Kitabı oku: «Nick 6 (zweite Serie): Baltimore Lees Diamanten», sayfa 2
ZWEI
Am nächsten Morgen startete Nick zusammen mit Jane Lee und seinen Freunden vom New Yorker Großflughafen zum Flug nach Nevada. Ihr Ziel war das Forschungsgelände, auf dem das Sternenschiff nach der Entführung durch Diktator Drago wieder instand gesetzt worden war und für die bevorstehende Expedition ausgerüstet wurde.
Einen Feuerschweif hinter sich herziehend, schraubte sich der Jet in den wolkenverhangenen Himmel. Schon bald blieben die hoch auftürmenden Wolkenkratzer der Metropole hinter ihnen zurück.
Nick setzte sich mit der Flugkontrolle in Verbindung und schwenkte nach Bestätigung durch den Tower seine Flugroute auf einen südwestlichen Kurs, dann schaltete er auf Autopilot. Der Jet würde schon bald die Stratosphäre erreichen und die Entfernung von mehreren tausend Kilometern binnen einer Stunde zurücklegen.
»Ich habe übrigens eine Überraschung für Sie, Miss Lee«, meinte er zu der Tierfängerin, die direkt hinter ihm saß. »Kurz vor dem Start habe ich von der Weltraum-Forschungsbehörde alle Vollmachten für die Zusammenstellung der Sternenschiff-Besatzung erhalten. Sie stehen natürlich mit als Erste auf der Liste.«
Die junge Frau konnte einen Freudenschrei nur mit Mühe unterdrücken. »Sie … sind wunderbar!«, entfuhr es ihr stattdessen.
»He, keine Übertreibungen«, grummelte Tom Brucks hinter ihr. »Xutl und ich haben uns auch für Sie eingesetzt!«
Nick musste bei dem kleinen Wortgefecht, das nun zwischen den beiden folgte, schmunzeln und lehnte sich entspannt zurück.
*
Zur gleichen Zeit herrschte auf einem Raumschiff-Flughafen in der Nähe New Yorks reger Betrieb. Die privaten Gesellschaften setzten alle verfügbaren Schiffe ein, um möglichst viele von den Gütern des neu entdeckten Sonnensystems für sich zu gewinnen. Nahezu im Minutentakt starteten und landeten die Raketen. Ein Grollen und Brausen der zahlreich aufheulenden Triebwerke erfüllte die Luft.
Abseits der Gebäudetrakte der großen Gesellschaften lagen die Bürogebäude der kleinen Unternehmen. Sie waren in einem Halbkreis um ein kleines Landedeck angeordnet, auf dem soeben ein Helicar landete. Drei Männer warteten, bis die Maschine gelandet war und die Rotoren aufgehört hatten, sich zu drehen, bevor sie den Mann begrüßten, der mit seinen Begleitern ausstieg.
Bereits an seinem Gesichtsausdruck konnten Vince Andersons Männer sehen, dass die Pläne ihres Chefs fehlgeschlagen waren. Mit verhärteter Miene schritt der Raumschiffkapitän auf sein Büro zu. Der Schnauzer in seinem Gesicht vibrierte vor unterdrückter Wut.
»Sie hätten auf Miss Lees Vorschlag eingehen sollen, Chef«, wagte Theo ›Teddy‹ Cummings es, die Stille zu durchbrechen. »Ein Drittel des unermesslichen Schatzes …«
»Halt den Mund!«, schnauzte Anderson ihn an, und Teddy zog unwillkürlich den Kopf ein. Die Gruppe betrat die Büros von Andersons alles andere als gut laufendem Transportgewerbe. Frank Stone, der als Letzter den Raum betrat, stellte sicher, dass die Tür hinter ihnen geschlossen war und niemand das Gespräch zufällig verfolgen konnte.
Anderson herrschte seine Leute mit einer Geste an, sich um ihn zu versammeln. Sein Blick ging von einem zum anderen, bevor er ansetzte.
»Noch ist gar nichts verloren«, grollte er.
»Aber … ohne das Medaillon können wir doch gar nicht an den Schatz heran«, warf Ringo Olsen ein.
»Das ist noch nicht das Schlimmste«, fügte Butch Saunders neben ihm an. »Jane Lee hat diesen Nick überredet, sie im Sternenschiff mitzunehmen!«
Ein Raunen ging durch die Gruppe.
