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Kitabı oku: «Der Kaufmann von Venedig», sayfa 3

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Dritte Szene

Ein Zimmer in Shylocks Hause

(Jessica und Lanzelot kommen)

Jessica
 
Es tut mir leid, daß du uns so verläßt;
Dies Haus ist Hölle, und du, ein lustger Teufel,
Nahmst ihm ein Teil von seiner Widrigkeit.
Doch lebe wohl; da hast du 'nen Dukaten!
Und, Lanzelot, du wirst beim Abendessen
Lorenzo sehn als Gast von deinem Herrn.
Dann gib ihm diesen Brief, tu es geheim;
Und so leb wohl, daß nicht etwa mein Vater
Mich mit dir reden sieht.
 

Lanzelot. Adieu! – Tränen müssen meine Zunge vertreten, allerschönste Heidin! allerliebste Jüdin! Wenn ein Christ nicht zum Schelm an dir wird, und dich bekommt, so trügt mich alles. Aber adieu! Diese törichten Tropfen erweichen meinen männlichen Mut allzusehr.

(Ab.)

Jessica
 
Leb wohl, du Guter!
Ach wie gehässig ist es nicht von mir,
Daß ich des Vaters Kind zu sein mich schäme;
Doch, bin ich seines Blutes Tochter schon,
Bin ich's nicht seines Herzens. O Lorenzo,
Hilf mir dies lösen! treu dem Worte bleib!
So werd ich Christin und dein liebend Weib.
 

(Ab.)

Vierte Szene

Eine Straße

(Graziano, Lorenzo, Salarino und Solanio treten auf)

Lorenzo
 
Nun gut, wir schleichen weg vom Abendessen,
Verkleiden uns in meinem Haus und sind
In einer Stunde alle wieder da.
 
Graziano
 
Wir haben uns nicht recht darauf gerüstet.
 
Salarino
 
Auch keine Fackelträger noch bestellt.
 
Solanio
 
Wenn es nicht zierlich anzuordnen steht,
So ist es nichts und unterbliebe besser.
 

Lorenzo. 's ist eben vier; wir haben noch zwei Stunden Zur Vorbereitung.

(Lanzelot kommt mit einem Briefe.)

Freund Lanzelot, was bringst du?

Lanzelot. Wenn's Euch beliebt, dies aufzubrechen, so wird es gleichsam andeuten.

Lorenzo
 
Ich kenne wohl die Hand; ja, sie ist schön;
Und weißer als das Blatt, worauf sie schrieb,
Ist diese schöne Hand.
 
Graziano
 
Auf meine Ehre, eine Liebesbotschaft.
 
Lanzelot
 
Mit Eurer Erlaubnis, Herr.
 
Lorenzo
 
Wo willst du hin?
 

Lanzelot. Nun, Herr, ich soll meinen alten Herrn, den Juden, zu meinem neuen Herrn, dem Christen, auf heute zum Abendessen laden.

Lorenzo
 
Da nimm dies; sag der schönen Jessica,
Daß ich sie treffen will. – Sag's heimlich! geh;
 

(Lanzelot ab.)

 
Ihr Herrn,
Wollt ihr euch zu dem Maskenzug bereiten?
Ich bin versehn mit einem Fackelträger.
 
Salarino
 
Ja, auf mein Wort, ich gehe gleich danach.
 
Solanio
 
Das will ich auch.
 
Lorenzo
 
Trefft mich und Graziano.
In einer Stund in Grazianos Haus.
 
Salarino
 
Gut das, es soll geschehn.
 

(Salarino und Solanio ab.)

Graziano
 
Der Brief kam von der schönen Jessica?
 
Lorenzo
 
Ich muß dir's nur vertraun: sie gibt mir an,
Wie ich sie aus des Vaters Haus entführe;
Sie sei versehn mit Gold und mit Juwelen,
Ein Pagenanzug liege schon bereit.
Kommt je der Jud, ihr Vater, in den Himmel,
So ist's um seiner holden Tochter willen;
Und nie darf Unglück in den Weg ihr treten,
Es müßte denn mit diesem Vorwand sein,
Daß sie von einem falschen Juden stammt.
Komm, geh mit mir und lies im Gehn dies durch;
Mir trägt die schöne Jessica die Fackel.
 

