Kitabı oku: «Wilhelmine von Bayreuth: Erinnerungen der Prinzessin Wilhelmine von Preußen», sayfa 8
Wir folgten ihm bald darauf nach Potsdam, wo er an beiden Füßen von heftigen Gichtschmerzen befallen wurde. Diese Krankheit im Verein mit dem Ärger über seine zerstörten Hoffnungen machten, dass er von unerträglich schlechter Laune war. Die Leiden des Fegefeuers konnten den unseren nicht gleichkommen. Wir waren gezwungen, früh neun Uhr in seinem Zimmer zu erscheinen; wir speisten dort und durften es unter keinem Vorwand verlassen. Den ganzen Tag überhäufte er meinen Bruder und mich mit Schmähungen. Der König nannte mich nur noch die englische Canaille, und mein Bruder hieß der Schuft von einem Fritz. Er zwang uns, Dinge zu essen und zu trinken, die uns widerstanden oder die unsrer Konstitution zuwider waren, was uns manchmal nötigte, in seiner Gegenwart alles von uns zu geben, was wir im Magen hatten. Jeden Tag kam es zu bösen Auftritten, und man konnte nicht aufschauen, ohne irgendeinen Unglücklichen auf eine oder die andere Weise gequält zu sehen. In seiner Ungeduld hielt es der König nicht im Bett aus, er ließ sich in einem Rollstuhl durch das ganze Schloss fahren. Seine beiden Arme waren auf zwei Krücken gestützt. Wir folgten diesem Triumphwagen wie arme Gefangene, die ihres Urteiles harren. Der arme König hatte große Schmerzen und eine schwarze Galle, die sich in sein Blut ergossen hatte war Grund an seiner üblen Laune.
Eines Morgens, da wir zur Begrüßung bei ihm eintraten, schickte er uns weg. „Hinaus mit Ihren verwünschten Kindern!“ fuhr er die Königin an, „ich will allein bleiben.“ Die Königin wollte antworten, allein er gebot ihr zu schweigen und befahl, dass man bei der Königin auftrage. Die Königin war beunruhigt; aber mein Bruder und ich waren beide hocherfreut, denn wir wurden spindeldürr, so wenig hatten wir zu essen. Kaum waren wir aber bei Tische, als einer der Lakaien atemlos hereinlief. „Um Gottes willen, Majestät, kommen Sie“, rief er, „der König will sich erdrosseln.“ Die Königin eilte sehr erschrocken hinzu. Sie fand den König, einen Strick um den Hals und dem Ersticken nahe, wäre sie nicht zu Hilfe gekommen. Er hatte starkes Fieber, und das Blut stieg ihm heftig zu Kopfe; gegen Abend fühlte er sich jedoch etwas besser. Wir waren alle hocherfreut, da wir hofften, seine Verstimmung würde sich jetzt legen; allein es kam anders. Er sagte mittags zur Königin, dass er Briefe aus Ansbach erhalten habe, die ihm mitteilten, dass der junge Markgraf im Mai nach Berlin zu kommen beabsichtige, um meine Schwester zu heiraten, und dass er seinen Hofmeister, Herrn von Bremer, senden würde, um ihr den Verlobungsring zu überreichen. Er fragte meine Schwester, ob sie sich freue und wie sie ihren Hausstand einzurichten gedenke. Meine Schwester hatte sich mit ihm auf den Fuß gestellt, dass sie ihm alles freiheraus sagte, sogar Wahrheiten, ohne dass es ihn erzürnte. Sie gab ihm also mit ihrer üblichen Offenheit zur Antwort, dass sie einen guten und reichlich bestellten Tisch führen würde, „der“, fügte sie hinzu, „besser als der Ihre sein wird; und wenn ich Kinder bekomme, so werde ich sie nicht malträtieren wie Sie, noch sie zwingen, Dinge zu essen, die ihnen widerstehen.“ „Was meinen Sie damit“, fragte der König, „was ist es, das auf meinem Tische fehlt?“ „Es fehlt daran“, sagte sie, „dass man nicht satt wird und dass das wenige nur aus schweren Gemüsen besteht, die wir nicht vertragen können.