Kitabı oku: «Essentielle Verwirklichung», sayfa 2

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Wenn ihr euch einmal erkältet und ihr fühlt zur gleichen Zeit, daß euer Herz offen ist, könnt ihr zu dem Schluß kommen, daß euer Herz offen ist, weil ihr euch erkältet habt. Ihr schreibt der Erkältung das Verdienst zu, eurer Erkrankung, statt vier Jahre Arbeit, die es geöffnet hat. Die Erkältung ist wahrscheinlich in Wahrheit eher Ausdruck eines Widerstandes gegen weitere Öffnung. Krank werden ist häufig Ausdruck eines Widerstandes gegen Ausdehnung.

Diese Unterscheidungsfähigkeit ist sehr wichtig, nicht nur in bezug auf Orientierung – worüber wir früher gesprochen haben –, sondern auch in bezug darauf, welches die wirklichen Einflüsse in eurem Leben sind. Wenn ihr die Anerkennung nicht dem gebt, der sie verdient, dann entwertet ihr, was wirklich zu diesen Veränderungen geführt hat, was das Wachstum in Wirklichkeit bewirkt hat – eure eigene Arbeit, eure Fähigkeiten, eure eigene Essenz.

Meiner Erfahrung nach haben viele meiner Freunde ihre Essenz erfahren, aber nicht verstanden, was es war, weil sie meistens entwerteten, was sie selbst getan hatten. Jedesmal wenn sie zu etwas anderem weitergingen, zu einer anderen spirituellen Lehre oder Disziplin, zu einer anderen Methode der Selbsterforschung, entwerteten sie, was sie eben gelernt hatten und warfen alles weg. Sie warfen ihr Verstehen weg und was sie bekommen hatten, was von Wert war. Dann mußten sie wieder ganz von vorn anfangen. Ich hatte Glück, ich entwertete nichts. Immer wenn ich zu etwas Anderem weiterging, verstand ich genau, was ich bei dem gelernt hatte, bei dem ich bisher gewesen war. Und ich fand, daß das von ziemlicher Tragweite ist.

Manchmal ist es nicht leicht zu sagen, was zu Verstehen und Klarheit in eurem Leben beiträgt. Aber wenn ihr erkennen könnt, was es ist, dann bewegt ihr euch zunehmend auf eure Essenz zu, weil nur Essenz das kann. Wenn ihr aber eure Entwicklung äußeren Dingen zuschreibt, dann urteilt ihr nicht nur falsch, ihr verlangsamt auch den Prozeß, der in Wirklichkeit zu eurer Entwicklung beigetragen hat, oder haltet ihn sogar an. Ihr sagt eurer Essenz: „Auf dich kommt es nicht an.“ Und das ist ein Angriff auf eure Essenz; ihr greift eure Essenz an. Die eigene Essenz entwerten ist ein Aspekt eures Ego oder eures Über-Ich. Nach meiner Beobachtung erkennen Menschen oft nicht an, was wirklich geschieht oder welches die Kraft ist, die in ihnen wirkt, und zwar genau aus dem Grund, weil es etwas in ihnen gibt, das sich dagegen wehrt, Essenz zu sehen und zu erfahren. Es ist nicht nur ein Fehler in der Beurteilung; es steckt eine aktive Motivation dahinter. Es ist eine Abwehrfunktion des Über-Ich. Nicht nur das – andere Menschen sehen vielleicht eure Veränderungen, schreiben sie aber etwas anderem zu, so daß ihr praktisch keine Unterstützung oder Anleitung von der Welt um euch herum bekommt. Wenn Menschen die wirkliche Kraft in euch nicht anerkennen, die zu den Veränderungen in eurem Leben geführt hat, dann aus dem Grund, weil sie einen Widerstand dagegen haben, diese Kraft in sich selbst wahrzunehmen. Sie selbst wollen die Wahrheit nicht sehen, deshalb wollen sie sie in euch nicht anerkennen. Meiner Erfahrung nach ist es wichtig, daß ich weiß, was wirklich meine Veränderungen und meine Entwicklung bewirkt. „In der Welt, aber nicht von der Welt“ erstreckt sich darauf, die wirklichen Ursachen zu sehen, die wirklichen Kräfte, die in allem wirken, was wir tun.

Gibt es Fragen, Kommentare?

S.: Ist es möglich, daß manche Menschen – ich weiß nicht genau, wie ich es ausdrücken soll – daß manche Menschen mehr Essenz haben, die sich in ihnen bewegt und arbeitet und sich zeigt, als andere Menschen, auch wenn sie ihrer Essenz vollkommen unbewußt sind?

