Kitabı oku: «Dantes Inferno I», sayfa 11

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Venus in Widder

Hölle

Die Hölle des sexuellen Versagens und der passiven Gewalt

Sünder

Gewalttäter (Liebe und Gewalt), Versager (sexuelle Über-Erregung in Verbindung mit Angst) und unbefriedigte Genießer (permanenter Mißklang zwischen Eros und Sexus), emotionale Kurzstreckenläufer (Sinnlichkeitsschübe mit rascher Erkaltung)

Disposition

Der Schattenbereich von Venus im Widder und Venus im 1. Haus sowie disharmonische Venus/​Mars-Aspekte

Schuld

Erotomanie, Gefallsucht und Buhlen um Aufmerksamkeit, übersteigerte Begierde, zwanghafter Drang nach Sinnlichkeit und Liebeskraft, triebhafte Lust, verdrängte Aggressionen, permanente Konflikte, überbordende Gefühlsausbrüche bei kurzer Leidenschaft und Steckenbleiben auf der Ebene pubertierender Liebesräusche

Strafe

Dein sexueller Pegel strahlt einen stark magnetisierten Eros aus, und das manifestiert sich in triebhafter Lust und führt oft zu sexueller Gewalt, weil die Unfähigkeit zu tieferer Bindung sich hinter einer starken Libido versteckt. Dabei wird der andere desto attraktiver für dich, je mehr er die übertragene Aggressivität reflektiert, dich gewissermaßen über die verdrängten Wünsche balbiert. Hier zeigt sich der karmische Seelenanteil der peinvoll vergewaltigten Frau, die unbewußt ihren Peiniger sucht, um durch die Rache am Täter das innere Gleichgewicht zu erlangen, oder der sich opfernde Mann, der sich mit seiner eigenen Weiblichkeit überworfen hat und deshalb seine Männlichkeit nicht ausleben kann, weil er sie aus der Sicht des Weiblichen ablehnt. Da die männliche Seele ahnt, daß sie das dunkle Weibliche in sich nie wird überwinden können, bittet sie unbewußt ihre Anima, wenigstens ihr Opfer anzunehmen, indem sie sich selbst auf dem Altar der Schuldgefühle anbietet.

Lösung

In dieser Hölle wirst du mit den Bildern sexueller Gewalt und ritueller Opferung konfrontiert, denn Amor stößt den funkelnden Speer seiner Begierde tief in die Leiber der von ihm Verführten. Du genießt das Unbehagen deiner Opfer, wenn du sie in ihrer Hingabe provozierst, denn tief in den Flammen deines inneren Feuers begegnest du der animalischen Wut schmerzender Liebesglut, und weil dich jeder Widerstand nur noch mehr antreibt, forderst du jede Berührung bis zur Erschöpfung heraus. Auf der anderen Seite ist es aber so, daß jeder Konflikt auch eine Chance ist, die persönliche Entwicklung voranzutreiben, weil du erst in den Ergebnissen den Auswirkungen der Ursachen begegnen kannst, für die du letztlich einzustehen hast. Versuche also nicht, dir über die Hintergründe immer klarzuwerden, sondern handle einfach, als wüßtest du, was du tust. Denn es sind die Flammen des alle Unreinheit der Seele verbrennenden Fegefeuers, die aus dem Augenblick spontaner Lust heraus gelebt und empfunden werden wollen, und die dich lustvoll an die Materie binden und dir alles erfüllen, was das Leben interessant und abwechslungsreich erscheinen läßt.

Der Schatten der Aphrodite

Als ich aus meinem Alptraum erwachte, sah ich Akrons riesiges Auge vor mir leuchten. Eine kugelförmige Lichtmasse drehte sich vor meinem Gesicht, und plötzlich sah ich wie durch ein Loch hindurch das kollektive Erkennen, das sich wie ein flammender Ring um mein Sehen legte, und mir war, wie wenn ich ins grenzenlose Licht starrte. Und am Ende des Lichts stand Akron selbst, der mir erklärte, daß die nächste Hölle äußerst tückisch wäre, weil ich dort meiner aggressiven inneren Hingabe begegnen würde, die dort büssen müsse und auf mich warte, weil sie sich von mir Erlösung erhoffe. Dann befahl er mir mit ruhiger Stimme, einfach seinem Blick zu folgen: «Du beginnst im äußeren Blick meines rechten Auges. Wird es kritisch für dich, blinzle ich, und dann wechselst du zum inneren Sehen meines linken Auges. Wenn ein Mann seiner verlorenen inneren Weiblichkeit begegnen will, muß er klug und listig sein wie eine Schlange, sonst ist es um ihn geschehen. Ist das klar?»

