Kitabı oku: «Das Verhältnis des Vermögensnachteils bei der Untreue (§ 266 StGB) zum Vermögensschaden beim Betrug (§ 263 StGB) unter besonderer Berücksichtigung des Gefährdungsschadens», sayfa 12

Yazı tipi:

b) Übertragung der Schadensbegründung durch Vermögensgefährdung auf die Untreue

216

Ebenfalls möglich ist nach ständiger Rechtsprechung[546] und herrschender Literatur[547] eine Nachteilsbegründung durch Vermögensgefährdung.

aa) Dogmatische Gesichtspunkte der Übertragung der Grundsätze der Vermögensgefährdung

217

Parallel zum Betrug kann eine Vermögensgefährdung bei der Untreue in Form der Gefahr endgültig minderwertiger Kompensation einer durch die Pflichtverletzung bewirkten ersten Vermögensminderung zu einem „Gefährdungsnachteil“ führen, wenn aufgrund der Gefahr eine Gesamtsaldierung eine bereits gegenwärtige Minderung des Gesamtvermögens ergibt.

218

Da die Pflichtverletzung aber, anders als die Vermögensverfügung beim Betrug, nicht zwingend mit dem Attribut eines durch sie bedingten unmittelbaren Vermögensabflusses verknüpft wird, kommt ein Vermögensnachteil theoretisch auch dann in Betracht, wenn sich schon die erste Vermögensminderung nur aufgrund einer Vermögensgefährdung ergibt und diese erste Vermögensminderung dann nicht vollständig kompensiert wird.

An diesem Punkt werden mögliche Divergenzen bezüglich der Übertragung der Grundsätze der Schadensbegründung durch Vermögensgefährdung auf die Untreue sichtbar, da sich eine Vermögensgefährdung beim Betrug nur auf der Ebene der zweiten Vermögensminderung auswirken kann. Dies ist Folge des Exklusivitätsverhältnisses von Sachbetrug und Trickdiebstahl, das durch Berücksichtigung einer Vermögensgefährdung auch auf der Stufe der ersten Vermögensminderung aufgehoben werden würde.[548] Verzichtete man bei der ersten Vermögensminderung auf den unmittelbaren Vermögensabfluss, d.h. würden Vermögensverfügungen auch ohne Gewahrsamsverlust des Opfers anerkannt, müsste der Täter zur eigenen Gewahrsamsbegründung noch in die Gewahrsamssphäre des Opfers eingreifen, d.h. eine (Wegnahme-)Handlung vornehmen. Sachbetrug und Trickdiebstahl stünden dann in Idealkonkurrenz (§ 52 Abs. 1 StGB).

Insoweit soll hier aber der Hinweis auf die mögliche Problematik in Bezug auf die möglicherweise divergierenden Ansatzpunkte von Schadens- bzw. Nachteilsbegründung durch Vermögensgefährdung genügen, da die Problematik sonst den Rahmen der Arbeit sprengen würde und sich auch nicht unmittelbar auf den zentralen Gedanken der Arbeit auswirkt.

219

Unabhängig von dieser speziellen Problematik ist auch bei der Untreue eine Eingrenzung der Nachteilsbegründung durch Vermögensgefährdung wegen ihres weiten Anwendungsbereichs erforderlich. Dazu wird in der Literatur auf die gleichen Kriterien zurückgegriffen wie beim Betrug.[549] Auch hier steht das Merkmal der „Konkretheit“ der Vermögensgefahr im Vordergrund.[550] Sämtliche Ansätze können aber auch bei der Untreue die Abgrenzung von „nachteilsrelevanten“ Vermögensgefährdungen zu solchen, die nur den Versuchsbereich betreffen, nicht gewährleisten. Probleme entstehen zusätzlich bei den Kriterien, die auf rein faktische Handlungshemmnisse und -möglichkeiten von Täter und Opfer rekurrieren, da mangels tatsächlicher Interaktion zwischen den beiden bzw. aufgrund der von Anfang an bestehenden Zugriffsmöglichkeit des Täters auf das Vermögen des Opfers eine Übertragung nicht möglich ist.[551]

