Kitabı oku: «Ein Arzt als Patient», sayfa 2
„Das werde ich mir reichlich überlegen.“
Mit diesem Gedanken grüßte ich kurz und ging.
Die Vorbereitung des Kranken auf den Arztbesuch, dessen Begleitung durch Angehörige oder den Krankentransport, die langen Wartezeiten, sowie die Hoffnung des Patienten auf Beistand und kompetente Beratungen stehen nicht im Verhältnis zu solch kurzen und oberflächlichen Arztkonsultationen, welche – zudem im Beisein weiterer Patienten – im Akkord am Fließband abgehalten werden.
Nach diesem Arztbesuch, welcher mein einziger in dieser Einrichtung bleiben sollte, hatte ich mir fest vorgenommen, in meiner Praxis verstärkt auf solche Dinge zu achten.
2. Kapitel
August 1998: Der erste Bypassverschluss
Bereits ein Vierteljahr nach der „gründlichen“ Nachuntersuchung bekam ich wieder Probleme mit dem linken Bein. Zunächst denkt man an eine mentale Überlagerung, weil alle Sinne ständig auf die geringsten Veränderungen an dem kranken Bein gerichtet sind. Diese Phase der Bagatellisierung dauerte nicht lange. Die Schmerzen in der Wade, die Gefühllosigkeit und das Kältegefühl der Zehen und des Vorfußes wurden immer stärker. Schließlich hatte ich mich entschlossen, diese Beschwerden abklären zu lassen. Da „mein“ Operateur von damals im Urlaub war, stellte ich mich in einer anderen großen Klinik vor.

Die Schmerzen in der Wade … (S. 22)
Nach kurzen ambulanten Tests bestand der Verdacht, dass der Bypass, also das Kunststoffgefäß, mit Blutgerinnseln verstopft war. Damit waren die Weichen zur stationären Behandlung gestellt.
Wieder kam ich, in guter Absicht der Kollegen, in ein Einzelzimmer. Hier hatte jede Station zwei solche Zimmer, die natürlich – das war mir klar – bei Bedarf auch als Sterbezimmer genutzt werden würden. Obwohl in dieser Klinik und in einem solchen Zimmer vor elf Jahren mein Vater verstorben war, zog ich diesmal die Gemeinschaft mit den Seelen der Verstorbenen einem Mehrbettzimmer vor.
Noch am Aufnahmetag erfolgte nach Absetzen des gerinnungshemmenden Medikamentes die Gefäßdarstellung mit einem Kontrastmittel. Der Bypassverschluss wurde bestätigt, und die Blutgerinnsel konnten gleich anschließend mit einem Aspirationsverfahren entfernt werden. Der freie Blutdurchfluss war wieder hergestellt. Danach musste ich vierundzwanzig Stunden Bettruhe einhalten und davon die ersten zwölf – wegen der Gefahr der Nachblutung aus der Punktionsstelle – mit einem Druckverband auf dem Rücken liegend verbringen.
Bei einer Wiederholung nach zwei Tagen kam es vor allem darauf an, eine Unebenheit im Bereich der Verbindungsstelle zwischen Gefäß und Kunststoffprothese (Anastomose) zu glätten. Auch danach gab es wieder den Druckverband und die Bettruhe. Diese Unebenheit der Anastomose wurde als Ursache der Gerinnselbildung verantwortlich gemacht.
Ein weiterer Eingriff war nicht erforderlich, sodass ich wieder auf das blutverdünnende Medikament eingestellt werden konnte. Dafür war am nächsten Tag eine Blutentnahme erforderlich.
Dass man sich nun gerade bei mir der Pflichtassistenten erinnerte, welche das Punktieren eines Gefäßes einmal am Patienten üben müssen, war weniger schön.
