Kitabı oku: «Rein in die Führung», sayfa 4

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Strategie 3: Kontakt –
gelingende Beziehungen gestalten

Der Wert von Beziehungen in verschiedenen Lebensphasen

Junge Menschen nehmen an, dass Beziehungen von alleine gelingen. Sie haben Erfahrung in einer Klassengemeinschaft und in der Berufsausbildung oder im Studium gesammelt. Für die meisten ist es einfach, eine Peer Group zu finden, in der sie sich wohlfühlen. Deswegen investieren junge Menschen wenig Energie in Beziehungen. Sie konzentrieren sich auf ihre Arbeit, auf ihre Interessen und ihre Entwicklung. Beziehung, das Miteinander im kollegialen und im familiären Kreis, entwickelt und stabilisiert sich aus ihrer Sicht wie von alleine.

In der Mitte des Lebens sieht das ganz anders aus. Wir haben verstanden, dass für eine gute Karriere mehr als eine hochkompetente Arbeit notwendig ist und dass ohne ein gutes soziales Netzwerk die Ziele nicht erreicht werden können. Manche Menschen haben auch erfahren, dass private Beziehungen gepflegt werden müssen. Vielleicht ist eine Liebesbeziehung zerbrochen, weil man sie als zu selbstverständlich angesehen hat, oder eine Freundschaft hat sich in Luft aufgelöst, weil es im Alltag nicht genug Zeit und Raum dafür gab. In der Mitte des Lebens begreifen wir, dass gelingende zwischenmenschliche Beziehungen einen hohen Wert haben, und sind bereit, mehr dafür zu tun. Wir realisieren oft erst jetzt, wie wichtig ein gutes Miteinander für das Wohlfühlen und für die Zufriedenheit ist. Den positiven Effekt von gelingenden Beziehungen konnten auch Neurobiologen nachweisen.

Wir widmen uns auf den folgenden Seiten diesen vier Themen:

Kontakt 1: positive Begegnungen und Wertschätzung

Kontakt 2: sich als Mensch »zeigen«

Kontakt 3: Vertrauen

Kontakt 4: Verantwortung

Kontakt 1: positive Begegnungen und Wertschätzung

Materielle Anreize

Über Motivation ist viel geschrieben worden. In Unternehmen gibt es oft verschiedene Motivationssysteme, die dazu beitragen sollen, dass die Mitarbeiter sich wertgeschätzt fühlen und gerne zur Arbeit kommen. Meist geht es um materielle Anreize – die inzwischen sehr oft an die Zielerreichung gekoppelt sind – und um Statusanreize: mein Eckbüro, mein Dienstwagen, mein Business-Class-Ticket, mein Coach …

Neurobiologischer Ansatz

Aus neurobiologischer Sicht motivieren ganz andere Dinge. Das neuronale Belohnungssystem funktioniert vor der bewussten Verarbeitung, also bevor die Anreize ins Bewusstsein gelangen und bewertet werden können: im Mittelhirn. Es ist verbunden mit den Emotionen. Nach Joachim Bauer ist der Treibstoff der Motivation das Dopamin. Dopamin sorgt dafür, dass wir uns wohlfühlen, bringt uns Konzentrationsfähigkeit und Handlungsbereitschaft. Danach werden Opiode freigesetzt und in Folge das Oxytozin. Das sind beides Stoffe, die einen wohltuenden emotionalen Effekt haben. Und das Oxytozin sorgt für ein Gefühl von Verbundenheit.

Motivationsfaktoren

Das ist doch fein, denkt man sich. Und wie kann man täglich eine große Portion davon freisetzen? Kann man das vielleicht spritzen? Ja, das geht. Die Gefahr der Abhängigkeit ist jedoch groß. Also: Wie kommt man auf natürlichem Wege an diesen Hormoncocktail, der als »Reward System« des Körpers bekannt geworden ist? Dieses menschliche Motivationssystem springt dann an, wenn es Aussicht auf soziale Anerkennung, positive Zuwendung, die Erfahrung von Liebe oder die Wahrnehmung durch andere gibt.

»Die Hölle, das sind die anderen«, meinte der französische Philosoph Jean Paul Sartre. Die Neurobiologen sagen genau das Gegenteil: Wir brauchen gut gelingende Begegnungen und Beziehungen, um uns glücklich zu fühlen. Und das beinhaltet sicherlich auch ein positives Bild des Gegenübers. Eine Trennung von diesen Erfahrungen macht letztendlich krank. Jede Form der positiven menschlichen Begegnung stimuliert unser internes Motivations- und Belohnungssystem. Wir fühlen uns gut.

