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Soziale Verantwortung
Die soziale Verantwortungsoziale Verantwortung der Unternehmen betrifft die soziale Gerechtigkeit ihres Handelns und einen verantwortungsvollen Umgang mit ihren Mitarbeitenden. Dazu gehören u.a. sozial gerechte Arbeitsbedingungen, existenzsichernde Gehälter, die Vermeidung prekärer Beschäftigungsverhältnisse, die Sicherstellung von Chancengleichheit, Work-Life-Balance Maßnahmen, der Aufbau eines Diversitymanagements und eines Gesundheitsmanagements sowie eine kontinuierliche Personalentwicklung und das Angebot von Karriereperspektiven für die Mitarbeitenden. Darüber hinaus zeigt sich die Übernahme der sozialen Verantwortung der Unternehmen auch dadurch, dass sie nicht nur unternehmensintern sozial gerechte und verträgliche Arbeitsbedingungen gewährleisten, sondern dass die Unternehmen über die gesamte Wertschöpfungskette auf sozial verträgliche und menschenwürdige Arbeitsbedingungen ihrer Lieferanten sowie ihrer Kunden (z.B. bei der Herstellung von Vorprodukten) achten. Das gilt vor allem für diejenigen Unternehmen, die arbeitsintensive Produktionsbereiche aus Kostengründen in Länder verlagern, deren Arbeitskosten deutlich geringer sind, was häufig jedoch mit unsozialen Arbeitsbedingungen verbunden ist.
In Deutschland sichern vielfältige Gesetze, Tarifvereinbarungen zwischen den Vertretern der Arbeitgeber und der Arbeitnehmenden sowie Betriebsvereinbarungen einen umfangreichen Arbeitsschutz und angemessene Arbeitsbedingungen. Dennoch bestehen auch in Deutschland teilweise noch arbeitsbezogene soziale Ungleichheiten, beispielsweise im Bereich der beruflichen und karriereorientierten Chancengleichheit sowie der gleichen Entlohnung zwischen den Geschlechtern, der Ausbreitung prekärer Beschäftigungsverhältnisse, dem Umgang mit benachteiligten Beschäftigtengruppen und dem Angebot von Entwicklungsmöglichkeiten für die Mitarbeitenden.
Daher ist die Übernahme der sozialen Verantwortung der Unternehmen für ihre Mitarbeitenden in mehrfacher Hinsicht wichtig: Sozial verträgliche Arbeitsbedingungen, die Sicherstellung der Chancengleichheit zwischen den Geschlechtern, das Angebot Existenz sichernder und sozial abgesicherter Beschäftigungsverhältnisse sind Grundvoraussetzungen für die Übernahme der sozialen Verantwortung der Unternehmen für ihre Mitarbeitenden. Die Berücksichtigung und Förderung der Vielfalt der Mitarbeitenden im Unternehmen, das Angebot von Entwicklungsmöglichkeiten für die Mitarbeitenden sowie eine mitarbeiterorientierte Führung steigern die Motivation der Mitarbeitenden für eine engagierte, kompetente und fachlich gute Aufgabenerfüllung. Die soziale Verantwortungsübernahme der Unternehmen zeigt sich auch im Angebot von Maßnahmen zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Berufsleben und Privatleben (Work-Life-Balance Maßnahmen) der Mitarbeitenden. Hier können zielgruppenbezogene Maßnahmen gemeinsam mit den Mitarbeitenden entwickelt werden, um die individuellen Bedarfe der Beschäftigten an konkreten Work-Life-Balance Maßnahmen zu identifizieren und umzusetzen. Das Spektrum möglicher Work-Life-Balance Maßnahmen ist breit und wird im sechsten Kapitel ausführlich behandelt.
