Kitabı oku: «Hitler 1 und Hitler 2. Das sexuelle Niemandsland», sayfa 5
Der Mann »ohne Unterleib«
Da Adolf Hitler in der Welt die bisher extremste politische Aufmerksamkeit erregt hat, ist er von dieser politischen Seite her auch prinzipiell biografisch »aufgerollt« worden. Seine sexuellen Bedingungen spielen konsequenterweise in allen bisherigen biografischen Studien entweder eine untergeordnete oder gar keine Rolle. Die Kurz-Biografien von nicht mehr als um die 200 bis 300 Seiten (Heiber, Deuerlein 69, Zitelmann) und die sogenannten politischen Biografien klammern das Thema aus (Steinert, Pätzold/Weißbecker, Reuth 03, Sandkühler).
Bei den medizinischen Hitler-Biografien spielt das Thema auch keine Rolle, obwohl Sexualität eigentlich zum Körper gehört, die medizinischen Biografen aber nur alles andere von Hitlers Körper behandeln und von seiner Sexualität lediglich von fern etwas wissen wollen (Recktenwald, Röhrs, Schenck, Redlich, Neumayr, Plouvier, Eberle/Neumann).
Unter den Mammut-Biografien – genannt im Folgenden oft »die 2000er«, weil die manchmal zwei- und mehrbändigen Werke ein Volumen ab 500 Seiten aufwärts bis zu 1000/2000 Seiten erreichen – gibt es zwei Positionen:
Erstens: Hitler hatte mehr oder weniger gar keine Sexualität. Denn Sex = Privatleben = aufgesogen von seiner politischen Tätigkeit (Olden, Heiden, Orr, Görlitz/Quint, Bullock, Fest, Joachimsthaler, Kershaw, Longerich).
Zweitens: Hitler = normaler Heteromann wie du und ich (P. u. R. Gosset, Maser, Toland, Irving, Steinert, Ullrich, Plouvier).
Wenn Hitler von psychiatrisch-psychopathologischer Seite her betrachtet wurde, dann lag seine Krankheit im Kopf oder in seiner Psyche = oben oder im oberen Drittel des menschlichen Person-Aufbaus (Binion, Bromberg/Volz Small, Coolidge, Langer, Miller, Rosenbaum, Stierlin, Waite).
Ursache-Folge-Forschungen geschahen auch dann nicht, wenn Hitler heterosexuelle Perversionen angedichtet wurden, wie von seinen ehemaligen Jüngern und späteren Abtrünnigen Hanfstaengl und Otto Strasser, auf den sich der Psychopathologe Langer nur nebenbei bezieht (PERVERSO). Die einzige Ausnahme war Machtan, der Hitler als homosexuell definierte und ihn in Schwierigkeiten mit der – die männliche Homosexualität tabuierenden und unterdrückenden – männerbündischen Gesellschaft darstellte.
Aus sexualwissenschaftlich-maskulogischer Perspektive ist Hitler noch nicht vorgenommen worden. Er wurde bisher auch nicht als Anlage-bedingt Destruktions-deviant beschrieben. Letzteres nicht, weil er weder als Serienkiller erkannt noch das Serienkiller-Syndrom selbst als männliche Sexual-Aberation schon enttarnt worden wäre.
All das wird im ersten Buch von Hitler 1 und Hitler 2 geschehen. Denn bevor im vierten Buch die eigentliche Wesensveränderung von Hitler 1 zu Hitler 2 behandelt wird, muss zuerst freigelegt werden, was Hitlers Serienkiller-Anlage mit seiner Wesensveränderung zu tun hat. Denn Hitler 1 war weder als Serienkiller im Besonderen noch sonstwie als sexual-aberativ im Allgemeinen auffällig geworden. Was für eine Sexualität lag bei ihm vor, aus der, mit der oder in die hinein seine Wesensveränderung geschah?
Für die Beantwortung dieser Frage konnte Machtans Studie über Hitlers Homosexualität nur ungefähr Richtung-weisend sein, denn Machtan kommt zu dem Ergebnis: Hitler war ein »gewöhnlicher Homosexueller«, der seinen Trieb unterdrücken, bedecken, einschränken, ja phasenweise stilllegen musste. Mit diesem Ergebnis ist nichts gesagt worden zu einer Verbindung zwischen Hitlers Sexualität und Massenmord-Praxis. Da dazu bisher nichts bekannt ist, muss diese Verbindung erst noch unter Beweis gestellt werden. (zweites Buch)
Der Titel des laufenden Absatzes Der Mann »ohne Unterleib« wurde aus den Jahrmarkts-Amusements der Zaubertrickser entnommen. Aus dem Bereich einer Publikums-Foppung entstand das geflügelte Wort »Die Frau ohne Unterleib«, einer lebenden Frau, der mit einer Versenkungsmaschine der Unterleib abgesägt zu werden schien, der in Wirklichkeit drangeblieben war. Die Publikums-Foppung geschah per optischer Täuschung.