Social Brain

Weil dieses System so zuverlässig und lebensbestimmend funktioniert, haben die Neurobiologen den Begriff des »Social Brain« geprägt. Vereinfacht dargestellt bedeutet das: Haben wir gute und gelingende Beziehungen, dann geht es uns gut. Funktioniert das nicht, werden wir krank, es führt zu Stress. Unterstützend arbeiten die bereits erwähnten Spiegelneuronen, die uns in die Lage versetzen, an den Emotionen anderer Personen anzuknüpfen. Es kommt zu einer sozialen Resonanz.

Biologisches Glück

Schlüsselfragen zu Beziehungen

Führen wir diesen Gedanken einmal weiter: Wenn gelingende Beziehungen der wesentliche Treibstoff für eine Lebenszufriedenheit und das, was allgemein unter »Glück« verstanden wird, sind, was können wir dann tun, damit diese Form von Beziehung zu anderen Menschen funktioniert? Was sind also die wesentlichen Bestandteile in der Begegnung, die es möglich machen, dass das Reward System bei unserem Gegenüber und bei uns selbst anspringt?

Zentrale Beziehungs-parameter

Hier gibt Joachim Bauer fünf wesentliche Punkte an:

1. Sehen und gesehen werden,

2. gemeinsame Aufmerksamkeit gegenüber etwas Drittem,

3. emotionale Resonanz,

4. gemeinsames Handeln und

5. das wechselseitige Verstehen von Motiven und Absichten.

Nach Bauer können Beziehungen nicht langfristig gelingen, wenn nur eines dieser Kriterien dauerhaft fehlt.

Was bedeutet das nun für den unternehmerischen Kontext?

1. Sehen und gesehen werden

Wertschätzender Umgang miteinander

Menschen möchten wahrgenommen werden. Sie möchten Anerkennung für ihre Leistung erhalten und persönliche Wertschätzung erfahren. Das ist eigentlich ganz plausibel und scheinbar so einfach. Wenn Sie mit dieser Brille der Wertschätzung einmal durch Ihr Unternehmen laufen und die Dialoge zwischen den Mitarbeitern unter die Lupe nehmen, wird Ihnen auffallen, dass an vielen Stellen die Wertschätzung schlichtweg vergessen wird. Viele Menschen finden es gar nicht so einfach – vor allem unter Stress –, wertschätzend mit den Menschen um sich herum umzugehen. Das ist meistens gar nicht böse gemeint. Nichtbeachtung ist ein wesentlicher Motivationskiller. In dieser Hinsicht haben uns andere Kulturen eine Menge voraus.

2. Gemeinsame Aufmerksamkeit gegenüber etwas Drittem

Gemeinsamer Fokus

Das ist im Unternehmen ganz einfach: Sie haben ein gemeinsames Thema. Ein Thema, das allen Beteiligten am Herzen liegt. Ein Unternehmen kann bei seinen Einstellungen besonders darauf achten, ob der Bewerber nicht nur an der Position interessiert ist, sondern ob ihn auch die Aufgabe im Gesamtsystem reizt. Vereinfacht ausgedrückt: Mag er das Produkt? Es ist etwas ganz anderes, ob Sie sich mit einem Produkt beschäftigen, das Sie weder verstehen noch interessant finden, oder ob Sie mit Begeisterung für dieses Produkt oder diese Dienstleistung arbeiten. Und das gilt nicht nur für den Verkauf. Auch ein Jurist oder ein Controller sollte das Produkt mögen, um in den Genuss des inneren Belohnungssystems zu gelangen.

Aufmerksamkeit zählt

Das ist das Grundsätzliche. Dieser Mechanismus spiegelt sich aber auch im Alltag. Angenommen, Sie haben an einem Thema gearbeitet, ein paar Gedanken investiert und aus Ihrer Sicht einige Punkte gefunden, um die Sie sich kümmern möchten. Das besprechen Sie mit Kollegen. Erfahren Sie hier nun Aufmerksamkeit und Interesse, werden Hormone ausgeschüttet. Gehen die anderen über diese Punkte hinweg, die für Sie wichtig sind, entsteht Frustration. Und was wir alle im betrieblichen Alltag erleben: In Besprechungen und Meetings wird einander oft nicht aufmerksam zugehört. Alleine das kann nachhaltig demotivieren.