Auch die Arbeitszufriedenheit der Mitarbeitenden wird durch sozial verträgliche Arbeitsbedingungen gefördert. Eine hohe Arbeitszufriedenheit der Mitarbeitenden, aber auch attraktive Entwicklungsmöglichkeiten und eine mitarbeiterorientierte Führung sind wichtig, um gerade die hoch qualifizierten Fach- und Führungskräfte, aber auch vielversprechende Talente stärker an das Unternehmen zu binden und so den eigenen Fachkräftebedarf zu sichern. Auch das eigene Arbeitgeberimage (Employer Brand) wird durch sozial verträgliche Arbeitsbedingungen gestärkt. Für die Unternehmen wird ein positives und einzigartiges Arbeitsgeberimage immer wichtiger, um ihre Position auf dem Arbeitsmarkt als attraktiver Arbeitgeber zu stärken und so bei zunehmenden Fach- und Führungskräfteengpässen ihren aktuellen und zukünftigen Bedarf an Fach- und Führungskräften zu sichern.
Die soziale Verantwortung der Unternehmen erstreckt sich auch auf die gesellschaftliche, d.h. unternehmensexternen Ebene. Auch hier können Unternehmen durch vielfältige Maßnahmen ihre soziale Verantwortung zum Ausdruck bringen und umsetzen. Dazu gehören nicht nur Spenden und Sponsoring regionaler gesellschaftlicher und kultureller Institutionen, sondern auch die Unterstützung des Gemeinwohls und ein bürgerschaftliches Engagement. Dies kann u.a. dadurch umgesetzt werden, dass Unternehmen beispielsweise in eine attraktive Infrastruktur, den Ausbau der regionalen Bildungs-, Kultur- und Freizeitangebote sowie in ein gesundheitsverträgliches und für verschiedene Zielgruppen (z.B. Familien, Singles, Ältere) attraktives Arbeits- und Wohnumfeld investieren, was sich wiederum positiv auf die Beschaffung und Bindung der erforderlichen Arbeitskräfte auswirkt. Doch auch die aktive Beteiligung an der Integration von Flüchtlingen, die Bereitstellung von Qualifizierungsangeboten gerade für gering oder gar nicht qualifizierte Arbeitssuchende und das Angebot von Ausbildungsplätzen können wichtige Maßnahmen für die unternehmensexterne Übernahme sozialer Verantwortung durch die Unternehmen sein. Auch die Förderung sozialer Organisationen und regionaler Wirtschaftsakteure können geeignete soziale Maßnahmen sein, die sowohl der regionalen Wirtschaftsentwicklung und der Stärkung sozialer Institutionen dienen, als auch den eigenen Unternehmensstandort und die Region für potenzielle Mitarbeitende attraktiver machen. (vgl. Fabisch 2017, S. 10 ff.).
Die Glaubwürdigkeit der Übernahme einer sozialen Verantwortung durch die Unternehmen erstreckt sich auch auf die Sicherstellung menschenwürdiger und sozial verträglicher Arbeitsbedingungen über die gesamte Wertschöpfungskette der unternehmerischen Leistungserstellung und des Leistungsangebotes. Hier können Unternehmen ihre Lieferanten durch die verbindliche Forderung der Einhaltung von internationalen arbeits- und sozialbezogenen Mindeststandards (z.B. Arbeits- und Sozialstandards der ILO, ILO 2016) zu einem sozial verträglichen Umgang mit ihren Mitarbeitern bewegen. Internationale Arbeits- und SozialstandardsInternationale Arbeits- und Sozialstandards fordern u.a. ein Verbot von Kinderarbeit, Versklavung, formale Arbeitsverträge, eine existenzsichernde Entlohnung, die Einhaltung von Arbeitsschutzvorgaben sowie die Möglichkeit zur Interessenvertretung der Beschäftigten (z.B. durch einen Betriebsrat). Wichtig ist hierbei nicht nur die Einforderung der Einhaltung der Arbeits- und Sozialstandards, sondern auch die aktive Unterstützung, Qualifikation und vor allem die eigene Überprüfung von z.B. Lieferanten im Hinblick auf die Gestaltung und Umsetzung der Sozial- und Arbeitsstandards sowie der Einhaltung sozial gerechte und menschenwürdige Arbeitsbedingungen. Im Folgenden werden zwei Standards vorgestellt, die die Einhaltung von menschenwürdigen Arbeitsbedingungen zum Ziel haben und damit die Übernahme der sozialen Verantwortung der Unternehmen unterstützen: der Social Acountability 8000Social Acountability 8000 Standard und der Standard für Arbeitsschutzmanagement (OHSAS 18001OHSAS 18001; DIN ISO 45001DIN ISO 45001).
