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Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit

Der in den Sozialwissenschaften ziemlich neue Begriff „Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“ schließt alle Verhaltensweisen gegenüber ethnischen, sozialen, kulturellen Minderheiten ein, die aus Ressentiments entstanden sind und tendenziell in Gewalt münden. Die Ressentiments können aus religiösen Gründen (Islamfeindschaft), aus rassistischen Vorbehalten (gegen Sinti und Roma, Afrikaner oder Asiaten), aus beiden Wurzeln (Judenfeindschaft) und ebenso aus politischen, sozialen und kulturellen Vorurteilen erwachsen (z.B. gegen Ausländer, Schwule und Lesben, beliebig definierte Feinde wie „Fremde“ oder „Andere“). Zur strukturellen Gemeinsamkeit der Feindschaft gegen Gruppen gehört die vermeintliche Unverträglichkeit von Eigenschaften der abgelehnten Gruppe mit den Gewohnheiten der Mehrheit, die angeblich unüberwindliche Integrationsverweigerung von Migranten oder eingesessenen Minoritäten, die Unvereinbarkeit der Religion oder das aus Angst und Unsicherheit erwachsende Gefühl der „Überfremdung“, das mit Verschwörungsphantasien gestützt wird. So behaupteten Antisemiten im 19. Jahrhundert, der Zustrom von Juden aus Osteuropa habe das Ziel, Deutschland zu unterwandern und zu dominieren. Die gleiche Sorge wird heute von Muslimfeinden geäußert und mit dem Schlagwort der Abwehr einer „Islamisierung des Abendlandes“ politisch propagiert.

Antisemitismus, d.h. Judenfeindschaft in jeder Erscheinungsform, ist das älteste politisch und gesellschaftlich wirksame Vorurteil mit den schlimmsten Folgen in der Geschichte. Als Antijudaismus diente ursprünglich religiös motivierte Judenfeindschaft zur Ausgrenzung der Minderheit. Im 19. Jahrhundert entwickelte sich mit rassistischer statt religiöser Begründung der moderne Antisemitismus, dem nach dem Holocaust ein aus Schuld- und Schamgefühlen genährter „sekundärer Antisemitismus“ folgte. Als politisch argumentierende Judenfeindschaft trat nach der Gründung Israels der aktuelle Antizionismus hinzu.

Muslimfeindschaft, für die auch die Begriffe Islamkritik und Islamophobie benützt werden, setzt sich aus religiösen, kulturellen und rassistischen Vorbehalten zusammen und enthält ein aus Bedrohungsgefühlen entspringendes Abwehrpotential. Die strukturelle Verwandtschaft von Antisemitismus und Islamophobie wird oft nicht erkannt oder von Akteuren aggressiv geleugnet, weil die Erkenntnis verweigert wird, dass Opfergruppen beliebig austauschbar sind, die Methoden der Ausgrenzung aber gleich bleiben.

Mit den Begriffen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit sind Probleme der Ausgrenzung von Menschengruppen – von der Verweigerung der gesellschaftlichen Teilhabe bis zur ausgrenzenden Gewalt – umschrieben. Rassismus schließt die ältere biologistische Ablehnung von Gruppen (definiert durch „Blut“ und „Volkstum“) ein, meint aber, seit sich die Erkenntnis durchgesetzt hat, dass es keine „Rassen“ gibt, auch die Ablehnung beliebig definierter Andersartigkeit (Kulturrassismus). Für die notwendige Differenzierung des irrationalen Phänomens Rassismus nutzt die Ressentimentforschung den Antisemitismus als Erkenntnis leitende Erfahrung: Judenfeindschaft in allen Formen richtet sich gegen Menschen, weil sie Juden sind, deren angebliche Vergehen und Eigenschaften von außen definiert sind, ohne Tatsachen zu beachten. Die Konsequenz des Judenhasses in der Menschheitskatastrophe des Holocaust macht den Antisemitismus einmalig.

