Kitabı oku: «Ab 40 wird's eng!»

Yazı tipi:

Sylvia Kling

Ab 40

wird’s eng

Roman

Edition Lighthouse

Impressum

Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das Recht der mechanischen, elektronischen oder fotografischen Vervielfältigung, der Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen, des Nachdrucks in Zeitschriften oder Zeitungen, des öffentlichen Vortrags, der Verfilmung oder Dramatisierung, der Übertragung durch Rundfunk, Fernsehen oder Video, auch einzelner Text- oder Bildteile.

Copyright © 2019 bei EDITION Lighthouse, ein Imprint von BC-Publications GmbH, Behringstr. 10, D-82152 Planegg

1. Auflage 2019

Lektorat: Undine Materni

Korrektorat: Sylvia Kling

Satz/Layout: Martina Stolzmann

Covergestaltung: Nele Schütz

E-Book: Mirjam Hecht

Druck: CPI – Clausen & Bosse, Leck

Made in Germany

ISBN 978-3-941717-50-3

www.bc-publications.online

Widmung

Dieses Buch widme ich allen Frauen,

die immer wieder Fragen stellen.

Spruch

Wenn ich mir vorstelle, was sein könnte,

versäume ich, was ist.

Der Beginn vom schaurigen Ende
meiner Spätpubertät

Es war ein Tag wie jeder andere, so glaubte ich jedenfalls. Ich stand am Morgen auf und bereitete meinem achtjährigen Sohn Julian das Frühstück zu. Mein Mann Harry rief, wie jeden Morgen, den Kleinen: »Hey! Mach hin, es geht gleich los!« und lief im Korridor hin und her, um alle seine Utensilien einzusammeln. Ich gab meinem Mann ein Küsschen und auch Julian, der mich mit seinen wachen, lustigen Augen ansah und versuchte, seinen monströsen Schulranzen auf den kleinen Rücken zu wuchten. Ich schloss die Tür und sah am Küchenfenster, wie das Auto davonfuhr. Es war alles wie immer. Heute ging es mir gut und ich beschloss, den Tag nicht mit lästigen Hausarbeiten zu vergeuden, sondern ihn einzig und allein mir zu widmen. »Ich mache meine Haare schön, creme mich ein, zupfe meine Augenbrauen, ziehe mich mal etwas besser an als sonst und fahre ins Einkaufszentrum, um endlich nach meinen Traumschuhen für das nächste Frühjahr zu schauen. Diesen Monat muss ich mir unbedingt wieder etwas gönnen«, sprach ich selbst mir zu, als ob ich mich vergewissern müsste, dass ich das Recht dazu hatte.

Ich sprang unter die Dusche, wusch meine Haare, cremte mich ein und spann einen Faden beschwingter Gedanken. Ein neues Tuch könnte ich auch mal wieder gebrauchen. Ich wusste, dass ich mindestens 20 Tücher besaß und doch nur ungefähr acht davon trug, war aber der absoluten Überzeugung, dass ich das nächste Tuch ganz besonders lieben würde. Es war also alles wie immer.

Im Schlafzimmer war ich bereit für diesen wundervollen Tag, an dem ich mich nach monatelanger Krankheit wie neu geboren fühlte. Die Sonne blinzelte etwas schüchtern durch die Vorhänge hindurch. Es war ein milder Winter, der mich trotzdem – wie immer – etwas schläfrig und düster stimmte. Ich warf meinen Bademantel von mir und begann, meinen Kleiderschrank nach geeigneter Garderobe zu durchstöbern: schwarz, braun, grün, schwarz, schwarz, weiß, weiß, dunkelrot, schwarz, schwarz, schwarz. Wieder wurde mir bewusst, wie eintönig meine Kleidung war. Ich entschloss mich, mich jetzt nicht weiter zu quälen und wählte ein weißes Oberteil im Babydoll-Schnitt. Die Monate während meiner Erkrankung trug ich meistens »bessere« Jogginghosen. Mehr brauchte ich in dieser Zeit nicht. Ich führte beinahe das Leben einer Einsiedlerin. Nicht, dass ich es so wollte, nein, ich wurde dazu gezwungen. Es gab Wochen, da glaubte ich, die anderen Menschen da draußen würden mein Leben mit leben. Wie sie lachten, wie sie sich bewegten, wie sie die Frechheit hatten, einfach gesund zu sein! Damit war jetzt Schluss. Der Krankheit hatte ich gezeigt, wo es langging und dass ich keine Frau war, die man einfach so mit Fieberattacken, Lungenentzündungen, Nierenbeckenentzündungen und sonstigen Immunschwächen malträtieren konnte. Das war mein Leben und ich beschloss, es mir zurückzuholen.