Das Management- und Zertifizierungssystem „Social Accountability 8000 (SA 8000)“ wurde 1998 von der US-Nichtregierungsorganisation Social Accountability International (SAI) entwickelt (SAI o.J.). Es ist eine freiwillige internationale Zertifizierungsnorm mit strengen Standards zur Einhaltung menschenwürdiger Arbeitsbedingungen und den Rechten von Arbeitnehmenden. Der SA 8000 Standard orientiert sich an der internationalen Menschenrechtskonvention der Vereinten Nationen, den Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) und an dem Übereinkommen über die Rechte des Kindes (VN-Kinderrechtskonvention). Die Bewertungskriterien des SA 8000 Standards umfassen das Verbot von Kinderarbeit, Zwangsarbeit und Diskriminierung, die Sicherstellung menschenwürdiger Arbeitsbedingungen, die Vereinigungsfreiheit der Arbeitnehmenden und das Recht auf Tarifverhandlungen, auf die Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz, auf Beschränkungen der Arbeitszeiten und eine existenzsichernde Entlohnung, auf disziplinarische Maßnahmen und auf Anforderungen an Managementsysteme. Dabei legen die Bewertungsregeln des SA 8000 inhaltliche Mindeststandards fest, die von den Organisationen eingehalten werden müssen. Der Aufbau des SA 8000 Standards ist vergleichbar und kompatibel mit der Umweltmanagement-Norm DIN ISO 14001, der Qualitätsnorm DIN ISO 9000 sowie mit dem Standard für das Arbeitsschutzmanagement OHSAS 18001. Allerdings weist der SA 8000 Standard die Besonderheit auf, dass systematische Befragungen der Beschäftigten den Zertifizierungsprozess von Beginn an begleiten und auch außerbetriebliche Interessengruppen (z.B. Gewerkschaften, NGO´s) mit in den Zertifizierungsprozess einbezogen werden (SAI o.J.).
Vor allem für international und global tätige Unternehmen ist der SA 8000 Standard eine gute Möglichkeit, um arbeitsbezogene Mindeststandards festzulegen und deren Einhaltung zu dokumentieren. Entscheidet sich eine Organisation zur Teilnahme an dem SA 8000 Zertifizierungssystem, so wird die organisationsweite Einhaltung der festgelegten Mindeststandards durch qualifizierte unabhängige Zertifizierungsorganisationen überprüft. Regelmäßig müssen die teilnehmenden Organisationen ein Überwachungsaudit durchführen, um ihre Fortschritte bei der Umsetzung der vereinbarten menschenwürdigen Arbeitsbedingungen offen zu legen. Mittlerweile haben mehr als 3000 Organisationen in über 60 Ländern den SA 8000 Standard implementiert. Mit der freiwilligen Zertifizierung des SA 8000 Standards können Unternehmen und Organisationen ihre arbeitsbezogenen Risiken reduzieren, ihre Beziehungen zu Lieferanten und Kunden verbessern und glaubwürdige Garantien für die Übernahme ihrer sozialen Verantwortung und die Einhaltung arbeitsbezogener Mindeststandards bieten. (vgl. BMUB 2014, S. 25; SAI 2016, SAI o.J.).
