Kitabı oku: «Ein Trip quer durch das Chaos», sayfa 3

Yazı tipi:

Kapitel 5

Die nächsten drei Stunden fuhren sie, ohne anzuhalten. Die Kraftstoffanzeige meldete sich kurz vor achtzehn Uhr, als sie in der Nähe von Kassel waren. Tanken war nun unausweichlich. Und sicher tat beiden Bewegung, frische Luft sowie ein Abendessen gut.

»Laura, ich muss bei der nächsten Raststätte abfahren und tanken. Sollen wir auch etwas essen?«

Sie nickte, während sie ihr Handy aus der Tasche holte. Mit zusammen gezogenen Augenbrauen blickte sie darauf und tippte auf dem Display herum. Das hatte sie in den letzten Stunden bestimmt ein halbes Dutzend Mal gemacht und bei keinem einzigen Mal wirkte sie locker.

Mittlerweile hatte er das Gefühl, sie besser zu kennen, auch wenn das objektiv betrachtet nicht der Fall war. Er hatte überlegt, nach dem Grund ihrer Angespanntheit zu fragen. Sich bei ihr zu erkundigen, ob alles in Ordnung sei, aber er wollte nicht neugierig wirken.

Sie steckte es zurück in die Tasche und blickte auf die schwarze Straße vor ihnen. Inzwischen war es dunkel geworden und ihnen waren abwechselnd Regenschauer und leichter Schneefall begegnet. Aktuell war es trocken, was das Fahren für Mike um einiges angenehmer machte.

»Ich muss mir dringend die Beine vertreten. Mein Hintern fühlt sich ganz taub an. Außerdem möchte der Energydrink wieder heraus«, plapperte sie los und versuchte, die negativen Gedanken zu vertreiben.

»Warum hast du nichts gesagt?«, fragte er und sah sie vorwurfsvoll an. Sie konnte es nicht sehen, es war zu dunkel im Fahrzeuginneren.

»Weil es bisher nicht akut war. Erst als du davon angefangen hast, habe ich bemerkt, dass es langsam dringend wird.«

Sie kicherte leise.

»Du hast Glück. In fünf Kilometern kommt eine Raststätte.«

Er erkannte, dass sie auf ihrem Sitz hin und her rutschte. Innerlich lachte er über ihre undamenhafte Art.

Laura hingegen dachte an die letzte Nachricht auf ihrem Handy. Warum musste ihr Vater sich jede halbe Stunde erkundigen, wo sie war? Langsam gingen ihr die ständigen Kontrolltexte auf die Nerven. Wenn ihr alter Herr wüsste, dass sie mit einem wildfremden Kerl per Anhalter fuhr, würde er völlig durchdrehen. Aber das behielt sie schön für sich. An der Tankstelle würde sie sich nachher etwas kaufen, das ihre Nerven beruhigte.

Heute war so ein Tag, an dem sie sich nicht anderweitig ablenken konnte. Ihr Fahrer beschäftigte ihren Kopf zwar, aber nicht genügend, um die Gedanken an ihren strengen Vater zu verdrängen.

Sie blickte verstohlen zu Mike hinüber und betrachtete sein Profil. Es war sehr schön, markant, ein wenig eckig, genau wie ihr es gefiel. Auch gefiel ihr der kurze Bart, den er trug und der ihn maskuliner wirken ließ. Auf seinem linken Handrücken hatte er ein Tattoo, einen Schriftzug. Eigenartige Stelle, aber vielleicht nur eins von vielen weiteren. Aufgrund der Winterbekleidung konnte sie lediglich dieses erkennen.

In dem begrenzten Platz des Fahrzeugs konnte sie sein Parfum ausmachen, welches ihr ebenfalls gefiel. Es war ein extravaganter Mix aus etwas Frischem, vielleicht Minze, einer blumigen Nuance, die Lavendel oder Orangenblüte sein könnte und einer pudrigen Grundnote. Sie kannte den Duft, allerdings fiel ihr der Name nicht ein. Noch während sie darüber nachdachte, bemerkte sie, dass sie erschreckend viel von ihm ansprach.

Zu alldem kam, dass sie seine Art gut leiden konnte. Er schien locker zu sein. Zumindest dann, wenn er gute Laune hatte. Er war spontan, unkompliziert und hilfsbereit. Sie mochte ihn, richtig erklären konnte sie es nicht.

