Kitabı oku: «AC/DC»

Yazı tipi:

Martin Huxley


Aus dem Amerikanischen übertragen und bearbeitet

von Achim Bonenschäfer

Mit einer Ergänzung und Diskografie von

Andreas Schöwe und Eckhard Schwettmann


www.hannibal-verlag.de

IMPRESSUM

8. aktualisierte Auflage 2010

Titel der Originalausgabe: „AC/DC: The World’s Heaviest Rock“

Copyright © 1996 by Martin Huxley

Published by St. Martin’s Press, New York

© Koch International GmbH/Hannibal, A-6604 Höfen

www.hannibal-vaerlag.de

Autor Kapitel 32 bis 34: Andreas Schöwe

Autor Kapitel 35: Eckhard Schwettmann

Lektorat und Bearbeitung: Jutta & Rüdiger Bloemeke

E-Book: www.buchsatz.com

ISBN 978-3-85445-434-2

Auch als Paperback erhältlich: ISBN 978-3-85445-303-1

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

INHALT

EINFÜHRUNG

1 WHO MADE WHO

Wenn der Rhythmus in der Familie liegt

2 PROBLEM CHILD

Früh übt sich

3 IT’S A LONG WAY TO THE TOP (IF YOU WANNA ROCK’N’ROLL)

Aller Anfang ist schwer

4 BAD BOY BOOGIE

Aus den Lehr- und Wanderjahren eines Spitzbuben

5 SHOW BUSINESS

Weiche Schale, harter Kern

6 AIN’T NO FUN (WAITING ’ROUND TO BE A MILLIONAIRE)

Eile hat Weile

7 SEND FOR THE MAN

Gesucht und gefunden

8 STAND UP

Raus aus den Startlöchern

9 RISING POWER

Fünf Sterne über dem fünften Kontinent

10 LET’S MAKE IT

Wer AC sagt, muss auch DC sagen

11 BREAKING THE RULES

Perlen vor die Säue

12 LET THERE BE ROCK

– Und es ward Rock

13 BIG BALLS

Der Griff nach den Sternen

14 ROCK’N’ROLL DAMNATION

Ohne Fleiß kein Preis

15 THIS MEANS WAR

Die Vögel werden flügge

16 BOOGIE MAN

... sagt zum Abschied laut Servus

17 CARRY ME HOME

Laß mich in Bacchusʼ Armen ruhn

18 BACK IN BUSINESS

Die Show muss weitergehen

19 ARE YOU READY

Der zweite Anlauf

20 BACK IN BLACK

Guter alter Wein in neuen Schläuchen

21 GONE SHOOTING

Feuer und Schwefel den Konzerthallen!

22 THAT’S THE WAY I WANNA ROCK’N’ROLL

Vom Leben und Streben eines Rockers

23 HELL AIN’T A BAD PLACE TO BE

AC/DC in der Hölle auf Erden

24 IF YOU WANT BLOOD – YOU’VE GOT IT

Mexikanische Metzelsuppe mit blauen Bohnen

25 BLOW UP YOUR VIDEO

AC/DC im Filmgeschäft

26 SHAKE YOUR FOUNDATIONS

Blattschuss

27 GOODBYE AND GOOD RIDDANCE TO BAD LUCK

Auch manch alter Besen kehrt noch gut

28 R.I.P. (ROCK IN PEACE)

Eine Friedensmission fordert ihren Tribut

29 TWO’S UP

Doppelt hält besser

30 HARD AS A ROCK

Der Kreis schließt sich

31 THERE’S GONNA BE SOME ROCKING

Fortsetzung folgt

32 CAN’T STAND STILL

AC/DC erobern endgültig die Welt

33 COME AND GET IT

Schluss mit Kaspermucke

34 CAN’T STOP ROCK’N’ROLL

Der Triumphzug setzt neue Maßstäbe

35 BLACK ICE

Der Rock-’n’-Roll-Train rollt weiter

DISKOGRAPHIE

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EINFÜHRUNG

Irgendwann einmal Mitte der Achtziger hat sich ein Musikjournalist darüber beklagt, dass AC/DC nun schon zehn Platten aufgenommen hätten, die sich alle gleich anhörten. Als man Angus Young, Mitgründer, Leadgitarrist und Identifikationsfigur der Band, dies vortrug, hatte der gleich eine Antwort parat: „Er lügt. Wir haben elf Platten aufgenommen, die sich alle gleich anhören.“

