Kitabı oku: «Geschichte von England seit der Thronbesteigung Jakob's des Zweiten. Zehnter Band: enthaltend Kapitel 19 und 20.», sayfa 22

Yazı tipi:

Die Wahrheit, welche dieses Gleichniß ausdrückte, schwebte den Leitern der Bank beständig vor. Ihr Interesse war mit dem der Regierung so innig verwoben, daß sie ihr um so bereitwilliger zu Hülfe kamen, je größer die öffentliche Gefahr war. Wenn in alten Zeiten der Staatsschatz leer war, wenn die Steuern langsam eingingen und wenn der Sold der Truppen und der Matrosen in Rückstand war, mußte der Kanzler der Schatzkammer mit dem Hute in der Hand, von dem Lord-Mayor und den Aldermen begleitet, in Cheapside und Cornhill auf und ab gehen und dadurch eine Summe zusammenbringen, daß er von diesem Strumpfwaarenhändler hundert Pfund, von jenem Eisenhändler zweihundert Pfund lieh.247 Diese Zeiten waren vorüber. Die Regierung konnte jetzt anstatt mühsam aus zahlreichen kleinen Quellen kleine Summen zu schöpfen, aus einem ungeheuren Behälter, den alle jene kleinen Quellen fortwährend gefüllt erhielten, soviel nehmen als sie brauchte. Es ist schwerlich zu viel gesagt, wenn man behauptet, daß das Gewicht der Bank, das beständig in der Wagschale der Whigs lag, viele Jahre lang das Gewicht der Kirche, das beständig in der Wagschale der Tories lag, fast aufwog.

Prorogation des Parlaments; ministerielle Arrangements

Wenige Minuten nachdem die Bill, welche die Bank von England errichtete, die königliche Genehmigung erhalten hatte, wurde das Parlament vom Könige mit einer Rede prorogirt, in der er den Gemeinen herzlich für ihre Freigebigkeit dankte. Montague wurde sofort für seine Dienste mit der Stelle des Kanzlers der Schatzkammer belohnt.248