Hitler kam aus der politischen Versenkung als Mann ohne Unterleib, dem Unterleibliches angedichtet werden musste, was schon durch seine Zeitgenossen nicht unbeträchtlich geschah, sich aber bis einschließlich zum Fall von Eva Braun als Zaubertrick entlarvte.
Nach dem Tod seiner Nichte Geli Raubal in seiner Wohnung am Münchener Prinzregentenplatz im September 1931 musste Hitler sich als Mann mit Unterleib darstellen, weil die zeitgenössische demokratische Anti-Nazi-Presse der Weimarer Republik endlich einen Zugriff hatte, den unangenehm Volks-verführerischen Klamauk-Politiker der äußersten Rechten in den Griff zu bekommen: Hitler = ein Einzelgänger, dessen Sexualität »nicht ganz dicht« zu sein schien.
Hitler musste sich ab Ende 1931 einen Unterleib anschaffen, sich das Image eines Mannes mit Unterleib zulegen. Dieses Image wird bis heute nicht als die unechte Wirklichkeit Hitlers erkannt.
Der »Führer« war kein »Ficker«
So überzeugend Lothar Machtan in seinem Buch Hitlers Geheimnis die homosexuelle Orientierung Adolf Hitlers freigelegt hat, der Historiker bleibt für Hitler 2 die Akte schuldig. (Machtan, zweite Buch) Damit befindet er sich in bester Gesellschaft mit der Hetero-Mehrheitsfraktion der Hitler-Biografik, die auch nicht belegen kann, dass Hitler ein geschlechtsaktiver, erst recht nicht, dass er ein phallisch-vaginal penetrativ-friktiv agierender Frauenliebhaber gewesen war.
Im Gegenteil: Es wimmelt von Statements aus der Hitler-umgebenden Nazi-Szene, sexuell habe der »Führer« nicht richtig getickt. Alle Äußerungen auf einen Nenner gebracht: Der »Führer« war kein »Ficker«. Sogar dem Verhältnis Hitlers zu seiner »Geliebten« und Lebensgefährtin Eva Braun wurde immer wieder die Plakette »platonisch« verpasst.
Wie sich am Schluss der Verhandlung zu Hitlers nicht-existenter Heterosexualität herausstellen wird, hielten mit sehr unterschiedlichen Schilderungen schließlich an die 40 seiner Nahen aus nächster Nähe den Daumen nach unten. Die zu Unrecht vergessenen Görlitz/Quint hatten 1952 schon alles zu Hitler 1 durchschaut: »Neben den natürlichen Beziehungen zum anderen Geschlecht fehlte [bei Hitler 1] eine zweite Beziehung zur Umwelt gleichfalls völlig, so natürlich und mächtig sie in den großen imperialen Militärstaaten Europas in diesen Jahrzehnten auch war, der Militärdienst.« (Görlitz/Quint, S. 71, 468 ff.) Das Phallische im Weichen wie im Harten war nicht Sache von Hitler 1.
1.–6. Zeuge:
Heinrich Hoffmann, Franz Xaver Schwarz, Christa Schroeder, Ernst Hanfstaengl, Herbert Döhring und Heinz Linge sprachen Hitler glattweg die Potenz gegenüber seiner Teilzeitgefährtin Eva Braun ab.
1. Allen voran der Stifter dieses Verhältnisses, Hitlers Münchener Leibfotograf Heinrich Hoffmann, der den vier Jahre lang fotoscheuen Hitler 2 erstmals 1922/23 vor seine Kamera gebracht hatte und ihm später dutzende Male ihn konterfeiend zuleibe rücken durfte, sodass einem solch fotoanalytischen Auge auf den politischen Star-Redner der extremen bayerischen Rechten auch ein Gucken durch den Hosenschlitz Hitlers zuzutrauen ist.
