Kitabı oku: «Quentin Durward», sayfa 6
Siebentes Kapitel.
Als sie vor dem Schloss ankamen, öffnete sich die kleine Pforte im Tor, und die Zugbrücke fiel. Einer nach dem andern ritt hinein; die Schildwachen aber kreuzten ihre Piken vor Quentin und befahlen ihm, anzuhalten. Von den Wällen herab spannten Bogenschützen ihre Waffen und zielten mit Arkebusen auf ihn. Obwohl der Jüngling in Begleitung des Korps und in Begleitung seines Onkels einritt, nahm die Schildwache auf ihrem Posten ihren Auftrag sehr ernst. Balafré neben ihm gab die nötigen Erklärungen ab. Unter starker Bewachung in Begleitung Balafrés und Cunninghams wurde Durward zu Crawford gebracht.
Crawford war schottischer Edelmann und einer der letzten Überlebenden jenes tapferen Stammes schottischer Lords und Ritter, die Karl dem Sechsten lang und treu in den blutigen Kriegen gedient hatten. Mit ihre Hilfe gelang die Unabhängigkeit der französischen Krone und die Vertreibung der Engländer. Schon als Knabe hatte er unter Douglas und Buchanan gefochten, hatte unter der Fahne der Johanna d'Arc gestanden und war vielleicht einer der letzten der schottischen Ritterschaft, die so willig ihre Schwerter für die Lilie der Bourbonen gegen ihren alten englischen Erbfeind gezogen hatte.
Lord Crawford war alt, schlank und ziemlich hager. Seine Glieder waren nicht mehr so geschmeidig aber doch kräftig. Er konnte das Gewicht seiner Rüstung noch immer so gut tragen, wie der jüngste Mann in seinem Gefolge. Seine Gesichtszüge waren etwas grob, mit Narben bedeckt und von der Sonne stark gebräunt. Sein Blick, der dem Tod in dreißig großen Schlachten ins Angesicht gesehen hatte, drückte mehr gutmütige Verachtung der Gefahr als den wilden Söldnermut aus. Seine hochaufgerichtete Gestalt war in einen weiten Hausmantel gehüllt, den ein büffellederner Gürtel umschloss. An ihm hing ein mit kostbarem Griff versehener Dolch. Um den Hals trug er die Kette und das Zeichen des St. Michaels-Ordens. Er saß auf einer Art von Kanapee, das mit einer Wildhaut bedeckt war, und las, mit einer neuartigen Brille auf der Nase mit Anstrengung ein großes Manuskript, „le Rosier de la guerre“ genannt, ein Gesetzbuch für militärische und bürgerliche Polizei, das Ludwig zum Besten seines Sohnes, des Dauphins, hatte zusammentragen lassen und worüber er die Meinung des erfahrenen schottischen Kriegers zu hören wünschte.
Lord Crawford legte sein Buch etwas verdrießlich beiseite, als der unerwartete Besuch eintrat, und fragte in seinem breiten Dialekt: „Was in Teufels Namen wollt Ihr?“
Balafré schilderte umständlich die Lage, in der sich sein Neffe befand, und bat demütig um Schutz für ihn. Crawford hörte aufmerksam zu und konnte nicht umhin, über die Einfalt zu lächeln, womit der Jüngling sich des Verbrechers angenommen hatte; allein er schüttelte den Kopf bei dem Bericht über den Streit zwischen den schottischen Bogenschützen und der Wache des Generalprofos.
„Wie oft“, sagte er, „werdet Ihr mir noch solche Knäuel zum Entwirren bringen? Wie oft soll ich's Euch wiederholen, Ludwig Lesley und Archie Cunningham, dass sich Schotten bescheiden und anständig benehmen sollen gegen die Einwohner des Landes, sofern sie nicht alle Hunde der Stadt an ihren Fersen haben wollen? Immerhin ist mir es lieber, dass Ihr mit dem Profos, als jemand anders in Streit geraten seid. Es ist verständlich, Eurem Verwandten beizustehen, denn der einfältige Bursche konnte in arge Verlegenheit geraten. Langt mir die Musterrolle der Kompagnie von dem Gesims; wir wollen seinen Namen gleich auf die Liste setzen.“
„Wenn Eure Herrlichkeit erlauben ...“, begann Durward.