Shrewsbury Staatssekretär

Shrewsbury hatte sich einige Wochen vorher zur Annahme der Siegel verstanden. Er hatte standhaft vom November bis zum März ausgehalten. Während er Entschuldigungen zu finden versuchte, die seine politischen Freunde befriedigen konnten, besuchte ihn Sir James Montgomery. Montgomery war jetzt der unglücklichste Mensch von der Welt. Nachdem er in einer großen Revolution eine große Rolle gespielt, nachdem er mit der erhabenen Function betraut gewesen, den durch die Stände erwählten Souverainen die Krone Schottland’s zu überreichen, nachdem er mehrere Monate lang im Parlamente zu Edinburg ohne Nebenbuhler geherrscht, nachdem er nahe vor sich die Siegel des Staatssekretärs, eine Earlkrone, ein glänzendes Einkommen und die höchste Gewalt gesehen hatte, war er plötzlich in Dunkelheit und traurige Dürftigkeit versunken. Seine herrlichen Talente blieben ihm noch und er wurde deshalb von den Jakobiten benutzt; aber obwohl sie ihn benutzten, verachteten sie ihn, trauten ihm nicht und ließen ihn darben. Er verbrachte sein Leben damit, daß er zwischen England und Frankreich hin und her reiste, ohne in einem der beiden Länder eine bleibende Stätte zu finden. Bald wartete er im Vorzimmer zu Saint-Germains, wo die Priester ihn als einem Calvinisten finstre Blicke zuwarfen und wo selbst die protestantischen Jakobiten sich gegenseitig flüsternd vor dem alten Republikaner warnten. Bald hielt er sich in den Mansarden London’s verborgen, bei jedem Fußtritte, den er auf der Treppe hörte, fürchtend, daß es der eines Bailiffs mit einem Executionsbefehl, oder der eines Staatsboten mit einem Verhaftsbefehl sein könnte. Er erhielt jetzt Zutritt zu Shrewsbury und wagte es wie ein Jacobit mit einem Mitjakobiten zu sprechen. Shrewsbury, der durchaus nicht geneigt war, sein Vermögen und seinen Kopf in die Hände eines Mannes zu geben, den er als unbesonnen und als treulos kannte, gab sehr vorsichtige Antworten. Auf einem uns nicht bekannt gewordenen Wege erfuhr Wilhelm Alles was bei dieser Gelegenheit vorgegangen war. Er ließ Shrewsbury kommen und sprach aufs neue eindringlich von dem Sekretärposten. Shrewsbury sträubte sich abermals, indem er sagte, seine Gesundheit sei schlecht. „Das,” entgegnete Wilhelm, „ist nicht Ihr einziger Grund.” – „Nein, Sire, allerdings nicht,” versetzte Shrewsbury. Er begann hierauf von öffentlichen Verdrießlichkeiten zu sprechen und erwähnte das Schicksal der Dreijährigkeitsbill, die er selbst eingebracht hatte. Wilhelm aber fiel ihm ins Wort. „Es steckt noch ein andrer Grund dahinter. Wann haben Sie das letzte Mal mit Montgomery gesprochen?” Shrewsbury war wie vom Donner gerührt. Der König wiederholte einige Aeußerungen Montgomery’s. Shrewsbury hatte sich inzwischen von seinem Schrecke erholt und sich erinnert, daß er bei der Unterredung, die der Regierung so genau hinterbracht worden war, zum Glück nichts Hochverrätherisches gesagt, wenn auch viel dergleichen gehört hatte. „Sire,” sagte er, „da Ihre Majestät so genau unterrichtet worden sind, werden Sie auch wissen, daß ich den Versuchen jenes Mannes, mich von dem Pfade meiner Unterthanenpflicht abzubringen, keinen Vorschub geleistet habe.” Wilhelm stellte dies nicht in Abrede, gab aber zu verstehen, daß solcher heimlicher Umgang mit anerkannten Jakobiten Verdacht erwecke, den Shrewsbury nur durch Annahme der Siegel entkräften könne. „Das wird mich vollkommen beruhigen,” sagte er. „Ich weiß, daß Sie ein Ehrenmann sind und daß, wenn Sie Sich einmal dazu verstehen mir zu dienen, Sie mir treu dienen werden.” So gedrängt, willigte Shrewsbury, zur großen Freude seiner ganzen Partei, ein und wurde für seine Bereitwilligkeit alsbald mit dem Herzogtitel und dem Hosenbandorden belohnt.249

So bildete sich allmälig ein Whigministerium. Es gab jetzt zwei whiggistische Staatssekretäre, einen whiggistischen Großsiegelbewahrer, einen whiggistischen ersten Lord der Admiralität und einen whiggistischen Kanzler der Schatzkammer. Der Lord Geheimsiegelbewahrer Pembroke konnte ebenfalls ein Whig genannt werden, denn sein Geist war so beschaffen, daß er willig den Eindruck jedes stärkeren Geistes aufnahm, mit dem er in Berührung gebracht wurde. Seymour wurde entlassen, nachdem er lange genug ein Commissar des Schatzes gewesen war, um einen großen Theil seines Einflusses auf die toryistischen Landgentlemen zu verlieren, die ihn meist angehört hatten wie ein Orakel, und seine Stelle wurde mit Johann Smith besetzt, einem eifrigen und talentvollen Whig, der an den Debatten der letzten Session thätigen Antheil genommen hatte.250 Die einzigen Tories, welche noch hohe Aemter bei der ausübenden Verwaltung bekleideten, waren der Lordpräsident Caermarthen, der zwar zu fühlen begann, daß die Macht seinen Händen allgemach entschlüpfte, sich aber doch noch verzweifelt daran festklammerte, und der erste Lord des Schatzes, Godolphin, der sich wenig um Dinge bekümmerte, die außer dem Bereiche seines speciellen Departements lagen, und die Obliegenheiten dieses Departements mit Geschick und Emsigkeit erfüllte.

