Kitabı oku: «Handbuch Arzthaftungsrecht», sayfa 7
XI. Notarzt
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Der Notarztdienst kann privatrechtlich oder hoheitlich organisiert sein. Ist die Wahrnehmung des Rettungsdienstes als hoheitliche Tätigkeit einzustufen, so finden die Grundsätze der Amtshaftung Anwendung (§ 839 Abs. 1 S. 1 BGB i.V.m. Art. 34 GG)[167]. Demzufolge haftet der Notarzt nicht persönlich, sondern der Träger des Rettungsdienstes. Nach Auffassung des BGH entspricht es „dem hoheitlichen Charakter der Durchführung rettungsdienstlicher Aufgaben sowohl im Ganzen wie im Einzelfall [. . .], dass auch die ärztliche Tätigkeit im Rahmen eines rettungsdienstlichen Einsatzes als Ausübung eines öffentlichen Amtes zu beurteilen ist“. Damit wurde die frühere Rechtsprechung, „nach der die Tätigkeit des Notarztes im Verhältnis zum Notfallpatienten auch dann auf einem privatrechtlichen Rechtsverhältnis gründet, wenn in dem betreffenden Bundesland der Rettungsdienst öffentlich-rechtlich organisiert ist“, ausdrücklich aufgegeben.[168] Ist demnach der Rettungsdienst eines Bundeslandes in öffentlich-rechtlicher Form organisiert, was für einen Großteil der Bundesländer mit steigender Tendenz zu bejahen ist,[169] so übt auch der Notarzt eine hoheitliche Tätigkeit aus.[170] Bundesweit finden unbestritten die Amtshaftungsgrundsätze auf den leitenden Notarzt Anwendung.[171] Entsprechendes gilt für die Haftung von Mitarbeitern[172]. Insoweit bestehen Schwierigkeiten bei der Ermittlung des Passivlegitimierten (Landkreis oder Zweckverbände).[173]
XII. Hebammen
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Ist eine Hebamme Leiterin eines Geburtshauses, obliegen ihr neben ihrer geburtshilflichen Tätigkeit auch Leitungs- und Organisationspflichten wie einem Krankenhausträger, die dazu führen, dass ihr ärztliches Fehlverhalten bei der Entbindung zuzurechnen ist.[174]
B. Inhalt, Art und Umfang – die Rechtsfolgenseite
I. Überblick
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Nach Bejahung eines zum Schadensersatz verpflichtenden Tatbestandes, stellt sich auf der Rechtsfolgenseite die Frage nach Inhalt, Art und Umfang des zu ersetzenden Schadens. Die einschlägigen Regelungen hierzu sind die §§ 249 ff., 842 ff. BGB und die entsprechenden spezialgesetzlichen Normen des AMG, des ProdHaftG für Medizinprodukte, des GenTG, sowie des BVG für Opferentschädigungsfälle.
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Die Leistung von Schadensersatz bezweckt den Ausgleich des Nachteils den der Geschädigte aufgrund des schädigenden Ereignisses erlitten hat (Ausgleichsfunktion).[175] Zu ersetzen ist dabei der volle Schaden, welcher durch das zum Schadensersatz verpflichtende Ereignis eingetreten ist (Totalreparation)[176], wobei der Schaden am Integritätsinteresse[177] gemessen wird.
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Grundsätzlich ist der Schadensersatzanspruch nach § 249 Abs. 1 BGB und § 253 Abs. 1 BGB auf Naturalrestitution[178] gerichtet. Das bedeutet die Wiederherstellung des Zustandes, der ohne das schädigende Ereignis bestanden hätte, durch die Person des Schädigers.[179]
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Nicht nur beim Tod des Patienten, sondern auch in zahlreichen Fällen der Körper- und Gesundheitsverletzung scheidet eine Wiederherstellung im strengen Sinne aber aus. Selbst wenn sie möglich ist, kann der haftende Arzt sie häufig nicht vornehmen, weil der Patient das Vertrauen zu ihm verloren hat.[180] Bei gestörtem Vertrauensverhältnis darf der Patient daher Abhilfe bei einem anderen Arzt suchen (§ 249 Abs. 2 BGB).[181] Ihm steht nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB insoweit ein Geldersatzanspruch zu.