Die Hose, die ich für diesen Tag tragen wollte, war keine Jeans, sondern die einzige und wundervollste schwarze Baumwollhose, die ich jemals besessen hatte. Euphorisch wählte ich in Gedanken mein Schuhwerk aus: schwarze Stiefeletten mit kleinen Absätzen. Ich war sowieso meistens größer als die anderen Frauen, trug also selten oder nie hohe Absätze. Zufrieden wollte ich nun die Anprobe starten. Ich streifte vorsichtig das weiße Oberteil über meinen Kopf, was sich als schwierig erwies, denn ich hatte vergessen, den Handtuchturban vom Kopf zu nehmen. Unbeirrt und geduldig fädelte ich meinen Kopf durch die Öffnung des Oberteiles. Irgendetwas stimmte plötzlich nicht. Das Teil umspielte nicht meinen Körper, wie es das getan hatte, als ich es kaufte, sondern klebte regelrecht an meinem Busen, dem Bauch und den Hüften. Ich hatte das Gefühl, es würde mich zerquetschen. Instinktiv wollte ich dieser Tatsache aus dem Weg gehen. »Es ist eingelaufen«, redete ich mir ein. Es war wirklich schwer, sich selbst so großartig zu belügen. Vor allem hinkte diese Lüge, da ich das Teil nie gewaschen hatte.

Die Hose lag vor mir. Ich bewegte mich nun betont grazil, schließlich war ich schlank und geschmeidig. Also konnte ich mich auch so bewegen. Ich summte vor mich hin und zog die Hose über meine Schenkel. »Es ist alles so eigenartig heute«, dachte ich. »Na ja, ich bin frisch eingecremt, da will der Stoff auf der Haut nicht so gleiten«, beruhigte ich mich sogleich. Die Hose erfuhr nun ihre größte Herausforderung, seit sie in meinem Besitz war. So kämpfte sie sich über meine Schenkel, hielt inne und wies meinem Hintern an, sich schlängelnd zu bewegen, damit sie sich über die Hüften arbeiten konnte. Mein Hintern gehorchte ohne Widerstand und die Hose erreichte mit Mühe und Not mit ihrem Bund meine Taille, bahnte sich tapfer den Weg über den Bauch. »Los, es geht! Gib dir Mühe! So schlimm wird es nicht!« Es war nicht die Hose, die mit mir sprach. Das war auch gar nicht nötig, denn meine Finger versuchten, den Knopf in den dafür vorgesehenen Schlitz zu schieben, was ihnen nicht gelang. Meine Hände befahlen meinem Bauch, sich zurückzuziehen. Dieser gehorchte mit Murren und Knurren. Dazu machte ich auch gleich einige Atemübungen. Ich hielt die Luft an. ›Von wegen, ich habe Asthma! Das ist Unsinn. Wie gut das geht und wie flach sich jetzt mein Bauch anfühlt, wunderbar. Oh, das ist toll!‹ Der Knopf fand in den Schlitz. Es vergingen wenige Sekunden, die mir endlos erschienen.

Mir wurde schwindlig, alles drehte sich um mich herum, meine Bronchien signalisierten, dass sie dringend nach dieser gehaltvollen Luft aus der hübschen blauen Spraydose verlangen. Diesem Verlangen gab ich widerstandslos nach, denn die Dose lag auf meinem Nachtschrank. Schnell atmete ich wieder ruhig und fühlte mich alarmiert. Das Alarmsignal kam jedoch nicht aus meinem Brustkorb, sondern tief aus meiner Frauen- (Mädchen-?) Seele.