Verleihung neuer Titel

Wilhelm bemühte sich indessen noch immer, seine Gunstbezeigungen zwischen den beiden Parteien zu theilen. Obgleich die Whigs die eigentliche Macht mehr und mehr an sich rissen, erhielten die Tories doch auch ihren Theil von ehrenvollen Auszeichnungen. So wurde Mulgrave, der während der letzten Session seine großen parlamentarischen Talente zu Gunsten der Politik des Königs aufgeboten hatte, zum Marquis von Normanby creirt und zum Cabinetsrath ernannt, aber nie um Rath gefragt. Er erhielt zu gleicher Zeit ein Jahrgeld von dreitausend Pfund. Caermarthen, den die neuerlichen Veränderungen tief gekränkt hatten, wurde durch ein glänzendes Zeichen der königlichen Zufriedenheit einigermaßen getröstet. Er wurde Herzog von Leeds. Es hatte ihm wenig über zwanzig Jahre Zeit gekostet, um sich von der Stellung eines Landgentleman von Yorkshire zur höchsten Stufe der Pairie emporzuschwingen. Zwei hochgestellte whiggistische Earls, Bedford und Devonshire, wurden zu gleicher Zeit zu Herzögen creirt. Es muß bemerkt werden, daß Bedford schon mehrere Male die Würde ausgeschlagen hatte, die er jetzt mit einigem Widerstreben annahm. Er erklärte, daß ihm sein Earltitel lieber sei als ein Herzogtitel, und er motivirte diese Bevorzugung durch einen sehr verständigen Grund. Ein Earl, der eine zahlreiche Familie habe, könne einen Sohn in den Tempel, einen andren auf ein Handelscomtoir der City schicken. Die Söhne eines Herzogs aber seien alle Lords und ein Lord könne sich seinen Lebensunterhalt weder in der Advokatur noch auf der Börse verdienen. Doch die Einwendungen des alten Mannes wurden besiegt, und den beiden vornehmen Häusern Russell und Cavendish, welche seit langer Zeit durch Freundschaft und durch Verschwägerung, durch gemeinsame Ansichten, durch gemeinsame Leiden und durch gemeinsame Triumphe eng verbunden waren, wurde an einem und demselben Tage die größte Ehre zu Theil, welche die Krone zu verleihen im Stande ist.251

Kriegsplan der Franzosen

Die Gazette, welche diese Ernennungen anzeigte, zeigte auch an, daß der König nach dem Continent abgereist sei. Vor seiner Abreise hatte er mit seinen Ministern die Mittel zur Vereitelung eines von der französischen Regierung entworfenen Operationsplanes zur See berathen. Bisher war der Seekrieg hauptsächlich im Kanal und auf dem atlantischen Meere geführt worden. Jetzt aber hatte Ludwig beschlossen, seine Seemacht im Mittelländischen Meere zu concentriren. Er hoffte, daß mit ihrer Hülfe die Armee des Marschalls Noailles im Stande sein werde Barcelona zu nehmen, ganz Catalonien zu unterwerfen und Spanien zu zwingen, um Frieden zu bitten. Demgemäß segelte Tourville’s Geschwader, aus dreiundfunfzig Kriegsschiffen bestehend, am 25. April von Brest ab und passirte am 4. Mai die Straße von Gibraltar.

Kriegsplan England’s

Um die Absichten des Feindes zu vereiteln, beschloß Wilhelm, Russell mit dem größeren Theile der combinirten Flotte England’s und Holland’s ins Mittelländische Meer zu schicken. In den britischen Gewässern sollte ein Geschwader unter den Befehlen des Earls von Berkeley bleiben. Talmash sollte sich mit einem starken Truppencorps an Bord dieses Geschwaders einschiffen und sollte Brest angreifen, das man in Abwesenheit Tourville’s und seiner dreiundfunfzig Schiffe für leicht einnehmbar hielt.

