Kitabı oku: «Kleine politische Schriften», sayfa 4

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Wir wissen, die heutigen Eigentumsverhältnisse sind eine vorübergehende Gesellschaftsform, die sich zu einer höheren Gesellschaftsform entwickeln muß. Wir wissen aber nicht, welche Beschleunigung oder welche Hemmnisse dieser Entwicklungsprozeß finden wird.

Emanzipiert sich der Staat freiwillig, das heißt infolge richtigerer Anschauungen der Regierenden, von dem Klassencharakter, den er heutzutage hat; wird er, was er sein soll, Volksstaat, Ausdruck des Gesamtwillens, Verwirklicher des Gesamtinteresses, so vollzieht sich die Umgestaltung allmählich, ohne gewaltsame Schädigung der Privatinteressen, auch der unberechtigten, aber bisher von dem Gesetz sanktionierten. Das ist Reform. – Bleibt dagegen der Staat starrer Klassenstaat, so verschließt er freilich den Weg friedlicher Reform; ein Moment wird kommen, wo die Unerträglichkeit der Zustände die Menschen in die Alternative versetzt, entweder zugrunde zu gehen oder den Staat zu zertrümmern, der ihnen die Möglichkeit der Existenz raubt. In solchen Lagen ist der Entscheid nie zweifelhaft, ebensowenig wie der Erfolg. Das ist Revolution.

Reform oder Revolution – das Endziel wird in beiden Fällen erreicht. Reform oder Revolution auf die Landfrage angewandt heißt aber: Expropriation oder Konfiskation. Expropriation, das ist volle Entschädigung der Besitzer; Konfiskation, das ist Beschlagnahme ohne Entschädigung, zur Strafe für unberechtigten Widerstand. Selbstverständlich könnten die Kleinbauern, die auf den Staat keinen Einfluß haben und durch ihr Interesse auf Seiten des Proletariats gedrängt werden, für die Sünden des Staats nicht verantwortlich gemacht werden, ebensowenig wie für den etwaigen Widerstand der Großgrundbesitzer und dessen Folgen.

Expropriation, als Forderung der Landreform aufgestellt, heißt aber nicht, daß sofort mit einem Schlag der ganze Grund und Boden den bisherigen Privatbesitzern genommen und zu Staatseigentum verwandelt werden solle. In England sind die Verhältnisse allerdings so reif, daß die »Expropriation des Expropriateurs«, um Marx' Ausdruck zu gebrauchen, die Expropriation sans phrase und ohne Übergangsmaßregeln auf der Tagesordnung steht und bei Zerstörung der Klassenherrschaft unzweifelhaft einer der ersten Akte des englischen Proletariats sein wird. Der Privatgrundbesitz ist das vornehmste und augenfälligste Mittel zur Knechtung des Volks, die Hauptstütze der Klassenherrschaft – das Monopol einiger weniger, welches von diesen in jeder Beziehung auf gemeinschädlichste Weise zum Nachteil des Volks ausgebeutet wird. Kein berechtigtes Interesse hängt an dem Landbesitz; jedes berechtigte Interesse wird durch ihn verletzt. So ist die Frage klar gestellt und die Antwort von vornherein gegeben. Unter den englischen Arbeitern herrscht daher auch vollkommene Einstimmigkeit, und das Votum der englischen Delegierten auf dem Baseler Kongreß war in der Tat das Votum des englischen Proletariats in der Landfrage. Nicht so einfach ist die Frage in Frankreich oder gar erst in Deutschland. Der Kleinbauer, obgleich tatsächlich Proletarier oder dem Proletariat unaufhaltsam zutreibend, hängt großenteils sehr fest an seinem Eigentum, wenn es auch schon in den meisten Fällen nur nominelles, eingebildetes Eigentum ist. Ein Expropriationsdekret würde unzweifelhaft die Mehrzahl der Kleinbauern zum heftigsten Widerstand, vielleicht zu offener Rebellion reizen. Es gilt hier also mit Behutsamkeit und mit möglichster Rücksichtnahme auf die Vorurteile und eingebildeten Interessen zu verfahren. Der Staat muß mit peinlichster Sorgfalt alles vermeiden, was ihn den Kleinbauern als Feind könnte erscheinen lassen. Er muß dieselben systematisch über ihre wirklichen Interessen aufklären und sie von der Hoffnungslosigkeit ihrer jetzigen Lage überzeugen. Hand in Hand mit dieser theoretisch-propagandistischen Tätigkeit müssen aber praktische Maßregeln zur unmittelbaren Erleichterung gehen: In erster Linie sind die Hypothekenschulden auf den Staat zu überschreiben, so daß der Bauer aus den Klauen seines Privatgläubigers befreit wird. Es braucht dies keine Zwangsmaßregel zu sein: die Vorteile, welche der Staat bietet, werden genügende Anziehungskraft üben. Diese Vorteile – ein niedrigerer Zinsfuß, die Sicherheit gegen plötzliche Kündigung, Bereitschaft zu weiteren, sich als notwendig herausstellenden Darlehen – sind jedoch an Bedingungen zu knüpfen, welche das allgemeine Wohl erheischt, nämlich daß sich die Bauern zu einem rationellen Ackerbau verpflichten und unter Staatsunterstützung und Staatskontrolle den Einzelkleinbetrieb allmählich in den genossenschaftlichen Großbetrieb überleiten. Durch zweckmäßigen Unterricht in den Volksschulen und durch landwirtschaftliche Akademien – ich brauche nicht zu bemerken, daß im freien Volksstaat aller Unterricht unentgeltlich ist – lassen sich die nötigen agronomischen Kenntnisse schnell verbreiten.