Langsam bewegte sich mein Kopf in Richtung Spiegel. Da war es, das Gefühl, der Boden unter meinen Füßen würde sich bewegen. In meinem Kopf drehte es sich, alles um mich verschwand im Nirgendwo oder wirkte zerbrochen. Fühlte sich so vielleicht ein Erdbeben an? Im Spiegel begegnete mir etwas, was so ähnlich aussah wie eine Presswurst. Mein Busen quoll aus dem hübsch und zierlich aus feiner Spitze genähten Brustteil regelrecht hervor. Die Naht unter dem Brustteil verschwand im Rückenbereich in einer Fettwulst. Meine schon immer gebärfreudigen, doch bisher wunderbar weiblichen Hüften gebärdeten sich, inklusive des fleischig anmutenden Bauches, als Kampffeld und … und … Hiiiiiiiiiilfe! Ich drehte mich hin und her, doch der Spiegel blieb gnadenlos. Die Erkenntnis ereilte mich mit einer Wucht, die mich umhaute: Ich bin fett!

Erschöpft sank ich auf das Bett nieder, beugte meinen Oberkörper nach vorn und legte mein Gesicht in die Hände. Jetzt nur nichts mehr sehen! Dunkelheit, ich brauchte Dunkelheit, ganz eindeutig. »Warum habe ich dieses Elend nicht schon früher bemerkt? Warum sehe ich es erst heute? Ich bin doch nicht über Nacht, so ganz urplötzlich, fett geworden?« Sofort überlegte ich krampfhaft, was ich gestern gegessen hatte: Ein doppeltes Weizenbrötchen mit Honig (warum nicht Vollkorn, du dumme Pute?), eine Hühnersuppe (hm, ganz okay), ein Stück Kuchen (ist doch nicht wahr, oder? Buchstabiere das Wort K u c h e n!). Sei vernünftig, sei realistisch, es gab Tage, da hast du mehr gegessen, viel mehr, ganz viel mehr. Ich konstatierte: Das ist also der Grund! Du verfressene Kuh! Selbstzerfleischend beschimpfte ich mich mit allen Ausdrücken, die mir einfielen und rannte dabei mindestens zehn Mal ums Bett. Meine nassen Haare peitschten, wie zur Bestätigung meiner Hässlichkeit, an meine Wangen. Ich berührte sie kurz. Blöde Haare! Ach, wie liebte ich sie sonst, wie wurde ich beneidet um diese dicken, kastanienbraunen Haare. Ich setzte mich auf die Bettkante, jetzt noch mehr erschöpft. Haare, Haare, ja! Und mein Gesicht, klar! Die Rettung! Ja, ich war ein der Sonne zugewandtes Geschöpf (so glaubte ich jedenfalls immer), und so kam ich zu dem Entschluss aufzustehen und meiner Rettung entgegenzulaufen, mich selbst aus dem Schlamm zu ziehen und mich wieder zu mögen. Fahrig glättete ich das Babydoll-Oberteil, welches sich eigentlich durch den prallen Sitz auf meinem Körper als faltenlos entpuppte. Erleichtert bei dem Gedanken, dass ich ja im Bad nur mein Gesicht zu sehen bekam, lief ich mit energischen Schritten zum Waschtisch.