»Was soll dann Ihr Gerede, dass nichts verloren ist, Chef?«, warf Ringo ein. »Mit dem Sternenschiff haben sie den Schatz gehoben, ehe wir überhaupt gestartet sind!«
»Dummkopf!«, brauste Anderson auf. »Das Sternenschiff startet erst in vier Wochen. Und bis dahin wollen wir ja nicht untätig sein, oder?«
Die Männer sahen ihn fragend an.
»Wenn wir in den nächsten drei Tagen starten, können wir fast gleichzeitig mit dem Sternenschiff den zweiten Planeten erreichen«, führte der Kapitän aus.
»Hm … das stimmt«, überlegte Matt Norris, der sich bisher aus dem Gespräch herausgehalten hatte, um seinen Boss nicht gegen sich aufzubringen. »Aber was hätten wir damit gewonnen?«
»Damit allein nicht viel. Aber wir werden an Bord des Sternenschiffs einen Verbündeten haben«, erwiderte Anderson mit einem Grinsen.
»Was?!«, entfuhr es Teddy. »Sie kennen jemand der Besatzung?«
Anderson wiegte den Kopf, und sein Grinsen wurde noch breiter. »Noch nicht … aber du wirst mir die Besatzungsliste besorgen. Der Rest ist eine Frage des Geldes. Du wirst schon sehen!«
*
Nachdem Theo Cummings seine Kontakte eingesetzt hatte und zudem eine stattliche Summe Geld hatte springen lassen, lag Anderson die Besatzungsliste tatsächlich vor. Er ordnete seine Männer an, das Schiff startklar zu machen und teilte ihnen mit, dass er für eine ›kurze Reise‹ unterwegs sein würde.
Keiner seiner Untergebenen wagte es nachzufragen, was er damit genau meinte, und so machten sie sich stattdessen an die vor ihnen liegende Aufgabe. Ihre Rakete war nach der letzten Reise alles andere als in einem guten Zustand, und so würden sie die verbleibende Zeit benötigen, um sie raumtauglich zu machen.
Als Anderson nach zwei Tagen zurückkehrte, ging er vergnügt auf seine Männer zu, die ihn vor dem Büro erwarteten.
»Ist die Kiste startklar?«, fragte er mit einem Nicken zu der Rakete, die nur unweit von ihnen entfernt in den Himmel ragte.
»Ja«, bestätigte Butch Saunders, der als sein leitender Ingenieur die Triebwerke überwachte. »Donnerwetter«, fügte er an, als er sah, wie sein Boss mit ausladenden Schritten und schwungvoll auf die Einstiegsluke zulief. »Sie haben Erfolg gehabt?«, raunte er ihm zu.
Anderson warf ihm nur einen verschwörerischen Blick zu und stieg die Leiter empor. Nachdem sich alle Männer auf ihren Plätzen eingefunden hatten, ließ er den Raketenmotor hochfahren und bat über Funk um Starterlaubnis.
Die Zufriedenheit, die eben noch sein Gesicht erfüllt hatte, wich nun einer starren Grimasse, als er die Antwort hörte.
»Raumschiff A-1 von Kapitän Anderson«, meldete sich ein Mitarbeiter aus dem Tower, »Ihr Startgesuch ist abgelehnt. Der Weltraum-Sicherheitsdienst verlangt eine technische Überprüfung Ihres Schiffes.«
Anderson schlug mit der Faust aufs Instrumentenpult.
»Bei allen Teufeln! Dahinter kann nur Nick stecken!«, stieß er aus. »Der Kerl hat seine Beziehungen spielen lassen, um uns aufzuhalten. Na warte …« Seine Finger huschten über die Kontrollelemente. »Ich kann auch ohne Erlaubnis starten!«
»Aber Chef!«, wollte Frank Stone am Navigationspult einwerfen. »Dann …«
Anderson machte eine unwirsche Handbewegung. Rasend vor Wut war er bereit, alle Risiken einzugehen und sich über das Startverbot hinwegzusetzen. Allen Vorschriften zum Trotz riss er den Starthebel zu sich heran und wartete nicht einmal, bis sich alle seine Männer angeschnallt hatten. Sie schrien wild durcheinander, als sie durch den Andruck von ihren Sitzen geworfen wurden.
Das Hecktriebwerk brüllte auf, und eine Feuerlohe leckte über den Bodenbelag. Dunkle Rauchschwaden hüllten die umstehenden Maschinen ein. Bodenpersonal und Piloten rannten über den Platz und versuchten sich in Sicherheit zu bringen.
Zuerst nur langsam, dann immer schneller schoss die Rakete in die Höhe. Fassungslos sahen ihr die Lotsen im Tower hinterher.
