alzheimer. Medizinische Fachbegriffe bestehen immer aus einzelnen Silben mit wichtiger Bedeutung. Die Silben sind dem Lateinischen oder dem Griechischen entnommen. »Chondro« und »Malazie« stammen aus dem Griechischen. »Chondro« bedeutet Knorpel und »Malazie« Auflösung oder Erweichung. »Pathie« ist griechisch, hat allerdings auch lateinische Wurzeln und bedeutet Krankheit oder Leiden. »Arthron« ist altgriechisch und bedeutet Gelenk. Die Herkunft der Endsilbe »-ose« ist komplizierter. Sie stammt auch aus dem Altgriechischen und steht in der Medizin ebenfalls für Erkrankung. Also erklären sich die Begriffe wie folgt:
Chondro-malazie: Knorpel-Erweichung
Chondro-pathie: Knorpel-Krankheit
Arthr-ose: Gelenk-Erkrankung
In medizinischen Berichten haben diese Begriffe tatsächlich eine ähnliche Bedeutung. Auch die übliche Einteilung in vier Grade ist vergleichbar. Dies ist eine vereinfachte Darstellung:
Grad I: Sehr leichter, zum Teil in der Magnetresonanztomografie (MRT) kaum sichtbarer Knorpelschaden.
Grad II: In der MRT klar sichtbarer Knorpelschaden.
Grad III: In der MRT ist der Knorpel stark beschädigt.
Grad IV: In der MRT reicht der Knorpelschaden bis zum Knochen. Bei Bewegung kann sogar Knochen auf Knochen reiben.
Was sind die Ursachen? Als Hauptursache nahm man lange Zeit Verschleiß an. Das erschien auch logisch. So wie sich bei Scheibenbremsen nach und nach der Belag von den Bremsklötzen abnutzt, ging man beim Gelenkknorpel ebenfalls von einem mechanischen Abrieb aus. Nun gibt es allerdings Leistungssportler, körperlich stark arbeitende Menschen oder auch Übergewichtige, die nicht unter Arthrose leiden. Wie kann das sein?
Es geht langsam voran Eines ist heute sicher: Arthrose ist kein Verschleiß! Bereits im August 2009 erschien in einem Artikel auf aerzteblatt.de ein Bericht über die Bedeutung von Syndecan-4. Ein deutsch-koreanisches Forscherteam berichtete über den aktiven Abbau von Knorpelgewebe. Das Oberflächenmolekül Syndecan-4 ist dafür verantwortlich. Oberflächenmoleküle befinden sich auf der Hülle von Zellen, der Zellmembran. Bei einem Knorpelschaden wird Syndecan-4 vom Knorpel selbst produziert. Es gibt bestimmte, genetisch veränderte Mäuse, die kein Syndecan-4 bilden können. Diese Mäuse entwickeln definitiv keine Arthrose. Auch bei einem Knorpelschaden baute sich der Knorpel nicht aktiv ab.
Neun Jahre später betonte ein führender Arthroseforscher auf der Sitzung der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin: »Arthrose ist keine Verschleißerkrankung!« Leider gab es lange keine Fortschritte zu den wahren Ursachen für Arthrose, da sie von der medizinischen Forschung wie ein Stiefkind behandelt wird. Klar ist jedoch, dass es sich bei Arthrose um einen aktiven Abbau von Knorpelgewebe handelt (siehe Anhang: Literatur und Quellen).
Eine vereinfachte Darstellung Der gesunde Gelenkknorpel erneuert sich permanent. Knorpelzellen (Chondrozyten), die sich im Knorpelgewebe befinden, sorgen dafür. Dieser Erneuerungskreislauf kann allerdings gestört werden:
Knorpelzellen erhalten von außen Signale, die ihnen mitteilen, dass alles in Ordnung ist und weiterhin Knorpelgewebe produziert werden soll. Fehlen diese Signale, verändern die Knorpelzellen ihre Aktivität auf dramatische Art.
Stress für den Gelenkknorpel scheint die Ursache für die fehlenden Signale zu sein. Vermutet werden falsche Belastung, Entzündungen oder auch eine genetische Veranlagung.
Auf den Knorpelzellen wird nun stressbedingt das Oberflächenmolekül Syndecan-4 produziert.