II. Schadensarten
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Im Rahmen der Systematisierung ist sowohl zwischen dem unmittelbaren, mittelbaren und den Folgeschäden dritter Personen, als auch zwischen dem materiellen und immateriellen Schaden zu differenzieren. Vgl. hierzu 1. Teil, 6. Kap.
1. Unmittelbare, mittelbare und Folgeschäden bei Dritten
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Der unmittelbare Schaden ist derjenige Schaden, der am verletzten Recht oder Rechtsgut selbst entstanden ist. Im Arzthaftungsrecht führt er in der Regel zum Ersatz materieller Schäden, wie etwa der Heilbehandlungs- und Pflegekosten (§ 249 Abs. 2 BGB) und zu einem Schmerzensgeldanspruch gemäß § 253 Abs. 2 BGB.[182]
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Zu den mittelbaren Schäden zählen hingegen solche Einbußen und Nachteile, die durch das schädigende Ereignis verursacht worden; die also als Folge der Gesundheitsbeeinträchtigung entstehen. Dies sind etwa der entgangene Gewinn (§ 252 BGB), die Kosten für Krankenbesuche und der Verdienstausfall.[183]
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Eine dritte Gruppe bilden die Folgeschäden, welche sich bei Dritten verwirklichen, wie z.B. der Verlust von Unterhaltsansprüchen, Ersatzansprüche wegen entgangener Dienste oder auch Ersatzansprüche wegen Beerdigungskosten (§§ 844, 845 BGB).[184]
2. Materielle und immaterielle Schäden
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Der erlittene Nachteil kann materieller oder immaterieller Natur sein.
a) Materielle Schäden
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Ein materieller Schaden liegt vor, wenn der Schaden in Geld bemessen werden kann und nicht der Persönlichkeitssphäre zuzuordnen ist. Als quantifizierbar wird ein Schaden dann angesehen, wenn sich seine Höhe nach objektiven Gesichtspunkten und frei von subjektiven Eindrücken und Empfindungen der betroffenen Person ermitteln lässt[185], indem die aufgrund des haftungsbegründenden Schadensereignisses bestehende Güterlage mit der ohne dieses Ereignis bestehenden Güterlage verglichen wird (Differenzhypothese)[186].
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Ersatzfähige materielle Schäden sind beispielsweise die Heilungs-, Pflege- und Rehabilitationskosten. Diese Kosten werden generell von der GKV übernommen, und die Ansprüche gehen daher gem. § 116 SGB X auf sie über. Zu ersetzen sind auch die Aufwendungen für Krankenhausbesuche naher Angehöriger bzw. sonstiger nahe stehender Personen[187], sowie der entgangene Gewinn, einschließlich des Verdienstausfalls (§ 252 BGB).[188] Gegebenenfalls sind auch die Kosten für vermehrte Bedürfnisse, wie den behindertengerechten Umbau der Wohnung und die Anschaffung eines geeigneten Autos zu ersetzen (§ 843 BGB). Eine Erweiterung des Haftungsumfangs findet sich darüber hinaus im Deliktsrecht. So besteht, aufgrund der deliktsspezifischen Normen u.a. ein Anspruch auf Ersatz des Haushaltsführungsschadens (§§ 843, 844 BGB).
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Ist die fehlerhafte Leistung des Arztes für den Patienten völlig unbrauchbar und demzufolge ohne Interesse, besteht der (Mindest-)Schaden des Patienten darin, dass er für eine im Ergebnis unbrauchbare ärztliche Behandlung eine Vergütung zahlen soll. In diesem Fall ist der Schadensersatzanspruch unmittelbar auf Befreiung von der Vergütungspflicht gerichtet ist, wenn weder der Patient noch seine Versicherung bereits bezahlt haben[189].
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Mittelbar Geschädigte können, wie bereits erwähnt, eigene Ansprüche aus den §§ 823 ff. BGB i.V.m. §§ 844, 845 BGB herleiten. So können beispielsweise Ansprüche auf Ersatz der Beerdigungskosten oder Ersatzansprüche für Unterhaltsverluste und entgangene Dienste bei Tod des Patienten (§§ 844, 845 BGB) ersetzt werden. Bleibt ein dauernder Schaden, so kommt insoweit auch eine Rente in Betracht.[190]
b) Immaterieller Schaden[191]
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Vgl. hierzu 1. Teil, 7. Kap.