Vince Anderson starrte mit versteinerter Miene auf den Hauptbildschirm und ließ sich durch nichts in seinem Tun beirren. Als er aus dem Augenwinkel das Licht für den Sprechfunk sah, schaltete er ihn wie beiläufig ein.
»Achtung, Achtung! Kapitän Anderson! Landen Sie sofort! Sie haben bei dem unerlaubten Start zwei Raumschiffe beschädigt!«, schnarrte eine Stimme aus dem Lautsprecher. »Landen Sie sofort! Sonst schicke ich Ihnen die Raumpatrouille auf den Hals!«
Mit unbewegtem Gesicht schaltete Anderson das Funkgerät ab und stellte den R-3-Antrieb ein, als das Schiff die oberste Schicht der Atmosphäre passierte. Trotz seines verwegenen Vorhabens wusste er genau, was er seiner Maschine abverlangen konnte. Auch wenn er wertvolle Zeit gewonnen hätte, wäre es zu riskant gewesen, den Antrieb bereits innerhalb der Atmosphäre hinzuzuschalten.
Hinter sich hörte er ein Stöhnen aus mehreren Kehlen.
»Was … was ist geschehen?«, fragte Ringo Olsen und fasste sich an den Kopf.
»Wir sind im Raum«, erklärte Anderson trocken. »Setz dich ans Radargerät, damit wir rechtzeitig merken, wenn uns die Raumpatrouille an den Kragen will«, ordnete er an, ohne sich weiter für den Zustand seiner Männer zu interessieren.
Diese folgten den weiteren Anweisungen zuerst nur widerwillig, doch der kalte Blick ihres Chefs machte ihnen deutlich, dass er Widerspruch nicht zuließ.
»Sie … hätten nicht ohne Erlaubnis starten dürfen«, warf Theo Cummings dennoch zögernd ein. »Selbst wenn wir der Raumpatrouille entwischen … bei unserer Rückkehr auf die Erde erwischt man uns doch!«
Anderson verzog die Lippen. »Bei unserer Rückkehr sieht alles ganz anders aus, Teddy. Dann sind wir so unermesslich reich, dass uns die Entschädigungssumme für die zerkratzten Raumschiffe und die Strafe nicht das Geringste ausmachen werden. Und sollten sie mir mein Kapitänspatent entziehen …«, er zuckte mit den Schultern. »Ich wollte mir sowieso eine Insel in der Südsee kaufen.«
Die Männer konnten selbst nicht sagen, ob es die Gelassenheit ihres Chefs war oder die Aussicht auf einen Reichtum, den sich keiner von ihnen auch nur ansatzweise vorstellen konnte.
»Achtung!«, rief Ringo Olsen nach einem Blick auf den Bildschirm. »Wir haben ein Raumschiff auf dem Radar. Es hat seinen Kurs auf unseren abgestimmt.«
Anderson knurrte. »Das wird das Schiff der Raumpatrouille sein, das diesen Sektor überwacht.«
Nun warfen sich die Männer doch einen besorgten Blick zu.
»Das ist das Ende unserer Eskapade, Chef!«, jammerte Frank Stone. »Ich sehe uns schon im Straflager auf der Venus landen statt auf dem zweiten Planeten im neu entdeckten System!«
»Mach die Strahlenkanone klar, Teddy«, wies Anderson seinen Untergebenen an, ohne auf Stones Äußerung einzugehen.
»Zu Befehl«, antwortete Cummings und warf seinem Kollegen einen scharfen Blick zu. Doch Frank Stone ließ sich nicht beirren.
»Sie wollen es auf einen Kampf ankommen lassen?«, überschlug sich seine Stimme fast. »Das ist doch aussichtslos! Die Patrouillenschiffe sind viel besser bewaffnet als wir!«
Anderson wandte sich nur kurz zu seinem aufmüpfigen Untergebenen um. »Und wir haben den Vorteil, dass uns die Patrouille erst zum Beidrehen auffordern muss, bevor sie ihre Geschütze einsetzen darf.«
»Achtung, ein zweites Patrouillenschiff nähert sich dem Sektor!«, warf Ringo ein.
Anderson brummte. »Sie wollen uns also jede Fluchtmöglichkeit abschneiden.«
Als er sah, wie Frank Stone den Mund öffnete, schnitt er ihm mit einer unwirschen Bewegung das Wort ab und überprüfte den Kurs des zuerst entdeckten Schiffes. »Ausgezeichnet!«, rief er aus und erhob sich aus seinem Sessel. »Lass mich an die Kanone, Teddy«, forderte er ihn auf. »Übernimm du die Kontrolle, Ringo.«
Dieser sah seinen Chef irritiert an. »Ich verstehe nicht …?«
Beide Männer folgten jedoch der Anweisung, und Anderson beugte sich über die Waffenkontrolle. Als nur wenig später der Befehl über Funk einging, das Schiff zu stoppen, setzte er ohne zu zögern seine Strahlenkanone ein.