Durch Syndecan-4 wird ein Enzym aktiviert. Enzyme lösen im Körper verschiedenste biochemische Reaktionen aus. Sie werden auch Biokatalysatoren genannt. Dieses Enzym zerstört im Knorpelgewebe die Kollagenfasern, die dem Knorpel Stabilität verleihen. Der Knorpel wird aktiv abgebaut! Hinzu kommt, dass die Knorpelzellen entweder sterben oder sich in Knochenzellen umwandeln. Das heißt, anstatt gesundes Knorpelgewebe zu produzieren, bilden sie nun Knochengewebe. Die Funktion des Gelenks wird dramatisch geschädigt.
Eine Frage wiederholt sich Wenn man mechanische Reize für den Stress des Knorpelgewebes verantwortlich macht, sind wir wieder bei einer bekannten Frage: Wieso haben viele Sportler, körperlich stark arbeitende Menschen oder auch Übergewichtige keine Arthrose? Allein durch eine genetische Veranlagung lässt sich diese Frage nicht beantworten. Ebenso diskutiert wird chronisch erhöhter Druck in Gelenken durch schlecht gedehnte Faszien und Muskeln. In einer Studie vergrößerten niederländische Forscher den Gelenkspalt von arthrotischen Kniegelenken bei mehreren Probanden durch Drahtgestelle um 5 mm. Der Druck im Kniegelenk wurde reduziert. Die Probanden konnten ihre Kniegelenke während der Studie im Alltag normal nutzen. Und tatsächlich wurde das Knorpelgewebe dicker. Auch fünf Jahre nach der Studie war das Knorpelgewebe dicker als vor der Behandlung. Allerdings war der Knorpel bereits im Begriff, sich wieder abzubauen. Es ist umstritten, ob sich tatsächlich der hyaline Gelenkknorpel gebildet hat oder eine andere, im Gelenk weniger funktionelle Knorpelart (Faserknorpel). Zudem ist wieder von Abrieb, also Verschleiß die Rede. Und laut aktueller Forschung ist Arthrose ja kein Verschleiß. Dennoch scheinen die Druckverhältnisse im Gelenk eine wichtige Rolle zu spielen. Allerdings müsste das Gewebe tatsächlich eine enorme Druckerhöhung verursachen. Denn Arthrose gibt es gehäuft auch in Gelenken, die unter normalen Umständen nur wenig Druck ausgesetzt sind, zum Beispiel im Daumensattelgelenk (Rhizarthrose).
Syndecan-4 Pharmazeutisch wird daran geforscht, Syndecan-4 so zu beeinflussen, dass es seine zerstörerische Wirkung nicht entfalten kann. An Mäusen gab es schon erste Erfolge. Ein entsprechend wirksames Medikament wäre tatsächlich ein Durchbruch. Doch bis durch diese Tierversuche anwendbare Medikamente für den Menschen entstehen, können laut den Forschern noch Jahrzehnte vergehen.
Das Oberflächenmolekül Syndecan-4 kann von einer Vielzahl von Zellen hergestellt werden. Es besitzt normalerweise einen positiven Einfluss auf die Wundheilung und auf Entzündungen. Fehlt Syndecan-4, kommt es beispielsweise zu einer verzögerten Heilung von Hautwunden oder zu einem schlechteren Verlauf von Darmentzündungen.
Erlauben Sie mir eine Theorie? Ich erlaube mir dazu eine Theorie, ohne Studien und ohne wissenschaftlichen Beweis. Natürlich erhebe ich keinerlei Anspruch auf Richtigkeit. Allerdings erscheint mir meine Theorie durchaus logisch. Bitte bilden Sie sich Ihre Meinung.
