Kitabı oku: «Die 8te Pforte», sayfa 5

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Der Tod – die Bühne der Geister

Dann sah ich in der pulsierenden Atmosphäre zu meiner Linken plötzlich ein sonderbares Gesicht aufleuchten – mein eigenes. Es hatte keine klare Form, aber ich spürte, wie es mich ansah, während sich seine undeutlichen Konturen fliessend veränderten. Es war eine gewaltige Fratze, die mich mächtig anstierte, und im gleichen Moment wusste ich, das war der Tod, der einen Schlag gegen mich führte: Die rückseitige, dem Menschen abgewendete Seite des Lebens, die ihr Gesicht erst demjenigen zeigt, dessen Leben zu Ende geht, und ich gaffte das zyklopische Etwas in einer Art Schreckstarre solange an, bis sich die schreckliche Erscheinung wieder in ihre Hirnpartikel zerlegte.

Als ich mich wieder fing, hielt ich einen Moment inne und musterte die Umgebung. Das Ganze erschien mir ziemlich suspekt: Die ganzen Bilder, die sich um mich herum drehten, waren dem Buch meiner Erinnerungen entliehen, keine aktuellen Erlebnisse, sondern vergangene Szenen, die gerade wieder neu in mir erwachten, und das einzige, was sich bewegte, schien das sich erinnernde Auge meines inneren Betrachters zu sein. Vielleicht war es aber auch bloss die unbewusste Reaktion, um dem Gedanken an den eigenen Tod die Spitze zu nehmen.

Im gleichen Atemzug wurde mir auch klar, dass ich auf diesem Weg keine neuen Ziele erreichen konnte, die nicht schon tief in meiner Vergangenheit eingespeichert waren, denn sobald ich einen Moment lang stehenblieb und mich besinnen wollte, spürte ich den Gedankenstau im Kopf verbunden mit einem heftigen Impuls, der mich vorwärts in meine eigene Vergangenheit trieb. „Ist das mein Lebenskampf am Ende meiner Tage – der Kampf mit dem Tod?“, versuchte ich die Leere zu durchstossen, die mich umzingelte, um in dieser leblosen Sphäre zumindest einen Kontakt zu etwas Lebendigem herzustellen.


„Wenn du tiefer in dich hineinspürst, wirst du feststellen, dass der Tod eine Art Beobachter ist“, orgelte eine mächtige Antwort in meinem Inneren, „der dich niemals aus seinem Blickfeld lässt.“

Ich hielt einen Moment inne und lauschte den Worten, und gleichzeitig drang eine, wie mir schien, fremde Energie über die Sprache in mein Bewusstsein ein. Der Tod begann wie ein Spiegelbild in mir zu wachsen und eine Art Doppelgänger auszuscheiden, der sich mächtig ausdehnte, bis er mein ganzes Sehen ausfüllte, um dann mit einem Schlag wieder zu verschwinden. Und die Stimme in mir steigerte sich zu einem wuchtigen Akkord: „Der Tod ist nur eine andere Seite in dir, die dich am Ende, wenn deine Zeit gekommen ist, aus deiner inneren Mitte entlässt. Aus einer anderen Perspektive betrachtet ist er ein Ereignis aus einer zukünftigen Zeit, das sich auf dich zubewegt und dir jede Sekunde näher kommt. Sobald er dich gefunden und sich wieder mit dir verbunden hat, ist die Zeit um und dann wird dir klar …“ Und endete in einem mächtigen Crescendo: „Das Ende ist nichts ausser einem ‚verkopften‘ Akt, natürliche Abläufe so zu dramatisieren, damit wir sie besser in die Abläufe unserer Erinnerungen einfügen können.“

„Dann ist der Tod weniger als nichts …“ Ich erläuterte meinen Standpunkt voller aufrichtiger Naivität.