Diese Aussage fasst einen Großteil des Anliegens der Gruppe AC/DC zusammen. Im Laufe von zwei Jahrzehnten hat das australische Quin­tett, gesteuert von Angus und seinem älteren Bruder Malcolm an der Rhythmusgitarre, einen einzigartigen Platz in der Rockmusik erobert. Dies ist nicht zuletzt darauf zurückzuführen, dass sie sich stets hart­näckig geweigert haben, irgendetwas an ihrem Stil, der sich vor allem durch Einfachheit und Direktheit auszeichnet, zu ändern. AC/DC be­treiben nach wie vor bodenständiges Handwerk aus der Schule von Chuck Berry und den anderen Altvorderen und stehen als ein Eckpfei­ler der Hardrock-Szene der Gegenwart.

Über mehr als zwei Jahrzehnte, sechzehn Alben und schätzungswei­se 1800 Konzerte hinweg sind AC/DC keinen Fußbreit zurückgewichen und haben in ihren Hymnen, in denen sie von Ausschweifung und Verdammnis erzählen, derben Humor verbreitet, während kurzlebige Trends in der Musikszene sie völlig unberührt ließen. Herausgeputzte Fertigprodukte der Plattenfirmen ebenso wie bewusst ernsthafte Musi­ker haben diese eher unscheinbaren Jungs aus der Arbeiterklasse stets nur verachtet. Ein erfrischendes Maß an Aufrichtigkeit, das sie davor bewahrte, jemals ausgewählte Lebensweisheiten in Form wohlbedach­ter Sinnsprüche von sich zu geben, wie man sie von so machem ihrer Kollegen zur Genüge kennt, ließ ihnen genug Kraft, kleinere Ärgernisse wie die Schmähungen der Kritiker oder das Nagen des sprichwörtlichen Zahnes der Zeit mehr oder weniger gleichgültig hinzunehmen, und selbst den Tod ihres Sängers und Texters Bon Scott ließen sie ihrer zielsicheren Botschaft nicht in die Quere kommen.

Das ungeschliffene, schnörkellose Klangbild von AG/DC, die aus den Niederungen der wilden australischen Klubszene zu ihrem gegen­wärtigen Status als einer der langlebigsten und geachtetsten stadienfül­lenden Rockgruppen aufgestiegen sind, wird durch einige optische Erkennungsmerkmale vervollständigt, die Angus Young mit viel Witz und einem Schuss Dreistigkeit zur Schau trägt, wenn er zum Beispiel als Höhepunkt eines jeden Konzerts die Hosen herunterlässt und dem Publikum seinen blanken Hintern entgegenstreckt. Die Markenzeichen des zwergenhaften Gitarristen (1,57 m, 50 kg), die Schuluniform und die Wutanfälle auf der Bühne, haben einen deutschen Musikjournali­sten einmal dazu geführt, ihn einen „Oskar Matzerath der Rockmusik“ zu nennen, der sich „beharrlich weigert, erwachsen zu werden, und mit der umgeschnallten Gitarre statt einer Blechtrommel zwar keine Fensterscheiben, aber doch die Trommelfelle der Zuhörer zum Bersten bringt“. Ganz im Gegesatz dazu steht der Privatmann Angus Young, ein Abstinenzler, der in seiner Freizeit Landschaftsmalerei betreibt.