Was war zuerst: Der Knorpelschaden oder fehlende Signale? Es gibt zur Zeit nur Vermutungen, welche Stressfaktoren dafür sorgen, dass positive Signale für die Knorpelzellen ausbleiben. Tatsächlich ist es naheliegend, die Ursachen in einer Beschädigung des Knorpels zu suchen, also durch starke mechanische Beanspruchung oder auch durch Entzündungsprozesse. Doch führt die Produktion von Syndecan-4 grundsätzlich zu Arthrose? Es hat den Anschein. Doch das würde ja bedeuten, dass bereits der kleinste Knorpelschaden immer in einer Arthrose endet. Kann die Natur ein Gewebe geschaffen haben, das sich bei der kleinsten Verletzung selbst zerstört? Ist es nicht wahrscheinlicher, dass Syndecan-4 normalerweise mitverantwortlich ist für die Heilung von Knorpelschäden? Warum aktiviert Syndecan-4 stattdessen ein knorpelzerstörendes Enzym? Wie war das noch? Knorpelzellen brauchen bestimmte Signale, um gesundes Knorpelgewebe zu produzieren. Bisher werden diese Signale in der Forschung definitiv noch nicht verstanden. Könnte es nicht sein, dass diese Signale bereits fehlen, wenn noch gar kein dramatischer Knorpelschaden vorliegt? Erscheint es nicht sogar logisch, dass kleine Knorpelschäden normalerweise repariert werden? Wir würden davon natürlich nichts oder nur wenig mitbekommen. Ähnlich wie eine Schürfwunde bei der Gartenarbeit, die wir erst bemerken, wenn wir sie sehen. Das Knie zwickt vielleicht ein wenig, aber es gibt keinen Grund, zum Arzt zu gehen. Geschweige denn, ein MRT durchführen zu lassen. Dieser kleine Knorpelschaden würde unbemerkt bleiben, denn er würde einfach heilen. Die einzige Voraussetzung wären in meiner Theorie die positiven Signale, die den Knorpelzellen sagen: Bildet neues Knorpelgewebe. Repariert euch! Doch was muss passieren, damit diese positiven Signale an die Knorpelzellen gesendet werden?
Das alles ist nur eine Theorie. Doch nun lehne ich mich noch etwas weiter aus dem Fenster!
Findet sich die Lösung im natürlichen Verhalten? Ist die Antwort wirklich im Labor zu suchen? Kann es vielleicht sein, dass die Antwort gar nicht so kompliziert ist? Müsste es nicht eigentlich eine Lösung geben, die – einfach so – in der Natur zu finden ist?
Ursprünglich lebende Menschen sind auch heute noch abhängig von perfekt funktionierenden Gelenken. Eine sehr gute Beweglichkeit ist Voraussetzung für ihren Alltag. Sie benötigen beispielsweise ihre Finger und Hände für verschiedenste feinmotorische Arbeiten. Und die tiefe Hocke ist, wie man es auch häufig noch in Asien oder Afrika sieht, eine normale Arbeitsposition. Oft sind Alltagssituationen nicht komfortabel. Natürlich gibt es Werkzeuge. Aber viele unbequeme Tätigkeiten erfordern immer wieder die Beweglichkeit aller Gelenke. Und ich glaube, dass darin der Schlüssel liegt! Gelenke brauchen Bewegung. Doch in unserer zivilisatorischen Gesellschaft werden Gelenke nur noch in einem gewissen Rahmen genutzt. Natürlich müssen wir uns bewegen. Das ist klar. Doch unsere Gelenke müssen nicht mehr leisten, was sie eigentlich können, oder wofür sie wahrscheinlich sogar geschaffen wurden. Verständlicherweise versucht der Mensch, sich das Leben immer mehr zu erleichtern. Regale sind auf Augenhöhe, Toiletten werden erhöht, und durch festes Schuhwerk mit Einlagen müssen unsere Füße kaum noch etwas leisten. Selbstverständlich ist Komfort auch gut. Doch ich glaube fest, dass wir uns damit auch schaden.
Was wäre, wenn unsere Gelenke Bewegung brauchen? Und zwar Bewegungen, die jedes Gelenk im Maximum nutzen. In Schwellen- und Entwicklungsländern ist Arthrose statistisch quasi unbekannt. So schlimm die Lebensumstände dort sind, bleibt trotzdem die Frage, warum das so ist. Diese Menschen müssen die meisten Alltagsaufgaben zwangsläufig mit erheblichem körperlichem Einsatz durchführen. Selbst Menschen in fortgeschrittenem Alter bewegen sich deutlich mehr und nutzen ihre Gelenke in Positionen, die hier bei uns für Senioren kaum vorstellbar sind.
