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2.1.1.5 Veränderung der Bevölkerung nach Altersgruppen 2018 bis 2060

Wie die Abbildung 14 mit den Daten der 14. Koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung zeigt, hat und wird sich die Altersstruktur der deutschen Bevölkerung im Zeitraum von 1970 bis 2060 erheblich verändern.

Abbildung 14:

Bevölkerungsentwicklung nach Altersstrukturen von 1970 bis 2060. Quelle: BPB Altersstruktur 2019

Der Anteil der unter 20-Jährigen lag 1970 bei 29,7 %, im Jahr 2017 bei 18,4 % und wird nach den aktuellen Berechnungen bis zum Jahr 2060 auf einem ähnlichen Niveau bei 18,0 % verharren. Demgegenüber wird der Anteil der über 67-Jährigen von 11,1 % im Jahr 1970 bis zum Jahr 2060 vermutlich auf 27,4 % ansteigen. Die Altersgruppe der Erwerbstätigen zwischen 20 und 67 Jahren ist von 59,2% im Jahr 1970 auf 62,5% im Jahr 2018 angestiegen und wird bis zum Jahr 2060 vermutlich auf 54,6 % zurückgehen. (vgl. Statistisches Bundesamt 2018; BPB Altersstruktur 2019).

Die Anzahl der HochaltrigenHochaltrige wird sich zukünftig auch stark erhöhen. Betrug der Anteil der Hochaltrigen im Jahr 1970 nur 1,9 % (1,2 Millionen Menschen), so stieg er bis zum Jahr 2017 auf 6,2 % (6,2 Millionen Menschen) der Bevölkerung und wird sich vermutlich bis zum Jahr 2050 auf 12,1 % (9,7 Millionen Menschen) erhöhen, um dann bis zum Jahr 2060 auf 11,3 % (8,8 Millionen Menschen) etwas zurückzugehen (vgl. BPB Altersstruktur 2019).

Insgesamt wird mit einem Bevölkerungsanstieg bis zum Jahr 2024 auf 83,7 Millionen Menschen gerechnet, der bis zum Jahr 2060 wieder auf ca. 78,2 Millionen Menschen zurückgehen wird.

2.1.1.6 Erwerbsbevölkerung

Nach der internationalen Definition umfasst die ErwerbsbevölkerungErwerbsbevölkerung alle Menschen im erwerbsfähigen Alter von 15 Jahren bis unter 75 Jahren (vgl. BIB 2019). Seit 1950 ist die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter (15 -74 Jahre) in Deutschland stetig gewachsen. Im Jahr 2005 erreichte sie ihren Höchststand mit 64 Millionen Erwerbsfähigen. In den folgenden Jahren ging die Erwerbsbevölkerung Demografie bedingt wieder zurück und belief sich im Jahr 2018 auf 62,2 Millionen Menschen (vgl. BIB 2019). Bis zum Jahr 2050 wird mit einem weiteren Rückgang der Erwerbsbevölkerung um 6,1 Millionen Personen auf 56,1 Millionen Menschen gerechnet; diese entspricht der Erwerbsbevölkerung des Jahres 1968. Dieser Rückgang wird sich vermutlich auch bei einer steigenden zukünftigen Zuwanderung nach Deutschland fortsetzen.

Neben dem absoluten Rückgang der Erwerbsbevölkerung verschieben sich auch die Anteile der Altersgruppen der Erwerbsbevölkerung in den nächsten Jahrzehnten, wie die Abbildung 15 zeigt. Besonders gravierend ist der steigende Anteil der Erwerbspersonen im Alter von 60 bis 74 Jahre, ihr Anteil wird voraussichtlich von 22% im Jahr 2018 auf 27% im Jahr 2060 deutlich zunehmen. Auch der Anteil der Erwerbstätigen zwischen 45 und 59 Jahren wird von vermutlich von 31% im Jahr 2018 auf 27% im Jahr 2060 zurückgehen. Die Erwerbsbevölkerung im Alter von 30 bis 44 Jahren nimmt vermutlich nur um 1% von 25% auf 24% bis zum Jahr 2060 ab und die junge Erwerbsbevölkerung im Alter von 15 bis 29 wird wohl bei einem Anteil von 22% an der Erwerbsbevölkerung stagnieren. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Anzahl der jungen und mittelalten Erwerbsbevölkerung faktisch abnehmen wird, da sich die Gesamtzahl der Erwerbsbevölkerung verringert. Hier müssen also zwei Effekte berücksichtigt werden: Erstens schrumpft die absolute Anzahl der Erwerbsbevölkerung in Deutschland. Zweitens nimmt der Anteil der älteren Erwerbstätigen bis zum Jahr 2030 deutlich zu, d.h. bis der geburtenstarke Baby-Boomer-Jahrgang in den Ruhestand gehen wird. In den darauffolgenden Jahren wird die Erwerbsbevölkerung insgesamt zurückgehen und zeitweise leicht jünger werden (vgl. BIB 2019).