In seinen Blicken konnte ich die Bilder spüren, die aus jedem seiner Augen strömten. Im rechten Auge fand ich mich inmitten der unvergleichlichen Pracht eines jener ungeheuren Gemächer von düsterem, phantastischem Pomp in den Armen einer wunderschönen Frau, die ihre Lippen auf die meinen preßte und mir leise zuflüsterte: «Ich bin die himmlische Verführerin, ins Höllische entrückt, und bringe dir die Begeisterungsfähigkeit, Leidenschaft und sinnliche Kraft, die sich nach körperlicher Erfüllung sehnt, zurück …»

«Jetzt schau sie dir in meinem anderen Auge an», hörte ich Akron sagen. Ich vernahm seine Stimme, die sie mir entriß, ihr duftender Atem zerstäubte in meinem entsetzten Gesicht, denn im linken Auge hielt ich statt der Schönen plötzlich eine verwachsene, affenartige Gestalt im Arm, die ihre Lippen auf die meinen preßte und dabei heftig stank: «Opfere dich», rülpste sie, «und befreie mich aus dieser Schmach! Weil ich über die sexuelle Anziehung immerzu die anderen manipulierte, wurde ich dazu verdammt, mit ohnmächtigster Lust und unstillbarem Verlangen der unversiegbaren Libido zu dienen und mich auf die peinlichste Weise prostituieren zu müssen. Deshalb scheide ich diese entsetzlichen Körpersäfte aus. Sie ziehen alle Teufel an, die sich in meiner Fäulnis suhlen. Das macht sie tierisch an. Erst wenn du mit mir schläfst, bin ich erlöst. Dann werde ich der Hölle entkommen und wieder so attraktiv und anziehend werden, wie ich es schon einmal für dich war.»

Ihre verlangenden Worte schienen mich zu betäuben und in ihre Gestalt hineinzuziehen, aber während ich in sie eindrang, löste sich ihre Erscheinung auf, und so plötzlich, wie sie gekommen war, war sie auch wieder verschwunden, und ich sah nur noch Akrons blinzelndes Auge vor mir, das mich nachdenklich anschaute: «Hast du sie erkannt? Das waren die Ausformungen deiner destruktiven weiblichen Energie: Tauch noch etwas tiefer in die Geschichte ein, denn es sind die beiden verschiedenen Seiten deiner Weiblichkeit, die dich in die Zange nahmen, als du in ihre Liebesdienste tratst.»

Was mochte ihre Geschichte sein? Ich schloß die Augen und warf mich meinem unbewußten Gedächtnis in die Arme, das sich in allen Einzelheiten so lebensvoll vor meinem Seeleninneren aufspannte, daß ich für einen Moment glaubte, die Jahrhunderte durchdrungen und mit meinem Geist die Grenzen von Raum und Zeit niedergerungen zu haben. Es fiel mir nicht schwer, die Vergangenheit zu genießen, die sich wie ein geheimnisvoller Hintergrund vor mein Bewußtsein schob, denn es war ein absolut leichtes Unterfangen, mich der Liebe hinzugeben, die ich empfand, als ich mich neben Aphrodite im Brautbett fand. «Bin ich nicht schön?» flüsterte sie mir ins Ohr. «Oder bist du je einem Weib begegnet, das sich mit mir messen könnte?»

Sie neigte sich noch weiter zu mir hin, bis ihr weiches Haar meine Stirn streifte und ihr duftender Atem meinen Willen lähmte: «Wenn du willst, daß sich dein Herz nach mir verzehrt, dann brauchst du mich nur zu begehren …»

Schon streckte ich die Arme aus, um sie noch fester an mich zu ziehen, da entschlüpfte sie mir mit einer schlängelnden Bewegung und richtete sich auf. Ein Schatten huschte über ihr Gesicht, und in einem leicht veränderten Tonfall fuhr sie fort: «Da gibt es noch etwas, was du wissen mußt: Ich suche den Ausdruck orgiastischer Lust, die sich an der Schwelle zur Qual befindet.» Sie hielt die Hand über meinen Kopf, und mir war, als strömte etwas in mich ein, das mir die Sinne kühlte und mir das Bewußtsein zurückbrachte. «Du mußt wissen, daß ich nur einen Mann, der den Tod nicht fürchtet, akzeptieren kann, weil nur ein solcher Mann das hingebende Verlangen meiner aggressiven Triebinstinkte spürt.»