Strukturell folgt die Islamfeindschaft jedoch den gleichen Motiven und Regeln. Muslime werden gehasst, weil sie Muslime sind, die erforderlichen negativen Eigenschaften werden erfunden, um die Minderheit ausgrenzen zu können. Eine Besonderheit besteht in der Delegation der Judenfeindschaft auf Muslime, mit der sowohl Muslimfeindschaft begründet als auch von der latenten Judenfeindschaft der christlichen Mehrheit abgelenkt wird. Die Ausgrenzung von Muslimen mit dem pauschalen Argument, sie seien Antisemiten und kämen als Flüchtlinge getarnt, um Judenfeindschaft zu verbreiten, ist abwegig, wird aber von Interessenten politisch mit einigem Erfolg instrumentalisiert. Zur Ausgrenzung von Juden und Muslimen werden sowohl rassistische als auch religiöse und kulturelle Kategorien benutzt. Der Ausschluss von Sinti und Roma („Zigeuner“) erfolgt nicht mit religiösen Argumenten, denn diese Minderheit hat die gleiche Religion wie die jeweilige Mehrheit, in der sie lebt. In Mittel- und Westeuropa sind Sinti und Roma überwiegend katholisch (und leben ihren Glauben meist mit größerer Hingabe als ihre Umgebung), im Südosten Europas und in der Türkei sind sie oft Muslime. Aufgrund jahrhundertealter Tradition gelten Sinti und Roma als sozial und kulturell unverträglich mit der Mehrheit und werden deshalb mithilfe von negativen Zuschreibungen (kriminell, nicht integrierbar, gemeinschaftsfremd usw.) genuin von der sozialen Teilhabe ausgeschlossen. Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit erfahren auch Personen wegen ihrer sexuellen Orientierung. Auch bei offizieller Toleranz gegenüber Schwulen und Lesben existieren Vorbehalte, die auch in aufgeklärt-toleranten Kreisen insgeheim gepflegt werden. Die Mehrheit verständigt sich in solchen Fällen durch Codes der Verachtung, der Preisgabe an Lächerlichkeit oder durch stillschweigende Ausgrenzung. Ähnliche Formen eines solchen heimlichen Rassismus erfahren auch Behinderte.

Versteht man – mit der notwendigen Differenzierung – Rassismus gegen ganz unterschiedliche Menschengruppen aufgrund ethnischer, religiöser, sozialer, kultureller Stigmatisierung als Summe der Begründungen von Fremdenfeindlichkeit, als Begründung von Ausgrenzung, Intoleranz und Inhumanität, als Argument zur Rechtfertigung von Gewalt, dann ist evident, dass jede daraus erwachsende Haltung undemokratisch ist.

Rechtsextremismus als Gesinnung

Die theoretisch-exakte Definition sowohl des Begriffs Rechtsextremismus als auch seiner Inhalte stößt auf erhebliche Schwierigkeiten. Rechtsextreme Gesinnung und daraus entspringende Bestrebungen – Organisationen, Publikationen, Aktionen – können als politische Erscheinung immer nur annähernd bestimmt werden, da ihr keine allgemein verbindliche, wissenschaftlich entwickelte und systematisch fassbare Ideologie zugrunde liegt. Es gibt nicht einmal eine Übereinkunft, ob „Extremismus“ oder „Radikalismus“ die richtige semantische Kategorie ist, unter der Gesinnung und Aktivitäten der äußersten Rechten einzuordnen wären. Ebenso wenig ist festgelegt, wo rechtspopulistische und demagogische Strömungen in Rechtsextremismus übergehen.