A.H.: Ja, das kommt vor. Das sind die Menschen, die Gurdjieff „dumme Heilige“ nennt, was bedeutet: Sein ohne Wissen.

S.: Und andere Menschen fühlen sich zu ihnen hingezogen, weil sie diese Eigenschaft wollen oder brauchen?

A.H.: Sicher. Manchmal haben sich Menschen essentiell entwickelt, ohne an sich zu arbeiten, einfach weil sie von Anfang an nicht allzu beschädigt wurden.

S.: Und dann ist ihre Essenz da, sichtbarer, wegen eines Zufalls, oder einer Begabung…

A.H.: Eins dürfen wir hier nicht vergessen, Essenz hat nichts mit Begabung zu tun. Ein Mensch kann sehr talentiert, aber zugleich vollkommen mit seiner Persönlichkeit identifiziert sein. Essenz ist, wie ich schon sagte, „in der Welt, aber nicht von der Welt.“ Talent ist Teil dieser Welt. Natürlich kann Essenz die Entwicklungsmöglichkeiten der Talente, die schon da sind, fördern und zur Reife bringen. Aber intelligent oder nicht intelligent, auf die eine oder andere Weise kreativ sein, das hat nichts mit Essenz zu tun.

1 Paul Reps: „Ohne Worte, ohne Schweigen“, München 1993

Die Theorie der Löcher

Heute werden wir einen Gedanken diskutieren, der für unsere Arbeit hier grundlegend ist. Es ist die Theorie der Löcher. Menschen sind unter normalen Umständen voll von dem, was wir „Löcher“ nennen. Was ist nun ein „Loch“? Ein Loch bezieht sich auf jeden Teil von euch, der verloren gegangen ist, das heißt jeden Teil von euch, dessen ihr euch nicht mehr bewußt seid. Was dann bleibt, ist ein Loch, in einem gewissen Sinn ein Mangel. Und das, dessen wir uns nicht mehr bewußt sind, ist natürlich unsere Essenz. Wenn wir unserer Essenz nicht bewußt sind, hört sie auf, sich zu manifestieren und ist verloren. Dann haben wir ein Gefühl von Mangel. Ein Loch ist also nichts anderes als die Abwesenheit eines bestimmten Teils unserer Essenz. Es kann der Verlust von Liebe, von Wert, der Verlust der Fähigkeit für Kontakt, Verlust von Stärke, von Willen, von Klarheit, von Lust, von irgendeiner dieser Qualitäten von Essenz sein. Es gibt viele solche Qualitäten. Wenn sie aber verloren sind, sind sie es nicht für immer; sie sind niemals für immer weg. Man ist einfach von ihnen abgeschnitten.

Nehmen wir zum Beispiel die Qualität von Wert, von Selbstwertgefühl. Wenn ihr von eurem Selbstwertgefühl abgeschnitten seid, dann ist der aktuelle Zustand des Abgeschnittenseins ein Gefühl, daß etwas ein Loch in euch zurückgelassen hat; da ist es leer. Dann hat man ein Gefühl von Mangel, ein Gefühl von Unterlegenheit, und man möchte es mit Wert von außen füllen – Anerkennung, Lob, was auch immer. Man versucht also, das Loch mit Scheinwert zu füllen, der von außen kommt.

Jeder Mensch läuft mit einer Menge Löcher herum, aber gewöhnlich ist man sich ihrer nicht bewußt. Gewöhnlich ist man sich bewußt, daß man etwas begehrt: „Ich möchte dies, ich möchte das. Ich möchte dieses Lob, ich möchte hier erfolgreich sein, ich möchte, daß dieser Mensch mich liebt, ich möchte diese oder jene Erfahrung.“ Die Existenz von Begierden und Bedürfnissen zeigt die Existenz von Löchern an.

Natürlich sind diese Löcher in eurer Kindheit, teilweise als Ergebnis von traumatischen Erfahrungen oder Konflikten mit eurer Umwelt, entstanden. Unter solchen Umständen wird man von einer dieser Qualitäten abgeschnitten. Vielleicht schätzten eure Eltern euch nicht wert, das heißt, sie behandelten euch so, als seien eure Wünsche oder eure Präsenz unwichtig. Sie handelten nicht so, daß euch das Wissen vermittelt wurde, daß ihr zählt. Sie ignorierten euren essentiellen Wert. Und weil euer Wert nicht gesehen oder anerkannt, vielleicht sogar angegriffen oder herabgesetzt wurde, wurdet ihr von dem Teil von euch abgeschnitten, und es blieb ein Loch, ein Mangel.

