Kitabı oku: «Umwandlungsgesetz», sayfa 45
3. Barabfindungsangebot für den Fall des Ausscheidens (§ 29 Abs 1 S 3)
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Ist aufgrund der Rechtsform des übernehmenden Rechtsträgers ein Erwerb der eigenen Anteile ausgeschlossen (zB PersGes, PartGes, eV), ist das Angebot auf Zahlung einer angemessenen Barabfindung für den Fall zu machen, dass ein widersprechender Anteilsinhaber aus dem übernehmenden Rechtsträger ausscheidet (§ 29 Abs 1 S 3).
4. Form des Barabfindungsangebots (§ 29 Abs 1 S 4)
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In den Fällen, in denen der Verschmelzungsvertrag oder sein Entwurf als Gegenstand der Beschlussfassung bekannt zu machen ist, muss die Bekanntmachung den Wortlaut des Barabfindungsangebots enthalten (§ 29 Abs 1 S 4). Insbes die Höhe der Abfindung muss im Wortlaut enthalten sein (Schmitt/Hörtnagel/Stratz § 29 Rn 21). Die Frist richtet sich nach den jeweiligen rechtlichen Vorgaben, die für die Bekanntmachung einer Versammlung der Anteilsinhaber gelten.
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Eine Bekanntmachung der Versammlung der Anteilinhaber ist gesetzlich bei der AG und KGaA in §§ 124, Abs 2 S 2, 278 Abs 3 AktG und für den VVaG in § 36 VAG vorgeschrieben. Soll über einen Verschmelzungsvertrag beschlossen werden, ist dem an die Anteilsinhaber zu versendenden Verschmelzungsvertrag bzw seinem Entwurf das wörtliche Angebot der Barabfindung hinzuzufügen. Für die GmbH und PersHandelsGes ergibt sich die gleiche Rechtsfolge aus der Anordnung der Bekanntmachung in §§ 42, 47 (Winter/Grunewald in Lutter, § 29 Rn 20; Vollrath in Widmann/Mayer, § 29 Rn 27). Bei anderen übertragenden Rechtsträgern liegen mangels gesetzlicher Anordnung die Voraussetzungen des § 29 Abs 1 S 4 nur vor, wenn Satzung, Gesellschaftsvertrag oder eine sonstige rechtsgeschäftliche Vereinbarung die Bekanntmachung des Verschmelzungsvertrags oder seines Entwurfes als Gegenstand der Beschlussfassung vorschreiben.
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§ 32 schließt eine Klage des Anteilsinhabers gegen den Verschmelzungsbeschluss unter Berufung auf mangelhafte Bekanntmachung des Angebots aus (vgl § 32 Rn 1).
5. Kosten der Übertragung (§ 29 Abs 1 S 5)
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Die Kosten für den Erwerb der Anteile hat der übernehmende Rechtsträger zu tragen (Vertragskosten, Notar, Eintragungskosten). Sonstige Kosten, die dem ausscheidenden Anteilsinhaber im Zusammenhang mit dem Austritt entstehen, hat der Anteilsinhaber selbst zu tragen (zB Rechtsanwalt, Steuerberater). Der übernehmende Rechtsträger kann diese Kosten durch nachträgliche Individualvereinbarung übernehmen (vgl § 1 Abs 3 S 2). Eine entspr Modifikation des Barabfindungsangebots ist unzulässig (vgl § 1 Abs 3 S 1). Etwaige Kosten für das Ausscheiden iSd § 29 Abs 1 S 3 hat der übernehmende Rechtsträger zu übernehmen (§ 29 Abs 1 S 4).
VII. Einberufungsmängel gem § 29 Abs 2
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Voraussetzung für einen Anspruch auf Barabfindung ist, dass der Anteilsinhaber in der Versammlung, in der der Verschmelzungsbeschluss gefasst wird, seinen Widerspruch zur Niederschrift erklärt. Kann der Anteilsinhaber weder selbst noch durch einen Vertreter anwesend sein und widersprechen, hat er keinen Abfindungsanspruch (vgl Rn 20 ff).
