Kitabı oku: «Sahra und Malek», sayfa 2

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Noch eine Viertelstunde. Und wenn die nicht einigermaßen aussah, dann würde er sie einfach hier stehen lassen.

Schließlich gab er es auf. Seine Stammkneipe lag nicht weit entfernt. Ein paar Biere zum Herunterkommen. Und vielleicht hatte sich sogar wieder Mal eine, die es schon lange nötig hatte, dorthin verirrt. Allerdings kam das nur noch ganz selten vor. Früher war das Lokal als Sammelpunkt für Matratzen aller Art bekannt gewesen. Aber heute?

Außer ihm hingen bloß die paar Halbstarken, die praktisch schon zum Inventar gehörten, in der Kneipe herum.

Jürgen lud seinen Frust beim Keeper ab wie meistens. „Mach schon du Langweiler! Soll auf meinem Grabstein etwa stehen, dass ich bei dir verdurstet bin?“

Der zog nicht einmal eine Grimasse. Kein Respekt mehr. Nirgends. Er sollte unbedingt die Gegend wechseln. Hier lief nichts mehr. So was von: tote Hose. Wenn er bloß herausfinden könnte, wo sich die jungen, knackigen Weiber heutzutage regelmäßig trafen. Jürgen trank aus. Er würde ein wenig herumfahren. Vielleicht tauchte irgendwo eine Anhalterin auf, die sich mit Naturalien eine Extrafahrt leisten wollte. Oder sich wenigstens mit sanftem Druck in einem Wäldchen …

Jürgens Laune erholte sich praktisch explosionsartig, als er die blanken Oberschenkel sah, die an seinem Wagen lehnten. Sie gehörten zu einer kessen Schwalbe, die offenbar versuchte, in seine Karre zu spähen. Dazu musste sie sich ein Stück weit herunterbeugen und ihr Hinterteil, von einem knappen Mini nur notdürftig bedeckt, ragte weit in die Landschaft.

Jürgen blieb stehen. Er wollte sie auf keinen Fall stören. Während er den Anblick genoss, überlegte er krampfhaft, ob er tatsächlich einmal erwähnt hatte, wo er regelmäßig anzutreffen war. Wahrscheinlich. Aber warum hatte die bloß kein Bild schicken wollen?

Sie drehte sich ein Stück weit zur Seite. Auch die Titten passten: Richtig prall und kaum noch zu bändigen, stellte Jürgen begeistert fest.

Vorsichtig näherte er sich. „Hallo Sybille!“

Sie fuhr herum. Starrte ihn fassungslos an. „Entschuldige, ich wollte dich nicht erschrecken“, versuchte er, sie zu beruhigen. Sie war nicht ganz so jung, wie er auf den ersten Blick gedacht hatte. Aber das hatte sie ja auch nie behauptet. Trotzdem, ihre Figur. Das Beste seit Langem.

Sie griff wortlos in ihre Handtasche. Die Pistole ließ ihn einen Schritt zurückweichen. Dann begriff er. Er hatte ihr geschrieben, dass er auf Dominanzspiele stand. Alles nur Show. Weshalb sonst, hatte sie die Knarre noch nicht einmal entsichert oder den Hahn gespannt. Das Ding war bestimmt auch nicht geladen.

Grinsend hob er die Hände.

„Einsteigen!“, zischte sie.

Er legte sich sogar den Sicherheitsgurt um, bevor er losfuhr. Mit einigen Kommandos "zwang" sie ihn, zu einem lauschigen Plätzchen zu fahren.

Es fiel ihm nicht leicht, nicht laut loszulachen, als sie ihm ein Paar Handschellen hinwarf. Schweigend führte er ihre Befehle aus.

Erst als sie ein Fläschchen öffnete, das deutlich nach Benzin roch, verlor er die Contenance. „Benzin im Auto. Spinnst du! Das stinkt und gibt Flecke! Außerdem ist es feuergefährlich!“

Keine Antwort. Sie träufelte das Benzin seelenruhig in ihre Handtasche. Die Knarre lag neben ihr auf dem Sitz. Jürgen brüllte los. „Hör auf, du blöde Kuh! Willst du Feuer legen?“

Panik erfasste ihn. Er rüttelte an den Handschellen.

