Kitabı oku: «Холодное сердце. Уровень 1 / Das kalte Herz», sayfa 2
Nach dem Nachtessen setzten sich die Hausfrau und ihre Töchter mit ihren Kunkeln um den großen Lichtspan21. Der Großvater, der Gast und der Hauswirt rauchten und schauten den Weibem zu. Die Burschen aber waren beschäftigt, Löffel und Gabeln aus Holz zu schnitzeln. Draußen im Wald heulte der Sturm und raste in den Tannen. Man hörte da und dort sehr heftige Schläge. Es schien oft, als ob ganze Bäume abgeknickt würden und zusammenkrachten.
Die furchtlosen Jungen wollten hinaus in den Wald laufen und dieses furchtbar schöne Schauspiel mit ansehen. Ihr Großvater hielt sie mit strengem Wort und Blick zurück.
«Ich will keinem raten, dass er jetzt vor die Tür geht», rief er ihnen zu, «bei Gott22, der kommt nimmermehr wieder. Der Holländer-Michel haut sich heute Nacht das Floßgelenk23 im Wald.»
Die Kleinen staunten ihn an. Sie hörten von dem Holländer-Michel bevor. Aber sie baten jetzt den Großvater, einmal recht schön von jenem zu erzählen. Auch Peter Munk stimmte mit ein und fragte den Alten, wer und wo er ist.
3
«Er ist der Herr dieses Waldes. Vom Holländer-Michel will ich Euch aber erzählen, was ich weiß, und wie die Sage von ihm geht. Vor etwa hundert Jahren, so erzählte es wenigstens mein Großvater, war kein ehrlicheres Volk auf Erden als die Schwarzwälder. Jetzt, seit so viel Geld im Land ist, sind die Menschen unredlich und schlecht. Die jungen Burschen tanzen und johlen am Sonntag und fluchen, dass es ein Schrecken ist. Der Holländer-Michel ist schuld an all dieser Verderbnis!
Es lebte also vor hundert Jahren ein reicher Holzherr, der viel Gesind hatte. Er handelte bis weit in den Rhein hinab24. Sein Geschäft war gesegnet, denn er war ein frommer Mann. Kommt eines Abends ein Mann an seine Türe, dergleichen er noch nie gesehen. Seine Kleidung war wie die der Schwarzwälder Burschen. Aber er war höher als alle. Man hatte noch nie geglaubt, dass es einen solchen Riesen geben könne.
Dieser bittet um Arbeit bei dem Holzherrn. Der Holzherr, der ihm ansah, dass er stark und zu großen Lasten tüchtig sei, rechnet mit ihm seinen Lohn, und sie schlagen ein. Der Michel war ein Arbeiter, wie selbiger Holzherr noch keinen gehabt. Beim Baumschlagen galt er für drei25. Wenn sechs an einem Ende schleppten, trug er allein das andere. Als er aber ein halb Jahr Holz geschlagen, trat er eines Tages vor seinen Herrn und begehrte von ihm:
„Ich habe jetzt lang genug hier Holz gehackt. Ich möchte auch sehen, wohin meine Stämme kommen. Darf ich auf das Floß gehen?“
Der Holzherr antwortete:
„Ich habe nicht dagegen, Michel. Und zwar beim Holzfällen brauche ich starke Leute, wie du bist, auf dem Floß aber kommt es auf Geschicklichkeit an, aber es sei für diesmal26.“
Und so war es. Das Floß, mit dem er abgehen sollte, hatte acht Glieder, und waren im letzten von den größten Zimmerbalken. Aber was geschah? Am Abend zuvor bringt der lange Michel noch acht Balken ans Wasser. Sie waren so dick und lang, als man keinen je sah. Und jeden trug er so leicht auf der Schulter wie eine Flözerstange, so dass sich alles entsetzte. Wo er sie gehauen, weiß bis heute noch niemand.
Dem Holzherrn lachte, als er dies sah. Er berechnete, was diese Balken kosten könnten. Michel aber sagte:
„So, die sind für mich zum Fahren. Auf den kleinen Spänen dort kann ich nicht fortkommen.“
Sein Herr wollte ihm ein paar Flözerstiefel schenken. Aber er warf sie auf die Seite27. Er brachte ein Paar hervor, wie es sonst keine gab. Mein Großvater hat versichert, sie haben hundert Pfund gewogen und seien fünf Fuß lang gewesen.
Das Floß fuhr ab. Michel setzte früher die Holzhauer in Verwunderung. Jetzt staunten die Flözer. Das Floß, wegen der ungeheuern Balken, flog es, sobald sie in den Neckar kamen, wie ein Pfeil. Sprang Michel ins Wasser, rückte mit einem Zug das Floß links oder rechts, so dass es ohne Gefahr vorüberglitt. Mit einem Druck flog das Floß dahin, dass das Land und Bäume und Dörfer vorbeizujagen schienen.