Die vierfäustige Saitenattacke der Gebrüder Young wurde durch die eindringliche Stimmbandakrobatik von Bon Scott ergänzt, dessen Büh­nendarstellung des verruchten Höllenhundes ziemlich genau seinem Lebenswandel als Draufgänger und Lebemann entsprach. Nach seinem alkoholbedingten Tod – just zu diesem Zeitpunkt waren AC/DC drauf und dran, zu Superstars von internationaler Geltung aufzusteigen – raffte sich die unverwüstliche Band schnell wieder auf und präsentierte sich mit ihrem neuen Mann stärker denn je. Der krächzende Gesang und die natürliche Ausstrahlung einer angenehmen Mischung aus Ar­beitercharme und Raueinigkeit ließen Brian Johnson bald zu einem wichtigen Bestandteil dessen werden, was AC/DC bis heute ausmacht. Während der Schlagzeughocker nach Phil Rudds Ausstieg einige Male bis zu dessen Wiedereingliederung weitergegeben wurde, blieb der Kern von AC/DC, bestehend aus den Young-Brüdern, Brian Johnson und dem Bassisten Cliff Williams, erhalten und wurde zu einer der verlässlichsten und dauerhaftesten Institutionen in der Rockmusik.

Trotz ihrer gleichbleibenden Beliebtheit haben sich AC/DC in vieler Hinsicht nie richtig in eine bestimmte Schublade einordnen lassen. Wegen ihrer flegelhaften, gewagten Lieder und ihrer ohrenbetäuben­den Konzerte werden sie gemeinhin als Heavy-Metal-Gruppe bezeich­net. Aber die leise Selbstironie in ihren Versen und die Ursprünglichkeit ihrer Musik haben nie so recht in das Heavy-Metal-Klischee gepasst. AC/ DC haben sich immer eine gewisse Urwüchsigkeit bewahrt, die die tief verwurzelte Beziehung zum Blues und zum frühen Rock’n’Roll betont. Der Geist dieser Musik, der die Young-Brüder ursprünglich inspirierte und zum Teil noch heute in ihren Kompositionen wirkt, ließ sich nur auf wenige Häupter in der Hardrock-Szene nieder.

ln einem Geschäft, in dem neue Gruppen in schneller Folge steil aufsteigen, um wie die Tontauben sogleich wieder abgeschossen zu werden, haben AC/DC eine bemerkenswerte Langlebigkeit gezeigt, indem sie nunmehr über 20 Jahre im Gespräch geblieben sind, ohne sich jemals dazu herzugeben, eine Ballade zu schreiben oder gar ein ernstes gesellschaftspolitisches Thema in einer Komposition zu verar­beiten. AC/DC beherrschen ihr Handwerk und denken nicht im Traum daran, sich an irgendwelchen Trends zu orientieren oder durch einen selbstauferlegten hohen künstlerischen Anspaich von ihrer Linie abzu­weichen. Dabei können sie sich in ihrer Gleichgültigkeit gegenüber den unterschiedlichen Modeströmungen ziemlich sicher fühlen, da sie so auch gegen die Launen des Marktes gefeit sind. Gerade weil sie nie versucht haben, „in“ zu sein, mussten sie auch nie fürchten, irgendwann „out“ zu sein.

AC/DC haben die ganzen Mühen durchstanden, ohne dass sie oder die Einheit der Gruppe daran Schaden genommen hätten. Sie sind immer noch die schlichten, aber umgänglichen Kerle, die mit beiden Beinen auf der Erde stehen, ihre Fans mit Achtung und Respekt behan­deln und sich davor hüten, mit den im Showgeschäft üblichen Insignien des Ruhmes Staat zu machen. Die Nibelungentreue ihrer Anhänger haben sie sich über die Jahre hart erarbeiten müssen, und widerwillig zollen ihnen nun auch ihre einstmals schärfsten Kritiker Respekt, die anfangs an dem einseitigen Programm und der Einfallslosigkeit der Band, wie sie es nannten, Anstoß nahmen.

