Kitabı oku: «Thriller Spannung 2021: 13 Urlaubs-Krimis auf 1527 Seiten», sayfa 7

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18


Der schwarze Wagen fuhr an Roberto Tardelli vorbei. Roberto huschte an der Mauer entlang. Geduckt, jedes Geräusch tunlichst vermeidend. Neben einem grauen Betonpfeiler, der weiter oben geknickt war, nahm Roberto eine Bewegung wahr. Er zuckte sofort zurück.

Dort stand ein weiterer Wachtposten. Roberto hätte viel darum gegeben, wenn er gewusst hätte, wie viele es insgesamt waren, denn dann hätte er sich darauf einstellen und seine Pläne auf sie abstimmen können. So aber musste er die Rechnung mit mehreren Unbekannten erstellen.

Roberto beobachtete den Gangster. Der Mann hatte eine MPi geschultert. Er hatte die Ankunft des Wagens mitgekriegt, traf aber keinerlei Anstalten, die Fabrikhalle zu verlassen.

Er sollte Cusack, Murray und die anderen Bandenmitglieder vermutlich aus dem Hintergrund sichern, sollte ihnen den Rücken freihalten. Dass die Wachen ihren Job nicht gerade tierisch ernst nahmen, bewies die Tatsache, dass Roberto jede Menge Zeit gehabt hätte, Cyril Murray zu erschießen, bevor der Kerl ihm mit dem Totschläger eins aufs Haupt gegeben hatte.

Die Posten waren wohl nur zur allgemeinen Beruhigung aufgestellt. Roberto glitt an der Wand nach unten. Er legte sich auf den Bauch und robbte auf den Gangster zu.

Der Mann zündete sich soeben eine Zigarette an. Achtlos warf er das Streichholz weg. Es landete knapp vor Roberto Tardellis Nase. Der Mann ahnte nicht, in welcher Gefahr er schwebte, und das war gut so, denn hätte der Bursche gewusst, was auf ihn zukam, hätte er augenblicklich die Maschinenpistole von der Schulter gerissen und wild drauflos geballert.

Drei Yards war Roberto noch von ihm entfernt. Der Posten zog den Zigarettenrauch tief in seine Lunge. Er stand halb schräg mit dem Rücken zu Roberto.

Jetzt musste alles sehr schnell gehen. Der Mann durfte keine Chance haben, einen Warnruf auszustoßen. Roberto hielt in jeder Hand eine Waffe. Er konzentrierte sich auf den Angriff, der dann in der nächsten Sekunde erfolgte. Für den Gangster musste es den Eindruck erwecken, Roberto Tardelli käme aus dem Boden geschossen.

Roberto sprang auf. Der Mann drehte sich. Er ließ die Zigarette fallen und wollte zur MPi greifen, aber es blieb beim Wollen, denn ein harter Schlag holte den Verbrecher von den Beinen.

Roberto fing den Mann auf. Er ließ ihn langsam zu Boden gleiten und nahm ihm die Maschinenpistole ab. Auch den Colt Diamondback, den der Gangster im Gürtel trug, nahm Roberto an sich. Nun war er bis an die Zähne bewaffnet. Er steckte die Faustfeuerwaffen weg. Die Luger kehrte an ihren angestammten Platz - in die Schulterhalfter - zurück. Roberto nahm die MPi in beide Hände und eilte auf eine rostzerfressene Eisentür zu, hinter der er die Stimme Brian Cusacks vernahm.

Mit der MPi im Anschlag wollte er dem König von Brooklyn und seinen Komplizen entgegentreten. Sollte es einer wagen, zur Waffe zu greifen, würde er sein blaues Wunder erleben.

Roberto hatte die Tür schon fast erreicht. Unwillkürlich blickte er nach rechts, und im selben Moment entdeckte er zwei Männer, die gleichfalls mit Maschinenpistolen bewaffnet zu Brian Cusack unterwegs waren. Jedoch nicht in friedlicher Absicht. Roberto sah es in ihren Gesichtern. Diese Männer waren gekommen, um Cusack zu töten!

Es ging Roberto gegen den Strich, dass der König von Brooklyn sterben sollte, deshalb geriet er in die fatale Lage, Brian Cusack und seine Gangsterfreunde warnen zu müssen.