“ Der König war schon über die erste Antwort aufgebracht, über diese letzte geriet er außer Rand und Band, aber sein ganzer Zorn fiel auf meinen Bruder und mich. Er warf erst einen Teller an den Kopf meines Bruders, der dem Wurfe auswich; dann ließ er einen in meine Richtung fliegen, und ich vermied ihn ebenso. Auf diese ersten Feindseligkeiten folgte nun ein Hagel von Schmähungen. Er wandte sich wider die Königin und warf ihr die schlechte Erziehung ihrer Kinder vor; und zu meinem Bruder gewendet, sagte er: „Sie sollten Ihre Mutter verwünschen, denn sie ist schuld an Ihrer schlechten Disziplin. Ich hatte einen tüchtigen Mann zum Hofmeister und erinnere mich stets einer Geschichte, die er mir in meiner Jugend erzählte: Es war einmal ein Mann in Karthago, der wegen mehrerer Verbrechen zum Tode verurteilt worden war. Auf dem Wege zum Richtplatz verlangte er, mit seiner Mutter zu sprechen. Man ließ sie kommen. Er näherte sich ihr, wie um ihr etwas ins Ohr zu sagen, biss ihr aber dabei mit den Zähnen ein Stück davon ab. ‚Ich behandle dich also‘, sagte er zu ihr, ‚damit du anderen Eltern als Beispiel dienst, die nicht Sorge tragen, ihre Kinder tugendhaft zu erziehen‘. Merken Sie sich dies“, fuhr er, immer zu meinem Bruder gewendet, fort; und da dieser ihm keine Antwort gab, fing er von neuem an, uns zu schmähen, bis er nicht mehr sprechen konnte. Wir erhoben uns von Tische; und da wir an ihm vorbeigehen mussten, schlug er mit seiner Krücke nach mir, aber ich wich zum Glück aus, sonst hätte er mich zu Boden geschlagen. Er verfolgte mich noch eine Zeitlang von seinem Rollstuhl aus, doch die, welche ihn schoben, ließen mir Zeit, in das Zimmer der Königin zu entfliehen, das sehr entfernt lag. Ich kam halbtot vor Schrecken und so zitternd dort an, dass ich auf einem Stuhl zusammenbrach, unfähig, mich auf den Füßen zu halten. Die Königin war mir gefolgt und tat alles, um mich zu trösten und mich zu bewegen, zum König zurückzukehren. Die Teller und Krücken hatten mich so erschreckt, dass ich mich recht schwer entschloss, ihr zu willfahren. Wir gingen jedoch in das Zimmer des Königs zurück und trafen ihn in ruhiger Unterhaltung mit seinen Offizieren. Ich blieb nicht lange, weil mir schlecht wurde; und ich verfügte mich wieder in das Gemach der Königin, wo ich zweimal in Ohnmacht fiel. Ich blieb eine Weile dort. Die Kammerfrau der Königin, die mich aufmerksam beobachtet hatte, rief: „Mein Gott! Hoheit, was fehlt Ihnen? Sie sehen furchtbar aus!“ „Ich weiß nicht“, sagte ich, „aber ich fühle mich recht elend.“ Sie brachte mir einen Spiegel, und ich war sehr erstaunt, Gesicht und Hals voll roter Flecken zu finden; ich schrieb es der gehabten Aufregung zu und achtete nicht darauf. Aber sobald ich in das Zimmer des Königs zurückkehrte, verschwand diese Röte wieder, und ich fiel abermals in Ohnmacht. Es kam daher, dass ich eine ganze Flucht von ungeheizten Zimmern passieren musste, in denen eine schreckliche Kälte herrschte. Nachts wurde ich von einem heftigen Fieber befallen und fühlte mich tags darauf so krank, dass ich mich bei der Königin entschuldigen ließ. Aber sie ließ mir sagen, dass ich tot oder lebendig zu ihr kommen müsse. Ich ließ ihr antworten, dass ich einen Ausschlag habe und unmöglich erscheinen könne. Doch ließ sie wieder denselben Befehl an mich ergehen. So schleppte man mich denn nach ihrem Zimmer, wo ich von einer Schwäche in die andere fiel; und in diesem Zustand wurde ich vor den König geführt.