(Beide ab.)

Fünfte Szene

Vor Shylocks Hause

(Shylock und Lanzelot kommen)

Shylock
 
Gut, du wirst sehn mit deinen eignen Augen
Des alten Shylocks Abstand von Bassanio.
He, Jessica! – Du wirst nicht voll dich stopfen,
Wie du bei mir getan – He, Jessica! —
Und liegen, schnarchen, Kleider nur zerreißen —
He, sag ich, Jessica!
 
Lanzelot
 
He, Jessica!
 
Shylock
 
Wer heißt dich schrein? Ich hab's dir nicht geheißen.
 
Lanzelot
 
Euer Edlen pflegten immer zu sagen, ich könnte nichts ungeheißen tun.
 

(Jessica kommt.)

Jessica
 
Ruft Ihr? Was ist Euch zu Befehl?
 
Shylock
 
Ich bin zum Abendessen ausgebeten.
Da hast du meine Schlüssel, Jessica.
Zwar weiß ich nicht, warum ich geh; sie bitten
Mich nicht aus Liebe, nein, sie schmeicheln mir;
Doch will ich gehn aus Haß, auf den Verschwender
Von Christen zehren. – Jessica, mein Kind,
Acht auf mein Haus! – Ich geh recht wider Willen.
Es braut ein Unglück gegen meine Ruh,
Denn diese Nacht träumt ich von Säcken Geldes.
 
Lanzelot
 
Ich bitte Euch, Herr, geht; mein junger Herr erwartet Eure Zukunft.
 
Shylock
 
Ich seine auch.
 

Lanzelot. Und sie haben sich verschworen. – Ich sage nicht, daß Ihr eine Maskerade sehen sollt; aber wenn Ihr eine seht, so war es nicht umsonst, daß meine Nase an zu bluten fing, auf den letzten Ostermontag des Morgens um sechs Uhr, der das Jahr auf den Tag fiel, wo vier Jahre vorher nachmittags Aschermittwoch war.

Shylock
 
Was? gibt es Masken? Jessica, hör an:
Verschließ die Tür, und wenn du Trommeln hörst
Und das Gequäk der quergehalsten Pfeife,
So klettre mir nicht an den Fenstern auf;
Steck nicht den Kopf hinaus in offne Straße,
Nach Christennarren mit bemaltem Antlitz
Zu gaffen; stopfe meines Hauses Ohren —
Die Fenster, mein ich – zu und laß den Schall
Der albern' Geckerei nicht dringen in
Mein ehrbar Haus. Bei Jakobs Stabe schwör ich:
Ich habe keine Lust, zu Nacht zu schmausen;
Doch will ich gehn. – Du Bursch, geh mir voran;
Sag, daß ich komme.
 
Lanzelot
 
Herr, ich will vorangehn.
Guckt nur am Fenster, Fräulein, trotz dem allem;
Denn vorbeigehn wird ein Christ,
Wert, daß ihn 'ne Jüdin küßt.
 

(Ab.)

Shylock
 
Was sagt der Narr von Hagars Stamme? he?
 
Jessica
 
Sein Wort war: "Fräulein, lebet wohl" – sonst nichts.
 
Shylock
 
Der Laff ist gut genug, jedoch ein Fresser,
'ne Schnecke zum Gewinn und schläft bei Tag
Mehr als das Murmeltier; in meinem Stock
Baun keine Drohnen; drum laß ich ihn gehn
Und laß ihn gehn zu einem, dem er möge
Den aufgeborgten Beutel leeren helfen.
Gut, Jessica, geh nun ins Haus hinein,
Vielleicht komm ich im Augenblicke wieder.
Tu, was ich dir gesagt, schließ hinter dir
Die Türen; fest gebunden, fest gefunden,
Das denkt ein guter Wirt zu allen Stunden.
 

