Kitabı oku: «Affären einer Pharmareferentin»

Yazı tipi:

Ute Richter

AFFÄREN

EINER

PHARMAREFERENTIN


Alle Namen und Personen sind frei erfunden. Etwaige Namensähnlichkeiten sind reiner Zufall.

Impressum

Umschlaggestaltung: Michael Dehnel, Berlin

Titelbild: Michael Dehnel, Berlin

1. Auflage 2013

ISBN 978 - 3 - 86777 - 538 - 0, gedruckte Ausgabe

1. E-Bookauflage 2013

ISBN 978 - 3 - 86777 - 572 - 4, E-Book [ePUb]

Innenlayout: Harald Rockstuhl, Bad Langensalza

1. digitale Auflage: Zeilenwert GmbH 2013

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie. Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.


Inhaber: Harald Rockstuhl

Mitglied des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels e. V.

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Inhalt

Cover

Titel

Impressum

Sommer

A – wie Dr. Albertino

B – wie Dr. Braumeier

C – wie Dr. Chlement

D – wie Dr. Dechsel

E – wie Dr. Engholm

F – wie Dr. Frickel

G – wie Dr. Guber

H – wie Dr. Hinzemann

I – wie Dr. Illmer

J – wie Dr. Jamsen

K – wie Dr. Kamiensky

L – wie Dr. Lehndorf

M – wie Dr. Mischling

Die Autorin

Im Sommer 2003 hielt eine Hitzewelle ganz Nordrhein-Westfalen in Atem. Die Quecksilbersäule kletterte täglich auf mehr als dreißig Grad im Schatten und nur die Abende versprachen etwas Abkühlung. Diese Hitze zog sich schon mehrere Wochen hin – einfach unerträglich für Mensch, Tier und Natur.

Erbarmungslos schickte die Sonne ihre aggressiven Strahlen auf Reisen und vernichtete somit Blumen, Pflanzen bzw. jegliche Vegetation. Für die Landwirtschaft bedeutete dies eine totale Katastrophe.

Viele Menschen verharrten tagsüber in ihren Wohnungen und erst spätabends, wenn die Temperaturen etwas sanken, öffneten sie Fenster und Türen.

Alte und Kranke setzten sich im Freien großen Gefahren aus.

In Ambulanzen und Kliniken herrschte Hochkonjunktur, das Martinshorn schrillte pausenlos durch die fast menschenleeren Straßen der Innenstädte und unterbrach somit die ungewohnte Stille.

Susi strömte der Schweiß aus allen Poren.

Tag für Tag fegte sie mit ihrem Mittelklassewagen den schwarzen Asphalt des Ruhrpotts, um als Pharmareferentin ihren Lebensunterhalt zu verdienen.

Die durchaus attraktive, selbstbewusste Frau von Anfang vierzig lebte nach dem Grundsatz:

„Lieber mit vierzig würzig, als mit zwanzig ranzig!“

Diese Lebensphilosophie hatte sie in den letzten Monaten davor bewahrt, den Gashahn in ihrer kleinen Zwei-Zimmerwohnung aufzudrehen bzw. andere Methoden anzuwenden, um ihrem Dasein ein Ende zu bereiten. Es fiel ihr schwer, allein zu leben.

Rolf war ihr zwanzig Jahre lang ein treuer Freund und guter Kamerad gewesen, aber genau das genügte ihr mit der Zeit nicht mehr, und sie trennte sich von ihm.

Die wilde Leidenschaft, die in ihr schlummerte und die sie nur noch aus Filmen und Zeitschriften zu kennen glaubte, machte ein unzufriedenes Biest aus ihr.

Seit ein paar Jahren bemühte sie sich als Pharmareferentin, das gesamte Ruhrgebiet zu erobern. Sicher keine leichte Aufgabe! Ein Firmenwagen wurde ihr zur Verfügung gestellt, um eine Arztpraxis nach der anderen abzuklappern.

Obwohl Susi anfangs in dieser Aufgabe eine echte Herausforderung sah, fehlten ihr mittlerweile schlechthin jegliche Erfolgserlebnisse. Dennoch gab sie ihr Bestes für die Herren der Chefetage des gigantisch großen Pharma-Konzerns.

Manchmal spielte sie mit dem Gedanken, sich vom Außendienst zu verabschieden. Doch auf ihre gewissen Freiheiten, wie z. B. eigene Zeiteinteilung und den Mittelklassewagen wollte sie auf keinen Fall verzichten. Seit Rolf aus ihrem Leben verschwunden war, hatte ihr dunkles Haar wieder etwas an Länge gewonnen. Dies ließ sie viel jünger aussehen. Susis große Augen, die auch tagsüber giftgrün leuchteten, waren typische Katzenaugen!