„Ist der Bursche toll?“, rief sein Onkel. „Will er etwa mit seiner Lordschaft sprechen, ohne dass er gefragt wurde?“
„Geduld, Ludwig!“, sagte Lord Crawford; „wir wollen doch hören, was der Bursche zu sagen hat.“
„Mit Eurer Herrlichkeit Erlaubnis“, versetzte Quentin, „ich habe sagte meinem Onkel, ich hätte einige Bedenken, in diesen Dienst zu treten. Jetzt aber kann ich sagen, dass sie vorbei sind, seit ich den edlen und erfahrenen Befehlshaber gesehen habe, unter dem ich dienen soll. In Euren Blicken, liegt Ehrfurchtgebietendes.“
„Wohl gesprochen, Bursche“, antwortete der alte Lord geschmeichelt. „Gott hat uns einige Erfahrung verliehen, und wir lassen es uns angelegen sein, sie zum Besten unseres Königs auszunützen und zu mehren. Ihr steht also nun unter unserem würdigen Korps der schottischen Leibgarde, als Knappe Eures Onkel und unter seiner Lanze dienend. Ich denke, Ihr sollt es gut haben; denn Ihr müsst ein tüchtiger Kämpfer werden, da Ihr aus einem edlen Stamme entsprossen seid. Ludwig, sorge dafür, dass bei den Waffenübungen hart trainiert; denn wir werden wohl, denk' ich, in diesen Tagen ein Lanzenstechen haben.“
„Das freut mich, bei meinem Degenknopf, denn der faule Friede macht uns alle zu feigen Memmen.“
„Ich hab ein Vöglein pfeifen hören“, sagte Lord Crawford, „dass das alte Banner wieder im Felde flattern werde.“
„Nun, bei dem Ton“, sagte Balafré, „tu ich schon heute Abend einen herzhaften Schluck!“
„Das tust Du ja immer“, entgegnete Lord Crawford; „ich fürchte, Ludwig, Du wirst einmal einen bitteren Schluck von Deinem eignen Gebräu trinken.“
Lesley, ein wenig beschämt, erwiderte, dass er seit Tagen sehr genügsam gelebt habe. Seine Herrlichkeit kenne ja die Sitte der Kompagnie: dem neuen Kameraden zu Ehren, ein Gelage zu halten und auf sein Wohlsein anzustoßen.
„Du hast recht“, sagte der alte Befehlshaber, „ich hatte das vergessen. Ich will Euch zu Eurem Schmause ein paar Maß Wein schicken, aber mit Sonnenuntergang soll das Fest zu Ende sein. Im Vertrauen gesagt, seht zu, dass die Soldaten, die den Dienst haben, sorgfältig ausgewählt werden, und dass keiner von ihnen an dem Gelage teilnimmt.“
„Der Befehl soll pünktlich befolgt werden“, sagte Ludwig; „wir werden dabei auf Eure Gesundheit trinken.“
„Es kann sein, dass ich selbst auf ein paar Minuten zu Eurem Fest erscheine“, versetzte Lord Crawford, „und wär's auch nur, um mich zu überzeugen, dass alles maßvoll zugeht.“
Jetzt kam es darauf an, den Durward so schnell wie möglich in die Uniform der Leibwache zu stecken und zu bewaffnen. Später beim Bankett ging es lustig zu, und die Gäste ließen ihrer Neigung freien Lauf. Es wurden alte schottische Lieder gesungen, alte Geschichten aus der Heldenzeit Schottlands erzählt. Die stolzen Taten der Ahnen kehrten in ihre Erinnerung zurück. Eine Zeitlang wurde die Ebene von Touraine zum öden Hochland Schottlands. Als die Begeisterung auf den Höhepunkt gelangte, erschien Lord Crawford. Dieser hatte schon lange bei dem Mahl des Königs, dessen Gast er wie immer war, wie auf heißen Kohlen gesessen. Er verabschiedete sich etwas hastig, um sich dem kleinen Fest seiner Leibgarde anzuschließen. Am oberen Ende der Tafel war eine Art Ehrenplatz für ihn hergerichtet worden. Gemäß der inneren Verfassung des Bogenschützen-Korps war es dem Kapitän erlaubt, an ein und demselben Tisch mit seinen Untergebenen zu sitzen und sich an festlichen Gelagen in ihrer Mitte zu beteiligen. Auch Lord Crawford in seiner Kapitänswürde nahm dieses Recht in Anspruch. Allerdings lehnte er es heute ab, sich auf seinen Ehrenplatz zu setzen. Er richtete ein paar freundliche Begrüßungsworte an die versammelten Bogenschützen, bat sie, sich in ihrem Vergnügen nicht stören zu lassen, und wohnte stehend dem weiteren Verlauf bei. Auf seinem Gesicht zeigte sich unverkennbar die Freude, die er an seinem Bogenschützenkorps hatte. Er trank auf das Wohl des neu eingestellten Kameraden, was einen Jubel hervorrief. Sodann machte er dem Korps Mitteilung, dass der König, infolge Fürsprache des Meisters Oliver, dem Generalprofossen Befehl erteilt habe, jegliches Verfahren gegen Quentin Durward einzustellen und die Privilegien der schottischen Leibgarde, wie in jedem andern, so besonders auch in diesem Fall nicht anzutasten.