(Ab.)

Jessica
 
Lebt wohl, und denkt das Glück nach meinem Sinn,
Ist mir ein Vater, Euch ein Kind dahin.
 

(Ab.)

Sechste Szene

Ebendaselbst

(Graziano und Salarino kommen maskiert)

Graziano
 
Dies ist das Vordach, unter dem Lorenzo
Uns haltzumachen bat.
 
Salarino
 
Die Stund ist fast vorbei.
 
Graziano
 
Und Wunder ist es, daß er sie versäumt;
Verliebte laufen stets der Uhr voraus.
 
Salarino
 
O zehnmal schneller fliegen Venus' Tauben,
Den neuen Bund der Liebe zu versiegeln,
Als sie gewohnt sind, unverbrüchlich auch
Gegebne Treu zu halten.
 
Graziano
 
So geht's in allem; wer steht auf vom Mahl
Mit gleicher Eßlust, als er niedersaß?
Wo ist das Pferd, das seine lange Bahn
Zurückmißt mit dem ungedämpften Feuer,
Womit es sie betreten? Jedes Ding
Wird mit mehr Trieb erjaget als genossen.
Wie ähnlich einem Wildfang und Verschwender
Eilt das beflaggte Schiff aus heimscher Bucht,
Geliebkost und gehetzt vom Buhler Wind!
Wie ähnlich dem Verschwender kehrt es heim,
Zerlumpt die Segel, Rippen abgewittert,
Kahl, nackt, geplündert von dem Buhler Wind!
 

(Lorenzo tritt auf.)

Salarino
 
Da kommt Lorenzo, mehr hievon nachher.
 
Lorenzo
 
Entschuldigt, Herzensfreunde, den Verzug:
Nicht ich, nur mein Geschäft hat warten lassen.
Wenn ihr den Dieb um Weiber spielen wollt,
Dann wart ich auch so lang auf euch. – Kommt näher!
Hier wohnt mein Vater Jude – He! wer da?
 

(Jessica oben am Fenster in Knabentracht.)

Jessica
 
Wer seid Ihr? sagt's zu mehrer Sicherheit,
Wiewohl ich schwör, ich kenne Eure Stimme.
 
Lorenzo
 
Lorenzo und dein Liebster.
 
Jessica
 
Lorenzo sicher, und mein Liebster, ja!
Denn wen lieb ich so sehr? Und nun, wer weiß
Als Ihr, Lorenzo, ob ich Eure bin?
 
Lorenzo
 
Der Himmel und dein Sinn bezeugen dir's.
 
Jessica
 
Hier, fang dies Kästchen auf, es lohnt die Müh.
Gut, daß es Nacht ist, daß Ihr mich nicht seht,
Denn ich bin sehr beschämt von meinem Tausch;
Doch Lieb ist blind, Verliebte sehen nicht
Die artgen Kinderein, die sie begehen;
Denn könnten sie's, Cupido würd erröten,
Als Knaben so verwandelt mich zu sehn.
 
Lorenzo
 
Kommt, denn Ihr müßt mein Fackelträger sein.
 
Jessica
 
Was? muß ich selbst noch leuchten meiner Schmach?
Sie liegt fürwahr schon allzusehr am Tage.
Ei, Lieber, 's ist ein Amt zum kundbar machen;
Ich muß verheimlicht sein.
 
Lorenzo
 
Das bist du, Liebe,
Im hübschen Anzug eines Knaben schon.
Doch komm sogleich,
Die finstre Nacht stiehlt heimlich sich davon;
Wir werden bei Bassanios Fest erwartet.
 
Jessica
 
Ich mach die Türen fest, vergülde mich
Mit mehr Dukaten noch und bin gleich bei Euch.
 

(Tritt zurück.)

Graziano
 
Nun! auf mein Wort! 'ne Göttin, keine Jüdin.
 