Mit Konfektionsgröße 42 zählte sie nicht zu den absoluten Modeltypen, doch bei einer Länge von 1,75 m konnte man sie noch unter „schlank“ einordnen. Alle bisherigen Diäten blieben erfolglos.

Gewöhnlich hatte sie nach Beendigung der Fastenzeit den unerwünschten Jojo-Effekt erreicht und noch ein paar Pfunde zugenommen. Sie hatte einmal gelesen, dass es Männer geben soll, die jedes Pfund an ihrer Frau lieben, nach dem Motto „Alles meine!“

Susi konnte keine Kinder bekommen, hatte viele Jahre darunter gelitten, weil sie sich nicht feminin genug und somit zweitklassig fühlte. Auch ihre Beziehung zu Rolf ging letztendlich deswegen den Bach runter. Doch inzwischen war der Kinderwunsch erloschen und andere Prioritäten bestimmten ihr Leben.

Was ihr gestern noch so wichtig schien, war heute vom Blickfeld des Tellerrandes verschwunden. Was konnte sie denn noch von ihrer Zukunft erwarten? Vielleicht hatte sie die Illusion im Kopf, den Traummann ihres Lebens zu finden? Und warum auch nicht? Schließlich träumen viele Frauen vom Ritter auf dem weißen Pferd, doch bei Susi durfte er auch im roten Ferrari auftauchen.

Warum passierte das komischerweise immer nur den anderen Frauen oder auch Weibern, die es ganz und gar nicht verdienten, wie Divas von ihren Gönnern verwöhnt zu werden?

Genau hier lag der Punkt, der Susis „gewöhnliches“ Leben so unerträglich machte. Ihre innerliche Unzufriedenheit wuchs von Tag zu Tag und die Angst, am wahren Leben vorbeizugehen, schien ihr langsam zum Verhängnis zu werden.

Vielleicht hatte sie nicht mehr viel Zeit, schon bald könnte sie eine schlimme Krankheit dahinraffen?

Ihr Lebenstraum bestand darin, ein Haus am Meer (irgendwo in der Normandie) zu besitzen. Natürlich nicht allein! In einer harmonischen Partnerschaft gemeinsam alt zu werden, schien ihr vernünftiger. Susi musste sich also einen Mann angeln! Aber wie zum Teufel? Auch ihr übereifriger Chef, Herr Mutz, würde sie davon nicht abhalten können, denn schon viel zu lange hatte sie kein Privatleben mehr, und lebte einzig und allein für ihre Arbeit.

Außerdem – was sollte das ständige Streben nach besseren Verkaufszahlen? Immerhin war Susi nicht die Schlechteste in dieser Region. Mutz konnte sie keineswegs mehr motivieren mit seiner ewigen Nörgelei, für die er im Distrikt bestens bekannt war.

Die Härte für Susi war, wenn er sich ansagte, um sie einen ganzen Tag zu begleiten. Schon eine Nacht zuvor konnte sie nicht schlafen und schluckte Anti-Depressiva bzw. Beruhigungstabletten.

Er war ein wirklicher Schleimer und wollte stets der Beste sein unter allen Regionalmanagern.

Nur weit gefehlt, denn auch sein großer Boss kannte seine kleinbürgerliche Denkweise, die ihn wie einen absoluten Spießer rüberkommen ließ. Das hielt Mutz dennoch nicht davon ab, von einem dicken, fetten Sessel in der oberen Chefetage zu träumen.

Für so einen Mann möchte Susi niemals die Socken waschen müssen. Allein der Gedanke erfüllte sie mit Brechreiz.

Er war ziemlich klein von Wuchs, stark untersetzt, weil er sich den ganzen Tag etwas unter seiner Nase reinschob, beinah kahlköpfig und darum kämmte er die spärlichen Haare von links nach rechts und brachte dieses Gebilde mit einer Dose Haarspray in Form. Nach dem Motto von Drei-Wetter-Taft: „Wesel – die Sonne brennt – … “

Susi wollte zu gern wissen, wie er wohl aussehen würde, wenn es wie aus Kannen gießt, aber der Pedant hatte immer einen Schirm dabei. Kein Wunder, dass diese Schießbudenfigur keine Frau abkriegen konnte.