Sie stülpte ihm etwas über den Kopf. Das Benzin stach ihm direkt in die Nase.

Scheiße, dachte er. Aber wenigstens hatte sie doch nicht vor, ihn abzufackeln. Die verfluchte Hexe hatte ihm echt Angst eingejagt. Er würde sich revanchieren, sobald er an der Reihe war. Die hatte ja keine Ahnung, was er alles mit ihr anstellen würde.

Sie begann, an seiner Hose herumzunesteln. Verstellte seine Rückenlehne ein Stück nach hinten. Er entspannte sich. Ja klar, das gefiel ihm. Bloß die Scheiße mit dem Benzin störte. Er konnte kaum noch atmen.

Langsam dämmerte er weg. Ein brennender Schmerz weckte ihn kurz auf. Dann glitt er wieder in die Dunkelheit zurück.

3. Kapitel

Sahra hatte sich fürs Erste in ihre Werkstatt geflüchtet. Die extreme Anspannung hielt immer noch an. Die angesengte Hand, mit der sie versucht hatte, die brennende Petarde aus dem Wagen zu bringen, begann jetzt unangenehm stark zu schmerzen. Sie konzentrierte sich darauf, möglichst gleichmäßig zu atmen. Um das Schlottern abzustellen, das sie am ganzen Körper erfasst hatte.

Außer der Panne mit der Petarde gab es keinen Grund zur Aufregung. Es hatte besonders am Anfang so gut geklappt, dass sie zwischendurch befürchtet hatte, bloß wieder von der Sache zu träumen.

Wie ein Film lief das Ganze jetzt noch einmal vor ihr ab. Er hatte sie Sybille genannt. Also nicht erkannt. Und sich angesichts der Pistole, gleich seinem Schicksal ergeben. Ihm die Beine zu fesseln, hatte sich erübrigt. Die "Narkose" mit Benzin hatte tatsächlich funktioniert. Er hatte auf den Schnitt überhaupt nicht reagiert. Genauso wenig, wie auf die vorangegangenen Versuche, ihn zum Schreien zu bringen oder um Gnade betteln zu lassen. Und das, obwohl Sahra seine Anatomie kannte und sich ziemlich genau daran erinnerte, was er nicht ertragen konnte.

Etwas weniger Benzin dürfte wohl auch gereicht haben. Möglicherweise hatte er gar nichts mitbekommen? Aber sie zweifelte nicht daran, dass ihm die offene Wunde heute Nacht lang andauernde, quälende Schmerzen bereiten würde.

Eigentlich sollte sie froh sein, dass er so ruhig geblieben war. Bei heftiger Gegenwehr hätte sie sich ebenfalls leicht verletzen können mit dem superscharfen Rasiermesser. Außerdem hatte er vermutlich auch deshalb kaum geblutet. Vorsichtshalber hatte sie einen Druckverband und einen alten, ledernen Schnürsenkel zum eventuellen Abbinden bereitgehalten. Jedoch beides nicht gebraucht.

Einzig am Schluss lief es nicht mehr ganz ohne Probleme. Sie hatte sich auf der Beifahrerseite auf den Rücksitz gesetzt. Dadurch lag er praktisch neben ihr. Die Hände fix am Lenkrad, sein Körper wurde durch den Sicherheitsgurt am Ort gehalten. Sie drückte ihm die Pistole kräftig in die Seite, um ihn in Schach zu halten. Durch leichtes Anheben des Teewärmers mit dem Zeigefinger überzeugte sie sich, dass er normal atmete. Er schien jedoch bewusstlos zu sein. Trotzdem. Sie fand es sicherer, vor dem endgültigen Abnehmen der Maske, den Wagen wenigstens ein Stück weit einzunebeln. Sahra riss den Zünder der Petarde direkt neben sich auf dem Sitz weg und hielt die Luft an. Ein paar Sekunden passierte gar nichts. Schon befürchtete sie, dass das Ding nicht mehr funktionieren könnte. Doch dann, ein bedrohlich wirkendes Zischen. Das Teil erwachte zum Leben. Ballonartig stieg eine gelbliche Wolke neben ihr auf.

