Kitabı oku: «Nord-Süd», sayfa 2
Sie hatten nichts gefunden, sie waren keine Flüchtlinge, sie hatten keine verbotenen Gegenstände wie Waffen,
Feuerwerkskörper oder Funkgeräte dabei. Wenn sie etwas gehabt hätten, hätten sie`s garantiert gefunden, die Organe des Sozialismus, sie wurden gründlich gefilzt. So dürften sie über den großen Teich, auf der Fähre rumrennen, illegal die Fahrstühle benutzen, an Deck die Seeluft schnuppern, ihr gesamtes Taschengeld in einer halben Stunde in einen einarmigen Banditen versenken, ohne dass eine Krone wieder herauskullerte, das war die große Freiheit, von der er in seinem Leben geträumt hatte. In seinem jungen Leben. Und es wurde besser, er und seine Kameraden durchquerten fast gesamt Schweden an einem lausigen Tag. Der Schienenbus, den sie von Bahnhof Malmö aus nahmen, fuhr bis Jokkmokk. Da das ihre Anleiter aber scheinbar nicht wussten oder nicht sicher waren, gab es den ganzen Tag das gleiche Spiel, sie hielten an einem Haltepunkt, der den Namen Storuman trug.
Sie stiegen aus, alles raus, die ganze Truppe, die Jungs, die Fahrtenleiter, das Gepäck. Dann ging Knaller nach vorne zum Zugführer und fragte nach, wie weit der Zug denn fahren würde. Kurz bevor er abfuhr, kam er angerannt mit hängender Zunge und rief ihnen schon von weiten zu: „Rein, wir fahren damit weiter, schnell.“ Ein Spiel, das sie liebten, Abenteuer, wie würde es weitergehen? Langweilen würden sie sich nicht! Das beste, vorne beim Zugführer in der Kabine stehen oder in der Tür und auf die Schienen gucken, der Bus tuckerte auf der einspurigen Strecke dahin, selten mit mehr als 80 km/h. Das Bimmeln der Bahnübergänge, winkende Pipilangstrumpfs und andere Schweden, Rentiere auf dem Track, die vor der Bahn herliefen, bis sie im Dickicht oder auf der Tundra verschwanden. Das Pfeifen des Zuges rief sie
Immer wieder nach vorne.
Ankunft, Regen setzte ein, pünktlich beim Aussteigen. Es gab einen Väntsaal, wie die Schweden es nannten. Aber der war verschlossen. Normalerweise konnte man trocken und darin übernachten, erzählten die Großen, aber nicht hier in
Der einsamen Gegend. Sie versuchten, auf und unter den Bänken zur Ruhe zu kommen. Unmöglich! Es war zugig, hell beleuchtet und es rauschten laute endlos lange Güterzüge voller Eisenerz vorbei. Schmetterling kam von einer Erkundungstour zurück und lotste sie in einer Nacht- und Nebelaktion in einen Güterwaggon, der abseits auf einem scheinbar verlassenen Gleis stand und er war ... offen!
Unbekannte Gefilde
Als er aufwachte, waren sie mit dem Waggon unterwegs, den das monotone Dang Dang der Gleise begleitete, er robbte in seinem Schlafsack Richtung Tür: Sie war verschlossen. Zeit, die Gruppenleiter zu wecken.
Der Zug stoppte, die Bremsen quietschten langgezogen und jämmerlich auf den rostigen Eisenwegen. Waggons wurden abgekoppelt, Rummsen, eine Kette klirrte, ihr Wagen wurde jäh angestoßen. Nachdem alle aufgewacht und sich den Schlaf aus den Augen gerieben hatten, horchten sie nach draußen: Es war Ruhe eingekehrt. Einer der Fahrtenleiter öffnete die Tür, sie war gar nicht zu, sondern nur schwergängig. Der Regen hatte aufgehört, die Sonne schien
ihnen auf den Pelz. Die Sachen verstaut und vom Bahngelände geschlichen. Sie waren in Mora, wieder mitten in Schweden. Sie wanderten auf einen kleinen Hügel inmitten der Stadt, was für ein Panorama, hinter ihnen der Bahnhof, mit altehrwürdigem Gebäude in rot, vor ihnen der See und die Sonne schien. Die Welt drehte sich um sie. Hunger hatten sie. Haferflocken in die Koschis gefüllt und Milch drauf, so hatten sie sich das gedacht. Nur, dass das nächtliche Gewitter die Packungen wie dicke Omas aussehen ließ. Das Weiße war sauer. Zucker hatten sie verbummelt. Was war da: Erdbeermarmelade und Apfelsaft, schmeckte nicht, sie würgten es hinunter. Sie hatten Hunger. Später kauften sie ein, als die Mittagspause im Supermarkt vorbei war. Sie vertrieben sich die Zeit mit spielen, baden, quatschen, Mücken erschlagen. Abends fielen sie müde auf ihre Schlafsäcke, es war eine laue Nacht. Nicht einmal die Notts hatten mehr Lust zu beißen. Aber der Sternenhimmel, so etwas hatten sie in ihrem Leben nie gesehen, stundenlang guckte er fasziniert auf das Himmelszelt, was musste das für eine Welt da oben sein? Erschöpft schlief er ein.