Daß in Portsmouth Anstalten zu einer Expedition getroffen wurden, an der die Landtruppen Theil nehmen sollten, ließ sich nicht verheimlichen. Ueber die Bestimmung des Geschwaders hatte man in der Rose und bei Garraway allerhand Vermuthungen. Einige sprachen von Rhe, Andere von Oleron, noch Andere von Rochelle, wieder Andere von Rochefort. Manche glaubten, ehe die Flotte sich in westlicher Richtung zu bewegen begann, sie sei nach Dünkirchen bestimmt. Manche Andere vermutheten dagegen, daß Brest der Angriffspunkt sein werde; aber sie vermutheten dies eben nur, denn das Geheimniß wurde besser bewahrt als die meisten andern Geheimnisse der damaligen Zeit.252 Russell versicherte bis zu dem Augenblicke wo er bereit war die Anker zu lichten, seinen jakobitischen Freunden beständig, er wisse von nichts. Seine Verschwiegenheit blieb selbst Marlborough’s Kunstgriffen gegenüber fest. Doch Marlborough hatte andere Quellen. An diese Quellen wendete er sich, und es gelang ihm endlich, den ganzen Plan der Regierung zu entdecken. Er schrieb sofort an Jakob. Er habe, sagte er, so eben in Erfahrung gebracht, daß zwölf Regimenter Infanterie und zwei Regimenter Marinesoldaten unter Talmash’s Commando auf dem Punkte ständen sich einzuschiffen, um den Hafen von Brest und die daselbst liegenden Schiffe zu zerstören. „Dies,” setzte er hinzu, „würde ein großer Vortheil für England sein. Aber keine Rücksicht kann und soll mich jemals abhalten, Ihnen Alles mitzutheilen, wovon ich glaube, daß es Ihnen nützlich sein kann.” Dann, warnte er Jakob vor Russell. „Ich versuchte vor einiger Zeit, dies von ihm zu erfahren; aber er behauptete stets, nichts davon zu wissen, obgleich ich fest überzeugt bin, daß er den Plan schon seit mehr als sechs Wochen kannte. Dies scheint mir ein schlimmes Zeichen von der Gesinnung dieses Mannes.”

Die von Marlborough erhaltene Benachrichtigung theilte Jakob der französischen Regierung mit, und diese traf mit der ihr eigenen Energie und Eile ihre Maßregeln. Rasches Handeln war allerdings auch nöthig, denn als Marlborough seinen Brief schrieb, waren die Rüstungen in Portsmouth nahezu vollendet, und wäre der Wind den Engländern günstig gewesen, so hätte der Zweck der Expedition vielleicht ohne Kampf erreicht werden können. Aber widrige Winde hielten unsre Flotte noch einen Monat im Kanal zurück. Unterdessen war bei Brest ein zahlreiches Armeecorps zusammengezogen worden. Vauban war beauftragt, die Vertheidigungswerke in Stand zu setzen, und unter seiner geschickten Leitung wurden Batterien aufgefahren, welche jeden Punkt beherrschten, wo der Feind möglicherweise eine Landung versuchen konnte. Acht große Flöße, deren jedes eine Menge Mörser trug, wurden im Hafen vor Anker gelegt, und einige Tage vor Ankunft der Engländer war Alles zu ihrem Empfange bereit.