Doch ehe er den Warnschrei ausstoßen konnte, brach die Hölle los ...




19


Maria und Jossip Wassinski fühlten sich wohl in Samantha Fords Apartment. Das Gästezimmer gefiel ihnen. Sie hatten noch nie in einem so schönen Raum gewohnt.

Bei einem Drink saßen sie im Livingroom. Jossip Wassinski schüttelte den Kopf und sagte: „Wie das Schicksal manchmal spielt. Wir hatten das größte Glück unseres Lebens, an Roberto Tardelli geraten zu sein.“

Maria lächelte ihn vorwurfsvoll an.

„Und du hast versucht, ihn niederzuschlagen.“

„Ich bin froh, dass ich es nicht geschafft habe. Schade, dass Roberto mich nicht mehr verprügelt hat. Ich hätte es verdient. Er kann sehr beherzt kämpfen.“

Samantha nickte.

„Es gibt nichts, wovor Roberto Angst hat. Jedenfalls macht er auf mich diesen Eindruck.“

„Wir haben vollstes Vertrauen zu ihm“, sagte Jossip.

„Das können Sie haben.“

„Zu Ihnen auch.“

„Ich helfe gern.“

„Ein Wunschtraum wird für uns in Erfüllung gehen“, sagte Jossip. „Wir werden amerikanische Staatsbürger.“

„Kann Roberto das für uns wirklich erreichen?“, fragte Maria leise.

„Wenn er es Ihnen versprochen hat, können Sie sich darauf verlassen“, sagte Samantha Ford.

„Er ist ein bemerkenswerter Mann“, sagte Maria.

Jossip lachte.

„He! Vorsicht! Du hast dich doch nicht etwa in ihn verliebt.“

Maria lächelte. „Nein. Aber er wäre der Mann, in den ich mich verlieben könnte.“

„Und der Mann, den ich als dein großer Bruder neben dir akzeptieren würde“, sagte Jossip Wassinski.

Samantha Ford seufzte.

„Roberto Tardelli ist schon ein seltenes Exemplar. Ich hätte gern mehr von ihm, aber sein Beruf ... Roberto ist ein Mann, den alle brauchen. Es wäre schlecht um unser Land bestellt, wenn es nicht Männer wie ihn geben würde. Obwohl ich mir das immer einrede, bin ich traurig, wenn er nicht bei mir ist, und ich lebe in ständiger Sorge, dass er eines Tages zu viel wagen könnte.“

Jossip sagte überzeugt: „Er wird immer wieder zu Ihnen zurückkehren, Samantha. Ich glaube, niemand weiß genauer als er, wieviel er riskieren darf.“

Die junge Ärztin seufzte wieder.

„Hoffentlich haben Sie recht, Jossip. Obwohl er nicht oft bei mir ist, wäre ich doch untröstlich, wenn es ihn eines Tages nicht mehr geben würde.“

Pietro Gravina und Tony Tornado sahen Brian Cusack aus dem Wagen steigen und eröffneten sofort das Feuer auf ihn. Ihre automatischen Waffen hämmerten laut. Das Krachen der Schüsse hallte zwischen den Hallen der aufgelassenen Lokomotivfabrik. Auch Cyril Murray und die beiden Hitmen waren ausgestiegen. Als die Maschinenpistolen zu hämmern begannen, stieß Murray einen wüsten Fluch aus und ließ sich augenblicklich fallen.

Tornados und Gravinas Geschosse trommelten gegen den Wagen. Sie zertrümmerten die Heckscheibe, hackten schräg über das Blech, ratschten über das Fahrzeugdach und näherten sich Cusack, doch bevor ihn die Projektile erreichen konnten, warf auch er sich auf den Boden.

Hastig robbte er hinter das Auto. Sobald er in Deckung war, riss er seinen Revolver aus der Schulterhalfter. Cyril Murray schoss bereits zurück. Auch die beiden Hitmen erwiderten das Feuer.

Trotzdem rückten Gravina und Tornado näher. Ihre Kugeln klatschten auf die Granitsteine und jaulten als gefährliche Querschläger durch die Luft. Brian Cusack und seine Komplizen waren nicht in der Lage, die Angreifer zurückzutreiben.