Später, wenn wir zu jemandem eine tiefe Beziehung haben – je tiefer sie ist, um so mehr geschieht das –, füllen wir diese Löcher mit dem anderen Menschen. Manche unserer Löcher werden mit dem gefüllt, wovon wir glauben oder fühlen, daß wir es vom anderen bekommen. Wir fühlen uns wertgeschätzt, weil dieser bestimmte Mensch uns schätzt, und das füllt unsere Löcher. Wir sind uns nicht bewußt, daß wir es mit seiner Wertschätzung füllen, wir fühlen uns einfach voll, wenn wir mit ihm zusammen sind; wir fühlen uns wertvoll. Wenn ich mit diesem Menschen zusammen bin, fühle ich also wirklich, daß ich wertvoll bin, aber unbewußt fühle oder weiß ich, daß der andere Mensch meinen Wert besitzt. Der andere bewirkt nicht nur, daß ich mich wertvoll fühle, sondern alles was er mir gibt, ist ein Teil von mir, ist Teil dieser Fülle, die ich erfahre.

Unbewußt sehe ich also den Teil des Menschen, der mich meinen Wert fühlen läßt, nicht als getrennt von mir. Ich sehe ihn als einen Teil von mir, als dieses Loch füllend. Ich weiß nicht, daß es ein Loch gibt, ich fühle nur die Fülle. Wenn der Mensch stirbt oder die Beziehung endet, fühle ich nicht, daß ich diesen Menschen verliere, ich habe das Gefühl, daß ich verliere, was das Loch gefüllt hat. Der Verlust des Menschen wird also nicht als ein Verlust einer getrennten Person empfunden. Er wird als ein Verlust von euch selbst erlebt, weil ihr unbewußt diesen Menschen als jemanden gesehen habt, der einen Teil von euch füllte. Auf diese Weise wurde er oder sie ein Teil von euch, so daß ihr den Verlust dieses Menschen als den Verlust von einem Teil von euch selbst erfahrt, und deshalb fühlt ihr da ein Loch. Deshalb ist es so schmerzhaft. Es fühlt sich an, als würdet ihr aufgeschnitten und etwas würde aus euch entfernt. Um das geht es bei der Wunde und dem Schmerz – dem Schmerz des Verlustes. Manchmal fühlt ihr euch so, als ob ihr euer Herz verloren hättet; manchmal habt ihr das Gefühl, daß ihr eure Sicherheit verloren habt, eure Stärke, euren Willen – je nach dem, welches Loch der andere Mensch für euch gefüllt hat. Manchmal vermittelt der andere euch Willen, gibt euch Stärke oder Unterstützung, oder Liebe oder Wert. Wenn ihr also einen Menschen verliert, der euch nahe war, fühlt ihr das Loch, was immer es war, das dieser Mensch gefüllt hat.

Das ist es, was Menschen meinen, wenn sie sagen: „Wir passen zueinander.“ Jeder paßt in die Löcher des anderen. Dies paßt in dieses Loch; jenes paßt in jenes Loch; sie fühlen sich wie eins. Sie scheinen nicht länger getrennt zu sein. Aber wenn man sie trennt, dann bleiben da eine Menge Löcher. Wenn diese zwei Menschen zusammenleben, dann fühlen sie sich voll und vollständig. Sie ergänzen sich, sie bilden ein Ganzes. Aber ein anderer Mensch füllt selten alle eure Löcher. Ihr habt verschiedene Menschen, verschiedene Aktivitäten in eurem Leben, aber sie füllen doch nicht all eure Löcher. Es werden ein paar Löcher übrig bleiben, die das Gefühl aufrecht erhalten, unbefriedigt zu sein. Und natürlich werden Löcher nicht vollständig und perfekt gefüllt. In dem Moment, in dem sich der andere Mensch ein bißchen verändert oder etwas sagt, das euch ein schlechtes Gefühl gibt, spürt ihr das Loch, den Mangel: „Oh, im Grunde glaubt er gar nicht, daß ich etwas wert bin.“ Ihr seid wütend und verletzt, weil das Loch bloßgestellt wird. Das Gefühl, unbefriedigt zu sein, bleibt also, weil der andere eure Löcher nicht immer vollkommen füllt, besonders wenn er möchte, daß ihr seine Löcher füllt.

S.: Wenn man Beziehungen verändert oder ein Mensch, der einem nahe steht, sich ändert, dann muß es auch eine Veränderung an den entsprechenden Löchern geben.