Blitzend schlug der Strahl in das Heck des Patrouillenschiffs ein und löste es in Atome auf. Eine Explosion erschütterte das Schiff, und die Steuertriebwerke trudelten durchs All.
Anderson lachte auf. »Halte den Kurs, Ringo. Das Patrouillenschiff ist manövrierunfähig.«
»Aber das zweite Schiff?«, hakte dieser nach.
Vince Anderson winkte ab. »Keine Sorge. Das erste Schiff kann seine Flugbahn nicht ändern … mit diesem Kurs rauscht es auf die Sonne zu. Glaubst du, die Männer im zweiten Schiff lassen ihre Kameraden verglühen?«
Ringo Olsen lief bei der Kaltblütigkeit seines Chefs ein Schauder über den Rücken, dennoch ließ er sich nichts anmerken.
»Sie haben recht«, meinte Theo Cummings. »Das zweite Schiff hat seinen Kurs geändert!«
Anderson grinste zufrieden und stemmte die Arme in die Hüften.
»Der Weg in das fremde System ist frei, Jungens!«
Er wies Ringo an, den Pilotensitz wieder zu räumen und nahm selbst Platz. Seine Augen überflogen die Instrumente. »Jetzt kann uns nichts mehr aufhalten«, sagte er, nachdem er sich vergewissert hatte, dass sie sich wieder auf dem eingegebenen Kurs befanden. »Die Diamanten auf dem zweiten Planeten sind schon so gut wie in unseren Taschen!«
*
Zur gleichen Zeit wurde auf dem Versuchsgelände der Weltraum-Forschungsbehörde in der Wüste von Nevada an der Ausrüstung des Sternenschiffs gearbeitet.
Das einzigartige, kugelförmige Raumschiff ragte wie ein Berg in den stahlblauen Himmel und schimmerte matt im Licht der Sonne. Zahlreiche Kräne und Aufbauten rings um das Schiff nahmen letzte Reparaturarbeiten vor oder beförderten Zubehör in die Ladebucht.
Inmitten der Betriebsamkeit auf dem Landedeck standen Nick und Xutl und sahen wie gebannt auf den stählernen Koloss.
»Die Arbeiten schreiten planmäßig voran«, erklärte der Marsianer. »In drei Wochen können wir starten.«
»Gut. Ich …«, wollte Nick antworten, als ihn eine Lautsprecherdurchsage unterbrach.
»Achtung, Achtung! Nick, bitte zum Chef!«
Verwundert sahen sich die beiden Männer an.
»Am besten, du kommst mit«, meinte Nick zu seinem Freund, und der Marsianer stimmte zu.
Sie stiegen in einen bereitstehenden Turbowagen und fuhren das Landefeld entlang zum Hauptgebäude. Nach dem schweren Sabotageanschlag durch Diktator Dragos Leute war die Anlage wieder vollkommen instand gesetzt worden. Kurze Zeit darauf standen sie vor Murrays Büro und wurden durch den Sekretär des Chefs der Weltraumbehörde hereingebeten.
Murray erhob sich hinter seinem Schreibtisch und reichte den beiden Männern die Hand. Der ernste Blick seines Vorgesetzten machte Nick stutzig.
»Ich wollte mit Ihnen über Ihre Besatzung sprechen«, eröffnete Murray. »Aber vorher muss ich Ihnen noch mitteilen, dass Kapitän Anderson trotz strikten Startverbots abgeflogen ist.«
»Donnerwetter, das hätte ich ihm nicht zugetraut!«, stieß Nick verblüfft aus.
Murray schüttelte den Kopf.
»Der Kerl ist mit allen Wassern gewaschen. Er hat ein Schiff der Raumpatrouille mit seiner Strahlenkanone beschädigt und damit das zweite ihn verfolgende Schiff mehr oder weniger außer Gefecht gesetzt, weil die Jungs an Bord ihre Kameraden retten mussten.«
Nick schob das Kinn vor.
»Anderson scheint ein guter Taktiker zu sein«, musste er eingestehen. »Aber ich verstehe nicht, warum er ein solches Risiko auf sich nimmt. Gegen das Sternenschiff hat er doch keine Chance. Selbst wenn es ihm gelingt, vor uns den zweiten Planeten zu erreichen, dann hilft ihm das gar nichts! Das Medaillon hat Miss Lee.«
»Hm … vielleicht will er die Wilden mit Waffengewalt zwingen, ihm die Diamanten auszuhändigen?«, überlegte Murray.