„Verdammt, das ist Gravina!“, zischte der König von Brooklyn. Er hatte sich schon lange nicht mehr in einer solchen Situation befunden. Normalerweise beteiligte er sich an keinen Schießereien mehr. Das überließ er seinen Gunmen. Doch diesmal war er gezwungen, sich selbst seiner Haut zu wehren. „Gravina und Tony Tornado!“, sagte Cusack zu Murray.

„Dann weiß Gravina also Bescheid“, sagte Murray.

„Anzunehmen.“

„Aber von wem?“

„Keine Ahnung.“

„Vielleicht hat Gordon Keel nicht dichtgehalten.“

„Das glaube ich nicht. Auf Keel kann man sich verlassen.“

„Und wenn Copeland umgefallen ist?“

„Der hat viel zu viel Angst vor mir“, sagte Cusack. Er zielte auf Tornado und drückte ab. Doch der große Mafioso wechselte blitzschnell schießend die Position und entging so einem Treffer.

Roberto Tardelli wollte nicht dabei zusehen, wie sich die Gangster gegenseitig abknallten. Er wusste nicht, weshalb der König von Brooklyn und seine Männer so unverhofft angegriffen wurden. Ihm war aber klar, dass er ein Blutbad verhindern musste.

Aber die Lage war für ihn nicht ungefährlich. Er konnte sehr leicht zwischen die Fronten geraten. Wenn sich die beiden Parteien entschlossen, zuerst ihn fertigzumachen und sich erst dann wieder gegeneinander zu stellen, würde er keinen leichten Stand haben.

Trotzdem wagte er es und griff in das Geschehen ein. Mit der erbeuteten Maschinenpistole betrat er die Szene. Er zog den Stecher durch und trieb die kämpfenden Parteien auseinander.

„Das ist der Kerl, den wir erwischt haben!“, rief Murray verblüfft aus, und als er sah, dass Roberto seine MPi in Gravinas und Tornados Richtung schwenkte, stellte er fest: „Er ist auf unserer Seite!“

Doch er sollte Augenblicke später eines Besseren belehrt werden. Gravina und Tornado zogen sich zurück, und nun drehte sich Roberto und ließ seine Waffe erneut hämmern. Diesmal in Cusacks Richtung.

„Hat der Kerl den Verstand verloren?“, brüllte Cyril Murray wütend auf.

„Von wegen auf unserer Seite!“, schrie Cusack, sprang auf und rannte im Zickzack davon. Seine Männer folgten ihm. Sie fanden hinter einer verfallenen Mauer Deckung.

Kurze Zeit herrschte Stille. Roberto zog sich zurück. Er hatte es nicht leicht. Er wollte sich beide Parteien schnappen. Gravina und Tornado ebenso wie Cusack und seine Männer. Aber der König von Brooklyn hatte Vorrang, deshalb versuchte er an diesen heranzukommen.

„Wir müssen trachten, so schnell wie möglich von hier wegzukommen“, sagte Brian Cusack grimmig.

„Zum Teufel, wir haben doch hier drei Männer postiert. Wo sind die?“, ärgerte sich Murray. „Auf ’nem Kaffeeklatsch?“

Im Schutz der Mauer setzten sie sich ab. Die Hitmen sicherten nach allen Seiten. Cusacks und Murrays Gesichter waren angespannt. Sie hielten ihre Waffen schussbereit in der Hand, doch niemand zeigte sich, keiner stellte sich ihnen in den Weg.

Sie durchquerten eine Hallenruine, zogen sich über einen Schuttberg zurück. Roberto Tardelli beschrieb einen Bogen und versuchte von Osten her an die Gangster heranzukommen, denn aus dieser Richtung erwarteten sie ihn bestimmt nicht.

„Was nun?“, fragte Tony Tornado, während er die Maschinenpistole hob, so dass der Lauf nach oben wies.