Da meine Schwester mich so krank sah und mich für sterbend hielt, machte sie den König, der meiner nicht geachtet hatte, darauf aufmerksam. „Was fehlt Ihnen?“ sagte er; „Sie sehen ganz verändert aus, aber ich werde Sie bald kurieren!“ Und er ließ mir zugleich einen großen Becher voll alten sehr starken Rheinweins geben, den er mich auszutrinken zwang. Kaum hatte ich ihn geleert, als mein Fieber zunahm und ich zu phantasieren anfing. Die Königin sah wohl, dass ich weggebracht werden musste; man trug mich in mein Zimmer und legte mich mitsamt meinem Kopfputz zu Bett, da ich strengen Befehl hatte, abends wieder zu erscheinen. Aber es währte nicht lange, bis mein Zustand sich arg verschlimmerte. Dr. Stahl, den man rufen ließ, hielt meine Krankheit für ein hitziges Fieber und gab mir mehrere Medikamente, die mein Übel nur noch steigerten. Ich verbrachte diesen und den folgenden Tag in fortwährendem Delirium. Sobald ich wieder zu mir kam, machte ich mich auf den Tod gefasst. In solch kurzen Zwischenräumen ersehnte ich ihn sogar; und wenn ich Fräulein von Sonsfeld und meine gute Mermann weinend an meinem Bette sah, suchte ich sie zu trösten, indem ich ihnen sagte, dass ich von der Welt losgelöst sei und den Frieden finden würde, den mir niemand mehr rauben könnte. „Ich bin schuld“, sagte ich, „an allem Kummer, den die Königin und mein Bruder zu leiden haben. Wenn ich sterben soll, so sagen Sie dem König, ich hätte ihn stets geliebt und geachtet; ich hätte mir nichts gegen ihn vorzuwerfen, so dass ich hoffte, er würde mich vor meinem Tode segnen. Sagen Sie, dass ich ihn flehentlich bitte, mit der Königin und mit meinem Bruder besser umzugehen und alle Zwietracht und Feindseligkeit mit mir zu begraben. Dies ist mein einziger Wunsch und das einzige, was mich in meinem jetzigen Zustand noch bekümmert.“ Ich schwebte vierundzwanzig Stunden zwischen Leben und Tod, worauf sich die Blattern bei mir zeigten. Der König hatte sich, seitdem ich erkrankt war, nicht nach mir erkundigen lassen. Als er aber vernahm, dass ich die Blattern hatte, schickte er seinen Chirurgen Holtzendorff zu mir, um zu hören, wie es mit mir stand. Dieser rohe Mensch richtete mir die härtesten Dinge vonseiten des Königs aus und fügte selbst welche hinzu. Ich war so krank, dass ich nicht darauf achtete. Doch bestätigte er dem König, was diesem von meinem Zustand berichtet war. Seine Sorge, meine Schwester könnte von dem ansteckenden Übel befallen werden, ließ ihn alle erdenklichen Vorkehrungen treffen, aber auf eine Weise, die recht hart für mich war. Ich wurde alsbald wie eine Staatsgefangene behandelt; man versiegelte alle Zugänge nach meinem Zimmer und ließ nur von einer einzigen Seite den Zutritt frei. Die Königin wie ihr ganzer Hausstand erhielten strengen Befehl, nicht zu mir zu gehen, desgleichen mein Bruder. Ich blieb allein mit meiner Hofmeisterin und der armen Mermann, die in andern Umständen war und mich Tag und Nacht mit beispielloser Treue und Anhänglichkeit pflegte. Ich lag in einem Zimmer, in dem die bitterste Kälte herrschte. Die Suppe, die man mir brachte, bestand nur aus Wasser und Salz; und wenn nach einer andern verlangt wurde, hieß es, der König habe gesagt, sie sei gut genug für mich. Wenn ich gegen Morgen ein wenig einschlief, wurde ich vom Trommelgewirbel jäh aufgeweckt; allein der König hätte mich lieber umkommen lassen, als es abzustellen. Zum Unglück wurde auch die Mermann krank. Da alle Anzeichen auf eine Fehlgeburt schließen ließen, musste sie nach Berlin gebracht werden, und es trat eine zweite Kammerfrau an ihre Stelle, die sich täglich betrank und somit außerstande war, mich zu pflegen. Mein Bruder, der die Blattern schon gehabt hatte, ließ mich nicht im Stich. Sobald er erfuhr, von welcher Krankheit ich befallen war, kam er heimlich zweimal des Tages, um mich zu besuchen. Die Königin, die mich nicht sehen durfte, erkundigte sich hinterrücks fortwährend nach mir. Neun Tage hindurch schwebte ich in großer Gefahr; alle Symptome meines Übels ließen den Tod erwarten, und alle, die mich sahen, waren der Meinung, dass, wenn ich davonkäme, ich traurig entstellt sein würde. Aber meine Laufbahn war noch nicht zu Ende, und ich war all den Schicksalsschlägen vorbehalten, von denen in diesen Memoiren die Rede sein wird. Dreimal hatte ich Rückfälle; waren die Blattern abgetrocknet, so brachen sie von neuem aus. Trotzdem blieben keine Narben zurück, ja, meine Haut war viel reiner geworden als zuvor.