3. Emotionale Resonanz

Den Schwung nutzen

Emotionale Resonanz beschreibt die Fähigkeit, sich auf die emotionale Gestimmtheit des anderen einzuschwingen (Spiegelhormone) oder auch den anderen mit dem eigenen Schwung mitzunehmen. So kann im Unternehmen allein schon durch die positive Grundhaltung der Schlüsselpersonen mit diesem Wissen eine positive Stimmung verbreitet werden.

4. Gemeinsames Handeln

Das Miteinander stärken

Gemeinsam etwas zu tun, schafft eine Verbindung. Wenn Sie einem Team eine Aufgabe geben und dieses Team gemeinsam und intensiv miteinander arbeitet, dann entstehen hier persönliche Beziehungen, die durch einen losen täglichen Kontakt nicht ersetzt werden können. Wichtig hierbei ist, dass sich Menschen gemeinsam miteinander in Bewegung setzen. Immer wieder Projekte in anderen Zusammensetzungen zu initiieren, die tatsächliche Relevanz haben und deren Ergebnisse das Unternehmen maßgeblich entwickeln, macht vor diesem Hintergrund noch einmal mehr besonders viel Sinn und Spaß.

5. Das wechselseitige Verstehen von Motiven und Absichten

Verstehen gelingt nur aktiv

Verstehen ist gar nicht so einfach. Manche Menschen glauben schon nicht mehr daran, dass ein Verstehen überhaupt möglich ist. Ich erinnere hier einen Vortrag von Gunther Schmidt, der als systemischer Therapeut in Heidelberg und Berlin arbeitet. Er berichtete anlässlich einer Konferenz 2007 von einem Paar, das zu ihm in die Beratung kam. Auf seine Frage, was er für die beiden tun könne, antwortete einer der beiden: »Wir möchten uns wieder besser verstehen.« Seine Reaktion: »Ah, Sie sind also immer noch der Auffassung, dass sich Mann und Frau verstehen können.«

Die Voraussetzung für das Verstehen sind die vier vorher genannten Punkte. Dennoch bleibt das tatsächliche Verstehen die Königsdisziplin in einer gelingenden Beziehung. Verstehen macht wirklich Arbeit. Voraussetzung für ein Verstehen ist die Bereitschaft, sich auf den anderen einzulassen und ihm genau zuzuhören. Es geht in diesem Moment gar nicht darum, was man selbst meint, sondern nur darum, zu verstehen, wie der andere »tickt«. Dabei stehen uns unsere subjektiven Theorien, Skripte, Einstellungen und alles andere, was bisher schon Thema war, im Weg.

Trugschluss

Das Gehirn ist auch darauf bedacht, so ökonomisch wie möglich zu arbeiten. Das heißt, es nimmt zunächst wenige Worte auf und macht sich dann aufgrund von Erfahrungen, Erwartungen und Einstellung schnell seinen Reim auf die verstandenen Begriffe. Das vermeintliche Verstehen hat dann meist nicht viel mit dem anderen zu tun. Nur: Wir bemerken das nicht und haben das Gefühl, mit dem anderen gesprochen und ihn verstanden zu haben.

Verstehen gelingt also nicht wie von alleine. Es ist eine außergewöhnliche Fähigkeit, die Ressourcen in Anspruch nimmt, bewusst gesteuert werden muss und eine besondere Aufmerksamkeit und Achtsamkeit für das Gegenüber erfordert.

Ich und die anderen

Diese fünf Prinzipien sind keine Einbahnstraße. Das Gelingen von Beziehungen ist eine gegenseitige Angelegenheit, geprägt von Wertschätzung und Anerkennung, auch über Hierarchien hinweg. Bei allen Aktionen behalten die Personen immer die »Gegenspur« im Auge. Sie agieren nicht, ohne den anderen zu sehen. Dabei sind gedanklich beide Spuren gleich breit: die Berücksichtigung der eigenen Bedürfnisse und die Berücksichtigung der Bedürfnisse des Gegenübers im Hinblick auf die genannten fünf Kriterien. Weder Ich-AGs noch Dauerversteher sind im unternehmerischen Kontext gewinnbringend.