„Verdammt“, knirschte Pietro Gravina. „Mich würde brennend interessieren, wer der Kerl war, der sich unvermittelt an der Schießerei beteiligt hat. Zuerst dachte ich, er wäre einer von Cusacks Männern, aber dann hat er nicht nur auf uns, sondern auch in die andere Richtung geballert.“

„Ein Bulle vielleicht?“

„Einer allein würde sich nicht in eine so große Gefahr begeben.“

„Vielleicht gibt es noch mehr von seiner Sorte auf dem Gelände“, sagte Tornado. „Wenn das der Fall wäre, sollten wir uns lieber beizeiten absetzen.“

„Mensch, spinnst du?“, fuhr Gravina ihn an. „Und Cusack?“

„Um den können wir uns ein andermal kümmern.“

„Der geht doch jetzt sofort auf Tauchstation. Es könnte Wochen, vielleicht sogar Monate dauern, bis wir ihn wiederfinden würden. Er muss sterben. Hier und heute!“

Gravina verließ seine Deckung. Tornado folgte ihm. Zwischen großen Gebäuden fanden sie einen Weg, der im rechten Winkel zu Cusack und seinen Leuten führte. Die gegnerischen Parteien gingen zum zweiten Mal auf Kollisionskurs.

Noch hatten sie einander nicht entdeckt. Aber in einer zerklüfteten Halle prallten sie dann zum zweiten Mal aufeinander. Als Gravina die vier Männer entdeckte, eröffnete er sofort wieder das Feuer.

Einer der Hitmen wurde getroffen. Ein schriller Todesschrei gellte durch das Gebäude. Der Mann drehte sich um die eigene Achse und brach zusammen. Cusack und die anderen spritzten aufgeregt nach allen Seiten auseinander.

Roberto Tardelli hörte den Schrei und die Schüsse. Er forcierte sein Tempo und erreichte die Längsfront der Halle, in der der Gangsterkrieg tobte. Ein Mann fiel ihm auf, der mit langen Sätzen auf die Fabrikshalle zu hetzte. Er hielt eine MPi in seinen Händen. Es war wohl der dritte Posten, der Cusacks Umschlagplatz für das Diebesgut bewachen sollte. Kaum die Halle betreten, ließ er die Maschinenpistole auch schon rattern. Es gelang ihm, Gravina und Tornado ein Stück zurückzutreiben. Schießend kämpfte er sich bis zu Cusack vor.

„Bist du endlich aufgewacht?“, herrschte Cusack ihn an.

„Ich war am andern Ende des Geländes, als die Knallerei losging“, verteidigte sich der Posten.

„Jack hat’s erwischt“, knirschte Cusack. „Wir müssen hier raus!“

Der Posten wies nach links.

„Da hinüber. Ich gebe euch Feuerschutz.“ Er gab Dauerfeuer. Breitbeinig stand er da. Er drehte den Oberkörper und damit auch die MPi. Ein breites Feld bestreute er mit seinen Kugeln.

Gravina und Tornado blieben ihm nichts schuldig. Sie nahmen ihn aus zwei Richtungen unter Beschuss, und sein Feuerschutz brach zusammen. Er war gezwungen, in Deckung zu gehen. Die Fronten fraßen sich fest.

Draußen eilte Roberto Tardelli auf eine Leiter zu. Sie führte an der Fassade zum teilweise eingestürzten Dach hinauf. Von dort oben hoffte Roberto einen guten Überblick zu haben.

Wenn er Glück hatte, war es ihm möglich, von dieser hohen Warte aus beide Parteien in Schach halten zu können. Er hängte sich die MPi über die Schulter.

In der Halle kläfften nach wie vor die Waffen. Weithin waren die Schüsse zu hören. Roberto konnte das nur recht sein. Nichts wäre ihm angenehmer gewesen als die Unterstützung der Polizei, die von irgendjemand, der die Knallerei gehört hatte, alarmiert wurde.

Die eiserne Leiter war vom Rost schon ziemlich arg angeknabbert. Sehr viel Vertrauen durfte man zu ihr nicht mehr haben. Sie knirschte und wackelte, und es war nicht auszuschließen, dass sie aus der Mauerverankerung brach, sobald Roberto das Dach fast erreicht hatte. Dann wäre es mit ihm acht Meter in die Tiefe gegangen.

Roberto verdrängte den Gedanken, dass etwas passieren konnte. Nur wer wagt, kann auch gewinnen. Er kletterte hastig die Sprossen hoch, während in der Fabrikhalle nach wie vor der Teufel los war.

Jetzt brach eine eiserne Halteklammer. Zum Glück hielt die zweite noch. Aber die Leiter klapperte und wackelte gefährlich. Roberto beeilte sich, auf das Dach zu gelangen.