Rasch hatte sich der Innenraum mit Rauch gefüllt. Mit einem kräftigen Ruck riss sie ihm den Teewärmer nach hinten vom Kopf. Dass der danach wie leblos zur Seite rollte, spürte Sahra am Sitzpolster. Sie traute ihm zu, dass er den Bewusstlosen spielte, um sie zu überlisten. Deshalb reagierte sie nicht darauf.

Als sie dann nach der Petarde tastete, um sie ins Freie zu stellen, zeigte sich, dass das Ding viel zu heiß geworden war, um es anzufassen. Außerdem hatte sie mit der ungeschützten Hand direkt in den scharf austretenden Strahl gegriffen.

Beim Versuch, das Ding mit der Pistole nach draußen zu befördern, rollte es in den Fußraum.

Dort hatte sie es dann liegen gelassen. Sie musste raus aus dem Auto. Die Petarde rauchte schließlich die ganze Zeit weiter. Wie sollte sie die überhaupt noch finden? Eigentlich war es auch egal. Der Wagen hatte im Innern ohnehin schon zuvor dermaßen nach Rauch gestunken, dass es kaum noch viel schlimmer werden konnte.

Sie hatte mittlerweile beide Hintertüren des Autos geöffnet. Sodass Gonzo, der rücklings auf dem abgesenkten Fahrersitz lag, die Nase praktisch im Freien hatte. Zumindest, wenn er sich bequemte, den Kopf nach außen zu drehen. Hoffentlich ärgerte er sich trotzdem gehörig, dass sie seinen geliebten Untersatz derart verqualmen ließ. Und bestimmt auch für ein paar neue, fette Brandlöcher gesorgt hatte.

Sie musste abwarten, bis die Petarde den Geist aufgab. Dass es immerhin bald so weit sein dürfte, konnte sie am langsam abflauenden Zischen erkennen.

Dieses Warten war ihr schrecklich auf die Nerven gegangen. Sie durfte die Türen erst wieder schließen, wenn sich der gröbste Qualm verzogen hatte. Sonst würde er wahrscheinlich ersticken. Es dämmerte bereits. Eigentlich hatte sie keine einzige Minute mehr zu verschenken, wenn sie vor Einbruch der Nacht Zuhause sein wollte. Unablässig trat sie deshalb die ganze Zeit über, von einem Fuß auf den anderen. Hatte immer wieder wie manisch ihre Taschen durchforstet. Hatte sie alles eingepackt? Nichts vergessen, was sie möglicherweise verraten konnte?

Endlich war ein leiser Luftzug aufgekommen, der den Qualm aus dem Auto schob. Jedoch lange bevor er Details, wie ein Gesicht erkennen konnte, hatte sie die Türen geschlossen und den Wagen von außen verriegelt. Ein kleiner Spalt offenes Fenster, direkt neben seinem Kopf, gestand sie ihm immerhin zu.

Ihr Rad aus dem Gebüsch zu holen, dauerte nur wenige Minuten. Der Wagenschlüssel landete zuvor in hohem Bogen im Kanal. So wie sie Gonzo einschätzte, hatte er den Ersatzschlüssel längst verschlampt. „Zeit zu lernen, dass Unordnung oft zu Scherereien führt“, hatte sie hämisch in seine Richtung gemurmelt, bevor sie sich auf ihr Rad schwang.

Jetzt, in ihrer Werkstatt, versuchte Sahra, sich selbst zur Ordnung zu rufen. Unangenehm war das Warten gewesen, ja klar. Aber trotzdem viel weniger schlimm, als beispielsweise die Brandverletzung oder wenn sie eines ihrer Werkzeuge zurückgelassen hätte. Das Werkzeug war komplett. Die Hand leider nicht. Sie schätzte, dass mindestens zehn Tage vergehen dürften, bis sich wieder eine neue Haut gebildet hatte.