Sie straffte ihre Schultern und hörte, wie Mike den Blinker setzte. Als sie in die Dunkelheit vor sich blickte, erkannte sie in einiger Entfernung die Lichter der Raststätte. Sie freute sich auf ein bisschen Bewegung sowie Ablenkung von ihren Gedanken, die teilweise eine fragliche Richtung eingeschlagen hatten.

Lauras Entschluss festigte sich. Sie würde definitiv irgendetwas Alkoholisches kaufen, hoffentlich würde das auch ihre hitzigen Vorstellungen von Mike unterbinden oder wenigstens eindämmen.

Sie freute sich auf ihre Familie. Letztendlich war es nur ihr Vater, der schwierig war, der sie immer kontrollieren wollte. Ihre Mutter und ihr Bruder waren da ganz anders, viel lockerer. Sie seufzte bei dem Gedanken an das bevorstehende Wiedersehen.

Das Brummen des Motors verstummte. Der Opel stand in einer Parklücke, was das Signal zum Aussteigen war. Beide drückten zeitgleich auf den Knopf des Gurtschlosses. Ihre Hände berührten sich erneut. Sie bemerkte den Blick von Mike und sah auf. Ein Lächeln erschien auf beiden Gesichtern und er setzte zum Sprechen an.

»Zieh dir lieber deine Jacke an. Es ist sicher kalt draußen.«

»Natürlich.« Sie drehte sich auf ihrem Sitz und beugte sich darüber, neigte sich weiter und rief: »Soll ich dir deine auch geben?«

Sie drehte sich um und sein Blick fiel erst auf den Fleck unterhalb ihres Pulloverausschnitts, dann glitt er seitlich. Die Silhouette ihres Busens faszinierte ihn und ein bisschen wärmer wurde ihm auch. Als ihm jedoch bewusst wurde, was er da tat, ohrfeigte er sich in Gedanken und richtete seinen Blick weiter nach oben.

»Na klar, gib her«, antwortete er und kam ins Stocken, als er als Nächstes ihren in die Luft gereckten Hintern sah.

Ohne darauf zu achten, reichte sie ihm die Daunenjacke und zuckte bei der unbeabsichtigten Berührung mit seiner Hand leicht zurück.

Mike bemerkte ihre Reaktion.

Hatte er sie gekratzt?

Es war innerhalb kürzester Zeit der Dritte, wenn auch nur kurze Kontakt. Jetzt kribbelten genau die drei Finger an Lauras rechter Hand, die mit seinen auf Tuchfühlung gegangen waren. Das Gefühl beim ersten Mal hatte sie noch ignoriert, tat es als Einbildung ab. Beim zweiten Mal kam es ihr merkwürdig vor, dachte sich aber nichts weiter. Doch nun spürte sie den gleichen Effekt wie bei den ersten beiden Berührungen und wusste nicht so recht, was sie mit dieser Erkenntnis anfangen sollte. Sie beschloss, schnell an die frische Luft zu kommen.

Mike konnte sich nur kurz über das Geschehen wundern, denn sie drehte sich Richtung Tür, um auszusteigen. Irritiert sah er ihr zu, wie sie ihre Beine nach draußen schwang und sich aufrichtete. Dabei fiel sein Blick unweigerlich erneut auf ihren Po.

Vorhin war ihm nicht aufgefallen, wie eng diese Hose an ihrem Hintern saß, und nun würde er an nichts anderes mehr denken können. Er fuhr sich mit seiner leicht schwitzigen Hand durch die Haare und rieb sich anschließend über die geschlossenen Augen. Er musste dringend nach draußen an die kühle Luft. Beide zogen sich ihre Jacken an und schlossen die Autotüren.

»Hast du den Knopf reingedrückt?«

Sie schüttelte den Kopf, öffnete die Tür erneut und drückte den kleinen schwarzen Stift nach unten. Sie gab der Tür einen Schubs und prüfte, ob sie wirklich verschlossen war.

Mike schloss mit dem Autoschlüssel ab und steckte ihn ein. Hinter dem Wagen trafen sie sich und liefen gemeinsam auf das Bistro neben der Tankstelle zu.