Ach, das Licht war noch aus. Mein Mann hatte am Spiegel eine Lampe angebracht, damit »Frau sich besser sah beim Schminken«, wie er sagte. Ich knipste das Licht an. Guter Dinge und mit dem noch ungebrochenem Willen, die Vernichtung meiner Schönheit vor einigen Minuten zu vergessen und Lügen zu strafen, öffnete ich die Augen. Es begann langsam, dieses Drama, aber es war nicht aufzuhalten. Erst sah ich meine einst großen, haselnussfarbenen Augen in einem Schattengebilde versinken. Das wiederum war umgeben von Krähenfüßen und einer durchdringenden, unübersehbaren Kraftlosigkeit. Dann sah ich hinab zu meiner Nase mit den zwei unterschiedlich großen Nasenlöchern, die mich bisher noch nie gestört hatten – bis heute. Heute war irgendwie alles anders, heute war ein Tag des Schreckens. Wurde meine Nase nicht immer größer und unförmiger? Ich sah eine Frau der Frauen vor meinem geistigen Auge, wie sie mir scheinbar zu tausenden täglich begegneten: nichtssagend, vom Leben geprägt, mit ausgeweinten Augen und lebensverschnupfter Nase. Doch das war noch immer nicht genug. Mein Blick wanderte weiter hinab, in der Erwartung, einen schönen, vollen und sinnlichen Mund zu erspähen. Jetzt kam der Schock. ›Oh, gleich falle ich um!‹, dachte ich noch. Ich fiel natürlich nicht, sondern blickte mit weit aufgerissenen Augen in dieses unverschämte Glas hinein. In Sekundenschnelle dachte ich an den Spiegel, damals bei Douglas, den die dick geschminkte Verkäuferin mir vorhielt, um mir ungerührt zu demonstrieren, dass meine Haut mitnichten so toll aussah, wie ich glaubte, und in der mir jede kleinste Unreinheit wie eine wuchtige Anhäufung einer schlammigen Masse erschien. Jener Spiegel, der mir klar machte, dass das teuerste Make-up noch nicht ausreichte, um wieder ansehnlich zu werden und meine eigene Abscheu zu überwinden.

Nun tat mir dieses Elend mein eigener Spiegel an, was für Desaster! Meine Mundwinkel fielen herab. Neben ihnen sah ich tiefe Kerben, die von Bitterkeit und Schmerz zeugten. »Ich habe schon einen Mund wie die Angela!«, rief ich aus und dieser Satz schallte durchs Bad. Warum musste mein Mann auch solch ein riesiges Bad bauen, mit einer solchen Akustik? Kein Mensch hatte so ein großes Bad. Mist, es ist doch alles Mist! Was soll ich denn mit der fremden Frau dort im Spiegel anfangen?

Wieder überrollte mich die nächste Erkenntnis wie ein Feuerball: Ich bin alt!

Der Tag war gelaufen. Nichts war wie sonst. Mein Lieblingstuch war immer noch das bordeauxrote, das ich mir zum meinem 44. Geburtstag gekauft hatte. Ich werde nie wieder einkaufen. Nie wieder! In meiner Größe gibt es doch nur Säcke. Ich kann doch nicht als Sack mein weiteres Leben fristen! Was machte man mit einem Sack? Man schmiss ihn in den Müll, erst recht, wenn er so alt und schwer war! Wer weiß, ob ich überhaupt jemals in diesem Leben noch einmal auf die Straße gehen werde?

Niemand wird mich ansehen können. Sie werden davonlaufen, werden sich ekeln oder über mich lachen, sie werden mich zu Ernährungsberatern schicken, zu jenen Leuten, die ich bisher in meinem jugendlichen Leichtsinn für völlig überflüssig hielt. Oder noch schlimmer: Sie werden mich fragen, ob ich mir schon Gedanken gemacht hätte, für meine Beerdigung zu sparen, so wie das eben alte Leute tun, um ihren Kindern nach dem Tod nicht zur Last zu fallen … Ich bin ja so was von am Ende! Mein Leben ist vorüber, alt, hässlich und zerknautscht wie ich bin.

Männer und Frauen oder der Sex

Mein Mann kam, obwohl dieser Tag nicht mehr so war wie alle anderen Tage, am Abend nach Hause. Julian war wie immer temperamentvoll und quirlig, quatschte ununterbrochen und kam nach dem Abendbrot ins Bett, um mit mir zu kuscheln. Der Kleine lag in meinen Armen, ließ sich kraulen und schnurrte wie ein Kater. Wenigstens das war wie immer, bis jetzt. Ich war heute nicht aus dem Haus gegangen, hatte meine Wohnung geputzt und keine Pause gemacht (wie stets, wenn ich nichts mit mir anfangen konnte oder mich unangenehme Gefühle überkamen, die ich nicht brauchte). An den Spiegeln lief ich vorüber, ohne auch nur einen noch so kurzen Blick hineinzuwerfen. Meine zutiefst verletzte Frauenseele litt still. Ich lenkte mich mit der Normalität der abendlichen Rituale ab und beruhigte mich damit ein wenig.