Auf den Staatsdomänen, die in Deutschland zum Glück noch sehr bedeutend sind, wären Ackerbaukolonien zu gründen, die, nach sozialistischen Grundsätzen eingerichtet, unmittelbar für den Staat zu produzieren und zu gleicher Zeit als landwirtschaftliche Musteranstalten zu dienen hätten. Jedenfalls darf nicht zum zweitenmal der Fehler begangen werden, den die Franzosen in ihrer Revolution begingen: das Staatseigentum in Privateigentum zu zersplittern. Das Schicksal der französischen Parzellenbauern sei uns ein warnendes Exempel. Oder soll dieser Cercle vicieux ewig dauern? Dieser verhängnisvolle verrückte Kreis, in dem wir, dem Übel zu entrinnen trachtend, stets wieder in das Übel zurückrennen? Wir müssen diesen Kreis durchbrechen. Auf den Staatsdomänen kann sofort ein namhafter Teil der Landproletarier untergebracht werden; aber auch dem nicht direkt versorgten Teil derselben wird dadurch indirekt wesentlich aufgeholfen, und zwar in zweifacher Hinsicht, materiell und moralisch: indem die Entfernung zahlreicher Landarbeiter vom Arbeitsmarkt die Löhne der Zurückbleibenden steigert; und indem die menschenwürdige Existenz, welche den Landarbeitern der Staatsackerbaukolonien gesichert wird, in den übrigen Landarbeitern das Streben erweckt, sich eine ähnliche Existenz zu sichern. Mit einem Wort, es wird eine Art Regulator geschaffen. Die Staatsdomänen müssen der Kern werden, um den sich die künftige Gesellschaft kristallisiert: das Vorbild der Assoziation, Musterorganisationen, welche einesteils durch das Beispiel anfeuern, andernteils durch ihre Leistungen in berechtigter Konkurrenz vorandrängen. Die vereinzelten Privateigentümer werden nicht lange gegen diese Konkurrenz anzukämpfen vermögen und schließlich mit Freuden in ihre Expropriation einwilligen. Auch die Privatassoziationen können sich nicht auf die Dauer behaupten: Die Mitglieder werden bald einsehen, daß es für sie selbst und für die Allgemeinheit besser ist, wenn sie die Fiktion des Privateigentums aufgeben und direkt für Rechnung des Staats arbeiten. Sieht dieser oder jener es nicht ein, nun so lasse man ihm die »Freiheit«, sich als »Privateigentümer« nach Herzenslust abzuquälen – vorausgesetzt, daß er nichts Gemeinschädliches unternimmt. Falls das öffentliche Interesse es nicht gebieterisch erheischt, wird ein demokratischer, ein sozialdemokratischer Staat – und nur von diesem kann hier die Rede sein – keinen Zwang anlegen. Anders wird natürlich der Verlauf sein, wenn die herrschenden Klassen in ihrem Sonderinteresse den Gang der Entwicklung gewaltsam zu hemmen suchen und eine revolutionäre Katastrophe hervorrufen. Dann wird voraussichtlich, statt eines langsamen Übergangs unter möglichster Schonung aller Sonderinteressen, ein plötzlicher, gewaltsamer Bruch mit dem Bestehenden erfolgen, ohne jegliche Rücksicht auf Sonderinteressen. Das Volk hilft sich, wie es kann; der Ertrinkende fragt nicht danach, wen er in die Fluten hinabreißt, rettet er nur sich selber. In Revolutionen gleicht aber die Gesellschaft einem Ertrinkenden – es gibt für sie bloß ein Gesetz: das der Selbsterhaltung. Lassen die herrschenden Klassen es in Verteidigung ihrer Sonderinteressen aufs äußerste ankommen – um so schlimmer für sie. Eine Abrechnung ist unvermeidlich; die Frist kann verschoben werden, aber nicht bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag. Und bei jeder Abrechnung ist's gut, wenn beide Teile sich verständigen. Namentlich ist das gut für den Teil, welcher im Fall der Nichtverständigung alles zu verlieren und nichts zu gewinnen hat. Und je länger verschoben, desto schwieriger wird die Abrechnung, desto härter die Bedingungen. Die Sybille der Weltgeschichte verbrennt ihre Bücher nicht und hat nicht einen festen Preis, wie die Sybille des Römerkönigs; von Stunde zu Stunde erhöht sie den Herren der Erde gegenüber den Preis des Schicksalsbuches, bis er zuletzt so hoch wird, daß die Verblendeten ihn nicht mehr bezahlen können.