Warme, leicht stickige Luft schlug ihnen entgegen. Die penetrante weihnachtliche Musik nervte ihn. Beide sondierten einen Moment die Lage vor Ort. Mike fand die Toilette als Erster und deutete darauf.

»Wenn wir fertig sind, treffen wir uns hier!« Sie nickte und ging voraus, bog nach links ab, während Mike nach rechts ging.

Nachdem er mit seinem Toilettengang fertig war, wusch er sich die Hände und blickte in den Spiegel. Ein wenig müde sah er aus, seine Haare standen in alle Richtungen ab und seine Ohren fühlten sich heiß an und waren schwach gerötet. Daran mussten die wechselnden Temperaturen schuld sein.

Mit den nassen Händen fuhr er zweimal durch seine Haare und trocknete den Rest der Feuchtigkeit mit einem Papiertuch. Ein wenig akkurater sah seine Frisur aus, aber war noch weit entfernt von ordentlich.

Er trat nach draußen, allerdings war von Laura weit und breit nichts zu sehen. Von hier aus konnte er lesen, was zum Essen angeboten wurde, und so vertrieb er sich die Zeit mit dem Studieren der Speisen.

Laura stand am Waschbecken und betrachtete sich im Spiegel. Dieser bescheuerte Kaffeefleck leuchtete ihr entgegen und ließ ihre Gedanken zu dem Moment fliegen, als er entstanden war. Sie entsann sich an das Telefonat und sie erinnerte sich an den jungen Mann, der etwas gegessen hatte. Nie im Leben hätte sie gedacht, dass sie Minuten später genau bei demselben Typen einsteigen würde. Unglaublich, wie das Schicksal manchmal spielte. Sie freute sich auf das gemeinsame Essen, sie freute sich auch auf weitere Gespräche mit Mike, aber auf Hannover freute sie sich weniger.

Das Glücksgefühl wurde aus zweierlei Gründen getrübt. Sie würde sich der Inquisition ihres Vaters stellen müssen und sie würde sich von Mike trennen müssen. Das Erste würde sie ertragen, aber das Zweite empfand sie als äußerst schade.

Nachdem sie ihre Hände gewaschen und ihre Haare ein wenig entwirrt hatte, verließ sie den Sanitärbereich und kehrte in das Bistro zurück.

Nach einigen Augenblicken tippte ihm jemand auf die Schulter und als er sich umdrehte, stand Laura hinter ihm.

»Bin soweit«, sagte sie und lächelte.

»Ich habe angefangen, ein Menü zusammenzustellen«, scherzte er.

Ihr Blick fiel auf die Karte an der Wand.

»Hast du dich schon entschieden?«, fragte sie ihn, während sie weiterhin die Auswahl prüfte.

»Ich wollte etwas essen, dass nicht schwer im Magen liegt. Ich habe heute Mittag schon fettig gegessen. Hier gibt es ein Fischfilet mit Salzkartoffeln und einem Salat. Das werde ich nehmen.«

»Vielleicht nehme ich die Gemüsenudeln«, dachte sie laut nach. »Okay stellen wir uns an, ich habe mich entschieden«, erklärte sie nach einigen Augenblicken entschlossen.

Sie nahmen sich jeder ein Tablett, stellten sich an das Ende der kurzen Schlage und warteten schweigend auf ihre Bedienung an der Theke.

»Soll ich uns noch was zu trinken besorgen?«, fragte Mike seine Begleitung.

»Gerne … eine Zitronenlimo bitte«, antwortete sie.

Mike trat an die gegenüberliegende Wand, nahm sich eine Flasche Spezi aus der Kühltheke und fand Lauras Getränkewunsch.

»Brauchst du ein Glas?«, rief er ihr zu und sie schüttelte den Kopf. Er griff ersatzweise nach zwei Strohhalmen und ging gemächlich an seinen Platz in der Schlange zurück.

Laura bestellte gerade ihre Gemüsenudeln und nannte auch die Bestellung für Mike. Keine Minute später wurden beide Gerichte auf die Glastheke gestellt. Sie nahmen sich ihre Teller und liefen an die Kasse.

»Würden Sie bitte beide Essen auf eine Rechnung schreiben«, bat Laura die Kassiererin freundlich.

»Was? Nein! Ich zahle natürlich selbst«, protestierte er eifrig.