So waren sie sehr schnell nach Köln am Rhein gekommen, wo sie sonst ihre Ladung verkauft hatten. Aber hier sprach Michel:
„Ihr seid rechte Kaufleute und versteht euren Nutzen! Meinet ihr denn, die Kölner brauchen all dies Holz, das aus dem Schwarzwald kommt, für sich? Nein, um den halben Wert28 kaufen sie es euch ab und verhandeln es teuer nach Holland. Lassen wir die kleinen Balken hier verkaufen29 und mit den großen nach Holland gehen. Was wir über den gewöhnlichen Preis lösen, ist unser eigener Profit.“
So sprach der arglistige Michel, und die anderen waren es zufrieden. Die einen wollten nach Holland gehen, die anderen wollten das Geld haben. Nur ein einziger war redlich und mahnte sie ab, das Gut ihres Herrn30 der Gefahr auszusetzen oder ihn um den höheren Preis zu betrügen. Aber sie hörten nicht auf ihn und vergaßen seine Worte. Aber der Holländer-Michel vergaß sie nicht.
Sie fuhren auch mit dem Holz den Rhein hinab. Michel leitete das Floß und brachte sie schnell bis nach Rotterdam. Dort bot man ihnen das Vierfache von dem früheren Preis. Als die Schwarzwälder so viel Geld sahen, wussten sie sich vor Freude nicht zu fassen31. Michel teilte ab, einen Teil dem Holzherrn, die drei anderen unter die Männer.
Und nun setzten sie sich mit Matrosen in die Wirtshäuser. Sie verschlemmten und verspielten ihr Geld. Den braven Mann, der ihnen abgeraten, verkaufte der Holländer-Michel an einen Seelenverkäufer. Man hat nichts mehr von ihm gehört. Von da an war den Burschen im Schwarzwald Holland das Paradies und Holländer-Michel ihr König. Die Holzherren erfuhren lange nichts von dem Handel. Unvermerkt kamen Geld, Flüche, schlechte Sitten, Trunk und Spiel aus Holland herauf.
Der Holländer-Michel war, als die Geschichte herauskam, nirgends zu finden. Aber tot ist er auch nicht. Seit hundert Jahren treibt er seinen Spuk32 im Wald. Man sagt, dass er schon vielen half, reich zu warden. Aber auf Kosten ihrer armen Seele! Und mehr will ich nicht sagen. Er ist jetzt in solchen Sturmnächten im Tannenbühl, wo man nicht hauen soll. Er sucht die schönsten Tannen aus. Mein Vater hat ihn eine vier Schuh dicke umbrechen sehen wie ein Rohr.
Mit diesen beschenkt er die, welche sich vom Rechten abwenden und zu ihm gehen. Um Mitternacht bringen sie dann das Floßgelenk ins Wasser. Er rudert mit ihnen nach Holland. Aber alle Schiffe, die von dem Holländer-Michel auch nur einen Balken haben, müssen untergehen.
Daher kommt es, dass man von so vielen Schiffbrüchigen hört. Aber so oft Holländer-Michel in einer Sturmnacht im Schwarzwald eine Tanne fällt, springt eine seiner alten aus den Fugen des Schiffes. Das Wasser dringt ein, und das Schiff ist verloren.
Das ist die Sage vom Holländer-Michel. Alles Böse im Schwarzwald kommt von ihm. Er kann einen reich machen», setzte der Greis geheimnisvoll hinzu, «aber ich möchte nichts von ihm haben. Ich möchte um keinen Preis33 in der Haut des dicken Ezechiel und des langen Schlurkers stecken. Auch der Tanzbodenkönig soll sich ihm ergeben haben.»
Der Sturm hatte sich während der Erzählung des Alten gelegt. Die Mädchen zündeten die Lampen an und gingen weg. Die Männer legten Peter Munk einen Sack voll Laub als Kopfkissen auf die Ofenbank und wünschten ihm gute Nacht.
4
Kohlenmunk-Peter hatte noch nie so schwere Träume gehabt wie in dieser Nacht. Bald glaubte er, der finstere und riesige Holländer-Michel reiße die Stubenfenster auf und reiche mit seinem ungeheuer langen Arm einen Beutel voll Goldstücke herein. Die schüttelte, dass es hell und lieblich klang. Bald sah er wieder das kleine, freundliche Glasmännchen auf einer ungeheuren grünen Flasche im Zimmer umherreiten. Er hörte das heisere Lachen; dann brummte es ihm wieder ins linke Ohr:
Dann hörte er wieder in sein rechtes Ohr das Liedchen vom Schatzhauser im grünen Tannenwald, und eine zarte Stimme flüsterte:
«Dummer Kohlenpeter, dummer Peter Munk,
kannst kein Sprüchlein reimen auf stehen,
und bist doch am Sonntag geboren Schlag zwölf Uhr.
Reime, dummer Peter, reime!»