Als in den Vereinigten Staaten von Nordamerika Lincoln zum Präsidenten gewählt wurde (1860), lautete die Devise des Nordens: Ablösung der Sklaverei – Expropriation in schonendster Form. Die Sklavenhalter des Südens verschanzten sich in ihr starres »Recht«, wiesen, pochend auf ihre Macht, jeden Kompromiß zurück und entfalteten trotzig die Fahne der Revolution. Die Abschaffung der Sklaverei war eine Lebensfrage für das Volk der Vereinigten Staaten; das Volk nahm den Kampf auf, und nach titanischem Ringen wurden die Sklavenhalter besiegt und die Sklaven ohne Entschädigung emanzipiert. Die Expropriation war verweigert worden – es folgte die Konfiskation.

Die Sklavenhalter und herrschenden Klassen Europas mögen sich die Lehre hinter die Ohren schreiben!

Hier eine kurze Bemerkung:

Man macht unserer Partei häufig den Vorwurf, sie verstehe sich wohl auf die Kritik des Bestehenden, aber sie bleibe die Antwort schuldig, was anstelle des Bestehenden zu setzen sei; wir wüßten wohl zu zerstören, aber nicht wiederaufzubauen. Der Vorwurf ist ein unverdienter und nimmt sich besonders in dem Mund von Männern, die auf ökonomischem Gebiet das laisser faire, laisser aller frz., sinngemäß: Gehen lassen, wie es geht. Doktrin der Manchesterschule.predigen, gar komisch aus. Wer, wie unsere freihändlerischen Bourgeois, den Satz verficht, daß die Gesellschaft die höchstmögliche Vollkommenheit erreichen werde, wenn man die Menschen nur sich selber überlasse, sie in ihrem Kampf ums Dasein nicht durch äußere Einwirkungen und Hemmungen störe, der hat fürwahr nicht das Recht, von einer andern politischen Partei zu verlangen, sie sollt den Zustand, welchen sie erstrebt, in allen Details vorauszeichnen. Die menschliche Gesellschaft ist keine Maschine, die gemacht worden ist und von Zeit zu Zeit mechanisch repariert werden muß. Sie ist ein lebendiger Organismus, der wie eine Pflanze wächst; der gleich der Pflanze gedeiht, wenn er sich in gesunden, seiner Natur entsprechenden Bedingungen befindet; gleich ihr verkommt, wenn sein Wachstum durch schädliche Einflüsse gehemmt ist; und, gleich ihr, sich nur dann wieder erholen kann, wenn diese schädlichen Einflüsse entfernt werden. Die Entfernung der schädlichen Einflüsse ist die Heilung. Die Negation (Verneinung) des Schlimmen ist die Bejahung, die Feststellung des Guten. Das Leben ist die Negation des Todes. Die Geschichte ist eine permanente Negation; Negation der Vergangenheit und Gegenwart, des vergangenen und gegenwärtigen Zustandes. Und nicht bloß die Geschichte der Menschheit, sondern auch die jedes einzelnen Menschen, überhaupt jedes Organismus, ja jedes Dinges. Zerstören und Schaffen ist ein und dasselbe, wo es sich um die Zerstörung des Lebensfeindlichen handelt: das Schlechte zerstören heißt das Gute schaffen. Der Zerstörung des Lebensfeindlichen, soll sie gründlich und von dauernder Wirkung sein, muß dessen Kritik vorhergehen. Die Kritik hat das Schädliche zu zeigen, damit die Praxis es entfernen kann ...