»Auf keinen Fall! Ich fahre schließlich bei dir mit und trinke deine Energydrinks weg, dann ist bezahlen, das mindeste, was ich tun kann«, sprach sie energisch und mit einem Tonfall, der keinen Widerspruch duldete.

Mike blickte ihr einen Moment in die Augen, überlegte, ob er etwas sagen sollte, beschloss aber, es nicht auf eine Diskussion ankommen zu lassen.

Ihr Gesichtsausdruck drückte Entschlossenheit aus und wirkte, als wäre sie zu allem bereit.

»Also gut!«

Er zuckte mit den Schultern und fügte sich seinem Schicksal.

»Dafür suche ich den Platz aus«, sprach er grinsend, als sie mit ihren Gerichten in den Gastraum eintraten.

»Ja, ja, das darfst du.«

Sie kicherte leise.

Er blickte sich um und fand einen freien Zweiertisch am Fenster. Auf jedem der Tische war ein kleines Gesteck mit einer roten Kerze und den üblichen Dekorationsgegenständen der Weihnachtszeit. Sie setzten sich und begannen, ohne viel Umschweife zu essen. Nach einigen Bissen erhob Mike wieder das Wort.

»Schmeckt dein Essen?«, erkundigte er sich bei ihr.

Sie nickte kauend.

»Und wie ist deins?«

»Es ist gut, aber an einem Fischfilet mit Kartoffeln kann man nicht viel falsch machen.«

Sein breites Grinsen ließ Fältchen an seinen Augen entstehen.

Sie aßen weiter und verloren nur wenige Worte. Auf einmal wurde Mike bewusst, dass es bis Hannover nicht mehr weit war, vielleicht noch eine gute Stunde, eineinhalb, je nachdem wie der Verkehr war und wo er sie absetzen würde. Das Gefühl, welches auf diese Erkenntnis folgte, war kein angenehmes. Irgendwie hatte er sich an seine Beifahrerin gewöhnt. Mehr als das! Ihre natürliche und direkte Art empfand er als charmant. Auch von ihrem Äußeren war er mehr als angetan.

Aber gegen die Tatsache, dass es nur eine kurzzeitige Reisebekanntschaft war, konnte man nichts machen.

Kapitel 6

Laura war hungrig und aß zügig. Ihr Teller leerte sich schneller als der von Mike.

Er musste gestehen, dass er sich extra viel Zeit ließ, denn seine Gedanken kreisten um ihre baldige Verabschiedung. Es drückte auf sein Gemüt, mehr als er bereit war, sich im Augenblick einzugestehen.

Verflucht, wieso war das so?

Mike war aufgefallen, wie sie beim Essen unschlüssig zwischen ihm und den anderen Reisenden hin- und herblickte. Er überlegte, ob er mit ihr ein Gespräch anfangen sollte, um sie noch besser kennenzulernen. Während Laura mit dem Strohhalm einen Schluck Limo trank, fasste er einen Entschluss.

»Ich fahre über die Feiertage zu meiner Familie, um mit ihnen Weihnachten zu verbringen. Besuchst du jemanden?«

Erwartungsvoll sah er sie an, pikte ein Stück Kartoffel auf seine Gabel und steckte sie sich in den Mund. Unterdessen er auf eine Antwort von ihr wartete, kaute er gemächlich.

Sie ließ sich Zeit, weil sie nichts erzählen wollte. Ihr inzwischen ausdrucksloses Gesicht, zusammen mit ihren ineinander verschränkten Fingern wirkte auf Mike gezwungen und ließ ihn seine Frage bereuen.

»Ja«, antwortete sie emotionslos. Danach kam nichts mehr.

Wie? Was? War das alles? Was war mit ihr los?

»Ich muss mir noch was kaufen. Werde schnell in den Shop gehen, iss mit Ruhe auf, ich bin gleich zurück.«

Zügig stand sie auf und ließ ihn am Tisch sitzen. Ihr Themenwechsel kam absolut überraschend, ihr Aufbruch noch plötzlicher. Er konnte ihr nur nachsehen und sich wundern.

Er beförderte mithilfe seines Messers ein Stück Fisch auf seine Gabel und führte sie zum Mund. Er aß nach und nach seinen Teller leer, diesmal zügiger, da er alleine war.