Expedition gegen Brest

Am 6. Juni befand sich die ganze verbündete Flotte etwa funfzehn Meilen westlich vom Cap Finisterre im Atlantischen Meere. Hier trennten sich Russell und Berkeley. Russell fuhr weiter nach dem Mittelländischen Meere, und Berkeley’s Geschwader, mit den Truppen an Bord, steuerte nach der Küste der Bretagne und ankerte vor der Camaretbai, nahe bei der Einfahrt des Hafens von Brest. Talmash schlug vor, in der Camaretbai zu landen. Es erschien daher wünschenswerth, die Beschaffenheit der Küste genau zu untersuchen. Der älteste Sohn des Herzogs von Leeds, jetzt Marquis von Caermarthen, nahm es auf sich, in die Bucht einzufahren und die nöthigen Aufschlüsse zu erlangen. Die Leidenschaft dieses tapferen und excentrischen jungen Mannes für Seeabenteuer war unbezwinglich. Er hatte um den Rang eines Contreadmirals gebeten und ihn erhalten und begleitete die Expedition auf seiner eigenen Yacht „Peregrine,” die als ein Meisterstück der Schiffbaukunst berühmt war und schon mehr als einmal in dieser Geschichte erwähnt worden ist. Cutts, der sich durch seine Unerschrockenheit im irischen Kriege ausgezeichnet hatte und mit der irischen Peerswürde belohnt worden war, erbot sich, Caermarthen zu begleiten. Lord Mohun, der wahrscheinlich mit dem Wunsche, durch ehrenvolle Thaten den Schandfleck zu verwischen, den ein schmachvoller und unglücklich ausgegangener Streit auf seinen Namen geworfen, als Freiwilliger bei den Truppen diente, bestand ebenfalls darauf, von der Partie zu sein. Der Peregrine fuhr mit seiner tapferen Mannschaft in die Bucht ein und kam wohlbehalten, aber nicht ohne in großer Gefahr geschwebt zu haben, wieder heraus. Caermarthen berichtete, daß die Vertheidigungsanstalten, von denen er indeß nur einen kleinen Theil gesehen, furchtbar seien. Berkeley und Talmash aber vermutheten, daß er die Gefahr überschätzt habe. Sie wußten nicht, daß ihr Vorhaben schon längst in Versailles bekannt gewesen, daß eine Armee zu ihrem Empfange zusammengezogen worden war und daß der größte Ingenieur der Welt die Küste befestigt hatte. Sie zweifelten daher nicht, daß ihre Truppen unter dem Schutze der Kanonen ihrer Schiffe leicht würden ans Land gesetzt werden können. Am folgenden Morgen erhielt Caermarthen Ordre, mit acht Linienschiffen in die Bai einzufahren und die französischen Werke zu bombardiren. Talmash sollte mit ungefähr hundert Booten voll Soldaten folgen. Es stellte sich bald heraus, daß das Unternehmen sogar noch gefährlicher war, als es den Tag vorher geschienen hatte. Batterien, die man gar nicht bemerkt hatte, eröffneten ein so mörderisches Feuer gegen die Schiffe, daß mehrere Verdecke bald gesäubert waren. Starke Infanterie- und Cavalleriecorps kamen zum Vorschein und erwiesen sich nach ihren Uniformen als reguläre Truppen. Der junge Contreadmiral schickte schleunigst einen Offizier ab, um Talmash zu warnen. Aber Talmash war so vollständig von dem Wahne beherrscht, daß die Franzosen nicht darauf vorbereitet seien, einen Angriff abzuwehren, daß er jede Vorsichtsmaßregel unterließ und nicht einmal seinen eigenen Augen traute. Er glaubte fest, daß die Truppenmacht, die er an der Küste versammelt sah, ein bloßer Bauernschwarm sei, den man in der Eile aus der Umgegend zusammengetrieben habe. Ueberzeugt, daß diese Scheinsoldaten vor wirklichen Soldaten wie Schafe davonlaufen würden, befahl er seinen Leuten, nach dem Strande zu rudern. Er wurde bald eines Andren belehrt. Ein fürchterliches Feuer mähte seine Truppen rascher nieder als sie ans Ufer gelangen konnten. Er selbst war kaum auf trocknen Boden gesprungen, als eine Kanonenkugel ihn am Schenkel verwundete, so daß er in sein Boot zurückgetragen werden mußte. Seine Leute schifften sich in Verwirrung wieder ein. Schiffe und Boote eilten aus der Bucht herauszukommen, was ihnen jedoch erst gelang, nachdem vierhundert Matrosen und siebenhundert Soldaten gefallen waren. Noch viele Tage nachher spülten die Wellen fortwährend von Kugeln zerrissene und verstümmelte Leichname an den Strand der Bretagne. Die Batterie, von welcher Talmash seine Wunde erhielt, wird noch heute „des Engländer’s Tod” genannt.