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Davon abw enthält § 29 Abs 2 drei Fälle, in denen der Anteilsinhaber aufgrund von dem übertragenden Rechtsträger zurechenbaren Einberufungsmängel nicht an der Versammlung teilnehmen konnte, in der der Verschmelzungsbeschluss gefasst wurde und Widerspruch hätte erklärt werden müssen:
– | der Anteilsinhaber oder sein Vertreter ist zu Unrecht nicht zur Versammlung zugelassen worden; |
– | keine ordnungsgemäße Einberufung der Versammlung; |
– | der Gegenstand der Beschlussfassung wurde nicht ordnungsgemäß bekannt gemacht. |
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Allg soll nach dem Rechtsgedanken des § 29 Abs 2 ein Widerspruch in allen Fällen entbehrlich sein, in denen der Anteilsinhaber aufgrund eines ihm nicht zurechenbaren Verfahrensmangels sein Widerspruchsrecht nicht ausüben konnte, zB aufgrund fehlender Information über die Erforderlichkeit des Widerspruchs in der Versammlung, in der die Verschmelzung beschlossen wurde, oder mangelhafter Information über die Möglichkeit der Aufgabe der Anteile an sich nach der Verschmelzung oder frühzeitiges Entfernen des Notars bzw Protokollführers vor der Aufnahme aller Widersprüche zur Niederschrift bzw überhaupt kein Notar anwesend (Winter/Grunewald in Lutter, § 29 Rn 10; Schmitt/Hörtnagl/Stratz § 29 Rn 17, vgl auch BGHZ 146, 179). Für die Voraussetzungen des § 29 Abs 2 trägt der Anteilsinhaber nach allg Voraussetzungen die Darlegungs- und Beweislast.
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Auf ein Verschulden des Anteilsinhabers kommt es mangels entspr Anhaltspunkte im Gesetz nicht an. Soweit der Anteilsinhaber trotz nicht ordnungsgemäßer Bekanntmachung oder Einberufung an der Versammlung hätte teilnehmen können oder sogar teilnimmt, waren die Einberufungsmängel nicht kausal für den fehlenden Widerspruch, so dass kein Anspruch auf eine Barabfindung gem § 29 Abs 2 besteht.
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Soweit ein Anteilsinhaber nicht widersprochen hat, muss er sich bei der Annahme des Barabfindungsangebots gem § 31 oder bei einem Antrag auf Überprüfung der Barabfindung im Spruchverfahren nach § 34 auf einen Fall des § 29 Abs 2 berufen können.
§ 30 Inhalt des Anspruchs auf Barabfindung und Prüfung der Barabfindung
(1) 1Die Barabfindung muss die Verhältnisse des übertragenden Rechtsträgers im Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Verschmelzung berücksichtigen. 2§ 15 Abs. 2 ist auf die Barabfindung entsprechend anzuwenden.
(2) 1Die Angemessenheit einer anzubietenden Barabfindung ist stets durch Verschmelzungsprüfer zu prüfen. 2Die §§ 10 bis 12 sind entsprechend anzuwenden. 3Die Berechtigten können auf die Prüfung oder den Prüfungsbericht verzichten; die Verzichtserklärungen sind notariell zu beurkunden.
Kommentierung
I.Inhalt und Zweck der Vorschrift1 – 5
II.Verhältnis zu anderen Regelungen6 – 9
III.Angemessene Höhe des Barabfindungsangebots (§ 30 Abs 1)10 – 23
1.Inhaltsbestimmung (§ 30 Abs 1 S 1)10 – 19
a)Geldleistungsanspruch10
b)Angemessene Höhe11
c)Bewertungsmethode12 – 15
d)Verhältnisse des übertragende Rechtsträgers16, 17
e)Bewertungsstichtag18, 19
2.Verzinsung und weiterer Schadensersatz (§ 30 Abs 1 S 2)20 – 23
a)Verzinsung21, 22
b)Schadensersatz23
IV.Überprüfung des Barabfindungsangebots (§ 30 Abs 2)24 – 30
1.Überprüfung durch Verschmelzungsprüfer (§ 30 Abs 2 S 1, 2)24 – 29
2.Verzicht auf die Prüfung (§ 30 Abs 2 S 3)30
Ausgewählte Entscheidungen:
BVerfGE 100, 284; BGHZ 147, 108; 146, 179; BGH ZIP 2001, 199; ZIP 2001, 412.
