Kitabı oku: «Coriolanus»
Personen:
Cajus Marcius Coriolanus, ein edler Römer
Titus Lartius und Cominius, Anführer gegen die Volsker
Menenius Agrippa, Coriolans Freund
Sicinius Velutus und Junius Brutus, Volkstribunen
Marcius, Coriolans kleiner Sohn
Ein römischer Herold
Tullus Aufidius, Anführer der Volsker
Ein Unterfeldherr des Aufidius
Verschworene
Ein Bürger von Antium
Zwei volskische Wachen
Volumnia, Coriolans Mutter
Virgilia, Coriolans Gemahlin
Valeria, Virgilias Freundin
Dienerinnen der Virgilia
Römer und Volsker. Senatoren, Patrizier, Ädilen, Liktoren, Krieger, Bürger, Boten
Erster Aufzug
Erste Szene
Rom, eine Straße
Es tritt auf ein Haufe aufrührerischer Bürger mit Stäben, Knütteln und anderen Waffen
Erster Bürger
Ehe wir irgend weitergehn, hört mich sprechen.
Zweiter Bürger
Sprich! sprich! —
Erster Bürger
Ihr alle seid entschlossen, lieber zu sterben als zu verhungern?
Alle Bürger
Entschlossen! entschlossen! —
Erster Bürger
Erstlich wißt ihr: Cajus Marcius ist der Hauptfeind des Volkes.
Alle Bürger
Wir wissen's! Wir wissen's! —
Erster Bürger
Laßt uns ihn umbringen, so können wir die Kornpreise selbst machen.
Ist das ein Wahrspruch?
Alle Bürger
Kein Geschwätz mehr darüber. Wir wollen's tun. Fort! fort!
Zweiter Bürger
Noch ein Wort, meine guten Bürger!
Erster Bürger
Wir werden für die armen Bürger gehalten, die Patrizier für die guten. Das, wovon der Adel schwelgt, würde uns nähren. Gäben sie uns nur das Überflüssige, ehe es verdirbt, so könnten wir glauben, sie nährten uns auf menschliche Weise; aber sie denken, soviel sind wir nicht wert. Der Hunger, der uns ausgemergelt, der Anblick unsers Elends ist gleichsam ein Verzeichnis, in welchem postenweise ihr Überfluß aufgeführt wird. Unser Leiden ist ihnen ein Gewinn. Dies wollen wir mit unsern Spießen rächen, ehe wir selbst Spießgerten werden. Denn das wissen die Götter! Ich rede so aus Hunger nach Brot, und nicht aus Durst nach Rache.
Zweiter Bürger
Wollt ihr besonders auf den Cajus Marcius losgehen?
Alle
Auf ihn zuerst, er ist ein wahrer Hund gegen das Volk.
Zweiter Bürger
Bedenkt ihr auch, welche Dienste er dem Vaterlande getan hat?
Erster Bürger
Sehr wohl! und man könnte ihn auch recht gern dafür loben; aber er belohnt sich selbst dadurch, daß er so stolz ist.
Zweiter Bürger
Nein, rede nicht so boshaft.
Erster Bürger
Ich sage euch, was er rühmlich getan hat, tat er nur deshalb. Wenn auch
zu gewissenhafte Menschen so billig sind, zu sagen, es war für sein
Vaterland, so tat er's doch nur, seiner Mutter Freude zu machen und zum
Teil, um stolz zu sein; denn sein Stolz ist ebenso groß als sein Verdienst.
Zweiter Bürger
Was er an seiner Natur nicht ändern kann, das rechnet Ihr ihm für ein Laster.
Das dürft Ihr wenigstens nicht sagen, daß er habsüchtig ist.
Erster Bürger
Wenn ich das auch nicht darf, werden mir doch die Anklagen nicht ausgehen.
Er hat Fehler so überlei, daß die Aufzählung ermüdet.
(Geschrei hinter der Szene.)
Welch Geschrei ist das? Die andre Seite der Stadt ist in Aufruhr. Was stehn wir hier und schwatzen? Aufs Kapitol!
Alle
Kommt! Kommt! —
Erster Bürger
Still! Wer kommt hier?
(Menenius Agrippa tritt auf)
Zweiter Bürger
Der würdige Menenius Agrippa, einer, der das Volk immer geliebt hat.
Erster Bürger
Der ist noch ehrlich genug. Wären nur die übrigen alle so!