Lorenzo
 
Verwünscht mich, wenn ich sie nicht herzlich liebe;
Denn sie ist klug, wenn ich mich drauf verstehe,
Und schön ist sie, wenn nicht mein Auge trügt,
Und treu ist sie, so hat sie sich bewährt.
Drum sei sie, wie sie ist, klug, schön und treu,
Mir in beständigem Gemüt verwahrt.
 

(Jessica kommt heraus.)

 
Nun bist du da? – Ihr Herren, auf und fort!
Der Maskenzug erwartet schon uns dort.
 

(Ab mit Jessica und Salarino.)

(Antonio tritt auf.)

Antonio
 
Wer da?
 
Graziano
 
Signor Antonio.
 
Antonio
 
Ei, ei, Graziano, wo sind all die andern?
Es ist neun Uhr, die Freund erwarten Euch.
Kein Tanz zur Nacht, der Wind hat sich gedreht,
Bassanio will im Augenblick an Bord;
Wohl zwanzig Boten schickt ich aus nach Euch.
 
Graziano
 
Mir ist es lieb, nichts kann mich mehr erfreun,
Als unter Segel gleich die Nacht zu sein.
 

(Beide ab.)

Siebente Szene

Belmont. Ein Zimmer in Porzias Hause

(Trompetenstoß. Porzia und der Prinz von Marokko treten auf, beide mit Gefolge)

Porzia
 
Geht, zieht beiseit den Vorhang und entdeckt
Die Kästchen sämtlich diesem edlen Prinzen. —
Trefft Eure Wahl nunmehr.
 
Marokko
 
Von Gold das erste, das die Inschrift hat:
"Wer mich erwählt, gewinnt, was mancher Mann begehrt."
Das zweite, silbern, führet dies Versprechen:
"Wer mich erwählt, bekommt soviel, als er verdient."
Das dritte, schweres Blei, mit plumper Warnung:
"Wer mich erwählt, der gibt und wagt sein Alles dran."
Woran erkenn ich, ob ich recht gewählt?
 
Porzia
 
Das eine faßt mein Bildnis in sich, Prinz:
Wenn Ihr das wählt, bin ich zugleich die Eure.
 
Marokko
 
So leit ein Gott mein Urteil! Laßt mich sehn!
Ich muß die Sprüche nochmals überlesen.
Was sagt dies bleir'ne Kästchen?
"Wer mich erwählt, der gibt und wagt sein Alles dran."
Der gibt – wofür? für Blei? und wagt für Blei?
Dies Kästchen droht; wenn Menschen alles wagen,
Tun sie's in Hoffnung köstlichen Gewinns.
Ein goldner Mut fragt nichts nach niedern Schlacken,
Ich geb also und wage nichts für Blei.
Was sagt das Silber mit der Mädchenfarbe?
"Wer mich erwählt, bekommt soviel, als er verdient."
Soviel, als er verdient? – Halt ein, Marokko,
Und wäge deinen Wert mit steter Hand.
Wenn du geachtet wirst nach deiner Schätzung,
Verdienest du genug, doch kann genug
Wohl nicht soweit bis zu dem Fräulein reichen.
Und doch, mich ängsten über mein Verdienst,
Das wäre schwaches Mißtraun in mich selbst.
Soviel, als ich verdiene? – Ja, das ist
Das Fräulein; durch Geburt verdien ich sie,
Durch Glück, durch Zier und Gaben der Erziehung;
Doch mehr verdien ich sie durch Liebe. Wie,
Wenn ich nicht weiter schweift und wählte hier?
Laßt nochmals sehn den Spruch, in Gold gegraben:
"Wer mich erwählt, gewinnt, was mancher Mann begehrt.
Das ist das Fräulein; alle Welt begehrt sie,
Aus jedem Weltteil kommen sie herbei,
Dies sterblich atmend Heilgenbild zu küssen;
Hyrkaniens Wüsten und die wilden Öden
Arabiens sind gebahnte Straßen nun
Für Prinzen, die zur schönen Porzia reisen;
Das Reich der Wasser, dessen stolzes Haupt
Speit in des Himmels Antlitz, ist kein Damm
Für diese fremden Geister; nein, sie kommen
Wie über einen Bach zu Porzias Anblick.
Eins von den drein enthält ihr himmlisch Bild;
Soll Blei es in sich fassen? Lästrung wär's,
Zu denken solche Schmach; es wär zu schlecht,
Im düstern Grab ihr Leichentuch zu panzern.
Und soll ich glauben, daß sie Silber einschließt,
Von zehnmal minderm Wert als reines Gold?
O sündlicher Gedanke! Solch ein Kleinod
Ward nie geringer als in Gold gefaßt.
In England gibt's 'ne Münze, die das Bild
Von einem Engel führt, in Gold geprägt.
Doch der ist drauf gedruckt; hier liegt ein Engel
Ganz drin im goldnen Bett. – Gebt mir den Schlüssel,
Hier wähl ich, und geling es, wie es kann.
 