Tage später landeten sie in Ed, einem kleinen verschlafenen Bahnhof an einem großen See. Spontan machten sie sich auf den Weg, um am See zweieinhalb Kilometer weiter unten Kanus zu mieten. Der zerzauste Besitzer der Bretterbude kam braungebrannt und müde hervor und wirkte wenig motiviert. In radebrechendem Englisch fragte er sie, ob sie reserviert hätten. Mitnichten, Planung war bei den Pfadis verpönt. Sein Gruppenleiter war mit seiner eigenen Horte hier mit dem Fahrrad
Vorbeigekommen und hatte die kleine Station in sein Gedächtnis aufgenommen. Das reichte. Nach zähen Verhandlungen und genervt, war der Verleiher bereit, ihnen irgendwoher Kanus zu besorgen. Vorher hatte er ihnen, deutsch, gezeigt, wie sie reservieren hätten können: Sie lasen einen kleinen Zettel, auf dem zwei Spandauer sich ein Kanu reserviert hatten.
Ab nach oben zum Bahnsteig, die restlichen Sachen holen und hoffen, dass der alte Schwede zurückkehrt. Da standen sie, die beiden anderen Berliner. Er und sein Kumpel sprachen die Großen mutig an: „Sucht ihr die Kanustation, seid ihr aus Berlin...Spandau...?“ brach es aus ihnen heraus. Der eine der beiden: „Du, ich glaub, die haben unsere Kanus!“ Brüllendes Gelächter, das war aufzuklären. Während sie ihre Boote beluden, waren die Kerle schon mitten auf dem See. Nach der ersten Übernachtung im Zelt, stachen sie in See. Es regnete. Eimerweise. Der Himmel war rabenschwarz. Es dauerte nicht lange und sie waren von oben bis unten durchnässt. Auf die Knochen. Ihre Lebensmittel waren nass. Alles. Er fing an zu frieren. Die ganze Truppe beschloss, anzulegen. Der Himmel über ihnen brach zusammen, bauten sie routiniert ihre Kothe auf. Das hatten sie hunderte Male geübt. Die Hände waren klamm, sie arbeiten schnell und präzise. Das Ding stand wie eine Eins. Rein ins Warme. Drinnen eine Feuerstelle ausgehoben und Steine drum drapiert. Fehlte nur Holz, Trockenes. Raus aus den Klamotten, waren eh nass und klamm. Dann in Unterhose aus dem schwarzen Tipi gekrochen und gesucht, gesägt und gehackt. Es wurde ihnen sogar warm und sie konnten schon wieder lachen, Bürschchen in Unterbüchsen mit Eingriff auf
Denen Disneyfiguren, Supermann oder Spidermann abgebildet war an zu großen Werkzeugen. Und sie lachten und grinsten. Drinnen war Schmetterling dabei, das Feuer anzumachen, mit Spirn, Birkenrinde und Streichhölzern, die Alleszünder hießen, ging das mit Rauch einher, funktionierte aber. Im Nu war es verräuchert, nebelig und warm. Sie kamen sich vor wie Schinken und tollten auf den Schlafsäcken herum. Die absolute Freiheit. Nie war Hämpel zuvor so glücklich wie jetzt.
Auf der Rückfahrt verabschiedete sich Schmetterling plötzlich. Er erzählte, er hätte versucht, seinen Urlaub zu verlängern, aber der Chef sagte, wenn er morgen nicht anträte, wäre er gefeuert. Dann rief er einen Freund in Schweden an, der hätte ihm einen Job angeboten und er würde jetzt aussteigen. Weg war er.
Er tauchte nächsten Morgen wieder auf. Er hatte in einem anderen Waggon übernachtet.