Wieder erklang lautes Jubelgeschrei aus allen Kehlen, die Becher kreisten von neuem. Balafré stieß auf Lord Crawfords und König Ludwigs Gesundheit an. Lord Crawford zog den jungen Quentin ins Gespräch und ließ sich von ihm über die alte Heimat und die unter den dortigen Geschlechtern bestehenden Verhältnisse berichten. Er betonte, dass die Liebe zu Geselligkeit und für Tafelfreuden nicht die schlechteste unter den Bräuchen der Schotten sei, dass aber junge Leute nichtsdestoweniger gut täten, beides mit einem gewissen Grad an Vorsicht walten zu lassen. Zu leicht könnte man in ein bedenkliches Übermaß an Alkohol verfallen. Allerdings hinderten den edlen Lord diese weisen Worte nicht, jeden Satz durch einen kräftigen Schluck zu bekräftigen und bei jedem Becher, den er leerte, den jungen Schotten zum „Nachkommen“ zu animieren. Allmählich wurde ihm dann die Zunge zu schwer. Als dies Cunningham und Balafré bemerkten, hielten sie den rechten Augenblick für gekommen, die Versammlung zum Jubeltoast auf die Oriflamme, das königliche Banner von Frankreich, und auf ihre baldige Entfaltung aufzufordern.
„In burgundischer Luft, wohlverstanden!“, ergänzte Lindesay den Toast der beiden Kameraden, und Lord Crawford nahm das Wort zu folgender Ansprache:
„Mit ganzer Seele und aller Geisteskraft, über die dieser morsch gewordene Leib noch gebietet, stimme ich in den Spruch der Kameraden ein, und hoffe, so alt ich nun auch bin, die Oriflamme Frankreichs noch einmal flattern zu sehen. Kameraden und treue Diener der Krone Frankreichs! Warum sollte ich Euch vorenthalten, dass gestern vom Herzog Karl eine Gesandtschaft hier eingetroffen ist, die eine höchst schlimme Botschaft überbracht hat?“
Einer von den Bogenschützen, Gutherie, sprang auf.
„Unten im Gasthof bei der Maulbeerhecke halten die Rosse des Grafen von Crevecoeur, der Graf selbst mit Gefolge soll sich beim König gemeldet, der König jedoch ihm die Audienz verweigert haben.“
„Na, soll ihm der Himmel nur eine recht ungnädige Antwort mit auf den Heimweg geben!“, rief Balafré.
„Aber mit welcher Beschwerde ist er denn hergekommen?“
„Über allerhand Dinge“, erwiderte Crawford, „die an der Grenze vorgefallen sein sollen; zuletzt aber darüber, dass unser König einer Dame, die aus Dijon geflüchtet sei, einer jungen burgundischen Gräfin, seinen Schutz habe angedeihen lassen, während der Herzog sie als seine Pflegetochter an den Grafen de Campobasso habe verkuppeln wollen.“
„Ist denn die Dame ganz allein nach Frankreich hinübergekommen?“, fragte Lindesay.
„Ganz allein nicht“, erwiderte Lord Crawford, „sondern mit einer älteren Verwandten, auch einer Gräfin, die sich in dieser Angelegenheit dem Willen der jüngeren gefügt und die Reise mit ihr zusammen unternommen hat.“
„Aber wird sich denn der König als Lehnsherr des Herzogs in solchen Streit zwischen ihm und seinem Mündel einlassen?“, fragte Cunningham, „der Herzog hat doch über sie das gleiche Recht, das dem König nach dem Ableben des Herzogs zustände?“
„Der König wird sich wohl in diesem Falle, wie immer, von den Regeln der Politik bestimmen lassen“, bemerkte Crawford, „und bekannt ist Euch wohl, dass er die beiden Gräfinnen nicht offiziell empfangen, sondern unter den Schutz seiner Tochter, der Madame von Beaujeu, oder der Prinzessin Johanna zu stellen geruht hat.“
„Der Burgunder will von Politik aber nichts wissen“, meinte Gutherie, „und so kann's wohl sein, dass sie mal aneinandergeraten.“
„Mag der heilige Andreas dazu helfen!“, riefe Balafré. „Ich hab's mir schon seit zwanzig Jahren prophezeit, dass ich das Glück meines Hauses noch einmal durch eine Heirat mache. Wer weiß, was passiert, wenn wir noch einmal für Ehre und Frauenliebe in den Kampf ziehen, nach dem Motto der alten Romanzen und Rittergesänge?“
„Du willst noch von Frauenliebe faseln mit Deiner Narbe über der Nase?“, spottete Gutherie.