«Sprichst du vom Schmerz?» entgegnete ich verwirrt. Was war sie nur für eine Frau, dachte ich fasziniert, die den Mann, dem sie sich hingibt, mit demselben Werkzeug verschlingt, mit dem sie in seinem Herzen nach Liebe buhlt.

«Weshalb ist Liebe so schön?» wich sie meiner Frage mit einer Gegenfrage aus und beantwortete sie gleich selbst: «Weil sie die andere Seite des Todes ist! Aus der Nacht wird der Morgen geboren, und ihm folgt wiederum die Nacht. Wenn Leben und Tod, Tag und Nacht enden und eingehen in das, woraus sie kamen, was wird dann am Ende aller Wege sein? Es ist der Tod! Kannst du das verstehen?»

Ich nickte.

«Dann liebe mich», flüsterte sie voll Verlangen, und ihre Lippen verschloßen die meinen, bevor ich etwas erwidern konnte: «In mir schlägt ein Herz, das sich nach dir sehnt, und du besitzt die Waffe, die stark genug ist, die verschlossenen Gemächer zu durchdringen. Stoß zu, fest und tief, und erlöse mich!»

Ich zögerte, bevor ich die richtigen Worte fand. «Und wenn ich dich verletze?»

Aphrodite schloß meine Lider mit kleinen Küssen. «Komm, beeil dich, diese schwarzen Neumondnächte sind für ein Liebe-Tod-Ritual besonders geeignet», flüsterte sie und schmiegte sich an mich.

Als ich sanft in sie eindringen wollte, verengten sich ihre Blicke, und ich spürte förmlich, daß es offenbar nicht das war, auf das sie sehnsuchtsvoll gewartet hatte. «Willst du nicht, daß wir uns lieben?» fragte ich unsicher und legte meine Hand auf ihren Arm, als sie wie eine Giftnatter zurückzuckte. Erst ganz langsam wurde mir so richtig bewußt, was sie da sagte und wie ernst es ihr war.

«Das ist es nicht, was ich anstrebe», sagte sie schroff und entzog mir ihren Schoß, «hast du meine Botschaft nicht verstanden? Ich wünsche, mit der Realität der Gewalt hautnah konfrontiert zu werden …»

Ich war entsetzt: «Ist das dein Ernst?»

«Liebst du es nicht, den großen Helden zu spielen und die Demonstration von Stärke, die du zur Selbstbespiegelung brauchst, in all dein Liebesverlangen hineinzuinszenieren?» erwiderte sie mit spöttischem Gesicht: «Je mehr sich der andere für dich quälen läßt, desto attraktiver wird er für dich …»

«So ist es nicht», verteidigte ich mich.

«Da kennst du dich aber schlecht», antwortete sie höhnisch, «es fällt dir nämlich schwer, mit dem weiblichen Teil in dir Frieden zu schliessen, denn du suchst das Sakrament der Liebe auf dem Altar der Kriege. Es ist die animalische Wut schmerzender Liebesglut, die dich umzingelt, die unbändige Freude beim Gedanken, die Frau stellvertretend für deine unterdrückte Weiblichkeit zu quälen.»

«Redest du von mir?»

«Ich rede vom bösen Buben, den du nicht sehen willst. Ihm gilt meine Rede, denn in meinen Armen wirst du ihm begegnen!»

«Das klingt ja, als müßte ich mich vor dem fürchten, was du von mir erwartest?»

«Würdest du erahnen, was ich mit dir vorhabe, wenn die Leidenschaft mich übermannt, du würdest zitternd vor Furcht zurückweichen. Du mußt wissen, ich bin die Priesterin der Nacht, die sich als saugende Vulva um den samenspendenden Phallus des Mannes schließt und diesen zerquetscht. Nichts ist schwieriger, als seiner schwarzen inneren Frau zu begegnen.»

«Ich verstehe nicht, warum du das sagst?» entgegnete ich. «Willst du, daß ich dich hasse?»