Die Rückkehr
Den Rest des Sommers hatte er mit seinen Eltern in Bornholm verbracht. Sie hatten in einer Jugendherberge übernachtet, sich am Strand total braun gebrannt und waren erholt auf der Rückreise. Es war Nacht geworden. Vor ihnen konnte Hämpel viele rote Lichter erkennen. Es staute. Irgendwann ging es wieder voran. Sein Vater fuhr. Das kam nicht oft vor. Er hatte spät den Führerschein gemacht.
Sie wurden jäh gestoppt, eine Kelle am Straßenrand hielt sie an. Der Vopo sagte: „Verkehrskontrolle Neuruppin, guten Abend, Sie sind zu schnell gefahren, 110 statt 100 Stundenkilometer. Was sagen Sie dazu?“ Sein Vater antwortete: „Was soll ich dazu sagen, wenn Sie es sagen,
wird es stimmen.“ „Das macht 30 Mark, D-Mark.“ Sein Dad zahlte. Bei den nächsten Überfahrten durch die DDR, falls sie ein Auto überholte, war es in seiner Familie ein geflügeltes Wort: „Die haben wohl noch nicht bezahlt.“
Häuserkampf
Oben in Hämpels Haus wohnten zwei ältere Jungs. Die waren zum Jahreswechsel um 11 Uhr schon so besoffen, dass sein Kumpel und er sämtliches Knallzeug anzünden und vom Balkon werfen dürften. Sein Vater öffnete ungeduldig und verfrüht eine Flasche Sekt. Rumms, der Korken blieb in der Decke hängen. Sie zogen die Köpfe ein. Eine Rakete zischte über die Jungs hinweg. Direkt ins Esszimmer. Dort ex- plodierte sie mit einem lauten Knall und entfachte ihre volle Pracht. Die Ereignisse überschlugen sich. Sein Vater kam aus dem Zimmer auf den Balkon gestürmt und legte die leeren Flaschen um, die er im Balkonkasten geparkt hatte, um später Raketen daraus abzuschießen. Er zielte auf das Haus gegen- über und sagte: „Das bedeutet Krieg.“ Ein Häuserkampf entbrannte. Die Jungs standen ehrfürchtig hinter dem Fenster und beobachteten. So kannte er seinen pazifistischen Vater gar nicht.
Der Streik
Es gab den Natodoppelbeschluss. Sie hatten Angst. Zeit, dafür zu streiken. Unterrichtsräume wurden verbarrikadiert, auf dem Hof lagen sie und spielten tot. Einer hatte Trill, Futter für seinen Vogel, mitgebracht, sie knabberten Sesam- körner, um zu zeigen, wie lächerlich es wäre, als wenn Jod gegen eine Atomexplosion helfen würde. Sie marschierten auf der Straße. Neben ihnen namhafte Gestalten, wie einer, der später als der Mann mit dem roten Schal bekannt werden sollte.
Anderer Sektor
Er hatte sich am Wochenende bei einem seiner Schulkameraden einquartiert. Dessen Eltern waren auf einer Tanzveranstaltung in Schweden. Doch Hämpel und sein Kumpel Heiko übernachteten gar nicht bei ihm zuhause. Nein, sie hatten gehört, dass es am Potsdamer Platz eine illegale Zeltburg gab, wo Leute campierten. Da wollten sie hin. Heikos Vater hatte zwei alte Schlafsäcke im Keller und ein Armeezelt. Es roch muffig, war leicht angeschimmelt, aber es würde gehen. Auf zum Lenné-Dreieck. Das Areal war voller bunter Zelte. Dort wurden sie herzlich empfangen und bekamen ein kleines Fleckchen am Rand. Das Gelände gehörte zu Ost-Berlin, war aber auf der Westseite.
Abends gab es billigen Fusel und Würstchen aus dem Glas über dem Lagerfeuer. Gut, dass hier niemand nach
Ihrem Alter fragte, denn sie waren erst 14. Sie wurden jäh geweckt, es war früh, die Sonne ging auf und es war kalt und klamm. Die Westberliner Polizei räumte das Gelände, sie mussten flüchten. Per Räuberleiter wurde ihnen auf die andere Seite der Mauer geholfen. Hämpel hatte Angst. Drüben halfen ihnen aber schon Grenzsoldaten der DDR auf einen offenen Transporter. Sie sammelten alle Vertriebenen ein. Wer Feind der Westberliner Polizei war, war ihr Freund. Sie wurden in eine Kaserne gefahren, bekamen Frühstück, Kaffee und Zahnbürsten, um sich frisch zu machen. Stunden später hatte sich die Lage beruhigt, sie wurden über die Friedrichstraße wieder in den Westen entlassen. Sie erzählten lieber niemanden von dem Abenteuer.