Währenddessen fragte er sich, warum sie mit einem Mal so anders war, konnte es sich nicht im Ansatz erklären. Als er wenige Minuten später mit essen fertig war und seine Begleiterin immer noch nicht zurück war, keimte leichte Sorge auf.

Mike drehte sich herum, um nach ihr zu sehen, konnte sie aber nirgends entdecken. Da er nur einen kleinen Teil des Ladens überblicken konnte, stand er auf. Eilig trank er seinen letzten Schluck Spezi und nahm ihre Limo kurzerhand mit, da sie noch zur Hälfte voll war. Er räumte beide Tabletts ab und machte sich auf die Suche nach ihr. Ihre Jacke, die ebenfalls noch über dem Stuhl hing, nahm er an sich. Dabei stieg ihm ihr Parfum in die Nase, welches ihn auf angenehme Art in der Nase kitzelte. Schließlich ging er Gang für Gang des Shops ab, konnte sie aber in keinem finden.

Unruhig und mit Sorge ging er nach draußen. Beinahe wäre er in eine ältere Frau gerannt. Er entschuldigte sich eilig und ließ seinen Blick über den Platz vor dem Gebäude schweifen. In einiger Entfernung auf einer Bank erkannte er sie endlich.

Sie saß ohne Jacke und alleine hier draußen in der Kälte herum. Erleichtert atmete er aus und erzeugte eine kleine Dampfwolke. Mike lief zügig auf sie zu. Als er vor ihr zum Stehen kam, stemmte er die Hände in seine Seiten. Träge blickte sie an ihm hoch und er erkannte ihre traurigen und ausdruckslosen Augen.

Hatte er etwas falsch gemacht? Hatte es mit seiner Frage zu tun?

»Was machst du hier? Ich habe dich im ganzen Laden gesucht und als ich dich nicht finden konnte, habe ich mir schon Sorgen gemacht.«

Ihr freudloses Lachen wirkte verzerrt.

»Schön, dass du auf mich aufpasst!«

Ihr Satz troff nur so vor Sarkasmus.

Was zum Henker war hier los?

»Entschuldige vielmals, leider kann ich mit dieser Bemerkung wenig anfangen.«

Vergeblich wartete er auf eine Antwort. Frustriert fuhr er sich mit seinen Händen durch die Haare und schnaubte.

»Laura? Kannst du mir sagen, was hier los ist?«

Er versuchte es sanft und mit möglichst viel Verständnis in der Stimme.

Sie hob ihre rechte Hand, in der sie eine kleinere Flasche hielt und trank einen großen Schluck der klaren Flüssigkeit. Kaum hatte sie ihn heruntergeschluckt, fing sie zum Husten an und verzog das Gesicht. Mike griff nach der Flasche, da sie diese aber fest umklammert hielt und nicht losließ, konnte er sie nicht greifen.

»Was trinkst du da?«, fragte er schärfer als beabsichtigt.

Sie setzte erneut an und dann erkannte er den Schriftzug Absolut Vodka darauf. Kaum hatte sie diese von ihren Lippen abgesetzt, fing sie erneut zu husten an.

Kein Wunder bei diesem Spiritus!

Noch einmal griff er nach der Flasche und zog sie mit einem Ruck aus ihrer Hand. Dann stellte er sie hinter sich auf eine kleine Mauer.

»Hey! Was soll das?«, fauchte sie und funkelte ihm böse entgegen. »Du bist nicht mein Vater!«

»Ich werde nicht zulassen, dass du dich betrinkst. Und du hast recht, der bin ich nicht. Aber ich hätte trotzdem gerne eine Antwort auf meine Frage.«

Er klang bedrohlich. So kannte er sich nicht. Für gewöhnlich war er sehr besonnen, aber etwas sagte ihm, dass er nur so eine Erklärung von ihr bekam.

»Welche Frage?«, stellte sie sich dumm. An ihrer gedehnten Sprechweise konnte er hören, dass ihre Zunge schwer war.

Wie viel hatte sie getrunken?

Er warf einen Blick auf die Flasche und musste feststellen, dass deutlich mehr als zwei Schlucke fehlten. Es war keine große Flasche, aber es fehlte sicher ein Drittel, wenn nicht sogar die Hälfte. So lange war sie nicht alleine gewesen.