Die Occupational Health and Safety Assessment Series (OHSAS 18001OHSAS 18001) war ein international anerkannter Standard für die Bewertung und die Zertifizierung eines betrieblichen Arbeitsschutzmanagementsystems. Zentrale Ziele des Arbeitsschutzmanagements waren der Schutz der Menschen, die Arbeitssicherheit und die Gesundheitsvorsorge. Mitarbeiter sollten durch vorbeugende Maßnahmen im Arbeits- und Gesundheitsschutzmanagement befähigt werden, vor dem Eintreten eines Unfalls oder einer Erkrankung notwendige Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Die OHSAS 18001 konnte von jeder Organisation branchenübergreifend eingeführt werden. Hinsichtlich der Ziele, Struktur und Durchführung war die OHSAS 18001 mit den Managementsystem-Normen DIN ISO 9001 und DIN ISO 14001 kompatibel, so dass sie sich gut in die bestehenden Managementsysteme integrieren ließ. (vgl. nqa o.J.)
Im Juni 2018 wurde die DIN ISO 45001DIN ISO 45001 zum Arbeitsschutzmanagement (Managementsystem für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz – SGA) veröffentlicht. Sie unterstützt Unternehmen beim Aufbau eines Arbeitsschutzmanagementsystems, integriert auch das betriebliche Gesundheitsmanagement und erleichtert so die Einhaltung rechtlicher Vorgaben zum Arbeitsschutz. Die DIN ISO 45001 löst die OHSAS 18001 ab, die bis 2018 die fehlende ISO-Norm zum Arbeitsschutzmanagement ersetzte. Seit 2018 gibt es nun auch für das Arbeitsschutzmanagement eine eigene DIN ISO-Norm (ISO 45001), die vergleichbar ist mit den Standards für Qualitäts-, Umwelt- oder Energiemanagementsysteme. Die DIN ISO45001 ergänzt die bestehenden rechtlichen nationalen und internationalen Vorschriften zum Arbeitsschutz um ein systematisches Arbeitsschutzmanagementsystem (Managementsystem für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz) in der Organisation. Damit sollen sichere und gesunde Arbeitsplätze garantiert und arbeitsbezogenen Verletzungen und Erkrankungen vorgebeugt werden. Die Einhaltung der Norm kann durch eine Selbstbewertung und Selbsterklärung der Organisation, durch eine Bestätigung externer Parteien (z.B. Kunden) oder durch eine Zertifizierung durch eine externe Institution nachgewiesen werden. Ausführliche Informationen zur DIN ISO 45001 finden sich in folgenden Quellen. (vgl. Arbeitsschutzmanagement ISO 45001; Arbeitsschutzmanagement.org).
Ökonomische Verantwortung
Die ökonomische Verantwortungökonomische Verantwortung der Unternehmen umfasst eine verantwortungsvolle Unternehmensführung, die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben und Rechtsstaatlichkeit (Compliance), die Berücksichtigung der Interessen interner und externer Anspruchsgruppen, eine existenzsichernde wirtschaftliche Leistungsfähigkeit sowie nicht nur eine Gewinnorientierung, sondern auch eine langfristige Wertschöpfungsorientierung, faire Betriebs- und Geschäftspraktiken, die Einhaltung ethischer Mindeststandards sowie internationaler Mindeststandards bei der Leistungserstellung, die Verantwortungsübernahme über die gesamte Wertschöpfungskette sowie eine umfassende Berichterstattung und die aktive Bekämpfung von Korruption.
Um ihre gesellschaftliche Verantwortung wahrzunehmen, können sich Unternehmen an der DIN ISO 26000DIN ISO 26000 orientieren. Die DIN ISO 26000 ist ein freiwilliger Standard, der als Leitfaden Empfehlungen für Organisationen gibt, wie sie ihre gesellschaftliche Verantwortung wahrnehmen können. In Deutschland wurde die DIN ISO 26000 im Januar 2011 veröffentlicht. (vgl. DIN ISO 26000 2011).
Gesellschaftliche Verantwortung wird in der Norm definiert als die
„Verantwortung einer Organisation für die Auswirkungen ihrer Entscheidungen und Aktivitäten auf die Gesellschaft und die Umwelt durch transparentes und ethisches Verhalten, das
zur nachhaltigen Entwicklung, Gesundheit und Gemeinwohl eingeschlossen, beiträgt,
die Erwartungen der Anspruchsgruppen berücksichtigt,
anwendbares Recht einhält und im Einklang mit internationalen Verhaltensstandards steht,
in der gesamten Organisation integriert ist und
in ihren Beziehungen gelebt wird“.