Gleichzeitig haben Menschen sehr unterschiedliche Haltungen und jeder für sich kann mit seiner individuellen Art und Weise, über Menschen zu denken, erfolgreich sein. Wenn man es genau betrachtet, gibt es bei den so unterschiedlichen Haltungen verschiedener erfolgreicher Menschen gewisse Gemeinsamkeiten: Keiner wertet per se Menschen ab. Jeder geht erst einmal grundsätzlich davon aus, dass die Menschen um ihn herum gerne arbeiten, gerne Leistungen bringen und für ihren Bereich sehr kompetent sind. Sie haben grundsätzlich das Gefühl, ihnen Arbeiten übertragen zu können und sich darauf verlassen zu können, dass sie ein Ergebnis von hoher Qualität erhalten.

Kontakt 2: sich als Mensch »zeigen«

Sich zeigen

Milton Erickson war ein begnadeter Therapeut, ebenso wie Frank Farrelly. Beide sollen Menschen erfolgreich behandelt haben, die als therapieresistent eingestuft oder für unheilbar gehalten wurden. Und beide arbeiteten absolut nicht nach den Regeln der Kunst. Sie blieben nicht distanziert, sondern ließen sich auf ihr Gegenüber ein. Milton Erickson war schwer erkrankt und arbeitete in seiner häuslichen Praxis. So kam es, dass seine Patienten im Wohnzimmer warteten und in dieser Zeit am Familienleben teilnahmen. Nach den klassischen therapeutischen Regeln kann so etwas nicht funktionieren. Erickson ging damit souverän um und so störte diese Tatsache auch nicht die Therapie. Im Gegenteil, wenn man die Berichte liest, hat man eher das Gefühl, dass diese direkte, menschliche Art den Erfolg eher noch unterstrich. Der direkte Kontakt schaffte Vertrauen und damit eine Beziehung, in der es dem Therapeuten viel leichter gelang, wirkungsvoll Einfluss zu nehmen.

Mutig sein

Wenn man sich als Mensch zur Verfügung stellen möchte, will man »anfassbar« sein. Man möchte Charakter zeigen, anstatt glatt zu wirken und immer wieder bequem die Meinung zu ändern. Man möchte zwischenmenschliche Kontakte aufbauen, die mehr sind als eine oberflächliche kollegiale Zusammenarbeit. Für all das braucht es einen gewissen Mut. Es braucht den Mut, sich zu zeigen, und das bedeutet, nicht nur zu seinen Stärken, sondern auch zu seinen Schwächen zu stehen.

Gucken erlaubt

Sicherlich muss man nicht jeden gleich mit in sein Wohnzimmer mitnehmen. Aber wer zu seiner Menschlichkeit steht und damit bewusst umgeht, kann den Kontakt zu anderen schon deutlich verstärken. Apropos Wohnzimmer: Wenn Sie die Gelegenheit haben, in das private Umfeld eines Kollegen zu schauen, dann nehmen Sie die Einladung zu ihm nach Hause doch gerne an. Sie werden ganz neue, interessante Persönlichkeitsanteile Ihres Kollegen kennenlernen. Viele Menschen haben so viele verschiedene Talente, über die Sie bisher nicht miteinander gesprochen haben, weil sie einfach am Arbeitsplatz nicht sichtbar sind. Oft sind wir erstaunt, wie viel noch im Verborgenen schlummert. Sie werden nach diesem Besuch vielleicht mehr Respekt oder gar Bewunderung für Ihren Kollegen empfinden. Manchmal finden sich übereinstimmende Themen und manchmal sieht man auch einfach nur, dass ein im Unternehmen extrem sachlicher und gut strukturierter Mensch zu Hause eher emotional und chaotisch ist. Und das ist schließlich auch eine angenehme menschliche Seite.

Was wirklich zählt

Marcus Buckingham hat das in seinem Buch First, break all the rules so beschrieben: »Despite their differences, great managers do share one thing: Before they do anything else, they first break all the rules of conventional wisdom.« Die Manager verlassen sich also eher auf ihre Intuition als auf die (überlieferten) goldenen Regeln der Kunst.

Betrachten Sie beispielsweise eine Person, die Sie beeindruckt hat. Überlegen Sie: Hat diese Person Sie beeindruckt, weil sie nach den Regeln ihres Umfelds/ihrer Kunst gehandelt hat? Oder welche anderen Qualitäten ziehen Sie in ihren Bann? Meistens sind es ungewöhnliche Denk- und Handlungsweisen, die uns faszinieren. Es sind nicht die Dinge, die wir in den Ausbildungsprogrammen gelernt haben, sondern eher die Dinge, die wir aus dem Leben, aus den Begegnungen mit anderen Menschen mitnehmen.