Les alpes
Mit der Horte der Goten fuhr der jüngste Hämpel, Pimpf, mit einem VW-Bus, nur Bully genannt, mit auf Fahrt, ein Maskottchen wurde gebraucht. Das Ding war nur durch das obere Loch zu betreten. Der Rest der Türen war im Arsch, wie die Jungs sagten. Viele Haare hatten sie nicht, er fuhr mit `ner Bande Punker auf Fahrt. Da seine Schuhe mit dem Raubtier seine Füße färbten, nannten sie in Blaufuß.
Er musste die ganzen Hiwi-Arbeiten machen, aber das störte ihn nicht. In den Bergen übernachteten sie im Schnee, schweinekalt. Er stieg mit Klamotten in die Penntüte. Als sie am nächsten Tag aufstanden, war seine Jeans gefroren. Steif wie ein Fisch. Sie mussten sich aufwärmen ... eine Almhütte
Kam ihnen Recht. Sie verstanden nicht, was der Almödi sprach, bekamen einen Platz direkt über dem Stall. Es stank erbärmlich, war aber mollig. Inzwischen hatte ein Schneesturm eingesetzt.Auf der Rückfahrt fuhren sie von der Autobahn ab und auf eine Schottertrasse. Später sollte hier mal die Bahn nach München sausen, so stand`s auf dem Schild, das Blaufuß aus dem Seitenfenster wahrnahm.
Sie bretterten, soweit sie konnten auf der Trasse bis sich die Räder tief in den Kies eingruben. Dann wanderten sie mit den Penntüten in den Tunnel und schlugen ihr Nachtlager auf. Sie bauten sich Tüten und sagten: „Kleener, dafür musste noch älter werden.“ Er sog nur den Rauch ein. Das Zeug benebelte ihn. Blaufuß Hämpel verfiel in einen Traum. Er war in der Tiefsee und hatte einen metallenen Taucheranzug an mit Taucherhelm. Er sah Fische und Unterwasserpflanzen. Mit Kopfschmerzen wachte er auf. Die Crew war im Aufbruch in Unterhosen. Die Feingerippten waren nicht mehr weiß. Er lief mit. Im Hellen erkundeten sie den Tunnel. Vor einer Weggabelung hörten Sie Stimmen.
Es klang englisch und ausländisch, asiatisch. Jetzt standen Sie sich gegenüber, ein japanischer Trupp kleiner Menschen mit Helmchen inklusive deutschem Führer, der strohblond war und wild gestikulierte und eine Gruppe von Pfadfindern, die sich vor lachen nicht halten konnten. Wenn das immer so wirkt, nehme ich nie wieder was, dachte der kleine Hämpel.
Kleinkariert
Gleich nachdem er seine Oma begrüßt hatte, ging er rüber zu Familie Walnuss. Er hatte eine Freundin in der kleinen Stadt. So redete er sich das ein. Oft hatte er sich vorgestellt, sie würde das ganze Jahr nur auf ihn warten, auf den Jungen aus der Großstadt. Sie öffnete die Tür. Aus Elena war ein Mädchen geworden. Sie ging mit ihm hinter eine Mauer nahe ihres Hauses. „Komm mal mit,“ hatte sie gesagt. Er folgte. Dann bot sie ihm eine Zigarette an. Er rauchte doch gar nicht. Hämpel wollte nicht feige sein und smökerte mit. Er nahm Pustebacke. Fast musste er husten. Im Schatten hoffte er, dass sie nicht sah, wie grün sein Gesicht ist.