»Ich wollte wissen, warum du ohne Begründung rausgegangen bist«, erklärte er nun ruhiger.

»Und ich habe gesagt, dass du nicht mein Vater bist!«

Eine Pause von mehreren Sekunden herrschte. In dieser Zeit sahen sie sich abschätzend an. Endlich fing sie zu erzählen an.

»Ständig kontrolliert er mich und will über mein Leben bestimmen. Und genau zu diesem Menschen muss ich jetzt, ich habe keinen Bock auf diese Scheiße, verstehst du!«

Sie war aufgebracht, aber ihre Stimme deutlich von Alkohol beeinflusst.

»Weißt du, er hat sein Verhalten aus dem Wehrdienst übernommen. Dort herrschte ein strenger Ton, eiserne Disziplin, das alles musste man auch Zuhause bei seiner Familie anwenden.«

Ihr Lachen war künstlich und wirkte traurig.

»Und da kam ihm so ein tollpatschiges Kind, wie ich es war, gerade recht. Ständig hat er mich angebrüllt, mich zurechtgewiesen. Und das macht er bis heute noch.«

Sie stieß einen leisen, wütenden Schrei aus und Mike sah sich nervös um. Nicht das jemand falsche Schlüsse zog.

Laura beugte sich nach vorne, stützte ihre Ellenbogen auf den Oberschenkeln ab. Einige Momente verharrte sie so, dann richtete sie sich abrupt auf und stand direkt vor ihm.

Er bemerkte ihr leichtes Schwanken. Dann fiel ihm auf, dass er immer noch ihre Jacke in der Hand hielt. Die Limo stellte er neben die Wodkaflasche und gewann Abstand zu ihr.

»Laura hier, zieh deine Jacke an. Dir muss doch kalt sein.«

Er hielt sie ihr hin, sodass sie nur noch hineinschlüpfen musste. Kurz beäugte sie diese, tat aber nichts dergleichen.

Wollte sie ihn ärgern?

Entschlossen nahm er ihre Hand und musste feststellen, dass sie eiskalt war. Da war noch etwas anderes und das konnte er nicht auf ihre kühlen Finger schieben. Es fühlte sich an, als würde er einen Elektrozaun an einer Weide berühren. Es war wie ein kleiner Stromschlag, der ihn durchzuckte. Er wollte schon reflexartig seine Hand wegziehen, konnte sich aber noch bremsen. Er musste ihr in die Jacke helfen.

Laura fühlte sich gut. Sie hatte über ihren strengen alten Herren gewettert und sich eine kleine Last von der Seele geredet, auch wenn das noch lange nicht alles war. Außerdem hatte sie ein wärmendes Gefühl im Bauch. Als sie Mikes Hand um ihre fühlte, kribbelte es verstärkt in ihrem Magen.

Da sie es mit den Dates aufgegeben hatte, war die letzte Berührung eines Mannes entsprechend lange her. Sie hatte ganz vergessen, wie gut es sich anfühlte. Als er ihre Hand in die Jacke schieben wollte, machte sie sich einen Spaß daraus, ihm nicht zu helfen. Aber um ehrlich zu sein, konnte sie ihm auch nicht behilflich sein. Ihr Körper war träge und gehorchte ihr nicht zu hundert Prozent.

Mike schob ihre rechte Hand in den Ärmel, was ihm relativ gut gelang. Er fasste um sie herum und musste ihr dadurch zwangsläufig näherkommen. Auf der anderen Seite ihres Kopfes griff er wieder an die Jacke.

Ein kurzer Blick auf sie verriet ihm, dass sie Spaß hatte. Mit einem Grinsen und dem amüsierten Ausdruck, den nur ein angeheiterter oder betrunkener Mensch haben konnte, sah sie ihn an. Er biss sich von innen auf die Wange, um nicht ebenfalls zu lachen. Bis eben war er sauer auf sie, aber jetzt hatte sich die Situation um hundertachtzig Grad gedreht. Sie wehrte sich nicht, aber hilfsbereit war sie auch nicht. Hervorragende Konstellation!