Doch dann legte Julian plötzlich die Arme in einem Moment des Gefühlsschwalls um mich und sagte mit lieblicher Stimme: »Oh, Mama …«. Ich dachte, jetzt kommt »Ich habe dich so lieb« oder »Du bist die beste Mama auf der ganzen Welt«. Doch da lag ich vollkommen falsch. Mein Kind sagte im vollsten Brustton der Überzeugung: »Du bist sooooooo schön (…) weich!« Was? Mir stockte der Atem. Das hatte noch nie jemand zu mir gesagt. Ich war auch stolz darauf, nicht weich zu sein, sondern schlank (meistens war ich zu dünn, früher, ganz früher, viel, viel früher). In meinem Kopf hallten Julians Worte nach: »Du bist so schön …« (Nein, bis hierher ist der Satz perfekt, geradezu so, wie ich ihn gern hören wollte) »… weich«. Weich, dick, fett, unförmig, grottenfett, schwabbelnd, die beste Besetzung für die Hauptrolle in einer Monstershow für Übergewichtige und ich dachte an eine dieser überflüssigen Verdummungsserien »The Biggest Looser«. Jawohl, da kann ich mich anmelden! Eine Keule landete auf meinem Kopf. »Süßer …«, fragte ich den Kleinen mit lauerndem Blick, »wie meinst du denn das?« (Das arme Kind, gefangen im Klimakteriumswahn seiner Mutter!) Julian sah mich an, stutzte kurz und meinte ganz unbefangen (ja, warum auch nicht, ist doch auch nichts weiter dabei, oder?): »Na, dass du eben schön weich bist. Dein Bauch ist schön weich und ich kann bei dir so schön kuscheln, alles ist warm und weich.« Und um seine Worte zu unterstreichen, klammerte er sich wie ein Äffchen an mich und schien in mir und meinen Leibesmassen verschwinden zu wollen. Mein Körper spannte sich an, alle Muskeln strafften sich. In mir kochte die Erkenntnis, die erst einige Stunden alt war, von neuem auf und schien mich überrollen zu wollen. Das Glück dieses Abends? Ich war viel zu sehr Mutter, um das Julian zu zeigen (und dazu noch eine beinahe begnadete Schauspielerin) und so herzte und küsste ich ihn und schloss meine Gefühle weg. Ich trug es mit der Fassung einer erwachsenen Frau (ach ja?). Leider war es für Putzen schon zu spät.

Die Seifenopern füllten meinen Kopf mit neuen unbrauchbaren Informationen und ich begann, mich das erste Mal an diesem Tag, richtig zu entspannen. In der Werbepause gingen Harry und ich in die Küche, um unserem Laster nachzugehen. Ich atmete den Rauch tief ein und stöhnte. Mein Mann sah mich an (warum kannte er mich nach diesen gemeinsamen Jahren schon so gut?) und sagte: »Schatz, was ist los mit dir?« »Nichts«, meinte ich, mit einem Gesichtsausdruck, der verriet, es war alles andere als nichts, es war alles. Doch ich befand mich im Tunnel meiner Ausweglosigkeit. Als wir wieder im Bett lagen, wollte er mich streicheln. »Nicht!«, brummte ich. Es war nicht gerade so, dass ich dieses Wort sonst nie aussprach. Aber diesmal hatte es einen besonderen Ton, der keinen Widerspruch duldete. Es war ein Verbot, kein einfaches »Nicht«. »Was ist, sag doch mal bitte«, bohrte Harry. »Nur wenn ich mal nicht angefasst werden will, heißt das noch lange nicht, dass irgendetwas sein muss!«, entgegnete ich aggressiv. Na, was denn? War ich vielleicht eine Puppe, an der man so herumstreichelte, wie man wollte? Nein, war ich nicht. Punkt. Mein Mann verzog das Gesicht, sagte: »Ist ja gut« und drehte sich von mir weg.