Eine junge Ärztin kam und sagte: „Guten Morgen, Herr Doktor, ich soll bei Ihnen Blut abnehmen, haben Sie gute Venen?“
„Aber ja doch, schauen Sie, diese hier am rechten Arm wird immer wieder gern genommen; Sie werden das schaffen.“
Zunächst war ich wirklich geduldig, aber nach dem dritten Fehlversuch sagte ich: „Mehr als drei Mal sollte man es nicht versuchen; schicken Sie doch bitte jemanden, der heute besser in Form ist als Sie.“
Das war der Kollegin so peinlich, dass sie auch noch vergaß, den Stauschlauch am Oberarm zu lösen. Kurz darauf, noch vor der Visite, kam der Stationsarzt und führte mühelos die Blutentnahme durch.
Zur Visite wurde zu meiner Freude schon über die Entlassung gesprochen, und die Stationsschwester erhielt den Auftrag, mein Schmerzmittel um die Hälfte zu reduzieren. Natürlich bekam ich am nächsten Tag wieder die volle Dosis ans Bett gestellt. Mit Unverständnis im Gesichtsausdruck ließ ich es korrigieren. Einem Nichtmediziner wäre das nicht aufgefallen. Bei diesem Medikament konnte zwar nichts passieren, aber dieser am häufigsten vorkommende Irrtum kann bei anderen Medikamenten ernste Folgen haben.
Am Vortag der Entlassung bat ich darum, mir noch einmal den Blutdruck zu messen. Es kam eine Schwester und wickelte mir eine Blutdruckmanschette um den rechten Oberarm. Diese roch so stark nach Schweiß, dass ich am liebsten auf die Messung verzichtet hätte, aber ich wollte nicht abermals Kritik anbringen, da ich als Gefäßpatient damit rechnen musste, hier noch mehrmals „Gast“ sein zu dürfen.
Es ist schon verwunderlich, dass noch nicht alle die dafür vorgesehenen Einmalmanschettenbezüge verwenden, werden doch die Unterlagen auf den Untersuchungsliegen für den nächsten Patienten stets auch erneuert.
Jetzt, zwölf Jahre später, wurde bei mir in einer Praxis für Kardiologie mit einem solchen personengebundenen Manschettenüberzug der Blutdruck gemessen, damit kein direkter Kontakt zur Haut anderer Kranker besteht. Na bitte, es geht doch!
Am Folgetag, dem fünften September, verließ ich die Klinik, und noch am Entlassungstag ging ich wieder in meine Praxis.
3. Kapitel
Dezember 1998: Das falsche Bett und die erste Komplikation.
Zwei Wochen nach meiner Entlassung wurde in einem Speziallabor nachgewiesen, dass bei mir angeborene Gerinnungsstörungen vorliegen. Diese Neigung zu verstärkter Gerinnung des Blutes wird mit dazu beigetragen haben, dass sich bereits ein Vierteljahr nach der letzten stationären Behandlung im August die mir nun bekannten Symptome wie Schmerzen, fehlende tastbare Fußpulse und Kältegefühl schon wieder einstellten. Zunächst hat man die Hoffnung, dass es durch vieles Umherlaufen besser wird. Dadurch merkten auch immer die Mitarbeiter der Praxis, wenn es wieder soweit war.

Die erneute stationäre Aufnahme war nicht zu umgehen. (S.27)
Die erneute stationäre Aufnahme war nicht zu umgehen. Wieder erfolgte sofort eine Gefäßdarstellung mit einer erfolgreichen Lyse. Das ist eine Durchspülung des Bypasses mit einem das Blutgerinnsel auflösenden Medikament. Dabei sah man allerdings erneut die enge Stelle (Stenose) an der oberen Anastomose, die bei der letzten stationären Behandlung geglättet worden war. Diesmal bestand nun die Notwendigkeit, hier operativ zu korrigieren, obwohl zunächst die Durchblutung des Beines wieder hergestellt war und keine Notfallsituation vorlag. Trotzdem erfolgte die Operation bereits zwei Tage später, ohne die Wirkung des gerinnungshemmenden Medikamentes zu blocken. Das sollte noch Folgen haben.
