Kitabı oku: «Klaus», sayfa 2

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Es half nichts, mir wurde schmerzlich bewusst, dass man mich alleine zurückgelassen hatte. Und wenn sie nicht wiederkommen würden? Wenn Kai mich vergisst, genauso wie Heike mich vergessen hatte? Ich bekam Bauchschmerzen. Mein Herz raste. Angst machte sich über meinen Körper her. Ich musste mich zu erkennen geben. Ich sprang von der hinteren Bank nach vorne und wetzte meine Krallen. Dabei löste ich ungewollt die Warnblinkanlage aus.

Doch niemand wurde auf mich aufmerksam.

Vielleicht half noch lauteres bellen und noch mehr kratzen!?

Oh Gott, die kommen nicht zurück.

Wie lange saß ich hier schon alleine fest? Stunden? Ich war außer Atem, meine Zunge war ganz ausgetrocknet. Ich konnte nicht mehr hinaussehen … war ich blind? Oh nein, ich war blind! Diese spontane Einsamkeits-Erblindung, von der ich schon gehört hatte und die mich jetzt traf. Ich hatte Angst. War nur komisch, dass ich alles andere erkennen konnte – alles andere im Inneren des Wagens. Ich konnte dieses runde Dreh-Ding da vorne sehen (das Steuerrad), womit Kai das Auto und uns fast ins Verderben gesteuert hatte, die Sitze, das Dach … nur die Fenster waren blind.

Ich hörte Stimmen. Es war Herrchen, der meinen Namen rief. Hörte sich aggressiv an. Was sage ich ihm, dass die Sitze jetzt auch noch kaputt waren? Ich hatte sie kaputt gemacht – unbewusst. Vielleicht tue ich einfach so, als würde ich schlafen. Gute Idee. Schnell sprang ich auf den Rücksitz zurück, rollte mich zusammen und machte keinen Mucks.

Herrchen war sauer. Verstand ich gar nicht, ich war doch hier – ich lebte noch. Ich war nicht erstickt, nicht verhungert und dieses Mal hatte ich auch nicht gepupst. Anstatt darüber froh zu sein, guckte er mich noch nicht einmal an. Auch Gunnar ignorierte mich.

Aus Strafe fuhren wir nicht nach Hause. Wir blieben in dieser trostlosen Gegend und gingen gemeinsam mit Gunnar in ein Haus, das sich Hotel nannte. Zuerst hatte ich die Vermutung, Kai würde mich abschieben. Doch dann realisierte ich, dass hier Menschen schliefen, die kein eigenes Bett hatten oder mal alleine sein wollten. Wir blieben hier vor Ort, um weitere Verhöre durchzuführen. Die Fragen, ob Unfall oder Vorsatz mussten geklärt werden.

Hier im Hotel wurde scheinbar gerade umgebaut. Es roch nach frischem Holz und Farbe. Ich musste niesen. Die Chefin vom Ganzen stellte mir eine Schüssel mit Wasser hin. Richtig nett war die. Wenigstens eine kümmerte sich um mich.

Bevor ich ein wenig ruhen konnte, um mich von dem ereignisreichen Tag zu entspannen, fuhr Kai mit mir schon wieder los. Selbstverständlich hätte er mich auch bei Gunnar im Hotel lassen können, aber der litt seit der Kindheit an einer Fell-Phobie. Wenn ich ihn im Büro ein bisschen ärgern wollte, strich ich langsam an seinem Bein entlang und schupperte mich daran wie eine Katze. Wau … das war lustig, wenn er angeekelt aufsprang.

Nach kurzer Fahrtzeit erreichten wir einen merkwürdigen Platz, an dem es nach Benzin und Petroleum stank. Auch andere Wagen standen dort herum, die noch kaputter waren, als Kais Auto. Was wollte er mit mir hier? Würde er meine Strafe ausweiten? An diesem Gott verlassenen Ort zurücklassen?

Ich konnte mich beruhigen – unser Auto sollte hier repariert werden. Ich konnte mir allerdings nicht vorstellen, dass da noch was zu machen wäre. Kai sprach mit einem Mann, der sehr bedrückt und blass wirkte, als er sich unserem Wagen näherte. Der sagte nichts mehr, der guckte nur noch. Der Außenspiegel auf der Fahrerseite fiel in dem Moment ab, als Kai die Autotür öffnete, um ihm den Innenraum zu zeigen. Bei dem Anblick strauchelte der Mann etwas.

»Wildunfall.« erklärte ihm Kai.