Menenius
Was habt ihr vor, Landsleute? wohin geht ihr
Mit Stangen, Knütteln? Sprecht, was gibt's? Ich bitt euch!
Erster Bürger
Unsre Sache ist dem Senat nicht unbekannt; sie haben davon munkeln hören seit vierzehn Tagen, was wir vorhaben und das wollen wir ihnen nun durch Taten zeigen. Sie sagen, arme Klienten haben schlimmen Atem: sie sollen erfahren, daß wir auch schlimme Arme haben.
Menenius
Ei, Leute! gute Freund' und liebe Nachbarn,
Wollt ihr euch selbst zugrunde richten?
Erster Bürger
Nicht möglich, wir sind schon zugrund gerichtet.
Menenius
Ich sag euch, Freund', es sorgt mit wahrer Liebe
Für euch der Adel. Eure Not betreffend,
Die jetzge Teurung, könntet ihr so gut
Dem Himmel dräun mit Knütteln, als sie schwingen
Gegen den Staat von Rom, des Lauf sich bricht
So grade Bahn, daß es zehntausend Zügel
Von härtrem Erz zerreißt, als jemals ihm
Nur eure Hemmung bietet. Diese Teurung,
Die Götter machen sie, nicht die Patrizier;
Gebeugte Knie, nicht Arme müssen helfen.
Ach! durch das Elend werdet ihr verlockt
Dahin, wo größres euch umfängt. Ihr lästert
Roms Lenker, die wie Väter für euch sorgen,
Wenn ihr wie Feinde sie verflucht.
Erster Bürger
Für uns sorgen! – nun, wahrhaftig! – Sie sorgten noch nie für uns. Uns verhungern lassen, und ihre Vorratshäuser sind vollgestopft mit Korn. Verordnungen machen gegen den Wucher, um die Wucherer zu unterstützen. Täglich irgendein heilsames Gesetz gegen die Reichen widerrufen und täglich schärfere Verordnungen ersinnen, die Armen zu fesseln und einzuzwängen. Wenn der Krieg uns nicht auffrißt, tun sie's: das ist ihre ganze Liebe für uns.
Menenius
Entweder müßt ihr selbst
Als ungewöhnlich tückisch euch bekennen,
Sonst schelt ich euch als töricht. Ich erzähl euch
Ein hübsches Märchen; möglich, daß ihr's kennt;
Doch, da's hier eben herpaßt, will ich wagen,
Es nochmals aufzuwärmen.
Erster Bürger
Gut, wir wollen's anhören, Herr. Ihr müßt aber nicht glauben, unser
Unglück mit einem Märchen wegfoppen zu können; doch, wenn Ihr wollt,
her damit.
Menenius
Einstmals geschah's, daß alle Leibesglieder,
Dem Bauch rebellisch, also ihn verklagten:
Daß er allein nur wie ein Schlund verharre
In Leibes Mitte, arbeitslos und müßig,
Die Speisen stets verschlingend, niemals tätig,
So wie die andern all, wo jene Kräfte
Sähn, hörten, sprächen, dächten, gingen, fühlten
Und, wechselseitig unterstützt, dem Willen
Und allgemeinen Wohl und Nutzen dienten
Des ganzen Leibs. Der Bauch erwiderte —
Erster Bürger
Gut, Herr, was hat der Bauch denn nun erwidert?
Menenius
Ich sag es gleich. – Mit einer Art von Lächeln,
Das nicht von Herzen ging, nur gleichsam so —
(Denn seht, ich kann den Bauch ja lächeln lassen
So gut als sprechen) gab er höhnisch Antwort
Den mißvergnügten Gliedern, die rebellisch
Die Einkünft ihm nicht gönnten; ganz so passend
Wie ihr auf unsre Senatoren scheltet,
Weil sie nicht sind wie ihr.
Erster Bürger
Des Bauches Antwort. Wie!
Das fürstlich hohe Haupt; das wache Auge;
Das Herz: der kluge Rat; der Arm: der Krieger;
Das Bein: das Roß; die Zunge: der Trompeter;
Nebst andern Ämtern noch und kleinern Hilfen
In diesem unserm Bau, wenn sie —
Menenius
Was denn,
Mein Treu! der Mensch da schwatzt! Was denn? Was denn?