A.H.: Richtig. Wenn es irgendeine Veränderung gibt, dann verändern sich auch die Löcher. Manche Löcher werden leer, manche werden gefüllt. Der andere muß sich anpassen, man muß seine Löcher auf eine andere Weise füllen, und das bedeutet gewöhnlich, daß man mit einigen dieser Löcher anders umgehen muß – ihre Anwesenheit fühlen und sie vielleicht verstehen.

Wir können jetzt also eher verstehen, warum der Verlust von jemandem, der einem sehr nah, der sehr intim mit einem verbunden gewesen ist, so schmerzhaft ist. Nachdem man mit diesem Menschen lange Zeit zusammen gewesen ist, ist man so daran gewöhnt, zusammenzupassen, daß man glaubt, daß der andere ein Teil von einem selbst ist. Der Verlust dieses Menschen bedeutet einen Teil von sich selbst zu verlieren.

Hier kommt ein anderer Faktor ins Spiel: wenn ihr Verlust und Trennung erlebt, dann habt ihr die Möglichkeit zu erkennen, daß das, was euch gefüllt hat, nicht wirklich ihr selbst wart. Wenn ihr bei der Verletzung und dem Schmerz des Verlustes bleibt, ohne zu versuchen, diesen Schmerz mit etwas anderem zuzudecken, dann ist es möglich, daß ihr die Leere fühlt, das Loch fühlt und erkennt. Wenn ihr euch dann erlaubt, den Mangel, die Leere zu fühlen, dann kann es sein, daß ihr den essentiellen Teil von euch selbst findet, der das Loch wirklich füllt, von innen her und ein für alle Mal. Es ist nicht einmal ein Füllen; es ist einfach die Beseitigung des Loches, der Schluß der Identifikation mit dem Mangel. Auf diese Weise gewinnt ihr einen Teil von euch selbst zurück. Ihr kommt mit dem Teil eurer Essenz in Kontakt, den ihr verloren hattet, und von dem ihr dachtet, nur jemand anders könnte ihn euch verschaffen.

Das kann sehr schmerzhaft sein. Die meisten Menschen empfinden einen Verlust von Selbstwertgefühl, wenn eine Beziehung endet. Deshalb benutze ich gerade dieses besondere Beispiel des Selbstwertgefühls. Wenn ihr aber bei diesem Gefühl bleibt und aufmerksam seid und euch fragt: „Wieso fühle ich mich so wertlos, wieso fühle ich mich wie ein Nichts, nur weil dieser Mensch nicht mehr da ist? Warum habe ich das Gefühl, daß ich soviel weniger wert bin?“ Wenn ihr bei diesem Gefühl bleibt, ohne zu versuchen, es zu ersetzen, und nur aufmerksam seid und es zu verstehen versucht, dann werdet ihr den Mangel und das Loch erfahren. Wenn ihr diesen Mangel und seine Quelle versteht, dann könnt ihr euch vielleicht sogar an das bestimmte Ereignis oder das Muster von Ereignissen erinnern, das einmal zu eurem Verlust von Wert geführt hat.

Ein Loch wird gewöhnlich mit einem Teil unserer Persönlichkeit gefüllt, der die Erinnerung an das enthält, was verloren wurde: die Erinnerung an die Situation, die zu dem Verlust geführt hat, die Erinnerungen an die Verletzungen und Konflikte. Wir müssen durch die Verletzung auf der tiefsten Ebene hindurchgehen, an das Loch selbst nahe herankommen, und dann werden wir die Erinnerung an das sehen, was verloren wurde. Wenn wir die Erinnerung sehen, an das, was verloren wurde, dann wird die Essenz, die verloren wurde, wieder zu fließen beginnen.

Jeder tiefe Verlust ist also eine Gelegenheit zu wachsen, mehr von euch selbst zu verstehen, Löcher zu erfahren, von denen ihr glaubt, daß sie nur von jemand anders gefüllt werden können. Aber Menschen wehren sich gewöhnlich sehr dagegen, Verlust tief zu fühlen. Diese Abwehr hat vor allem den Sinn, zu vermeiden, das Loch zu fühlen. Man weiß nicht, daß das Loch, das Gefühl des Mangels, Symptom für den Verlust von etwas Tieferem ist, dem Verlust von Essenz, die wiedergewonnen werden kann. Man glaubt, auf der tiefsten Ebene wirklich das Loch, der Mangel zu sein, und daß es nichts darunter gibt. Man glaubt, etwas stimme nicht mit einem, daß mit einem grundsätzlich etwas nicht stimmt. Das Gefühl, daß etwas nicht stimmt, ist unbewußtes Wissen von der Präsenz des Loches, und man wird alles tun, um das Loch nicht zu fühlen, den Mangel wirklich nicht zu fühlen. Man glaubt, daß das Loch einen verschlingt, wenn man ihm nahe kommt. Wenn innere Arbeit einen zum Beispiel an das Loch von Liebe bringt, kann es sein, daß man sich von einer erschütternden Einsamkeit und Leere bedroht fühlt. Andere Löcher können das Gefühl drohender Vernichtung in den Vordergrund bringen. Kein Wunder, daß man ihnen nicht nahe kommen will! In unserer Arbeit hier aber haben wir etwas Überraschendes gesehen: Wenn wir aufhören, uns dagegen zu wehren, ein Loch zu fühlen, dann ist die wirkliche Erfahrung nicht schmerzhaft. Wir erfahren einfach leeren Raum, ein Gefühl, daß da nichts ist – aber nicht ein bedrohliches Nichts – sondern eine Weite, ein Zulassen. Diese Weite macht möglich, daß Essenz auftauchen kann, Essenz und nur Essenz kann das Loch, diesen Mangel von innen heraus beseitigen.