Der unglückliche General wurde auf sein Lager gebettet und in seiner Kajüte ein Kriegsrath gehalten. Er war dafür, direct in den Hafen von Brest einzufahren um die Stadt zu bombardiren. Dieser Vorschlag aber, der nur zu deutlich verrieth, daß seine Urtheilskraft unter der Aufregung eines verwundeten Körpers und eines verwundeten Gemüths gelitten hatte, wurde von den Flottenoffizieren wohlweislich verworfen. Das Geschwader kehrte nach Portsmouth zurück. Dort starb Talmash, noch mit seinem letzten Athemzuge versichernd, daß er durch Verrätherei in eine Schlinge gelockt worden sei. Der Schmerz und Unwille des Volks äußerte sich laut. Die Nation erinnerte sich der Dienste des unglücklichen Generals, verzieh ihm seine Uebereilung, bedauerte seine Leiden und fluchte dem unbekannten Verräther, dessen Machinationen ihm zum Verderben gereicht hatten. Es circulirten allerhand Muthmaßungen und Gerüchte. Einige durch Nationalvorurtheil verblendete starre Engländer schworen, daß keiner unserer Pläne je dem Feinde verborgen bleiben würde, so lange französische Refugiés hohe Militärcommandos bekleideten. Einige durch Parteigeist verblendete eifrige Whigs murmelten, daß es dem Hofe von Saint-Germain nie an guter Kundschaft fehlen würde, so lange ein einziger Tory im Cabinetsrath sei. Der wirklich Schuldige wurde nicht genannt und erst als die Archive des Hauses Stuart untersucht wurden, erfuhr die Welt, daß Talmash durch die schändlichste aller hundert Schändlichkeiten Marlborough’s umgekommen war.253

Und doch war Marlborough niemals weniger ein Jakobit gewesen als in dem Augenblicke wo er dem Jakobitismus diesen abscheulichen und schmachvollen Dienst leistete. Man darf mit Gewißheit behaupten, daß es nicht seine Absicht war, der verbannten Familie zu dienen, und daß es nur seine sekundäre Absicht war, sich bei der verbannten Familie beliebt zu machen. Sein Hauptzweck war, sich in den Dienst der bestehenden Regierung einzudrängen und wieder in den Besitz der wichtigen und einträglichen Stellen zu gelangen, die ihm vor mehr als zwei Jahren entzogen worden waren. Er wußte, daß das Land und das Parlament es nicht geduldig ertragen würden, die Armee von ausländischen Generälen commandirt zu sehen. Nur zwei Engländer hatten sich für hohe militärische Posten brauchbar erwiesen: er selbst und Talmash. Wenn Talmash geschlagen und entlassen wurde, blieb Wilhelm fast keine Wahl mehr. In der That, sobald es bekannt wurde, daß die Expedition mißlungen und daß Talmash nicht mehr war, äußerte sich laut das allgemeine Verlangen, daß der König den ausgezeichneten Heerführer, der bei Walcourt, bei Cork und bei Kinsale so Großes geleistet habe, wieder zu Gnaden annehmen solle. Auch können wir die Menge wegen dieses Verlangens nicht tadeln, denn Jedermann wußte, daß er ein vorzüglich tapferer, geschickter und glücklicher Offizier war; aber nur sehr Wenige wußten, daß, während er Wilhelm’s Truppen befehligte, während er in Wilhelm’s Staatsrath saß und während er Wilhelm’s Kammerherr war, er ein ungemein arglistiges und gefährliches Complot schmiedete, um Wilhelm’s Thron umzustürzen, und noch Wenigere vermutheten in ihm den Urheber des neuerlichen Unglücks, des Gemetzels in der Camaretbai und des traurigen Schicksals Talmash’s. So hatte die schändlichste aller Verräthereien die Folge, daß der Verräther in der öffentlichen Achtung stieg. Er unterließ denn auch nicht, den günstigen Augenblick sich zu Nutze zu machen. Während die Börse wegen des durch ihn herbeigeführten Unglücks in Bestürzung war, während zahlreiche Familien um die tapferen Männer, deren Mörder er war, Trauer anlegten, begab er sich nach Whitehall und betheuerte dort mit all’ der Freundlichkeit und Liebenswürdigkeit, unter denen ein verdorrtes Gewissen und ein reueloses Herz vor den Blicken oberflächlicher Beobachter verborgen waren, daß er der treueste und loyalste Unterthan Wilhelm’s und Mariens sei, und sprach die Hoffnung aus, daß es ihm unter den gegenwärtigen dringenden Umständen vergönnt sein werde, Ihren Majestäten seinen Degen anzubieten. Shrewsbury wünschte sehr, daß das Anerbieten angenommen werden möchte, aber eine kurze und trockene Antwort von Wilhelm, der sich damals in den Niederlanden befand, machte für den Augenblick jeder Unterhandlung ein Ende. Ueber Talmash sprach sich der König mit hochherziger Rührung aus. „Das Schicksal des armen Freundes,” schrieb er, „hat mich tief ergriffen. Ich kann zwar nicht sagen, daß er den richtigen Weg eingeschlagen hat; aber sein heißer Drang sich auszuzeichnen, bewog ihn, Unmögliches zu versuchen.”254