Abbildung 15:

Erwerbsbevölkerung nach Altersgruppen 1960 bis 2050. Quelle: BIB 2019: www.demografie-portal.de/SharedDocs/Informieren/DE/ZahlenFakten/Erwerbsbevoelkerung_Altersgruppen.html. Abruf: 13.09.2020; 25.01.2021.

Die prognostizierten Veränderungen der deutschen Bevölkerungen haben vielfältige Auswirkungen auf die Gesellschaft, die Menschen und auch auf die Unternehmen.

Gesellschaftliche Auswirkungen

Wie die vorangegangene Datenanalyse belegt, befindet sich Deutschland bereits mitten im demografischen Wandeldemografischer Wandel. Heute sind 50% der deutschen Bevölkerung älter 45 Jahre und 20% der deutschen Bevölkerung sind älter als 66 Jahre (vgl. Destatis Demografischer Wandel 2020).

Diese starke Zunahme an älteren Menschen resultiert aus dem Altern der heute zahlenmäßig dominierenden mittleren Jahrgänge. Zusätzlich hat sich die Lebenserwartung der deutschen Bevölkerung erhöht, was dazu führt, dass der Anteil der Hochaltrigen, d.h. der über 80-jährigen Menschen im Jahr 2017 bei 5,2 Millionen bzw. 6.2% lag, bis zum Jahr 2050 auf 9,7 Millionen Menschen bzw. 12,1% ansteigen und im Jahr 2060 auf 8,8 Millionen Menschen bzw. 11,3% zurückgehen wird (vgl. BPB Altersstruktur 2019). Die Zahl der Menschen im Alter ab 67 Jahren wird von 19,1% im Jahr 2018 auf 27,4% im Jahr 2060 stark ansteigen. Demgegenüber wird der Anteil der unter 20-Jährigen ähnlich niedrig bleiben (2018: 18,4%, 2060: 18.0%). (vgl. BPB Altersstruktur 2019). Diese Entwicklung der AltersstrukturenAltersstrukturen bedeutet für unsere Gesellschaft mehrfache große Herausforderungen.

Sicherung des Generationenvertrages der gesetzlichen Rentenversicherung in Deutschland

Besonders betroffen von der Entwicklung der Altersstrukturen ist die gesetzliche Rentenversicherung in Deutschland. Seit 1957 finanziert sich die gesetzliche Rentenversicherung überwiegend durch ein Umlageverfahren, das auch als GenerationenvertragGenerationenvertrag bezeichnet wird. Die Renten der älteren Generationen werden durch die erwerbstätigen Generationen finanziert. Dadurch erwerben die aktuell erwerbstätigen Generationen den Anspruch, dass ihre Renten später auch von den dann erwerbstätigen Generationen getragen werden. Da die Rentenversicherung nur wenige Rücklagen bilden kann, müssen relativ zeitgleich die jeweiligen Renteneinnahmen durch die erwerbstätigen Beitragszahler der Höhe der zu leistenden Rentenzahlungen an die Rentner entsprechen. Dabei bestimmt das Verhältnis der Betragszahler zu den Rentenempfängern die finanzielle Tragfähigkeit dieses Umlageverfahrens. (vgl. Demografie-portal Altersrentner). Gerade diese Relation zwischen Beitragszahlern und Rentenbeziehern hat sich in den letzten sechzig Jahren drastisch verändert, wie die Abbildung 16 zeigt. So trugen im Jahr 1962 sechs aktiv versicherte Erwerbstätige1 die Rentenzahlungen für einen Altersrentner. Im Jahr 1973 waren es nur noch vier Erwerbstätige, die die Rentenzahlung eines Rentners finanzierten. Nur noch drei Beitragszahler mussten im Jahr 1992 die Rentenzahlungen eines Rentners tragen und im Jahr 2017 musste die Rentenzahlung für einen Rentner nur noch bei zwei Betragszahlern erbracht werden. (vgl. ebenda). Hierbei muss berücksichtigt werden, dass die Anzahl der Beitragszahler über die Jahre deutlich gestiegen ist. So betrug die Anzahl der Beitragszahler im Jahr 2017 38, 2 Millionen aktiv Versicherte. Zeitgleich ist jedoch auch die Anzahl der Rentenempfänger stark gewachsen, sie betrug im Jahr 2017 18,25 Millionen Altersrentner (vgl. Statista 2020). Wenn die geburtenstarke Generation der Baby-Boomer in den nächsten Jahren in den Ruhestand gehen wird und Renteneinkünfte bezieht, wird sich das Verhältnis von Beitragszahlern zu Rentenbeziehern noch einmal vermindern. Zusätzlich schrumpft auch die zukünftige Anzahl der beitragszahlenden Erwerbsbevölkerung, was die Beitragslast für den einzelnen Beitragszahler deutlich erhöhen wird.