Inzwischen kam Herr von Bremer im Auftrag des Markgrafen von Ansbach nach Potsdam. Er überreichte meiner Schwester den Verlobungsring, was ohne jegliche Zeremonie vor sich ging. Der König war von seiner Gicht vollständig hergestellt, mit seiner Gesundheit hatte sich auch seine Laune gebessert. Nur ich war noch der Stein des Anstoßes; Holtzendorff besuchte mich von Zeit zu Zeit auf Befehl des Königs, doch richtete er mir jedes Mal unangenehme Dinge aus. Er suchte die Teilnahme, die er mir vonseiten seines Herrn aussprechen sollte, stets in möglichst verletzende Worte zu kleiden. Dieser Mensch war eine Kreatur Seckendorffs und stand beim König so sehr in Gnaden, dass alles vor ihm kroch. Er benutzte seinen Einfluss nur, um Unglückliche zu machen, und hatte nicht einmal das Verdienst, ein guter Arzt zu sein. Mit meinem Bruder ging jetzt der König etwas besser um, auf Anraten Seckendorffs und Grumbkows, die den König vollständig beeinflussten. Die plötzlichen Sinneswandlungen, die sie schon bei ihm wahrgenommen hatten, hielten stete Furcht in ihnen wach. Sie besorgten mit Recht, der König von England könnte sich zuletzt doch zur Doppelheirat entschließen, so dass ihr ganzer Plan dadurch hinfällig würde. Von den fortwährenden Intrigen, welche die Königin bei dem englischen Hofe unterhielt, waren sie wohlunterrichtet, sowie von dem Briefe, den mein Bruder dorthin geschrieben hatte. So schmiedeten sie endlich den abscheulichsten all ihrer Pläne, um jegliches Übereinkommen mit dem König von England zu verhindern. Dieser Plan ging dahin, im preußischen Herrscherhaus vollständige Uneinigkeit zu säen und meinen Bruder so weit zu bringen, dass er infolge der Misshandlungen seines Vaters sich zu irgendeinem raschen Schritte hinreißen ließ, wodurch er wie ich ihnen überantwortet würde. Der Graf Fink stand ihnen dabei im Wege. Mein Bruder achtete ihn; und seine Eigenschaft als Hofmeister verlieh ihm eine gewisse Autorität über seinen Zögling, wodurch er ihn abhalten konnte, nachteilige Handlungen zu begehen. Sie stellten also dem König vor, mein Bruder sei jetzt achtzehn Jahre alt und brauche keinen Mentor mehr, und indem man den Grafen Fink verabschiede, würde allen Intrigen der Königin, deren Agent er sei, ein Ende gemacht werden. Dem König leuchtete dies ein. Die beiden Hofmeister wurden also in allen Ehren verabschiedet; sie erhielten beide stattliche Pensionen und nahmen ihre militärischen Stellungen wieder ein. An ihrer statt erhielt jetzt mein Bruder zwei militärische Begleiter. Der eine war der Oberst von Rochow, ein sehr redlicher Mann, doch herzlich unbegabt, der andere der Major von Keyserling, der auch durchaus rechtschaffen, aber leichtsinnig und geschwätzig war, den Schöngeist spielte und weiter nichts als eine umgestürzte Bibliothek war. Mein Bruder konnte sie beide gut leiden, aber Keyserling als der ausschweifendere und jüngere war ihm infolgedessen lieber.