Aber gerade hier ist die Nahtstelle, wie schon das Beispiel des brandenburgischen Dorfes Dolgenbrodt lehrt. Die Dorfbewohner, die am 1. November 1992 das Ausländerheim abfackeln ließen, haben das, was als Ausfluss rechtsextremer Gesinnung geschah, ja nicht selbst erfunden, das Motiv nicht entwickelt, sondern sie sind Appellen und Vorbildern gefolgt. Nicht anders verhält es sich auch mit der Vorgeschichte des Pogroms von Rostock-Lichtenhagen im Sommer 1992. Dolgenbrodt war kein Einzelfall und Rostock-Lichtenhagen, wo unter dem anfeuernden Beifall von Gaffern und Sympathisanten hunderte von Gewalttätern mit Molotowcocktails eine Unterkunft von Ausländern und Asylbewerbern angriffen, war nur trauriger Höhepunkt einer ersten Welle rechter Gewalt in den 1990er Jahren. Im November 1990 traten Skinheads in Eberswalde bei Berlin den Angolaner Amadeu Antonio zu Tode. Im April 1991 starb ein Afrikaner in Dresden, nachdem ihn Skinheads aus einer Straßenbahn geworfen hatten. Im September 1991 spendeten Anwohner Beifall, als Rechtsextreme ein Ausländerwohnheim angriffen. Ein halbes Jahr nach dem Mordanschlag in Mölln (Schleswig-Holstein) gegen eine türkische Familie starben im Juni 1993 bei einem nächtlichen Attentat in Solingen (Nordrhein-Westfalen) fünf Menschen türkischer Herkunft in einem brennenden Zweifamilienhaus, 17 weitere wurden schwer verletzt. In Magdeburg hetzten junge Rechtsradikale im Mai 1994 am „Vatertag“ Ausländer durch die Stadt. Im Juni 2000 trampelten in Dessau rechtsextreme jugendliche Gewalttäter einen Mann zu Tode, weil er Ausländer war.

Ohne die von Politikern verkündeten Parolen, das Boot sei voll, es strömten zu viele Ausländer ins Land, Deutschland sei kein Einwanderungsland, man müsse den Zuzug der Asylbewerber irgendwie begrenzen, ohne solche Mutmaßungen mit Aufforderungscharakter wären die Gewaltakte gegen Ausländer kaum so verlaufen. Die Wechselwirkung von Ideologie und Gewalt, die Arbeitsteilung zwischen Ideologen und Tätern zeigt sich daher so deutlich wie die Instrumentalisierung der Dümmeren, der Gewalt agierenden, durch die Klügeren, als den zur Gewalt Appellierenden. Die letzteren müssen nicht einmal das Odium rechtsextremer Gesinnung auf sich nehmen, denn mit wenig Geschick lässt sich der Zusammenhang verwischen und dementieren, der Zusammenhang zwischen dem Appell – im Parlament, vor der Fernsehkamera, im Wahlkampfgetümmel und vor allem in den „sozialen Medien“, – und den Tätern, die die Aufforderung verstehen und in gewaltsame Aktionen umsetzen.

Im günstigen Fall verhaftet die Polizei nach einem Anschlag ein paar Täter, während die Anstifter sich mit staatsmännischen Kommentaren erfolgreich zurückziehen. In der Maske des Biedermanns sind die Brandstifter, die, wenn es dann brennt, nur einer Sorge Ausdruck verliehen haben wollen oder nur das gesagt haben, was das Volk angeblich empfindet und will. Nicht nur Fanatiker verstehen das direkt als Handlungsanweisung. Die Zügellosigkeit des Demagogen ist schon ein Stück Rechtsextremismus, auch wenn der äußere Anschein dagegen spricht.