220

Letztlich zeichnet sich auch die Rechtsprechung durch eine unüberschaubare Fallgruppenkasuistik mit unterschiedlichsten Kriterien aus, die hier im Hinblick auf ihre Tauglichkeit zur Etablierung einer handhabbaren Abgrenzung und Definition des „Gefährdungsnachteils“ untersucht werden.

bb) Fallgruppen aus der Rechtsprechung

221

Die Rechtsprechung zur Vermögensgefährdung ist auch im Rahmen der Untreue von Einzelfallentscheidungen innerhalb verschiedenster Fallgruppen geprägt, in denen unter Zugrundelegung wirtschaftlicher Maßstäbe – mehr oder weniger nachvollziehbar – versucht wird, einen Vermögensnachteil zu begründen.

(1) Eingehungsuntreue

222

Liegt das pflichtwidrige Handeln des Täters in einem Vertragsabschluss zu Lasten des Treugebers, kann dieser bereits zu einer vollendeten Eingehungsuntreue im Sinne des (§ 266 Abs. 1 Alt. 1 StGB)[552] führen. Im Rahmen der Gesamtsaldierung werden dann die gegenseitigen Vertragspflichten verglichen. Ergibt sich dabei ein negativer Saldo zu Ungunsten des Treugebers, ist bei wirtschaftlicher Betrachtung im Zeitpunkt des Vertragsschlusses ein „Gefährdungsnachteil“ infolge der Gefahr minderwertiger Kompensation der Leistung des Treugebers, die sich bereits gegenwärtig vermögensmindernd auswirkt, eingetreten.[553] Erforderlich ist aber auch hier die Vorleistungspflicht des Treugebers.

Allerdings fehlt es darüber hinaus an klaren Leitlinien zur Identifikation von Gefährdungen, die einen Vermögensnachteil begründen, da auch in diesem Zusammenhang Einigkeit darüber besteht, dass nicht jede kleinste Gefahr zur Untreuevollendung ausreichen kann.

(2) Haushaltsuntreue

223

Von besonderer Relevanz ist die Fallgruppe der Haushaltsuntreue[554] als Unterfall der Amtsuntreue.[555] Unstreitig ist zunächst, dass nicht jeder Verstoß gegen Vorschriften der Haushaltsführung den Tatbestand der Untreue erfüllen kann.[556] Anderenfalls bestünde die Gefahr einer Kriminalisierung jedweder Fehlleitung zweckgebundener Mittel und damit letztlich die Gefahr, den durch den Untreuetatbestand intendierten Vermögensschutz zu konterkarieren.[557] Gerade dies scheint der Rechtsprechung in zwei exemplarisch hervorzuhebenden Entscheidungen zu unterlaufen.

224

Im sog. „BND-Fall“ hat der BGH einen Vermögensnachteil durch Vermögensgefährdung in folgender Konstellation angenommen: Eine staatliche Behörde leitete ihr zustehende Haushaltsmittel auf den BND als andere staatliche Behörde um, mit der Intention den mangels Inanspruchnahme drohenden Verfall der Mittel am Jahresende zu verhindern.[558] Nach Auffassung des BGH beruhe der Vermögensnachteil in diesem Fall auf der Möglichkeit des BND als der erhaltenden Behörde, „nach seinem Gutdünken eigenmächtig und unkontrolliert über die überwiesenen Gelder zu verfügen“[559], wodurch die Gefahr nahe gelegen habe, „dass mit der vorhandenen Verfügungsmasse Ausgaben auch unter Vernachlässigung des Gebots wirtschaftlicher und sparsamer Verwaltung […] ohne zwingenden Grund“ getätigt würden.[560]

225

Diese Schadensbegründung des BGH ist mit einem wirtschaftlichen Vermögens- und Schadensverständnis nicht zu vereinbaren. Die Verschiebung von Geldern zwischen verschiedenen staatlichen Behörden verringert nicht das Vermögen des Staates in seiner Gesamtheit.[561] Dieses bleibt unverändert. Daran ändert auch die Gefahr unwirtschaftlicher Vermögensverwaltung nichts, da diese unabhängig von der Umleitung der Gelder immer besteht und daher keinesfalls zur Begründung einer bereits gegenwärtigen Vermögensminderung genügen kann.