Abends gingen sie ins Kino, es gab immer nur einen Film über zwei Wochen. Er war aus dem letzten Jahr. Ein Streifen mit Rollschuhfahrern. Das war ihm egal. Das Lichtspielhaus hatte kleine Tischchen und eine Lampe an jedem. Mit einem Knopf konnte man die Bedienung holen und etwas bestellen. Sie orderten zwei Cola. Man dürfe rauchen. Sie rauchten. Die Anderen, man konnte fast die Leinwand nicht sehen. Er fühlte sich wohl mit Elena. Am Wochenende hatten sie etwas vor. Sie wollten sich wegschleichen und in die Disko fahren. Das erste Mal, er war aufgeregt. Samstag war es endlich soweit. Er wartete, bis die Großeltern eingeschlafen waren und schlich aus dem Haus. Auf der Treppe brauchte er lange. Sein Herz pochte bis zum Hals, denn die Holzstufen knarrten und er musste Stellen suchen, auf denen er leise nach unten kam. Da angekommen, war er verschwitzt und voller Adre- nalin. Er nahm den Schlüssel für die Haustür vom Haken und
Schloss sie auf. Hoffentlich wartete Elena, er zu spät. Da war sie. Sie stand im Schatten ihres Hauses und machte eine Handbewegung, die zur Eile mahnte. Er küsste sie kurz auf die Wange. Ob das ok war? Sie widersprach nicht. Im Mondschein konnte er erkennen, dass sie leicht rot wurde. Es schien ihr zu gefallen. Sie rannten zur Hauptstraße. Dort wartete schon ein Älterer aus der Schule von ihr auf sie. Sie stiegen in den Golf. Er raste über die Landstraße. Er hatte von seinem Großvater gehört, dass sich hier auf den umliegenden Straßen regelmäßig Jugendliche totfuhren. Endlich waren sie da. Ein großer Parkplatz und viele Autos. Die meisten lungerten vor ihren Karren herum und glühten an. Sie stiegen aus und liefen Richtung Disko. Es war ein umgebauter Bauernhof. Immer wieder hatten sie erweitert. Am Wochenende war hier was los. Da standen Bundes- wehrsoldaten mit Bauern und Schönheiten vom Land in einer Schlange. Und sie mittendrin. Elena nah bei ihm. Er spürte ihre Wärme. Sie tanzten, bis sie müde waren, und fuhren dann ins Dorf zurück. Dort schlich er sich in sein Zimmer und schlief sofort ein.
Am nächsten Morgen wurde er von seinem Opa geweckt, der stand um sechs Uhr auf. Ohne Frühstück ging`s strammen Schrittes ums Haus. Der Weg vor dem Grundstück hatte zwei Poller, damit die Autos nicht den Weg versperrten. Die ehemalige Straße war breiter und mit Spuren übersäht, die Hecke platt gefahren, sie verfolgten die Abdrücke. Panzerbreite, verriet sein Opa, der hatte selbst so ein Gerät im Krieg bewegt. Das Ende der Spur führte durch die riesige Glastür des Rathauses, die steinernen Treppen hoch und der
Panzer steckte kopfüber im großen Goldfischteich dahinter. Der betrunkene Fahrer wurde von der Polizei mit erhobenen Händen festgenommen. In der Zeitung stand, er hatte Liebeskummer. Als die Ferien vorbei waren, holte ihn seine Mutter ab. Sie kam in einem Renault 14. Gelb. Die Eltern hatten ein neues gebrauchtes Auto gekauft. Sie schlichen durch den Osten. Stundenlang. Das leise Bedep Bedep ging durch Mark und Bein. Nicht mal Lust auf Broiler und `nen Glas Milch bei der HO-Gaststätte hatten sie. Sie wollten nach Hause. Da sie neulich grad` erwischt worden waren, achtete seine Mutter penibel auf die Tachoanzeige. Sie waren fast da. Dreilinden war schon angezeigt. Sie auf der linken Spur. Plötzlich ging nichts mehr. Auf der Linie eierte es nur bleiern voran. Als sie endlich an der Reihe waren, bei dem Grepo, bei dem man normalerweise nachwies, dass man legal ins Grenzgebiet darf, entweder einen westdeutschen oder einen Berliner Ausweis oder ein Visum hatte, brach der Uniformierte heraus: „Sie sind zu schnell gefahren. 120 statt 100. Das macht 80 Mark.“ Sie brauchen mal wieder Geld für den Bruderstaat Polen, dachte Hämpel. „Wo soll das denn gewesen sein?“ fragte seine Mutter patzig. „Da vorne,“ antwortete der Grenzbeamte allgemein. „Sie müssen mir schon genau sagen, wo ich zu schnell gefahren bin,“ sagte seine Mutter. „Und wie haben Sie das gemessen?“ Sie wurde förmlicher. Der Grenzer kurz angebunden: „Das ist Staatsgeheimnis, sie können ja nochmal darüber nachdenken, inner halben Stunde komme ich wieder, dann kostet es 100 Mark.“ Seine Mutter war sauer, sie bezahlte, alle auf der linken Spur blechten. Es war ein Wegezoll.