Nach den üblichen Operationsvorbereitungen brachte mich ein Krankenträger in den Operationssaal. Dort wurde ich zunächst im Wartebereich abgestellt und später auf einen Operationstisch umgelagert. Das Bett wird danach auf dem sogenannten Bettenbahnhof geparkt.
Die Einleitung der Narkose ist immer wieder faszinierend. Während des Gesprächs mit dem Narkosearzt oder der Narkoseschwester wird dieses nicht nur im Satz, sondern innerhalb eines Wortes unterbrochen. Plötzlich ist man „nicht mehr da“.
Weil man vorher davon ausgeht, dass man wieder erwacht, wäre das Gegenteil für einen Patienten im angemessenen Alter oder mit unheilbarer Krankheit der angenehmste Tod. Es bliebe ihm das bewusste Warten auf den Tod erspart. Der Narkosearzt und alle anderen, die sich um den Patienten kümmern, bemühen sich aber gerade darum, dass dies nicht passiert.
Während meiner Operation wurde die Stenose an der oberen Anastomose durch ein plastisches Verfahren erweitert. Entsprechend der Narkosedauer soll der Zustand des frisch Operierten auch angemessen überwacht werden, bevor man diesen wieder auf die Station zurück bringt. Nach dem Eingriff wird der Patient dann im Normalfall wieder in „sein“ Bett umgelagert. Bei mir war es jedoch anders.
So richtig munter wurde ich erst, nachdem ich mich schon wieder eine ganze Weile auf Station in meinem Zimmer befand. Somit stellte ich auch erst jetzt, und nicht schon im Aufwachraum, fest, dass ich in das Bett eines anderen Patienten gelegt worden war. Das Giebelbrett am Fußende meines Bettes war zuvor grün gewesen, und das, worauf ich nun erstaunt blickte, plötzlich rosa. Da es sich nicht um Nachwirkungen der Narkose handeln konnte, musste ich wohl im Bett eines anderen Kranken liegen. Diese Vorstellung war sehr unangenehm.
Verständlicherweise hatte ich nur einen Wunsch: Nur so schnell wie möglich raus zu kommen aus diesem Bett, deshalb drückte ich auf die Klingel. Zufällig kam die Stationsschwester, die wohl gerade in der Nähe zu tun gehabt hatte. „Oberschwester, ich wurde im Operationssaal in das Bett eines anderen gelegt.“
„Das ist unmöglich“, sagte sie mit Überzeugung in der Stimme, denn schließlich kann ja wohl nicht sein, was nicht sein darf.
„Doch, schauen Sie mal auf das Namensschild“.
„Tatsächlich – ein anderer Name, und jetzt sehe ich auch, dass es kein Bett unserer Station ist. Es gehört der Klinik für HNO-Krankheiten.“
Die Oberschwester schien nicht wirklich entsetzt zu sein; sie tangierte es nur insofern, dass sie nun bemüht war, „ihr chirurgisches“ Bett wieder zurück zu erhalten. Noch im Laufe des Nachmittages wurde der Austausch und der Neubezug der Betten vollzogen, und bald lag ich glücklich und zufrieden wieder in „meinem“ Bett.
Zur Visite am nächsten Tag versicherten mir die Ärzte, was ich auch aus eigener Klinikerfahrung wusste, mir jedoch im Nachhinein auch nicht mehr half: „Herr Wild, so etwas kommt zum Glück recht selten vor, aber es ist schon eigenartig, dass dies ausgerechnet einem Kollegen passieren musste.“
Das war aber nur das einleitende Visitengespräch, denn beim Zurücknehmen der Bettdecke blickten alle entsetzt auf mein operiertes Bein und warteten darauf, dass der Oberarzt etwas dazu sagte. Schon in der Nacht hatte ich eine Umfangszunahme meines Oberschenkels am linken Bein verspürt, und so ahnte ich, dass es auch heute nicht mein Tag werden würde.