Erster Bürger
So würden eingezwängt vom Fresser Bauch,
Der nur des Leibes Abfluß —
Menenius
Gut, was denn?
Erster Bürger
Die andern Kräfte, wenn sie nun so klagten,
Der Bauch, was könnt er sagen?
Menenius
Ihr sollt's hören.
Schenkt ihr ein bißchen, was ihr wenig habt,
Geduld, so sag ich euch des Bauches Antwort.
Erster Bürger
Ihr macht es lang.
Menenius
Jetzt paßt wohl auf, mein Freund!
Eur höchst verständger Bauch, er war bedächtig,
Nicht rasch, gleich den Beschuldgern, und sprach so:
"Wahr ist's, ihr einverleibten Freunde", sagt' er,
"Zuerst nehm ich die ganze Nahrung auf,
Von der ihr alle lebt; und das ist recht,
Weil ich das Vorratshaus, die Werkstatt bin
Des ganzen Körpers. Doch bedenkt es wohl;
Durch eures Blutes Ströme send ich sie
Bis an den Hof, das Herz – den Thron, das Hirn,
Und durch des Körpers Gäng und Windungen
Empfängt der stärkste Nerv, die feinste Ader
Von mir den angemeßnen Unterhalt,
Wovon sie leben. Und obwohl ihr alle – "
Ihr guten Freund' (habt acht), dies sagt der Bauch.
Erster Bürger
Gut. Weiter!
Menenius
"Seht ihr auch nicht all auf eins,
Was jeder Einzelne von mir empfängt,
Doch kann ich Rechnung legen, daß ich allen
Das feinste Mehl von allem wieder gebe,
Und nur die Klei' mir bleibt." Wie meint ihr nun?
Erster Bürger
Das war 'ne Antwort. Doch wie paßt das hier?
Menenius
Roms Senatoren sind der gute Bauch,
Ihr die empörten Glieder; denn erwägt
Ihr Mühn, ihr Sorgen. Wohl bedenkt, was alles
Des Staates Vorteil heischt; so seht ihr ein,
Kein allgemeines Gut, was ihr empfangt,
Das nicht entsprang und kam zu euch von ihnen,
Durchaus nicht von euch selbst. Was denkt ihr nun?
Du, große Zeh, in dieser Ratsversammlung.
Erster Bürger
Ich, die große Zehe? Warum die große Zehe?
Menenius
Weil du, der Niedrigst, Ärmst, Erbärmlichste
Von dieser weisen Rebellion, vorantrittst.
Du, Schwächling ohne Kraft und Ansehen, läufst
Voran und führst, dir Vorteil zu erjagen. —
Doch schwenkt nur eure Stäb und dürren Knüttel,
Rom und sein Rattenvolk zieht aus zur Schlacht,
Der eine Teil muß Tod sich fressen.
(Cajus Marcius tritt auf.)
Heil! edler Marcius.
Marcius
Dank Euch! Was gibt es hier? Rebellsche Schurken,
Die ihr das Jucken eurer Einsicht kratzt,
Bis ihr zu Aussatz werdet.
Erster Bürger
Von Euch bekommen wir doch immer gute Worte.
Marcius
Ein gutes Wort dir geben, hieße schmeicheln
Jenseits des Abscheus. Was verlangt ihr, Hunde,
Die Krieg nicht wollt noch Frieden? jener schreckt euch,
Und dieser macht euch frech. Wer euch vertraut,
Find't euch als Hasen, wo er Löwen hofft
Wo Füchse, Gäns. Ihr seid nicht sichrer, nein!
Als glühnde Feuerkohlen auf dem Eis,
Schnee in der Sonne. Eure Tugend ist,
Den adeln, den Verbrechen niedertreten,
Dem Recht zu fluchen, das ihn schlägt. Wer Größe
Verdient, verdient auch euern Haß; und eure Liebe
Ist eines Kranken Gier, der heftig wünscht,
Was nur sein Übel mehrt. Wer sich verläßt
Auf eure Gunst, der schwimmt mit blei'rnen Flossen,
Und haut mit Binsen Eichen nieder. Hängt euch!
Euch traun?
Ein Augenblick, so ändert ihr den Sinn,
Und nennt den edel, den ihr eben haßtet,
Den schlecht, der euer Abgott war. Was gibt's?