„ … weniger als der Punkt oder das Komma in diesem Satz, den du gerade hörst oder am Lesen bist, ein kleiner, verlorener Fleck irgendwo im Kosmos, der am Ende deiner Tage in dich eindringen und dich zu feinem Staub vermahlen wird, der sich unendlich über die ganze Sphäre verteilt. Mach dir aber deswegen nicht in die Hose“, hörte ich die Antwort in meinem Hirn. „Der Mensch ist ein gespaltenes Wesen, zerrissen zwischen Denken und Psyche, der im Spiegel nur in seine erloschenen Augen blickt, und der Tod ist sein Heiler, der die erstorbenen Blicke wieder beseelt. Während dieses Vorgangs löst sich das Ich in einer Handvoll tanzender Funken auf, das sind die geistigen Impulse, die sich zu einer vorübergehenden höheren Verbindung formen. Das ist auch einer der Gründe, warum wir uns miteinander austauschen können, obwohl wir einen ganz anderen fundamentalen Background haben. Aber durch dieses geistige Manöver sind wir einen flammenden Sekundenbruchteil eins.“

Mein vielschichtiges Wesen flackerte einen Moment, dann begann sich meine Bewusstseinsbühne zu verschieben und sich zu einem sechsgliedrigen Erkenntnisfächer auseinanderzufalten: „Wir sind deine auf sechs verschiedenen Stufen operierenden inneren Personen und möchten dir unsere Sicht in einem einzigen Gedankenflash präsentieren. Bist du bereit?“


Während ich mir innerhalb von sechs verschiedenen Existenzebenen plötzlich selbst gegenüberstand, erreichte mich die Antwort aus einer unendlich fernen und doch so vertrauten Sphäre: „Es ist, als ob du dich in einem grossen leeren Raum aufhältst und die Wand anbrüllst, auf der du selbst in großen Lettern das Wort ‚Erkenntnis‘ geschrieben hast. Doch am Ende der Vorstellung wäschst du die Buchstaben wieder ab und gehst weiter, denn: Nichts, was verstanden werden kann, kann Erkenntnis sein. Wenn du aber einen Blick in den Abgrund deiner Seele wirfst, wirst du die Wahrheit entdecken und … mit meinen Augen auf der anderen Seite erwachen!“

Der erste Geist

„Guten Tag“, sagte eine Stimme hinter mir.

Ich sah mich um. Wie durch Zauberkräfte öffnete sich der Raum und eine Gestalt, die eine jenseitige Aura ausstrahlte, stand mir mit schmalen, bleichen Lippen gegenüber. Die Erscheinung, die ungefähr meine eigene Statur besass, beunruhigte und erschreckte mich, denn sie erschien mir wie ein Wanderer aus der Zwischenwelt, und ein Blick in ihre nach innen gerichteten Pupillen überzeugte mich, dass sie mir ziemlich verloren, aber keinesfalls feindlich gegenüberstand.

Was mir aber seltsam erschien war, dass dieser Geist mit den Augen nicht richtig zu greifen war: Und was im ersten Augenblick wie eine Gestalt aus dem letzten Jahrhundert mit blassem Gesicht, schmaler, langer Nase und längerem Haar aussah, verwandelte sich auf den zweiten in das gespenstische Bild eines Jenseitigen oder Ausserirdischen, sodass ich mir nicht mehr sicher war, überhaupt eine menschliche Erscheinung vor mir zu sehen.

Das Ganze war aber viel mehr als nur eine verkopfte Vision, denn gleichzeitig fiel mir auf, dass mich der Fremde irgendwie an das Porträt eines Urahnen erinnerte, das im Haus meiner Väter in der Bibliothek hing. Und mit einem Mal war’s mir klar: Ich befand mich an der Schwelle zwischen Leben und Tod und alles, was ich sah, waren gespeicherte Bilder aus meiner Erinnerung, wie eine selbstbewegliche Aneinanderreihung digitaler Impulse direkt auf meine Gedankenschirme projiziert.