«Wie kannst du mich hassen», entgegnete sie kalt, «solange du deine Aggressionen verdrängst? Du bist kein Mann, du bist ein Knecht, der sich von seiner eigenen Weiblichkeit bedrohen läßt. Zwar begehrst auch du, läßt dich aber gleichzeitig von deinem inneren Weib dazu zwingen, das eigene Begehren abzulehnen und statt dessen Befriedigung in der Unterwerfung unter das Bild deiner ausgelagerten Aggressionen zu finden. Doch ich bin noch nicht am Ende meiner Möglichkeiten. Meiner Masken sind gar viele, und in ihnen spiegle ich alle Gesichter der Menschen, die geliebten und auch die, vor denen, würden sie es wissen, alle schaudernd Reißaus nehmen würden.»

Dann zog sie zwischen ihren Beinen plötzlich einen Dolch hervor, dessen Griff aus einem glühenden Blutstein-Phallus bestand: «Sieh! Dieser Phallus symbolisiert den emotionalen Virus männlicher Leidenschaft, den du im Kampf gegen dein inneres Weib verloren hast und den du in meinen Armen wieder zurückbekommen kannst. Nur die Triebe sind fähig, die Besessenheit der Anziehung zu offenbaren, die sich als Liebe tarnt: Nimm ihn und stoß fest zu, fest und tief! Wenn du mich schon nicht lieben kannst, dann töte mich!»

Ich sank auf die Kissen neben ihr, noch immer zitternd vor Erregung, denn ich spürte, wie recht sie hatte, wenn sie sagte, ich könne meine Triebe nur gegen meine eigene Lust leben. «Du weißt, daß ich dich niemals verletzen könnte», stöhnte ich, «nicht einmal um meines eigenen Lebens willen. Eher würde ich mich selbst töten!»

«Nicht du – ich bin es, die den Tod anruft!» schrie sie darauf wutentbrannt und wuchs zu einer riesenhaften Gestalt empor: «Sieh, ich bin die Hexe, die deine Libido entflammt. Du wirst alles tun, was ich dir befehle, und nicht nur das, was du zu tun begehrst. Ich befehle dir, Sklave, töte mich!»

Plötzlich war sie die unerbittliche Herrin, nach der ich mich sehnte. Ihre raubtierhaften Fangzähne schienen mir Insignien dämonischer Instinkte zu sein, und in einer seltsamen Verquickung von Qual und Lust verspürte ich einen Augenblick den Wunsch, mein Leben unter ihren messerscharfen Küssen auszuhauchen. «Das hieße Tod!» Ich krümmte mich wie ein geprügelter Hund.

«Das heißt Liebe! Meine Hingabe ist der Ausdruck orgiastischer Lust, die sich am Tor zur Vernichtung befindet», antwortete sie lächelnd, als ich den Dolch ganz an mich nahm, «es scheint, daß du mich langsam zu lieben beginnst, denn meine Liebe ist der Tod.» Dabei hatte ich ein äußerst angenehmes Gefühl. Ich spürte die verzehrende, schwarze Glut ihrer Lust, die zwischen sexueller Kraft, unterwerfender Macht und aufreizender Hingabe pendelte, und gleichzeitig spürte ich jenes züngelnde, verzehrende schwarze Feuer in ihren Augen, aus dem mir plötzlich Akron entgegenstrahlte. Im gleichen Atemzug spürte ich eine große Müdigkeit. Ich hob die Hand, um mir die Anstrengung aus den Augenwinkeln zu reiben.

«Reib dir nicht die Augen», fauchte Akrons Stimme tief in mir, und gleichzeitig fühlte ich einen Klaps auf der Hand, «sonst reibst du deine aufsteigende Erkenntnis wieder ab. Das Weib ist ein Bestandteil deines inneren Sehens. Gleich wird sie dich verraten. Sie wird dich in dem Moment vernichten, in dem du dich anschickst, ihr das zu erfüllen, wonach sie sich sehnt. Deswegen büßt sie in der Hölle. Hörst du die Geräusche auf dem Gang?»

Zuerst waren es nur eilige Schritte, die näherkamen, dann vernahm ich wütende Schläge gegen die Tür. Es hörte sich so an, als ob man sie jeden Moment aufbrechen wollte. «Du kennst die Geschichte», sagte die Stimme, «denn es sind die Häscher, von der Göttin ausgeschickt, um dich in jenem Augenblick zu überraschen, in dem du mit dem Schwert ihren Leib durchstößt. Sie ist deine verletzte Anima und zwingt dich, die Waffe gegen dich selbst zu richten, solange du nicht auf ihre Wünsche eingehst. Sieh nur, wie raffiniert sie dir die Seele entreißt, die sie in der Hölle für sich beansprucht!»