Daß ihr, auf jedem Platz der Stadt gedrängt,
Schreit gegen den Senat, der doch allein,
Zunächst den Göttern, euch in Furcht erhält;
Ihr fräßt einander sonst. Was wollen sie?
Menenius
Nach eignem Preis das Korn, das, wie sie sagen
Im Überfluß daliegt.
Marcius
Hängt sie! Sie sagen's?
Beim Feuer sitzend, wissen sie genau,
Was auf dem Kapitol geschieht; wer steigt,
Wer gilt, wer fällt; da stiften sie Faktionen
Und schließen Ehen; stärken die Partei
Und beugen die, die nicht nach ihrem Sinn,
Noch unter ihre Nägelschuh. Sie sagen,
Korn sei genug vorhanden?
Wenn sich der Adel doch der Mild entschlüge,
Daß ich mein Schwert ziehn dürft. Ich häufte Berge
Von Leichen der zerhaunen Sklaven, höher,
Als meine Lanze fliegt.
Menenius
Nein, diese sind fast gänzlich schon beruhigt;
Denn, fehlt im Überfluß auch der Verstand,
So sind sie doch ausbündig feig. Doch sagt mir,
Was macht der andre Trupp?
Marcius
Schon ganz zerstreut.
Die Schurken!
Sie hungern, sagten sie, und ächzten Sprüchlein,
Als: "Not bricht Eisen; Hunde müssen fressen;
Das Brot ist für den Mund; die Götter senden
Nicht bloß den Reichen Korn." Mit solchen Fetzen
Macht sich ihr Klagen Luft; man hört sie gütig,
Bewilligt eine Fordrung – eine starke —
(Des Adels Herz zu brechen, jede Kraft
Zu töten) und nun schmeißen sie die Mützen,
Als sollten auf des Mondes Horn sie hängen,
Frech laut und lauter jauchzend.
Menenius
Und was ward zugestanden?
Marcius
Fünf Tribunen,
Um ihre Pöbelweisheit zu vertreten,
Aus eigner Wahl: der ein ist Junius Brutus,
Sicinius und – was weiß ich – Tod und Pest!
Die Lumpen sollten eh die Stadt abdecken,
Als mich so weit zu bringen. Nächstens nun
Gewinnen sie noch mehr und fordern Größres
Mit Androhn der Empörung.
Menenius
Das ist seltsam.
Marcius
Geht, fort mit euch, ihr Überbleibsel!
(Ein Bote tritt auf.)
Bote
Ist Cajus Marcius hier?
Marcius
Nun ja! was soll's?
Bote
Ich meld Euch, Herr, die Volsker sind in Waffen.
Marcius
Mich freut's! So werden wir am besten los
Den Überfluß, der schimmlicht wird. – Seht da,
Die würdgen Väter. Es treten auf Cominius, Titus Lartius und andre
Senatoren, Junius Brutus und Sicinius Velutus.
Erster Senator
Marcius, was Ihr uns sagtet, ist geschehn:
Die Volsker sind in Waffen.
Marcius
Ja, sie führt
Tullus Aufidius, der macht euch zu schaffen.
Ich sündge, seinen Adel ihm zu neiden,
Und wär ich etwas andres als ich bin,
So wünscht ich, er zu sein.
Cominius
Ihr fochtet miteinander.
Marcius
Wenn, halb und halb geteilt, die Welt sich zauste,
Und er auf meiner Seit, ich fiele ab,
Nur daß ich ihn bekämpft'. – Er ist ein Löwe,
Den ich zu jagen stolz bin.
Erster Senator
Darum, Marcius,
Magst du Cominius folgen in den Krieg.
Cominius
Ihr habt es einst versprochen.
Marcius
Herr, das hab ich,
Und halte Wort. Du, Titus Lartius, siehst
Noch einmal Tullus, mich ins Antlitz schlagen.
Wie – bist du krank? bleibst aus?
Titus
Nein, Cajus Marcius.
Ich lehn auf eine Krück und schlage mit der andern,
Eh ich dies' Werk versäum.
Marcius
O edles Blut!
Erster Senator
Begleitet uns zum Kapitol, dort harren
Die treusten Freunde unser.
Titus
Geht voran —
Cominius, folgt ihm nach, wir folgen euch,
Ihr seid des Vorrangs würdig.
Cominius
Edler Marcius!
Erster Senator (zu den Bürgern)
Geht, macht euch fort! – nach Haus!