Als brauchbare Kriterien zur Einordnung politischen Verhaltens kann man die gedanklichen Inhalte, die angestrebten Ziele und die zu deren Erreichen angewandten Methoden benützen. Die drei Kategorien Gesinnung, Zielsetzung, Methoden liefern einigermaßen sichere Indizien für rechtsextremes Denken und Verhalten. Wichtige Kriterien für die Definition von Rechtsextremismus sind:

 Nationalismus in aggressiver Form, verbunden mit Feindschaft gegen Ausländer, Hass gegen Minderheiten, fremde Völker und Staaten; militant-deutschnationales, deutschvölkisches oder alldeutsches Gedankengut,

 Antisemitismus und Rassismus, biologistische und sozialdarwinistische Theorien und Überzeugungen,

 Intoleranz, Unfähigkeit und Unwille zum Kompromiss in der politischen Auseinandersetzung, elitär-unduldsames Sendungsbewusstsein und Diffamierung Andersdenkender,

 der Glaube an ein „Recht durch Stärke“,

 Militarismus, das Streben nach einem System von „Führertum“ und bedingungsloser Unterordnung und nach einer entsprechenden autoritären oder diktatorischen Staatsform,

 Verherrlichung des NS-Staats als Vorbild und Negierung oder Verharmlosung der unter nationalsozialistischer Ideologie begangenen Verbrechen,

 Neigung zu Verschwörungstheorien (z. B. die Annahme, Regierung, Wirtschaft, Gesellschaft usw. seien durch irgendwelche bösartigen Minderheiten korrumpiert),

 Verweigerung historischer, politischer, sozialer Realität,

 latente Bereitschaft zur gewaltsamen Propagierung und Durchsetzung der erstrebten Ziele,

 Anwendung der Methode des populistischen Appells an ein Publikum, dem das Bewusstsein der Mehrheit und der richtigen Gesinnung vermittelt wird, bei gleichzeitiger Stigmatisierung von „Feinden“,

 Ungezügelter Drang nach Macht und Geltung, der verantwortungslos ausgelebt wird.

Monokausale Welterklärungen und Problemlösungsangebote, die Ablehnung pluralistischer Gesellschaftsmodelle, klare Feindbilder und das dadurch vermittelte Gemeinschaftsgefühl machen rechtsextremes Denken zur Artikulation von Protestverhalten attraktiv.

Zum geschlossenen Weltbild verdichtete sich rechtsextremes Denken in Deutschland nach dem Ersten Weltkrieg. Strömungen wie Sozialdarwinismus, völkischer Rassismus, Antisemitismus flossen mit aktuellen politischen Feindbildern, mit Verlustängsten und auf Revision und Revanche zielendem Nationalismus zusammen und bildeten eine antidemokratische und antiliberale neue Weltanschauung, die sich erst deutsch-völkisch nannte und dann den Begriff Nationalsozialismus übernahm. Die äußeren sozialen, ökonomischen und politischen Umstände begünstigten die Entwicklung der Ideologie, zu deren Durchsetzung Gewalt ausdrücklich propagiert und angewandt wurde.

Die rechte Ideologie, der Glaube an die eigene Überlegenheit, an das Herrenmenschentum, an die Ungleichheit der Menschen ist also nicht neu. Diese Überzeugungen haben den Hitlerstaat überlebt, sie sind scheinbar bestätigt und ermuntert durch soziale Spannungen, durch Unsicherheit und existentielle Ängste. Dazu gehört die Gewalt auf den Straßen, die gegen Minderheiten, Ausländer und Andersdenkende gerichtet ist, die medienwirksame Selbstinszenierung von Neonazi-, Skinhead- und Faschogruppen, und die politische und soziale Situation, in der Rechtsextreme agieren und Sympathisanten rekrutieren. Dazu gehören Populismus und Demagogie.

Die Angebote von Organisationen und Ideologen entsprechen verbreiteten Stimmungen. In Parteiprogrammen, Zeitungen, Reden und im Internet wird das Verlangen nach der heilen Welt verkündet. Als politischer Kraftquell werden dazu irrationale Sehnsüchte und romantische Illusionen benutzt. Empfindungen haben den Vorrang vor rationaler Weltsicht, Affekte sind den Demagogen wichtiger als Argumente. Die Angst vor intellektuell nicht erfassbaren Bedrohungen durch nicht begreifbare Strukturen der politischen, ökonomischen und sozialen Realität der modernen Informationsgesellschaft wird durch schlichte Rezepte und Schuldzuweisungen genährt.