Literatur:
Kiem Die Ermittlung der Verschmelzungswertrelation bei der grenzüberschreitenden Verschmelzung, ZGR 2007, 542; Oechsler Die Zulässigkeit grenzüberschreitender Verschmelzungen – Die Sevic-Entscheidung des EuGH, NJW 2006, 812; Reuter Gesellschaftsrechtliche Fragen der Unternehmensbewertung mit internationalen Bezügen, AG 2007, 881.
I. Inhalt und Zweck der Vorschrift
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§ 30 Abs 1 bestimmt den Inhalt des angemessenen Barabfindungsangebots iSd § 29 Abs 1. Da § 29 Abs 1 einen Geldanspruch als Leistungsinhalt vorschreibt, ist die Höhe der Barabfindung entscheidend für die Angemessenheit. Zweck des § 30 Abs 1 ist, die gesetzlichen Vorgaben für die Bestimmung der Höhe der Barabfindung zu machen. § 30 Abs 1 S 1 schreibt keine konkrete Berechnung vor, sondern benennt als Maßstab die Verhältnisse des übertragenden Rechtsträgers im Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Verschmelzung (Rn 10 ff). § 30 Abs 1 S 2 ordnet durch Verweis auf § 15 Abs 2 die gesetzliche Verzinsung des Barabfindungsanspruchs an und stellt klar, dass der Anspruch auf Verzinsung weitergehende Schadensersatzansprüche unberührt lässt (Rn 20).
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Da schon der Begriff der Angemessenheit ein unbestimmter Rechtsbegriff ist, und eine Vielzahl denkbarer Umwandlungsvorgänge den Anspruch auf Barabfindung auslösen können (vgl Vorb zu §§ 29–34 Rn 3 ff), belässt es das Gesetz bei der Festlegung eines zwingenden Zeitpunktes für die Bewertung (Rn 18 f). § 30 Abs 1 S 1 enthält mit den „Verhältnissen des übertragenden Rechtsträgers“ einen weiteren unbestimmten Rechtsbegriff (Zeidler in Semler/Stengel, § 30 Rn 4), der im Rahmen des § 34 gerichtlich voll überprüfbar ist. Dadurch hat das Gericht im Spruchverfahren den notwendigen Ermessensspielraum, um im konkreten Einzelfall den aus seiner Sicht korrekten Wert zu bestimmen (§ 34 Rn 10). Für die Konkretisierung ist der „wahre“ Vermögens- und Ertragswert des übertragenden Rechtsträgers maßgeblich (Rn 12 ff). Für die Auslegung kann ergänzend auf die von Rspr und Lit entwickelten Grundsätze zu § 305 Abs 3 S 2, § 320b Abs 1 AktG zurückgegriffen werden.
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Gem § 30 Abs 2 S 1 ist stets eine Prüfung der Angemessenheit der Barabfindung durch einen Verschmelzungsprüfer durchzuführen, auch wenn IÜ keine Prüfung der Verschmelzung vorgeschrieben ist (§ 9). Für die Bestellung und die Erstellung des Prüfberichts gelten gem § 30 Abs 2 S 2 die Vorschriften für die Verschmelzungsprüfung (§§ 10, 12) entspr (Rn 24 ff). Da der Barabfindungsanspruch und somit auch die gesetzliche Überprüfung seiner Angemessenheit dem Schutz der Anteilsinhaber dient, können diese gem § 30 Abs 2 S 3 auf die Prüfung oder die Erstellung eines Prüfungsbericht durch notariell beurkundete Erklärung verzichten (Rn 30). Die bes Form der Verzichtserklärung dient dem Schutz der Anteilsinhaber und der Rechtssicherheit.
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§ 30 Abs 1 S 2 ergänzt die Bestimmung der Höhe des Geldleistungsanspruchs durch einen Verweis auf § 15 Abs 2, der eine eigene gesetzliche Verzinsung für die Barabfindung schafft sowie klarstellt, dass die Verzinsung weitergehende Schadensersatzansprüche nicht berührt.
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Aus dem Schutzzweck der Vorschrift folgt, dass § 30 als Maßstab für die Höhe der Barabfindung zwingend anzuwenden ist (§ 1 Abs 3).