Marcius
Nein, laßt sie folgen.
Die Volsker haben Korn; dahin ihr Ratten,
Die Scheuren freßt. – Hochadlige Rebellen,
Eur Mut schlägt herrlich aus. Ich bitte, folgt.
(Senatoren, Cominius, Marcius, Titus Lartius und Menenius gehn ab; die Bürger schleichen sich fort.)
Sicinius
War je ein Mensch so stolz wie dieser Marcius?
Brutus
Er hat nicht seinesgleichen.
Sicinius
Als wir ernannt zu Volkstribunen wurden —
Brutus
Saht Ihr sein Aug, den Mund?
Sicinius
Ja, und sein Höhnen!
Brutus
Gereizt schont nicht sein Spott die Götter selbst.
Sicinius
Den keuschen Mond auch würd er lästern.
Brutus
Verschling ihn dieser Krieg; er ward zu stolz,
So tapfer wie er ist.
Sicinius
Solch ein Gemüt,
Gekitzelt noch vom Glück, verschmäht den Schatten,
Auf den er mittags tritt. Doch wundert's mich,
Wie nur sein Hochmut es erträgt, zu stehn
Unter Cominius.
Brutus
Ruhm, nach dem er zielt,
Und der schon reich ihn schmückt, wird besser nicht
Erhalten und erhöht, als auf dem Platz
Zunächst dem ersten; denn was nun mißlingt,
Das ist des Feldherrn Schuld, tut er auch alles,
Was Menschenkraft vermag; und schwindelnd Urteil
Ruft dann vom Marcius aus: O hätte dieser
Den Krieg geführt!
Sicinius
Gewiß und geht es gut,
So raubt das Vorurteil, am Marcius hängend,
Cominius jegliches Verdienst.
Brutus
Jawohl. —
Cominius' halben Ruhm hat Marcius schon,
Erwarb er ihn auch nicht; und jenes Fehler,
Sie werden Marcius' Ruhm, tat er auch selbst
Nichts Großes mehr.
Sicinius
Kommt, laßt uns hin und hören
Die Ausfert'gung, und was in Art und Weise
Er, außer seiner Einzigkeit, nun geht
In diesen jetzgen Kampf.
Brutus
So gehn wir denn.
(Beide ab.)
Zweite Szene
Corioli, das Staatsgebäude Tullus Aufidius tritt auf mit einigen Senatoren
Erster Senator
So glaubt Ihr wirklich denn, Aufidius,
Daß die von Rom erforschten unsern Plan,
Und wissen, was wir tun?
Aufidius
Glaubt ihr's denn nicht?
Was ward wohl je gedacht in unserm Staat,
Das nicht, eh's körperliche Tat geworden,
Rom ausgeforscht? Noch sind's vier Tage nicht,
Daß man von dort mir schrieb; so, denk ich, lautet's —
Ich hab den Brief wohl hier; – ja, dieser ist's.
(Er liest.) "Geworben wird ein Heer; doch niemand weiß,
Ob für den Ost, den West. Groß ist die Teurung,
Das Volk im Aufruhr, und man raunt sich zu,
Cominius, Marcius, Euer alter Feind
(Der mehr in Rom gehaßt wird als von Euch),
Und Titus Lartius, ein sehr tapfrer Römer:
Daß diesen drei'n die Rüstung ward vertraut.
Wohin's auch geht, wahrscheinlich trifft es Euch;
Drum seht Euch vor."
Erster Senator
Im Feld stehn unsre Scharen;
Wir zweifeln nie, daß Rom, uns zu begegnen,
Stets sei bereit.
Aufidius
Und Ihr habt klug gehandelt,
Zu bergen Euern großen Plan, bis er
Sich zeigen mußte; doch im Brüten schon
Erkannt ihn Rom, so scheint's; durch die Entdeckung
Wird unser Ziel geschmälert, welches war,
Zu nehmen manche Stadt, eh selbst die Römer
Bemerkt, daß wir im Gang.
Zweiter Senator
Edler Aufidius,
Nehmt Eure Vollmacht, eilt zu Euren Scharen,
Laßt uns zurück, Corioli zu schützen;
Belagern sie uns hier, kommt zum Entsatz
Mit Eurem Heer zurück; doch sollt Ihr sehn,
Die Rüstung gilt nicht uns.