»Auch drinnen?«

»Jepp.«

»Und was soll ich jetzt mit der Karre machen? Schrottpresse?«

»Ausbeulen und innen kleben.«

Mit der Hand strich sich der Mann erst über seine Stirn, danach kratzte er sich ausgiebig am Kopf. Entweder er verstand nichts von dem, was Kai ihm auftrug oder er hatte Flöhe.

Und da weiß ich, wovon ich belle, die hatte ich nämlich auch mal. Das zwickte ganz fies und ich scheuerte mir fast das Fell weg. Mit einem speziellen Shampoo vom Tierarzt gingen die dann weg. Sollte der Mann auch mal ausprobieren.

Kai ließ unsere Karre dort zurück. Doch wie sollten wir jetzt zurück zum Hotel kommen? Wir gingen zu Fuß. Ein letztes Mal hob mich Herrchen hoch und zeigte mir zur Erinnerung noch einmal den zerfetzten Innenraum. Ich winselte – ich hatte verstanden.

Neben meinem Kai den Fußweg entlang zu trippeln war sehr schön. Ich war gerne in Kais Nähe. Wir waren Freunde – ein tolles Team, auch wenn er unser Leben auf´ s Spiel gesetzt hatte.

Unkraut drängte sich zwischen den Wegplatten hindurch. Kleine Käfer krabbelten umher. Doch mir blieb keine Zeit, dem näher nachzugehen, denn während Kai einen Schritt machte, brauchte ich vier. Ich freute mich des Lebens. Ab und zu schaute ich zu meinem Herrchen hoch und hechelte laut, damit er mich bemerkte. Tat er auch, manchmal. Dann schaute er zu mir hinunter und lächelte mich an. Ob er mir das mit dem Auto schon verziehen hatte?

Wir bogen um eine Hausecke und plötzlich duftete es verführerisch. Ich trippelte jetzt schneller voran und zog an der Leine. Natürlich war ich neugierig, was sich hinter dem Geruch verbergen würde.

Ich schnüffelte, hatte die Nase ganz nah am Boden. Das Grünzeug zwischen den Gehwegplatten war es nicht. Ein vorbeikrabbelnder Käfer auch nicht. Der Laternenpfahl ebenfalls nicht, da roch es nur nach Schäferhund und Dackel. Der Wind wirbelte einige Blätter direkt an meinem Gesicht vorbei. Ich versuchte sie mit meiner Pfote zu stoppen. Dabei blieb eines davon auf meiner Nase kleben. Ich wollte dieses blöde Blatt abstreifen, doch das war gar nicht so einfach. Ich musste niesen und dabei flog es von alleine weg.

Jetzt kamen wir geruchstechnisch der Sache schon näher. Ein Schwall verschiedener, leckerer Düfte umkreiste mich. Es war fast wie eine Droge. (Kenntnis natürlich nur durch Überlieferung.) Ich hatte meinen Kopf angehoben und schnüffelte in der Luft über mir. Kai blieb plötzlich vor einem Laden stehen und band mich an einem Haken an der Hauswand fest. Nun ging er – ohne mich – durch eine Tür aus Glas. Beim Öffnen dieser Tür wäre ich fast kollabiert. Ganz wundervolle Gerüche entwichen aus dem Geschäft und waberten unter meiner Nase vorbei. Eine Überreizung meiner sensiblen Flimmerhärchen hatte begonnen. Die nahmen alles an Informationen auf, die sie bekommen konnten und leiteten diese an mein Gehirn weiter. Nun wurden alle meine Sinne geschärft. Mein gesamter Speichel floss mittig in der Schnauze zusammen und sammelte sich auf meiner Zunge. Kai sagte im Hineingehen noch etwas von einem Laden der Tante Emma. Ich wusste gar nicht, dass er hier Verwandtschaft hatte. Schön für ihn. Ich wollte auch so gerne mit hinein, aber an der Tür war unmissverständlich ein Schild mit einem durchgestrichenen Hund zu erkennen. Inzwischen wusste ich, was das bedeutete. Eine ganze Hundenation wurde ausgesperrt. Aber so sind die Menschen – egoistisch.