„Gevatter, bist du’s? Kommst du mich holen?“ Ein Muster formte sich in der Luft und einen Moment dachte ich, es wäre der Tod. Doch das Leuchten konnte nicht reden. Es flimmerte in der Luft und verdrehte sich in sich selbst wie ein vielfarbiges Hologramm mit Regenbogeneffekten an der Grenze jeder Farbe. Dann sah ich in der pulsierenden Atmosphäre zu meiner Linken plötzlich ein sonderbares Gesicht reflektieren. Es hatte keine klaren Formen, aber ich spürte, dass es mich ansah, während sich seine undeutlichen Konturen fliessend veränderten.

„Es wird endlich Zeit, dass uns jemand besuchen kommt“, antwortete mir die Stimme und ich glaubte im Nebel, der um die Gesichtszüge lag, ein vorsichtiges Lächeln zu entdecken, genauso wie mich mein goldgerahmter Urahne von der Wand herab anlächelte, während ich am Schreibtisch sass und mich mit diesen Gedanken beschäftigte.

„Wer bist du?“, wagte ich zu fragen, und der Dunst in der Luft begann wie durch Zauberhand in irisierenden Farben zu leuchten.

„Ich bin der Erinnerungsimpuls aus dem kollektiven Bewusstseinsspeicher, der sich auf die Frequenzen deines Denkens eingeschwungen hat“, glitzernde digitale Funken liefen die Farblinien um sein Gesicht entlang, „und im Dialog miteinander bilden wir den Schnittpunkt zwischen den Welten, wo Erkenntnisse hin und her fliessen. Das ist der Begegnungsort mit diesen mysteriösen und jenseitigen Sechs Geistern, die du ja schon lange in dir erahnst.“

„Trugbilder? Phantome? Möglicherweise Wesen aus einer anderen Welt?“, stotterte ich, doch im gleichen Moment fühlte ich mich von einer ungewohnt aktiven Kraft durchdrungen. „Oder versuchst du mir gerade zu sagen, dass irgendetwas Fremdes deinen Geist gefangen hält?“, getraute ich mein Missbehagen glasklar zu artikulieren.

„Nur keine Panik: Der Mensch besteht aus unendlich vielen unbewussten Persönlichkeitsteilen, zwischen denen er mehr oder weniger unkontrolliert hin und her surfen kann.“ Die pulsierenden Linien verschwanden, das Geistergesicht nickte: „In der dualen Welt werden alle diese Teile in einer einzigen Persönlichkeitsblase abgespeichert, die dir suggeriert, Ich zu sein. Doch hier wirst du mit jedem deiner inneren sechs Teile konfrontiert.“

„Bist du dir ganz sicher?“ Ich zog eine verwunderte Miene: „Im Moment spüre ich davon überhaupt nichts!“

„Das wird sich gleich ändern“, tönte es aus dem kollektiven Bewusstseinsspeicher, „denn du bist alles andere als normal und deine Ziele sind ziemlich verrückt.“

„Ziele? Was für Ziele?“, fragte ich, nur um etwas zu sagen.

„Ich umschreib’s dir“, sagte er und seine Geisteraugen umkreisten mich wie eine interessante Beute, „du bist das Pferd, das über die Hürde springt, und ich bin die Hürde, die vom Pferd übersprungen wird.“ Eine ungewohnt heitere Stimmung überkam mich bei seinen Worten und ich spürte, dass ich dem üblichen Alltag entflohen war. „Zusammen sind wir die Hürde zu dir selbst, die Erlösung und das Ziel am Ende deiner Reise … verstehst du jetzt?“

„Hürde … du?“ Ich spürte seinen Blick tief in mir und stöhnte: „Dann bist du gar keine selbstständige Person?“ Ich konnte meine Gefühle leicht in seine Botschaft hineinprojizieren.