Dennoch schien es angebracht, diese Antisympathie ihm gegenüber geschickt zu verbergen. Bei der angespannten Arbeitsmarktlage wäre es nicht auszudenken, wenn sie ihren Job verlieren würde.

Darum blieb Susi lieber still und schwamm mit der breiten Masse mit – nach der Devise: ‚Nur nicht auffallen!‘

Ihren Kollegen im Distrikt konnte sie wenig Vertrauen schenken und private Kontakte untereinander bestanden nicht.

Das Arbeitsleben war nicht mehr das, was es früher mal war. Ethische Begriffe, wie Zuverlässigkeit, Ehrlichkeit etc. hörten sich wie Fremdwörter an.

Dafür tauchten täglich neue amerikanische Bezeichnungen wie z. B. Mobbing auf, mit denen jeder heute oder schon morgen konfrontiert werden konnte.

Um weiteren Gefahren aus dem Wege zu gehen, dachte sie sich einen perfekten Plan aus. Sie musste taff bleiben und wollte die übliche Durchschnittlichkeit der meisten Frauen in den Schatten stellen. Darum beschloss sie, ihr Leben fortan so zu verändern, dass sie innerhalb kurzer Zeit keine finanziellen Sorgen mehr haben würde. Ihre Rente, die laut ihren Berechnungen mehr oder weniger bescheiden ausfallen würde, verschaffte ihr regelrecht Albträume. Oft genug hatte Susi von einem Zehn-Punkte-Plan in der Politik gehört, wenn die Großen nicht weiter wussten. Sie musste etwas Adäquates tun, um schneller ans Ziel ihrer Träume zu kommen.

Entschlossen brachte sie einen „ABC-Plan“ zu Papier. Susi wusste genau was sie tat, denn sie wollte den Spätsommer sowie den Herbst ihres Lebens genießen, nachdem es Frühling und Sommer nicht so gut gemeint hatten mit ihr.

Und der Winter könnte viel Kälte mit sich bringen, wenn er dann überhaupt noch käme.

Skrupel kannte sie in ihrer Vorgehensweise nicht, denn sie würde nach dem Alphabet vorgehen und sich einen Arzt nach den anderen vornehmen, ihren Charme spielen lassen, und vielleicht … naja … somit den Richtigen finden.

Fingerspitzengefühl und Taktik waren keine Fremdwörter für Susi. ‚Also auf geht’s!‘ dachte sie.

Bei A dachte sie sofort an den netten und freundlichen Dr. Albertino, der ursprünglich aus Italien stammte.

Zu seiner Praxis-Einweihungsfeier war sie ihm zum ersten Mal begegnet. Neben dem Strauß Blumen, der natürlich bei solch einer Angelegenheit dazugehört, hatte Susi eines ihrer Werbegeschenke dabei und das war leider nicht so treffend, denn es handelte sich hierbei um ein gewöhnliches Fernrohr. Vielleicht passend für einen Augenarzt!?

Aber Dr. Albertino war nun mal Gynäkologe!

Ein peinlicher Auftritt für Susi.

Inzwischen hatte Susi ihre Hausaufgaben gemacht und genau dieser Dr. Albertino sollte in ihrem ABC-Plan das erste Opfer bzw. ihre allererste Versuchung sein.

A – wie Dr. Albertino

„Hallo, Dr. Albertino, ich bin froh, Sie nach dem letzten peinlichen Zwischenfall zu Ihrer Praxiseröffnung, hier ganz allein wiederzusehen und natürlich muss ich mich bei Ihnen entschuldigen für das etwas unpassende Mitbringsel, auch wenn es einige Besucher sehr witzig fanden – glauben Sie mir bitte – mir ist es immer noch sehr fatal!“ sagte Susi.

„Sorry, im Moment kann ich mich überhaupt nicht an Sie erinnern!“ erwiderte der Doktor.

„Na, ich bin doch die Pharmareferentin mit dem dämlichen Fernrohr! Sie haben gelacht über mich.“ so Susi.

„Ach ja, natürlich jetzt fällt es mir wieder ein! War doch lustig von Ihnen, ich meine dieses Geschenk. Wissen Sie, viele Leute können natürlich nicht darüber lachen, das wissen wir beide! Intelligente Menschen haben bekannter Weise immer Humor und darum – wo liegt denn Ihr Problem?“ schmunzelte der Doktor.