Endlich war er oben. Über einen schmalen brüchigen Sims erreichte er ein großes Loch im Dach. Er legte sich auf einen morschen Balken und blickte hinunter.

Gravina und Tornado flitzten soeben schießend hoch. Sie stürmten auf ihre Gegner los. Cusack und die Hitmen suchten Deckung hinter einer dicken Trennwand. Cyril Murray sprang auf und wollte die Wand ebenfalls erreichen, doch da erwischte ihn eine Garbe aus Gravinas Maschinenpistole.

Er riss die Arme hoch, bog den Körper nach vorn, stolperte und fiel. Für Roberto Tardelli bestand kein Zweifel, dass der Mann tot war. Als Brian Cusack seinen Stellvertreter zusammenbrechen sah, drehte er durch. Die kalte Wut packte ihn. Er wollte sich nicht mehr länger von den Mafiosi hetzen lassen. Er wollte sich nicht mehr länger vor ihnen verstecken. Mit einem heiseren Schrei kam er aus der Defensive.

Ein weiter Sprung beförderte ihn aus der Deckung. Tony Tornado und Pietro Gravina wollten ihre Maschinenpistolen sofort auf ihn richten, doch er war schneller.

Seine Kugel erwischte Gravina. Der Mann hatte keine Chance, ihr zu entgehen. Seine Beine knickten ein. Er fiel auf das Gesicht und rührte sich nicht mehr.

Cusack wollte diesen Erfolg wiederholen, aber Tony Tornado blieb nicht einfach als Zielscheibe stehen. Er zog sich schießend zurück.

„Los!“, brüllte Brian Cusack. „Hinterher! Der Bastard darf nicht entkommen!“

Die Hitmen fächerten auseinander. Zu dritt versuchten sie sich Tornado zu holen. Der Mafioso hielt sie sich mit einer Vielzahl von Schüssen vom Leib. Aber einmal wird jedes Magazin leer. Tornado verfeuerte seine letzte Patrone.

Als die Waffe nur noch klickte, warf er sie weg und griff nach seiner Pistole. Doch im nächsten Moment erstarrte er. Drei Waffen waren auf ihn gerichtet.

Er begriff, dass er verloren hatte. Brian Cusack und die beiden Hitmen näherten sich ihm langsam. Der König von Brooklyn bleckte die Zähne. Er blickte Tornado hasserfüllt an.

„Pech gehabt!“, sagte er heiser. „Jetzt sitzt du in der Klemme.“

Tornados Gesicht wurde teigig.

„Kommt schon!“, knurrte er. „Macht Schluss!“

Cusack nickte seinen Männern zu.

„Macht ihn fertig!“

Als sie ihre Waffen auf den Mafioso richteten, schrie Roberto Tardelli: „Halt! Hände hoch! Lasst eure Waffen fallen! Ich kann mit meiner MPi jeden von euch erwischen. Es wäre dumm, wenn einer von euch den Helden zu spielen versuchte!“




20


Seit Jahren arbeitete Clips Duffy auf der Mülldeponie. Früher hatte er alten Leuten ihr Gerümpel abgekauft, hatte es zum Trödler gebracht und verscherbelt. Heute war er selbst Trödler, und sein Sohn zog von Haus zu Haus, um all die Dinge abzuholen, die die Leute nicht mehr gebrauchen konnten, während der Vater tagaus, tagein im Müll nach Gegenständen wühlte, die man im Laden noch einmal an den Mann bringen konnte. Es war modern, Antiquitäten in seiner Wohnung stehen zu haben, und es gab Leute, die gaben gutes Geld für alte Stücke. Je schäbiger sie waren, desto besser verkauften sie sich manchmal.

Clips Duffy konnte das nur recht sein. Er hoffte, dass dieser Altwaren-Boom noch recht lange anhielt, denn davon profitierten er und sein Sohn. Duffy war ein kleiner Mann, der das Gesicht einer Wühlmaus hatte. Vielleicht grub er deshalb so gern im Müll herum. Sein Gesicht war von Wind und Wetter gegerbt und grau vom Staub.