226

Eine andere Nachteilsbegründung nimmt der BGH im sog. „Intendanten-Fall“ vor. Dort formuliert er drei separate Möglichkeiten für das Vorliegen eines Vermögensnachteils bei der Haushaltsuntreue. Zunächst sei der Zweck der Mittelverwendung zu berücksichtigen, da schon die Zweckwidrigkeit allein einen Vermögensnachteil begründen könne. Sei die Mittelverwendung dagegen zweckkonform, könne der Vermögensnachteil auch Folge einer Ungleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung sein. Abschließend komme ein Vermögensnachteil unter Rückgriff auf die Lehre vom individuellen Schadenseinschlag dann in Betracht, wenn infolge pflichtwidriger und vorsätzlicher „Haushaltsüberziehung eine wirtschaftlich gewichtige Kreditaufnahme erforderlich [sei], wenn die Dispositionsfähigkeit des Haushaltsgesetzgebers in schwerwiegender Weise beeinträchtigt und wenn er durch den Mittelaufwand insbesondere in seiner politischen Gestaltungsbefugnis beschnitten [werde]“[562]. Diese Voraussetzungen müssten kumulativ vorliegen.[563]

227

Misst man die Argumentation des BGH an den Grundsätzen eines wirtschaftlichen Vermögens- und Schadensbegriffs, kann diese nur teilweise überzeugen.

228

Fehl geht zunächst der Hinweis, dass allein die Zweckwidrigkeit der Mittelverwendung einen Vermögensnachteil bewirken könne. Die Zweckwidrigkeit betrifft ausschließlich die Ebene der Pflichtwidrigkeit der Handlung und ist mit einer Schadensermittlung durch Gesamtsaldierung nach wirtschaftlichen Kriterien nicht vereinbar.

229

Anders verhält es sich mit der Schadensbegründung durch Ungleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung. Dies entspricht der klassichen Schadensermittlung bei Austauschgeschäften[564] und kann wegen der Feststellung einer Vermögensminderung nach Gesamtsaldierung überzeugen.

230

Abzulehnen ist schließlich die Schadensermittlung im Fall wertmäßig ausgeglichener Verträge. Diese führen nicht zu einer Minderung des Gesamtvermögens des Treugebers. Die Nötigung zu vermögensschädigenden Maßnahmen sowie die Beeinträchtigung der politischen Gestaltungsbefugnis betreffen, wie im Zusammenhang mit dem individuellen Schadenseinschlag dargestellt,[565] ausschließlich die Dispositionsfreiheit des Haushaltsgebers.[566] Darüber hinaus sind die Kriterien wenig trennscharf und überschneiden sich.[567] Eine gewichtige Kreditaufnahme führt i.d.R. zu einer schweren Beeinträchtigung der Dispositionsfreiheit und diese zu einer Lähmung der politischen Gestaltungsmöglichkeit.[568] Weiter ist vor dem Hintergrund der Steuerhoheit des Staates schwerlich vorstellbar, wie der staatliche Haushalt an den Rand des Ruins getrieben werden soll, so dass – vergleicht man ihn mit einem Privatmann – die Aufrechterhaltung seiner normalen Lebensgestaltung nicht mehr gewährleistet wäre.[569] Nicht überzeugen kann außerdem die Differenzierung nach der finanziellen Situation des Opfers, wonach bei einer reichen Gemeinde, deren Dispositionsfähigkeit weniger schnell eingeschränkt wird, Untreue zu verneinen, bei einer ärmeren dagegen zu bejahen wäre.[570] Schließlich handelt es sich bei der Nötigung zu einer gewichtigen Kreditaufnahme um nur eine mittelbare Folge der Haushaltsüberziehung und ist diese gleichfalls zu unbestimmt.[571] Nicht zuletzt ist durch die Einbeziehung der politischen Gestaltungsbefugnis als Schutzgut eine politische Überfrachtung der Untreue zu befürchten.[572]