Inzwischen hatte sie sich immerhin soweit beruhigt, dass sie ihre Utensilien reinigen und sortieren konnte.

Seine Hoden hatte sie absichtlich nicht zurückgelassen. Die waren in der Blechschachtel gelandet, in der sie das Rasiermesser mit sich führte. Aus dem einfachen Grund, weil sie nicht wusste, ob ein Chirurg die Dinger eventuell sogar wieder anschließen konnte.

Die lagen jetzt im Tiefkühler, zur Tarnung eingewickelt in zwei große Grünkohlblätter. Bis sie als "Beilage", bei der nächsten passenden Gelegenheit, erst im Ofen landen und die Asche danach endgültig in einer Urne verschwinden würde.

Weil Sahra sich nicht absolut sicher sein konnte, ob ihr Chef die Särge vor der Verbrennung nicht manchmal auf Wertgegenstände durchsuchte oder teure Möbel sogar austauschte, musste sie abwarten. Es kam hie und da vor, dass er sie damit beauftragte, den Ofen selbst einzuschalten. Zum Beispiel, wenn er viel unterwegs war.

Den Teewärmer wollte sie auf jeden Fall behalten. Man konnte schließlich nie wissen.

Wieder cremte sie ihre schmerzende Hand ein. Sahra hatte den Beruf, den sie ausübte, nicht gelernt. Jedoch, dass man bei offenen Wunden nicht mit Leichen hantieren sollte, wusste sie trotzdem. Sie würde extrem vorsichtig sein müssen. Krankfeiern kam ohnehin nicht infrage. Ihre Anstellung beruhte bloß auf einer Art Gewohnheitsrecht. Dass ihre Verletzung nicht von heißem Wasser oder normalem Feuer stammte, dürfte ein erfahrener Arzt mit ziemlicher Sicherheit rasch erkennen. Schon nur deshalb, musste sie sich selbst helfen.

Den Gedanken, gegen Morgen einmal am Rhein nachschauen zu gehen, verbat sie sich kategorisch. Es war gut gelaufen, weil sie es umsichtig geplant hatte. Durch irgendwelche Sperenzchen, die bloß der Neugier dienten, den Erfolg gefährden? Auf keinen Fall!

Sie legte sich deshalb hin. Schlafen konnte sie natürlich trotzdem nicht. Sie nutzte die Gelegenheit, um immer wieder ihre Hand zu pflegen. Erst gegen Morgen, schon mit leichtem Fieber, dämmerte Sahra endlich weg.

***

Der schwarze Wagen ließ direkt auf seinen Besitzer schließen. Übertrieben tiefergelegt, überall ragten Spoiler und andere vermeintlich hilfreiche Verbreiterungen und Applikationen aus der Karosserie. Mit unsauber angebrachter Folie getönte Scheiben sollten den Blick ins Innere erschweren. Breite Felgen in leuchtendem Gelb und abgefahrene Reifen mit nur noch schwach erkennbarem Profil rundeten das Bild ab.

Unpassend erschien dagegen die Leiche auf dem Fahrersitz. Der offene Mund und die weit aufgerissenen Augen verbreiteten kaum irgendwelche Coolness. Dass er nicht einmal im Tod vom Lenkrad lassen wollte, lag jedoch an den Handschellen, die ihn damit verbanden. Typisch unausgegorener Jungspund oder Berufsjugendlicher, der seinen Platz in der Gesellschaft noch suchte, dachte Kommissar Max Krüger spontan. Allerdings zählte das Opfer schon gut vierzig Jahre. Das bewiesen die Ausweise, die in seiner Börse gesteckt hatten. Jürgen Hahnloser, lautete sein Name. Einer, der den Ausgang niemals gefunden hatte. Den mutmaßlichen Hergang, der zu seinem Tod geführt hatte, musste Erwin Rohr von der Spurensicherung zwar noch genauer untersuchen. Aber das Abbrennen einer faustgroßen Petarde in einem geschlossenen Fahrzeug dürfte selbst für einen hartgesottenen Raucher, eine Spur too much gewesen sein. Die Formulierung stammte von Rohrs neuem Azubi. Dass im Auto intensiv geraucht worden war, ließ sich an den knallvollen Aschenbechern und den überall herumliegenden Kippen und Aschekrümeln erkennen.