Ich war so aufgeregt, dass ich die Wand anspritzte. Mein Speichel floss, simultan zum Pieseln, von meiner hechelnden Zunge, aus meiner Schnauze direkt auf die Gehwegplatten. Es hatte sich schon eine kleine Pfütze unter meinen Pfoten gesammelt. Kurze Zeit später öffnete sich die Tür zum Paradies und Kai kam mit einer großen Tüte wieder heraus. Er atmete tief ein, pustete fest wieder aus und lächelte sogar. Ihm ging es scheinbar gut. Er roch nach Wurst, Käse und Brot. Mein Schwänzchen führte ein Eigenleben. Es wedelte in einer Tour. Ich hüpfte vor Kai herum, sprang ihn an und winselte. In diesem Moment kam seine Tante Emma aus dem Laden und rief mir ganz laut verschiedene Vokale entgegen, als sie mich sah. Zusätzlich quiekte sie vor Entzücken (was ich sehr gut verstehen konnte, ich war ja auch ein Süßer). Sie bückte sich zu mir hinunter, kraulte mit einer Hand meinen Kopf und mit der anderen hielt sie mir tatsächlich ein Würstchen unter die Schnauze. »Hier, möchtest du?« fragte sie mich und während ich kurz überlegte, ob das eine Fangfrage sein sollte, biss ich zu. Man soll eben nicht zu lange nachdenken. Ich kann nicht beschreiben, wie herrlich das war. Ich schwebte in Gedanken, mit meiner Wurst, auf einer Wolke gen Himmel und schlug einen Purzelbaum … und noch einen. Was für ein Genuss. Hoffentlich sollte das für heute nicht mein einziges Fressen bleiben. Doch so schnell ich mental aufgestiegen war, so schnell landete ich wieder im Jetzt.

Kai trug die Tüte mit den Leckereien knapp über meiner Schnauze spazieren und ich tänzelte direkt darunter neben ihm her. Vielleicht würde er etwas fallen lassen. Beinahe wäre ich gestolpert, weil ich kurz mal nicht auf den Weg geschaut hatte. Im Hotel angekommen, ließ ich die Tüte nicht aus den Augen. Kai stellte sie auf dem Bett ab und die Bescherung begann. Gunnar bekam etwas, Kai hatte sich schon auf dem Weg ins Hotel bedient und nahm sich noch mehr. Kein Wunder, dass sein Bauch immer dicker wurde. Und ich? Ich sollte das Vergnügen von Hundefutter in Dose mit Geflügelgeschmack haben. Na toll.

Kai und Gunnar mussten sich im Hotel ein Bett teilen. Aber auch für mich war die Nacht schrecklich. Kai schnarchte die ganze Zeit und Gunnar trommelte mit seinen Fingern im Takt auf der Bettkante herum. Am nächsten Morgen beschwerte er sich darüber, dass auch ich geschnarcht hätte. So ein Quatsch! Mit meiner kleinen flachen Schnauze kann ich gar nicht schnarchen. Außerdem hätte ich das ja wohl gemerkt. Hier zum Beweis im Profil – flache Schnauze – süß, nicht wahr!? Wenn ich überhaupt Geräusche machen würde, wäre das eher so ein … schnurren.

Nicht nur in meiner Blase war eine allgemeine Anspannung zu fühlen.

Wir alle hatten schlecht geschlafen. Ich ganz besonders, mein Magen hatte die halbe Nacht geknurrt.

Nach einem kurzen Pinkeln und einem minimalistischen Frühstück ging es zur hiesigen Wache. Eine unauffällige, heruntergekommene Klitsche war das. Hier residierte Polizeimeister Dirk Schwartz.

Der kam aus dem Dorf und kannte jeden persönlich.

Zu jedem Bürger, der am Tatort angetroffen wurde, konnte PM Schwartz genaue Angaben über Persönlichkeit, Beruf, Gehalt und soziale Kompetenz machen.

Immer mehr Menschen tauchten in der Wache auf und mussten ihre Beobachtungen zu Protokoll geben und ein Alibi nachweisen. Schließlich musste der Tod der Frau lückenlos aufgeklärt werden. Den Ablauf solcher Befragungen hatte ich schon mehrfach in anderen Fällen mitbekommen. Oftmals fuhr jemand direkt danach in Handschellen mit uns ins Präsidium und kehrte nicht zurück.

Wiedermal musste ich draußen warten. Es nieselte ein wenig. Mein Fell wurde nass und ich müffelte wie ein räudiger Kater. Ich musste mich plötzlich hinter dem linken Ohr kratzen. Hoffentlich waren die Flöhe nicht zurückgekommen und hoffentlich hatten wir noch etwas von dem Shampoo.