Die nach Portsmouth zurückgekehrte Flotte segelte bald wieder nach der Küste Frankreich’s ab, aber vollbrachte nur Thaten, welche schlimmer als unrühmlich waren. Es wurde ein Versuch gemacht, den Hafendamm von Dünkirchen in die Luft zu sprengen. Einige von friedlichen Kaufleuten und Fischern bewohnte Städte wurden bombardirt. In Dieppe blieb fast kein einziges Haus stehen, ein Drittel von Havre wurde in Asche gelegt, und nach Calais wurden Bomben geworfen, welche dreißig Privatwohnungen zerstörten. Die Franzosen und Jakobiten schrien laut über die Feigheit und Barbarei, gegen eine wehrlose Bevölkerung Krieg zu führen. Die englische Regierung vertheidigte sich, indem sie die Welt an die Leiden der dreimal verwüsteten Pfalz erinnerte, und Ludwig und seinen Schmeichlern gegenüber war diese Rechtfertigung vollkommen genügend. Ob es sich aber mit der Humanität und mit einer gesunden Politik vereinbaren ließ, die Verbrechen, die ein unumschränkter Fürst und eine wilde Soldateska in der Pfalz verübt hatten, Krämern und Arbeitern, Frauen und Kindern entgelten zu lassen, die gar nicht wußten, daß es eine Pfalz gab, dürfte wohl zu bezweifeln sein.

247.Proceedings of the Wednesday Club in Friday Street.
248.Lords Journals, April 25, 1694; London Gazette vom 7. Mai 1694.
249.Life of James, II. 520; Floyd’s (Lloyd’s) Erzählungen in dem Nairne Papers unterm 1. Mai 1694; London Gazette vom 26. und 30. April 1694.
250.London Gazette vom 3. Mai 1694.
251.London Gazette vom 30. April und 7. Mai 1694; Shrewsbury an Wilhelm, 11. (21.) Mai; Wilhelm an Shrewsbury, 22. Mai (1. Juni); L’Hermitage, 27. April (7. Mai).
252.L’Hermitage, 15. (25.) Mai. Nachdem er die verschiedenen Gerüchte erwähnt hat, sagt er: „De tous ces divers projets qu’on s’imagine aucun n’est venu à la cognoissance du public.” Dies ist wichtig, denn man hat oft zu Marlborough’s Entschuldigung behauptet, daß er dem Hofe von Saint-Germains nur das mitgetheilt habe, was in allen Kaffeehäusern das Tagesgespräch bildete und auch ohne ihn hätte bekannt werden müssen.
253.London Gazette vom 14. und 18. Juni 1694; Gazette de Paris vom 23. Juni (3. Juli); Burchett; Tagebuch Lord Caermarthen’s; Baden, 15. (25.) Juni; L’Hermitage, 15. (25.) 19. (29.) Juni.
254.Shrewsbury an Wilhelm, 15. (25.) Juni 1694; Wilhelm an Shrewsbury, 1. Juli; Shrewsbury an Wilhelm, 22. Juni (2.) Juli.
Yaş sınırı:
12+
Litres'teki yayın tarihi:
10 ağustos 2018
Hacim:
400 s. 1 illüstrasyon
Telif hakkı:
Public Domain