Dann sank sie mit einem röchelnden Schrei zusammen, und zwar genau in dem Augenblick, als die Tür aufsprang und die Kerle ins Schlafgemach eindrangen. «Es scheint ja fast, als ob du langsam zu verstehen beginnst», sagte sie mit einem schmerzhaften Lächeln zu mir, bevor sie sich an ihre Knechte wandte: «Nehmt ihn gefangen und werft ihn in den Kerker! Er soll seiner Strafe nicht entkommen!»

Sei nicht enttäuscht!» versuchte mich Akron zu trösten, «aber wie hätte ein naiver Kerl wie du die Hitze der Leidenschaft von der Kälte der Macht auch unterscheiden sollen, die in den Falten seiner aufgebrachten inneren Weiblichkeit schlummert? Jetzt schmort Aphrodite in der Hölle!»

«Aber warum hat sie mich verraten?» unterbrach ich ihn bekümmert.

«Sie hat dich nicht verraten. Sie hat dein Opfer angenommen.»

«Mein Opfer? Ich wollte mich gar nicht opfern.»

«Sie spürte, daß du sie nicht töten konntest, also mußte sie dich zwingen. Indem du ihr aber ihren Wunsch erfülltest, hast du dich in die Rolle des Opfers begeben.»

«Aber ich wollte sie nicht töten», beharrte ich auf meiner Meinung.

«Das ist ja gerade der Grund, warum du ihr Opfer geworden bist.» Mitleid und Verständnis flimmerten in seinem Blick. «Verstehst du es denn nicht? Sie opferte dich gerade, weil du sie nicht töten wolltest. Sonst wäre das Spiel für sie doch sinnlos!»

«Das ist mir zu widersprüchlich», gab ich meinem Unverständnis Ausdruck.

«Sie wollte die Macht über dich erringen, indem sie dich zwang, sie umzubringen. Denn dadurch konnte sie dich in deine Schuld einbinden und dich auf einer höheren Ebene gleichzeitig wieder bestrafen. Einen größeren Einfluß innerhalb der Macht über einen anderen gibt es nicht.»

«Und wo liegt der Sinn?»

«Die Freude an der Lust, die Menschen zu zwingen, über ihre eigenen Grenzen hinauszugehen, und sie gleichzeitig für ihre Vermessenheit zu vernichten, ihre Schwelle überschritten zu haben.»

«Indem sie sich von einem anderen umbringen läßt?»

«Ihre Besessenheit zwingt sie, die ihr Begegnenden zu zwingen, das Liebste, was sie haben, umzubringen: das ist in diesem Fall sie selbst! Das gibt ihr die Kraft, ihre Opfer für die Schwäche zu bestrafen, ihr den Wunsch erfüllt zu haben.»

«Ist das nicht pervers?»

«Hast du vergessen, wo wir sind?» starrte er mich düster an. «Es ist nicht die Aufgabe der Hölle, für die Schuld ihrer Sünder die Verantwortung zu übernehmen. Als Liebesdämonin ist es vielmehr ihre Pflicht, dem Sünder durch Vernichtung die Auswirkungen seiner inneren Zwänge vor Augen zu führen, und das hat sie vortrefflich getan.»

«Dann hat sie sich nur aus dem Grund vernichtet, um mich dem Henker auszuliefern?»

«Nein, nicht dem Henker …»

«Wem denn dann?»

«Sich selbst!»

«Wie denn das? Ist sie nicht tot?»

«Nicht ganz.»

«Das versteh ich nicht!»

«Sie selbst ist das Gesetz. Ich weiß, daß du das nicht verstehen kannst, aber du bist ja hier, um zu lernen», sagte er ein wenig barsch und verschränkte die Arme vor der Brust. «Die Geschichte ist noch nicht zu Ende.»

Ein großes Fragezeichen stand mir im Gesicht: «Und wie geht sie weiter?»

«Jede Hölle hat ihren eigenen Ablauf; ich weiß es nicht. Ich kenne nur den nächsten Schritt», antwortete er und wechselte den Gesichtsausdruck, «du wirst dem Richter vorgeführt. Aber ich denke», lächelte er sanft und blinzelte fröhlich mit dem Auge, «es wird langsam Zeit, uns deine eigene Sicht der Dinge zu erzählen. Findest du nicht auch?»

Bisher war es sehr dunkel hier», sagte der Richter, eine drohende Gestalt, die auf einem massiven Thron aus Ebenholz saß, während ihm einer der Wächter eine Fackel reichte, «nun wollen wir Licht in die Sache bringen.» Er drehte sich mir zu – ich sah zwei glühende Augen in einem verhüllten Gesicht – und richtete die Fackel direkt auf mich, die mit ihrem flackernden Licht gespenstische Schatten auf ihn zurückwarf.