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Unter dem Begriff des immateriellen Schadens sind alle körperlichen und seelischen Belastungen oder Nachteile zu fassen, welche im strengen Sinne monetär nicht messbar sind.[192]
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Dem Anspruch auf Ersatz immateriellen Schadens kommt nach ständiger Judikatur eine Doppelfunktion zu: Der Geschädigte soll für außerhalb der Vermögenssphäre liegende Unbill, etwa für körperliche Schmerzen oder seelische Leiden, für die Einbuße an physischen oder psychischen Funktionen trotz der Inkommensurabilität dieser Nachteile mit Geld einen Ersatz erhalten. Neben dieser vorwiegenden Ausgleichsfunktion steht vornehmlich bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit die ergänzende Genugtuungsfunktion, nach welcher der Schädiger den Verletzten durch Sühnung der Tat zu besänftigen hat.[193] Der Schmerzensgeldanspruch geht nicht auf den Sozialversicherungsträger über, ist jedoch übertrag- und vererbbar. Die Reform des Schadensrechts hat daran nichts geändert.[194] Insbesondere ist an der bisherigen Spruchpraxis[195] zur notwendigen Überschreitung der Bagatellgrenze festzuhalten, unterhalb derer ein Anspruch auf Schmerzensgeld zu verneinen ist und deren Umfang die Gerichte auch zukünftig anhand der Formulierung „billige Entschädigung“ festzusetzen haben.[196] Der Anspruch umfasst auch Schmerzen, die im weiteren Verlauf der durch den schuldhaften Arztfehler ausgelösten Verletzungen auftreten.[197]
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Die Schmerzensgeldbeträge unterscheiden sich je nach Umfang der Verletzung und können sechsstellige Summen erreichen.[198] Bei schweren Dauerschäden kommt neben dem Kapitalbetrag aber auch eine Rente in Betracht.[199] Das gilt insbesondere auch beim totalen Ausfall aller geistigen Fähigkeiten und Sinnesempfindungen, obwohl insoweit beide Funktionen des Schmerzensgeldes nicht greifen.[200] Diese Rechtsprechung dürfte durch das neue Hinterbliebenengeld nicht obsolet werden, obwohl das sachgerecht wäre[201].
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Von größter Bedeutung für das Arzthaftungsrecht wird das sogenannte Hinterbliebenengeld nach § 844 Abs. 3 BGB sein. Ein Hinterbliebener, „der zur Zeit der Verletzung zu dem Getöteten in einem besonderen persönlichen Näheverhältnis stand“, kann für das ihm „zugefügte seelische Leid eine angemessene Entschädigung in Geld“ verlangen. „Ein besonderes persönliches Näheverhältnis wird vermutet, wenn der Hinterbliebene der Ehegatte, der Lebenspartner, ein Elternteil oder ein Kind des Getöteten war.“ Für weitere nahestehende Personen ist das Näheverhältnis zu beweisen. Zu den Schwierigkeiten in diesem Zusammenhang sei auf § 8 TPG verwiesen. Der Umfang soll sich an der Rechtsprechung zu den Schockschäden orientieren. Ein gesundheitlicher Schaden beim Anspruchsberechtigten ist allerdings nicht Voraussetzung[202].
III. Mitverschulden
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Das oben genannte Prinzip der Totalreparation kann durch die Norm des § 254 BGB durchbrochen werden und erlaubt eine Schadensabwägung. Die Haftung des Arztes kann sich im Einzelfall mindern oder ganz entfallen, wenn den Patienten an der Entstehung oder am Umfang des Schadens ein Mitverschulden trifft.[203] „Ein solches Mitverschulden liegt vor, wenn der Patient diejenige Sorgfalt außer Acht gelassen hat, die ein ordentlicher und verständiger Mensch zur Vermeidung eigenen Schadens anzuwenden pflegt.“[204] Ein Mitverschulden bei der Schadensentstehung gemäß § 254 Abs. 1 BGB kommt beispielsweise in Betracht, wenn der Patient es unterlassen hat, den Arzt auf besondere, für die Behandlung wesentliche und ihm bekannte Umstände hinzuweisen und diese für den Schaden ursächlich sind[205], der Patient den ärztlichen Hinweis auf die Notwendigkeit einer Kontrolluntersuchung nicht beachtet[206], die ärztlichen Therapie- und Kontrollanweisungen nicht befolgt[207] oder die ihm obliegende Mitwirkung an den Heilungsbemühungen unterlässt[208].