S.: Kann ein Loch sich als Wut manifestieren?

A.H.: Ja. Ihr könnt Wut als Wirkung des Mangels empfinden, besonders als Abwehr dagegen, ein Loch zu fühlen. Die meisten Gefühle, besonders die, die automatisch wie unter Zwang auftauchen, sind die Wirkung von Löchern. Wenn es keine Löcher gibt, gibt es auch keine solchen Emotionen. Welche sind diese Emotionen? Es gibt Trauer, es gibt Verletztheit, es gibt Eifersucht, Wut, Haß, Angst. Alle sind die Wirkung von Löchern. Wenn ihr keine Löcher habt, habt ihr keine dieser Emotionen. Dann habt ihr nur Essenz. Deshalb werden solche Emotionen auch manchmal Leidenschaften oder falsche Gefühle oder Pseudogefühle genannt.

Unsere ganze Gesellschaft ist daraufhin orientiert, uns zu lehren, daß wir unseren Wert von außen bekommen, um unsere Löcher zu füllen – daß wir Wert, Liebe, Stärke, usw., von außen bekommen. Wir sprechen davon, wie wunderbar es ist, etwas für andere Menschen zu tun oder sich zu verlieben oder einen sinnvollen Beruf zu haben – solche Dinge. Die Gesellschaft ist überhaupt so organisiert, daß Menschen gegenseitig ihre Löcher füllen. So ist die Zivilisation eingerichtet – um das Füllen von Löchern herum. Zivilisation, wie wir sie kennen, ist ein Produkt der falschen Persönlichkeit. Sie ist das Produkt der falschen Persönlichkeit und sie ist das Zuhause der falschen Persönlichkeit. Sie unterhält und nährt die falsche Persönlichkeit.

S.: Ist das immer schon so gewesen?

A.H.: Ich glaube nicht. Ich glaube, daß es schrittweise so geworden ist. Ich glaube, daß es eine gewisse Zeit gedauert hat, bis die falsche Persönlichkeit der Zivilisation so dominierend werden konnte. Je mechanischer wir werden, um so mehr geht es in der Kultur darum, Löcher zu füllen. Viele sagen, daß es in der Vergangenheit mehr Liebe und Präsenz gegeben hat, mehr Anerkennung der Realität, mehr Essenz, und daß die Menschen mit ihrer Essenz stärker in Kontakt waren, als sie es jetzt sind.

Habt ihr vom Goldenen Zeitalter gehört? Im Goldenen Zeitalter haben alle Menschen ihre Essenz erfahren, keine Löcher. Dann kam das Silberne Zeitalter, als Essenz abnahm und die Löcher in Erscheinung zu treten begannen; dann folgte das Bronzene Zeitalter. Jetzt sind wir im Eisernen Zeitalter. Es ist das dunkelste, schwerste. Eisen ist eigentlich nichts als Abwehr. Manchmal können wir die Qualität von Eisen in unserer eigenen Abwehr fühlen: die Härte, die Entschlossenheit, uns zu schützen. Das ist eine Weise, in der man die Gegenwart sehen kann – dominiert von der Abwehr von Löchern.

Uns selbst zu erlauben, die Löcher zu ertragen und durch sie hindurch auf die andere Seite zu gehen, ist jetzt schwieriger, weil alles in der Gesellschaft dagegen ist. Die Gesellschaft ist gegen Essenz. Jeder um euch herum, wo immer ihr hingeht, versucht Löcher zu füllen, und Menschen fühlen sich sehr bedroht, wenn ihr nicht versucht, eure eigenen auf die gleiche Weise zu füllen wie sie. Wenn jemand nicht versucht, seine Löcher zu füllen, dann läßt das andere Menschen oft ihre eigenen Löcher fühlen. Also wird es immer schwerer, die innere Arbeit zu tun. Und zugleich wird die innere Arbeit auch immer notwendiger.