Porzia
 
Da nehmt ihn, Prinz, und liegt mein Bildnis da,
So bin ich Euer.
 

(Er schließt das goldne Kästchen auf.)

Marokko
 
O Hölle, was ist hier?
Ein Beingeripp, dem ein beschriebner Zettel
Im hohlen Auge liegt? Ich will ihn lesen:
   "Alles ist nicht Gold, was gleißt,
   Wie man oft Euch unterweist.
   Manchen in Gefahr es reißt,
   Was mein äußrer Schein verheißt;
   Goldnes Grab hegt Würmer meist;
   Wäret Ihr so weis als dreist,
   Jung an Gliedern, alt an Geist,
   So würdet Ihr nicht abgespeist
   Mit der Antwort: Geht und reist."
Ja fürwahr, mit bittrer Kost;
Leb wohl denn, Glut! Willkommen, Frost!
Lebt, Porzia, wohl! Zu langem Abschied fühlt
Mein Herz zu tief; so scheidet, wer verspielt.
 

(Ab.)

Porzia
 
Erwünschtes Ende! Geht, den Vorhang zieht!
So wähle jeder, der ihm ähnlich sieht.
 

(Alle ab.)

Achte Szene

Venedig. Eine Straße

(Salarino und Solanio treten auf)

Salarino
 
Ja, Freund, ich sah Bassanio unter Segel;
Mit ihm ist Graziano abgereist,
Und auf dem Schiff ist sicher nicht Lorenzo.
 
Solanio
 
Der Schelm von Juden schrie den Dogen auf,
Der mit ihm ging, das Schiff zu untersuchen.
 
Salarino
 
Er kam zu spät, das Schiff war unter Segel;
Doch da empfing der Doge den Bericht,
In einer Gondel habe man Lorenzo
Mit seiner Liebsten Jessica gesehn;
Auch gab Antonio ihm die Versichrung,
Sie sei'n nicht mit Bassanio auf dem Schiff.
 
Solanio
 
Nie hört ich so verwirrte Leidenschaft,
So seltsam wild und durcheinander, als
Der Hund von Juden in den Straßen ausließ:
"Mein' Tochter – mein' Dukaten – o mein' Tochter!
Fort mit 'nem Christen – o mein' christlichen Dukaten!
Recht und Gericht! mein' Tochter! mein' Dukaten!
Ein Sack, zwei Säcke, beide zugesiegelt,
Voll von Dukaten, doppelten Dukaten!
Gestohl'n von meiner Tochter; und Juwelen,
Zwei Stein' – zwei reich' und köstliche Gestein',
Gestohl'n von meiner Tochter! O Gerichte,
Find't mir das Mädchen! – Sie hat die Steine bei sich
Und die Dukaten."
 
Salarino
 
Ja, alle Gassenbuben folgen ihm
Und schrein: "Die Stein', die Tochter, die Dukaten!"
 
Solanio
 
Daß nur Antonio nicht den Tag versäumt,
Sonst wird er hiefür zahlen.
 