Drinnen in der Wache wurde es laut, alle riefen durcheinander. Am lautesten war ein Typ mit tiefer Stimme, der wohl der oberste Chef im Dorf war, der Bürgermeister. Danach ertönte ein schriller und ohrenbetäubender Lärm – hörte sich an wie eine Trillerpfeife. Selbst ich wurde kurz taub. Menschen waren schon komisch. Die stritten sich und hatten immer noch Zeit für Späßchen. Es marschierte plötzlich ein Mann an mir vorbei und betrat die Wache. Ich erkannte den – ich sage mal – ›Unfallfahrer‹ sofort wieder, der nach der Tat ins Krankenhaus gebracht und dort eine Nacht beobachtet wurde. Kaum war er hineingegangen, ging das Krakeelen weiter und wieder ertönte die Pfeife. Es hatte etwas von Welpen-Schule. Als Kai und Gunnar wenig später die Wache wieder verließen, ahnte ich bereits, dass es Probleme geben würde. Das war an ihren Gesichtern abzulesen. Ich bin eben ein sensibler Hund.

Auf dem Weg zurück ins Hotel fiel mein Blick unverbindlich auf Kais Füße. Ich bemerkte, dass er zwei verschiedene Socken trug – blau und braun. Ging es jetzt schon los? Hatte der geistige Verfall begonnen? Ich könnte ihn nicht pflegen, wenn es soweit wäre. Ich konnte keine Türen öffnen (Haustür, Kühlschrank), kein Telefon bedienen … kein Auto fahren.

Instinktiv schaute ich hinunter auf meine Pfoten und entdeckte angetrockneten dunklen Matsch auf denen Blätter hafteten. Ich schüttelte abwechselnd die Beine aus, aber Schmutz und Blätter saßen fest. Überhaupt hatte mein Äußeres Schaden genommen.

Ich sah ungepflegt aus und meine Pfoten hinterließen schwarze Abdrücke auf dem Gehweg. Wenn es ganz schlimm kommen würde, müsste ich heute Abend noch baden. Ich hoffte, dass Kai die schwarze Spur, die ich hinterließ, nicht bemerken würde. Deswegen versuchte ich, mich mehr auf den Zehenspitzen fortzubewegen und tänzelte dadurch unnatürlich neben ihm her. Es war sehr schwierig, nicht mit den ganzen Ballen aufzusetzen.


Da mein Kai aber nicht doof war, bemerkte er meine anormale Körperhaltung und meine hüpfende Vierfußtechnik. Er hielt inne und schaute zu mir hinunter.

»Was ist los? Hast du dir was in die Pfoten gedrückt? Lass mal sehen.«

Er beugte sich zu mir hinunter, untersuchte abwechselnd meine Pfoten und saute sich dabei ein. Na toll. Es ist alles gut, bellte ich, lass uns einfach weitergehen.

»Wo hast du dich denn so eingesaut!?«

Wieso müssen die Menschen allem immer auf den Grund gehen. Kai wischte sich den Schmutz an seiner Hose ab – und in meinem Fell. Hallo!? Geht´s noch? bellte ich.

Ich tänzelte, ich steppte, in der Hoffnung, der Dreck würde sich abschütteln lassen, bis wir ins Hotel zurückkehrten.

Es war erniedrigend. Hier stand ich nun in der Wanne, mit Schaum auf dem Kopf und roch nach Veilchen. Die Hotelchefin hatte Kai mit Shampoo versorgt, als sie uns kommen sah.

Eigentlich eher, als sie mich kommen sah. Die Badewanne war so gut mit Wasser gefüllt, dass mein Körper schon etwas Auftrieb bekam. Dabei waren nur meine Pfoten schmutzig gewesen. Ein nasser Lappen hätte auch gereicht. Ein an Wasser mehr und ich hätte schwimmen müssen. Folter war das. Was käme als nächstes? Waterboarding?

Am Abend holten wir das Auto aus der Werkstatt ab. Gott sei Dank, denn ich hatte keine Lust mehr zu Fuß zu laufen. Die Karosserie wurde notdürftig ausgebeult und die vordere Stoßstange hielt das ganze Auto zusammen. Der Innenraum war zugeklebt. Plastikfolie lag über den Sitzen. Ganz tolldas hatte es ja gebracht. Hoffentlich musste Kai für diese stümperhafte Arbeit nicht noch bezahlen. Also, ich hätte mich geweigert.

Endlich konnten wir aus dem Hotel auschecken und nach Hause fahren – pünktlich zum Müll-Abhol-Tag.

Wesenstest

Freuen sie sich auch immer so, wenn die Müllmänner kommen? Ich schon.