Mit der Gewalt auf den Straßen, Anschlägen auf Mahnmale und Friedhöfe und auf KZ-Gedenkstätten geht die Verleugnung historischer Realität einher. Das zeigen die Diskurse in den sozialen Medien: Trotzig und zunehmend dreister behaupten die einen, die Schrecken der Verfolgung von Dachau bis Auschwitz hätte es gar nicht gegeben, andere bezweifeln den Umfang der Verbrechen, oder wollen sie mit Grausamkeiten alliierter Kriegsführung gegen Deutschland aufrechnen. Und monoton ertönt seit Jahrzehnten, einst bei der NPD, jetzt bei der „Alternative für Deutschland“ der Ruf nach einem Schlussstrich unter die Erinnerung. Gegen Muslime wird gehetzt, sie werden wie einst die Juden als angeblich feindselige Minderheit diskriminiert und als Sündenböcke in Anspruch genommen.

Feindbilder spielen eine zentrale Rolle bei der Definition rechtsextremer Programme. Mit Feindbildern werden aber auch die Brücken geschlagen vom politischen Extremismus zu den alltäglichen Sorgen der Bürger. Über Feindbilder und Verschwörungsphantasien lassen sich Existenzängste und Furcht vor gesellschaftlicher Deklassierung in Zeiten, die von ökonomischer Unsicherheit und sozialem Stress charakterisiert sind, artikulieren und in politische Aktion umsetzen. Das praktiziert die vulgäre Pegida-Bewegung mit Stimmungsmache gegen Muslime und die „Lügenpresse“, und das propagiert die AfD unter dem Jubel von Gesinnungsgenossen.

Rechtsextremes Denken wird aus vielen Wurzeln gespeist, wobei Realitätsverweigerung gegenüber geschichtlicher Erfahrung und Gewaltlatenz wesentliche Faktoren sind. Rechtsextremes Denken ist bestimmt von aggressiven Phantasien mit rassistischen, nationalistischen und militaristischen Inhalten; rechtsextreme Ideologien propagieren die Ausgrenzung von Minderheiten, den Glauben an Recht durch Stärke, politische und gesellschaftliche Ordnung durch „Führertum“ und „Gefolgschaft“. Zum aktuellen Phänomen des Rechtsextremismus gehört seine Militarisierung durch eine Generation, die keine lebensgeschichtliche Erfahrung mit der Realität des Nationalsozialismus und seinen unmittelbaren Folgen hat, ihn aber als politisches Ideal begreift. Rechtsextremes Denken speist sich aus Angst und Gefühlen des Bedrohtseins: Das Plädoyer für „einfache Lösungen“ angesichts unübersichtlicher Problemzusammenhänge, schwieriger Situationen und ökonomischer und sozialer Krisen gehört zum elementaren Politikverständnis im Rechtsextremismus. Es äußert sich in Intoleranz, Fremdenfeindlichkeit, Ablehnung von Kompromiss und Toleranz und in zunehmender Gewaltbereitschaft.

Populismus: Techniken der Verhetzung

Man nannte sie früher Demagogen, d.h. Aufwiegler, heute wird Volksverhetzung mit dem Wort Populismus umschrieben und verharmlost. Die Erscheinung selbst, Stimmung für politische Interessen zu machen und dazu Ressentiments zu stimulieren, die Sachverhalte vereinfachen und verallgemeinern, Schuldige denunzieren und damit vermeintliche Erklärungen für komplizierte Probleme anbieten, ist nicht neu. Adolf Hitler predigte in den Anfängen der NSDAP nach dem Ersten Weltkrieg seinen von Ängsten geplagten Zuhörern, dass die Juden an Deutschlands Unglück schuld seien, dass die Deutschen mehr Lebensraum bräuchten und dass „Rasse“ und „Volksgemeinschaft“ die höchsten Werte und dass „Fremde“ gefährlich seien.