Als der Oberarzt, der mich operiert hatte, diesen Befund sah, sagte er nur: „Scheibenkleister!“ Damit war die Visite zunächst beendet.
Bei einer offenbar auf dem Gang stattgefundenen Beratung musste man sich eingestehen, dass die Operation zu früh durchgeführt worden war. Das blutgerinnungshemmende Medikament, welches ich täglich einnehmen musste, war zwar abgesetzt worden, aber nach zwei Tagen war dieser Wirkstoff im Körper noch längst nicht abgebaut. Deshalb kam es zu einer Nachblutung und Ausbildung eines großen Blutergusses.
Nach wenigen Minuten kam der Stationsarzt zurück und teilte mir mit: „Herr Kollege, Sie müssen heute noch einmal nüchtern bleiben, Sie wissen wohl, warum?“
„Ja, ich weiß.“ Mir war klar, dass der Bluterguss operativ ausgeräumt werden musste, was dann auch am frühen Nachmittag geschah.
Somit hatte ich bisher an jedem Tag des jetzigen stationären Aufenthaltes ein Erlebnis, welches nicht hätte sein müssen. Die „Bettgeschichte“ kommt in die Rubrik „dumm gelaufen“, aber die zu frühe Operation kann man schon als Behandlungsfehler einordnen.
Damit es nicht so weiterging, musste ich in den nächsten Tagen etwas tun, was mir möglicherweise Komplikationen mit längerem Krankenhausaufenthalt erspart hat. Es ist bekannt, dass sich besonders in hochentwickelten Ländern wie den USA und den Staaten Westeuropas Patienten in den Kliniken mit Krankheitserregern infizieren können. Deutschland gilt diesbezüglich als Risikoland. Hier erkranken jährlich etwa 160000 Menschen, weil sie sich in Krankenhäusern und Ambulanzen mit therapieresistenten Keimen angesteckt haben. Außerdem weiß ein Mediziner, dass die Keimzahl in einem Operationssaal im Laufe des Tages zunimmt, und mein Bluterguss wurde ja erst am Nachmittag ausgeräumt. Auch ist bekannt, dass ein Hämatom der beste Nährboden für Krankheitserreger ist. Eine Infektion in diesem Bereich würde den Bypass gefährden, und ein infizierter Bypass hat oft den Verlust des Beines zur Folge. Wegen dieser Risiken hatte ich erwartet, dass ich perioperativ, also vor, während oder nach der Operation ein Antibiotikum erhalten würde. Das war nicht der Fall. Nun wollte ich nicht als Besserwisser oder schwieriger Patient erscheinen und ließ mir heimlich ein Antibiotikum aus meiner Praxis bringen, welches ich ohne Wissen der behandelnden Ärzte einnahm. Dieser „Disziplinlosigkeit“ hatte ich es vielleicht zu verdanken, dass sich der weitere Verlauf unauffällig gestaltete und ich vier Tage vorm Heiligen Fest, am zwanzigsten Dezember, entlassen werden konnte.
4. Kapitel
März 1999: Vorteil und Risiko neuer Medikamente
Anfang März 1999 wurde bei mir in einer Gefäßpraxis eine umfangreiche Kontrolluntersuchung durchgeführt. Das Ergebnis machte mir Hoffnung, in der nächsten Zeit nicht wieder stationär behandelt werden zu müssen. Eine Nachuntersuchung sollte in drei Monaten stattfinden.

Grund genug für die Ärzte, welche bisher meine Gerinnung überwachten … (S. 33)
Daraus wurde leider nichts, denn schon vier Tage später traten während meiner Sprechstunde abermals die bekannten Krankheitszeichen auf. Mir war klar, dass ich wieder für ein paar Tage nicht in der Praxis sein würde.
Fast schon routinemäßig stieg ich in mein Auto, brachte mich selbst ins Krankenhaus und informierte erst dann meine Familie, dass sie das Fahrzeug abholen könne.