Nick fuhr sich übers Kinn. »Ich kann nur nicht verstehen, dass Anderson das versuchen will, Sir. Er hat das Tagebuch von Miss Lees Vater gelesen, und daraus geht hervor, dass die Wilden in unzugänglichen, von Sümpfen umgebenen Schluchten leben. In solch einer Schlucht helfen moderne Waffen wenig. Das musste die Besatzung von Baltimore Lees Expedition ja am eigenen Leibe erfahren.« Er schüttelte den Kopf. »Nein, es ist undenkbar, dass Anderson das übersehen hat.«
Murray sah ihn eindringlich an.
»Ich rate Ihnen, vor Anderson auf der Hut zu sein. Er muss bestimmte, Ihnen unbekannte Pläne verfolgen.« Er sah kurz auf seinen Schreibtisch. »Aber nun zu Ihrer Besatzung …«
Der Leiter der Weltraumbehörde machte eine kurze Pause, als wisse er nicht so recht, wie er anfangen sollte.
»Der Chef der Weltsicherheitsbehörde wünscht, dass außer den von Ihnen angegebenen Männern noch drei hinzukommen.«
Nick sah seinen Vorgesetzten verwundert an. »Wie?! Die Besatzung ist vollständig, Sir!«, erwiderte er.
Murray hob beschwichtigend die Hand. »Vollständig schon. Aber es sind nicht einmal zehn Prozent der Männer der ersten Sternenschiff-Expedition an Bord. Raum genug haben Sie also, um den Wunsch Ihres obersten Chefs zu berücksichtigen.«
»Die Erfahrungen, die ich auf der ersten Expedition gesammelt habe, rechtfertigen eine geringere Anzahl, Sir«, führte Nick aus. »Ich habe die Männer dieses Mal nicht nur nach ihren fachlichen Kenntnissen ausgesucht, sondern auch charakterliche Gesichtspunkte berücksichtigt.«
»Wenn Ihnen das Sorge macht, kann ich Sie beruhigen«, antwortete Murray. »Die drei Neuen sind über jeden Zweifel erhaben. Sie sind vor einer Woche von der Raumakademie abgegangen. Es handelt sich um Eric Marsh …«
»Eric Marsh. Ist das etwa …?«, entfuhr es Nick.
»Ja, der Sohn eben unseres höchsten Chefs«, bestätigte sein Vorgesetzter. »Die anderen beiden sind Freunde von ihm. Richard Dickson und Peter Bruce. Alle drei sind prächtige Burschen, wie ich selbst feststellen konnte!«, betonte er.
Nicks Miene machte keinen Hehl daraus, dass er von dieser Anordnung nicht begeistert war.
»Hm, eigentlich … na, dem Wunsch des Chefs kann ich mich nicht verschließen«, meinte er schließlich.
»Gut«, antwortete Murray und wirkte erleichtert. »Die drei warten nebenan. Kommen Sie, ich mache Sie mit ihnen bekannt.«
Er ging auf eine Seitentür zu und öffnete sie. Als sie den dahinter liegenden Raum betraten, empfing sie eine schneidige Stimme.
»Achtung, stillgestanden!«, rief ein junger Mann in tadellos sitzender Uniform, und zusammen mit den anderen beiden Anwesenden nahm er Haltung an.
Nick lachte. »Rühren, Sie sind nicht mehr auf der Akademie«, begrüßte er die drei, und sie folgten seiner Bitte.
Murray ging auf den Jungen zu, der den Befehl gegeben hatte.
»Das ist Eric«, stellte er ihn vor.
Eric Marsh war ein junger Mann von vielleicht achtzehn Jahren, der einen Bürstenhaarschnitt trug. Sein keck wirkendes Gesicht war mit Sommersprossen übersät.
Er machte eine zackige Verbeugung. »Es ist eine Ehre für mich, an der Expedition teilnehmen zu dürfen, Sir!«, wandte er sich an Nick.
»Danke«, erwiderte dieser. »Aber nennen Sie mich ruhig Nick, junger Mann. Das ist so üblich in der Schiffsgemeinschaft.«
Eric Marsh nickte und strahlte dabei.
»Richard und Peter«, stellte Murray die anderen beiden Kadetten vor.
»Zu Befehl, Nick!«, antworteten sie wie aus einem Munde und waren sichtlich stolz, ihn beim Vornamen nennen zu dürfen.