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Die bisherige außerordentlich zurückhaltende Rechtsprechung bei der Feststellung eines Mitverschuldens des Patienten, weil die Expertenkenntnis der Ärzte überwiege[209], scheint im Rückzug begriffen. Das OLG Frankfurt entschied, dass die Arztseite bei absprachewidriger Entfernung aus Krankenhaus nicht haftet[210].
C. Sonstige Anspruchsgrundlagen im Überblick
I. Allgemeines
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Im Überblick und ohne Berücksichtigung der vielfältigen Einzelprobleme sollen noch die spezialgesetzlichen Regelungen des AMG, MPG, und des OEG vorgestellt werden.
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In Bezug auf die Arznei- und die Medizinproduktehaftung sei dabei explizit darauf hingewiesen, dass es sich um eine Haftung für fehlerhafte Produkte handelt. Diese Art der Produkthaftung, für die der pharmazeutische Unternehmer bzw. der Hersteller des Medizinproduktes, einzustehen hat, ist von der Haftung des Arztes zu unterscheiden, der das Arzneimittel oder das Medizinprodukt anwendet. Der Arzt haftet, ohne das weitere Umstände i.S. eines eigenen Fehlverhaltens hinzutreten, nicht für die Anwendung des fehlerhaften Arzneimittels oder Medizinproduktes. Haftet der Arzt selbst, so kommt immer eine gesamtschuldnerische Haftung mit dem Arzneimittelhersteller oder dem Medizinproduktehersteller in Betracht[211].
II. Haftung nach dem Arzneimittelgesetz (AMG)
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Vgl. hierzu auch 1. Teil, 3. Kap., Rn. 498.
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Neben einer zivilrechtlichen Haftung[212] kommt eine Haftung für Schäden im Kontext mit der Anwendung von Arzneimitteln aufgrund der des § 84 AMG in Betracht. In § 84 Abs. 1 S. 1 AMG werden dabei die grundsätzlichen Voraussetzungen für eine Haftung des pharmazeutischen Unternehmers aufgestellt. Abs. 1 S. 2 stellt in seinen Nummern 1 und 2 weitere zusätzliche – zueinander alternative – Haftungsvoraussetzungen auf. Durch den Abs. 2 wird dem Anspruchsteller der Kausalitätsnachweis, durch die Schaffung einer Kausalitätsvermutung, deren Voraussetzungen in einem Regel-Ausnahme-Verhältnis formuliert wurden, erleichtert. Nach Abs. 3 ist ein Ausschluss der Haftung für die Fälle vorgesehen, in denen die schädliche Wirkung des betreffenden Arzneimittels ihre Ursache nicht im Bereich der Herstellung bzw. Entwicklung hatte.[213]
111
Haftungsobjekt des § 84 AMG sind Humanarzneimittel, welche einer inländischen Zulassungspflicht unterliegen (bzw. von dieser freigestellt wurden), deren Abgabeort im Inland liegt und die inländisch in Verkehr gebracht wurden.