Deshalb ist es so wichtig eine Gruppe wie diese zu haben, wo es eine Gemeinschaft von Menschen gibt, die sich derselben Aufgabe widmen: sich selbst zu verstehen. Ihr habt die Unterstützung vieler Menschen, die sich selbst erlauben, die Löcher zu fühlen, anstatt sie zu füllen. Es ist sehr schwierig, fast unmöglich, das allein zu tun, weil alles in der Umwelt dagegen ist.

S.: Du hast etwas über den Zusammenhang zwischen Löchern und Emotionen gesagt und daß Essenz keine Emotionen hat. Das verstehe ich nicht.

A.H.: Wenn ihr eure Gefühle versteht, dann gelangt ihr zu eurer Essenz. Aber das bedeutet nicht, daß eure Gefühle eure Essenz sind.

S.: Heißt das, daß ich, wenn ich meine Essenz bin, wenn ich dauernd meine Essenz bin, daß ich dann nichts fühle?

A.H.: Nein, das heißt es nicht. Es gibt wirkliche Gefühle und es gibt Pseudogefühle. Die Pseudogefühle sind Versuche, das Loch zu füllen, das aus der Abwesenheit wirklicher Gefühle besteht.

S.: Das heißt dann, daß das, was in dem Loch ist, ein falsches Gefühl ist?

A.H.: Ja. Wenn ihr zum Beispiel euren Wert verliert, wenn ihr an irgendeinem Punkt im Laufe eures Lebens von ihm abgeschnitten werdet, dann bleibt da ein Loch zurück. Das Loch wird als ein Gefühl von Unterlegenheit erfahren oder als ein Mangel an Selbstwertgefühl. Aber das ist nicht ein wirkliches Gefühl. Es ist die Abwesenheit des wirklichen Gefühls von Wert oder des wirklichen Gefühls von Selbstwert.

Unterlegenheit wird dann durch den Versuch überdeckt, sich überlegen zu fühlen, die Unterlegenheit abzuwehren. Manchmal fühlt ihr euch dann allen überlegen. Aber das ist auch kein wirkliches Gefühl; es ist der Versuch, ein anderes Pseudogefühl zu verbergen. Und wenn dann jemand etwas tut oder sagt und ihr euch unterlegen fühlt, dann werdet ihr auf ihn wütend. Stimmts? Das ist wieder ein Pseudogefühl. Und alle diese Pseudogefühle kommen auf, weil ihr nicht mit dem wirklichen Gefühl wirklichen Wertes in Kontakt seid. Es sind Kompensationen. Alle diese Schichten von Pseudogefühlen sind die Folge davon, daß ihr von eurem wirklichen Wert abgeschnitten seid. Sie sind insofern wirklich, als ihr sie fühlt. Aber insofern sie eine Folge des Verlustes von dem sind, was wirklich ist, sind sie nicht wirklich. Das ist eine wichtige Unterscheidung. Wenn ihr von einem wirklichen Gefühl abgeschnitten seid, versucht etwas anderes seinen Platz einzunehmen: die Emotionen. Wenn ihr diese Emotionen fühlt, könnt ihr dadurch also zu einem Verstehen gelangen; ihr könnt dahin gelangen, daß ihr seht, was ihr verloren habt und es erfahren. Wenn ihr das wirkliche Gefühl von wirklichem Wert erfahrt, dann werdet ihr sehen, daß es sich sehr von den Pseudogefühlen unterscheidet, die den Verlust verdeckten und schützten. Emotionen sind Reaktionen, während essentielle Zustände, wie Selbstwertgefühl, Zustände des Seins sind. Sie sind keine Reaktionen.

S.: Wenn man also diese Pseudogefühle, diese Emotionen hat, was ist letztlich darunter? Was ist die Essenz?