„So ist es“, erwiderte er und seine Jenseitsaugen blickten emotionslos durch mich hindurch. „Und trotzdem bin ich auch mehr. Ich bin nicht nur der Geist, der dir hilft, deine Ziele zu erreichen, ich bin auch die Vision, die dir die Relativität deiner Absichten über das Erreichen deiner Ziele hinaus zu erkennen hilft …“

Ich schluckte, aber da war noch längst nicht Schluss, denn seine Energie fing an mich von innen her zu piesacken: „ … also zu erkennen, was dich zwingt, zu tun, was du tun musst, um zu sein, was du bist, und später, wenn du reifer geworden bist, auch zu realisieren, was der Preis dafür ist, den du für das Erreichen deiner Ziele zu bezahlen hast.“

„Das tönt aber ziemlich ernüchternd“, dachte ich bei mir. Ich war auf ein transzendentales Erlebnis gefasst, aber da kam nichts.

„Wie könnte es auch anders sein, denn ich gehöre zu dir – bin dein dich sowohl antreibender wie kritisierender Teil.“ Sein Geist begann mich von innen her zu stützen: „Wenn du wissen willst, wer ich bin, dann stelle mir deine Fragen, oder umgekehrt, wenn du mir deine Fragen stellst, dann erkennst du an meinen Antworten, wer du wirklich bist.“

„Wer bin ich also?“, krakeelte ich. Andererseits fühlte ich mich durch ihn ausserordentlich gestärkt.

„Wer du bist? Du bist nicht besser – du bist wie ich.“

„Dann sag mir, wer du bist!“

„Es gibt auch jenen dunklen Geist in mir“, die Augen hinter der Fratze lächelten fies, „der um des materiellen Vorteils willen alles zerstört, was ihn hindert oder sich ihm in den Weg stellt. Das entspricht dem üblichen Spiel mit der Realität: Willst du dich auf dieses Spiel einlassen?“

„Das ist es ja gerade, was ich dich fragen wollte: Warum halten sich die Menschen wie betäubt in ihrer eigenen, selbstgeschaffenen Realität gefangen? Weshalb klammern sie sich so ausschließlich an dieser Alltagsparanoia fest?“, wollte ich wissen, doch er schien meine Frage schon erraten zu haben und antwortete, noch bevor dieses Thema ganz verklungen war.

„Woran sollten sie sich sonst klammern?“, entgegnete mir die pulsierende Regenbogengestalt, die aber keinesfalls nur dem somnambulen Ausdruck meiner träumerischen Versunkenheit geschuldet war, sondern die sich auch zunehmend vor meinen Augen verfestigte, „letztlich haben sie ja auch nichts anderes als diese sich selbst eingebildete Realität. Deshalb sind sie ja alle auch so erpicht darauf, die Welt, wenn sie sie schon kaum mitgestalten dürfen, wenigstens kontrollieren zu können, damit sie am Ende nicht noch ihren sich selbst eingebildeten Lebenssinn verlieren und damit alles, wofür es sich zu leben und zu sterben lohnt.“

„Demnach kann Realität keine objektive Wirklichkeit sein?“ Auch hier fiel mir wieder der Widerspruch auf zwischen seinem realitätsfernen und jenseitigen Auftritt und der ausserordentlichen Klarheit und Transparenz seiner Aussage.

„Realität ist die objektivste Wirklichkeit, die sich das Individuum nach seinem Bilde schaffen kann“, vernahm ich die Kraft seiner Worte, die sich mir wie eine geistige Klinge tief und einschneidend in den Geist bohrten. „Das Hirn ist ein unformatierter Speicher, der sich nach seiner Umgebung ausrichtet. Lässt man ein Kind beispielsweise mit den Affen aufwachsen, dann folgt es in seinem Fokus der ihn prägenden Affenkultur.“

„Wenn ich dich richtig verstehe, so würde sich das Tun der Menschen darin erschöpfen, ihre eigene, anerzogene Wirklichkeit zu verwalten?“, versuchte ich den Sinn seiner Antwort in eine mir verständliche Form zu fassen.