Im Oberlicht
Er war auf einer Wochenendfahrt. Die Schülerlotsen seines Jahrgangs waren eingeladen. Von der Schulsenatorin Frau Laurin persönlich in Kliems Festsaal, als wenn die alte dicke Frau, dass selbst bezahlen würde. Sie hausten im Schullandheim Wannsee. Wer hat mal wieder die tollsten Mädels am Start? Sein Kumpel Petz. Dann sagt die Rothaarige: „Deine Nummer will ich auch.“
Was war geschehen? Er war ein hübscher Junge, das hatte er selbst nicht bemerkt.
Sie rief schon nächsten Tag an. Er verabredete sich. Da er sich nicht alleine traute, nahm er einen Schulfreund mit. Bei ihm in der Souterrainwohnung unter einem griechischen Restaurant hörten sie ein paar Mal I like Chopin von Gazebo. Sie brachte eine Anstandsdame mit. Sie trotteten die langen Treppen der hiesigen Disko hoch, dem Oberlicht. Hämpel fälschte seinen Schülerausweis auf zwei Jahre älter und behauptete, seinen Personalausweis vergessen zu haben. Kurz vor zehn wurden seine Schulfreunde vom DJ aufgerufen und holten ihren Ausweis am Eingang ab. Hämpel feixte.
Sie tanzten, gucken sich die anderen an, wie sie ihre Jacken an der Garderobe abholten. Dann beugte sich das rothaarige Mädchen zu ihm rüber und sie fingen wild an zu knutschen.
Am nächsten Tag war er der Held in seiner Schule. Es hatte sich schon über den ganzen Hof rumgesprochen.
Uffm Karusell
Eine Woche später waren sie verabredet, um auf den Rummel zu gehen. Seine Mutter war neugierig, wo er hinwollte. Sie ahnte etwas. „Wo willst du denn hin?“ „Mit `ner Freundin treffen,“ antwortete schüchterner Hämpel. Er tat geheimnisvoll. Nach emsigen Nachfragen musste er zugeben, dass das Mädchen in der Nähe des Walter-Schreiber-Platzes wohnte. „Da habe ich doch mal gearbeitet.“ Weiß ich doch Mutter, dachte verliebter Hämpel. Er wurde sauer. Was sollte diese Fragerei. Ich werde ja allein den Weg finden. Genervter Hämpel verließ das Haus und knallte die Tür.
Vom U-Bahnhof musste er mit dem Bus fahren. Er fand das Haus und schellte. Sein Herz klopfte bis zum Hals. Jetzt cool bleiben. Vor der Wohnungstür blieb er einen kleinen Augenblick stehen, um seinen Puls zu senken. Dann klingelte er. Es dauerte nicht lange und die Rothaarige öffnete die Tür. Im BH und Strumpfhose, sie hauchte freundlich Hallo und tanzte vor ihrem Kleiderschrank hin und her. „Meine Eltern sind nicht da. Ich weiß gar nicht, was ich anziehen soll.“
Sie war halb nackt, damit hatte er nicht gerechnet. Er musste sich setzen. Er fläzte sich aufs Sofa.
Sie erzählte von sich, da Hämpel nicht initiativ wurde.
„Meine Eltern haben einen Autohandel, deren Kunde Robert Kreier ist, ein Schlagersänger, der fremde Frauen zum Fremdgehen auffordert. „Wen interessiert`s“, dachte Hämpel, „oder war das schon wieder ein Hinweis?“ Was sollte er tun?
Genervt zog sie sich nach einer Stunde an und sie gingen auf das Deutsch-Amerikanische Volksfest, aßen heiße Maiskolben und Eis. Eine kühle Verabschiedung. Gemeldet hat sie sich nie wieder bei ihm, Hämpel wusste, was er falsch gemacht hatte oder was nicht.
Im Osten
Er ging mit seinem Kurskameraden Ecke zu ihm nach Hause. Sie waren zusammen im Bioleistungskurs. 0. und 1. Stunde. Sie liefen durch die Südsternhöfe, am Blockshok vorbei, Glas lag am Boden und einige Schnapsleichen. Jetzt frühstückten sie wie jeden Dienstag bei Ecke. Sie kauften Schrippen, Hackepeter und eine scheene Zwiebel beim Edeka. Meist redeten sie so, sie hatten eine eigene Sprache. Das Mett dick aufgetragen, genossen sie es.