Die rochen so gut und sahen in ihren knallig-leuchtenden Anzügen lustig aus. Ich kriegte mich gar nicht wieder ein. Das wäre auch ein Job für mich gewesen, wenn ich nicht schon im Polizeidienst tätig und mit verantwortungsvollen Dingen betraut wäre. Auch der Briefträger war mein Freund, glaube ich. Regelmäßig sprang ich an ihm hoch und half beim Austragen. Auch die kleinen Menschen-Welpen auf der Straße – die heißen wohl Kinder – sprang ich manchmal an. Es löste sich auch schon mal ein Knurren, aber nur weil ich mich so freute.

Kai wollte nicht, dass ich das tat, er war jedes Mal böse mit mir. Mit den Worten:

»Der beißt nicht, der will nur spielen.« versuchte er die Sache wegzulächeln. Er stand mental und menschlich nicht mehr hinter mir. Und als ob das noch nicht schlimm genug gewesen wäre, schleppte er mich zu einem so genannten Wesenstest. Eine Erklärung für diejenigen, die das nicht kennen: hier musste geklärt werden, ob ich weiterhin am Straßenverkehr teilnehmen durfte oder sofort eingeschläfert werden musste.

Für Menschen wäre so ein Test manchmal auch sinnvoll, finde ich.

Wir bekamen Post. Die Mitteilung über die Regeln dieses Tests war gekommen. Ich habe sofort gewusst, dass es um mich ging. Kai las den Wisch und schüttelte mit dem Kopf, während er zu mir herunter schaute. Aber das war nicht etwa so ein normales Schauen – nein – das war ein verächtliches Schauen, so von oben herab. Traute er mir das etwa nicht zu. Dem werde ich´ s schon zeigen.

Ein paar Tage später und höchst motiviert – meinerseits – zogen wir los. Kai war eher lustlos. Der soll sich mal bloß nicht so anstellen. Schließlich machte ich den Test, nicht er.

Mal sehen, was die von mir wollen, dachte ich.

Wir standen mit anderen meiner entfernten Verwandten auf irgendeiner Wiese herum und warteten. »Lasst die Spiele beginnen!« rief ein Mann im Hintergrund.

Ein Mensch näherte sich nun, blieb vor mir stehen und starrte mich an. Ich wusste nicht, was der Quatsch sollte, also habe ich einfach mitgespielt und zurück gestarrt. Jetzt wurde ich festgebunden und derselbe Hirni, der mich eben anstarrte, lief ganz nah an mir vorbei. Fast hätte ich geknurrt. Der roch so komisch. Als der mir auch noch seine Hand entgegenstreckte, hätte ich am liebsten zugebissen, obwohl ich ein eher freundliches Gemüt habe. Seine Hand roch unangenehm nach Fisch. An diesem Tag waren ganz merkwürdige Leute unterwegs. Einige stanken nach Alkohol, bedrohten mich und schrien mich an. Einfach aus dem nichts heraus, ich hatte gar nichts gemacht. Ein weiterer Mann lief ganz schnell an mir vorbei, dann kam auch noch en Fahrradfahrer.

Richtig gefährlich war das. Menschen sind so dermaßen unvernünftig. Doch als jemand leichtsinnig mit Feuer spielte und einen Stock gegen mich erhob, war Schluss! Ich mach ja viel Scheiß mit, aber nicht jeden. Ich musste etwas unternehmen, bevor noch Menschen zu Schaden kämen. Wenn Kai schon nichts dagegen tat und nur blöd in der Gegend herumstand, dann musste ich eben die Welt retten. Schließlich war Gefahr in Verzug.

Ich griff an – alle – den Stock hab ich zuerst zerlegt. Ich war mächtig stolz auf mich, hatte ich doch alle Menschen und die anderen Hunde auf der Wiese gerettet. Doch anstatt sich zu freuen und mir zu danken, war Kai sauer, die anderen auch.

Insgesamt war das ein Scheiß Tag.

Aber dessen nicht genug – einige Tage später warf uns der Paketbote aus fünf Metern

Entfernung eine Lieferung vor die Haustür. Ich bedankte mich, indem ich ganz viel bellte.

Ich liebte Postboten. Kai öffnete das Päckchen. Der Inhalt sah kompliziert aus.

Vergitterte Fenster kannte ich schon, aber dass man auch Hundeschnauzen vergittern konnte, war mir neu. Und genau das geschah mit mir. Kai stülpte mir eine Zwangsjacke über den Kopf. Ich konnte nicht mehr richtig hecheln, außerdem kratzte die so. Ich weiß nicht, wie es ihnen gehen würde, aber damit kann man ja nur aggressiv werden.