231

Einen anderen Weg als die Rechtsprechung geht eine Meinung in der Literatur.[573] Diese differenziert zwischen materieller und formeller Zweckwidrigkeit der Mittelverwendung, wobei nur bei ersterer der Eintritt eines Vermögensnachteils möglich sei. Rein formelle Pflichtverletzungen müssten dagegen straflos bleiben, da sie rechtsgutsneutral seien und daher einen Vermögensnachteil nach wirtschaftlichen Kriterien nicht begründen könnten.[574]

232

Dies überzeugt vor dem Hintergrund der herrschenden Dogmatik zum Vermögensnachteil ebenfalls nicht. Ob eine objektive kompensationslose Vermögensminderung eintritt, ist unabhängig davon, ob dieser eine formelle oder materielle Pflichtwidrigkeit zugrunde liegt. Es ist kein Grund ersichtlich, warum gerade formelle Pflichtwidrigkeiten nicht denselben vermögensbezogenen Effekt auslösen könnten wie materielle. Eine Differenzierung auf der Ebene des Vermögensnachteils ist folglich nicht geboten. Eine solche kommt lediglich beim Merkmal der Pflichtverletzung in Betracht.

233

Letztlich ist eine überzeugende Begründung des Vermögensnachteils bei der Haushaltsuntreue bislang weder in der Rechtssprechung noch in der Literatur gelungen. Die bisherigen Ansätze führen zum einen infolge zunehmender Personalisierung, insbesondere durch Rückgriff auf die Figur des individuellen Schadenseinschlags, zu einer weitgehenden Verwässerung des Systems der wirtschaftlichen Gesamtsaldierung,[575] zum anderen durch die Lösung vom Schutz des Vermögens zur Gewährleistung rein formellen Haushaltsschutzes.[576] Es werden keine trennscharfen Abgrenzungskriterien für das Bestehen eines Vermögensnachteils angeboten;[577] durch die Interpretation der zweckwidrigen Mittelverwendung als Tathandlung und der Verringerung zweckgebundener Mittel als Vermögensnachteil wird die eigenständige Kategorie des Vermögensnachteils aufgegeben.[578]

(3) Konzernuntreue

234

Eine weitere Fallgruppe, in der die Nachteilsbegründung durch Vermögensgefährdung Relevanz erlangt, ist diejenige der Konzernuntreue. Dort wird die strafrechtliche Verantwortlichkeit eines Vorstandsmitglieds einer Aktiengesellschaft wegen Untreue zum Nachteil einer abhängigen Gesellschaft untersucht.

235

Eine solche Konstellation lag u.a. dem Urteil des BGH vom 13.5.2004[579] zum Zusammenbruch des Bremer Vulkan Konzerns (BVV-AG) zugrunde, anhand dessen der BGH seine Grundsätze zur Konzernuntreue entwickelt hat.

236

Der Angeklagte war in diesem Fall der Vorstandsvorsitzende der BVV-AG, eines Werftenverbundes, welcher über Tochtergesellschaften zwei Werften in Ostdeutschland betrieb, die zuvor unter Zusicherung von weitreichenden Investitionsbeihilfen von der Treuhandanstalt erworben wurden. Aufgrund starker ausländischer Konkurrenz im Schiffsbau befand sich die BVV-AG in einer angespannten finanziellen Situation. Daher wurde zur Liquiditätssicherung des Gesamtkonzerns ein konzernweites Cash-Management-System[580] etabliert, in welches auch die beiden Tochterunternehmen einbezogen wurden. Diese verfügten über hinreichende Liquiditätsreserven, die dadurch für den Gesamtkonzern nutzbar gemacht werden sollten. Nach anfänglichen Erfolgen im Hinblick auf die Konsolidierung des Gesamtkonzerns musste schließlich das Konkursverfahren eröffnet werden. Durch diese Vorgehensweisen verloren die beiden „ostdeutschen“ Werften rund 850 Mio. €.[581]

237

Der BGH bestätigte die Verurteilung des Angeklagten wegen Untreue. Besonders aufwändig gestaltete sich dabei die Begründung der Vermögensbetreuungspflicht[582] des Angeklagten durch existenzgefährdenden[583] Eingriff, die dem BGH zusätzlich als Anknüpfungspunkt für den Vermögensnachteil diente.