Der Weltraumfahrer schmunzelte. »Danke. Am besten, Sie lassen sich von Xutl durch das Schiff führen, damit er Ihnen Ihre künftigen Arbeitsbereiche zuweisen kann.«
Er sah zu seinem Freund, der ihm zunickte und die jungen Männer bat, ihm zu folgen, während Nick mit Murray die Vorbereitungen bis zum Starttermin durchging.
DREI
Drei Wochen später startete das gewaltige Schiff vom Raumgelände in Nevada und durchbrach binnen weniger Minuten die Atmosphäre, um mit zugeschaltetem R-3-Triebwerk das Schwerefeld der Erde zu verlassen.
Nick verfolgte auf dem Heckbildschirm, wie der blaue Planet immer schneller hinter ihm zurückblieb.
»Achtung, Xutl. In fünf Minuten und siebzehn Sekunden schalte ich auf Überlichtantrieb«, richtete er sich an seinen Freund im Kopilotensitz.
»Gut. Die Vergleichszahlen stimmen«, antwortete der Marsianer.
Nick schaltete den Countdown dazu und wartete darauf, dass dieser auf Null ging. Doch kurz bevor die Zeit ablief, blinkte ein Licht am Instrumentenpult auf.
»Die Warnlampe am Kontrollgerät leuchtet auf«, meinte Nick und runzelte die Stirn. »Die Steuerung des Überlichtantriebs ist gestört!«
»Das ist unmöglich!«, stieß Xutl aus. »Ich habe vor dem Start die Anlage noch einmal persönlich überprüft!«
»Und doch leuchtet das Warnsignal auf«, entgegnete Nick und wies auf die Diode.
»Ich verstehe das nicht«, murmelte Xutl und wirkte sichtlich ratlos.
»Alle Maschinen stopp!«, ordnete Nick über Bordfunk kurz entschlossen an. »Die Verantwortlichen für den Überlichtantrieb in die Zentrale. Ende!«
Nick erhob sich und sah in die angespannten Gesichter der Männer, die an ihren Konsolen saßen. Jane Lee hatte sich beim Start in der Zentrale aufgehalten und kam auf ihn zu. Auf ihrer Stirn hatte sich eine kleine Falte gebildet.
»Warum lassen Sie die Maschinen stoppen?«, fragte sie. »Wir können doch mit R-3-Antrieb weiterfliegen, bis der Schaden behoben ist?«
»Das würde neue Berechnungen für den Flug mit dem Überlichtantrieb erfordern«, erklärte Nick. »Das dauert länger als die Zeit, die wir verlieren, wenn wir an diesem vorausberechneten Punkt stehen bleiben.« Er sah, wie sie ihre Lippen schürzte. »Sie brauchen keine Angst zu haben, das Ihnen Kapitän Anderson zuvorkommt«, fügte er lächelnd an.
In diesem Augenblick betraten die beiden verantwortlichen Männer für den Überlichtantrieb die Zentrale. Chefingenieur Warren Jones zuckte nur hilflos mit den Schultern, nachdem Xutl sie instruiert hatte.
»Die Störung ist uns vollkommen unverständlich«, sagte er.
»Uns auch«, antwortete Nick. »Aber damit wird der Schaden nicht behoben, meine Herren. Gehen Sie mit Xutl an die Arbeit.«
Der Marsianer ging auf die Konsole mit dem Steuerungsgerät zu, und die beiden Männer schlossen sich ihm an.
*
Harvey Blake saß am Pult vor der Funkanlage und notierte eine eingehende Nachricht. Wegen der Interferenzen hatte er die Kopfhörer übergestreift, um den Text besser verstehen zu können. Neben ihm stand sein Kollege Ronald Perten und lehnte sich müßig gegen die Tischplatte. Gerade unmittelbar nach dem Start fiel es offiziellen Stellen oder Angehörigen noch ein, eine Nachricht an ein Mitglied der Besatzung zu schicken.
Blake war gerade mit der Notiz fertig, als eine Durchsage die Funkübertragungen unterbrach.
»Achtung, Blake und Perten sofort in die Zentrale!«
Die beiden Funker sahen sich ratlos an und fragten sich zuerst, ob sie richtig gehört hatten. Doch die Meldung kam ein zweites Mal mit einem eindringlichen Klang in der Stimme.
Die Männer verließen den Raum und liefen mit schnellen Schritten den Gang entlang.