Beziehungen unterschiedlich gestalten

Buckingham beschreibt einige klare Prinzipien: Herausragende Manager glauben nicht daran, dass jeder Mensch alles erreichen kann, was er sich vorgenommen hat. Und auch Zielvereinbarungen und Unterstützung können nicht jeden ans Ziel bringen. Es gibt so etwas wie Talent und als Führungskraft erkennen Sie sehr schnell, welche Person für welche Sache Talent hat oder dieses Talent weiterentwickeln kann. Buckingham empfiehlt, Abstand zu nehmen von der gängigen Hypothese, dass alle Mitarbeiter gleich behandelt werden können. Wenn Sie sich jedem als Mensch zur Verfügung stellen, dann sehen Sie schon, wie der Kontakt zu jedem Einzelnen aussehen sollte. Und wenn der Kontakt richtig gut ist, dann können Sie selbst nach einem Entlassungsgespräch mit dieser Person auch noch einen Kaffee trinken gehen.

Kontakt 3: Vertrauen

Vertrauen schafft Stabilität

»Gute Führung fängt da an, wo Zählen, Wiegen und Messen aufhört«, sagt Rüdiger Hossiep, Experte für Persönlichkeitstests an der Ruhr-Universität in Bochum. Von Vertrauen wird in allen Unternehmen gesprochen. Und gleichzeitig wird in vielen Organisationen mittels quantitativer und qualitativer Ziele geführt. Ein Widerspruch, meint Hossiep. Vertrauen liegt auf unserer Werteskala für zwischenmenschliche Beziehungen und gute Zusammenarbeit ganz oben. Vertrauen wird oft als Basis für ein gelungenes Miteinander betrachtet. Über Vertrauen wird viel gesprochen. Auf Plakaten strahlt es uns in Form von Slogans von den Fluren der Unternehmen an: Wir haben eine Vertrauenskultur. Wir vertrauen einander. Unsere Führung basiert auf Vertrauen.

Warum hängt es in den Fluren? Warum wird so viel darüber gesprochen? Weil es fehlt? Oft ist es so, dass es genau der Mangel ist, der thematisiert oder nur verwaltet wird. Wir bräuchten kein Arbeitsamt, wenn wir ausreichend Arbeit hätten. Wir bräuchten keine Verträge, wenn wir alle zuverlässig und vertrauenswürdig wären. Wir bräuchten auch nicht über Vertrauen zu sprechen, wenn es da wäre. Wir bräuchten uns nicht ständig um neue Kunden, neue Lieferanten, ja um neue Partner zu kümmern.

Vertrauen als Schlüsselfaktor

Vertrauen hat gerade in den Zeiten der Wirtschaftskrise einen Schaden genommen. War das Top-Management bisher angesehen und vertrauenswürdig, zweifelt inzwischen der eine oder die andere an der Führungsetage. Der Berufsstand der Manager hat an Respekt verloren. Menschen arbeiten für Menschen, weniger für ein Unternehmen. Fragt man Menschen, die ein Unternehmen verlassen, warum sie den Wechsel vollziehen, dann rangiert noch vor Karriere- und Entwicklungsmöglichkeiten die Aussage: »Ich kam mit meinem Chef nicht zurecht. Kein Vertrauen.«

Wenig Chancen für Vertrauensaufbau

Vertrauen ist also ein wesentlicher Faktor jenseits von allen anderen Rahmen- und Arbeitsbedingungen. Eine Unternehmensspitze, der alle anderen Führungskräfte und Mitarbeiter vertrauen können, ist ein wesentlicher Stabilitätsfaktor in Systemen. Derzeit liegt die durchschnittliche Verweildauer von CEOs bei etwa 18 Monaten. Das bedeutet zum einen, dass die Personen mit den Auswirkungen ihrer Entscheidungen nicht mehr konfrontiert werden – hier nimmt man einen Zyklus von etwa vier Jahren an. Zum anderen bedeutet es auf der zwischenmenschlichen Ebene, dass kaum Zeit bleibt, um eine vertrauensvolle Zusammenarbeit aufzubauen. Es wirbeln im Grunde nur Sanierer durch die Unternehmen, die aufgrund ihrer Verträge kurzfristige Erfolge vorweisen müssen. Über die Kurzfristigkeit von Entscheidungen und deren Auswirkungen haben wir uns ja schon Gedanken gemacht.