II. Verhältnis zu anderen Regelungen
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Die Rechtsfolge des § 30, dh die Bestimmung der angemessenen Höhe der Barabfindung sowie deren Überprüfung durch einen Verschmelzungsprüfer, wird ausgelöst, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen für ein Barabfindungsangebot gem § 29 erfüllt sind.
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Rechtsschutz durch gerichtliche Überprüfung des Barabfindungsangebots gewährt das Spruchverfahren gem § 34. Mit der vorbehaltlosen Annahme des Barabfindungsangebots erlischt allerdings die Antragsberechtigung (§ 34 Rn 9). Der Verzicht iSd § 30 Abs 2 führt dagegen nicht zum Verlust der Antragsberechtigung.
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§ 30 Abs 1 S 2 verweist zur Verzinsung des Barabfindungsanspruchs auf § 15 Abs 2. § 15 Abs 2 ist keine eigene Anspruchsgrundlage für Schadensersatz, sondern stellt nur klar, dass ein über die Verzinsung hinausgehender Schadensersatzanspruch aus anderen Anspruchsgrundlagen möglich bleibt (zB Verzugsschaden). Die Regelung entspricht § 305 Abs 3 S 3 bzw § 320b Abs 1 AktG.
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Problematisch ist die Unternehmensbewertung und die Bestimmung eines etwaigen Barabfindungsanspruchs bei Verschmelzungen von Rechtsträgern unterschiedlicher Rechtsordnungen (vgl § 122c Rn 16 ff; Kiem ZGR 2007, 542; Reuter AG 2007, 881, 884 ff; Oechsler NJW 2006, 812 813 f).
III. Angemessene Höhe des Barabfindungsangebots (§ 30 Abs 1)
1. Inhaltsbestimmung (§ 30 Abs 1 S 1)
a) Geldleistungsanspruch
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Da der übernehmende Rechtsträger nach § 29 Abs 1 S 1 eine Barabfindung anbieten muss, ist Inhalt des Anspruchs eine Geldleistung. Der übernehmende Rechtsträger kann jedoch auch anders als durch Geldzahlung erfüllen, wenn der betreffende Anteilsinhaber gem § 364 BGB eine andere Leistung an Erfüllungs statt annimmt. Das Barabfindungsangebot kann idS zu ergänzen sein; zum Schutz der Anteilsinhaber muss aber hinreichend deutlich werden, dass die Anteilsinhaber frei wählen können.
b) Angemessene Höhe
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Die Höhe der Barabfindung ist angemessen, wenn der Anteilsinhaber einen vollwertigen Ersatz für den Wert seiner Anteile am übertragenden Rechtsträger erhält. Verfassungsrechtlich schützt Art 14 Abs 1 GG den Vermögenswert, der mit der Rechtsposition des Anteilsinhabers verknüpft ist. Die „Entziehung“ dieser Rechtsposition gegen den Willen des Berechtigten aufgrund des Mehrheitsbeschlusses der Anteilsinhaber für die Verschmelzung ist daher nur gerechtfertigt, wenn zumindest die Realisierung des Vermögenswerts garantiert ist (BVerfGE 14, 263; 100, 284). Um den verfassungsrechtlich geschützten Vermögenswert im Zeitpunkt der „Entziehung“ der Anteile am übertragenden Rechtsträgers zu realisieren, muss die Barabfindung die anteilige Ertrags- und Vermögenslage, dh den wahren, zutreffenden Wert eines Anteils in diesem Zeitpunkt widerspiegeln.
c) Bewertungsmethode
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Das Gesetz schreibt keine bes Berechnungsmethode für die Wertermittlung vor. Es gelten die gleichen Grundsätze wie für die Bestimmung des Umtauschverhältnisses zwischen den Anteilen am übertragenden und dem übernehmenden Rechtsträger (§ 5 Abs 1 Nr 2). Die Grundsätze ordnungsgemäßer Unternehmensbewertung sind anzuwenden (Müller in Kallmeyer, § 30 Rn 5).