Das war jetzt also die Quintessenz der lustigen, aber auch gefährlichen Spiele auf der Wiese.

Einsatz

Ich lag ganz gemütlich unter Kais Schreibtisch und döste. In einigen Minuten war Feierabend, das wusste ich. Mit der Zeit hat man das einfach im Urin. Ich streckte mich und machte schon mal mein Bett, indem ich meine Decke unter dem Schreibtisch zusammenrollte. Alle waren schon in Aufbruchsstimmung. Ein Anruf kam rein und ich ahnte, dass es wichtig war. Kai und Gunnar mussten scheinbar nochmal raus. Feierabend war gestrichen, Essen musste warten. Ich konnte von Glück sagen, dass ich wenigstens die Möglichkeit zum pieseln bekam. Am Kofferraum wollte mir Kai wieder diesen Korb über die Schnauze stülpen. Doch dieses Mal wollte ich mich dagegen wehren und ruderte wie wild mit den Pfoten. Ihr kriegt mich nicht! winselte ich. Leider war Herrchen stärker. Er nahm mich in den Schwitzkasten und wendete sogar den Polizeigriff an. Diese Zwangsverhaftung hatte ich bei einer der letzten Einsätze beobachtet. Das Anlegen war fast genauso schlimm, wie gegen den Strich bürsten.

Ich wurde also wie ein Krimineller behandelt. Was hatte ich in der Vergangenheit nur getan, dass ich so bestraft wurde. Normalerweise hätte man mich feiern müssen – ich war doch ein Held. Mehrfach rettete ich den Menschen das Leben, während Kai nur herumstand und die Grashalme zählte.

Irgendwo im Nirgendwo, im Dunkeln und in dichtem Nebel stiegen wir alle gemeinsam aus. Während Kai wie ein Leuchtturm aus der Brühe herausragte, wurde ich zeitweise komplett verschluckt. Dann konnte man nur noch die Leine verfolgen, die ins Nichts führte. Richtig spooky war das.

Hier standen wir, schon wieder in diesem Tottenbüttel, indem die Kriminalitätsrate sprunghaft angestiegen war. Normalerweise kam es im Dorf nur zu kleineren Delikten wie, Kuhnapping oder Prügelei zwischen Eheleuten oder Betrunkenen – oder betrunkenen Eheleuten.

Entweder war der Auslöser das Wetter, der Schattenschlag der Windkrafträder oder zu viel Strahlung aus dem Atomkraftwerk in der Nähe. Zu viel Plutonium soll ja ungesund sein, erzählte man sich auf der Straße.

Ein großer Bauernhof und eine Scheune tauchten schemenhaft aus dem Nebel auf.

Nur in der Scheune brannte Neonlicht. War es Zufall, dass es sich um denselben Bauernhof handelte, auf dem wir die tote Frau und das Fahrrad vor ein paar Tagen aus dem Dreck zogen?

Während Gunnar schon mal zum Tatort hinüberging, zog ich Kai an der Leine hinter mir her. Mein Körper und ich waren von den Strapazen der Zwangsanlegung des Maulkorbes gezeichnet und mein Darm nötigte mich zu einer Komplettentleerung. Ich schnupperte mir einen perfekten Ort aus, das dauerte ein wenig, wollte nicht den nächstbesten Platz nehmen und drückte … und drückte. Ich konnte es nicht stoppen. Den ganzen Tag über hatte sich ein ganz schöner Haufen angesammelt. Jetzt fing Kai auch noch an zu pfeifen. Mein Gott, der würde noch alle Aufmerksamkeit auf mich lenken. So war es dann auch. Die Anwesenden starrten zu mir hinüber und beobachteten mich beim Kacken. Mein Gott, so interessant ist das hier auch nicht, dachte ich, geht doch einfach auf meine Webseite: exkremente.de. Ich teile gerne mit euch meine niederen Bedürfnisse mit täglich wechselnden Einträgen über Menge, Farbe, Qualität etc. Es war zum Verrücktwerden – die Menschen vor Ort schauten immer noch. Ich fühlte mich unwohl. Es war mir peinlich. Herrchen schien nichts peinlich zu sein, er pfiff fröhlich weiter.

Nachdem ich nun ungefähr zwei Kilo leichter war, lief ich mopsfidel zu den anderen hinüber. Kai folgte auf Abstand.

Nun musste ich mir erstmal einen Überblick verschaffen. Ich winselte: Was haben wir?

Hier in der Feldmark war wieder ein schreckliches Unglück geschehen.