[...] Genug. Ich glaube, in dem Bisherigen den versprochenen Beweis dafür geliefert zu haben,

»daß die Baseler Beschlüsse in dem Stand der Landfrage ihre vollste Berechtigung finden; und

daß das Geschrei gegen die Baseler Beschlüsse nur der Ignoranz oder bösem Willen entspringen kann«.

Es ist mir jetzt nur noch übrig zu zeigen, »daß unsere Partei, wollte sie die Baseler Beschlüsse verleugnen, ihre eigenen Prinzipien, ihr eigenes Programm verleugnen würde«.

Das Eisenacher Programm sagt im dritten Punkt des die allgemeinen Grundsätze enthaltenden Teils (II):

»Die ökonomische Abhängigkeit des Arbeiters von dem Kapitalisten bildet die Grundlage der Knechtschaft in jeder Form, und es erstrebt deshalb die sozialdemokratische Arbeiterpartei, unter Abschaffung der jetzigen Produktionsweise (Lohnsystem), durch genossenschaftliche Arbeit den vollen Arbeitsertrag für jeden Arbeiter.«

So deutlich als Worte es aussprechen können, ist hier ausgesprochen: erstens die negative Forderung, daß wir die jetzige (kapitalistische) Produktionsweise, mit dem ihr zugrunde liegenden Lohnsystem, das heißt der Ausbeutung der Arbeit durch das Kapital, daß nur ein Teil des Ertrags der Arbeit dem, der sie geleistet hat, zugute kommt, während der andere, größere oder geringere Teil in die Tasche eines sich Arbeitgeber, Meister, Fabrikant, Unternehmer, Pächter, Grundbesitzer, Gläubiger nennenden Individuums fließt, welches die Arbeit nicht geleistet hat und in sehr vielen Fällen überhaupt gar nicht arbeitet. Die jetzige Produktionsweise, welche wir abschaffen wollen, beschränkt sich aber nicht auf die Industrie, sondern herrscht auch in der Landwirtschaft, für welche die nämlichen ökonomischen Gesetze in Kraft sind wie für die Industrie. Die Ausbeutung der Arbeit durch das Kapital ist, wie wir gesehen haben, auf dem Gebiete des Ackerbaus nicht weniger allgemein und intensiv als auf dem Gebiete der Industrie – bei den Kleinbauern in Form von Hypothekenschulden und Wucherzinsen – beim Großackerbau in Form von Hungerlöhnen für den eigentlichen Produzenten; und die Erlösung durch genossenschaftliche Produktion ist darum für den ländlichen Arbeiter ein ebenso dringendes Bedürfnis wie für den städtischen Arbeiter. Daß zur Durchführung der genossenschaftlichen Produktion die Hilfe des Staates notwendig ist, da auf privatem Weg nur kleine, die Opfertätigkeit einzelner beweisende, im ganzen jedoch völlig einflußlose und unfruchtbare Versuche gemacht werden können, ist gleichfalls in dem letzten (10.) Punkt der »nächsten Forderungen« (III) des Eisenacher Programms ausgesprochen, und es ergibt sich somit, daß die Baseler Beschlüsse, weit entfernt, mit unserem Programm im Widerspruch zu stehen, nur dessen Konsequenzen für die landwirtschaftliche Produktion enthalten. In der längeren Abhandlung, welche unser Freund Bebel jetzt im »Volksstaat« veröffentlicht (»Gegen die demokratische Korrespondenz«), wird dies des Näheren nachgewiesen und überhaupt die Landfrage mit großer Schärfe und Gründlichkeit erörtert, weshalb ich auch hier auf diese Ausführungen verweise.