„Halt, Kameraden!“, rief Crawford, „hier ist der Ort nicht, um mit scharfen Waffen zu fechten oder auch nur einander mit bitterem Spott zu streiten. Hier sind wir alle zusammen gute Freunde, und was die junge Dame anbetrifft, so ist sie für einen armen schottischen Lord viel zu reich, sonst möchte ich mich schließlich trotz meiner sechzig Jahre selbst um ihre Hand bewerben. Indessen eins können wir tun, nämlich einen Humpen leeren auf ihre Gesundheit! Denn sie soll, wie es heißt, eine wahre Schönheit sein.“
„Ich dürfte sie“, sagte ein anderer der Bogenschützen, „heute Morgen gesehen haben, als ich auf Barrierenwache war. Aber sie sah da mehr aus wie eine dunkle Laterne statt wie ein Licht; denn man trug sie in geschlossener Sänfte zum Schloss.“
Lord Crawford erhob verweisend die Hand und rief, zu dem Sprecher gewandt: „Was sind das für Reden, Arnot? Schämt Euch! Welcher Soldat spricht wohl darüber, was er auf seinem Posten sieht? Zudem könnt Ihr doch gar nicht wissen“, setzte er hinzu, „ob sich da grade die Gräfin Isabella in der Sänfte befunden hat?“
„Nun, Mylord“, erwiderte Arnot, „ich kann bloß sagen, dass mein Trabant grade die Pferde im Dorfe herumführte, und dabei dem Eseltreiber Donquin in den Weg lief, der die Sänften wieder nach dem Gasthofe brachte, weil sie dem Lilienwirte gehörten, und da sah ich, wie der Donquin sich einen Humpen Wein vom Wirt geben ließ und den Saunders Steed bat, ihm als alter Bekannter Bescheid zu tun, und der Saunders Steed machte gar keine Umstände, sondern tat ihm auf der Stelle Bescheid ...“
„Auf der Stelle“, wiederholte Lord Crawford, „das sage ich Euch, meine Herren! So etwas kommt mir nicht wieder vor, ich verlange, dass es in dieser Hinsicht mit Euch besser werden muss! Eure Trabanten und Burschen sind viel zu schnell bei der Hand, mit jemand ein Glas zu leeren. In Kriegszeiten ist das eine gar nicht so ungefährliche Sache! Indessen meine ich, lieber Arnot, wir machen Eurem Berichte, der sich ein wenig in die Länge zu ziehen droht, durch einen kräftigen Schluck ein schnelles Ende. Der Gräfin Isabelle von Croye soll's gelten! Und den Wunsch wollen wir damit verbinden, dass es ihr vom Schicksal beschieden sein möge, einen besseren Gatten zu bekommen als den elenden, italienischen Schurken Campobasso. Und nun, Kamerad Arnot, was hat denn der Eseltreiber zu Deinem Trabanten gesprochen?“
„Mit Verlaub“, erwiderte Arnot; „die beiden Damen, die er in den Sänften ins Schloss getragen habe, seien große Damen gewesen und hätten sich ein paar Tage inkognito im Hause seines Herrn aufgehalten, und der König habe sie auch mehr denn einmal mit seinem Besuche beehrt und ihnen immer große Aufmerksamkeiten erwiesen. Seiner Meinung nach hätten sie sich in das Schloss geflüchtet aus Furcht vor dem Grafen Crevecoeur, dem Gesandten des Burgunders, dessen Ankunft soeben durch einen vorausgeeilten Kurier gemeldet wurde.“
„Was Du sagst, Kamerad!“, rief da Gutherie, „da sollte man doch meinen, dass es niemand anders als die Gräfin Isabelle gewesen sei, die zur Laute sang, als ich über den Hof ging! Die Musik kam aus den Nebenfenstern des Dauphinturms, und etwas so Liebliches ist wohl im Schloss Plessis noch nie vernommen worden. Meiner Treu! Ich dachte, die Musik käme von niemand anders als von der Fee Melusine. Ich hab, trotzdem ich wusste, dass der Tisch für uns schon gedeckt sei, mich wahrhaftig nicht vom Flecke weg rühren können, sondern stand da, wie ... wie ...“
„Wie ein Esel, mein lieber Guthrie“, fiel ihm Lord Crawford ins Wort, „Du hast die Mahlzeit mit Deiner langen Nase gerochen, und die Musik gehört mit Deinen langen Ohren, aber Dein kurzer Verstand hat nicht ausgereicht, Dir zu sagen, wofür Du Dich entscheiden sollst ... Doch schallt da nicht die Glocke von der Kathedrale zur Vesper herüber? Es kann doch, weiß der Herr! Noch nicht Vesperzeit sein? Da muss der Küster ja um eine ganze Stunde zu zeitig geläutet haben!“