Da ich zum wiederholten Mal in „meiner“ Krankenstube sein durfte, scherzte das Personal: „Herr Doktor Wild, Sie könnten sich doch eigentlich dieses Zimmer nach ihrem Geschmack tapezieren und reservieren lassen.“
Darüber konnte ich nicht lachen. Im Gegenteil, diesmal nervten mich die immer wieder gleichen Fragen an die Patienten, die stationär aufgenommen werden, wie auch die immer wieder notwendigen Aufnahmeprozeduren.
Zu meiner allgemeinen Unzufriedenheit gesellte sich die Erinnerung an eine Arbeit von Von Chapmann20. Er hat die Patienten mit Gefangenen verglichen, was ich fünf Jahre später als Vertragsarzt im Krankenhaus der Justizvollzugsanstalt Leipzig bestätigen konnte: Beiden wird die Kleidung weggenommen und gegen Anstaltskleidung, beziehungsweise ein Krankenhaushemd, eingetauscht.
Sie geben ihre Wertsachen ab, sehen ihre Familien seltener, müssen ihren Raum oft mit einem Fremden teilen und leben nach einem Stundenplan, den jemand anderes bestimmt. Beide bekommen Registriernummern. Der eine muss in einer Zelle; der andere in einem Zimmer ausharren.
Der Patient kann unter verschiedenen Gerichten auswählen, aber der Gefangene konnte sich früher nur zwischen essen oder nicht essen entscheiden.
Ein Gefangener sieht sich oft einer körperlichen und psychischen Einschränkung ausgesetzt, und ein Patient erfährt eine Behandlung, die auch schmerzhaft sein kann.
Gefangene und Patienten waren früher (Von Chapmann schrieb dies vor 20 Jahren) gleichermaßen in Gebäuden untergebracht, die kalte Flure und eine Umgebung ohne Farbe, Wärme und Vielfalt boten.
Der Gefangene darf seine Unterkunft nicht verlassen, bei einem Patienten wird vorausgesetzt, dass er es nicht tut oder es häufig gar nicht kann.
Schließlich hat ein Gefangener nur begrenzten Einfluss auf die Gestaltung seiner Zukunft, und auch der Patient fühlt sich hilflos gegenüber seinem Schicksal.
Genau so hilflos kam ich mir diesmal vor, wie ein Gefangener meines Schicksals, obwohl es abermals gelang, die Rekanalisation (Wiederherstellung der Bypassdurchgängigkeit) zu erreichen.
Zwei Tage später wurde ich zwar wieder entlassen, aber ich war dennoch unzufrieden. Meinen behandelnden Ärzten gelang es offenbar nicht, durch geeignete Maßnahmen die Thrombosierung des Bypasses künftig zu verhindern, oder wenigsten zu erreichen, dass sie nicht in so kurzen Abständen auftreten konnte. Es musste jetzt irgendetwas geschehen, denn innerhalb eines reichlichen Jahres war ich deswegen bereits viermal stationär behandelt worden. Damit war natürlich eine kontinuierliche Tätigkeit in meiner Praxis nicht möglich und der finanzielle Schaden enorm. Auch war meine Psyche nicht mehr stabil, weil ich mich ständig fragte, wie lange mir wohl das Bein noch erhalten werden konnte.
Am Entlassungstag kam der Oberarzt noch einmal zu mir, und ich fragte ihn: „Was könnte ich denn selbst tun, um nicht so schnell wiederkommen zu müssen?“
„Sie müssen sich etwas zulegen, was ich auch habe.“
„Dachten Sie dabei etwa an eine Freundin?“
Er lachte und sagte: „Nein, ich meine einen Hund, der gerne draußen ist. Mit ihm können Sie jeden Tag spazieren gehen, und dabei bilden sich neue Gefäße.“
„Wir haben zwei Katzen, da kann ich mir keinen Hund zulegen, aber man kann ja auch ohne Hund spazieren gehen. Das werde ich tun.“
In einer medizinischen Zeitschrift stieß meine Frau auf eine Veröffentlichung eines namhaften „Gerinnungspapstes“ in den alten Bundesländern, dem sie, um Hilfe bittend, meine Unterlagen zuschickte. Wie bei vielen medizinischen Maßnahmen barg auch die Empfehlung dieses Spezialisten Risiken. Zu dem gerinnungshemmenden Medikament, welches ich bereits einnahm, sollte ich zwei weitere, ähnlich wirkende Präparate verordnet bekommen. Ich hatte Vertrauen und auch keine Wahl, und so entschied ich mich für diese Dreierkombination.