Abbildung 16:

Verhältnis von Beitragszahlern zu Altersrentnern in der gesetzlichen Krankenversicherung. Quelle: www.demografie-portal.de/DE/Fakten/altersrentner-beitragszahler.html. Abbildung: www.demografie-portal.de/DE/Fakten/Bilder/altersrentner-beitragszahler.png;jsessionid=2FD5CF8DE5D6B049D2D152E2A5D0F57C.intranet661?__blob=normal&v=3. Abruf: 14.08.2020; 25.01.2021.

Die Politik arbeitet bereits seit gut zwei Jahrzehnten an verschiedenen Strategien, um das deutsche Rentensystem an die demografischen Entwicklungen anzupassen (z.B. die Einführung des demografischen Faktors Ende der 1990er Jahre unter Bundeskanzler Helmut Kohl, der Nachhaltigkeitsfaktor durch Bundeskanzler Gerhard Schröder) (vgl. Seniorenbedarf.de 2020). Dass unser RentensystemRentensystem vor gravierenden Veränderungen steht, wird in den staatlichen Förderprogrammen einer privaten Altersvorsorge („Riester-Rente“) deutlich sowie in der schrittweisen Anhebung des Renteneintrittsalters von 65 auf 67 Jahre der aktuellen Regierung unter Kanzlerin Angela Merkel sowie den aktuellen Diskussionen um eine weitere schrittweise Anhebung des Renteneintrittsalters (vgl. Hochstätter 2020; Spiegel-Ausgabe vom 14.08.2020). Neben der deutlich steigenden Anzahl der Rentenempfänger werden sich aufgrund der gestiegenen Lebenserwartung auch die Dauer der Rentenzahlungen verlängern; beides wird die Situation der sozialen Sicherungssysteme in Deutschland verschärfen. Hinzukommt als weiteres Problem die bei ca. 1,5 Geburten je Frau stagnierende Geburtenrate, die zu einer insgesamt schrumpfenden Bevölkerung und damit zu einer geringeren Anzahl an potenziellen Beitragszahlern führt, was die Entwicklung des Rentensystems zusätzlich belastet.

Steigender Betreuungs- und Pflegeaufwand

Im Jahr 2019 waren in Deutschland 4,13 Millionen Menschen pflegebedürftig (vgl. Destatis Pflege 2020). Die Entwicklung der Pflegebedürftigen in Deutschland seit dem Jahr 2000 zeigt Abbildung 17.

Abbildung 17:

Anzahl der Pflegebedürftigen in Deutschland vom Jahr 2000 bis 2019. Quelle: www.demografie-portal.de/DE/Fakten/Bilder/gross/pflegebeduerftige.png?__blob=publicationFile&v=4. Abruf: 25.01.2021.

Die steigende Anzahl der über 65-Jährigen und über 80-Jährigen erfordert zukünftig auch umfangreichere und längerfristige Betreuungs- und Pflegemaßnahmen sowie eine umfangreichere medizinische Versorgung für diejenigen, die im Alter nicht mehr alleine zurechtkommen oder krank werden. Dies führt u.a. zu steigenden Kosten, die trotz der schon heute steigenden Beiträge zur Pflege- und Krankenversicherung zukünftig durch das Sozialversicherungssystem nur bedingt getragen werden können. Darüber hinaus werden große Belastungen für die Generationen der Erwerbstätigen entstehen, die zu einem wesentlichen Anteil die Betreuung und Pflege ihrer Eltern übernehmen muss, gleichzeitig aber noch im Beruf steht und zum Teil selbst noch betreuungsbedürftige Kinder hat. So betrug der Anteil der Pflegebedürftigen, die im Jahr 2019 zu Hause überwiegend von Angehörigen betreut wurden, 56% (vgl. Abbildung 18). Zusätzlich wurden 24% der Pflegebedürftigen wurden zu Hause durch ambulante Pflege- und Betreuungsdienste versorgt. (vgl. Destatis Pflege 2020).