Wenn Maschinen nicht zur Verfügung stehen, muss in der Landwirtschaft körperlich gearbeitet werden. Dieser betagte Bauer arbeitet wie selbstverständlich in einer mustergültig ausgeführten tiefen Hocke.
Was wäre, wenn diese Bewegungen im Maximum der Signalgeber sind? Was wäre, wenn unsere Gelenke regelmäßig den Beweis brauchen, dass sie tatsächlich genutzt werden? Als ich nach körperlichen Beschwerden verstärkt zum Sport zurückfand und mich mit neuen Theorien zu gesunder Bewegung auseinandersetzte, waren maximale Gelenkbewegungen ein wichtiger und logischer Teil meines Trainings. Am Ende dieses Buchs beschreibe ich, wie ich mich selbst therapierte, und überrasche mit erstaunlichen Ergebnissen.
Ein mögliches Erklärungsmodell Im Mutterleib wird unser gesamtes Skelett zunächst aus Knorpelgewebe angelegt. Erst später bildet sich nach und nach aus dem Knorpelgewebe Knochengewebe. Selbst bei der Geburt sind einige Teile noch nicht verknöchert. Beispielsweise ist der Schädel notwendigerweise verformbar, damit er durch den Geburtskanal passt. In der Arthroseforschung wird spekuliert, ob die Umwandlung von Knorpelzellen zu Knochenzellen ihren Ursprung in diesem embryonalen Programm hat. Meiner Meinung nach ist jedoch eine biologische Reaktion, die wahrscheinlich von der Natur für Gelenkverletzungen gedacht war, ebenfalls möglich. Ja, vielleicht sogar logischer?
Nehmen wir an, vor 5000 Jahren verletzte ein Mann seinen Ellbogen so stark, dass eine Heilung tatsächlich ausgeschlossen war. Zwar wird der Mann über einen langen Zeitraum unter Schmerzen versucht haben, seinen Ellbogen beweglich zu halten. Doch mit der Zeit zwang ihn der Schmerz, seine Versuche aufzugeben. Er nutzte seinen Ellbogen immer weniger und vermied jede Bewegung. Nun fand ein faszinierender Prozess statt. Über einen Zeitraum von Monaten und Jahren versteifte der Ellbogen. Wahrscheinlich in einem Winkel von etwa 90 Grad. Der enorme Vorteil war Schmerzfreiheit. Und der Mann konnte seinen Arm trotz der Einschränkung wieder nutzen. Wenn es diesen Verknöcherungsprozess nicht gäbe, hätte er bei jeder Bewegung des verletzten Ellbogens lebenslange Schmerzen ertragen müssen. Dieser Prozess findet erstaunlicherweise auch im gesunden Gelenk statt, wenn es nicht mehr bewegt wird.
Ich hatte einen Patienten, der mit Mitte 40 Opfer eines Starkstromunfalls wurde. Unglaubliche 70 % der Hautoberfläche waren verbrannt. Wie durch ein Wunder überlebte er und kämpfte sich mit unfassbarem Willen zurück ins Leben. Er erzählte mir, dass er ein Jahr lang in einem Schutzanzug steckte, in dem er sich nicht bewegen konnte und durfte. Als er mit Physiotherapie begann, waren einige Gelenke fast versteift. Besonders in den Ellbogen hatte er nur noch 5 bis 10 Grad Bewegungsspielraum. Unter starken Schmerzen brach der Physiotherapeut nach und nach die Blockaden auf. Einige Blockaden wurden sogar unter Narkose gelockert. Die volle Beweglichkeit kam in beiden Ellbogen zwar nie wieder, auch aufgrund der Verbrennungsnarben der Haut. Jedoch reichte es für den Alltag. Gerade noch rechtzeitig kam es hier zur Mobilisation der Ellbogengelenke.
Ein anderes, interessantes Beispiel ist ein Sadhu, ein heiliger Mann in Indien. Im Jahr 1973 streckte er, als Zeichen seines Kampfes gegen sein Ego, den rechten Arm in die Luft und beschloss, ihn nie wieder zu senken. Auch schloss er die Hand zur Faust und öffnete sie nie mehr. Hier kam es zum vollendeten Versteifungsprozess. Schulter-, Ellbogen-, Hand- und Fingergelenke sind regelrecht verknöchert. Eine Wiederherstellung von auch nur minimaler Beweglichkeit ist absolut ausgeschlossen.