»Was mag Nick von uns wollen?«, überlegte Perten. »Es ist ungewöhnlich, dass wir die Funkanlage unbesetzt lassen.«
»Darüber denke ich nicht nach. Anweisung ist Anweisung«, antwortete Blake.
*
Wenige Minuten später und gleichzeitig Hunderttausende von Kilometern entfernt erreichte ein Funkspruch Kapitän Andersons Raumschiff, das gerade zum Manöver ansetzte, um in die Dimensionsspirale einzutauchen, die in das neu entdeckte Universum führte.
Als Frank Stone die Kennzeichnung der Übertragung durchgab, forderte ihn Anderson auf, die Nachricht auf seine Konsole zu überspielen und nahm sie über Kopfhörer persönlich entgegen. Mehrfach nickte er, dann grinste er zufrieden.
»Verstanden«, antwortete er der Stimme am anderen Ende. »Führen Sie alles Weitere wie besprochen aus. Ende!«
Er schmunzelte und strich sich über seinen Schnurrbart.
»Unser Mann ist in Ordnung, Leute«, meinte er zu seinen Männern. »Nicks Schiff liegt mit einer Störung in der Überlichtantriebs-Anlage fest!« Er konnte ein Lachen nicht unterdrücken. »Bis der Schaden behoben ist, sind wir in der neuen Dimension.« Er deutete auf den wabernden Spiralnebel, der den ganzen Hauptbildschirm einnahm.
»Gut!«, antwortete Ringo Olsen. »Wollen Sie uns nicht sagen, wer an Bord des Sternenschiffs für uns arbeitet?«, hoffte er, seinem Chef das Geheimnis entlocken zu können.
Anderson sah ihn einen Augenblick lang an und schüttelte dann den Kopf. »Lieber nicht. Es ist besser, nur ich kenne unseren Verbündeten.«
Olsen nickte stumm. Er wusste, dass sich sein Chef nur ungern in die Karten schauen ließ.
»Jeder Mann auf seinen Platz!«, herrschte der Kapitän seine Männer an. »Wir fliegen durch die Spirale.«
Anderson holte tief Luft, bevor er den Steuerhebel nach vorne drückte. Es war nicht sein erster Sprung in das fremde Universum, dennoch beschleunigte sich sein Herzschlag unwillkürlich, als die Arme des Nebels immer größer wurden.
Vorsichtig steuerte er sein Schiff in das unheimliche Raumgebilde, das die beiden Dimensionen verband.
Keiner der Männer in der Zentrale wagte ein Wort zu sagen. Die Anspannung unter ihnen war fast körperlich spürbar. Lichtblitze durchfluteten den Raum, auf der Außenhülle war ein bedrohliches Knistern zu vernehmen – und dann tat sich vor ihnen das Schwarz des anderen Weltalls auf.
»Geschafft …«, murmelte Anderson und stieß ein Lachen aus, um seine Nervosität zu überdecken. »Der zweite Planet und die Diamanten des alten Lee warten auf uns!«
*
Nick staunte nicht schlecht, als er die beiden Männer sah, die die Zentrale betraten und auf ihn zukamen.
»Blake und Perten?«, begrüßte er sie. »Was wollen Sie hier?« Die Funker warfen sich einen Blick zu und sahen den Weltraumfahrer verblüfft an.
»Aber … Sie haben uns doch hierher befohlen«, entgegnete Harvey Blake.
Nick runzelte die Stirn. »Ich? Unsinn! Das muss ein Irrtum von Ihnen sein.«
»Bestimmt nicht!«, beharrte Blake. »Sie haben uns über Bordfunk Anweisung gegeben, in die Zentrale zu kommen. Wir haben uns auch gewundert.«
Nick blickte die beiden Männer nachdenklich an. Es war offensichtlich, dass sie genauso irritiert waren wie er. »Merkwürdig … Gehen Sie in den Funkraum zurück«, wies er sie an.
»Jawohl, Sir«, antwortete Perten, und die Funker beeilten sich, die Zentrale zu verlassen.
Nick sah ihnen nach und konnte sich auf die Geschichte keinen Reim machen. Im Augenblick musste er sich ohnehin um Wichtigeres kümmern. Ohne funktionierenden Überlichtantrieb saßen sie hier fest.
Er ging zu der Konsole hinüber, an der Chefingenieur Jones und Franks, der leitende Techniker, die Frontblende abgenommen hatten, um die dahinter liegenden Bauelemente untersuchen zu können.