(Bundesministerium für Arbeit und Soziales 2011).
Die ISO 26000 hat sieben GrundsätzeISO 26000sieben Grundsätze formuliert, an denen sich die gesellschaftliche Verantwortung von Organisationen orientierten soll. Die Einhaltung dieser Grundsätze ist die Voraussetzung für eine glaubwürdige Auseinandersetzung mit gesellschaftlicher Verantwortung.
Grundsätze der ISO 2600 für die Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung durch Organisationen | |
Grundsatz | Erläuterung |
Rechenschaftspflicht | Eine Organisation sollte für die Auswirkungen ihrer Entscheidungen und Aktivitäten auf Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt die Verantwortung übernehmen und nachweisbar Rechenschaft ablegen. |
Transparenz | Eine Organisation sollte insbesondere dann transparent agieren, wenn ihre Entscheidungen und Aktivitäten einen Einfluss auf Gesellschaft oder Umwelt haben. Das umfasst eine glaubwürdige, offene, verständliche Kommunikation und Berichterstattung über Zweck, Art und Standorte der Aktivitäten einer Organisation. |
Ethisches Verhalten | Das Handeln einer Organisation sollte auf den Werten der Ehrlichkeit, der Gerechtigkeit und der Rechtschaffenheit beruhen. |
Achtung der Interessen von Anspruchsgruppen | Eine Organisation sollte ihre (betroffenen) Anspruchsgruppen kennen und deren Interessen respektieren und berücksichtigen. |
Achtung der Rechtsstaatlichkeit | Eine Organisation sollte Recht und Gesetz unbedingt achten und einhalten. |
Achtung internationaler Verhaltensstandards | Eine Organisation sollte in Übereinstimmung mit internationalen Verhaltensstandards handeln. Darunter sind das Völkergewohnheitsrecht, allgemein anerkannte internationale Rechtsgrundsätze oder zwischenstaatliche Abkommen, Verträge und Konventionen zu verstehen. Beispiele sind die UN-Menschenrechtskonvention oder die internationalen Arbeitsstandards der ILO. Diese Verhaltensstandards sollten als Orientierung in Situationen dienen, in denen die Organisation, z.B. bei internationalen Aktivitäten, keine angemessenen nationalen Umwelt- und Sozialstandards vorfindet. |
Achtung der Menschenrechte | Eine Organisation sollte die grundlegenden Menschenrechte, deren Bedeutung und Allgemeingültigkeit anerkennen. Dies sollte unabhängig vom Standort, dem kulturellen Hintergrund oder spezifischen Situationen geschehen. |
Tabelle 4:
Grundsätze der ISO 2600. Quelle: Bundesministerium für Arbeit und Soziales (Hrsg.) (2011): Die DIN ISO 26000 „Leitfaden zur gesellschaftlichen Verantwortung von Organisationen“– Ein Überblick. Berlin 2011, S. 11 f.
Inhaltlich empfiehlt die ISO 26000 die Auseinandersetzung mit den folgenden sieben Kernthemen, die die Hauptbereiche der gesellschaftlichen Verantwortung abbilden. Die KernthemenISO 26000sieben Kernthemen sind Organisationsführung, Menschenrechte, Arbeitspraktiken, Umwelt, faire Betriebs- und Geschäftspraktiken, Konsumentenanliegen, und die Einbindung und Entwicklung der Gemeinschaft. Organisationen können durch die Auseinandersetzung mit diesen Kernthemen den Umfang ihrer gesellschaftlichen Verantwortung erkennen und individuelle Schwerpunkte für ihr Handeln setzten.