Er ächzte und stöhnte im Schlaf. Er mühte sich ab, einen Reim zu finden. Aber war seine Mühe im Traume vergebens.
Als Peter mit dem ersten Frührot erwachte, kam ihm doch sein Traum sonderbar vor. Er setzte sich mit verschränkten Armen35 hinter den Tisch. Er dachte über die Einflüsterungen nach, die ihm noch immer im Ohr lagen:
«Dummer Kohlenpeter, dummer Peter Munk,
Reime, dummer Peter, reime!»
sprach er zu sich und pochte mit dem Finger an seine Stirn. Aber es wollte kein Reim hervorkommen.
Als er noch so dasaß und trübe vor sich hinschaute und an den Reim auf stehen dachte, da zogen drei Burschen vor dem Hause vorbei in den Wald. Einer sang im Vorübergehen:
Das war ein leuchtender Blitz durch Peters Ohr. Hastig raffte er sich auf und stürzte aus dem Haus. Er sprang den drei Burschen nach und packte den Sänger hastig und unsanft beim Arm.
«Halt, Freund!» rief Peter, «was hast du da auf stehen gereimt, bitte, sag mal, was du gesungen hast!»
«Was ficht’s dich an37, Bursche?» entgegnete der Schwarzwälder. «Ich kann singen, was ich will. Laß gleich meinen Arm los!»
«Nein, sagen sollst du, was du gesungen hast!» schrie Peter und packte ihn noch fester an.
Die zwei anderen aber, als sie dies sahen, fielen mit derben Fäusten über den armen Peter her und walkten ihn derb, bis er vor Schmerzen das Gewand des dritten ließ und erschöpft in die Knie sank.
«Jetzt hast du dein Teil!»38 sprachen sie, «und merk dir, toller Bursche, dass du Leute, wie wir sind, nimmer anfällst auf offenem Wege.»
«Ach, ich will mir es gewißlich merken!» erwiderte Kohlenpeter, «aber seid so gut und saget deutlich, was jener gesungen hat!»
Da lachten sie und spotteten ihn aus; aber der Mann sagte es ihm vor, und lachend und singend zogen sie weiter.
«Also sehen», sprach der arme Geschlagene, «sehen auf stehen39 jetzt, Glasmännlein, wollen wir wieder ein Wort zusammen sprechen!»
Er ging in die Hütte, holte seinen Hut und den langen Stock. Er nahm Abschied von den Bewohnern der Hütte und trat seinen Rückweg nach dem Tannenbühl an. Er ging langsam und sinnend seine Straße. Endlich, als er schon in dem Bereich des Tannenbühls ging und die Tannen höher und dichter wurden, hatte er seinen Vers gefunden. Er machte vor Freude einen Sprung in die Höhe.
Da trat ein riesengroßer Mann in Flözerkleidung und eine Stange so lang wie ein Mastbaum in der Hand hinter den Tannen hervor. Peter Munk sank beinahe in die Knie, als er jenen langsamen Schrittes neben sich wandeln sah; denn er dachte, das ist der Holländer-Michel und kein anderer. Noch immer schwieg die furchtbare Gestalt. Peter schielte zuweilen furchtsam nach ihm hin.
Er war einen Kopf größer als der längste Mann, den Peter je gesehen. Sein Gesicht war nicht mehr jung, doch auch nicht alt, aber voll Furchen und Falten; er trug ein Wams von Leinwand, und die ungeheuren Stiefel, über die Lederbeinkleider heraufgezogen, waren Peter aus der Sage wohlbekannt.
«Peter Munk, was tust du im Tannenbühl?» fragte der Waldkönig endlich mit tiefer, dröhnender Stimme.
«Guten Morgen», antwortete Peter, «ich will durch den Tannenbühl nach Haus zurück.»
«Peter Munk», erwiderte der Mann und warf einen stechenden, furchtbaren Blick nach ihm herüber, «dein Weg geht nicht durch diesen Hain!»
«Nun, so gerade just nicht», sagte Peter, «aber es macht heute warm, da dachte ich, es wird hier kühler sein.»
«Lüge nicht, du, Kohlenpeter!» rief Holländer-Michel mit donnernder Stimme, «oder ich schlage dich mit der Stange zu Boden40! Du meinst, ich habe dich nicht betteln sehen bei dem Kleinen41?» setzte der Mann sanft hinzu. «Geh, geh, das war ein dummer Streich. Und gut ist es, dass du das Sprüchlein nicht wußtest. Er ist ein Knauser, der kleine Kerl. Er gibt nicht viel. Und wem er gibt, der wird seines Lebens nicht froh. Peter, du bist ein armer Tropf42 und dauerst mich in der Seele. So ein munterer, schöner Bursche, der in der Welt was anfangen könnte, und sollst Kohlen brennen! Wenn andere große Taler oder Dukaten haben, kannst du kaum ein paar Sechser43 aufwenden. Es ist ein ärmlich Leben!»