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Unbedingte Voraussetzung für die Haftung nach § 84 AMG ist die Abgabe des Arzneimittels an einen Verbraucher. Darunter wird derjenige verstanden, an den das Arzneimittel in der Apotheke oder Abgabestelle zur Anwendung ausgehändigt wird. Darauf, dass der das Arzneimittel entgegennehmende Verbraucher dieses selbst anwendet, kommt es nicht an. Verbraucher sind somit auch diejenigen Personen, die das Arzneimittel für einen anderen erwerben.[214]
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Infolge der Anwendung des Arzneimittels (Kausalitätserfordernis[215] i.S. einer generellen und konkreten Schadenseignung[216]) muss es zu einer Rechtsgutsverletzung der abschließend[217] aufgezählten Rechtsgüter Leben, Körper oder Gesundheit gekommen sein. Zudem muss die Gesundheitsbeeinträchtigung gerade auf der „Fehlerhaftigkeit“ des Arzneimittels beruhen, wobei sich diese Fehlerhaftigkeit aus § 84 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und Nr. 2 AMG ergibt.[218]
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Die Kausalitätsvermutung des § 84 Abs. 2 AMG stellt ein verschachteltes Regel-Ausnahme-System dar: Nach Abs. 2 S. 1 muss der Geschädigte darlegen und beweisen, dass das Arzneimittel nach den Umständen des Einzelfalls geeignet ist, den Schaden zu verursachen. Gelingt der Nachweis der konkreten Schadenseignung, wird die Kausalität vermutet. Abs. 2 S. 2 nennt beispielhaft einzelne Umstände, nach denen sich die Schadenseignung beurteilt und fügt schließlich noch einen generalklauselartigen Auffangtatbestand („allen sonstigen Gegebenheiten“) hinzu. Die Kausalitätsvermutung gilt nach Abs. 2 S. 3 nicht, wenn (mindestens) ein anderer Umstand ebenfalls geeignet ist, den Schaden zu verursachen. Die Kausalitätsvermutung ist dann nicht nur widerlegt; sie „gilt (erst gar) nicht. Abs. 2 S. 4 enthält eine Ausnahmeregelung für andere Arzneimittel, die den Schaden ebenfalls verursacht haben können.“[219]
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Nach Abs. 3 ist die Ersatzpflicht ausgeschlossen, wenn nach den Umständen davon auszugehen ist, dass die schädlichen Wirkungen ihre Ursache nicht im Bereich der Herstellung oder Entwicklung haben.
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Aktivlegitimiert sind sowohl die Person, die das Arzneimittel eingenommen hat, als auch Sekundärgeschädigte.[220] Passivlegitimiert ist der pharmazeutische Unternehmer (§ 4 Abs. 18 AMG), der das Arzneimittel in Verkehr gebracht (§ 4 Abs. 17 AMG) hat.
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Der Geschädigte hat die Anwendung des Arzneimittels, die Rechtsgutverletzung, die Abgabe des Arzneimittels im Geltungsbereich des AMG sowie die Bestimmung des Arzneimittels als Humanarzneimittel zu beweisen. Der Beweis der haftungsbegründenden Kausalität wird für den Geschädigten über Abs. 2 erleichtert; wobei die Norm auch das Beweismaß zugunsten des Geschädigten herabsetzt. In Bezug auf Abs. 3 ist der pharmazeutische Unternehmer beweisbelastet.[221]
118
In Bezug auf Inhalt, Art und Umfang enthält das AMG in § 85 AMG eine Regelung zum Mitverschulden, welche auf § 254 BGB verweist, sowie mit § 86 AMG eine Norm zum Umfang der Ersatzpflicht bei Tötung, mit § 88 AMG eine solche zu den Haftungshöchstbeträgen und mit § 89 AMG zur Leistung von Schadensersatz durch eine Geldrente.
III. Haftung für Medizinprodukte
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Vgl. hierzu auch 1. Teil, 3. Kap., Rn. 578 ff.
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Das MPG selbst enthält keine haftungsrechtliche Anspruchsgrundlage. Das gilt auch für die Medizinprodukteverordnung (MDR), deren Inkrafttreten allerdings durch die Corona-Pandemie aufgeschoben wurde. Ansprüche gegen den Hersteller eines Medizinproduktes können sich aber aus dem ProdHaftG und aufgrund der Verschuldenshaftung nach dem BGB (Vertrags- und Deliktshaftung) ergeben.[222]
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Da die zivilrechtliche Haftung bereits angesprochen wurde[223], soll an dieser Stelle nur auf die Haftung für Medizinprodukte nach dem ProdHaftG eingegangen werden.
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Nach der Haftungsnorm des § 1 Abs. 1 ProdHaftG ist der Hersteller (§ 4 ProdHaftG) des Medizinproduktes (§ 2 ProdHaftG) verpflichtet, Schadensersatz zu leisten, wenn durch den Fehler (§ 3 ProdHaftG; Konstruktions-, Fabrikations-, Instruktionsfehler und Produktbeobachtungspflicht) des Produktes eines der von Abs. 1 abschließend aufgezählten Rechtsgüter verletzt wird und die Haftung nicht nach den § 1 Abs. 2 bzw. Abs. 3 ProdHaftG ausgeschlossen ist.