„Nicht doch“, rief Cunningham, „die Glocke erklingt schon zur rechten Zeit! An der westlichen Seite der herrlichen Ebene geht ja schon die Sonne unter.“
„Du hast recht, Cunningham“, erwiderte Lord Crawford; „na, Bursche! Wir müssen uns mehr an regelmäßiges Leben halten, denn im Guten kommt man am weitesten ... und ein gutes, altes Sprichwort sagt: Langsames Feuer dörrt das Malz recht. Also zum Schluss noch einen vollen Humpen auf Altschottlands Wohl! Dann jeder wieder auf seinen Posten!“
Der Abschiedstrunk wurde geleert, dann entfernten sich die Soldaten. Lord Crawford nahm unter dem Vorwand, ihm ein paar Weisungen noch für seinen Neffen zu geben, Balafré am Arm. In Wahrheit wollte er seinen leicht schwankenden Gang geschickt verheimlichen, und schritt in höchst zeremoniöser Haltung in seine Behausung, die ihn über die beiden Höfe, die seine Behausung von dem Bankettsaal trennten, führte. Mit eindringlichen Worten empfahl er vorm Auseinandergehen Balafré die gewissenhafteste Fürsorge für den Neffen, besonders da, wo Wein und Weiber in Betracht kämen.
Dem Neffen Quentin Durward war von den Worten, die über die schöne Gräfin Isabelle gesprochen worden waren, keines entgangen. Kaum hatte er die kleine Zelle betreten, die er hinfort als Page seines Onkels beziehen sollte, so versank er in tiefes Nachdenken. Der Jüngling wurde aus seinen Träumen gerissen als der kleine Will Harper, sein Stubenkamerad, den Raum betrat. Dieser brachte ihm die Weisung seines Onkels, sich schlafen zu legen und Kräfte für den andern Tag zu sammeln, an welchem er seinen Dienst anzutreten habe.
Achtes Kapitel.
Am nächsten Morgen fand die Sonne den Weg in die kleine Zelle. Die Folge, Durward sprang seinem Lager auf, um in die stattliche Uniform zu fahren, die er als Page seines Onkels Balafré tragen sollte. Auf die er auch mit allem Recht stolz war, denn sie war vom Onkel auf das vornehmste und reichlichste ausstaffiert.
„Na, Junge“, rief Balafré, sich lustig die Hände reibend, „zeigst Du Dich ebenso treu und tapfer, wie sich Dein Aussehen nett und schmuck macht, dann werde ich den prächtigsten Pagen des ganzen Korps haben! Folge mir ins königliche Vorzimmer, doch halte Dich immer mir zur Seite!“
Mit diesen Worten nahm er seine wuchtige, und doch kunstvoll verzierte Partisane, eine Stangenwaffe von etwa 2,50 m länge, und gab seinem Neffen eine leichtere, aber sonst, der seinigen völlig gleiche Waffe derselben Art, in die Hand. Dann begaben sie sich in den inneren Palasthof, wo ihre Kameraden, denen die Wache in den inneren Gemächern oblag, bereits Aufstellung genommen hatten. Auf einen Wink Balafrés setzten sich die Gardisten, der bei solchen Anlässen Offiziersdienst verrichtete, in Marsch. Ihr Ziel war das Audienzzimmer, in dem der König selbst erwartet wurde. So neu Quentin dergleichen Auftritte waren, wurden seine Erwartungen empfindlich getäuscht. Von einem Königshof hatte er sich eine ganz andere Vorstellung gemacht. Reichlich kostümierte Offiziere des königlichen Haushaltes, vorzüglich bewaffnete Wachen und livrierte Diener waren anwesend; aber er vermisste die Berater der Krone, die alten Reichsräte, die hohen Kronbeamten. Desgleichen vernahm er nicht die Namen der Adeligen und Ritter, der Feldherren und Kommandanten. Ebenso vermisste er die Namen, der jungen, nach Ehre und Ruhm dürstenden Söhne des Vaterlands. Die Persönlichkeiten hielten des Königs eifersüchtige Natur, seine Zurückhaltung und seine Politik von seinem Thron fern. Nur bei besonders festlichen Anlässen wurden sie herbeigebeten, aber gleich wieder entlassen, wenn die Ursache erledigt war. Keinem tat es leid, denn sie zogen alle wieder erleichtert von dannen.