In dem Sack, den er auf dem Rücken trug, befanden sich ein paar Gegenstände, an denen er große Freude hatte. Kupfergeschirr. Eine Messingvase. Ein Alabasterengel. Der Job auf der Deponie wurde von Tag zu Tag einträglicher. Die Menschen warfen immer wertvollere Dinge weg, ohne es zu wissen. Clips Duffy brauchte sie nur wieder einzusammeln und in seinem Laden auf Hochglanz zu bringen und auszustellen. Das Zeug ging weg wie die warmen Semmeln.

Duffy kratzte sich am Kopf. Grinsend dachte er: Vielleicht sollte man versuchen, die Leute dazu zu erziehen, ihre alten Sachen nicht mehr wegzuschmeißen, sondern gleich zu mir in den Laden zu bringen. Das würde mir meine Arbeit wesentlich erleichtern.

Er lachte in sich hinein und ging ein paar Schritte weiter. Plötzlich stutzte er. Was war das gewesen? Er hob den Kopf und lauschte. Da war es wieder, das Geräusch, das ihn stutzig gemacht hatte.

Jemand stöhnte.

Um Himmels willen.

Duffys Herz schlug sofort schneller. Er überkletterte den Müllberg, der ihm die Sicht nahm, stolperte, fiel, blieb an einem Stück Stacheldraht hängen, zerriss sich die alte Arbeitskleidung, kam wieder auf die Beine und erblickte einen gefesselten Mann, der verzweifelt versuchte, sich zu befreien.

„Mister!“, rief der Altwarensammler. „Mister, warten Sie, ich helfe Ihnen!“

Christopher Copeland drehte den Kopf in seine Richtung. Noch nie war ihm jemand so willkommen gewesen wie dieser alte Mann in der schäbigen Kleidung.

„Ich komme schon!“, rief Clips Duffy. „Gleich bin ich bei Ihnen!“

Atemlos erreichte er den Journalisten.

„Sie schickt der Himmel“, sagte Copeland.

„Wer hat das getan?“, wollte Duffy wissen.

„Zwei Kerle. Autostopper.“

„Ich sag’s ja immer. Man soll keine Stopper mitnehmen. Zehnmal geht es gut, beim elften Mal kriegt man eins auf die Birne, wird ausgeraubt, und wenn man Pech hat, sogar umgelegt.“

Duffy durchsuchte seine Taschen. Er fand sein Messer nicht gleich, sagte, dass Copeland nur noch ein wenig Geduld haben müsse, das Messer würde sich gleich finden.

„Wie lange liegen Sie schon hier?“, wollte der Altwarensammler wissen.

„Eine halbe Stunde.“

„Sie Ärmster. Ihre Handgelenke sind ja schon ganz wundgescheuert.“

„Ich wollte die verdammten Fesseln abkriegen, aber sie sitzen zu stramm.“

„Wenn diese Banditen andere Dinge auch so gut könnten wie unschuldige Menschen wie Pakete verschnüren, was?“

Endlich fand Clips Duffy sein Messer. Er hatte es nicht gekauft, sondern auf der Deponie gefunden. Der Griff war mit handgeschnitztem Elfenbein verziert. Eine Rarität. Und eine Kostbarkeit, von der sich Duffy ausnahmsweise nicht trennen wollte.

Rasch schnitt er die Stricke durch.

„So“, sagte er danach, und das Messer verschwand wieder in einer seiner Taschen. „Jetzt sind Sie frei, Mister. Wie fühlen Sie sich?“

„Es geht einigermaßen“, sagte Copeland.

„Soll ich Ihnen beim Aufstehen behilflich sein?“, fragte Clips Duffy fürsorglich.

„Nein, danke. Das schaffe ich schon allein.“

„Wie Sie meinen.“

Copeland erhob sich.

„Sehen Sie Ihre Taschen durch“, forderte ihn Duffy auf.

„Wozu?“

„Sie müssen doch wissen, was Ihnen gestohlen wurde.“

Copeland tat dem Mann den Gefallen. Er checkte seine Taschen durch, obwohl er wusste, dass ihm der Mafioso nichts abgenommen hatte.

„Nichts“, sagte er dann. „Es fehlt nichts.“

„Wirklich nicht?“, fragte Duffy verwundert.