Abbildung 18:

Pflegebedürftige nach Versorgungsart im Jahr 2019. Quelle: www.demografie-portal.de/DE/Fakten/Bilder/gross/pflegebeduerftige-versorgung.png?__blob=publicationFile&v=4 Abruf: 25.01.2021.

Für diese sog. Sandwich-GenerationSandwich-Generation werden dadurch soziale, finanzielle und zeitliche Probleme stark zunehmen, die den Ausgleich zwischen den verschiedenen Arbeits- und Lebensbereichen erschweren. Hier wird die Relevanz wirksamer Work-Life-Balance-Maßnahmen besonders deutlich.

Schrumpfung und Alterung der Erwerbsbevölkerung

Im Zuge des demografischen Wandels schrumpft und altert auch das ErwerbspersonenpotenzialErwerbspersonenpotenzial deutlich. So reduziert sich die Anzahl der Personen im erwerbsfähigen Alter (20-Jährige bis unter 65-Jährige) von 62,2 Millionen Menschen im Jahr 2018 auf vermutlich 56,1 Millionen Erwerbstätige im Jahr 2050 (vgl. BIB 2019: Demografie-porteal.de Erwerbsbevölkerung). Parallel zur Schrumpfung nimmt der Anteil der Jüngeren im Erwerbsalter ab und die Anteile der Mittelalten und Älteren im Erwerbsalter nehmen zu. Dabei sind in den verschiedenen Altersgruppen des ErwerbspersonenpotenzialsAltersgruppen des Erwerbspersonenpotenzials unterschiedliche Veränderungen absehbar (vgl. Abbildung 15).

Für die Unternehmen bedeutet dies, dass der Anteil der älteren ErwerbstätigenAnteil der älteren Erwerbstätigen in den Belegschaften zukünftig ansteigen wird. So waren im Jahr 2018 25% der Mitarbeiter zwischen 30 Jahren und 44 Jahren alt, 31% der Mitarbeiter zwischen 45 Jahren und 59 Jahren und 22% der Mitarbeiter zwischen 60 und 74 Jahren alt. Bis zum Jahr 2050 wird sich die Altersstruktur der Erwerbstätigen vermutlich derart verschieben, dass der Anteil der jungen Mitarbeiter zwischen 15 Jahren und 29 Jahren bei 22% stagniert, der Anteil der 30-Jährigen bis 44-Jährigen auf 24% sinkt und auch der Anteil der 45-Jährigen bis 59-Jährigen auf 27% zurückgeht. Demgegenüber wird sich der Anteil der 60-Jährigen bis 74-Jährigen auf 27% erhöhen (vgl. Abbildung 15; vgl. BIB 2019: Demografie-portal: Erwerbsbevölkerung).

Die Unternehmen müssen also zukünftig mit insgesamt älteren Belegschaften genauso leistungs- und wettbewerbsfähig sein, wie heute mit ihren jüngeren Mitarbeitern. Das wird nicht einfach, zumal noch nicht absehbar ist, ob mit einer älter werdenden Belegschaft auch die Kosten für Krankheit und Fehlzeiten ansteigen werden. Zwar werden ältere Mitarbeiter nicht häufiger krank als ihre jüngeren Kollegen, allerdings brauchen die Älteren im Durchschnitt mehr Zeit, bis sie wieder arbeitsfähig sind (vgl. Moschhäuser 2001, S. 27 f.). Früher wurden ältere Mitarbeiter häufiger weit vor Eintritt in das Rentenalter (65 Jahre) in die Altersteilzeit oder den Vorruhestand geschickt. Heute und in Zukunft werden sich die Unternehmen diese vorzeitige Trennung von älteren Mitarbeitern aufgrund des schrumpfenden Erwerbspersonenpotenzials nicht mehr leisten können. Vielmehr gilt es, die Qualifikationen und Fähigkeiten der älteren Mitarbeitenden weiter zu entwickeln und ihr erfahrungsorientiertes und unternehmensspezifisches Wissen möglichst lange zu nutzen. Viele Unternehmen unterschätzen immer noch die Gefahr des WissensverlustesWissensverlust, die aus dem baldigen (ca. ab 2020) Austritt der geburtenstarken Jahrgänge aus dem Arbeitsleben für die Unternehmen entstehen können, sofern nicht geeignete Strategien der Wissensbewahrung in den Unternehmen entwickelt und eingesetzt werden (vgl. Kirschten 2010).