Dieser geliebte Bruder verbrachte alle seine Nachmittage bei mir; wir lasen, schrieben zusammen und suchten unsern Geist zu bilden. Ich kann nicht verhehlen, dass unser Geschreibe sehr oft satirisch war, wobei der Nächste nicht verschont wurde. Ich erinnere mich, dass die Lektüre von Scarrons humoristischem Roman uns zu einer komischen Anwendung auf die kaiserliche Clique veranlasste. Wir nannten Grumbkow den Ränkeschmied, Seckendorff den Plünderer und den König den Brummer. Gewiss war es strafbar von mir, die Ehrfurcht, die ich dem König schuldete, so zu verletzen; aber ich habe nicht die Absicht, mich selbst zu schonen noch mich zu entschuldigen. Wenn Kinder auch noch so viele Gründe zur Klage wider ihre Eltern haben, so dürfen sie doch nicht die schuldige Achtung vergessen. Ich machte mir seitdem die Fehler meiner Jugend in dieser Hinsicht oft zum Vorwurf, aber die Königin, statt uns zu rügen, ermunterte uns durch ihren Beifall, die schönen Satiren fortzusetzen. Ihre Hofmeisterin Frau von Kamecke blieb darin nicht verschont, obwohl wir große Achtung für die Dame hatten, konnten wir nicht umhin, ihre Lächerlichkeiten wahrzunehmen und sie zu bespötteln. Da sie äußerst dick war, nannten wir sie Madame Bouvillon, eine andere, ihr ähnliche Figur in jenem Roman. Wir trieben mehrmals in ihrer Gegenwart damit Scherz, so dass sie sehr neugierig wurde, wer denn diese Madame Bouvillon, von der so viel die Rede war, sei. Mein Bruder machte ihr weis, es sei die Camera Major der Königin von Spanien. Als eines Tages nach unserer Rückkehr nach Berlin Cercle gehalten wurde und vom spanischen Hofe die Rede war, ließ sie sich gar einfallen, zu bemerken, dass die Camera Majors alle aus der Familie der von Bouvillons seien. Alles lachte ihr ins Gesicht; und ich wusste vor Lachen gar nicht, wie ich mich halten sollte. Sie merkte wohl, dass sie eine Dummheit gesagt hatte, und informierte sich bei ihrer Tochter, die sehr belesen war, was denn damit sei. Diese enthüllte ihr das Geheimnis. Sie wurde sehr böse auf mich, da sie einsah, dass ich nur Possen mit ihr getrieben hatte; und nur mit Mühe konnte ich sie wieder versöhnen. Ein satirischer Charakter ist wenig achtenswert; man gewöhnt sich unmerklich daran und verschont dann weder Freund noch Feind. Nichts ist leichter, als die lächerlichen Seiten des Nächsten herauszufinden. Jeder hat die seinen. Es ist freilich unterhaltend, eine Person, die uns gleichgültig ist, auf geistreiche Weise zu foppen; aber zugleich ist es hart, zu denken, dass es einem selbst vielleicht einmal so ergehen wird. Wie sind wir Menschen doch blind! Wir reiten auf den Fehlern der anderen, während wir der eignen nicht achten. Ich habe mich von diesem Hange gänzlich befreit und verspotte nur noch gerne diejenigen Leute, die einen schlechten Charakter haben und durch ihre böse Zunge verdienen, dass man ihnen Gleiches mit Gleichem vergilt. Aber ich komme zu meinem Gegenstand zurück.
Da die Ankunft des Markgrafen von Ansbach nahe bevorstand und er die Blattern noch nicht gehabt hatte, hielten es der König und die Königin für ratsam, mich nach Berlin zurückzuschicken. Bevor ich abreiste, ging ich aber zum König. Er empfing mich wie gewöhnlich, das heißt sehr ungnädig, und sagte mir die härtesten Dinge. In ihrer Angst, er könne noch weitergehen, kürzte die Königin meinen Besuch ab und geleitete mich selbst in mein Zimmer zurück. Tags darauf begab ich mich nach Berlin, wo ich die Gräfin Amalie als die Braut des Staatsministers von Viereck antraf. Herr von Wallenrodt, ihr früherer Liebhaber, war gestorben. Es war einige Zeit her, dass man ihr eines Tages diese Nachricht mitteilte, als eben Cercle bel der Königin gehalten wurde. Da sie nicht einmal von seiner Krankheit etwas gehört hatte, machte ihr diese plötzliche Nachricht von seinem Tode einen solchen Eindruck, dass sie angesichts des ganzen Hofes in Ohnmacht fiel, wodurch ihr Verhältnis zu ihm ans Licht kam. Seit dieser Begebenheit hatte sie an Einfluss bei der Königin sehr verloren, und diese war recht froh, sie loszuwerden. Indes trafen der König und die Königin ein paar Tage nach mir in Berlin ein. Die Hochzeit meiner Schwester wurde mit großem Prunk gefeiert; und sie verließ uns vierzehn Tage später.