Man hört vielfach die Behauptung aufstellen, die sozialistischen Ideen möchten wohl für die städtischen Verhältnisse, für die eigentliche Industrie passen, seien aber nicht auf die ländlichen Verhältnisse, auf die Landwirtschaft, anzuwenden. Das ist ein Irrtum, der in der unbestreitbaren Tatsache wurzelt, daß die ländliche Bevölkerung sich bisher den sozialistischen Strebungen gegenüber größtenteils entweder gleichgültig oder geradezu feindlich verhalten hat. Diese Gleichgültigkeit, wo nicht Feindschaft, beruht aber nur auf mangelnder Kenntnis der sozialistischen Grundsätze. Die Landbevölkerung wohnt zerstreut; die gesellschaftliche Reibung, die in den Industriemittelpunkten, in den Städten, stattfindet und geistige Funken hervorsprühen läßt, ist auf dem Land nur in geringem Maß vorhanden, wozu noch kommt, daß aus demselben Grund auch die Verbreitung neuer Gedanken auf dem Land weit schwieriger ist als in den Städten, namentlich den großen Städten, die darum allen Feinden des menschlichen Fortschritts, von Ludwig XIV., dem Urheber des berüchtigten »Der Staat bin ich«, bis herunter auf den preußischen Junker Bismarck, ein Dorn im Auge sind. Ebensogut könnte man sagen, die Politik sei nicht für die Landbevölkerung, denn es steht fest, daß das politische Leben auf dem Land durchschnittlich weit weniger ausgebildet ist als in den Städten.