Mir war klar, dass das Risiko einer Blutung sehr hoch war. Grund genug für die Ärzte, welche bisher meine Gerinnung überwachten, die weitere Behandlung nun abzulehnen.
Inzwischen verabreiche ich mir unter bestimmten Vorsichts- und Kontrollmaßnahmen diese grenzwertige Dosis seit zwölf Jahren. Heute allerdings haben sich solche und ähnliche Kombinationen gerinnungshemmender Medikamente allgemein durchgesetzt.
Der Erfolg hatte damals diese Zusatzmedikation gerechtfertigt, denn der nächste Bypassverschluss erfolgte fast fünf Jahre später.
5. Kapitel
Dezember 2003: Die Sorge um mein Bein nimmt zu, und mein Hund ist eine Katze
Nach knapp fünfjähriger, krankenhausfreier Phase bekam ich Anfang Dezember 2003 Schmerzen in der linken Kniekehle und dazu das Gefühl, dass sich da etwas befand, was aus anatomischer Sicht nicht dort hätte sein dürfen. Diesmal gab es keine Zeichen einer Minderdurchblutung – es musste sich demnach um etwas anderes handeln. Wären diese Beschwerden am gesunden Bein aufgetreten, hätte ich wie bei anderen Patienten zunächst an eine harmlose, gut zu operierende Zyste gedacht. Aber es war das kranke Bein, und so ging ich wieder einmal zunächst in eine Praxis für Gefäßkrankheiten. Hier wurde mir bescheinigt, dass kein Verschluss durch Thrombosierung vorlag. Das hatte ich mit Sicherheit der gerinnungshemmenden Zusatzmedikation zu verdanken. Diesmal war aber an der unteren Anastomose (Verbindung zwischen Bypass und Kniekehlenarterie) eine Veränderung mit Massezunahme zu erkennen.
Zur Sicherung dieses Befundes erfolgte eine Computeruntersuchung, die einen Defekt an dieser Anastomose ans Licht brachte. Der Radiologe und Computerspezialist sprach erstmals darüber, dass der starre Kunststoffbypass für die Anwendung in der Kniekehle nicht geeignet war.
Dem Erstoperateur, der das Kunststoffgefäß eingebracht hatte, war wohl bekannt, dass die Verwendung körpereigenen Materials von Vorteil gewesen wäre. Deshalb hatte er auch eine Vene vom selben Bein als Bypass verwenden wollen. Dieser Versuch scheiterte aber an dem schlechten Zustand der Venenwand. Die beste Möglichkeit, ein Stück eigene Schlagader (Arterie) dazwischenzuschalten, bleibt auch heute noch nur bestimmten Zentren vorbehalten. Außerdem bestand damals akute Zeitnot, weil das Bein schon stundenlang minderdurchblutet war.

„Schneeweißchen“ war eine von unseren zwei Katzen … (S. 36)
Nach Vorstellung und Besprechung des Computerbefundes mit dem Gefäßchirurgen war wieder einmal die stationäre Aufnahme vereinbart worden. Diesmal mussten die gerinnungshemmenden Medikamente sofort abgesetzt werden, weil nicht nur eine „Durchspülung“ des Bypasses, sondern eine größere Operation geplant war.