Auf dem Weg zur Penne zurück gingen sie beim Freibankfleischer vorbei. Dort gab es Pferdebulette, ein Klassiker. Preiswert und lecker. Im Unterricht mussten sie aufstoßen. Ihr Geschichtslehrer war ein Typ, dicklich, gemütlich und immer mit Schiebermütze, sommers wie winters. Seine Stirn glänzte und sein krauses Resthaar lugte hervor. Und er war in der SEW.
Ihr Lehrer ging mit seiner politischen Überzeugung hausieren. Er wollte mit dem gesamten Kurs eine Klassenfahrt in die DDR machen. Organisiert vom russischen Reisebüro Intourist. Eine Woche keinen Unterricht.
Sie fuhren mit der U-Bahn auf Klassenreise, zur Friedrichstraße. Dort angekommen, wurden sie gefilzt. Insbesondere die türkischen Mitschüler kamen genau unter die Lupe. Einer ihrer Kameraden, ein etwas pummeliger, der sich ein wenig anzog wie Elvis, musste viele Fragen beantworten, denn er hieß mit Nachnamen genauso wie der Polizeipräsident Ost-Berlins. War aber nicht mit ihm verwandt. Sie sollten nur einmal Geld umtauschen. 25 DM in
25 Mark, das könnte für eine Woche reichen, dachte Hämpel.
Sie wurden von einem Bus abgeholt und machten eine Stadtrundfahrt durch Ostberlin. Der Fahrer und ihr Reise- führer betonten, dass sie nicht in der SED und nicht bei der Stasi seien, das müsse man in diesem Job nicht sein. Als sie auf der anderen Seite vom Wedding an der Mauer langfuhren, zeigte sich ein neues Bild als von Westberlin aus, der Todesstreifen und der Beton war grau gestrichen. Einer von Hämpels Mitschülern fragte: “Was isn da drüben?“ „Da wohnt der Feind“ antwortete der Stadtbilderklärer. „Und det graue?“ Rief jemand von hinten aus dem Bus. „Das ist der Antifaschistische Schutzwall.“ Wir sind die Feinde, dachte Schüler Hämpel. Sie besuchten Erfurt, Dresden und volkswichtige Betriebe. Alles war toll in der DDR, wurde ihnen erzählt. Sie standen oben auf einer Burg und als eine riesige Öllache auf der Elbe schwamm, fragte Hämpel: „Wasn das da?“ der Führer sagte, was, es gibt keine Umweltverschmutzung in der DDR, ich weiß nicht, was Sie da sehen?“ Wenigstens siezte er ihn und grinste frech. Sie gingen ins Kino und sahen den ersten Star Wars-Film. 17 aneinandergereihte Kinokarten pro Person. Abends waren sie in Leipzig in einem Messehotel eingebucht. Es gab eine Disko. Mit Westmark war es leicht, dort hineinzugelangen. Sie feierten die ganze Nacht. Er bändelte mit einer blonden Siebzehnjährigen an, so wild habe ich nie geknutscht, freute sich Hämpel, der einen nach dem anderen ausgab und sich großzügig zeigte, die schwarz getauschte harte Mark eins zu zehn. 1000 war eine Menge Geld. Russen und andere internationale Gäste waren da. Seltsam, dass immer
Zwielichtige Typen auf sie zukamen, die nach ihren Westzigaretten fragten und sie in ein Gesinnungsgespräch verwickelten. Braune Lederjacken und zu zweien. Alles war grau und dunkel, die Leute waren schlecht gelaunt. Hier wollte Hämpel nicht leben. Er freute sich, als er im Westen war, denn „im Westen, im Westen, ist`s am besten.“
Die Fahrt
Sie trafen sich an der Kirche, im Hinterhof. Ordentlich aufgereiht die Affen der Pimpfe. Zwei Gruppen sollten eine Fahrt nach Pappengrau machen. Dort hatten sie ein altes Bauernhaus angemietet, direkt hinter der Zonengrenze. Seine Horte und die von Keks. Der kleinste war acht Jahre alt. Sie nahmen ihn trotzdem mit. Selbst sie waren aufgeregt. Ihre erste große Fahrt mit ihren eigenen Jungs. Affenparade und dann bloß von den Eltern verabschieden und los, bevor es zu Verabschiedungsarien und Heulereien kommt.