Rohr hatte den Wagen, der noch aus den Achtzigern stammte, mit einem Schraubenzieher mühelos aufgehebelt. Die bereits erkaltete Leiche ließ er unverändert liegen. Doktor Franz Holoch hatte heute am Sonntag eigentlich frei gehabt und verspätete sich deshalb. Da ohnehin auch jede Hilfe zu spät kam, sollte der Rechtsmediziner den Toten in der originalen Lage vorfinden. Nach dessen erster Einschätzung würde das Fahrzeug komplett aufgeladen und in eine geschlossene Halle gebracht werden. Wo die weiteren Abklärungen ungestört von Wind und Wetter ihren Lauf nehmen konnten. Ein Verfahren, welches sich seit Jahren bewährt und etabliert hatte.

Selbstverständlich suchte ein Team der Spurensicherung die unmittelbare Umgebung ebenfalls gründlich ab. Alles Routine mit klaren Vorgaben.

***

Doktor Holoch entfuhr ein erstauntes, „ach du Grüne Neune“, als er sich anschickte, die Kerntemperatur des Toten zu messen.

Kommissar Krüger, der neben dem Wagen stand, um sich die Umgebung einzuprägen, sah erstaunt hoch. „Etwas Ungewöhnliches, Herr Doktor?“

„Ja, sein Skrotum wurde geplündert.“

Krüger war davon überzeugt, dass Doktor Holoch Fachausdrücke bloß verwendete, um ihn zu ärgern. Aber dieses Wort hatte er zufällig gerade griffbereit.

„Wie darf ich das verstehen, Herr Doktor? Kommt es nicht auch vor, dass jemand einfach keinen Hoden hat. Oder durch Unfall oder sonst wie geschädigt wurde?“

Der Doktor nickte. „Ja ja, das kommt vor. Aber hier dürfte es Absicht gewesen sein. Sehen Sie, Herr Kommissar? Ein sauberer Schnitt. Kein Zögern, kein Schnippeln. Genau die passende Stelle. Sogar die Länge der Läsion entspricht der Norm.“

Krüger, der selbstverständlich nicht genau hingesehen hatte, schüttelte den Kopf. „Ein Schnitt, Herr Doktor? Man hat ihm, ich meine, er wurde …“

Holoch nickte. „Emaskuliert. Oder kastriert. Wie auch immer Sie es nennen möchten, Herr Kommissar?“

„Hat er dabei noch gelebt, Herr Doktor?“

„Die Blutung lässt den Schluss zu. Wenn Sie den Blutfleck auf dem Polster berücksichtigen. Ja, doch, würde ich sagen.“

Krüger verzog das Gesicht. „Eine dieser brutalen Mafia-Abrechnungen möglicherweise? Hat man ihm auch etwas in den Mund gesteckt?“

„Auf den ersten Blick nicht.“

Krüger schien erleichtert. „Wenigstens das. Aber Sie sagten, dass es, äh, fachmännisch vorgenommen wurde. Ein Arzt, Tierarzt vielleicht?“ Krüger zögerte. „Oder ein Schlachter?“

Holoch zuckte mit den Schultern. „Dazu braucht man überhaupt nicht Mediziner zu sein. Jeder Schweinezüchter kennt sich damit aus. Ich denke eher nicht, dass Sie einen Kollegen aus meiner Gilde dafür verantwortlich machen können.“

„Das wollte ich nicht andeuten, Herr Doktor. Aber danke für den Tipp!“

„Bitte! Gern geschehen.“

Holoch ergriff wieder das Thermometer, das er zuvor auf dem Beifahrersitz abgelegt hatte.

Krüger sah sich unauffällig nach seinen Mitarbeitern um.

„Etwa sechs Stunden“, ließ Holoch fallen.

Krüger überlegte kurz. „Also nach Mitternacht.“

Holoch antwortete nicht, er warf bloß einen vielsagenden Blick über die Schulter.