»Wie steht es?«, fragte er Xutl, der ein Bauteil mit einem Prüfgerät untersuchte. »Habt ihr die Störungsursache gefunden?«
»Noch nicht«, musste der Marsianer einräumen. »Im Steuerungsgerät ist alles in Ordnung.«
Warren erhob sich mit einem Ächzen. »Wir folgen jetzt den Leitungen, die in das Aggregat führen.«
Nick warf dem Mann einen ernsten Blick zu. »Hoffentlich liegt die Störung nicht im Aggregat selbst.«
»Das hoffen wir auch«, erwiderte Franks. »Wir haben zwar alle Ersatzteile an Bord, aber eine Reparatur des Aggregats würde eine langwierige Arbeit werden.«
Der Weltraumfahrer wollte etwas darauf erwidern, als jemand in die Zentrale stürmte und seinen Namen rief. »Blake?«, erkannte er den Funker. »Sie sind schon wieder hier?«
Der Mann schnaufte, um wieder zu Atem zu kommen. »Sehen Sie sich den Kontrollstreifen an«, sagte er und reichte ihm das dünne Plastikband, auf dem Zahlen und Buchstaben eingestanzt waren.
»Ja, und …?«, antwortete Nick.
»Jeder Funkspruch wird automatisch registriert, wie Sie wissen«, erläuterte Blake. »Während Perten und ich vorhin hier waren, ist ein Funkspruch gesendet worden!«
»Was?!«, entfuhr es Nick.
Der Funker nickte, wie um seine eigenen Worte zu bestätigen. »Derjenige, der den Funkspruch gesendet hat, muss das Aufzeichnungsgerät abgeschaltet haben, weil der Wortlaut der Übermittlung nicht erfasst worden ist. Aber er hat nicht daran gedacht, dass die Funksprüche unabhängig davon nummeriert werden.«
»Teufel!«, entfuhr es Nick. »Das bedeutet, dass jemand unter dem Vorwand, ich hätte Sie und Perten in die Zentrale befohlen, heimlich einen Funkspruch abgesendet hat!«
»Genau«, stimmte Blake zu. »Leider können wir nicht feststellen, an wen der Funkspruch gerichtet wurde und wer ihn gesendet hat.«
Nick presste die Lippen aufeinander und dachte angestrengt nach.
»Danke, Blake«, richtete er sich an den Funker. »Gehen Sie zurück auf Ihren Posten. Und lassen Sie in Zukunft den Funkraum nie unbesetzt, was auch immer geschehen mag!«
Harvey Blake nickte knapp. »Ich beginne zu verstehen, aber das gefällt mir alles nicht.«
Nick entließ den Mann und ging zurück zum Marsianer, der ein weiteres Bauteil inspizierte. Er beugte sich zu ihm, sodass die Umstehenden ihn nicht hören konnten.
»Lass die beiden Spezialisten alleine weiter nach der Störungsursache suchen, Xutl. Ich muss mit dir sprechen.«
Der Marsianer sah ihn verblüfft und ernst zugleich an und gab Warren ein paar Anweisungen, bevor er sich Nick anschloss.
»Wir gehen in meine Kabine«, meinte der Weltraumfahrer und winkte Tom Brucks zu sich. »Komm du bitte auch mit.«
»Was ist los?«, fragte der Biologe, der sich die Zeit in der Zentrale vertrieb. »Du machst ein Gesicht wie zehn Tage Regenwetter.«
Nick erwiderte nichts darauf, sondern verließ die Brücke und ging zu seiner Kabine.
Als sich die Tür hinter ihm geschlossen hatte, trat er an die Kontrollkonsole und drückte mehrere Knöpfe.
»Was machst du da, Nick?«, fragte Xutl.
»Ich schalte alle Möglichkeiten aus, dass unser Gespräch belauscht werden könnte«, antwortete der Weltraumfahrer.
»Wie?«, entfuhr es Tom Brucks. »Ich verstehe nicht …?«
Nick drehte sich zu seinen beiden Freunden um. Zwischen seinen Augen hatte sich eine tiefe Falte gebildet.
»Es ist etwas geschehen, das mich vermuten lässt, dass wir jemanden an Bord haben, der … nun, sagen wir … unser Vertrauen nicht verdient.«
Xutl und Tom Brucks sahen ihn fassungslos an. Nick bat sie, Platz zu nehmen, und unterrichtete sie über den geheimnisvollen Funkspruch. Der Marsianer legte die Hand ans Kinn und hörte ihm schweigend zu.
»Das ist wirklich seltsam«, meinte Tom Brucks. »Wir …«
Nicks Kopf ruckte herum. Jemand klopfte gegen die Kabinentür. Er warf seinen Freunden einen schnellen Blick zu und erhob sich, um die Tür zu öffnen.