Salarino
 
Gut bedacht!
Mir sagte gestern ein Franzose noch,
Mit dem ich schwatzte, in der engen See,
Die Frankreich trennt von England, sei ein Schiff
Von unserm Land verunglückt, reich geladen;
Ich dachte des Antonio, da er's sagte,
Und wünscht im stillen, daß es seins nicht wär.
 
Solanio
 
Ihr solltet ihm doch melden, was Ihr hört;
Doch tut's nicht plötzlich, denn es könnt ihn kränken.
 
Salarino
 
Ein beßres Herz lebt auf der Erde nicht.
Ich sah Bassanio und Antonio scheiden;
Bassanio sagt' ihm, daß er eilen wolle
Mit seiner Rückkehr. "Nein", erwidert' er,
"Schlag dein Geschäft nicht von der Hand, Bassanio,
Um meinetwillen, laß die Zeit es reifen.
Und die Verschreibung, die der Jude hat,
Laß sie beschweren nicht dein liebend Herz.
Sei fröhlich, wende die Gedanken ganz
Auf Gunstbewerbung und Bezeugungen
Der Liebe, wie sie dort dir ziemen mögen."
Und hier, die Augen voller Tränen, wandt er
Sich abwärts, reichte seine Hand zurück,
Und, als ergriff ihn wunderbare Rührung,
Drückt' er Bassanios Hand. So schieden sie.
 
Solanio
 
Ich glaub, er liebt die Welt nur seinetwegen;
Ich bitt Euch, laßt uns gehn, ihn aufzufinden,
Um seine Schwermut etwas zu zerstreun
Auf ein und andre Art.
 
Salarino
 
Ja, tun wir das.
 

(Beide ab.)

Neunte Szene

Belmont. Ein Zimmer in Porzias Hause

(Nerissa kommt mit einem Bedienten)

Nerissa
 
Komm, hurtig, hurtig, zieh den Vorhang auf!
Der Prinz von Arragon hat seinen Eid
Getan und kommt sogleich zu seiner Wahl.
 

(Trompentenstoß. Der Prinz von Arragon, Porzia und beider Gefolge.)

Porzia
 
Schaut hin, da stehn die Kästchen, edler Prinz!
Wenn Ihr das wählet, das mich in sich faßt,
Soll die Vermählung gleich gefeiert werden.
Doch fehlt Ihr, Prinz, so müßt Ihr ohne weiters
Im Augenblick von hier Euch wegbegeben.
 
Arragon
 
Drei Dinge gibt der Eid mir auf zu halten:
Zum ersten, niemals jemand kundzutun,
Welch Kästchen ich gewählt; sodann: verfehl ich
Das rechte Kästchen, nie in meinem Leben
Um eines Mädchens Hand zu werben; endlich:
Wenn sich das Glück zu meiner Wahl nicht neigt,
Sogleich Euch zu verlassen und zu gehn.
 
Porzia
 
Auf diese Pflichten schwört ein jeder, der
Zu wagen kommt um mein geringes Selbst.
 
Arragon
 
Und so bin ich gerüstet. Glück wohlauf
Nach Herzens Wunsch! – Gold, Silber, schlechtes Blei:
"Wer mich erwählt, der gibt und wagt sein Alles dran."
Du mußtest schöner aussehn, eh ich's täte.
Was sagt das goldne Kästchen? Ha, laßt sehn!
"Wer mich erwählt, gewinnt, was mancher Mann begehrt."
Was mancher Mann begehrt? – Dies (mancher) meint vielleicht
Die Torenmenge, die nach Scheine wählt,
Nur lernend, was ein blödes Auge lehrt;
Die nicht ins Innre dringt und wie die Schwalbe
Im Wetter bauet an der Außenwand,
Recht in der Kraft und Bahn des Ungefährs.
Ich wähle nicht, was mancher Mann begehrt,
Weil ich nicht bei gemeinen Geistern hausen,
Noch mich zu rohen Haufen stellen will.
Nun dann zu dir, du silbern Schatzgemach!
Sag mir noch mal die Inschrift, die du führst:
"Wer mich erwählt, bekommt soviel, als er verdient."
Ja, gut gesagt: denn wer darf darauf ausgehn,
Das Glück zu täuschen und geehrt zu sein,
Den das Verdienst nicht stempelt? Maße keiner
Sich einer unverdienten Würde an.
O würden Güter, Rang und Ämter nicht
Verderbterweis erlangt und würde Ehre
Durch das Verdienst des Eigners rein erkauft,
Wie mancher deckte dann sein bloßes Haupt!
Wie mancher, der befiehlt, gehorchte dann!
Wie viel des Pöbels würde ausgesondert
Aus reiner Ehre Saat! und wieviel Ehre
Gelesen aus der Spreu, dem Raub der Zeit,
Um neu zu glänzen! – Wohl, zu meiner Wahl!
"Wer mich erwählt, bekommt soviel, als er verdient."
Ich halt es mit Verdienst: gebt mir dazu den Schlüssel,
Und unverzüglich schließt mein Glück hier auf.
 