Hoffmanns erste Aussage über seine Einschätzung des Verhältnisses Braun-Hitler machte er am 1. Juli 1949 bei seinem Verhör in der öffentlichen Sitzung vor der Spruchkammer München: »Hitler hat sie alle Vierteljahr mal gesehen. Erst Jahre später hat er mir gegenüber geschildert, dass Fräulein Braun ihm sehr angenehm sei. Ich meine, Hitlers Verhältnis zu Eva Braun war immer ein platonisches. – Hitler ist ab 1930 öfters in meinem Geschäft gewesen und hat bei solchen Gelegenheiten die Braun bei mir kennengelernt und sie öfters gesehen.« (Hoffmann 49, S. 434)
In Hoffmanns Buch von 1974, Hitler wie ich ihn sah, kommt der Stabbruch über die Sexualität zwischen Braun und Hitler nicht expressis verbis vor. Doch Hoffmann erreicht sein Urteil über das Trockengebiet Braun-Hitler auf andere Weise. Er beschreibt einen Hitler bar jeder sexuellen Zündung gegenüber Braun: »Hitler lernte Eva Braun in meinem Geschäft kennen, wie eben jeden anderen Angestellten auch. Er sprach mit ihr über völlig unpersönliche Dinge. Nur manchmal ging er aus seiner Zurückhaltung heraus und machte ihr auf seine Art harmlose kleine Komplimente. Weder ich noch sonst irgend jemand merkte ihm intensiveres Interesse an … Er dachte nicht daran, mit Eva eine engere Bindung einzugehen.« (Hoffmann 74, S. 136)
2. Der Schatzmeister der NSDAP Franz Xaver Schwarz tutete in dasselbe Horn: »Die Beziehung« Hitlers zu Braun sei »rein platonisch« gewesen, vermeldete Schwarz am 26. Oktober 1945 den Interviewern der U. S. Army Interrogation Division beim Internationalen Militärgerichtshof in Nürnberg. (Schwarz, S. 9)
Schwarz war als Duz-Freund und oberster, nie entthronter Finanzmann der Partei Hitler so nah, dass sich ihm über Hitlers Verhältnis zu Eva Braun das Essentielle vermittelt hat – vor allem auch deshalb, weil Eva Braun bei Schwarz zu Hause verkehrte. Aus solch einem nahen Umgang ebenfalls mit der »Beteiligten« sind erst recht Schlüsse aus dem Privaten des befreundeten Paares zu ziehen.
6Eva Braun mit Wahleltern Schwarz 1930er
Brauns Biograf Nerin E. Gun publizierte ein Foto aus dem Hause Schwarz. (Gun 68 I, S. 80, B. 2) Es zeigt Schwarz mit seiner Frau an einem Tisch sitzend. Zwischen und zugleich über ihnen auf einer Mauer thront Braun und umarmt beide, die zufrieden lächeln. (B. 6)
Frei nach Goethe kann die Stimmung zwischen Eva und den Schwarzens beschrieben werden: »Hier ist sie Mensch, hier darf sie’s sein.« – Wehmütig-glücklich schaut sie in die Kamera – ihr gesamtkörperlicher Gestus zeigt ein vollständiges Vertrauen gegenüber ihren Wahleltern. Die Charakteristik von Wahlverwandtschaften: Es sind Wahr-Verwandtschaften, in denen alles zur Person des seelisch adoptierten Kindes herauskommen darf und herauskommt.
Franz Xaver Schwarz hat sich deshalb über die a-sexuelle Eigenart der Braun-Hitler-Beziehung nichts eingebildet.
3. Hitlers Sekretärin Christa Schroeder hielt in ihren zu Lebzeiten nicht veröffentlichten Notizen über Hitler fest, Eva Braun habe deren Friseuse anvertraut: Kein Sex mit Hitler! Schroeder summierte über Hitlers Trockengebiet: »Er brauchte Erotik, aber keinen Sex.«
Ein unglaublicher Satz, dessen Inhalt wegen seiner Kürze blindgängerhaft nicht richtig hochgehen kann, um das Ungebührliche Erkenntnis-wirksam in die Gegend zu streuen. Sekretärin Schroeder hielt fest: Hitler »brauchte keinen Sex«! Ja, wenn das so war, dann hat Hitler auch keinen interpersonellen Sex agiert! Denn das machen nur Menschen, die ihn brauchen.
Schroeder dekretierte Hitlers sämtliche Beziehungen zu Frauen in die Sterilität. Alle seine Verhältnisse mit Frauen seien »platonisch« gewesen und das zu Eva Braun ein »Scheinverhältnis«! (Schroeder 99, S. 152 f., 155 f.)