„Sie verwalten sie nicht nur, sie entwickeln sie auch, zumindest innerhalb der ihnen vorgegebenen Strukturen“, pflichtete er mir bei und ich spürte, dass er mir nicht glaubte, dass ich ihm folgen könnte, da mich die Routine meines Denkens von den tieferen Zusammenhängen sowieso abhalten würde. „Der Mensch hat allerdings keine Möglichkeiten, auf diese kollektiven Muster einzuwirken. Der Prozess lässt sich ebenso wie der Zeitgeist nicht mehr aufhalten, in dessen Antworten auf die Fehler von gestern bereits die Probleme von morgen schlummern.“

„Das tönt mir alles viel zu pessimistisch. Können wir wirklich so wenig tun?“ Ich sah ihn fragend an.

„Es gibt schon heute kein Zurück mehr, da die evolutionären Ströme ein solches Ausmaß an gesellschaftlicher Veränderung mitführen, dass sie alles niederreissen, was sich ihnen entgegenstellt“, antwortete er und ein Hauch unerbittlicher Klarheit durchdrang meinen Bewusstseinsraum.

„Du redest von der Unmöglichkeit oder den geringen Möglichkeiten des Einzelnen, um auf diese kollektiven Muster persönlich einwirken zu können“, wiederholte ich, „aber sag: Wie ist das mit der Liebe? Was ist mit Herzenswärme, Gefühl, Hingebung und Herzlichkeit?“

Einen Moment schien es, als würde sich das Hologramm verändern, als würden sich die Regenbogeneffekte an der Grenze jeder Farbe ineinander verschieben und dieses Gesicht mit den leuchtenden Augen, weicheren Zügen und goldenen Haaren aus der halluzinogenen Szenerie meiner Phantasie hervortreten lassen. Und ich sträubte mich gegen die Vorstellung, dass die neue, fließendere Gestalt, die sich aus dem Urahnen hervorschälte, mit diesem ein- und dieselbe Person wäre.

Der zweite Geist

„Mit der Liebe?“, echote es in meiner Erinnerung.

Es war ein jugendlicher Liebestraum: Ich spielte an einem Teich, und in den Kräuselungen des Wassers erblickte ich ein tanzendes Mädchen mit weit ausgebreiteten Armen, das mit dem Mond jonglierte. Zwei kleine Sterne glänzten am Himmel wie zwei lebendige Augen, die den Menschen nach Hause leuchteten. Sie schüttelte ihr Haupt, und mit einer himmlischen Leichtigkeit schien ihr goldenes Haar wie Sternenglanz über ihre Schultern zu fließen. Es war aber keine wirkliche Gestalt, eher so etwas wie eine halb durchsichtige Projektion, eine Art mystische Vision, aber vielleicht träumt noch ab und an irgendwo ein einsamer Sternenwanderer eine Realität, in der es solche Träume gibt, bis auch diese Erzählungen vergessen sein werden.


Ich hielt die Augen starr auf die Vision gerichtet und bewegte mich nur sehr vorsichtig, um die Szene in meinem Kopf nicht zu gefährden und das Bild zu verlieren, und sah als nächstes, wie die Umgebung erst ein rosiges, Verliebtheit assoziierendes Leuchten aussandte, um nach kurzer Zeit in ein tieferes, geheimnisvolles Zwielicht-Scharlachrotglühen überzugehen. Auf ihrem goldenen Haar glitzerte das Sternenmuster am Himmelszelt, das wie durch hauchdünne goldene Lichtfäden verbunden war, und als ich meinen Kopf nach hinten beugte, konnte ich sehen, wie sich ihr Engelgesicht gleichsam über mich beugte und mir direkt in die Seele sah.