A.H.: Was in diesem Fall auf dem Grund von Unterlegenheit, Überlegenheit, Wut und Verletztheit ist, ist der wirkliche Wert selbst, der ein bestimmter Aspekt von Essenz ist. Habt ihr Plato gelesen? Erinnert ihr euch an die Platonischen Ideen oder die Platonischen Formen? Sokrates hat gesagt, daß niemand einen je die Formen lehren kann. Die einzige Möglichkeit, von ihnen zu wissen, besteht darin, sich an sie zu erinnern, weil man sie verloren und eine Erinnerung an sie hat, obwohl man sich dessen vielleicht nicht bewußt ist. Dadurch daß man die Erinnerung wiedererlangt, gelangt man zur Idee. Und wohin man zurückkehrt, das sind nicht Emotionen: man kommt zu seiner Essenz zurück. Essenz ist etwas so Reales wie euer Blut. Sie ist keine Reaktion. Aber wir brauchen Emotionen. Wir müssen uns unserer Emotionen bewußt werden, damit wir unsere Essenz verstehen und erkennen; Emotionen sind ein Führer und zeigen dahin, wo Essenz verloren wurde. Verstehen der Emotionen kann dabei helfen, die Knoten der Abwehrmechanismen zu lösen, mit denen wir die Erfahrung der Löcher vermeiden, und die unsere Trennung von Essenz aufrechterhalten. Manche Menschen jedoch sind nicht einmal mit ihren Emotionen in Kontakt. Sie sind nicht nur von ihrer Essenz, sondern auch von ihren Emotionen abgeschnitten. Sie sind sehr weit von sich selbst entfernt. Sie haben nur ihre Gedanken, die die Ergebnisse der Emotionen sind.

Auf folgende Weise können wir also uns selbst verlieren und dahin gelangen, uns dann hauptsächlich mit unseren Gedanken zu identifizieren: Erst ist da die Essenz, dann der Verlust der Essenz, dann die daraus resultierenden Emotionen, dann der Verlust der Emotionen oder der Konflikt um sie, der alle möglichen Arten von Gedanken entstehen läßt.

Die meisten Menschen fragen sich, wenn man keine Emotionen fühlt, was fühlt man dann? Je mehr ihr Essenz fühlt, um so weniger fühlt ihr Emotionen. Ihr werdet noch Empfindungen haben, und sie werden tiefer und stärker sein; aber wenn ihr Essenz fühlt, werden eure Emotionen nicht tiefer und stärker sein. Eine Emotion ist nur eine Reaktion der Nervensystems. Essenz ist nicht eine Reaktion des Nervensystems. Da ist etwas da, das euch füllt. Ein Teil von euch ist präsent. Manche nennen die essentiellen Aspekte die „wirklichen Gefühle“. Aber was man gewöhnlich Gefühle oder Emotionen nennt, ist nicht Essenz. Liebe, Frieden, Wert, Stärke und Wille sind Aspekte von Essenz. Das ist die Art von Ding, die ihr erfahrt. Sie sind Essenz. Anstatt Wut zu erfahren, erfahrt ihr Stärke, ruhige Stärke; anstatt sich überlegen oder unterlegen zu fühlen, erfahrt ihr Wert; ihr erfahrt euch selbst als eine abgerundete Präsenz, die voll und stark ist.

S.: Die Arbeit selbst füllt eine Menge meiner Löcher aus, und zwischen den Zeiten, die wir hier arbeiten, fange ich an, Panik zu fühlen. Ich glaube, das Gefühl der Fülle, das ich mit der inneren Arbeit habe, ist qualitativ davon verschieden, wenn ich mich mit einem anderen Menschen fülle. Auch gibt mir die Arbeit, die ich hier tue, die Sicherheit, die Leere zu fühlen. Oft kommt das Gefühl der Fülle, das ich von der inneren Arbeit habe, gleich nachdem du mir geholfen hast, mich sicher genug zu fühlen, daß ich das Loch fühlen kann.

A.H.: Ja. Die Situation der inneren Arbeit hier ist ein wenig komplizierter als normale Situationen. Was ihr in der Außenwelt tut, könnt ihr auch mit der inneren Arbeit tun. Menschen versuchen tatsächlich, ihre Löcher damit zu füllen, daß sie hier sind. Aber da gibt es auch die andere Seite, die darin besteht, daß die innere Arbeit selbst darauf ausgerichtet ist, die Mängel, die Löcher zu erfahren, und nicht nur die Fülle.

Die zwei Prozesse gehen hier zusammen, Hand in Hand. Zwischen den Zeiten, zu denen wir uns hier treffen, fühlt ihr, daß ihr diese Fülle wieder verliert. Gut, wenn die Fülle daher kam, daß ihr die innere Arbeit dazu benutzt habt, das Loch auf die übliche Weise zu füllen, dann könnt ihr ihren Verlust genau wie den Verlust von irgendetwas anderem nutzen und erkennen, was ihr verloren habt und versuchen, das Loch zu erfahren, um es zu verstehen.