238

Der BGH begründete die Vermögensbetreuungspflicht des Mutterkonzerns, die nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB auf den Angeklagten als Vorstandsvorsitzenden übergegangen sei,[584] damit, dass sich die von den Tochterunternehmen stammenden Gelder infolge des Cash-Management-Systems ausschließlich in der Einflusssphäre des Mutterkonzerns befunden hätten.[585] Deshalb sei ab dem Zeitpunkt, in dem der Vermögenstransfer von der Tochter- auf die Muttergesellschaft „ein solches Ausmaß [erreicht habe], dass die Erfüllung der eigenen Verbindlichkeiten des einlegenden Konzernmitglieds im Falle eines Verlusts der Gelder gefährdet [gewesen wäre], eine Vermögensbetreuungspflicht [der Muttergesellschaft entstanden], die Rückzahlung der Gelder – etwa durch ausreichende Besicherung – zu gewährleisten.“[586] Der Vermögensnachteil sei dann spätestens ab dem Zeitpunkt eingetreten, ab dem die Gelder der Tochterunternehmen nicht mehr gesichert gewesen seien.[587]

239

Legt man die Kriterien des wirtschaftlichen Vermögens- und Schadensbegriffs an, ist die Vermögensminderung infolge der Gefährdung der Rückzahlung außerhalb der eigenen Einflusssphäre angelegter und zudem ungesicherter Gelder offensichtlich. Da aber nicht jede kleinste Gefahr minderwertiger Kompensation trotz damit einhergehender Vermögensminderung einen Vermögensnachteil begründen darf, muss ein solcher vorliegend ausscheiden. Schon das vage Kriterium der hinreichenden Konkretheit der Vermögensgefahr ist jedenfalls im Zeitpunkt der mangelnden Sicherung der Gelder im Konzernverbund noch nicht erfüllt. Bezieht der BGH das Bestehen der Vermögensbetreuungspflicht und in der Folge auch des Vermögensnachteils[588] auf den Zeitpunkt, indem (erst!)[589] der eventuelle Verlust der unsicher angelegten Gelder die Gefährdung der Erfüllung von Gläubigeransprüchen bewirkt hätte, knüpft er an einen Zeitpunkt im Vorfeld der möglichen Existenzgefährdung des Tochterunternehmens an. Im Vorfeld des Verlusts der liquiden Mittel liegt dann aber nur eine abstrakte Gefahr vor.[590] Solange wie die Gelder der Tochterunternehmen im Mutterkonzern vorhanden sind, kann trotz ihrer mangelnden Sicherung von einer konkreten Gefahr keine Rede sein. Dies folgt auch daraus, dass aufgrund guter finanzieller Lage des Mutterunternehmens eine Sicherung gar nicht notwendig gewesen sein könnte.[591]

240

Über das – vorliegend nicht erfüllte – Kriterium der Konkretheit der Vermögensgefahr hinaus bietet der BGH auch hier keine weiteren Kriterien an. Die Fallgruppe der Konzernuntreue reiht sich damit in die Liste der Einzelfallentscheidungen ein, mit denen die Strafbarkeit vorverlagert wird, und hilft insofern im Hinblick auf eine dogmatische Konturierung und Strukturierung der Nachteilsbegründung durch Vermögensgefährdung nicht weiter.