Das gefiel mir auch wieder nicht. Er musste sich schon etwas intensiver um mich bemühen und nicht gleich aufgeben. Wo gab es das denn? (Na, bei Männern, wo sonst?) Es vergingen wenige Minuten. In mir kochte es immer noch oder schon wieder. »Ich bin fett geworden!«, platzte ich heraus. Harry drehte sich wieder zu mir um und lächelte. (Was gibt es denn dabei zu lachen? Ich finde das gar nicht lustig!) »Ach Schatz …!« (Sag jetzt bloß nicht: »Wie kommst du denn darauf?« Das sagen nämlich Männer, die von ihren Frauen beim Fremdgehen ertappt werden!) »Du bist nicht fett!« (Aufatmen.) »Sondern?«, fragte ich. »Du bist wunderschön, weiblich …!« (Genau, weiblich … Das Weib ist rund. Wie konnte er, mein eigener Mann, so etwas Schreckliches sagen?) »Weiblich, aha«, jetzt bockte ich.

Huch! Da rutschte plötzlich seine Hand auf meinem Bauch hin und her. Ich spannte mich wieder an, versuchte den Bauch einzuziehen. Nach der Schwangerschaft und Geburt konnte sich meine Muskulatur leider nicht dazu durchringen, die Oberhand zu gewinnen und so schwabbelte meine ausgedehnte Bauchdecke mit den vielen tiefen Schwangerschaftsnarben vor sich hin. »Ich liebe einfach deinen Bauch! Er ist für mich das Zeichen deiner Weiblichkeit. Und ich mag es, diese Schwangerschaftsnarben zu streicheln. Ich weiß nicht, warum, aber es ist so«. Keinen Trost bitte, ich will und muss mich quälen … nicht! Aufhören! »Ich liebe es auch sehr, wie wunderschön das hier geschwungen ist, wenn du auf der Seite liegst.« Er strich mit seiner Hand von meiner Taille hinab zu meiner Hüfte. Auch das noch! Mein Mann, der Hobbypsychologe (oder der Verliebte?). Geschwungen nannte man das also? Eine psychologisch hochwertige Umschreibung für mein pferdeähnliches Gesäß, Respekt! »Ich bin nicht schön! Ich war mal schön, sogar noch vor einigen Jahren!« Harry lachte und meinte: »Du meinst, bis wir geheiratet haben?« Ich fand das alles gar nicht witzig und sagte bockig: »Ja, bis dahin«. Mein Mann hatte eine Begabung, nicht auf meine Allüren einzugehen und sagte, immer noch geduldig wie ein Schaf (und dann auch noch mit einer Engelsstimme!): »Für mich bist du jedenfalls die Schönste!« »Hm«, knurrte ich und zog mich wieder in meinen Tunnel zurück. Das sagen sie alle und dann? Dann fanden sie eine, die noch schöner (oder wirklich schön) war. Und was nützte es mir, wenn er mich so liebte, wie ich war, wenn ich mich selbst nicht liebe? Harry verstand mich eben nicht.

»Das erzählt er mir! Heimlich sieht er sich Pornos an!«, schnaubte ich, gerade im Bad verschwunden, um meine Fleischmassen unter die Dusche zu schwingen. Sex, was für ein Thema. Ich hatte Sex immer geliebt. Als ich schlank und vollkommen war, sah ich im dünnen Seidenhemdchen nicht aus, als wäre ein Nilpferd im Gardinengeschäft eingebrochen. Da schritt ich noch grazil mit langen, schlanken Beinen am Opfer meiner Begierde vorbei, um mich an seinen sabbernden Blicken zu laben. Ich spielte noch mit meinen Reizen, als hätte ich im Leben niemals etwas anderes getan. Und nun? Nun bekam ich keine hübsche Reizwäsche mehr. Wenn ich welche sah, glaubte ich, Abdeckplanen für Carports mit fehlerhaftem Material vor mir zu haben. Doch dauerhaft wollte und konnte ich mich dem Sex nicht entziehen. Licht aus. Nur nicht diese Berge sehen: Ich hatte Arme wie andere Beine hatten. Wenn Harry mich von hinten vögeln wollte, schwabbelte mein Bauch lose an mir herum wie der Pudding, den mein Sohn so gerne aß. Ich nannte mich selbst »Hängebauchschwein«. Deshalb wusch ich auch nie nackt meine Haare über der Wanne. Der Blick nach unten und die Berührung meines Hängebauches mit dem Wannenrand hätten mich sicher zum Suizid getrieben.