In den vergangenen Jahren haben selbsternannte Tugendwächter immer wieder versucht, die Musik von AC/DC mit allen erdenklichen Arten der Verderbtheit in Verbindung zu bringen, angefangen von sexueller Abartigkeit über Satanismus bis hin zu Massenmord. Wenn man jedoch nur einigermaßen mit der Sache vertraut ist, weiß man, dass alles, was diese Gruppe heraufbeschwört, eine ganze Menge Spaß ist. Auch wenn ihre Art von Humor recht derb ist und ihre Unflätigkeit die Missgunst besonders der älteren Generation hervorruft, so hatten sie doch nie etwas Bösartiges oder Niederträchtiges an sich.

AC/DC waren immer stolz auf ihre Einfachheit und Durchschaubarkeit. Für ihre Musik mag das zutreffen, ihre Geschichte jedoch ist ein ganzes Stück verwickelter.

1

1 WHO MADE WHO

Wenn der Rhythmus in der Familie liegt

Glasgow war Anfang der sechziger Jahre eine überfüllte, schmutzige Industriestadt, die den Arbeiterfamilien wegen der anhaltend darnie­derliegenden Wirtschaft nur noch wenig Hoffnung bot. Während weite Teile von Großbritannien in einer wirtschaftlichen Krise steckten, wirk­ten am entferntesten Ort des einstigen Weltreiches, in Australien, immer noch die Ausläufer des Aufschwungs der Nachkriegszeit. Der Kontinent war reich an Rohstoffen, es fehlten nur die Arbeitskräfte, diese auch auszubeuten. Und so bot es sich an, die menschlichen Ressourcen im Mutterland anzuzapfen. Australien hatte bereits 1947 ein gewaltiges Einwanderungsprojekt begonnen. Obwohl die wirtschaftlich bedräng­ten Briten die Herausforderung angenommen hatten und in den folgen­den Jahren in großer Zahl ins Land geströmt waren, hatte der Umfang der Einwanderung nicht die Erwartungen der Regierung erfüllt. Und so wurde schließlich ein Programm mit dem Namen Assisted Passage Scheme eingeleitet, das Einwanderer mit einem Fahrpreis von nur zehn Pfund pro Kopf nach Australien lockte. Unter denjenigen, die das Angebot annahmen, waren viele Arbeiterfamilien aus Schottland, die in der Heimat keine Zukunft mehr für sich sahen.

Eine dieser Familien war die von William und Margaret Young, die den Schritt im Jahre 1963 wagten. Angus, der Jüngste, erzählte später der englischen Musikzeitschrift Sounds: „Mein Vater fand keine Arbeit mehr in Schottland. Er konnte eine Familie von unserer Größe einfach nicht ernähren, also versuchte er sein Glück in Australien.“

Malcolm Young wurde am 6. Januar 1953 in Glasgow geboren. Sein jüngerer Bruder Angus McKinnon Young kam am 31. März 1955 zur Welt (wohingegen manche Quellen 1956, 1957 oder gar 1959 als Ge­burtsjahr angeben; Angus korrigierte sein Alter später aus Gründen der Imagepflege nach unten). Malcolm und Angus waren die jüngsten der insgesamt acht Kinder, dann kam George, dessen eigene Erfahrung als Musiker die Karriere seiner Geschwister entscheidend beeinflussen sollte. Der Nächstältere war Alex, der schon Berufsmusiker war, als die Familie noch in ihrer angestammten Heimat lebte. Unter dem Künstler­namen George Alexander trat er im Hamburg der Beat-Ära mit den Big Six die Nachfolge der noch unbekannten Beatles als Begleitgruppe von Tony Sheridan an. 1967 war seine Band Grapefruit dann die erste, die von Apple, der neugegründeten bandeigenen Plattenfirma der Beatles, unter Vertrag genommen wurde.