Vertrauen als Vorleistung

Wer einem anderen Menschen vertraut, der schaut positiv in die Zukunft. Er nimmt an, dass das, was abgesprochen oder zugesagt wurde, auch geschieht. Er geht davon aus, dass sich die andere Person an die Vereinbarungen hält. Und er glaubt fest, dass er es selbst auch tun wird. Das ist der Idealfall. Durchschauen wir nun den Sachverhalt aber nicht so ganz, können wir die sich immer wieder ändernden Rahmenbedingungen nicht genau einschätzen und kennen wir unseren Vertragspartner noch nicht, so fällt es uns schwerer zu vertrauen. Vertrauen ist also eine Vorleistung, die wir im Erfolgsfall wiederholen. Es gibt ein Gefühl der Sicherheit und des Wohlbefindens. Wird ein Vertrauen immer wieder enttäuscht, zerschlagen sich Hoffnungen und die Vorsicht steigt.

Vertrauenskriterien

Welche aber sind die Kriterien, nach denen wir einem anderen Menschen vertrauen können? Ulf Posé, Präsident des Ethikverbands der Deutschen Wirtschaft e.V. formuliert drei:

1. Kompetenz

2. Angemessenheit

3. Zuverlässigkeit

Menschen vertrauen am leichtesten, wenn alle drei Faktoren zusammenpassen.

Kompetent handeln

Vertrauensfaktor Kompetenz

Kompetenz meint, dass wir gerne jemandem Vertrauen schenken, den wir für kompetent halten. Das ist beispielsweise bei Ärzten ein ganz wesentlicher Faktor. Wenn ein Patient davon überzeugt ist, dass er seinem Arzt vertrauen kann und sich bei ihm in kompetenten Händen befindet, dann kann er einiges durchstehen. Es fällt ihm leicht, auch sehr anstrengende und stark eingreifende Therapien zu akzeptieren und zu überstehen. Das sieht ganz anders aus, wenn er an der Kompetenz des Arztes zweifelt und ihn das Gefühl plagt, ob das alles so richtig ist und ihm tatsächlich helfen wird.

Was bedeutet das nun genau für die Führung? Eine Führungskraft wird doch nur dann ins obere Management aufsteigen, wenn sie tatsächlich kompetent für diese Aufgabe ist, könnte man meinen. Stimmt. Und stimmt auch wieder nicht. Denn Kompetenz ist kein Status, sondern ein Prozess. An der Kompetenz können wir jeden Tag arbeiten. Und wir bauen sie jeden Tag ein Stückchen aus.

Was bedeutet nun Kompetenz im Führungsalltag?

Kompetente Führungskräfte zeichnen sich durch einige Faktoren aus:

Realistische Einschätzung der eigenen Kompetenz

Gesunde Selbsteinschätzung

Viele Führungskräfte neigen dazu, sich selbst zu überschätzen. Das geschieht nicht aus bösem Willen. Sie haben nur den Anspruch, alleine die richtige Entscheidung finden zu müssen. Sie erleben diesen Anspruch von außen. Alleine diese Idee ist schon ein Zeichen von Inkompetenz. Führungskräfte, die tatsächlich kompetent handeln, wissen um ihre Kompetenzen und kennen gleichzeitig ihre Grenzen. Kompetente Führungskräfte sind immer wieder dazu in der Lage, ihr Wissen zu hinterfragen. Sie suchen Fakten und den Dialog mit kompetenten Gesprächspartnern und interessieren sich für neue Entwicklungen. Sie beharren nicht auf dem eigenen Verständnis der Dinge, sondern bemühen sich vielmehr, ihre Kompetenz immer wieder auszubauen und zu überprüfen. Sie haben nicht den Anspruch, im Alleingang eine Lösung finden zu können, sondern sind in der Lage, im Gespräch mit kompetenten Experten zu einer Lösung zu kommen.