4. Die Einschätzung von Hitlers Sexualität durch einen seiner ersten politischen »Liebhaber«, den anglophilen Intellektuellen Ernst Hanfstaengl, gibt den Grundsatz zu Hitlers sexuellen Bedingungen preis: Hitler sei »ein absolutes Neutrum« gewesen, »aber kein Mann, trotz seines dauernden Schmachtens«, wie Hanfstaengls Frau Helene ihren Mann »Putzi« beruhigt hatte, der beinahe in einen Kniefall Hitlers vor Helene im Wohnzimmer des Ehepaars hineingeplatzt war. (Hanfstaengl 70, S. 61)
Doch »so richtig vom Leder« gegen Hitlers sexuelle »Untüchtigkeit« zieht Hanfstaengl erst in seinen unbearbeiteten Erinnerungen: Hitler sei »im medizinischen Sinn des Wortes impotent« gewesen und habe »in einem sexuellen Niemandsland« ohne »normales Geschlechtsleben« dahinvegetiert. (Hanfstaengl BSB, S. 3, 42)
Das sind die schärfst denkbaren Ausformulierungen des etwas einsilbig wirkenden Diktums von Sekretärin Schroeder: »Hitler brauchte keinen Sex«. Hanfstaengls Beschreibung von Hitler als »sexuellem Niemandsland«, das »im medizinischen Sinn des Wortes impotent« war, muss Hitler-Forscher in allen Ländern so verschreckt haben, dass Hanfstaengls »Geheim«-Erinnerungen von ihnen bis heute nicht herausgegeben wurden und unpubliziert in der Bayerischen Staatsbibliothek in München vor sich hin modern.
Beide Hitler-Nahen, Hanfstaengl und Schroeder, brechen auch den Stab über der angeblichen Liebesbeziehung Braun-Hitler: Eva Braun sei »ein Dekorationsstück« gewesen, das Hitler »als Schutzschild gegen alle anderen aufdringlichen Frauen« benutzt hätte. (Hanfstaengl 70, S. 359, Hanfstaengl 05, S. 294, Schroeder in Joachimsthaler 03, S. 454 f)
Nazifrauen-Biografin Anna Maria Sigmund näherte sich 2008 dieser Position, die sie referierte: Hitler habe »seine Freundin, mit der er in biederer Zweisamkeit seine karge Freizeit verbrachte, nur zur Kaschierung seiner sexuellen Abstinenz benutzt«. (Sigmund 08 I, S. 19 f) Mit besagter Einschätzung Hanfstaengls und Schroeders könnte Sigmund ihre Vorstellung vom Funktionieren des sexuellen Verhältnisses zwischen Hitler und Braun überwinden, was sie derart radikal jedoch nicht tut, da sie ihre alte Meinung bis zur jüngsten Ausgabe ihres mehrbändigen Nazifrauen-Konvoluts 2013 in ihrem Braun-Hitler-Beziehungs-Abriss propagiert. (Sigmund 98, S. 166, Sigmund 05/13, S. 245) Und Sigmund selbst war nicht bereit, ihre neue Einstellung gegenüber der Nicht-Sexualität im Verhältnis Braun-Hitler in die jüngste Ausgabe ihrer Bücher Die Frauen der Nazis von 2013 zu übernehmen. (Sigmund 13)
5. Es wird noch deutlicher in Sachen von Hitlers Nicht-Heterosexualität: Nie befleckte Laken decouvrierten die sexuelle Sahara des »Führers«. Das sagte einer, der speziell mit Hitlers Bettwäsche zu tun gehabt hat. Herbert Döhring, der Hausverwalter von Hitlers Landsitz Berghof auf dem Obersalzberg bei Berchtesgaden, hat zwischen Juli 1936 und Februar 1943 für fast sieben Jahre mit seiner Frau die Betttücher in den Braun-Hitler-Zimmern kontrolliert und habe sie immer im Spuren-losen Zustand vorgefunden, wie er noch in einem Interview 2001 zum Besten gab: »[…] meine Frau, extra die Wäsche nachgeschaut, vorm Waschen, wenn Hitler weg war. Nix, nix, nix festgestellt […] auch nirgendwo Tücher oder wie, gab keine Anhaltspunkte, nix.« (Joachimsthaler 03, S. 454, Sigmund 08 I, S. 54, Anm. 110 – [ungekürztes Döhring-Zitat unter 21. »Nein«-Sagerin])