Die Kernthemen weisen inhaltliche Verbindungen und wechselseitige Bezüge zu den anderen Kernthemen auf. Jedes Kernthema beinhaltet nochmals verschiedene Handlungsfelder, um die Auseinandersetzung mit den vielfältigen Inhalten zu strukturieren und wichtige grundlegende Handlungsbereiche aufzuzeigen. Die jeweiligen Handlungsfelder enthalten neben einer inhaltlichen Beschreibung auch konkrete Handlungserwartungen an die Organisationen für die Umsetzung der gesellschaftlichen Verantwortung.
Abbildung 20:
Sieben Kernthemen der ISO 26000. Eigene Darstellung.
Das Kernthema Organisationsführung hat eine besondere Stellung, da eine verantwortungsvolle Organisationsführung nicht nur ein Kernthema für die Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung für Organisationen ist, sondern gleichzeitig die zentrale Voraussetzung bildet, um die anderen Kernthemen in der Organisation im Hinblick auf eine gelebte gesellschaftliche Verantwortung zu gestalten, konkrete Maßnahmen zu entwickeln und umzusetzen. Die Grundsätze der gesellschaftlichen Verantwortung sowie die Bearbeitung der Kernthemen müssen in die Organisationskultur, die Strategieentwicklung, die Entscheidungsfindung und in die Ressourcenbereitstellung der Organisationsführung integriert werden. (vgl. BMAS 2011, S. 15). Hier wird der ganzheitliche Ansatz der DIN ISO 26000 deutlich. Wesentliche Inhalte der verschiedenen Kernthemen werden im Folgenden kurz zusammengefasst (vgl. BMBU 2014; BMAS 2011).
Inhalte der Kernthemen der DIN ISO 26000 | |
Kernthema | Wichtige Inhalte |
Organisationsführung | Zentrales Kernthema und Ausgangspunkt für die Gestaltung aller anderen Kernthemen. Gesellschaftliche Verantwortung muss integriert werden in die Organisationskultur, die Entscheidungsfindung, die Strategieentwicklung und Umsetzung in konkrete Maßnahmen. Wesentlich sind Werte- und Compliance-Managementsysteme. |
Menschenrechte | Grundlage aller Maßnahmen ist die Achtung der Menschenrechte. Organisationen müssen dafür sorgen, dass die Menschenrechte gewahrt werden und sollten auch selbst Maßnahmen zum Schutz und zur Förderung der Menschenrechte ergreifen, sofern dies möglich ist. |
Arbeitspraktiken | Verbindliche Vorgaben zur Einhaltung von Mindeststandards zu Kinderarbeit, Zwangsarbeit, Entlohnung, Diskriminierung am Arbeitsplatz, Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz, Transparenz, Datenschutz und Verantwortungsübernahme für Arbeitspraktiken. Im Einklang mit Arbeitsnormen von ILO, OECD und Global Compact konzentrieren sich die DIN ISO 26000-Empfehlungen in diesem Bereich auf die Einhaltung von Mindestbestimmungen zu Zwangsarbeit, Kinderarbeit und Diskriminierung am Arbeitsplatz, Transparenz gegenüber, und Datenschutz für Mitarbeiter, Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz sowie Verantwortungsübernahme für Arbeitspraktiken in Aufbau- und Ablauforganisation. |
Umwelt | Umweltschutzmaßnahmen dienen dazu, negative Umweltauswirkungen zu vermeiden bzw. zu reduzieren, Ressourcen effizient zu nutzen aber auch zu schonen und ökologische Grenzen einzuhalten. Mit Hilfe von Umweltmanagementsystemen (z.B. EMAS, ISO 14000) und Umweltmanagementinstrumenten können geeignete Maßnahmen identifiziert und umgesetzt werden. |
Faire Betriebs- und Geschäftspraktiken | Voraussetzung: Einhaltung verbindlicher ethischer Verhaltensstandards. Umfasst alle Geschäftsfelder und -prozesse einer Organisation. Betreffen u.a. Mitarbeiter, Geschäftspartner, Wettbewerber, Lieferanten und Kunden. Empfehlungen: Festlegung fairer und gesetzeskonformer Verhaltensgrundsätze. |
Konsumentenanliegen | Produkte und Dienstleistungen sollen unternehmensethische und ökologische Grundsätze berücksichtigen. Empfehlungen: Sicherstellung der Produkttransparenz, Gleichbehandlung und Gesundheitsschutz für Kunden, Förderung nachhaltigen Konsums. |
Einbindung und Entwicklung der Gemeinschaft | Erweiterte Verantwortung der Organisation über das Kerngeschäft hinaus im Sinne des „Corporate Citizenship“. Empfehlungen: Förderung von Bildung, Kultur und Gesundheit in der Gemeinschaft, auch aus wirtschaftlichem Eigeninteresse, Beteiligung der Gemeinschaft in Entscheidungsprozessen mit gesellschaftlichen Auswirkungen. |
Tabelle 5:
Kurze Inhaltsbeschreibung der Kernthemen der DIN ISO 26000. (vgl. BMAS 2011; BMUB 2014).