Mit einem grauen VW-Bus und sieben Jungs juckelten sie durch die Zone, es war Winter, draußen kalt und die Heizung im VW-Bus funktionierte nicht. Kurz nachdem sie hinter der Grenze auf die Transitstrecke fuhren, wurde diese gesperrt, das Wetter war zu trüb und sie schafften es nicht, die Autobahn zu räumen. Aber sie waren drauf. Durchziehen. Hämpel rief ab und zu nach hinten, die Kinder sollten leise sein, der Fahrer muss sich konzentrieren. Vorne versuchte er, ein Stück Scheibe freizuhalten, die immer wieder beschlug und manchmal von innen leichtes Raureif zeigte. Draußen war nichts zu sehen. Es war weiß in weiß. Das Schneetreiben
Hatte zugenommen. Ein Turm, eine Brücke: „Plaste und Elaste aus Skopau“, die Elbe. Nächste Tankstelle „Köckern, Köckern...raunten er und sein Begleiter, die Hälfte der Strecke war geschafft. Hämpel sagte zu Keks: „Bleib bloß in der Mitte.“
Die Demarkationslinie war zu sehen. Keks konnte nicht mehr schalten, aus dem offenen Fenster rief er den Grepos zu: „Kupplungsseil geriiiissssen...“
Nach neun Stunden überquerten sie die Linie zu Bayern. Er drehte sich um und sah im Augenwinkel „Bitte denken Sie daran, sie fahren weiterhin durch Deutschland.“.
Das Haus im fränkischen Wald lag einsam und war sibirisch kalt.
Sie heizten und gingen bald im oberen Teil schlafen. Schuchi, der frechste von allen, schon seine großen Brüder waren bei den Pfadfindern, war übermütig. Er versuchte, an die Umliegenden in den Schlafsäcken Knuppis zu verteilen. Es traf den anderen Gruppenleiter Keks. Der wollte seinerseits die Situation anheizen. Er versprach Schuchi, wenn er ihm einen Knuppi verpasst, bekäme er Morgen ein großes Eis. Hämpel streng: „Wage es nicht oder du schläfst draußen auf dem Flur und zwar ohne Schlafsack.“ Rummps! Der Knuppi saß. Prompt lag Schuchi auf dem Flur ohne Schlafsack. Nach einer halben Stunde hatten sie Mitleid mit ihm und ließen ihn wieder in den Schlafraum und er dürfte in seine Penntüte.
Nächsten Tag wurden die Eltern angerufen. Von der Telefonzelle im Nachbardorf, jeder hatte nur 20 Pfennig für zehn Minuten, es war ein Ferngespräch. Die beiden
Gruppenleiter brieften nochmal Schuchi, weil sie Schiss hatten: „Du musst deiner Mutter nicht erzählen, dass du auf dem Flur schlafen musstest.“ Kaum war seine Mutter am Telefon: „Mama, ick musste jestern Nacht ufm kalten Flur schlafen, ohne Penntüte!“ Seine Alte erwiderte: „Denn wirste schon was anjestellt haben.“ Pffft, Hämpel fiel ein Stein von Herzen.
Distrikt
Er fand die Schwester seiner Klassenkameradin so hübsch. Sie hatte einen Waverschnitt, blond und nach hinten geföhnt. Sie war strange angezogen, Doc Martins, Äppelklauerhosen. Er kaufte sich bei Blue Moon shoes die ersten Docs. Hämpel versuchte, in ihre Nähe zu gelangen, er ging ins Jacobi, eine Kinderdiskothek, die in einer Kirche in der Ritterstraße jeden Sonntag stattfand. Sie beachtete ihn nicht, er hängte sich an ihre Schwester, guckte dreimal den Film Rocky Horror Picture Show im Huxleys, nur um einmal in ihrer Nähe zu sitzen. Dann bekam verliebter Hämpel mit, dass sie Anfang der Woche ins Distrikt ging. Der war hier genau gegenüber. Er schlich Montag aus dem Haus. Er steckte 20 Mark ein, sein Taschengeld für zwei Monate. Er dürfte nur bis neun raus. Reinkommen, sie suchen. Er stand am Hermannplatz, zwei Röhren führten in den Club, es gab eine Schlange. Unauffällig dazu stellen. Wenn man an der Reihe ist, beim Türmann cool bleiben. Er rückte vor, ihm ging die Muffe. Langsam voran. Er war dran. Er versuchte,
Dem Mann fest in die Augen zu schauen. Der muskulöse Türsteher guckte streng: „16?“ „Nee, 17!“ Behauptete Hämpel steif und blieb wortkarg. Der Große nickte. Das war`s. Er schlich ehrfurchtsvoll durch die Tunnel. Spacig. Ein großer Raum eröffnete sich vor ihm leer, er fand sich wieder
Ücretsiz ön izlemeyi tamamladınız.