6. Ein weiterer Leibnaher Hitlers, der nach Karl Wilhelm Krause zweite Kammerdiener Heinz Linge (ab 1935), strauchelte in seiner Einschätzung des »Ob oder Nicht«, wenn er die Begegnungsrituale zwischen »Führer« und »Mätresse« darstellen sollte. Zu viel spräche bei den Abläufen der Abende in Hitlers Münchener Privatwohnung am Prinzregentenplatz – meist ohne gemeinsame Nächte und nie in einem gemeinsamen Zimmer – dafür, dass im Verhältnis zwischen Adolf und Eva »Stoß und Drang« fehlten. Linge fasste 1945/46 in seinen Verhören durch die sowjetischen Investigatoren deshalb für das von Stalin beauftragte Buch Hitler seine Erfahrungen zusammen: »Hitlers Verhältnis zu Eva Braun war eindeutig unnormal.« »Als Bettgenossin« war sie »zu einem entsagungsvollen Leben verurteilt«. (Eberle/Uhl, S. 63 f., 102, Sigmund 08 I, S. 19, 21)
Tiefensexologische Analyse
Obwohl mit stärksten Worten Hitlers Heterosexual-Leben von sechs Zeugen abgekanzelt wurde, hatten sie keinen Nachhall in der Hitler-Biografik. Hitlers Sexualität blieb bis heute unter den Hitler-Biografen un-eruierbar. Prinzipiell verharrte jeder – außer Werner Maser – im Schema: »Kann sein, kann auch nicht sein.«
In der zitierten Kürze und mit dieser Auswahl bringen die sechs Zeugen immer noch keine Klarheit, denn ihnen stehen vier gegenüber – drei, die von wiederholten Treffen zwischen Hitler und Braun in Hitlers Münchener Wohnung am Prinzregentenplatz zum Zwecke des Austauschs von Intimitäten berichten, und eine Zeugin, die Empfängnis-verhütend Spezifisches zum Besten gab, woraus geschlossen werden sollte, es sei auf Hitlers Berghof regelmäßig zu vaginal-penetrierenden Sexualakten zwischen Hitler und Braun gekommen, an die auch noch Hitlers Gesamt-Biograf Volker Ullrich glaubt, der seinen Gegenstand heterosexuell so aufpeppt, als sei Adolf Hitler in Sachen Sex ein ganz normaler Mann gewesen. (Ullrich, S. 299 ff., 677 ff., Einzelheiten zu dieser Zeugin unter 7. Ja-Sagerin)
Zu den Vieren gehört die Abschrift eines Tagebuch-Fragments, das Eva Braun hinterlassen hat und in dem sie ihre Sexualität mit Hitler andeutet. Formelle und inhaltliche Echtheit des Zeugnisses sind in der Braun-Hitler-Biografik so umstritten, dass ihm ein ausführliches Kapitel gewidmet wird. Mit den vier Aussagen und dem einen Zeugnis stehen den sechs Neins fünf Jas gegenüber.
Aus der Reihe der sechs Nein-Sagenden muss in einer Serie von extra Kapiteln ein Zeuge separiert behandelt werden, der Leibdiener Heinz Linge, der sich in Abständen von Jahrzehnten dreimal widersprüchlich über Hitlers Heterosexualität geäußert haben soll – zum ersten Mal 1945/46 mit seinem Nein für die sowjetischen Interviewer. (Eberle/Uhl) Dagegen hätte Linge angeblich zweimal seine russische Nein-Position in ihr Gegenteil, eine deutsche Ja-Behauptung, gewandelt, 1955/56 (Linge 55/56) und 1980. (Linge 80/82)
Zeugen-Widersprüche sind in Verfahren jeglicher Art das Unangenehmste bei der Wahrheitsfindung, weil es äußerst beschwerlich ist, das Wirklichkeits-Entsprechende aus der 180-Grad-Kehrtwende-Zickzack-Bewegung eines Zeugen herauszubekommen: Hat der Zeuge zuerst oder später die Unwahrheit gesagt? Mindestens einmal muss er es bei einander widersprechenden Aussagen getan haben – in Linges Fall unternahm der Zeuge Falschdarstellungen möglicherweise sogar zweimal. Welche Aussage ist die falsche? Und warum hat der Zeuge sie in einem bestimmten Moment gemacht? Der Faktor Zeit hilft nicht, denn spätere Aussagen müssen nicht immer Wahrheits-Korrekturen der früheren sein, sondern können jetzt erst Lügen enthalten, die herauszufinden sind. Zusätzlich muss die Erklärung dafür geliefert werden, warum die Fälschungen zuerst oder später gemacht wurden.