Zur Vervollständigung der Diagnostik sollte eine Angiografie (Gefäßdarstellung mit Kontrastmittel) durchgeführt werden. Zum Glück wartete man damit, bis der Laborwert, der über die Gerinnung und so auch über die Blutungsgefahr Auskunft gibt, vorlag. Der Stationsarzt kam und sagte: „Herr Wild, mit diesem Wert können wir keine Angiografie und schon gar nicht eine Operation durchführen. Wir müssen abwarten und werden Sie erst noch einmal entlassen.“
Vier Tage später wurde ich wieder stationär aufgenommen und am Folgetag operiert. Entsprechend des Computerbefundes fand man an der unteren Anastomose einen Ausriss. Aus diesem Leck war Blut ausgetreten und hatte einen ziemlich großen Bluterguss verursacht. Dieses Hämatom verspürte ich als Fremdkörper in der Kniekehle, was die Beugung des Kniegelenkes zusätzlich behinderte.
Die Behandlung bestand darin, dass diese defekte Anastomose herausgeschnitten und ein neues Prothesenstück dazwischengesetzt wurde.
Zur Visite am nächsten Tag sagte mir der Oberarzt: „Der Bypass funktioniert wieder, aber Sie haben nur noch eine Unterschenkelarterie.“
Darauf ich: „Damit werde ich leben können.“
„Nein, Herr Wild, damit werden Sie leben müssen.“
Nach dem Grund des Verbleibs der anderen zwei Unterschenkelarterien zu fragen, verkniff ich mir; – ich wäre nicht Arzt, hätte ich die Antwort nicht bereits gekannt.
Trotz meiner angeborenen Gerinnungsstörungen waren – dank der medikamentösen Behandlung – der Bypass und die größte der drei Unterschenkelarterien über fünf Jahre durchgängig geblieben. Die beiden im Kaliber dünneren Unterschenkelschlagadern waren allerdings über eine längere Strecke verstopft und funktionslos. Dafür hatten sich aber viele neue kleinere Gefäße, sogenannte Kollateralen, gebildet. Das war möglich, weil ich die Empfehlung, täglich drei bis fünf Kilometer zu laufen, sehr ernst nahm. Später, nachdem auch die dritte und letzte Unterschenkelarterie verschlossen war, bin ich nur noch mit diesen Kollateralen unterwegs gewesen.
Wenn ich nach Hause kam, stellte ich meist nur die Tasche ab und ging gleich wieder mit „Schneewie“ los. „Schneeweißchen“ war eine von unseren zwei Katzen, derentwegen ich mir keinen Hund zulegen konnte, aber es war auch nicht mehr nötig. Die weiße Katze war uns zugelaufen und total auf mich fixiert. Ständig lief sie mir hinterher und lag auf der Lauer, damit sie es ja nicht verpasste, mich bei meinen „medizinischen“ Spaziergängen zu begleiten. Kamen wir an Grundstücke, wo ein Hund bellte, blieb sie stehen, sah mich an, und ich musste sie auf den Arm nehmen, bis wir die „Gefahrenstelle“ passiert hatten. Oft wurde ich von Passanten, die aus der Ferne einen weißen Hund vermuteten, wegen dieser dankbaren und treuen Katzenseele angesprochen.
Für die Wochentage hatte ich mir eine etwas kleinere und für das Wochenende eine größere Strecke ausgesucht. Trotzdem musste ich mich wohl nun gedanklich damit abfinden, dass Gefäßpatienten, wie ich einer war, nicht nur immer wieder auf dem OP-Tisch landeten, sondern dass auch der Befund von mal zu mal kritischer ausfallen würde.
Die Wundheilung gestaltete sich bei mir, wie stets, komplikationslos; einen hartnäckigen Durchfall jedoch sollte ich zu Hause selbst behandeln. So wurde ich wieder einmal kurz vor Weihnachten entlassen.
Diesmal hatte ich während und nach der Operation ein Antibiotikum erhalten, worauf erfahrungsgemäß viele Patienten mit Durchfall reagieren. Das wurde von den behandelnden Ärzten zunächst auch bei mir so gedeutet. Aber leider lag die Ursache dafür woanders.
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