„Ja, aber ich kam mir so unendlich dumm vor und deswegen bin ich jetzt hier, um mich bei Ihnen zu entschuldigen.“ betonte Susi. „Ach nun übertreiben Sie aber, “ meinte der Doktor „und um dieser Angelegenheit, die Sie doch mehr oder weniger verlegen macht, ein Ende zu bereiten, habe ich hier einen Vorschlag, wenn Sie möchten?“

„Und was soll das Ihrer Meinung nach sein?“ Susi verklickerte ihn mit einem fast bösen Blick, dass er nicht zu viel von ihr erwarten durfte. Albertino schmunzelte und das stand ihm fantastisch.

Mit seinem italienischen Charme sagte er sehr gelassen: „Zunächst kann ich Ihnen nur das DU anbieten, denn wie ich festgestellt habe, sind Sie oder auch Du meine zuständige Pharmareferentin und wir werden es sicher eine Weile miteinander aushalten müssen, ob wir nun wollen oder nicht, habe ich recht?“

Susi war perplex, und erwiderte sehr spontan: „Ach ja, ich hoffe, Sie nicht nur durch ein Fernglas zum Lachen bringen zu können, denn ein altes Sprichwort sagt: ‚Wozu in die Ferne schauen, sieh das Gute liegt so nah!‘“

„Das ist auch meine Meinung und deshalb möchte ich Dich für morgen Abend in mein Stammlokal einladen, gleich hier um die Ecke links, Du musst also kein Fernrohr mitbringen, wenn Du weißt, was ich meine?“

Susi fühlte sich angemacht von dem kleinen und viel zu schönen Italiener. Sie sagte gelassen: „Ich werde kommen, wie spät?“

„Ja, das ist immer so eine Sache, aber 20.00 Uhr ist okay und Du bist selbstverständlich von mir eingeladen!“ versicherte Albertino. Inzwischen waren aus dem Wartezimmer Stimmen zu hören, und es wurde Zeit für Susi zu gehen. Noch ein letzter Blick und mit einem fast zufriedenem Gesicht, verschwand sie wieder.

Zartlächelnd sagte sie: „Bis dann!“

Der Warteraum präsentierte sich übervoll mit schwangeren Frauen. Sie schaute kurz auf, und dachte: ‚Kinder kann ich keine kriegen, aber euren Doktor schon!‘

Dennoch erfasste sie eine gewisse Unsicherheit. Ob er sie seriös nahm? In ihrem Wagen angelangt, fragte sich Susi, was sie wohl am Abend anziehen könnte. Ihr Kleiderschrank sprang zwar bald aus den Nähten, doch etwas Passendes für diesen speziellen Anlass fehlte ihr. Lange Rede kurzer Sinn, sie hatte es wieder geschafft, ihren inneren Schweinehund zu besiegen und hielt es für zwingend nötig, in ihrer kleinen Nobelboutique vorbeizuschauen!

Für Susi eine wahre Fundgrube bei ausgebreiteter Schatzsuche. Nachdem sie endlich einen Parkplatz gefunden hatte, was in der Innenstadt nicht immer einfach war, lief sie zielorientiert durch die Fußgängerzone und verschwand in den kleinen Eckladen.

Schon lange hegte sie den Wunsch, in dieser Boutique wenigstens nur einmal unbegrenzt und nach Herzenslust einkaufen zu können, ohne an das nötige Kleingeld denken zu müssen!

‚Wer weiß, vielleicht ist es schon bald möglich? Mit der Visa-card von meinem Doktor natürlich. Ach, man müsste wenigstens ein paar Monate voraussehen können‘ dachte sie ‚welcher Name würde wohl beim Bezahlen herhalten müssen?‘

Sollte sie vielleicht mal zu einer Wahrsagerin gehen? Ihr erster Blick fiel auf ein knallrotes Minikleid.

‚Super das nehme ich!‘ dachte Susi und riss es vom Haken. Der Preis von satten 175 Euro schreckte sie ab. Aber, was soll’s?

Geiz war nun gar nicht angebracht, und sie musste investieren, sonst konnte sie ihren ABC-Plan vergessen.

Dieses Teil musste sie unbedingt haben, nicht nur für den Albertino-Abend!

Auf ging’s zur Anprobe, denn viel Zeit blieb ihr nicht zum Nachdenken, in wenigen Minuten erwartete man sie schon in der nächsten Praxis. Kaum hatte sie sich aus ihrem viel zu engen Shirt befreit, machte sich ein unangenehmer Duft breit. Sie war total verschwitzt, und ihr Deo lag wie immer im Auto.

Ein kurzer Blick in den Spiegel ließ Susi erschrecken.