Menschen benutzen hier oft die innere Arbeit, um ein bestimmtes Loch zu füllen, einen bestimmten Mangel auszugleichen. Man fühlt vielleicht: „Ich bin in einer Gruppe von intelligenten, aufrichtigen Leuten, die die Wahrheit suchen; ich muß wunderbar sein.“ Später gehen natürlich alle nachhause. Dann fühlt man: „Vielleicht bin ich eigentlich gar nicht so wunderbar.“ Laßt euch dann dieses Loch erfahren, um es zu verstehen. Zu anderen Zeiten jedoch können andere Prozesse in der Arbeit der Gruppe euch dahin führen, daß ihr euch voll fühlt: die allgemeine Präsenz einer bestimmten wirklichen Fülle, die euch mit eurer eigenen Fülle in Kontakt bringt. Dann nach einer Woche, wenn ihr noch nicht so tief damit in Kontakt seid, werdet ihr euch ihrer bewußt und stellt sie in Frage. Das ist ein anderer Prozeß. Vielleicht habt ihr euch voll gefühlt, ohne zu verstehen, was geschah, oder es gibt andere Themen, die freigelegt und durchgearbeitet werden müssen, damit ihr die Fülle behalten könnt.

Aber die Fülle der inneren Arbeit ist nicht dieselbe wie die Fülle, die Menschen erfahren, wenn sie ihre Löcher füllen. Die Erfahrung, die man hat, wenn man ein Loch füllt, wird gewöhnlich nicht wirklich als Fülle erfahren. Ihr erfahrt keine Fülle, wenn jemand eure Löcher füllt. Es fühlt sich immer wacklig und nicht wirklich befriedigend an. Es fühlt sich wie eine vorübergehende Erleichterung an. Da ist ein Gefühl von Gier, von Festhalten; ihr möchtet nicht, daß der andere weggeht. Ihr möchtet nicht, daß er seine Art ändert, wie er sich euch gegenüber verhält. Auf einer tiefen Ebene ist es in Wirklichkeit eine Blockierung, nicht Offenheit. Die Fülle der inneren Arbeit hingegen ist die Abwesenheit von Blockierung.

Manchmal kommen bei dieser Arbeit eine Menge Löcher auf einmal ans Licht. Es kann also ein bißchen verwirrend sein. Stimmts? Gewöhnlich werden am Anfang, wenn jemand zum erstenmal zur inneren Arbeit in die Gruppe kommt, viele Löcher auf einmal erfahren. Der Zweck der Arbeit ist, die Löcher freizulegen und den Menschen aus seinem Inneren heraus mit diesen Löchern umgehen zu lassen. Wir versuchen nicht, Löcher von außen zu füllen.

Wir könnten hier leicht alles mögliche tun, um Leuten wunderbare Erfahrungen zu vermitteln. Wir könnten Meditationen und bestimmte Übungen veranstalten, und alle könnten wunderbare Dinge fühlen. Die würden aber nicht bleiben, bevor man nicht wirklich mit seinen Mängeln, seinen Löchern konfrontiert wird und durch sie hindurchgeht. Es ist kein einfacher und auch kein kurzer oder leichter Prozeß. Es braucht Zeit und eine Menge Anstrengung. Ein Loch zu erfahren und nicht aus dem Mangel heraus zu handeln, ist wegen des mächtigen Triebs, es zu füllen, sehr schwer. Manchmal habt ihr das Gefühl, als ginge es um Leben und Tod.

S.: Als ich heute morgen draußen frühstückte, habe ich gemerkt, was für ein großes Loch die Kellnerin füllte.

A.H.: Ja. Viele Menschen verdienen ihren Lebensunterhalt damit, daß sie die Löcher anderer Menschen füllen. Viele Berufe sind dazu da, die Löcher von Menschen zu füllen. Ich habe keine moralistische Haltung gegenüber dem Füllen von Löchern. Ich denke nicht, daß es eine Sünde oder daß es schlecht ist. Ich denke nicht, daß man sich deswegen schuldig fühlen oder sich bestrafen sollte, weil man Löcher füllt. Manchmal füllt man seine eigenen Löcher, manchmal die anderer Menschen. So what? Wir sprechen hier über das Verstehen der Dinge. Ich baue keine Religion um Löcher. „Du sollst nicht deine Löcher füllen!“ Ihr könnt alles, was ihr tut, im Hinblick auf die innere Arbeit betrachten, im Hinblick auf Löcher oder das Füllen von Löchern. Ihr werdet sehen, daß ihr dauernd entweder ein Loch füllt oder ein Loch duldet, oder ihr erfahrt das Wirkliche, das verloren war. Das passiert dauernd, in jedem Augenblick. Bei dieser Arbeit werden die Löcher, mit denen ihr zu tun habt, immer größer.

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