Für die Unternehmen besteht hier ein großer Handlungsbedarf, um ihre älter werdenden Belegschaften leistungsfähig, gesund und motiviert zu halten (z.B. durch altersgerechter Arbeitsplätze und Aufgabenbereiche, ein betriebliches Gesundheitsmanagement und Qualifikationsangebote). Work-Life-Balance Maßnahmen gewinnen in diesem Zusammenhang stark an Bedeutung, zumal die beruflichen Anforderungen an die Beschäftigten und ihre Arbeitsbelastungen im Beruf zukünftig durch die Verbreitung digitaler Technologien in den Unternehmen noch steigen werden. Darüber hinaus werden die Beschäftigten zukünftiger länger arbeiten müssen, schon heute ist die Erhöhung des RenteneintrittsaltersRenteneintrittsalter auf 67 Jahre beschlossen. Durch speziell auf ältere Mitarbeiter ausgerichtete Work-Life-Balance-Maßnahmen können die Unternehmen ihren älteren Mitarbeitern auch ihre Wertschätzung ausdrücken, die sich bislang häufig schwerpunktartig auf jüngere Mitarbeiter konzentriert.

Steigende Fachkräfteengpässe und Generationenvielfalt

Im Zuge des demografischen Wandels werden die jüngeren und gut ausgebildeten Nachwuchskräfte noch rarer. Dies wird den Wettbewerb um gut qualifizierte Fach- und Führungsnachwuchskräfte zusätzlich verschärfen. Hier können unternehmens- bzw. berufsbezogene Work-Life-Balance Maßnahmen u.a. geeignete Anreize bieten, um sich im Zuge des Employer BrandingEmployer Branding als attraktiver Arbeitgeber auf dem Arbeitsmarkt zu präsentieren und sich von anderen Arbeitgebern abzuheben sowie die bereits im Unternehmen beschäftigten Mitarbeitenden stärker an sich als Arbeitgeber zu binden, wofür der Aufbau eines RetentionmanagementsRetentionmanagement im Unternehmen wichtig ist (vgl. DGFP 2014).

Als weitere Herausforderung für die Unternehmen werden aufgrund des demografischen Wandels zukünftig vermehrt drei bis vier verschiedene Generationen gleichzeitig im Unternehmen arbeiten. Diese GenerationenvielfaltGenerationenvielfalt bietet Vorteile, z.B. die Nutzung und Ergänzung unterschiedlicher Fähigkeiten, Kompetenzen und Erfahrungen, birgt jedoch auch Schwierigkeiten, die durch das unterschiedliche Selbstverständnis der jeweiligen Generationen und deren Abgrenzung voneinander die Zusammenarbeit im Unternehmen erschweren können (vgl. Bruch/Kunze/Böhm 2010, S. 44). Auch hier können Work-Life-Balance Maßnahmen helfen, spezifischer auf die verschiedenen Anforderungen, Präferenzen und Bedürfnisse der jeweiligen Generationen einzugehen und so die Motivation und Leistungsfähigkeit der unterschiedlichen Generationen angehörenden Mitarbeitenden zu erhalten.

2.1.2 Gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen für ein nachhaltiges Wirtschaften

Angesichts vielfältiger nationaler und internationaler ökologischer (z.B. Klimawandel, Umweltverschmutzung, CO2-Emissionen, Erschöpfung nicht-regenerativer und regenerierbarer Ressourcen), ökonomischer (wirtschaftliche Abhängigkeitsverhältnisse, komplexe Wertschöpfungsketten, Ressourcensicherung) und sozialer (z.B. Armut, prekäre Beschäftigungsverhältnisse, nicht Existenz sicherende Entlohnung, gesundheitsschädliche Arbeitsbedingungen, Kinderarbeit, Zwangsarbeit, Chancenungleichheit) Probleme und Herausforderungen sind Unternehmen (und auch Organisationen) zunehmend gefordert, eine gesellschaftliche Verantwortunggesellschaftliche Verantwortung für die ökologischen, sozialen und ökonomischen Auswirkungen ihres Handelns zu übernehmen. Hierfür haben sich in Theorie und Praxis unterschiedliche Konzepte entwickelt; zu den viel diskutierten Konzepten gehören die Corporate Social Responsiblity, das nachhaltige Wirtschaften und das Nachhaltigkeitsmanagement. Die Konzepte werden im Folgenden näher vorgestellt.