Der abgetragene und mittlerweile vergraute BH konnte ihren Brüsten keinerlei Form verleihen. Einer der Bügel am Brustansatz fehlte. Beim Schleudergang der Waschmaschine hatte er Zuflucht in einem mit gewaschenem Slip gesucht. Nun verhielt sich ihre linke Brust anders als die rechte, hüpfte hin und her und auf und ab bei der kleinsten Bewegung. Der zu eng sitzende Slip versagte ihrer Figur jeglichen Liebreiz. Kurzum sie fühlte sich wie das Michelin-Männchen aus der Reifenreklame.

Ganz klar, so konnte sie niemals einen Mann verführen! ‚Hoffentlich passt das Kleid‘ dachte Susi und streifte es hastig über den Kopf, doch schon beim Busen blieb das Teil hängen. Kräftiges Ziehen half nichts, sie war gefangen in diesem Fetzen. Zornig auf alle Modemacher brach sie beinahe in Panik aus.

Das Etikett zierte eine kleine 44! Sollte sie nach 46 fragen? ‚Oh nein – das kommt nicht in Frage!‘ dachte Susi.

Nun kreuzte eine gutaussehende, schlanke Verkäuferin auf und fragte: „Kann ich Ihnen helfen?“

„Ja, holen Sie mich bitte ganz schnell aus diesem Fummel raus!“ befahl Susi „Und übrigens – das hier ist niemals meine Größe!“ Die Dame verkniff sich ein Schmunzeln, und erwiderte freundlich: „Dann nehmen Sie es doch einfach eine Nummer größer!“

„Na gut!“ stöhnte sie.

Die Verkäuferin brachte ihr schließlich diese Alternative, und Susi war schier begeistert von ihrem Erscheinungsbild.

Sie dachte: ‚Da wird der kleine Albertino aber große Augen machen!‘ und nahm sich vor, das kleine Etikett (Gr. 46) noch am Abend verschwinden zu lassen.

Am Parkplatz angekommen, erstaunte sie ein kleines weißes Papier an der Frontschutzscheibe ihres Wagens. Das hatte ihr gerade noch gefehlt, ein Strafzettel über 10 Euro, weil sie in aller Aufregung den Parkzettel in der Tasche statt im Auto verstaut hatte.

„Scheiße!“ brüllte Susi laut.

Daraufhin drehte sich ein sehr eleganter, weißhaariger Mann zu ihr um und schüttelte mit dem Kopf, als wollte er ihr sagen, wie gewöhnlich sie sei. Doch ohne ein Wort zu verlieren, stieg er in seinen BMW und fuhr mit Volldampf davon.

Susi schämte sich fürchterlich vor diesem attraktiven Mann. Was war denn nur in sie gefahren?

Ach, egal! Er würde ihr kein zweites Mal über den Weg laufen. Während der Fahrt zur nächsten Praxis drehte sie das Radio bis hinten auf. Es lief ihr Lieblingslied „SUPERGIRL“!

So laut sie konnte – sang sie mit und wollte somit ihren innerlichen Frust abbauen.

‚Susi – ein Supergirl!‘ dachte sie verträumt ein paar Minuten lang. Doch die Realität holte sie schnell wieder ein, als sie vor einer Ampel stehend, ein wildes Hupkonzert hinter sich hörte.

Grüner wurde es nicht mehr, doch sie hatte es nicht bemerkt. Susi wusste, dass nun keine Zeit für Träumereien war. Einen letzten Termin musste sie noch wahrnehmen, um ihre Medikamente an den Mann zu kriegen. Danach war endlich Feierabend bei dieser Affenhitze.

Ziemlich abgespannt betrat sie ihre kleine Wohnung und sah sich um. ‚Hier muss sich auch viel verändern‘, dachte sie bei sich. Die Tapeten hatte Rolf vor einigen Jahren angeklebt, die Möbel waren unmodern geworden und der Teppich zeigte mehr Flecken als Muster auf. So konnte sie keinen Mann empfangen, das war sicher! Aber wie sollte sie das nötige Geld auftreiben?

‚Eventuell kann mir ein Kredit weiterhelfen‘, überlegte Susi. Schon morgen würde sie zu ihrer Bank gehen und um ein Darlehen bitten, immerhin stand ihr Konto wieder im Plusbereich.

Nach dem Duschen ging Susi sofort ins Bett. Ihr letzter Gedanke vorm Einschlafen war, dass sie unbedingt neue Bettwäsche kaufen müsste. Danach schlummerte sie ins Land der Träume.