Nunmehr trat ich aus meiner Abgeschlossenheit hervor und folgte einige Zeit darauf der Königin nach Wusterhausen. Dort fingen die Streitigkeiten wegen meiner Verheiratung von neuem an. Den ganzen Tag gab es nur Zank und Ärger. Der König ließ meinen Bruder und mich beinahe Hungers sterben. Er verwaltete selbst das Amt des Tranchiermeisters; er servierte allen, nur uns beiden nicht; und wenn zufällig auf der Platte etwas übrigblieb, spie er hinein, um uns das Essen zu verleiden. Wir nährten uns beide nur von Kaffee und gedörrten Kirschen, wodurch mein Magen gänzlich verdorben wurde. Dafür wurde ich mit Schmähworten und Beschimpfungen gespeist, denn es wurden mir den Tag über alle erdenklichen Benennungen zuteil, und noch dazu vor allen Leuten. Der Zorn des Königs ging sogar so weit, dass er meinen Bruder und mich davonjagte und uns streng gebot, nur noch zu den Mahlzeiten vor ihm zu erscheinen. Die Königin schickte heimlich nach uns, während der König auf der Jagd war. Sie hielt dabei nach allen Richtungen Spione aufgestellt, die ihr meldeten, wann er wieder in Sicht war, damit ihr Zeit blieb, uns wegzuschicken. Durch die Nachlässigkeit ihrer Leute wären wir eines Tages auf ein Haar bei ihr ertappt worden. Ihr Zimmer hatte nur einen Ausgang; und er erschien so plötzlich, dass wir ihm nicht mehr ausweichen konnten. Die Angst machte uns entschlossen. Mein Bruder verbarg sich in einer Nische, die eine gewisse Bequemlichkeit bot, und ich kroch unter das Bett der Königin, welches so niedrig war, dass ich es kaum aushalten konnte und in eine sehr peinliche Lage geriet. Kaum hatten wir uns in diese schönen Zufluchtsorte zurückgezogen, als der König eintrat. Da er von der Jagd sehr ermüdet war, schlief er ein und schlummerte zwei Stunden lang. Ich erstickte fast unter dem Bette und konnte nicht umhin, von Zeit zu Zeit meinen Kopf hervorzustrecken, um Atem zu schöpfen. Wenn diese Szene einen Zuschauer gehabt hätte, wäre sie lächerlich genug gewesen. Endlich ging sie zu Ende. Der König entfernte sich, und wir kamen schnell aus unsern Höhlen hervor, indem wir die Königin beschworen, uns solchen Vorgängen nicht wieder auszusetzen. Es mag wohl seltsam erscheinen, dass wir nichts unternahmen, um uns mit dem König auszusöhnen. Ich sprach mehrmals mit der Königin darüber, aber sie wehrte es auf das bestimmteste ab und sagte, der König würde mir antworten, dass ich nur dann wieder seine Gnade erlangen könnte, wenn ich den Herzog von Weißenfels oder den Markgrafen von Schwedt heiratete, was die Lage nur verschlimmern würde und mich in größte Verlegenheit brächte. Diese Gründe waren einleuchtend, ich musste mich fügen.
Nach all diesen Kümmernissen kamen einige frohe Tage. Der König begab sich nach Lübben, um mit dem König von Polen zusammenzukommen. Dort nun gelang es Grumbkow und Seckendorff, meinen Vater zu bewegen, mich in aller Form dem Herzog von Weißenfels zur Ehe zu versprechen, dem ich feierlich verlobt wurde. Der König von Polen wollte ihm einige Vorteile bewilligen, und der König von Preußen erachtete, dass ich mit 50.000 Talern jährlich sehr standesgemäß mit ihm würde leben können. In Dahme, einem kleinen Marktflecken, der dem Herzog gehörte und sein Erbteil war, machte der König halt; er wurde dort mit herrlichem Ungarwein bewirtet, was seine Freundschaft für den Herzog nur steigerte. Dieser aber hielt alle seine Ränke so geheim, dass wir erst einige Zeit darauf etwas davon erfuhren.
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