Malcolms und Angus’ erste Berührung mit der Rockmusik kam jedoch durch ihre Schwester Margaret, die einzige Tochter und Älteste, die in ihrer Jugend in Glasgow den ungeschliffenen frühen Rock’n’Roll von Chuck Berry, Little Richard und Fats Domino zu schätzen lernte. Die amerikanischen Schallplatten konnte man in der Stadt mit ihrem Überseehafen leicht bekommen. Margarets Musikgeschmack machte Malcolm und Angus schon früh mit der unbändigen Kraft der schwar­zen Musik vertraut. Das sollte für ihren künftigen Weg von größter Bedeutung sein.

„Als ich sechs oder sieben war, nahm mich Margaret in ein Konzert von Louis Armstrong mit“, erinnert sich Angus. „Ich mochte sein Lä­cheln, die großen Zähne. Bei manchen Leuten kriegt man vom Zu­schauen Gänsehaut, und er war so einer. Man sah ihm an, dass er ehrlich war, ein guter und ein glücklicher Mann.“

Als Folge der neuerlichen Einwanderung war der australische Natio­nalcharakter in der ersten Hälfte der sechziger Jahre gespalten. Auf der einen Seite waren die Symbole der neuen amerikanischen Jugendkultur schon auf dem besten Wege, Besitz von dem Land zu ergreifen, auf der anderen Seite aber stand noch die Bindung an die althergebrachte britische Lebensweise. Deshalb konnte sich der australische Rock’n’Roll anfangs nur sehr zaghaft rühren.

Wie so vieles in Australien hinkte auch die dortige Rockmusik der amerikanischen und britischen deutlich hinterher. In Amerika hatte sich die Rock’n’Roll-Revolution schon gegen Ende des Zweiten Weltkriegs angekündigt, als sich die gesellschaftlichen Konventionen langsam abzunutzen begannen. Auf dem räumlich und damit auch kulturell abgeschnittenen fünften Kontinent hatten sich die Jugendlichen noch nicht gegen ihre Eltern aufzulehnen gewagt, und alle Altersgruppen hörten so ziemlich die gleiche Musik. Großbritannien entwickelte ab Anfang der Sechziger eine eigene Rockmusiktradition, nachdem an­fängliche unbeholfene Versuche, den amerikanischen Rock’n’Roll nach­zuahmen, gescheitert waren, aber in Australien musste man noch einige Jahre warten, bis man überzeugende Rockmusiker aus eigenen Landen vorweisen konnte. Amerikanische Aufnahmen wurden in Australien nicht in ausreichendem Umfang veröffentlicht. Damit fehlte es an der breiten Grundlage, aus der etwa die britische Merseybeat-Bewegung hervorging. Der Funke war nicht auf die südliche Halbkugel überge­sprungen, und so konnte denn auch der bekannteste der frühen austra­lischen Rockmusiker, Johnny O’Keefe, kaum mehr als ein müder Ab­klatsch der amerikanischen Vorkämpfer sein.

Während die drei ältesten Young-Brüder in die Fußstapfen ihres Va­ters traten und in der Fabrik ein Unterkommen fanden, dauerte es nicht lange, bis nach Alex auch George seine wahre Berufung fand. Kurz nach­dem sich seine Familie in dem Sydneyer Vorort Burwood niedergelassen hatte, einem Einwandererviertel, das eine Brutstätte für unzählige Gara­genbands war, gründete der Siebzehnjährige mit vier anderen Einwan­dererkindern, die er aus dem Übergangswohnheim kannte, eine Band: Da waren die Engländer Stevie Wright (Gesang) und Gordon „Snowy“ Fleet (Schlagzeug) und die Holländer Harry Vanda (eigentlich Wandon; Gitarre) und Dick Diamonde (Bass). Es ist auf ironische Weise bezeichnend, dass von den Easybeats, die bald zur ersten bedeutenden australi­schen Rockgruppe werden sollten, keines der Mitglieder Australier war.