Kommissar Krüger rief Erwin Rohr und Michélle Guerin zu sich, um sie auf den neusten Stand zu bringen. Bei Michélle musste er immer noch daran denken, sie nicht mit Frau Steinmann anzusprechen. Ihren Status als seine Nachfolgerin hatte sie zwar auf eigenen Wunsch verloren, aber denjenigen als seine Lieblingsmitarbeiterin keineswegs. Obwohl sich Krüger Mühe gab, es nicht allzu offensichtlich zu handhaben. Nur mit ihr fühlte er sich wohl, wenn er zwanglos über erste Eindrücke oder zufällige Gedankengänge sprach. Wie eine Tennispartnerin spielte sie ihm die Bälle zurück oder ließ sie erst mal im Nirgendwo landen. Ansonsten funktionierte solches nur mit seiner Lebensgefährtin, Elisabeth Graßel. Natürlich durfte er laufende Ermittlungen nicht mit ihr besprechen, aber darüber setzte sich Krüger inzwischen ganz locker hinweg. Die einzige Ausnahme, die er sich bei Dienstvorschriften erlaubte. Meistens jedenfalls.

Rohr wirkte leicht angewidert. Er versprach natürlich trotzdem, auf Überreste oder mögliche Gegenstände, die zum neuen Sachverhalt passten, besonders zu achten.

Michélle verhielt sich sehr professionell. Sie nahm Krügers Schilderung scheinbar ungerührt entgegen. Er ließ sich zwar nicht über Einzelheiten aus, fand es jedoch ziemlich schwierig, die richtigen Worte finden. Zum Glück musste Krüger keine offiziellen Erklärungen verfassen. Das blieb Sache seines Chefs, Kriminalrat Peter Vogel. Nicht zum ersten Mal, dass er den nicht um seinen Posten beneidete.

***

Sahra wachte mit starken Schmerzen auf. Die geschwollene Hand lag wie ein fremder Klumpen neben ihr. Weiße, sich rollende Hautfetzen, die sich stückweise vom Fleisch lösten. Schwarze Sprenkel, jeder mit einer eigenen, kegelförmigen Erhebung ausgestattet. Auch an den Stellen ohne Haut. Gelbliche Zwischentöne wiesen auf eitrige Einschlüsse hin. Insgesamt wirkte ihre Handfläche wie eine Landschaft aus pulsierenden Minivulkanen. Den Puls konnte Sahra zwar nicht direkt sehen, aber sie spürte ihn gleichzeitig in ihrem Kopf und in der Hand. Schon bei vorsichtigster Berührung schien in den Kegeln eine lange, unglaublich spitze Nadel zu stecken. Eine kühle Salbe linderte zwar den gröbsten Schmerz. Aber Sahra dämmerte trotz der bleischweren Müdigkeit, dass sie sich ein echtes Problem eingefangen hatte.

Leichen mit akuten Blutvergiftungen hatte sie bereits mehrere auf dem Tisch gehabt. Eines hatten die alle gemeinsam: Sie waren innerhalb weniger Tage vom kerngesunden Menschen zum Fall für einen Leichenpfleger geworden.

Ein paar Tage, überlegte sie. Wenn man ab dem Zustand rechnete, in dem sie sich offenbar schon befand, konnte es sich auch bloß noch um ein paar Stunden handeln.

Ein Gedanke blitzte auf: Eventuell bot sich ihr die Möglichkeit, sich in diesem Fall als Erste, selbst für ihre eigene Aufbahrung zu schminken. Das unwillkürlich hochkommende Lachen über den Einfall artete zum kläglichen Krächzen mit anschließendem heftigem Huster aus. Ein spontaner Ausbruch des Humors, den sie sich im Laufe der letzten Jahre mühsam erarbeitet hatte, dachte sie, nachdem sie wieder normal atmen konnte.

Aufs Neue dämmerte sie weg. „Nur noch für ein paar Minuten die Augen schließen. Unkraut vergeht schließlich nicht so rasch“, murmelte sie vor sich hin. Nur ganz kurz ruhig liegen und durchatmen. Danach musste sie sich unter allen Umständen um die Sache kümmern.

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