Am folgenden Morgen hatte Susi keine Lust aufzustehen. Als der Wecker schellte, fühlte sie eine innere Unruhe.

Dieser Abend würde für sie sicher unvergesslich bleiben, denn Dr. Albertino war der erste Mann in ihrem ABC-Plan.

In der morgendlichen Nüchternheit, die sie durchströmte, kam ihr das Ganze für einen Augenblick sogar etwas lächerlich vor. Ihre Antennen standen noch nicht auf Empfang, sie fühlte sich kaputt und ausgelaugt.

Ob sie sich auf ein Abenteuer mit diesem kleinen Italiener einlassen sollte? Sie würde niemanden betrügen und somit kein schlechtes Gewissen haben müssen.

Mit einem Schwung hüpfte sie aus ihrem Bett, stellte das Radio an und begann mit ihrer morgendlichen Toilette.

Unter der Dusche stehend, betrachtete sie ihren Körper und überlegte krampfhaft, wann sie zum letzten Mal Sex hatte. Mein Gott war das lange her! Vielleicht anderthalb Jahre? Oder auch schon zwei? Hatte sie es überhaupt noch drauf, mit einem Mann in die Kiste zu steigen? Diese Unsicherheit bereitete ihr plötzliches Kopfzerbrechen.

‚Den Tag ruhig angehen lassen‘, dachte sie.

Am Abend wollte sie fit sein und sehr gut aussehen. Was stand auf dem heutigen Tourenplan?

Ihr erster Termin war bei einer arroganten und sehr unsympathischen Allgemeinmedizinerin namens Wagenbrecht.

Diese Dame mittleren Alters war der Horror eines jeden Vertreters. Das hatte Susi gerade noch gefehlt! Sie nahm sich fest vor, cool zu bleiben und sich keinesfalls von dieser Person, den Tag verderben zu lassen. Mit gemischten Gefühlen betrat sie das Wartezimmer und schon packte sie eine Art Panikanfall.

Sie ging zu einer der Arzthelferinnen und piepte mit dezenter Stimme: „Für neun Uhr hatte ich einen Termin bei Frau Doktor Wagenbrecht!“ „Moment bitte, Sie sehen doch was hier los ist!“ antwortete diese schroff. Susi fühlte sich wie in der Höhle des Löwen und wäre am liebsten weggelaufen, doch sie blieb, denn genau das gehörte zu ihrem Job! In nur wenigen Minuten würde sie wieder in ihrem Auto sitzen und sich auf den bevorstehenden Abend mit Dr. Albertino freuen können. Plötzlich wurde sie aufgefordert, ins Sprechzimmer zu kommen – von Frau Doktor persönlich.

Mit einer eleganten Geste schwang Susi ihre Aktentasche unterm Arm und betrat das gefürchtete Terrain. Doch sie traute ihren Augen nicht, denn diese Wagenbrecht schien heute unheimlich gut drauf zu sein. Sie begrüßte Susi beinah herzlich mit einem kräftigen Handschlag. Das Beratungsgespräch lief gut ab, und beide hatten dieses Mal keine Unstimmigkeiten miteinander. Kaum zu glauben, dass so etwas möglich sein konnte.

Beim Verabschieden war Susis Angst verflogen und endlich durfte sie den Raum, dieser viel gefürchteten Dame, verlassen.

Schon an der Tür angekommen, vernahm sie eine Frage aus dem Hinterhalt: „Was ist das eigentlich für ein Gestank, den sie mir hier zumuten?“ „Meinen Sie mein Parfüm?“ fragte Susi unsicher und schaute sich um. „Falls sie mich nochmals konsultieren möchten, dann bitte ich sie hiermit eindringlich, ohne diesen penetranten Geruch zu erscheinen. Von diesem Gestank wird einem ja übel. Nun muss ich wegen ihnen noch das Fenster aufreißen, finden sie das normal?“ fauchte die Doktorin vor Wut. Susi stammelte ein paar Worte der Entschuldigung, und zog sich zurück, indem sie die Tür von außen zumachte.

Erst als sie in ihrem Auto saß, realisierte sie sich, was vorgefallen war. Diese Wagenbrecht war wirklich der Teufel in Person. Musste sie sich das gefallen lassen? Dabei hatte sie viel Geld ausgegeben für ihr neues Parfüm.

Kein Wunder, dass diese alte Ziege keinen Mann abbekommen hatte. Minuten später beruhigte sich Susi wieder, denn ihr fiel ein, dass auch sie keinen Mann mehr hatte!