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Die für die Barabfindung zu wählende Bewertungsmethode muss jedenfalls das verfassungsrechtlich geforderte Ergebnis leisten (vgl Rn 11); dh neben der aktuellen Substanz des Unternehmens sind auch Entwicklungen zu berücksichtigen, die sich auf die zukünftige Ertragssituation auswirken, soweit sie bereits hinreichend in der aktuellen Geschäftslage konkretisiert sind. Insbes sind Auswirkungen schwebender Geschäfte mit zu berücksichtigen. In diesem Zusammenhang verwenden Rspr und Lit das Stichwort „Wurzeltheorie“ (Schmitt/Hörtnagl/Stratz § 30 Rn 11, Vollrath in Widmann/Mayer, § 30 Rn 8). Dies gilt auch, soweit es um die geschäftlichen Beziehung zum übernehmenden Rechtsträger ohne Berücksichtigung der Verschmelzungseffekte geht (vgl Rn 16).
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Regelmäßig richtet sich die Bewertungsmethode auf die Ermittlung des Ertragswerts als den Wert, der bei einer möglichst vorteilhaften Veräußerung des Unternehmens als Ganzem erzielt würde (Müller in Kallmeyer, § 30 Rn 5; Vollrath in Widmann/Mayer, § 30 Rn 23); die Untergrenze ist der Liquidationswert, als Summe der liquidierbaren Unternehmenssubstanz ohne die Wertbeeinflussung durch die Fortführung des Unternehmens als Einheit (Vollrath in Widmann/Mayer, § 30 Rn 22).
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Bei einer börsennotierten AG bemisst sich die anteilige Ertrags- und Vermögenslage grds an einem zeitnahen, durchschnittlichen Börsenkurs; dieser darf regelmäßig nicht bei der Bemessung der Barabfindung von Minderheitsaktionären unterschritten werden (BVerfGE 100, 284; BGHZ 147, 108).
d) Verhältnisse des übertragende Rechtsträgers
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Maßgebend sind nur die Verhältnisse des übertragenden Rechtsträgers. Die Verhältnisse des übernehmenden Rechtsträgers bleiben unberücksichtigt; dh der übertragende Rechtsträger ist ohne die Verschmelzungseffekte zu bewerten. Für die Bewertung ist zu unterstellen, dass der übertragende Rechtsträger ohne die Verschmelzung fortgeführt wird (hM Zeidler in Semler/Stengel, § 30 Rn 16; Müller in Kallmeyer, § 30 Rn 8). Davon zu unterscheiden sind die vor der Verschmelzung bereits existierenden Geschäftsverhältnisse und Verflechtungen zwischen beiden an der Verschmelzung beteiligten Rechtsträgern; sie fließen in die Bewertung ein, selbst wenn sie bereits die strategische Entsch für eine Verschmelzung beinhalteten.
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Ebenfalls unberücksichtigt bleiben die Verhältnisse der Anteilsinhaber (OLG Düsseldorf ZIP 1990, 1474); insbes ist eine individuelle Berücksichtigung der Verhältnisse bei einzelnen Anlegern wie zB steuerliche Rechtsfolgen unzulässig (Schmitt/Hörtnagl/Stratz § 30 Rn 4). Der einzelne Anteilinhaber ist nur in Höhe des objektiven Wertes des jeweiligen Anteils zu entschädigen; eine unterschiedlich hohe Barabfindung aufgrund der subjektiven Vermögenslage ist ausgeschlossen (Vollrath in Widmann/Mayer, § 30 Rn 6); ein über den abzufindenden Anteilswert hinausgehender individueller Vermögensverlust kann zB als Schadensersatz aufgrund der Verschmelzung gem §§ 25 ff geltend gemacht werden.
e) Bewertungsstichtag
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Die Höhe der Barabfindung hat die Verhältnisse im Zeitpunkt des Verschmelzungsbeschlusses zu berücksichtigen. Bewertungsstichtag für die Ermittlung der Ertrags- und Vermögenslage des übertragenden Rechtsträgers ist der faktische Zeitpunkt der „Entziehung“ durch den Mehrheitsbeschluss für die Verschmelzung; danach ist für die Vermögens- und Ertragslage des übertragenden Rechtsträger bereits die Verschmelzungsperspektive maßgeblich.