Die wenigen Männer, die Quentin Durward an diesem Königshof in der Würde eines Rates der Krone zu bemerkte, waren von niedrigerem Adel, hatten gemeine, verschlagene Gesichter, und ihre Manieren zeugten davon, dass sie aus niedriger Lebensweise stammten und ganz und gar nicht hierher passten. Balafrés nahm sich die Zeit, seinen Neffen mit den Namen derjenigen bekannt zu machen, die ihnen begegneten. Mit dem ebenfalls anwesendem Lord Crawford, in seiner reichen Uniform, und in seiner Rechten einen schweren silbernen Stab trug, war Quentin Durward an dem zu seinen Ehren veranstalteten Gelage bekannt gemacht worden. Unter den Anwesenden mit einem höheren Rang, ragte Graf Dunois heraus. Der Sohn jenes berühmten Dunois, der als „Bastard von Orleans“ unter den Fahnen der Johanna D'Arc an Frankreichs Befreiung von englischem Joch teilgenommen hatte. Er verstand es geschickt, den Ruhm des Vaters zu behaupten, und Ludwig der Elfte traf ihn gern im Kronrat wie auch in seiner persönlichen Gesellschaft. Er war in allen ritterlichen Künsten wohlgeübt und im Besitz aller ritterlichen Tugenden. Seine Gestalt war ein schöner, stattlicher Herr, aber kein Fall ein Muster fränkischer Eleganz. Er war wohl stark und kräftig mit breiten Schultern, jedoch von ziemlich kleiner Gestalt; seine Beine hatten die hässliche Form eines O, und wirkt, als ob man ihm das Pferd unter dem Hintern weggestohlen hätte. Sein Haar war schwarz, seine Gesichtsfarbe dunkelbraun, seine Arme ungewöhnlich lang und sehnig. Seine Gesichtszüge waren nicht regelmäßig, sogar hässlich. Trotzdem, er bewegte sich zuversichtlich und in seinem ganzen Wesen lag ein Ausdruck von Selbstgefühl und Adel. Auf den ersten Blick erkannte man in ihm den hochgeborenen Mann und unerschrockenen Krieger. Seine Haltung war kühn und aufrecht, sein Schritt frei und männlich, und das Raue in seinen Zügen gewann durch den Adlerblick und die Löwenstimme des Mannes eine ganz besondere Würde. Er trug einen Jagdanzug, mehr kostbar als schön.
Gestützt auf Dunois' Arm, erschien Ludwig der Namensvetter des Königs und Herzog von Orleans, mit langsamem und schwerem Schritt. Der Herzog und Prinz, eifersüchtig bewacht von König Ludwigs Argwohn, der im Fall eines Fehlens männlicher Nachkommenschaft des Königs, würde der Thronerbe sein. Er durfte sich nicht vom Hof entfernen, und doch gestattete man ihm nicht, während er sich dort aufhielt, jedweden Einfluss zu nehmen. Die Niedergeschlagenheit, welche sein entwürdigender, einer Gefangenschaft ähnlicher Zustand, verursachte wurde durch die ungerechten Handlungen des Königs betont. Der König wollte ihn zwingen, der Prinzessin Johanna von Frankreich, mit der er bereits in seiner Kindheit verlobt wurde, zu heiraten. Das Äußere dieses unglücklichen Prinzen zeichnete sich in keinerlei Hinsicht vorteilhaft aus. Dafür trug er einen Ausdruck von Sanftmut, Milde und Wohlwollen. Selbst unter dem Schleier der schrecklichsten Niedergeschlagenheit, mit dem sein Charakter umhüllt war, wurde dieser nicht verdeckt.