»Du hast so schöne große Titten«, hechelte Harry und grapschte lüstern an diesen hängenden, wackeligen Dingern herum, als würde er einen Teig zur Brotmasse verarbeiten wollen. Hm, ja, klar. Ich hatte früher Körbchengröße B, einen Umfang von 75. Jetzt packte ich diese Schwabbelbrüste in eine 95 Doppel-D. Ich musste sie sogar richten, damit jeder Zentimeter seinen Platz hatte und nichts drückte. Ich sah aus wie eine zu lange nicht gemolkene Milchkuh! Die Beine bekam ich auch nicht mehr richtig auseinander. Gut, dass mein Gatte ein äußerst schlankwüchsiger Mann war. So konnte er sich wenigstens in den, ihm zur Verfügung stehenden Spalt zwischen den Beinen hineinlegen. Ach, du Scheiße! Jetzt erinnerte ich mich an den vor wenigen Tagen stattgefundenen Versuch, an alte Zeiten anknüpfen zu wollen und in der Küche auf dem Küchenschrank zu vögeln. Übelkeit stieg in mir auf. Schon der Kraftakt, mich auf den Schrank zu hieven!

Vor einigen Jahren übernahm das Harry. Er hob mich auf wie ein kleines Vögelchen (wie passend) und setzte mich auf den Küchenschrank, riss mir den Stringtanga (den ich ja damals noch trug) zur Seite, um mich zu ficken. Sein Mund saugte sich an den zarten Knospen meiner niedlichen Brüste fest. Es war noch nicht so, dass er Mühe hatte, den Kopf aus meiner Milchkuhbasis herauszuziehen. Ich hatte also Probleme, mich auf diesem kleinen Stück Küchenplatte, welches mir früher durchaus reichte, zu halten. Die Beine konnte ich nicht mehr so geschmeidig in der Luft halten und dabei tun, als würde mich das nicht die geringste Anstrengung kosten. Meine Arme stützte ich hinter mir ab, um mich überhaupt noch halten zu können. Dabei vergaß ich natürlich nicht das Stöhnen, immer in der Hoffnung, mein Mann würde bald abspritzen und mich erlösen. »Ahhhh, ja, fick mich, komm, mach weiter, stoß mich, du geiler Bock!« Zumindest war mein Vokabular nicht eingerostet.

Endlich war es soweit. Mir schmerzten alle Gelenke. Dankbar und behäbig rutschte ich vom Küchentisch herunter und biss mir tapfer auf die Unterlippe. Meine Beine fühlten sich an, als würden sie mir jeden Moment abfallen. Durch meine Arme schienen tausende Ameisen zu krabbeln. Ich knutschte Harry herzhaft, der sich gut zu fühlen schien. »Du bist immer noch so gut wie früher, du geile Stute, du!«, hauchte er mir zu und klatschte auf meinen Hintern. Da fällt mir ein, dass ich diesen noch gar nicht erwähnt habe. Der war nicht so schlimm, wie alle anderen Regionen. Das lag sicherlich daran, dass ich ihn nie sah. Zumindest war er noch lange nicht so auffällig wie meine Hüften. Wahrscheinlich haben diese die gesamte Optik für sich in Anspruch genommen.

Während mir klebrig die Beine hinunterlief, was mir mein Mann hinterlassen hatte, legte ich meinen mondänen Stutenblick auf, warf mein langes Haar über seine Schulter und schnurrte: »Ich bin nur so gut, wie du gut bist und dein obergeiler, dicker Schwanz!« Das gefiel ihm offensichtlich. »Wenn du weiter so redest, machen wir gleich weiter!«, raunte er mir zu, küsste mich und fasste an meinen Hintern. Um Gottes willen!

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