Was wäre, wenn die Natur nicht damit gerechnet hat, dass sich der Mensch jemals so wenig bewegt? Könnte es nicht sein, dass Arthrose eine Vorstufe der Versteifung ist? Bedenken Sie: Knorpelgewebe wird abgebaut. Knorpelzellen werden zu Knochenzellen und produzieren Knochengewebe. Erwecken diese Prozesse nicht den Eindruck einer beginnenden Verknöcherung? Ich habe selbst sehr oft erlebt, wie Gelenke mit fortgeschrittener Arthrose zunehmend ihre Beweglichkeit verlieren. Man muss in diesem Fall definitiv von einem krankhaften Zustand sprechen. Denn der Versteifungsprozess findet in einem weitgehend gesunden Gelenk statt. Das Gelenk wird noch genutzt und bewegt. Wenn allerdings meine Theorie stimmt, wird es nur zu wenig bewegt. Das Versteifungsprogramm ist verwirrt von der geringen Bewegung. Und ich glaube, dann passiert es: Die positiven Signale bleiben aus! Wenn dann auch nur der kleinste Knorpelschaden hinzukommt, wird das Versteifungsprogramm aktiviert. Könnte das nicht möglich sein? Ist Arthrose eine beginnende Gelenkversteifung?
Tatsächlich kann ich mir nur schwer vorstellen, dass noch kein Wissenschaftler auf diese Idee gekommen ist. Doch manchmal wird das Einfachste einfach übersehen.
Unkontrolliert wuchsen die Fingernägel in der geschlossenen Faust weiter. Die Muskulatur ist verschwunden, denn sie wird nicht mehr gebraucht. Bewegung ist in den Gelenken nicht mehr möglich, sie sind verknöchert.
Foto: Frank Bienewald
Kann die Lösung denn so einfach sein? Was wäre wenn meine Theorie tatsächlich stimmt? Dann ergeben sich natürlich folgende brennende Fragen: Lässt sich das Versteifungsprogramm möglicherweise stoppen? Können wir die positiven Signale reaktivieren? Können wir sogar die Knorpelzellen reaktivieren, ihnen mitteilen: produziert Knorpelgewebe, regeneriert euch? Das wäre natürlich unglaublich! Und die Lösung wäre dann – einfach so – in der Natur oder im natürlichen Verhalten zu finden: Bewegung! Und ich glaube, dass es im Speziellen maximale Gelenkbewegungen sind. Denn diese Bewegungen werden auch im allgemeinen Reha- und Gesundheitssport oft übersehen. Das Bewegungsmaximum einzelner Gelenke in alle Bewegungsrichtungen wird nur selten gezielt trainiert. Einzig in der physiotherapeutischen Einzelbehandlung wird mit maximalen Gelenkbewegungen gearbeitet. Doch Physiotherapie ist im Normalfall auf einige Wochen begrenzt.
Schmerzen durch Arthrose Der Knorpelabbau im Gelenk ist nicht schmerzhaft. Der Gelenkknorpel besitzt keine Nerven zur Schmerzübertragung. Die Gelenkinnenhaut ist schmerzempfindlich. Doch das kann nicht die Hauptursache für Arthroseschmerzen sein. Manche Patienten mit minimaler Arthrose leiden unter großen Gelenkschmerzen. Und andere Patienten mit deutlich fortgeschrittener Arthrose sind manchmal sogar schmerzfrei. Die umliegenden Strukturen, also die Muskeln und die Faszien, können ebenfalls Schmerz übertragen. Besonders im Fasziengewebe wurden zahlreiche Schmerzfasern nachgewiesen. Und da sich Faszien in alle Bereiche des Körpers erstrecken und sie die Gewebe untereinander verbinden, ist es wahrscheinlich, dass es sich oft um einen myofaszialen (Muskeln und Faszien betreffenden) Schmerz handelt. Manuelle Faszientherapie erweist sich bei Arthroseschmerzen als sehr wirkungsvoll. Und in diesem Zusammenhang wirkt sich natürlich auch Faszientraining sehr positiv aus. Bewegung ist für mich immer die beste Lösung. Auch aus eigener Erfahrung gehören fasziale Schwungbewegungen bei mir meistens in eine Arthrose-Behandlung. Bei Menschen mit Bewegungsmangel wirken oft schon allgemeine Maßnahmen zur Bewegungssteigerung schmerzlindernd.