Dann nahm er ihren linken Arm, der ebenfalls eisig war und beförderte ihn umständlich in den anderen Ärmel. Während er mit ihr zugange war, spürte er plötzlich ihre rechte Hand an seiner Seite. Er versteifte sich leicht, hielt kurz in der Bewegung inne, um sicherzugehen, dass er sich nichts davon einbildete.

Ihre Hand ging weiter auf Wanderschaft, streifte nun über seinen Bauch und fuhr weiter nach oben. Da er mit dem Anziehen beschäftigt war und nicht unterbrechen wollte, versuchte er ihre Berührungen mehr oder weniger zu ignorieren und schaffte es einigermaßen.

Als beide Arme ordnungsgemäß verstaut waren, zog er vorne an ihrer Jacke, um sie abschließend zu justieren. Er hatte ihre träge Reaktion nicht bedacht und sie mit seinem abrupten Ruck ebenso wenig, denn anstatt sich entgegenzustemmen oder stehenzubleiben, prallte sie gegen ihn.

»Hoppla«, entfuhr es ihr, dann kicherte sie. Sie stützte sich mit beiden Händen an seiner Brust ab und er konnte ihre kalten Finger durch den Pullover spüren. Die Gänsehaut ließ ihn kurz erschaudern. Sie starrten sich wenige Sekunden an, es fühlte sich jedoch viel länger an. Ihre Hände wanderten unter der Jacke von seiner Brust über seine Flanken nach hinten. Sie standen sich so nah, dass höchstens ein Buch zwischen sie gepasst hätte.

Er konnte ihren wodkaangereicherten Atem überdeutlich wahrnehmen. Im nächsten Moment hatte sie ihren Kopf an sein Schlüsselbein gelehnt und hauchte zarte Küsse auf seinen Hals.

Himmlisch!

Ihre Lippen waren warm und standen im krassen Gegensatz zu ihren Händen, was ihn nun völlig aus der Fassung brachte. Diese wunderschönen, geschwungenen Lippen, die er beim Essen noch unauffällig gemustert hatte.

Mike wusste nicht, wie ihm geschah, für den Bruchteil einer Sekunde kam es ihm so vor, als wäre er der Betrunkene.

Dennoch war sie die Angesäuselte und das konnte jeder Außenstehende deutlich erkennen. Es fühlte sich unfassbar gut an. Gegen jegliche Vernunft genoss er es einen Moment und ließ es geschehen.

Das letzte Mal, als eine Frau ihn auf diese Weise berührt hatte, war geraume Zeit her. Genau konnte er sich nicht mehr erinnern, er wusste nur, dass es im Sommer war. Fazit: Verdammt lange her.

Laura nahm seinen Duft und seine Wärme wahr. In diesem Moment sehnte sie sich nach Zuneigung. Sie spürte, dass ihr Körper kalt war, nahm es durch ihren Zustand nur unterschwellig wahr. Ihr Hände folgten einem Automatismus, den sie nicht wirklich kontrollieren konnte. Aber sie wollte es auch nicht, denn es war mehr als nur angenehm.

Sie rieb nun mit ihrer Nasenspitze über die Haut an seinem Hals und Kinn, gleichzeitig hörte er, wie sie tief einatmete. Als ihm schließlich in vollem Umfang bewusst wurde, was hier geschah, drückte er sie langsam, aber bestimmend an ihren Schultern von sich. Als Laura eine Armlänge von ihm entfernt war, ließ er seine Hände sinken. Sie hob ihren Blick und darin lag etwas, dass er nicht wirklich deuten konnte.

Er schüttelte den Kopf. Für solche Aktivitäten kannte er sie zu wenig und zudem waren sie mitten auf einem Autobahnparkplatz.

Sie trat erneut auf ihn zu und zog ihn an seinem Pullover an sich. Im Fahrzeug waren sie keinen Meter voneinander entfernt und doch waren sie sich jetzt so nah wie noch nie. Ihr Körper schmiegte sich an seinen und er spürte ihre weichen Rundungen auf seiner festen Brust. Erneut war er wie erstarrt. Weder wehrte er sich, noch erwiderte er ihre Berührungen. Und dann gingen ihre Hände abermals auf Entdeckungstour. Diesmal wanderten sie allerdings in südliche Richtung und dann schellten bei ihm sämtliche Alarmglocken.

Ücretsiz ön izlemeyi tamamladınız.