Eine weitere Friseurin hatte Kamm und Schere abgegeben. War jemand unzufrieden mit der letzten Frisur? Haare verschnitten, falsche Färbung?

Friseurinnen lebten heutzutage scheinbar ziemlich gefährlich. Also, hier wenigstens.

Ich kann nur für mich sprechen, aber wenn jemand mein lange gezüchtetes Fell abrasieren oder vielleicht pink färben würde, wäre auch ich fähig, einen Mord zu begehen.

Der Typ im Blaumann, der scheinbar für den Unfall verantwortlich war, saß auf dem matschigen Boden neben dem Tatwerkzeug – schon wieder ein Trecker – und weinte. Meiner Meinung nach sollte der sich mal zusammenreißen, immerhin war die Frau schlimmer dran – die war nämlich tot. Wieder einmal waren der Pastor/Bestsatter und ein Mann namens Kalle als erste am Tatort. Ich weiß nicht warum, aber für mich waren beide äußerst verdächtig. Irgendetwas stimmte hier ganz und gar nicht.

Der Weinende im Overall wurde verhaftet. Es handelte sich doch tatsächlich um den Bürgermeister. Er hatte wohl diese Frau aus Versehen über den Haufen gefahren. Wer´ s glaubt!? Es war wohl eine Verwechslung. Es sollte also jemand anderes sterben? Na toll.

Wahrscheinlich ein Konkurrent.

Auch ein Kommunal-Politiker durfte nicht machen, was er wollte – obwohl es manchmal den Anschein hatte. Über die Haustierverordnung müsste man nochmal reden. Warum gab es keine Katzensteuer? Die streunten nachts herum, kackten auf fremde Grundstücke und fraßen regelmäßig Jungvögel weg!

Die Frau, die nicht mehr ganz so frisch aussah, musste abtransportiert werden. Ich konnte die Traktorreifen auf ihrer Jacke erkennen. Sie blutete stark. Nun kontaminierte auch noch der Täter den Tatort … er übergab sich direkt über der Toten.

Während Kai noch einige Zeugen befragte, trieb ich mich ein wenig bei der Scheune herum. Auch hier – alles voller ›Tretminen‹, denen ich im Zick Zack ausweichen musste. Im Nebel gar nicht so einfach.

Ein riesiger Holzstoß türmte sich sauber gestapelt an einer der Scheunenwände auf und allerlei Werkzeug lag auf dem Hof verstreut. Geräte, die ich vorher noch nie gesehen hatte und die mir Angst machten. Mit Zinken und Hacken und eines mit beidem zusammen.

Was man wohl damit machen konnte? (Pflügensagt meine Souffleuse!)

Plötzlich nahm ich ganz unerklärliche Geräusche wahr, die aus der hell erleuchteten Scheune zu kommen schienen. Als ich um die Ecke des großen Tores lugte, sah ich sie … die Riesentiere. Das mussten Kühe sein, dachte ich noch, als das große Muhen auch schon begann. Offensichtlich hatten sie mich bemerkt und Angst bekommen. Sie konnten ja nicht wissen, dass ich harmlos war.

Ich stellte mich ihnen sogleich vor, indem ich zweimal bellte, schon war das Theater da. Die Kühe muhten noch lauter um die Wette bis der Bauer aus dem Stall gerannt kam und mich enttarnte. Er drohte mir mit einer Mistgabel. Doch dann entdeckte er noch etwas anderes … Blaulicht, seinen kaputten Zaun, seinen Trecker auf dem Weg vor seinem Hof … und die Polizei, die den Bürgermeister gerade abführte. Blitzschnell ließ er die Mistgabel fallen und lief hinunter zur Unfallstelle. Er raufte sich das struppige Fell, jammerte und protestierte.

Das Tatwerkzeug sollte für die Kriminaltechnik abtransportiert werden. Der Bauer hatte etwas dagegen und wehrte sich vehement. Er stürzte sich auf das Gefährt und krallte sich am Lenker fest. Doch den Abtransport konnte er nicht verhindern. Zwei Polizisten lösten ihn gewaltsam von seinem Traktor. Erst die einzelnen Finger, dann der Rumpf, dann glitt ihnen der Rest von alleine in die Arme. Ich lief zurück zu Kai. Gunnar stand etwas abseits, er sah lustig aus. Sein Fell hatte Ähnlichkeit mit einem aufgeplatzten Sofakissen, nachdem ich damit fertig war.

Der Grund ist die Feuchtigkeit in der Luft (Erklärungsversuche meiner klugscheißenden Ghostwriterin).