Die Easybeats fingen Ende 1964 an und zeichneten sich schon bald vor allen anderen Bands in Sydney aus. Sie waren intelligent, kleideten sich schick und waren schon deshalb beliebt, vor allem bei den Mäd­chen. Mit den packenden Auftritten ihres Sängers „Little“ Stevie Wright und einer Begabung fürs Komponieren waren die fünf die erste austra­lische Gruppe, die das Charisma, das Talent und die klare Zielsetzung hatte, die nötig waren, um den Durchbruch auf dem internationalen Markt zu schaffen.

Durch ihren Manager, Mike Vaughan, lernten die Easybeats Ted Albert kennen, einen erst siebenundzwanzigjährigen Geschäftsmann, dem der älteste und angesehenste Musikverlag Australiens gehörte. J.Albert&Son, in den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts von Ted Alberts Urgroßvater gegründet, war Mitte der Sechziger noch neu im Popmusikgeschaft, doch sollte das Unternehmen bald eine Schlüssel­stellung in der australischen Rockszene einnehmen und eine wichtige Rolle in der Karriere von AC/DC spielen.

Albert war – nach den tumultartigen Szenen bei der Begrüßung der Beatles im Juni 1964 – überzeugt davon, dass nun auch in Australien eine Popmusikrevolution unmittelbar bevorstand, die sich aus dem Land selbst heraus entwickeln werde. Deshalb hatte er im August 1964 die Plattenfirma Albert Productions als Ableger des Musikhauses ge­gründet. Er ließ das neue Unternehmen anlaufen, indem er unter ande­ren die Easybeats, auf die er große Hoffnungen setzte, unter Vertrag nahm.

Alberts Einsatz zahlte sich bald aus. Im Mai 1965 wurden die fünf mit „She’s So Fine“, ihrer zweiten Single, über Nacht zu Stars. Das ganze Land war vom „Easyfever“ gepackt, das so etwas wie die australische Antwort auf die „Beatlemanie“ war.

Auf dem Höhepunkt dieses Fiebers kam Angus eines Nachmittags aus der Schule und stellte fest, dass Hunderte von jungen Mädchen das elterliche Haus belagerten, um von dem Popstar George Young einen Blick zu erhaschen. Ungeschickterweise hatte eine Musikzeitschrift seine Adresse verraten. Während der Anblick der schmachtenden Schul­mädchen dem jungen Angus einen angenehmen Nebeneffekt des Ruh­mes vor Augen führte, war sein unmittelbares Anliegen eher, die anwe­sende Polizei von von seiner Identität zu überzeugen, um durch die Absperrungen gelassen zu werden, die um das Haus errichtet worden waren. Angus blickt zurück: „An einem Tag war George noch ein ganz normaler Sechzehnjähriger, der auf seinem Bett saß und Gitarre spielte, und am nächsten Tag wurde er vom ganzen Land angebetet.“

Die Easybeats versuchten ihr Glück daraufhin auch im Ausland und hatten damit ein gewisses Maß an Erfolg. Ihr größter Hit war „Friday On My Mind“. Die Single stieg Ende 1966/Anfang 1967 bis auf Platz 6 in Großbritannien und auf Platz 16 in Amerika. Äußerst treffend schildert das Lied den frustrierenden Arbeitsalltag der kleinen Leute mit dem großen Befreiungsschlag am Wochenende und ist mit seiner vollkom­menen musikalischen Umsetzung der Thematik ebenso zeitlos wie die Beatlesklassiker aus jenen Tagen.

Die Easybeats hatten sich in London niedergelassen und brachten noch ein paar kleinere Hits hervor. Jedoch führte ihre Unerfahrenheit in geschäftlichen Dingen und ein zunehmender Orientierungsverlust im musikalischen Bereich ihre Karriere schließlich in eine Sackgasse. In Australien galten sie nichtsdestotrotz bis zu ihrer Auflösung im Novem­ber 1969 als Superstars.


Angus: „Ich weiß nicht, warum ich auf der Bühne die Hosen runterlasse – es könnte aber an dem hämmernden Schlagzeug hinter mir liegen.“

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