Porzia
 
Zu lang geweilt für das, was Ihr da findet.
 
Arragon
 
Was gibt's hier? Eines Gecken Bild, der blinzt
Und mir 'nen Zettel reicht! Ich will ihn lesen.
O wie so gar nicht gleichst du Porzien!
Wie gar nicht meinem Hoffen und Verdienst!
"Wer mich erwählt, bekommt soviel, als er verdient."
Verdient ich nichts als einen Narrenkopf?
Ist das mein Preis? Ist mein Verdienst nicht höher?
 
Porzia
 
Fehlen und richten sind getrennte Ämter,
Und die sich widersprechen.
 
Arragon
 
Was ist hier?
   "Siebenmal im Feur geklärt
   Ward dies Silber: so bewährt
   Ist ein Sinn, den nichts betört.
   Mancher achtet Schatten wert,
   Dem ist Schattenheil beschert;
   Mancher Narr in Silber fährt,
   So auch dieser, der Euch lehrt:
   Nehmet, wen Ihr wollt, zum Weib
   Immer trägt mich Euer Leib.
   Geht und sucht Euch Zeitvertreib!"
Mehr und mehr zum Narrn mich macht
Jede Stunde hier verbracht.
Mit einem Narrenkopf zum Frein
Kam ich her und geh mit zwein.
Herz, leb wohl! was ich versprach,
Halt ich, trage still die Schmach.
 

(Arragon mit Gefolge ab.)

Porzia
 
So ging dem Licht die Motte nach!
O diese weisen Narren! wenn sie wählen,
Sind sie so klug, durch Witz es zu verfehlen.
 
Nerissa
 
Die alte Sag ist keine Ketzerei.
Daß Frein und Hängen eine Schickung sei.
 
Porzia
 
Komm, zieh den Vorhang zu, Nerissa.
 

(Ein Bedienter kommt.)

Bedienter
 
Wo ist mein Fräulein?
 
Porzia
 
Hier; was will mein Herr?
 
Bedienter
 
An Eurem Tor ist eben abgestiegen
Ein junger Venezianer, welcher kommt,
Die nahe Ankunft seines Herrn zu melden,
Von dem er stattliche Begrüßung bringt;
Das heißt, nebst vielen artgen Worten, Gaben
Von reichem Wert; ich sahe niemals noch
Solch einen holden Liebesabgesandten.
Nie kam noch im April ein Tag so süß,
Zu zeigen, wie der Sommer köstlich nahe,
Als dieser Bote seinem Herrn voran.
 
Porzia
 
Nichts mehr, ich bitt dich; ich besorge fast,
Daß du gleich sagen wirst, er sei dein Vetter;
Du wendest solchen Festtagswitz an ihn.
Komm, komm, Nerissa; denn er soll mich freun,
Cupidos Herold, so geschickt und fein.
 
Nerissa
 
Bassanio, Herr des Herzens! laß es sein.
 

(Alle ab.)

Yaş sınırı:
12+
Litres'teki yayın tarihi:
28 ekim 2017
Hacim:
90 s. 1 illüstrasyon
Telif hakkı:
Public Domain

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