Aufidius
O! zweifelt nicht;
Ich sprech aus sichrer Nachricht. Ja – noch mehr,
Schon rückten einge Römerhaufen aus,
Und nur hieherwärts. Ich verlass euch, Väter.
Wenn wir und Cajus Marcius uns begegnen,
So ist geschworen, daß der Kampf nicht endet,
Bis einer fällt.
Alle Senatoren
Die Götter sein mit Euch!
Aufidius
Sie schirmen eure Ehren.
Erster Senator
Lebt wohl!
Zweiter Senator
Lebt wohl!
Aufidius
Lebt wohl!
(Alle ab.)
Dritte Szene
Rom, im Hause des Marcius Volumnia und Virgilia sitzen und nähen
Volumnia
Ich bitte dich, Tochter, sing, oder sprich wenigstens trostreicher; wenn mein Sohn mein Gemahl wäre, ich würde mich lieber seiner Abwesenheit erfreuen, durch die er Ehre erwirbt, als der Umarmungen seines Bettes, in denen ich seine Liebe erkennte. Da er noch ein zarter Knabe war und das einzige Kind meines Schoßes, da Jugend und Anmut gewaltsam alle Blicke auf ihn zogen, als die tagelangen Bitten eines Königs einer Mutter nicht eine einzige Stunde seines Anblicks abgekauft hätten, schon damals – wenn ich bedachte, wie Ehre solch ein Wesen zieren würde, und daß es nicht besser sei als ein Gemälde, das an der Wand hängt, wenn Ruhmbegier es nicht belebte – war ich erfreut, ihn da Gefahren suchen zu sehn, wo er hoffen konnte, Ruhm zu finden. In einen grausamen Krieg sandte ich ihn, aus dem er zurückkehrte, die Stirn mit Eichenlaub umwunden. Glaube mir, Tochter, mein Herz hüpfte nicht mehr vor Freuden, als ich zuerst hörte, es sei ein Knabe, als jetzt, da ich zuerst, sah, er sei ein Mann geworden.
Virgilia
Aber wäre er nun in der Schlacht geblieben, teure Mutter, wie dann?
Volumnia
Dann wäre sein Nachruhm mein Sohn gewesen; in ihm hätte ich mein Geschlecht gesehn. Höre mein offenherziges Bekenntnis: hätte ich zwölf Söhne, jeder meinem Herzen gleich lieb, und keiner nur weniger teuer als dein und mein guter Marcius, ich wollte lieber elf für ihr Vaterland edel sterben sehn, als einen einzigen in wollüstigem Müßiggang schwelgen. Es tritt eine Dienerin auf.
Dienerin
Edle Frau, Valeria wünscht Euch zu sehn.
Virgilia
Ich bitte, erlaubt mir, mich zurückzuziehn.
Volumnia
O nein! das sollst du nicht.
Mich dünkt, bis hier tönt deines Gatten Trommel,
Er reißt Aufidius bei den Haaren nieder;
Wie Kinder vor dem Bären fliehn die Volsker.
Mich dünkt, ich seh's! So stampft er und ruft aus:
"Memmen, heran! In Furcht seid ihr gezeugt;
Obwohl in Rom geboren." Und er trocknet
Die blutge Stirn mit ehrner Hand, und schreitet
So wie ein Schnitter, der sich vorgesetzt,
Alles zu mähn, wo nicht, den Lohn zu missen.
Virgilia
Die blutge Stirn! – o Jupiter! kein Blut.
Volumnia
O schweig, du Törin! schöner ziert's den Mann
Als Goldtrophäen. Die Brust der Hekuba
War schöner nicht, da sie den Hektor säugte,
Als Hektors Stirn, die Blut entgegenspritzte
Im Kampf den Griechenschwertern. – Sagt Valerien,
Wir sind bereit, sie zu empfangen.
(Dienerin ab.)
Virgilia
Himmel!
Schütz meinen Mann vorm grimmigen Aufidius.
Volumnia
Er schlägt Aufidius' Haupt sich unters Knie
Und tritt auf seinen Hals.
(Valeria tritt auf.)
Valeria
Ihr edlen Frauen, euch beiden guten Tag!
Volumnia
Liebe Freundin —
Virgilia
Ich bin erfreut, Euch zu sehn, verehrte Frau.
Valeria
Was macht ihr beide? Ihr seid ausgemachte Haushälterinnen. Wie! – Ihr sitzt hier und näht? – Ein hübsches Muster, das muß ich gestehn. – Was macht Euer kleiner Sohn?