«Elender …», sagte er drohend, wobei seine Stimme in meinen Ohren hallte, «du weißt, warum du hier im Staube liegst: Du hast Aphrodite getötet! Weshalb? Sag den Göttern den Grund!» Ich hob den Kopf und entdeckte den gespiegelten Glanz der Flammen in seinen goldgefleckten Augen. «Gab sie dir nicht alles, was du dir nur wünschen konntest?»

Die Worte schienen aus weiter Ferne zu kommen. Ich fühlte, wie sich meine Kehle eng zusammenzog. Rote Lichtstrünke begannen um mich zu züngeln, aber ich hatte Angst davor, in mich zu dringen und mich der Wahrheit zu nähern, vor die mich der Richter mit der Frage stellte: «Warum hast du Aphrodite umgebracht?»

Im gespiegelten Glanz der Fackel nahm ich plötzlich Akrons blinzelndes Auge wahr, und auf einmal war mir die Geschichte klar. Es war, als hätte sich der Raum geöffnet, als stünde ich wieder im Brautgemach, in dem ich Aphrodite begegnet war. Der Schleier vor meinen Augen riß auf; dahinter erkannte ich die Silhouette der Liebesgöttin und hörtes ihr dunkles Lachen, das sich mit den Worten des Richters verband. «Bin ich nicht schön?» flüsterte sie mir ins Ohr: «Warum begehrst du mich dann nicht?»

Ich hob den Kopf und fühlte mich der vermummten Gestalt, zu deren Füßen ich lag, emotional ganz nah. Selten hatte mich eine Person so angezogen, der ich doch völlig ausgeliefert war. «Großer Gott!» schrie ich, bestürzt über meine Einsicht, und plötzlich war die Antwort da: «Ich suchte die Verletzung durch die Hexe, die ich einstmal vergewaltigt hatte, und tötete sie aus Wut, weil sie mein Opfer nicht annehmen wollte.»

«Welches Opfer?» fragte die nachtschwarze Gestalt. Ihre Miene war ernst, die dunklen Augen aber leuchteten.

«Das Opfer, ihre Macht nicht annehmen zu wollen», antwortete ich. Es waren die Flammen ihrer Sinneslust, jenes züngelnde, verzehrende schwarze Feuer, fiel mir plötzlich wieder ein, das die animalische Wut schmerzender Liebesglut in mir entfachte und mich den funkelnden Speer sexueller Begierde ihr tief in den Leib eindringen ließ.

«Welche Macht?» Der Richter sah mich düster an und in seinen Augen erkannte ich die peinvoll vergewaltigte Frau, die ihren Täter suchte.

«Die Macht, die sie über mich errang, indem es ihr gelang, mich zu zwingen, sie gegen meinen Willen umzubringen. Dadurch konnte sie mich in meine Schuld einbinden …»

Bei diesen Worten spürte ich, wie eine heftige Wut in mir aufstieg, gefolgt von einem sexuellen Gedanken, sie für das, was sie mir antat, quälen zu wollen. Gleichzeitig ahnte ich aber auch meine Schuld, denn in diesem Augenblick wurde mir mein innerer Widerspruch bewußt, und auf einmal wußte ich, weshalb ich hier stand.

«Respekt. Nicht jeder, der an dieser Stätte erscheint, hat die Wahrheit über das gefunden, was sich in seiner Seele zugetragen hat», tönte die richterliche Stimme durch Zeit und Raum. «Es ist wahr: Aphrodite begegnet den Sündern dieser Hölle als ihr Seelenanteil einer peinvoll vergewaltigten Frau, um durch die Rache am Täter das innere Gleichgewicht zu erlangen, und du selbst bist der sich opfernde Mann, der sich mit seiner eigenen Weiblichkeit überworfen hat und deshalb seine Männlichkeit nicht ausleben kann, da er sie aus der Sicht des Weiblichen ablehnt. Deshalb werde ich sie bitten, dein Opfer anzunehmen.»