Die Gefolgschaft der Populisten, die Pegidademonstranten und die Wähler der AfD legen Wert auf bürgerlichen Habitus und sie wollen sich nicht als rechtsextrem beschimpfen lassen. Aber auch sie sollten begreifen, dass die Lehren aus der Katastrophe des Nationalsozialismus für den Umgang mit allen Minderheiten gelten müssen. „Fremde“ dürfen nicht als Störenfriede spießbürgerlichen Behagens und dumpfpatriotischen Selbstgenügens stigmatisiert werden. Der Pogrom von Rostock-Lichtenhagen im Stress der Wende 1992 war ein Menetekel. Brennende Wohnheime von Asylbewerbern, grölende und gegen verängstigte Flüchtlinge pöbelnde Dorfbewohner wie in Clausnitz, jubelnde Fremdenfeinde in Bautzen, die Feuerwehrleute am Löschen einer brennenden Flüchtlingsunterkunft hindern wollen sind Zeichen einer vom Populismus geschürten Menschenfeindlichkeit, die zutiefst erschreckt.

Rechtspopulisten, die sich in Sekten zusammenfinden und wieder auseinanderlaufen, die sich spalten und neue Bünde gründen, sind nicht „das Volk“. Sie sind randständig, bieten aber dem Rechtsextremismus das Einfallstor und kultivieren die Schmähung des Gegners anstelle von Diskurs, genügen sich in stummer Verweigerung, statt Argumente auszutauschen und pflegen Gemeinsamkeit durch Hasstiraden. Die Abwesenheit jeder konstruktiven Idee ist ersetzt durch stumpfes Bramarbasieren und Wutgeheul. Für Pegida-Mitläufer wie für Anhänger der „Alternative für Deutschland“ und ähnliche Gruppierungen im bürgerlichen Gewand, die sich nicht als Rechtsradikale verstehen und die nicht Neonazis genannt werden wollen, gilt: Mit Hassparolen wird man kriminell, Volksverhetzung, Beleidigung, Rassismus ist nicht Politik sondern von Demagogen gesteuerte Pöbelei.

Was also ist Populismus und wo geht er in politischen Extremismus über? Angesichts der nationalromantischen und xenophoben Tiraden der Demagogen von Pegida und AfD, angesichts der Bereitschaft im Publikum, den Parolen zu folgen und irrationales Wutmenschentum auszuleben, ist die Frage nach der Gefahr des Rechtspopulismus für die Demokratie leicht zu beantworten. Das gab es auch schon einmal, Chauvinisten im Gehrock und Antisemiten mit guten Manieren. Sie bildeten die Deutschnationale Volkspartei des Geheimrats Hugenberg und richteten die Weimarer Republik zugrunde. Man war bürgerlich und nationalkonservativ, berauschte sich an nationalen Phrasen (die immer fremdenfeindlich sind) und verhalf Hitlers NSDAP in den Sattel.

Gegen irrationale Demagogen hilft nur Vernunft. Notwendig ist Aufklärung mit dem Ziel, Einsicht in schwierige Zusammenhänge zu gewinnen, um rational mit Problemen umzugehen, auf Vernunft und Logik gegründete Politik zu treiben und zu verstehen. Das ist immerwährendes Gebot des Zusammenlebens. Aufklärung ist eine Haltung, kein schnell wirkendes Wundermittel. Gegen den Krakeel Ratloser, Verführter, habituell Unzufriedener, die sich von Populisten gängeln lassen, hilft keine einmalige Anstrengung, kein „Aufstand der Anständigen“, kein Ruck, keine Aufwallung, sondern nur stetige und alltägliche Aufklärung als demokratisches Prinzip. Das ist mühsam, aber erfolgreich, wie die bisherige deutsche Geschichte nach Hitler lehrt. Vernunft muss allerdings jeden Tag aufs Neue durchgesetzt werden.

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282 s. 4 illüstrasyon
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9783734409929
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