Arthrotische Gelenke sind in der Bewegung meistens eingeschränkt. Damit verbunden kommt es zu Schmerzen im Alltag. In Anlehnung an meine Theorie würde sich das Gewebe im Rahmen des Versteifungsprozesses zunehmend verkürzen und verfestigen. Dass die Gelenkkapsel bei Arthrose tatsächlich schrumpft, ist wissenschaftlich bekannt. Dies würde auch erklären, weshalb ein künstliches Gelenk zu einer Verbesserung der Schmerzsymptomatik führen kann. Durch die freie Beweglichkeit wird dem Gewebe suggeriert, dass plötzlich wieder alles in Ordnung ist. Doch die Erfolge mit künstlichen Gelenken sind sehr unterschiedlich. Während neue Hüftgelenke meist zu guten Ergebnissen für die Patienten führen, ist der schmerzlindernde Effekt anderer Gelenkprothesen oft mangelhaft bis schlecht. Bevor es zu einem derart großen operativen Eingriff kommt, ist es besser, aktiv gegen die Versteifung vorzugehen. Es ist ein schmerzhafter, notwendiger, aber auch wirkungsvoller Prozess. Ich durfte es am eigenen Leib erfahren. Es ist wichtig, sich klarzumachen, dass dieser Schmerz genau genommen ein falsches oder von uns missverstandenes Signal unseres Körpers ist.
Nach Operationen oder auch nur durch Bewegungsmangel entstehen Bewegungseinschränkungen. Das ist eine Tatsache. Diese Einschränkungen therapeutisch zu lösen, um die normale Beweglichkeit wiederherzustellen, ist immer mit Schmerzen verbunden. Jedoch sind Schmerz und Schmerz sehr unterschiedlich. Wer sich jemals etwas gebrochen hat, weiß, dass es Schmerzen gibt, die definitiv keinerlei Bewegung zulassen. Und es gibt Schmerzen, die zwar Bewegung zulassen, aber sehr unangenehm sind. Wahrscheinlich hat die Natur uns eine Bremse gegeben. Wahrscheinlich haben wir nur verlernt, unseren Körper richtig zu lesen. Widersprüchliche Aussagen führen zu Verunsicherung: »Gehen Sie in den Schmerz« oder »Gehen Sie bloß nicht bis zum Schmerz« sind zu hören.
Werfen wir einen Blick auf die Natur. Ein verletztes Tier versucht instinktiv, so schnell wie möglich in die Bewegungsnormalität zurückzukehren. Ganz sicher unter Schmerzen. Hier wirkt der Schmerz tatsächlich wie eine Bremse. Die Schmerzintensität zeigt dem Tier, wie weit es gehen kann. Ist der Schmerz unerträglich stark, wird ein »Gang« zurückgeschaltet. Und wenn der Schmerz mit den Tagen oder Wochen nachlässt, wird wieder mehr »Gas« gegeben. Für den Menschen ist es nicht einfach, den richtigen Umgang mit Schmerz wieder zu lernen. Wichtig ist: Schmerz muss kein Alarmsignal sein, sondern kann auch nur als Bremse dienen.
Resümee Warum entsteht Arthrose? Sind es Ernährungsfehler, zu hohe Druckverhältnisse im Gelenk oder liefert sogar meine Theorie die Ursache? Zur Zeit sind alle Theorien nur Spekulation. Doch dadurch, dass kompetente Kollegen die geltenden Arthrosetheorien infrage stellen, wird wichtige Pionierarbeit geleistet. Denn dadurch hat sich bereits die Einstellung zu Arthrose in der Bevölkerung, aber auch in der Ärzteschaft verändert. Und ganz gleich, ob nun tatsächlich eine der Theorien zur Entstehung von Arthrose richtig ist: In der Quintessenz sind sich alle Neudenker einig – Arthrose braucht Bewegung!
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