Er hielt die rauchende Fackel mit der Rechten in die Höhe und betete: «Ich bitte dich, nächtliche Göttin, nimm sein Opfer an …»

Der Schleier vor meinen Augen hatte sich gehoben und zeigte mir die Göttin, nach der ich mich sehnte. Ihre massigen Formen waren von einem rötlichen Leuchten durchdrungen, und durch den impulsiven Schmerz hörte ich das Manifest ihrer Kraft, das sich mit meinen Tränen verband: «Meine Liebe ist der Ausdruck orgiastischer Lust, die sich am Tor zur Vernichtung befindet. Deshalb nehme ich dein Opfer an.»

Sie war es wirklich, dachte ich. Großer Gott, steh mir bei: Bin ich nicht ihr Opfer? Oder ist ihr mein Tod nicht Liebe genug?

«Bedank dich bei der Göttin für die Gnade, dein Bußopfer auf dem Sühnealtar annehmen zu wollen», sprach der Richter und ließ die Arme sinken, «kommen wir nun zum Urteilsspruch.»

Es war das Auge der Göttin, das auf mich gerichtet war: Es war nicht der Tod, es war die Liebe, die mich übergoß.

«Zur Buße wirst du auf ein Rad geflochten und der Göttin zum Opfer präsentiert», sagte er, «und zwar solange, bis dein sündiges Fleisch verwest und von den Gebeinen abgefallen ist. Dadurch wird deine Seele erlöst und dein sündiger Leib von Schuld befreit!»

«Das ist das Ende», wußte ich, als ich in seine Augen sah, denn es war die Hölle, der ich ins Antlitz blickte, der unbarmherzige Ort, der die Feinde bei lebendigem Leib zermalmte. Ich ahnte, mein Opfer war der Göttin nicht genug. Sie würde alles zerstören, auch die Frau, die ich liebte. Flehend winselte ich um Gnade: «Nicht diese Strafe!» bat ich inständig.

Die verhüllte Gestalt erhob sich und trat an meine Seite, und ich spürte, wie ihr prüfender Blick sanft über meinen geschundenen Körper glitt: «Eigentlich bin ich es, die verdient, bestraft zu werden» sagte sie, indem sie sich langsam zu mir hinunterbückte und die Maske hob. Da traf mich die Wahrheit wie ein Keulenschlag.

«Ich bin es selbst», sagte sie leise, und es klang beinahe versöhnlich, denn unter der Maske kam Aphrodites göttliches Antlitz zum Vorschein: «Verzeih!» Sie schien den Schrecken der Nacht ebenso überwunden zu haben wie die schwarze Maske, und nun stand sie wie die Verkörperung verlockender Weiblichkeit vor mir: «Erinnerst du dich? Ich bin die himmlische Verführerin, ins Höllische entrückt, und ich bringe dir den verlorenen Schmerz zurück.»

«Warum tust du mir das an? Was hab ich dir getan?» fuhr ich sie an und warf mich meinem unbewußten Gedächtnis in die Arme, das sich in allen Einzelheiten so lebensvoll vor mir aufspannte, daß ich glaubte, die Jahrhunderte durchdrungen und mit meinem Geist die Grenzen von Raum und Zeit niedergerungen zu haben.

Sie neigte sich zu mir herab, bis ihr weiches Haar meine Stirne streifte und ihr duftender Atem über mein Gesicht kroch und meine Sinne weckte: «Das ist keine Strafe! Sieh es einmal so: Aus der Nacht wird der Morgen geboren, und ihm folgt wiederum die Nacht. Wenn Leben und Tod, Tag und Nacht enden und eingehen in das, woraus sie kamen, was wird dann am Ende aller Wege sein: Es ist die Liebe. Kannst du das verstehen?»

Dann wandte sie sich dem Henker zu und gab ihm den Befehl, das Urteil zu vollstrecken. Doch bevor sie ging, schaute sie sich noch einmal um: «Das Überwinden der Schwelle ist wie eine fleischfressende Pflanze, die sich zwar jedem öffnet, der ihr Nahrung bietet, die aber auch jeden verschlingt, der sich zu tief in ihr verfängt.» Ihre Augen, in denen das Feuer der Leidenschaft zurückkehrte, wirkten golden, überirdisch, und bevor sie endgültig verschwand, vernahm ich ihre Stimme: «Ich sah, daß du dich nach der Lust der Schmerzen krümmtest. Deshalb nahm ich dein Opfer an. Besuch mich in der Hölle!»

Das Bild war verschwunden, als Akron plötzlich wieder vor mir stand und mich anzüglich anschaute.

«Wer war die Frau?» wollte ich wissen. Auf irgendeine Weise war sie mir vertraut, denn sie schien mir meine Opfermentalität zu spiegeln.