Ganz anders das Benehmen des stolzen Kardinals und Prälaten, Johann von Balue, des damals begünstigten Ministers Ludwigs. König Ludwig hatte diesen Minister aus dem niedrigsten Stande zu der Würde, oder wenigstens dem Genuss der Pfründe eines Großalmoseniers von Frankreich erhoben. Sogar ihn mit Wohltaten überhäuft und den Kardinalshut verschafft. Der Kardinal war durch diese Auszeichnung dem Irrtum erlegen, aus einem niedrigen Stand zu Macht und Ehre erhoben, zu allem etwas sagen zu können. Er war überzeugt, dass seine Talente ihn dazu befähigten, selbst zu solchen, die weder seinem Stand noch seinen Studien nach, noch so fern lägen. Groß und plump, wie er war, befliss er sich dennoch einer gewissen Galanterie und Bewunderung für das schöne Geschlecht. Irgendein Schmeichler oder eine Schmeichlerin hatten ihm in einer unglücklichen Stunde in den Kopf gesetzt, dass ein Paar plumpe, unförmige Beine, die von seinem Vater, einem Fuhrmann von Limoges, als Erbstück auf ihn übergegangen waren, eine besondere Schönheit in ihren Umrissen verrieten. Diese Idee hatte ihn so weit betört, dass er seinen Kardinalsrock beständig auf einer Seite etwas aufgehoben trug, damit sein plumper Gliederbau dem Auge ja nicht entgehen könne.
„Weiß der König“, fragte Dunois den Kardinal, „dass der burgundische Gesandte auf eine unverzügliche Antwort dringt?“
„Ja, er weiß es“, antwortete der Kardinal, „hier kommt Oliver Dain, um uns mit dem Willen Seiner Majestät bekannt zu machen.“
Während dieser Worte trat ein merkwürdig aussehender Mann, der damals die Gunst Ludwigs mit dem eingebildeten Kardinal teilte, aus dem inneren Gemach. Im Gegensatz zum kardinal kam er ohne die wichtigtuerische, bedeutsame Miene aus. Der aufgeblasene, übermütige Diener der Kirche stand im krassen Gegensatz dazu. Dieses kleine, blasse und schmächtige Männchen, dessen schwarzseidene Jacke und Hose, ohne Oberkleid, Mantel oder Überwurf, schien wenig geeignet, seine ganz gewöhnliche Gestalt etwas zu ihrem Vorteil herauszuputzen. Er trug ein silbernes Becken in der Hand und ein über den Arm geworfenes Handtuch. Die Insignien seines niedrigen Berufes als Barbier. Seinen durchdringen scharfen Blick versuchte er dadurch zu verwischen, indem er die Augen beständig zu Boden schlug, während er mit dem verstohlenen, leisen Tritt einer Katze mehr durch das Zimmer schlich als ging.
Ein paar Augenblicke sprach er mit dem Grafen Dunois, dieser verließ das Zimmer, und der Barbier schlich in das königliche Gemach zurück. Nebenbei flüsterte er Ludwig Lesley ins Ohr, dass seine Angelegenheit günstig beigelegt wäre.
Kurz darauf erhielt er die Bestätigung der angenehmen Nachricht; weil der Generalprofos der königlichen Hofhaltung Tristan l'Hermite, eintrat. Er ging geradewegs auf Balafré zu. Der reich bestickte Anzug des furchtbaren Beamten hatte die Wirkung, das Finstere, Unheil weissagende seines Gesichtes, sowie das Unangenehme seiner Miene stärker hervorzuheben. Der Ton seiner Stimme, in die er etwas Versöhnliches zu legen meinte, klang ungefähr so, wie das Brummen eines Bären. Der Inhalt seiner Worte war jedoch freundlicher als die Stimme, mit der sie gesprochen wurden. Er bedauerte das erwähnte Missverständnis am vorigen Tage. Ludwig Lesley gab hierauf den gebührenden Bescheid. Sobald Tristan ihm den Rücken zugewandt hatte, machte er seinen Neffen darauf aufmerksam, ab sofort die Ehre zu haben, in ihm einen Todfeind zu sehen. „Ein Soldat“, fügte er hinzu, „der seine Pflicht tut, lacht über den Generalprofos.“
Quentin teilte die Meinung, seines Onkels, denn als Tristan l'Hermite den Rücken wandte, tat er es mit dem grimmigen Blick eines verwundeten Bären. In der Tat sprach aus seinen tückischen Augen, eine Bosheit, die jeden, der seinem Blick begegnete, schaudern ließ. Das Gefühl des Abscheus war bei dem jungen Schotten umso tiefer, da er immer noch an seinen Schultern den Griff der todbringenden Helfershelfer dieses grässlichen Beamten zu fühlen glaubte. Die Flügeltüren öffneten sich kurz darauf und König Ludwig betrat das Audienzzimmer.