Ich war ganz schön kaputt. Brauchte dringend meinen Schönheitsschlaf. (Das Lachen habe ich überhört.) Doch wir fuhren noch nicht nach Hause, sondern aufs Kommissariat.

Wir nahmen den Bürgermeister in unserem zusammengeflickten Schrotthaufen mit aufs Revier. Der weigerte sich zuerst, einzusteigen. Kai schlug ihm als Alternative den Fußweg vor.

Er machte bewusst einen verwirrten Eindruck. Ich würde wahrscheinlich genauso reagieren und mich als gestört geben, um dem Gefängnis zu entgehen. Ich kannte alle Tricks. Wenn einer von uns Hunden Scheiße gebaut hatte, wurde der eingeschläfert, andere Tiere wiederum wurden erschossen. Ich brauchte lange, um zu verstehen, warum die Menschen weiterleben durften. Wieder einmal bekamen sie eine Extrawurst gebraten. Ich hockte hinter dem Bürgermeister im Kofferraum und hatte ihn auf der Rückbank die ganze Zeit im Auge. Kaum waren wir im Kommissariat angekommen, zickte Hansen auch schon rum. Mit den Worten: sie wissen wohl nicht, wer ich bin, das wird ein Nachspiel haben, das ist doch Schikane, ich werde mich bei ihrem Vorgesetzten beschweren, versuchte er meine Jungs einzuschüchtern. Dabei wussten Kai und Gunnar ganz genau, wer der Mann mit dem wenigen Fell war. Schließlich hatte er dafür gesorgt, dass seine Wahlplakate hemmungslos bis in die Nachbarorte geklebt wurden. Ein ganz unangenehmer Zeitgenosse.

Sein Anwalt traf fast zeitgleich mit uns ein und übernahm ab sofort das Sprechen für den Bürgermeister. Hansen sah aber auch fertig aus … Mann Mann Mann. Nur die Tote auf dem Tisch der Rechtsmedizin sah wohl noch fertiger aus.

Wie bei Anwälten so üblich, wurde mit Tricks gearbeitet: Mein Mandant ist Bürgermeister, eine Stütze der Gesellschaft, mit festem Wohnsitz … bla bla bla. Nach einer Kautionszahlung und gewissen Auflagen konnte der Angeklagte tatsächlich gehen. Er durfte nur das Land nicht verlassen. Ich stellte mir die Frage: Ist Deutschland eigentlich ein rechtsfreier Raum? Anscheinend ist es für Menschen ziemlich schwierig, für eine Tat verhaftet zu werden.

Immer gibt es irgendwelche Auslegungen, die für den Angeklagten sprachen. Bewährung für Unzurechnungsfähigkeit, schlimme Kindheit, die erste Tat, Trunkenheit, Affekt, Unfall …

Am nächsten Tag musste Kai im Büro einige Schreibarbeiten erledigen. Alles musste ganz genau festgehalten werden. Wieso, weshalb, warum und wo ein Verbrechen geschehen war.

Von wem kam dann abschließend noch dazu. Ziemlich zeitaufwendig. Ich glaube, das waren undankbare Aufgaben, aber wichtig. Ich musste auch Sachen machen, die ich nicht mochte. Baden zum Beispiel. (Das wissen sie ja inzwischen.) Ich hasste Wasser. Gelegentlich die Füßchen in einem Flüsschen nass machen, ging noch gerade. Doch allgemeines Schwimmen oder das komplette Versenken in der Badewanne samt Badezusätzen, empfand ich als sinnlos und überschätzt. Die Badezusätze und das Shampoo rochen eklig und brannten in den Augen. Mein Fell zog sich komplett mit Wasser voll und wenn ich mich danach schütteln musste, wurde ich angeschnauzt. Angeblich machte ich das ganze Badezimmer schmutzig. Ach nee – ich dachte, nach dem Baden bin ich sauber. Die Menschen tickten doch nicht ganz richtig.

Meine beiden Jungs fuhren in die Kriminaltechnik und wollten sich nach den Ergebnissen erkundigen. War der Trecker getuned oder waren die Bremsen manipuliert. Beim ersten Trecker-Anschlag, an dem der Bauer beteiligt war, handelte es sich um kein Fremdverschulden. Die pummelige Friseurin hatte wohl die Kontrolle über ihr Fahrrad verloren und war zur Seite direkt vor das Tatwerkzeug gekippt. Sie soll nicht mehr ganz nüchtern gewesen sein. Der Bauer konnte also nichts dafür.

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