Bei den weiteren Arztbesuchen passierte nichts Außergewöhnliches an diesem Tag.

Auf dem Stellplatz vor ihrer Wohnung angekommen, fiel ihr die Tasche aus der Hand.

Lippenstift, Puder, Schlüssel etc. verstreuten sich über den rissigen und auch staubigen Boden unterm Auto.

Plötzlich klingelte ihr Handy. Sie fand es zwischen den beiden Vorderrädern und auf dem Display erschien die Nummer von ihrem Chef, den viel geliebten Mutz.

Der hatte ihr heute noch gefehlt, was er wohl schon wieder von ihr wollte? „Hallo, Herr Mutz, wie geht’s?“ fragte Susi unterm Auto liegend. Am anderen Ende war eine ziemlich piepsige Stimme wahrzunehmen: „Guten Tag Frau Reuther, wir gehen morgen zusammen auf Tour! Ich bin acht Uhr bei Ihnen vor der Tür und fahre dann mit Ihnen mit. Sie haben doch hoffentlich einen vollen Terminkalender? Anschließend müssen wir uns über Ihre Verkaufszahlen unterhalten. Haben Sie noch Fragen?“

„Nein!“ antwortete Susi kurz entschlossen.

„Also dann bis morgen!“ erwiderte Mutz und legte auf, bevor Susi sich verabschieden konnte.

Sie war total von den Socken, den ganzen Tag würde er ihr wieder auf die Nerven gehen, dieser Gnom von einem Möchte-Gern-Typen. Sie fand ihn zum Kotzen und musste doch immer schleimen, um ihn bei Laune zu halten. ‚Hoffentlich geht das morgen gut!‘ dachte Susi.

Sooft kam es gar nicht vor, dass er mit ihr mitfuhr. Dennoch, wenn es dann soweit war, brach sie regelrecht in Panik aus.

Die Umsätze waren momentan nicht so gut, denn die Urlaubszeit und das damit verbundene Sommerloch prägten den Verkauf. Wiedermal wurde ihr bewusst, was sie doch für einen erbärmlichen Job hatte.

Für heute hatte sie die Nase voll. Zuerst diese überdrehte Wagenbrecht und jetzt noch diese Witzfigur von Mutz. Wie lange würde sie dies alles noch ertragen können?

Inzwischen dachte sie an den bevorstehenden Abend mit Dr. Albertino.

Ganz bestimmt wollte er nicht nur essen mit ihr!? Hoffentlich nicht!!! Susi ließ der Fantasie freien Lauf und erinnerte sich an seinen letzten Blick auf ihren Hintern, als sie sein Sprechzimmer verließ. Dieser war ziemlich eindeutig ihrer Meinung nach. Natürlich wollte er mehr von ihr – ganz klar!

In Windeseile ging sie duschen, rasierte die Beine und auch andere diverse Körperteile, die es nötig hatten. Sie wollte umwerfend aussehen, um diesen aparten Italiener verführen zu können.

Mittlerweile war es 19.00 Uhr und sie musste sich beeilen, wenn sie pünktlich sein wollte.

Zufrieden schaute sie in den Spiegel und fühlte sich unheimlich sexy in dem neuen roten Kleid. Ihr Haar trug sie hochgesteckt, was sie noch einen Hauch anziehender machte.

Irgendwie ähnelte Albertino diesem smarten Typ aus der Fernsehwerbung von der Cappuccino-Reklame, der da immer sagte: „Aber ich habe doch gar keinen Wagen … “

Susi wurde zunehmend nervöser, innerhalb weniger Minuten musste sie loslaufen und das brachte sie beinah um den Verstand. Ihr Herz klopfte wie verrückt vor lauter Aufregung. Beinah hätte sie die Kontrolle über sich selbst verloren.

Voller Anspannung verließ sie ihre Wohnung, lief durch die noch stark frequentierten Straßen bis sie endlich am Ziel anlangte.

‚Hier muss es sein‘, dachte sie und riss die Eingangstür entschlossen auf. Keiner sollte merken, wie stressig sie sich fühlte. Selbstbewusst wollte sie erscheinen und das gelang ihr auch, denn jedermann im Lokal drehte sich nach ihr um. Auch die anwesenden Frauen schauten Susi taxierend an. Das gab ihr Selbstvertrauen und sie strotzte vor Stolz. Plötzlich begannen ihre Augen zu leuchten, nein unendlich viele Blitze schienen ihre Pupillen zu verformen. Wie aus dem Nichts stand ihr Traumprinz, Dr. Albertino, vor ihr.