„Es ist alles da. Die Kerle scheinen nur an meinem Wagen interessiert gewesen zu sein.“

„Können Sie sich an die Banditen noch erinnern?“

„Ich habe ein schlechtes Personengedächtnis.“

„Heißt das, Sie würden die Kerle nicht wiedererkennen?“

„Ich weiß es nicht.“

„Sie müssen trotzdem Anzeige erstatten.“

Davon wollte Christopher Copeland verständlicherweise nichts wissen. Er hatte Angst vor einem Wiedersehen mit dem Mafioso. Wenn er sich an die Polizei wandte, würde man ihm viele Fragen stellen. Noch mehr als dieser Altwarensammler, und wenn er sich bei seiner Aussage dann verhedderte, würde man seinen Schwindel durchschauen. Man würde die Wahrheit von ihm hören wollen, und es konnte für ihn lebensgefährlich sein, die Wahrheit zu sagen.

„Kommen Sie“, sagte Clips Duffy hilfsbereit. „Dort hinten steht mein Lastwagen. Eine alte Karre, bei der man den Eindruck hat, sie würde jeden Augenblick auseinanderfallen, aber bisher hat sie das noch nicht getan. Ich bringe Sie zur Polizei.“

„Das ist wirklich nicht nötig, ich komme schon allein zurecht“, wandte der Journalist ein.

„Hören Sie, ich kann Sie doch nicht allein davontrotten lassen. Wie stünde ich denn vor mir selbst da?“

Copeland musste den Altwarensammler zu dessen Lastwagen begleiten.

Copeland blieb davor stehen. Duffy grinste.

„Sieht nicht sehr vertrauenerweckend aus, die Karre, wie? Aber sie fährt noch ganz gut.“

Der Altwarensammler legte seinen groben Jutesack hinten auf die Ladefläche und kletterte dann in das Fahrerhaus. „Kommen Sie, Steigen Sie ein!“, forderte er den Journalisten auf.

Christopher Copeland stieg ein. Duffy startete die Maschine. Sie sprang sofort an, machte aber einen Höllenlärm. Sie verließen die Mülldeponie. Von Minute zu Minute wurde Copeland unruhiger. Es konnte nicht mehr weit bis zum nächsten Polizeirevier sein. Dort würde er dann eine Aussage machen müssen, die nicht stimmte, und auch was dieser Altwarensammler sagte, würde zu Protokoll genommen werden.

Die nächste Ampel zeigte rot. Zwei Wagen vor ihnen stand ein freies Taxi in der Kolonne. Das war die Rettung. Copeland griff in seine Hosentasche, holte seine Dollars hervor und legte einen Hunderter auf die Sitzbank.

„Vielen Dank für Ihre Mühe“, sagte er.

„Warten Sie, so warten Sie doch!“, rief Duffy. „Ich nehme kein Geld von Ihnen.“

„Stecken Sie es getrost ein, ich kann es mir leisten.“

„Aber ich muss mit Ihnen doch noch zur Polizei..

„Ich nehme das Taxi dort vorn.“

„Und meine Aussage?“

„Die Cops werden mir auch so glauben“, sagte Copeland und sprang aus dem Lastwagen. Ein Windstoß wollte sich die Banknote holen, doch Duffy packte blitzschnell zu und steckte sie ein, während Copeland zum Taxi voreilte und sich in den gelben Wagen setzte.

Es kam Grün.

Das Yellow Cab setzte sich in Bewegung. Copeland nannte dem Fahrer seine Adresse. Zu Hause angekommen, duschte er. Danach zog er sich um und nahm sich einen großen Drink.

Hinterher rief er die Polizei an, um zu melden, dass man ihm seinen Wagen gestohlen hatte. Er sprach nicht von zwei Autostoppern, die ihn überfallen hatten, und erst gar nicht über den Mafioso, der ihn unter Druck gesetzt hatte. Er meldete einen ganz gewöhnlichen Autodiebstahl. So etwas kam alle Tage vor. Und er wusste eines: dass er Männern wie Cusack nie wieder einen Gefallen erweisen würde. Was er erlebt hatte, sollte ihm eine Lehre sein.

Türler ve etiketler

Yaş sınırı:
0+
Litres'teki yayın tarihi:
25 mayıs 2021
Hacim:
1424 s. 8 illüstrasyon
ISBN:
9783956179891
Yayıncı:
Telif hakkı:
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