In der Einschätzung von Hitlers Heterosexualität kann man mit diesem Patt der sechs Neins – von denen eines »wackelt« – gegen die fünf Jas keinen Schritt in Richtung Klarheit vorankommen.
Deshalb muss in die Tiefe und in die Breite gegangen werden, was Seiten-verschlingende Folgen hat: Es müssen alle Zeugen zu Hitlers Heterosexualität, die heute dokumentarisch erreichbar sind, herangezogen werden. Dazu müssen auch die Minus-Botschaften – das Nichts-Sagende – präsentiert werden, falls es in einem bestimmten Zeugnis eigentlich einige Auskunfts-Späne zu Hitlers Heterosexualität hätte geben sollen, so beiläufig fallengelassen sie auch immer sind. Das blanke heterosexuelle Schweigen in einer Zeugenschaft über Hitler sagt selbstverständlich etwas aus. Ebenfalls müssen die Versäumnisse einer Mitteilung über Hitlers heterosexuelle Bedingungen eingesammelt und der Diskussion zur Verfügung gestellt werden. Zuzüglich ist es erforderlich, markante Äußerungen, wie die von den Flecken-losen Laken, komplett zu zitieren. Die Kürzel von zwei bis drei Zeilen geben keine genügende Kontur, wenn es um so etwas Kompliziertes wie die Sexualität einer öffentlichen historischen Person geht.
Klarheit über die Sexualität eines Menschen herzustellen ist in der Geschichtsschreibung das Komplizierteste überhaupt, weil bis in das 21. Jahrhundert hinein Menschen sich über ihre eigene Sexualität nicht schriftlich festgelegt haben und Geschichtswissenschaft nur mit Hilfe von Dokumenten, Zeugnissen und Zeugenaussagen möglich ist, um sich vom historischen Roman abzugrenzen, in dem fantasiert werden kann, was das Papier aushält. Die Schamschwelle in Sachen Sexualität reicht bis zum Beobachten des Geschlechtlichen bei anderen Menschen. Auch Umfeld-haft wird bei Sexualität eher weg-, als auf sie hingeschaut. Sex präsentiert sich im Bewusstsein der Öffentlichkeit immer nur mit den Daten von Heirat und Kindergeburten. Wenn beides wie bei Hitler im Verlaufe seines Daseins nicht stattfand, beginnt die Arbeit einer Montage aus Kubikmillimeter-kleinsten Steinchen.
Als Inge Jens 2010 aus Anlass der Publikation ihres Buches über ihre Ehe mit ihrem inzwischen dement gewordenen Mann, dem ehemaligen Tübinger Rhetorik-Professor und jahrzehntelangen BRBonn-Kultur-Träger Walter Jens, in einem Fernseh-Interview gefragt wurde, warum Sex in ihren Unvollständigen Erinnerungen nicht vorkomme, antwortete sie schlagfertig: »Das muss man können! Ich kann so etwas nicht.«
Auch die gängige Hitler-Biografik kann so etwas nicht und lässt die Gesellschaft mit ihrer Darstellungs-Abstinenz bis ins dritte Jahrtausend hinein im Regen stehen. Die bisherige Hitler-Biografik leistet sich ihre Enthaltsamkeit guten Gewissens, weil sie davon ausgeht, Sex gehöre zum Privatleben, Hitler habe jedoch als öffentliche Person politisch oder psychiatrisch geknackt zu werden und nicht sexuell.
Die 68er Protest- und die Nach-68-Emanzipations-Bewegungen fanden heraus: »Das Private ist politisch.« Und: »Das Politische konditioniert das Private.« Hinter diese überall verifizierbare Wahrheit sollte auch bei einer Hitler-Studie nicht zurückgefallen werden, vor allem dann nicht, wenn es darum geht, den deutschen Staatsterroristen als sexual-deviant freizulegen. Deshalb gilt es, mit dem Achselzucken der Hitler-Biografik Schluss zu machen, ihr Jacke-wie-Hose zu beenden, das Ungenaue und Unsaubere, ja bei den Hitler-Biografen Werner Maser und David Irving sogar das absichtlich Falsche zu überwinden. Wenn dargestellt werden soll, Adolf Hitler war eine sexopathia masculinis, darf es weder Hemmschwellen noch Aussparungen und Beiseite-Lassungen geben.