«Dann hast du dieses Teufelsweib erkannt», wiederholte er schmunzelnd, «denn es waren meine Augen, in die du schautest. Ich bin aber keine menschliche Person. Ich bin der Spiegel deines unbewußten Erlebens, zwischen dessen Rahmen du deine unerkannten inneren Personen plazierst. Und in meinem Auge hast du einen abgespaltenen Teil von dir entdeckt.»

«Meinst du die Frau?»

«Das war keine Frau, das war ein Fragment deiner negativen weiblichen Aggression, und das Erlebnis wurde von alten karmischen Erinnerungen geprägt. In dieser Szene manifestierte sich deine unerlöste destruktive Weiblichkeit, die du, wie gesagt, nicht erlösen konntest. Nun büßt sie in der Hölle. Doch damit ist die Geschichte noch nicht zu Ende, denn sie wollte, daß du sie dort unten besuchen kommst. Sehen wir uns also den letzten Abschnitt deiner Reise an …»

Und noch ehe ich mich zu seinem Vorschlag äußern konnte, mußte Akron schon mit beiden Augen geblinzelt haben, denn plötzlich hielt ich eine verwachsene, affenartige Gestalt im Arm, die gräßlich stank. Tausend Falten durchzogen ihr Gesicht, und doch erkannte ich unter ihrer Haut die Gesichtszüge der Göttin.

«Verzeih mir», rülpste sie, und dabei kroch ein entsetzliches Stück Kot aus ihrem Mund, «wenn ich dir in dieser Gestalt erscheinen muß, denn ich bin der Schatten der Aphrodite und büße hier für ihren Verrat. Ich bin dazu verdammt, mich nach Liebe zu sehnen, die ich nicht mag, und deshalb rieche ich nach Verwesung, was wiederum meine Ablehnung der Liebe vermehrt. Es sind die schwarzen Körpersäfte, die ich ausscheide und an denen ich leide, denn sie ziehen alle Buhlteufel an. Sie suhlen sich in meiner Fäulnis; das regt sie tierisch an. Deshalb bitte ich dich: Rette mich! Opfere dich und befreie mich aus dieser Schmach! Wenn du mit mir schläfst, bin ich erlöst. Dann werde ich zurückkommen und wieder so anziehend werden, wie ich es schon einmal für dich war. Erinnerst du dich nicht? Es war meine Liebe, die ich dir schenkte, die schwarze Glut meiner Lust, die zwischen sexueller Kraft, unterwerfender Macht und aufreizender Hingabe pendelte, eine Form von verzückter Ekstase, die sich an der Schwelle zum Liebestod befand.»

Ihre verlangenden Worte schienen mich zu betäuben und in sie hineinzuziehen, aber während ich in sie eindrang, spürte ich gleichzeitig auch eine Art von Befreiung, denn ich hatte das unbeschreibliche Gefühl, daß ich mich im Verschmelzungsrausch auflöste und langsam starb. Allmählich löste sich ihre Erscheinung auf. So überraschend, wie sie gekommen war, war sie auch wieder verschwunden, und ich sah nur noch Akrons blinzelndes Auge vor mir, das mich prüfend anschaute.

«Was bedeutet diese Vision?» wollte ich wissen.

«Sie beschreibt dein inneres Streben, den anderen zu verschlingen und dich gleichzeitig opfern zu wollen. Zwar begehrst du, läßt dich aber gleichzeitig von deiner inneren Angst dazu zwingen, das eigene Begehren abzulehnen und statt dessen Befriedigung im Erleiden der Aggressionen von anderen zu finden. Deshalb kannst du deine Triebe nur noch gegen deine innere Verhinderung durchsetzen, und dazu bedarf es der sexuellen Anziehung durch eine Hexe, der du deine Libido entweder im frustrierenden Verzicht oder in der Unterwerfung opfern darfst, oder die dich körperlich so sehr abstößt, daß jede Vereinigung zum schmerzlichen Sühneopfer werden muß.»

Als ich gerade begann, ihm zu schildern, wie sie mir in meiner Erinnerung erschienen war, winkte er freundlich ab und sagte, daß das nicht so wichtig wäre: Er wolle nur wissen, ob mich die affenartige Gestalt physisch angezogen habe oder nicht?

«Sie hat mich auf eine unbewußte Weise angezogen», erzählte ich ihm, «obwohl ich sie bewußt so häßlich fand, daß ich mich beinahe auflöste, als ich in sie eindrang.»

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