„Guten Abend Susi, ich freue mich sehr, dass Du kommen konntest!“ sagte der Doktor.

„Hallo, schön Dich zu sehen!“ entgegnete Susi.

„Komm, wir setzen uns gemütlich an den hintersten Tisch, da sind wir beide ungestört und können in Ruhe essen.“

Er nahm sie am Arm und glitt gefühlsvoll bis zum Handgelenk hinunter. Sie spürte ein leichtes, aber durchaus angenehmes, Kribbeln auf der Haut. An einem kleinen, runden Tisch im Kerzenlicht nahmen beide Platz. Er hielt noch stets ihre linke Hand fest, und meinte: „Der Champagner kommt sofort und dann besiegeln wir unser Du, recht so?“ „Ja, gerne!“ stammelte sie.

15

Eine attraktive Serviererin brachte den Sekt an den Tisch. Mit viel Geschick öffnete sie die Flasche, und goss beide Gläser voll. „Danke, Conny!“ sagte der Doktor und zwinkerte verwegen dem jungen Mädchen zu.

„Prost meine Schöne, ich bin Silvio, auf Dein Wohl!“ so der Charmeur. „Salute, Silvio, ich bin Susi! Auf Dein Wohl!“ antwortete sie. Sie schauten sich in die Augen. Er hielt ihrem Blick stand und das machte sie unsicher. Es war lange her, dass ein Mann sie in Verlegenheit brachte. Mit einem weiteren Glas Champagner in der Hand fühlte sie sich zunehmend sicherer und trank es in vollen Zügen aus.

Silvio hatte das ‚gewisse Etwas‘ und das wusste er selber auch. Sein italienischer Charme mit dem dazugehörigen Akzent, sowie die gepflegte Erscheinung, ließen jedes Frauenherz höher schlagen. Susi war hin- und hergerissen von ihrem Gegenüber. Sie bemerkte sehr schnell, dass sie bereits Feuer gefangen hatte.

Beide unterhielten sich angeregt, und sprachen natürlich auch über ihre Arbeit, die sie verband und durch die sie sich kennengelernt hatten. „Bist Du eigentlich verheiratet?“ fragte Susi und erschrak über die direkte Frage. Es war ihr einfach so rausgerutscht.

„Natürlich nicht, sonst dürfte ich kaum hier bei Dir sitzen. Aber ich stand einmal kurz davor – vorm Altar, meine ich!“ antwortete Albertino. „Und warum ist es schiefgegangen?“ wollte Susi wissen. Sein Gesicht verfärbte sich in Bruchteilen von Sekunden und es schien, als hatte er etwas zu verbergen.

Sie war neugierig, und wollte seine Vergangenheit gern etwas näher unter die Lupe nehmen. Das bedurfte aber Einfühlvermögen, darum stellte sie keine weiteren Fragen.

Bis er dann von selbst begann: „Meine damalige Freundin ist mit meinem besten Kumpel durchgebrannt.“

Er holte tief Luft und sprach weiter: „Darum habe ich damals Italien verlassen. Aber nun gut, heute bin ich hier und es geht mir besser. Und jetzt lass uns bitte das Thema wechseln.“

Er zog seine schwarzen Augenbrauen hoch, schaute Susi beinah teilnahmslos an, und schien in seinen Gedanken zu versinken.

Die Serviererin brachte das Essen. Beide nahmen Steinofenpizza und Susi bemerkte schnell, dass Silvio sich bemühte, unterhaltend zu sein. Mit einem verschmitzten Blick machte er ihr seine Zuneigung klar. Das bedurfte bei seinem Charme keiner Worte.

Ein italienischer Rotwein rundete das Essen ab. Sie war entzückt von seinen Umgangsformen. Ja, das war ein Mann von Welt. Es gab sie also wirklich, nicht nur im Film, wie sie stets glaubte. Sie fühlte sich pudelwohl und der Alkohol brachte eine gewisse Lässigkeit in ihr Gespräch. Ihr Gesicht wurde von einer bezauberten Röte überflutet, was sie zunehmend unwiderstehlich machte.

Im Hintergrund plätscherte leise Musik. Eros Ramazotti war zu hören und das löste noch einen zusätzlichen Reiz aus, denn sie war ein großer Fan von ihm.

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Yaş sınırı:
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Litres'teki yayın tarihi:
22 aralık 2023
Hacim:
232 s. 4 illüstrasyon
ISBN:
9783867775724
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Telif hakkı:
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