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Im Gegensatz zum Bewertungsstichtag für das Umtauschverhältnis ist der Bewertungsstichtag für die Barabfindung zwingend und unterliegt nicht der im Verschmelzungsvertrag getroffenen Vereinbarung. Für die Barabfindung ist der Bewertungsstichtag zwingend, da die überstimmte Minderheit der Anteilsinhaber gerade nicht mehr Einfluss nehmen kann. Wird ein anderer (früherer) Bewertungsstichtag für die Bestimmung des Umtauschverhältnisses gewählt, kann dieser Wert regelmäßig als Ausgangspunkt für eine Fortschreibung verwendet werden (Zeidler in Semler/Stengel, § 30 Rn 19; Schmitt/Hörtnagl/Stratz § 30 Rn 19; Müller in Kallmeyer, § 30 Rn 11).
2. Verzinsung und weiterer Schadensersatz (§ 30 Abs 1 S 2)
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Durch den Verweis in § 30 Abs 1 S 2 findet die gesetzliche Verzinsung gem § 15 Abs 2 S 1 auf den Barabfindungsanspruch Anwendung; außerdem stellt der Verweis auf § 15 Abs 2 S 2 klar, dass neben dem Barabfindungsanspruch die Geltendmachung von weiterreichenden Schadensersatzansprüchen nicht ausgeschlossen ist.
a) Verzinsung
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Der Barabfindungsanspruch ist mit jährlich fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gem § 247 BGB zu verzinsen (§ 30 Abs 1 S 2 iVm § 15 Abs 2 S 1). Der Zinslauf beginnt mit Ablauf des Tages der Bekanntmachung der Eintragung der Verschmelzung in das Register des übernehmenden Rechtsträgers (vgl zur Bekanntmachung § 19 Abs 3). Zwischen der Entstehung des Anspruchs durch Annahme (vgl § 31) und Beginn des Zinslaufs kann daher eine Lücke bestehen. Diese Rechtsfolge ist zweifelhaft, da der Zweck der Verzinsung, einen Wertverlust zwischen Entstehung und Auszahlung der Barabfindung zu mildern, verfehlt wird (Müller in Kallmeyer, § 30 Rn 14; Zeidler in Semler/Stengel, § 30 Rn 21: Schutz vor Verzögerungen im Spruchverfahren). Obwohl der Barabfindungsanspruch am Bewertungsstichtag, dh am Tag des Verschmelzungsbeschlusses beim übertragenden Rechtsträger noch nicht entstanden ist, besteht – vorbehaltlich einer Korrektur im Spruchverfahren gem § 34 – bereits ein der Höhe nach endgültig fixierter, durch die Annahme aufschiebend bedingter Anspruch. Konsequenterweise wäre der Beginn des Zinslaufs auf diesen Tag zu legen, dh im Ergebnis würde das Barabfindungsangebot verzinst.
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Da die widersprechenden Anteilsinhaber ein befristetes Wahlrecht bis zur Annahme des Barabfindungsangebot haben, erlangen sie uU einen kumulativen Vorteil, weil sie neben dem verzinsten Barabfindungsanspruch als Anteilsinhaber des übernehmenden Rechtsträgers Ansprüche auf Gewinnausschüttungen wie zB Dividendenzahlungen erlangen; die unterschiedlichen Zeitpunkte, zu denen Anteilsinhaber gegen Barabfindung ausscheiden, können zudem zu Ungleichheiten führen. Um dieses Ergebnis zu vermeiden, wird in Anlehnung an die aktienrechtliche Rspr zur Anrechnung von Ausgleichszahlungen auf die Abfindung ausscheidender, außerhalb eines Gewinnabführungs- oder Beherrschungsvertrags stehender Aktionäre nach §§ 304 f AktG eine Anrechnung auf die verzinste Barabfindung vorgenommen (Zeidler in Semler/Stengel, § 30 Rn 22 f), wobei str ist, ob die Anrechnung auf den Zinsanspruch beschränkt ist (OLG Düsseldorf AG 1999, 925, OLG Hamm BB 2002, 63; Henssler/Strohn/Müller UmwG, § 30 Rn 3) oder ob sie den ganzen verzinsten Barabfindungsanspruch umfasst (OLG Hamburg DB 2002, 522).