Wie alle anderen richtete Quentin seine Augen auf ihn. Ein Blitzschlag des Erkennens traf ihn, erschrak so plötzlich, dass ihm fast die Waffe entfallen wäre. Er erkannte im König von Frankreich jenen Seidenhändler, der sich Meister Peter nannte. Sonderbare Ahnungen über den wahren Stand dieses Mannes hatten sich ihm mehrmals aufgedrängt, lediglich die Wirklichkeit übertraf seine kühnsten Vermutungen.
Der gestrenge Blick seines Onkels, der sich über den Verstoß gegen das, was der Anstand des Dienstes erforderte, ärgerte, brachte ihn bald zur Besinnung. Er staunte nicht schlecht, als der König, dessen geübter Blick ihn sofort erkannte, geradewegs auf ihn zukam, ohne von irgendjemand anderes Kenntnis zu nehmen.
„Ich hörte, junger Mann“, wandte er sich an Quentin, „Ihr begannt gleich bei Eurem Eintritt in die Touraine Händel zu bereiten. Ich verzeihe Euch, da es hauptsächlich die Schuld des alten Kaufmanns war, der törichterweise dachte, Euer kaledonisches Blut müsste schon früh des Morgens durch Beaune-Wein erwärmt werden. Wenn ich ihn finde, will ich an ihm ein Exempel statuieren, dass er meine Garden zu Ausschweifungen verleitet.
„Balafré“, fuhr er fort, indem er sich direkt an ihn wandte, „Euer Neffe ist ein feuriger, wackerer Junge. Mir gefallen Leute von solchem Gemüt. Ich gedenke, die tapferen Männer, um uns herum, höher zu heben, als wir es jemals taten. Lasst Jahr, Tag und Stunde seiner Geburt aufzeichnen und reicht es an Oliver Dain weiter.“
Balafré verbeugte sich tief um kurz danach seine aufrechte, kriegerische Haltung wieder einzunehmen. Genauso, wie jemand, der seine Bereitwilligkeit zeigt, sich zum Kampf für seinen König oder dessen Verteidigung das Schwert zu gürten. Quentin erholte sich unterdessen von seinem Erstaunen. Er bemühte sich, das Äußere des Königs genauer zu studieren. Zu seiner Verwunderung erlebte er den verschiedenartigen Eindruck, den dieser bei ihm hinterließ. In seiner Kleidung bemerkte er keine große Veränderung. Ludwig, ein Verächter des äußeren Prunkes, trug auch bei dieser Gelegenheit eine alte dunkelblaue Jagdjacke, die nicht viel besser war, als die Kleidung vom Vortag. Ein Rosenkranz aus Ebenholz war sein einziger Schmuck. Statt der Mütze mit einem einzelnen Bild trug er einen Hut, dessen Rand mit wenigstens einem Dutzend kleiner bleierner Heiligenbilder umgeben war.
Quentins Eindruck, die Augen würden nur Gewinnsucht widerspiegeln, bekamen da sie einem talentvollen, mächtigen Fürsten angehörten, einen durchdringenden, scharfen Blick. Die Runzeln auf der Stirn, die, wie er glaubte, die Wirkung eines unter kleinlichen Handelsplänen zugebrachten Daseins waren, schienen Furchen zu sein, welche langes, scharfsinniges Nachdenken über das Schicksal von Nationen gebildet hatten.
Unmittelbar nach der Erscheinung des Königs traten die Prinzessinnen von Frankreich nebst den Damen ihres Gefolges ins Zimmer. Die Ältere war schlank, ziemlich hübsch, besaß Beredsamkeit und Talent und viel von ihres Vaters Scharfsinn. Der König setzte viel Vertrauen in sie, liebte sie in hohem Grade, wie er nur irgendjemand lieben konnte.
Die jüngere Schwester war die unglückliche Johanna. Verlobt mit dem Herzog von Orleans, folgte sie schüchtern an der Seite ihrer Schwester. Sie war mager und blass von kränklichem Aussehen. Ihre Taille neigte sich sichtbar nach einer Seite. Ihr Gang war schwankend, dass sie für lahm gelten konnte. Schöne Zähne und schöne Augen voll melancholischen Ausdrucks, Sanftmut und Entsagung, nebst einer Fülle lichtbrauner Locken waren das Einzige, was sogar Schmeichelei gegen die gänzliche Hässlichkeit ihrer Figur in die Waagschale legen konnte. Der König, der sie nicht liebte, schritt hastig auf sie zu.