Grenzen kennen

Dritte hinzuziehen

Kompetente Führungskräfte kennen ihre Grenzen und sind in der Lage, die Dinge in kompetente Hände abzugeben. Sie leisten nur zu den Themen einen Beitrag, von denen sie auch etwas verstehen. Es geht nicht darum, um jeden Preis etwas beizutragen. Vielmehr ist es die Aufgabe von Führungskräften, die Experten an den Tisch zu bringen und diese miteinander in einen konstruktiven Dialog zu führen. Aus diesem Dialog können sie dann Schlüsse für ihre Entscheidungen und für ihre Handlungen ziehen. Dazu gehört die Fähigkeit, sich nicht zu schnell eine Meinung zu bilden – besonders, wenn man nicht viel von der Sache versteht – und kontroverse Diskussionen willkommen zu heißen.

Auch sicheres Wissen prüfen

Wissen aktualisieren

Eine weitere Fähigkeit besteht darin, auch sichere Dinge zu überprüfen. Manchmal wiegt man sich in Sicherheit und handelt aus der besten Absicht heraus falsch. Aus bestem Wissen heraus sind schon viele Fehler gemacht worden. Dinge, die in der Vergangenheit sicher und richtig waren, sind es möglicherweise in der Gegenwart oder in der Zukunft nicht mehr.

Kompetente Führungskräfte sind sich dessen bewusst und prüfen ihr Wissen immer wieder – besonders dann, wenn sich ein Gefühl der Selbstverständlichkeit einstellt. Dazu gehört auch, immer mit Irrtümern zu rechnen.

Alternativen durchdenken

Mehrere Wege prüfen

Da kompetente Führungskräfte immer mit Irrtümern rechnen, bleiben sie auch nicht bei einer Lösung stehen. Sie entwickeln Alternativen. Und sie denken alle möglichen Alternativen zu Ende. Häufig bleiben die Ideen in diesem Stadium hängen: Das ist eine gute Idee, die setzen wir jetzt um. Froh, etwas Konsensfähiges gefunden zu haben, bleibt man auf Stufe 1 stehen: bei der Ideenfindung. Eine plausible Lösung wird genutzt, ohne Stufe 2 zu denken: Was geschieht danach? Was passiert, wenn wir das so umsetzen? In vier Wochen? In drei Monaten? In drei Jahren? Erst wenn alle Alternativen zu Ende gedacht wurden, wird entschieden. Das ist mühsam. Aber es lohnt sich.

Mit Wissen umgehen können

Aus Wissen Denkmuster ableiten

Wissen haben ist eine Sache, dieses Wissen immer wieder frischzuhalten eine andere. Worauf es ankommt, ist aber die Fähigkeit zu denken: also das Bewerten und In-Beziehung-Setzen der Fakten, die vorgelegt werden. Dafür brauchen Führungskräfte die Fähigkeit, Wesentliches von Unwesentlichem zu unterscheiden. Klingt leicht. Ist es aber nicht. Denn aus dieser Unterscheidung folgt auch die Priorisierung (Wir haben im Kapitel »Fokus« bereits darüber nachgedacht). Was ist wirklich wesentlich und bringt einer Veränderung die gewünschte Richtung? Viele Führungskräfte sind zwar in der Lage, Fakten zusammenzutragen und die ersten Ableitungen zu bilden. Der nächste Schritt fällt vielen schwer. Die hohe Schule des Denkens ist dann das Erkennen von Mustern. Wir fragen uns:

Schlüsselfragen

• Was ist wie verknüpft?

• Wo sind die Hebel?

• Wie beziehen sich die Fakten auf das Vorjahr?

• Wie beziehen sich die Fakten aufeinander?

• Was ist für die Zukunft ableitbar?

• Welches sind erfolgreiche Muster?

• Wie sind diese auf die aktuelle Situation anwendbar?

• Wie modifizierbar?

• Mit welchem Erfolg? Mit wie vielen Ressourcen? Usw.

Diese denkende Verarbeitung von Wissen und von Fakten ist durchaus nicht trivial und man kann nicht behaupten, dass sich die Führungskräfte unseres Landes selbstverständlich darauf verstehen. In den meisten Ausbildungsgängen werden sehr viele Fakten vermittelt. In den wenigsten wird tatsächlich das Denken trainiert. Genau das ist es aber, was Führungskräfte können sollten.

Angemessen handeln

Besitzen und zeigen Führungskräfte diese Form von Kompetenz, dann ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass ihnen Kunden, Lieferanten und Mitarbeiter vertrauen. Der zweite Faktor, der das Vertrauen maßgeblich beeinflusst, ist nach Ulf Posé die Angemessenheit.