Nicht nur ist der Sozialismus dem Landbau nicht antagonistisch (feindlich), sondern er ist, wie ich gezeigt habe, für seine Fortentwicklung geradezu unerläßlich! Und was die Verwirklichung des Sozialismus angeht, so ist sie für den Landbau sogar noch weit leichter als für die städtische Industrie. Die Gemeinde, das Dorf, ist eine natürliche Assoziation, und mit vollständiger Schonung der bestehenden Eigentumsverhältnisse lassen sich die heutigen Dorfgemeinden in Assoziationen verwandeln, zum unmittelbaren und augenfälligen Vorteil aller Gemeindemitglieder. Die nämlichen Motive, welche bei allen Völkern und bei den hervorragendsten Denkern dem Land einen besonderen, es über Privateigentum erhebenden Charakter verliehen haben: die absolute Notwendigkeit des Landes für alle Menschen und die Einheit und Gleichartigkeit des Landes bei aller qualitativen Verschiedenheit der Bodensorten, erleichtern die Assoziation und machen sie bis zu einem gewissen Punkt selbst unter den heutigen Zuständen relativ leicht. Die Produkte des Landes, weil unentbehrlich zum Leben, sind des Absatzes sicher, während die Industrieprodukte zum Teil der Mode unterworfen und den verheerenden Wirkungen der Handels- und Industriekrisen ausgesetzt sind; und ein Zusammenwerfen der den einzelnen Besitzern gehörigen Grundstücke bietet bei der Natur des Landes weit geringere Schwierigkeiten als die sozialistische Organisation der verschiedenen Industriezweige, in denen der individuelle Besitz sich nicht so leicht gegenseitig abwägen läßt. Es wäre leicht, die sozialistische Neugeburt der Gesellschaft detailliert auszumalen und an die Phantasie zu appellieren. Hierfür ist aber der Gegenstand zu ernst. Die angedeuteten Grundzüge und Umrisse genügen. Es reicht hin, daß die Unhaltbarkeit, die Gemeinschädlichkeit der bestehenden Zustände bewiesen ist und damit die Notwendigkeit der Umgestaltung. Die Notwendigkeit ist das Recht und die Pflicht. So notwendig es für den menschlichen Körper ist, daß der Krankheitsstoff ausgetrieben werde, so notwendig ist es für die menschliche Gesellschaft, sich von Systemen und Einrichtungen zu befreien, welche die Weiterentwicklung hindern, weil die Gesellschaft über sie hinausgewachsen ist. Der junge Aar der neuen Gesellschaft muß die Eierschale der alten Gesellschaft zerbrechen, oder er erstickt. Wie Marx es ausdrückt: »Die Konzentration der Produktionsmittel und die Vergesellschaftung der Arbeit erreichen einen Punkt, wo sie unverträglich werden mit ihrer kapitalistischen Hülle. Sie wird gesprengt.« Die Naturgesetze, welche uns in die heutigen Zustände hineingeführt haben, werden uns auch aus ihnen herausführen. Stillstand gibt es nur für den Ignoranten. Die Frage ist bloß, ob wir uns durch die zwingenden Verhältnisse voranstoßen lassen oder ob wir freiwillig und selbstbewußt voranschreiten wollen. Das Ziel liegt erkennbar da – der Weg ist uns noch teilweise verborgen –, im Voranschreiten werden wir ihn finden. Fehltritte, Abirrungen werden uns nicht erspart sein; aber die Notwendigkeit wird uns stets wieder auf den richtigen Pfad bringen. Wir Sozialdemokraten rühmen uns nicht der Unfehlbarkeit. Zugegeben, wir irrten in diesem und jenem Punkt, die Praxis wird alle Irrtümer rektifizieren; und jede Veränderung der herrschenden gesellschaftlichen Zustände ist eine Verbesserung. Die sicherste Bürgschaft einer gedeihlichen Zukunft und einer ruhigen, organischen Entwicklung liegt aber in dem Zusammengehen des arbeitenden Volkes in Land und Stadt.

Man hat uns häufig als eine ausschließliche Arbeiterpartei hingestellt, das Wort Arbeiter im engsten Sinne des Industrielohnarbeiters genommen. Eine Arbeiterpartei sind wir aber nicht in diesem beschränkten Sinne. Jeder Mensch soll arbeiten, und wer arbeitsfähig ist und nicht arbeitet, hat kein Recht zu leben. In der heutigen Welt aber ist der arbeitende Mensch unterdrückt, ausgebeutet, zum Elend verdammt; und der Faulenzer herrscht und schwelgt. Soll das so fortgehen? Will das arbeitende Volk ewig das Joch der Faulenzer tragen? Will es? Nein: kann es? Es kann nicht. Es kann nicht, wenn es nicht auf sein Menschenrecht, seine Menschenwürde und seine Menschenexistenz verzichten will. Aus den Reihen der städtischen Arbeiter ertönt schon der Donnerruf: »Tod der Not und dem Müßiggang!« Wie lange wird's dauern, bis er auf dem Land seinen Widerhall findet? Wir haben bisher vielleicht nicht genug für die Verbreitung der sozialdemokratischen Ideen unter der Landbevölkerung getan – die Schwierigkeiten der Propaganda mögen uns zur Entschuldigung dienen! Das Versäumte muß aber noch nachgeholt werden. Pflicht und Parteiinteresse schreiben es uns vor.