Weitere Initiativen und Handlungsleitfäden zur Übernahme der ökonomischen Verantwortung sind u.a. der Deutsche Corporate Governance Kodex, der Global Compact der Vereinten Nationen, die Global Reporting Initiative, die Leitsätze der OECD für multinationale Unternehmen sowie der deutsche Nachhaltigkeitskodex. Sie werden im Folgenden kurz vorgestellt.
Der Deutsche Corporate Governance KodexDeutsche Corporate Governance Kodex beinhaltet wesentliche gesetzliche Regelungen zur Leitung und Überwachung deutscher börsennotiert Gesellschaften. Er enthält national und international anerkannte Grundsätze, Empfehlungen und Anregungen sowie Standards guter und verantwortungsvoller Unternehmensführung. Der Kodex bekräftigt die Verpflichtung von Vorstand und Aufsichtsrat, sich an die Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft zu halten und die Interessen der Aktionäre, der Belegschaft und weiterer mit dem Unternehmen verbundener Anspruchsgruppen zu berücksichtigen, um den Unternehmensbestand zu sichern und eine nachhaltige Wertschöpfung des Unternehmens zu sichern. Der Kodex fordert von den Unternehmen nicht nur Legalität, sondern auch ein ethisches und eigenverantwortliches Handeln, im Sinne des Leitbildes des ehrbaren Kaufmanns. Das Unternehmen und ihre Organe sollen bei ihrem Handeln die gesellschaftliche Verantwortung des Unternehmens wahrnehmen sowie soziale und ökologische Auswirkungen des Unternehmenshandelns bei ihren Entscheidungen und in ihrem Handeln berücksichtigen. Branchenbezogene oder unternehmensindividuelle Besonderheiten werden im Kodex insofern berücksichtigt, als Unternehmen bei Abweichungen von den Empfehlungen des Kodex diese offenlegen und begründen müssen. (vgl. heidelberg.com 2019). Am 20. März 2020 wurde im Bundesanzeiger die neue Fassung des Deutschen Corporate Governance Kodex veröffentlicht. Wesentliche Änderungen des neuen Kodex beziehen sich auf neu formulierte Grundsätze, basierend auf den gesetzlichen Bestimmungen, konkretere Anforderungen an die Unabhängigkeit der Vertreter im Aufsichtsrat, die Neufassung von Regeln zur Vorstandsvergütung, den Verzicht auf die Wiedergabe von Gesetzestexten, die Gliederung des Kodex nach den Aufgaben von Vorstand und Aufsichtsrat im Hinblick auf die Rechnungslegung sowie auf eine vereinfache Berichterstattung. (vgl. Haufe 02.04.2020: Deutscher Corporate Governance Kodex (DCGK) 2020).