Virgilia
Ich danke Euch, edle Frau, er ist wohl.
Volumnia
Er mag lieber Schwerter sehn und die Trommel hören, als auf seinen
Schulmeister acht geben.
Valeria
O! auf mein Wort, ganz der Vater. Ich kann's beschwören, er ist ein allerliebstes Knabe. Nein wahrlich, ich beobachtete ihn am Mittwoch eine halbe Stunde ununterbrochen; er hat etwas so Entschloßnes in seinem Benehmen. Ich sah ihn einem glänzenden Schmetterlinge nachlaufen, und als er ihn gefangen hatte, ließ er ihn wieder fliegen, und nun wieder ihm nach, und fiel der Länge nach hin, und wieder aufgesprungen und ihn noch einmal gefangen. Hatte ihn sein Fall böse gemacht, oder was ihm sonst sein mochte, aber er knirschte so mit den Zähnen und zerriß ihn! O! ihr könnt nicht glauben, wie er ihn zerfetzte.
Volumnia
Ganz seines Vaters Art.
Valeria
Ei, wahrhaftig! er ist ein edles Kind.
Virgilia
Ein kleiner Wildfang, Valeria.
Valeria
Kommt, legt Eure Stickerei weg, Ihr müßt heut nachmittag mit mir die müßige
Hausfrau machen.
Virgilia
Nein, teure Frau, ich werde nicht ausgehn.
Valeria
Nicht ausgehn?
Volumnia
Sie wird, sie wird.
Virgilia
Nein, gewiß nicht; erlaubt es mir. Ich will nicht über die Schwelle schreiten, eh mein Gemahl aus dem Kriege heimgekehrt ist.
Valeria
Pfui! wollt Ihr so wider alle Vernunft Euch einsperren? Kommt mit, Ihr müßt eine gute Freundin besuchen, die im Kindbette liegt.
Virgilia
Ich will ihr eine schnelle Genesung wünschen und sie mit meinem Gebet besuchen, aber hingehn kann ich nicht.
Volumnia
Nun, warum denn nicht?
Virgilia
Es ist gewiß nicht Trägheit oder Mangel an Liebe.
Valeria
Ihr wäret gern eine zweite Penelope; und doch sagt man, alles Garn, das sie in Ulysses' Abwesenheit spann, füllte Ithaka nur mit Motten. Kommt, ich wollte, Eure Leinwand wäre so empfindlich wie Euer Finger, so würdet Ihr aus Mitleid aufhören, sie zu stechen. Kommt, Ihr müßt mitgehn.
Virgilia
Nein, Liebe, verzeiht mir; im Ernst, ich werde nicht ausgehn.
Valeria
Ei wahrhaftig! Ihr müßt mitgehn; dann will ich Euch auch herrliche
Neuigkeiten von Eurem Gemahl erzählen.
Virgilia
O, liebe Valeria! es können noch keine gekommen sein.
Valeria. Wahrlich! ich scherze nicht mit Euch; es kam gestern abend Nachricht von ihm.
Virgilia
In der Tat?
Valeria
Im Ernst, es ist wahr; ich hörte einen Senator davon erzählen. So war es: – Die Volsker haben ein Heer ausrücken lassen, welchem Cominius, der Feldherr, mit einem Teil der römischen Macht entgegengegangen ist. Euer Gemahl und Titus Lartius belagern ihre Stadt Corioli; sie zweifeln nicht daran, sie zu erobern und den Krieg bald zu beendigen. – Dies ist wahr, bei meiner Ehre! Und nun bitte ich Euch, geht mit uns.
Virgilia
Verzeiht mir, gute Valeria; künftig will ich Euch in allem andern gehorchen.
Volumnia
Ei, laßt sie, Liebe. Wie sie jetzt ist, würde sie nur unser Vergnügen stören.
Valeria
Wirklich, das glaube ich auch. So lebt denn wohl. Kommt, liebe, teure Frau.
Ich bitte dich, Virgilia, wirf deine Feierlichkeit zur Tür hinaus und geh
noch mit.
Virgilia
Nein, auf mein Wort, Valeria. In der Tat, ich darf nicht; ich wünsche Euch viel Vergnügen.
Valeria
Gut, so lebt denn wohl!
(Alle ab.)