Entscheidungen abwägen

Was bedeutet nun Angemessenheit im Führungsalltag? Handlungen sollen angemessen sein. Vor- und Nachteile einer Entscheidung müssen gegeneinander abgewogen werden. Wenn durch eine Maßnahme ein Erfolg erwirtschaftet werden kann und die »Kosten« für diesen Erfolg angemessen sind, dann handelt es sich um eine Entscheidung, die Vertrauen erzeugt. Werden die »Kosten« als zu hoch empfunden, sinkt das Vertrauen. Wenn beispielsweise ein Unternehmen Kurzarbeit einführt, ist es sehr wichtig, wie sich die Unternehmensspitze dazu verhält. Verändert sich bei ihr selbst nichts, hat das eine andere Wirkung, als wenn sie auch für sich Einschränkungen beschließt, ihre Leistung aber weiterhin bringt.

Entscheidungen angemessen kommunizieren

Die Angemessenheit einer Entscheidung wird durch persönliches Ermessen beurteilt. Es gibt hier kaum objektive Kriterien. Im unternehmerischen Alltag ist es also besonders relevant, dass Entscheidungen und Handlungen selbst nicht nur angemessen sind, sondern dass diese auch angemessen kommuniziert werden. Gerade schwierige und kritische Entscheidungen bedürfen einer sehr guten Kommunikation. Es ist wichtig, sich der Diskussion und den damit verbundenen Fragen und Ängsten zu stellen. Auch wenn es noch keine Lösungen für alle Probleme gibt, heißt es, im Gespräch zu bleiben.

Das fällt vielen Führungskräften besonders schwer. Sie ziehen sich tendenziell in schwierigen Zeiten eher zurück, mit der Begründung: »Ich kann den Leuten doch noch nichts wirklich Zuverlässiges sagen. Was soll ich mich denn den ganzen Fragen stellen, die ich nicht beantworten kann?« Noch nicht sind hier die Schlüsselworte. Und dennoch ist das Gespräch wichtig, um im Vertrauen miteinander zu bleiben. Ziehen sich Führungskräfte zurück, bis sie wirklich etwas wissen – und das kann erfahrungsgemäß lange dauern –, vergeben sie sich die Chance des Kontakts und öffnen den Gerüchten Tür und Tor. Menschen, die nicht vertrauen können, werden vorsichtig.

Vertrauen wachsen lassen

Auch ohne konkrete Lösungsangebote im Kontakt und im Gespräch zu bleiben schafft Vertrauen. Eines muss für die Menschen jedoch sicher sein: Unsere Führungsspitze tut alles, um für uns zu einer guten Lösung zu kommen. Das reicht. Wenn nicht kommuniziert wird, entsteht eher das Gefühl, dass man sich nicht kümmert. Wenn Entscheidungen getroffen werden, die einen Preis verlangen, dann muss auch dieser kommuniziert und begründet werden und die Führung muss erklären, warum Alternativen verworfen wurden. Kontakt schafft Vertrauen.

Eine Unternehmensführung kann nicht selbstverständlich davon ausgehen, dass ihre Mannschaft ihr bedingungslos vertraut. Viele Menschen haben nicht nur gute Erfahrungen in ihrem Leben gemacht und neigen zur Vorsicht. Ein Vertrauensverhältnis muss zunächst einmal wachsen. Und dafür braucht es ein paar positive Erfahrungen miteinander.

Zuverlässig handeln

Was Zuverlässigkeit bedeutet

Der dritte Punkt, den Posé formuliert, ist die Zuverlässigkeit. Wie ist die nun im unternehmerischen Alltag umsetzbar? Zuverlässigkeit beschreibt Posé als eine »besondere Form der Wertschätzung«. Menschen, die immer wieder unzuverlässig arbeiten und dadurch die Ergebnisse der anderen gefährden, verspielen ihren Respekt. Was nützt mir seine noch so gute Zuarbeit, wenn sie zu spät kommt? Wenn die Zahlen für eine Sitzung nicht da sind? Wenn die Unterlagen unvollständig sind? Zuverlässigkeit ist eine der Säulen für die gute Zusammenarbeit, denn in komplexen Strukturen bauen die Arbeitsschritte filigran aufeinander auf. Jede einzelne Schwachstelle hat große Auswirkungen auf weitere Bereiche. Das, was eine Person nicht in den Griff bekommt, kann für sie eine Kleinigkeit sein. Für andere verursacht es enorme Kosten.

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