Der Global Compact der Vereinten NationenGlobal Compact der Vereinten Nationen wurde 1999 als freiwillige Vereinbarung zwischen Unternehmen, Organisationen und den Vereinten Nationen geschlossen. Unternehmen und Organisationen, die daran teilnehmen, verpflichten sich zur Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung, der Beachtung der Menschenrechte, der Sicherstellung gerechter Arbeitsbedingungen, Initiativen zum Umweltschutz und zur Korruptionsbekämpfung. (globalcompact.de 2020; globalcomact.org 2021) Durch die Aufstellung eines Wertekataloges und durch lokale, nationale und internationale Initiativen soll das gemeinsame Lernen und der Erfahrungsaustausch gefördert werden. Die teilnehmenden Unternehmen und Organisationen verpflichten sich freiwillig zur Ausrichtung ihrer Geschäftspolitik an zehn grundlegenden Nachhaltigkeitsprinzipien, die sie mit geeigneten Initiativen, Projekten, Schulungen und Richtlinien umsetzen. Diese Nachhaltigkeitsprinzipien leiten sich ab aus der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, der Erklärung über die grundlegenden Prinzipien und Rechte bei der Arbeit und ihre Folgemaßnahmen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) und den Grundsätzen der Rio-Erklärung über Umwelt und Entwicklung und werden regemäßig überprüft. Die zehn Nachhaltigkeitsprinzipien sind als Gebote formuliert und unterteilen sich in die Themenbereiche Menschenrechte, Arbeitsnormen, Umweltschutz und Korruptionsbekämpfung. (BMBU 2014, S. 21). Das wichtigste Instrument des Global Compact ist die Fortschrittsmitteilung (COP), die jährlich schriftlich über den Stand der Umsetzung der zehn Nachhaltigkeitsprinzipien informieren soll. Die inhaltliche Qualität und Richtigkeit dieser Mitteilung werden jedoch nicht überprüft. (vgl. BMUB 2014, S. 21). Der Global Compact verfolgt zwei wesentliche Ziele: Zum einen sollen die zehn Prinzipien auf globaler Ebene in unternehmerisches Handeln integriert werden, zum anderen sollen Maßnahmen vorangetrieben werden, welche die allgemeinen Ziele der UN unterstützen (z.B. Sustainable Development Goals). Inzwischen hat der Global Compact der Vereinten Nationen weltweit mehr als 10.000 Mitglieder. (vgl. Commerzbank.de 2020.).
„Die Leitsätze der OECD für multinationale UnternehmenLeitsätze der OECD für multinationale Unternehmen (kurz OECD-Leitsätze) bilden einen internationalen CSR-Verhaltenskodex. Gemeinsam mit den ILO-Kernarbeitsnormen und dem UN Global Compact gehören die OECD-Leitsätze zu den wichtigsten Instrumenten zur Förderung einer weltweiten verantwortungsvollen Unternehmensführung. Die Leitsätze sind nicht bindend, allerdings basieren sie auf völkerrechtlich bindenden Übereinkommen von 1976 und werden regelmäßig aktualisiert. (vgl. BMBU 2014, S. 23). Den OECD-Leitsätzen liegen die UN-Menschenrechtscharta, die ILO Kernarbeitsnormen und die Rio-Erklärung über Umwelt und Entwicklung zugrunde. Die Leitsätze beinhalten Handlungsempfehlungen der 34 OECD-Mitgliedsstaaten und acht weiterer Staaten für die dort ansässigen und international tätigen Unternehmen bei Auslandsinvestitionen sowie für die Zusammenarbeit mit ausländischen Zulieferern und Zulieferketten. Inhaltlich formulieren die Leitlinien Erwartungen an den Umweltschutz, die Zusammenarbeit mit Gewerkschaften, an die Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen, an die Einhaltung von Umwelt- und Arbeitsstandards, an die Korruptionsbekämpfung und die Sicherstellung der Verbraucherinteressen. (vgl. BMBU 2014, S. 23; OECD.org.de 2011). In jedem teilnehmenden Land muss eine Nationale Kontaktstelle eingerichtet werden, um die Umsetzung der Leitsätze zu fördern, aber auch Beschwerden (z.B. von Arbeitnehmerverbänden, Umweltorganisationen) über Verstöße von Unternehmen gegen die Leitlinien entgegenzunehmen und zu bearbeiten. (BMUB 2014, S. 23; OECD.org 2011; OECD 2011).