(4) Untreue durch unordentliche Buchführung

241

Eine weitere Fallgruppe, in der von der Rechtsprechung eine Vermögensgefährdung zur Begründung eines Vermögensnachteils herangezogen wird, ist diejenige der Untreue durch unordentliche Buchführung.[592] Ähnlich wie bei der Haushaltsuntreue soll auch hier eine den Grundsätzen eines ordentlichen Kaufmanns widersprechende lückenhafte, falsche oder schlicht unordentliche Buchführung allein einen Vermögensnachteil nicht begründen können.[593] Erforderlich sei zumindest die Gefahr entweder der Unterlassung der Geltendmachung festgestellter[594] begründeter Ansprüche[595] oder einer doppelten Inanspruchnahme durch einen Gläubiger.[596] Zusätzlich müsse die Rechtsverteidigung durch die unordentliche Buchführung erschwert sein.[597]

242

Zunächst ist die Argumentation des BGH vor dem Hintergrund des wirtschaftlichen Vermögens- und Schadensbegriffs nachvollziehbar. Besteht infolge einer unsachgemäßen Buchführung die Gefahr der Verhinderung oder Erschwerung der Durchsetzung rechtlich begründeter Ansprüche oder einer doppelten Inanspruchnahme durch einen Gläubiger, kann dies eine bereits gegenwärtige Vermögensminderung, z.B. infolge der Abwertung einer Forderung, im Vermögen des Treugebers bedingen. Das Vermögen wäre infolge der pflichtwidrigen Handlung vermindert, eine Kompensation komme nicht in Betracht.

243

Unklar ist aber erneut die Grenzziehung zwischen einer bereits nachteilsbegründenden und einer lediglich das Vorbereitungsstadium betreffenden Vermögensgefährdung. Das Kriterium der Behinderung der Durchsetzung von Ansprüchen hilft nicht weiter, da jede mangelhafte Dokumentation eines Anspruchs stets den Nachweis seines Bestehens verkompliziert und damit dessen Durchsetzung erschwert.[598]

244

Auch die Gefahr einer doppelten Inanspruchnahme durch einen Gläubiger erscheint zur Begründung eines Vermögensnachteils nicht hinreichend. Die unordentliche Buchführung des Kaufmanns ermöglicht es dem Dritten lediglich, die eigentlich nachteilsverursachende Handlung, d.h. die Geltendmachung ungerechtfertigter Forderungen gegen den Geschäftsherrn, durch eigenverantwortliches Verhalten vorzunehmen.[599] Zusätzlich ist davon auszugehen, dass das Ausnutzen einer Möglichkeit sich auf Kosten anderer zu bereichern, nicht die Regel darstellt,[600] so dass selbst zur Annahme einer hinreichenden Konkretheit der Vermögensgefahr wohl jedenfalls die Tendenz des Gläubigers zur Geltendmachung ungerechtfertigter Forderungen hinzutreten muss.[601] Zudem ist zum endgültigen Mittelabfluss noch die erneute Zahlung des Geschäftsherrn notwendig, die i.d.R. durch Klage und Zwangsvollstreckung erst erzwungen werden muss. Die unordentliche Buchführung ist dann wegen der Notwendigkeit weiterer Zwischenschritte regelmäßig nur Vorbereitungshandlung zur eigentlich strafbaren Handlung des Dritten[602].[603]

245

Letztlich spricht auch die hinsichtlich der buchhalterischen Verfehlungen i.d.R. bestehende Unkenntnis des Gläubigers gegen die Annahme eines Vermögensnachteils schon im Zeitpunkt der unordentlichen Buchführung selbst.

246

Insgesamt ist daher trotz eines wirtschaftlich nachvollziehbaren Ausgangspunkts auch die Schadensbegründung der Rechtsprechung bei der Untreue durch unordentliche Buchführung nicht überzeugend. Es werden abgesehen von vagen Gefahren- und Wahrscheinlichkeitspostulaten keine überzeugenden Kriterien angeführt, die dem Gefährdungsschaden festere Konturen verleihen könnten. Es verbleibt bei nicht abstrahierbaren Einzelfallbeurteilungen.[604] In der Konstellation der Gefahr doppelter Inanspruchnahme des Gläubigers werden gar ganz entfernte Gefahren zur Untreuevollendung zugelassen.

Ücretsiz ön izlemeyi tamamladınız.