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Voraussetzung für die Haftung ist zunächst das Vorliegen einer Rechtsgutverletzung. Das fehlerhafte Produkt muss den Tod eines Menschen, eine Körper- oder Gesundheitsverletzungen oder eine Sachbeschädigung zur Folge gehabt haben. Für eine Sachbeschädigung als Rechtsgutverletzung ist nach § 1 Abs. 1 S. 2 ProdHaftG erforderlich, dass eine andere Sache als das fehlerhafte Produkt beschädigt wird und dass diese andere Sache ihrer Art nach gewöhnlich für den privaten Ge- oder Verbrauch bestimmt ist und hierzu von dem Geschädigten hauptsächlich verwendet worden ist.
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Erforderlich ist weiterhin das Vorliegen eines haftungsbegründenden wie haftungsausfüllenden Zurechnungszusammenhangs. Das Schadensereignis muss sich daher gerade als die Realisierung des aus der Fehlerhaftigkeit des Produkts folgenden Risikos darstellen und der eingetretene Schaden muss kausal auf dem Produktfehler beruhen.[224]
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Gemäß § 1 Abs. 4 S. 1 ProdHaftG trägt der Geschädigte die Beweislast für den Fehler, den Schaden und den Zurechnungszusammenhang. Der Hersteller trägt die Beweislast für die Ausschlusstatbestände nach § 1 Abs. 2 und Abs. 3 ProdHaftG.[225]
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Ersatzfähig sind sowohl Vermögens- als auch Nichtvermögensschäden.[226] Aus den §§ 6–10 ProdHaftG ergeben sich Einzelheiten in Bezug auf Inhalt, Art und Umfang des zu leistenden Schadensersatzes.
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Aktivlegitimiert sind der Patient, seine Angehörigen und Dritte, welche etwa beim Gebrauch eines Medizinprodukts verletzt wurden.[227] Sie haben ihre Ansprüche gegen den passivlegitimierten Hersteller auf dem Zivilrechtsweg zu verfolgen.[228]
IV. Haftung nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG)
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Letztlich kann auch § 1 Abs. 1 S. 1 OEG zu einem Versorgungsanspruch im Zusammenhang mit einem Arzthaftungsfall führen. Dieser opferentschädigungsrechtliche Grundtatbestand gewährt demjenigen, der infolge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs gegen seine oder eine andere Person oder durch dessen rechtmäßige Abwehr eine gesundheitliche Schädigung erleidet, wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen auf Antrag eine Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG.
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Voraussetzung ist, dass eine durch einen schädigenden Vorgang[229] hervorgerufene gesundheitliche Schädigung rechtsrelevante Folgen hervorgerufen hat. Der schädigende Vorgang i.S. eines tätlichen Angriffs setzt nach der Rechtsprechung des BSG eine in strafbarer Weise unmittelbar auf den Körper eines Anderen abzielende Einwirkung voraus.[230] So stellt beispielsweise ein ärztlicher Eingriff einen vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriff dar, wenn dieser als vorsätzliche Körperverletzung strafbar ist.[231] Das ist bei nahezu allen Aufklärungspflichtverletzungen der Fall.
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Eine unmittelbare Schädigung[232] liegt vor, wenn eine durch den schädigenden Vorgang bewirkte primäre gesundheitliche Beeinträchtigung erfolgt[233]. Reine Vermögensschäden oder Sachbeschädigungen sind, mit Ausnahme der gemäß Abs. 10 genannten Hilfsmittel, von einem Entschädigungsanspruch ausgeschlossen.
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Beim Fehlen von Versagungsgründen nach § 2 OEG gewährt § 1 Abs. 1 S. 1 OEG einen Versorgungsanspruch in entsprechender Anwendung des BVG. Gemäß § 7 Abs. 1 OEG ist grundsätzlich der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit eröffnet.
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Aktivlegitimiert sind unmittelbar oder mittelbar geschädigte natürliche Personen, aber auch der nasciturus. Zudem können nach Abs. 8 auch Hinterbliebene Ansprüche geltend machen.[234]
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Die anspruchsbegründenden Voraussetzungen des § 1 Abs. 1–3 OEG hat der Antragssteller/Kläger zu beweisen. Der Versorgungsträger trägt dagegen die Beweislast für das Vorliegen von Versagungsgründen nach § 2 OEG.[235]