Wir brauchen die Landarbeiter und Kleinbauern, soll unser Ringen nicht ein hoffnungsloses sein. Der unheilvolle Gegensatz zwischen Stadt und Land, der bisher jede freiheitliche Bewegung gehemmt, vereitelt hat, muß aufhören. Das warnende Exempel Frankreichs ist nicht an uns verloren. Am 24. Februar 1848 stürzte Paris, die Stadt, den Thron des korrupten Bürgerkönigs; und neun Wochen später schickte das Land eine reaktionäre Nationalversammlung nach Paris, welche die neugegründete Republik untergrub und die Juni-Insurrektion zur Niederwerfung des sozialdemokratischen Industrieproletariats organisierte. Fünf und einen halben Monat nach der Junischlacht wählte das Land mit überwältigender Majorität Louis Bonaparte zum Präsidenten der Republik und bereitete dadurch den Staatsstreich vor, welcher drei Jahre später die Republik vollends beseitigte und Frankreich der bonapartistischen Räuberbande zu systematischer Ausplünderung überlieferte. Das Land, das sind die Bauern. Die französischen Bauern haben das Kaiserreich gemacht aus blinder Furcht vor dem städtischen Sozialismus, in der törichten Hoffnung, das Empire werde sie aus dem Elend reißen. Wohlan, sie sind aus dem Regen in die Traufe gekommen; die Säbeldiktatur, der sie in ihrer Angst vor den eingebildeten Schrecknissen des Sozialismus sich in die Arme geworfen, hat ihnen in Wirklichkeit die Übel gebracht, denen sie ausweichen wollten: Seit dem 2. Dezember 1851 hat die Verarmung des französischen Bauerntums infolge der schamlosen Mißregierung des Empire in furchtbar beschleunigter Progression zugenommen. Die Sozialisten hätten die Bauern aus den Händen der Wucherer, in denen sie sich jetzt winden, zu reißen gesucht, durch Anwendung des Assoziationsprinzips auf die Landwirtschaft und durch Staatskredit bessere Zustände angebahnt; das Kaiserreich saugt den Bauern die letzten Säfte aus – die Herren in den Tuilerien denken: Wenn es nur uns aushält! Wenn wir nur schlemmen und im Mark der Nation schwelgen können – après nous le deluge! (Nach uns die Sintflut!)

Nach Berichten aus Frankreich beginnt es dort in den Köpfen der Bauern zu tagen. Ich will wünschen, daß dem so sei, im Interesse Frankreichs und der Bauern! Gewiß ist: für die Bauern gibt's keine andere Rettung als im Sozialismus. Das rote Gespenst ist der Heiland. Gewiß ist jedoch auch, daß die Masse der französischen Bauern den Sozialismus noch immer mit einem geheimen Grauen betrachtet und daß die sozialistische Propaganda mit einem schwer zu überwindenden Mißtrauen zu kämpfen hat. Diesem Mißtrauen trugen die französichen Delegierten des Baseler Kongresses Rechnung, als sie gegen den Grundeigentumsbeschluß stimmten oder sich der Abstimmung enthielten. So tief eingewurzelte Vorurteile lassen sich nicht mit einemmal ausrotten; und ehe sie ausgerottet sind, erheischen sie Schonung, sollen nicht schlimme Folgen eintreten. Die Zeit und die Verhältnisse werden das ihrige tun. Gleiche Ursachen, gleiche Wirkungen. Der ländliche Arbeiter hat genau dasselbe Interesse wie der städtische Arbeiter; der Kleinbauer genau dasselbe Interesse wie der Kleinhandwerker und Kleinkrämer. Der ländliche Arbeiter ist Proletarier, der Kleinbauer wird es; jener ist Sklave des Kapitals, dieser Rekrut für die Armee der Sklaven des Kapitals – das ist der ganze Unterschied. Die städtischen Arbeiter und die Verständigen unter den städtischen Kleindhandwerkern und Kleinkrämern haben begriffen, daß ihre traurige Lage die Folge der heutigen Produktionsweise ist, und suchen dieselbe durch genossenschaftliche Produktion zu ersetzen. Die ländlichen Arbeiter und Kleinbauern haben bisher ihrer Mehrzahl nach diese Bestrebungen ihrer verkannten Brüder bekämpft, sich zu Werkzeugen des gemeinsamen Feindes hergegeben. Mögen sie das Selbstmörderische ihres Handelns einsehen! Der Tag, an welchem der ländliche Arbeiter und Kleinbauer dem städtischen Arbeiter und Kleinbürger die Hand reicht, ist der Tag der Befreiung beider. Nicht: Hie Stadt! Hie Land! sei die Losung, sondern: Hie Stadt und Land, brüderlich verbündet gegen die gemeinsamen Feinde der ehrlichen Arbeit!...

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