2.1.2.1 Corporate Social Responsibility

Vorschläge zu einer gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen im Zusammenhang mit der Begrifflichkeit Corporate Social ResponsibilityCorporate Social Responsibility und im Hinblick auf ein nachhaltiges Wirtschaften gibt es schon seit ca. siebzig Jahren. Inhaltlich hat sich das Begriffsverständnis der Corporate Social Responsibility im Zeitverlauf jedoch verändert.

Die Publikation „Social Resonsibilities of the Businessmen“ von Bowen im Jahr 1953 gilt als Ursprung der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit Corporate Social Responsibility in den USA (vgl. Loew/Rohde 2013). Browen argumentiert, dass Unternehmen eine soziale Verantwortung haben, da sie gesellschaftliche Rechte in Anspruch nehmen und daher auch die Erwartungen und Werte der Gesellschaft berücksichtigen müssen (vgl. Loew/Rohde 2013, S. 8).

In den 1960er Jahren entstand eine intensivere Diskussion zum Thema Corporate Social Responsibility, die verschiedene Sichtweisen und Begriffsabgrenzungen zur CSR hervorbrachte. Beispielsweise wurde zu Beginn der 1960er Jahre noch die Verantwortung der Manager hervorgehoben. Demgegenüber vertrat Davis (1967) die Ansicht, dass die Auswirkungen des gesamten Unternehmens auf die Gesellschaft im Zentrum des Ansatzes stehen sollte (vgl. Loew / Rohde 2013, S. 8; Carroll 1999). In den folgenden Jahrzehnten prägten insbesondere Archie B. Carroll und Sandra Waddock die Diskussion und Forschung zum Thema Corporate Social Responsibility in den USA. Der Schwerpunkt des amerikanischen CSR-Ansatzes bezog sich darauf, „was Unternehmen mit dem erwirtschafteten Gewinn machen und nicht darauf wie sie den Gewinn erwirtschaften“ (Loew/Rohde 2013, S. 8). Dabei wird das CSR-Verständnis häufig durch vier Ebenen der unternehmerischen Verantwortung charakterisiert: die ökonomische, die legale, die ethische und die philanthropische Verantwortung (Carroll 1991).

Insgesamt wurde im angloamerikanischen Sprachraum unter Corporate Social Responsibility eher ein gesellschaftliches und bürgerschaftliches Engagement verstanden (vgl. Loew/Rohde 2013, S. 8). Auch wurde der englische Begriff „social“ im Deutschen eher mit „sozial“ als mit „gesellschaftlich“ übersetzt. So wurden mit dem Begriff Corporate Social Responsibility lange Zeit nur soziale Anliegen und Forderungen verbunden, jedoch keine umweltorientierten Ansprüche (vgl. Fabisch 2004, S. 30). Zusätzlich hat sich in Deutschland in den 1980er Jahren aus der Umweltschutzorientierung das Leitbild einer nachhaltigen EntwicklungLeitbild einer nachhaltigen Entwicklung entwickelt. Dies führte dazu, dass mit dem Begriff Corporate Social Responsibility eher ein soziales Engagement und mit dem Begriff der Nachhaltigkeit eher ein umweltorientiertes Handeln verbunden wurde (vgl. Fabisch 2017, S. 5).

In den folgenden Jahren erweiterte sich das inhaltliche Verständnis der Corporate Social Responsiblity: Zusätzlich zu der sozialen bzw. gesellschaftlichen Verantwortung entwickelte sich nun auch die Forderung nach einer ökologischen und ökonomischen Verantwortung der Unternehmen im Konzept der Corporate Social Responsibility. (vgl. Fabisch 2017, S. 5).

Wesentlich zur Erweiterung des Begriffsverständnisses der CSR beigetragen haben in Europa drei Initiativen: Die DIN ISO Norm 26000 von 2010 (letzte Fassung von November 2011), das EU-Grünbuch (vgl. EU-Kommission 2001) von 2001 und die EU-Strategie von 2011 bis 2014 für die soziale Verantwortung von Unternehmen (vgl. EU-Kommission 2011). In diesen Initiativen wurde neben der sozialen und gesellschaftlichen Verantwortung explizit auch die Verantwortung für die Umwelt benannt und integriert.

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