„Die Menschen nennen es oft Liebe“, sagte die ätherische Gestalt mit ihrer bezaubernden Leichtigkeit in der Stimme, die man, wenn man sie einmal gehört hatte, kaum mehr vergessen konnte, „dabei ist Liebe nur der himmlische Wahn zwischen einer übertriebenen Anima-Erwartung und einer euphorischen Realitätsverzerrung – eine Art Zwischenebene zwischen Paranoia und Schlaf …“ Plötzlich verfing sich der Mond in ihren Haaren und gleichzeitig zerplatzte mein Traum, Tränen flossen übers Gesicht, während sie mich voller Wehmut anschaute. Mich erfasste ein Gefühl von tiefem Schmerz.

„Es liegt eine eigene Welt zwischen Denken und Empfinden, die halbbewusst einen grossen Einfluss auf unsere Zielsetzungen ausübt …“, fuhr die liebreizende Stimme bekümmert fort.

„ … du meinst eine Art Plattform halbbewusster Wünsche als Grundlage für zukünftige Entscheidungen zwischen Bewusstheit und Schlaf?“, hakte ich betroffen nach. „Das ist mir viel zu abgründig …“ Ich musste mich einen Augenblick besinnen, ob ich die Desillusionierung und Auflösung all dieser bezaubernden Traumata überhaupt zulassen wollte.

„Es ist eine Form von Zwischenebene zwischen emotionalen Erwartungen und emotionalen Rückständen wie Hass, Wut oder Ohnmacht.“ Ihr seidenweiches Haar hing wie ein berückender Schleier um ihr schön modelliertes Gesicht und keine ihrer Bewegungen verschob die Falten des Sternengewandes, welches sie wie einen himmlischen Brodem umhing.

„Emotionale Rückstände?“, wagte ich vorsichtig einzuwenden, denn plötzlich schien mir, als ob ich gegenüber dieser einnehmenden Erscheinung von einer ganz besonderen Sensibilität beseelt war. „Wie darf ich das verstehen?“

Aber – wie seltsam – ihre grossen, lichtstrahlenden Augen ruhten nicht auf meinem Gesicht, sondern gingen gewissermassen durch mich hindurch und drangen tief in meine Psyche ein. Sie sagte: „Es ist die Ebene der geleugneten, verdrängten und unterdrückten Gefühle, die der Mensch bei sich selbst ablehnt.“ Jetzt wurde mir auch klar: Ich war ein Teil ihres Traums, der sich in den Tiefen des Unbewussten inszenierte, um mich auf zwei Bewusstseinsebenen damit gleichzeitig zu konfrontieren.

Und tief in meiner Seele öffnete sich ein Augenpaar und sah mich aus einem Zustand tiefster Gespaltenheit an. Dieser Blick traf den meinen – im Traum. Es schien, als ob wir in uns gegenseitig die Erinnerung eines alten verdrängten Schmerzes auslösten und im anderen gleichzeitig den Jammer fühlten, der in unserem eigenen Liebesverlangen lag.

Unsere Blicke vertieften sich ineinander, als ob von ihr ein stiller Vorwurf ausging, der auch mich betraf, und mir war, als ob sich Eros mit trunkenem Übermass von uns trennte, denn wie von einem unsäglichen Schmerz getroffen seufzte sie lang und schaute mir dabei unergründlich in die Augen: „Unsere Blicke dringen zu den Brunnenstufen unerlöster Liebe hinab, die halbverdrängt tief unter der Oberfläche schlummern, bis sie durch negative Ereignisse oder Erinnerungen aufgescheucht werden und sich ins bewusste Erleben drängen.“


Ich erinnerte mich an einen Kindertraum: Ich spielte an einem Teich. Auf der dunklen Oberfläche des Wassers glitzerte das Sternenmuster am Himmelszelt, das wie durch hauchdünne goldene Lichtfäden verbunden war. Irgendwie nahm ich ein paar grosse Apparaturen und Instrumente um mich herum wahr, und langsam dämmerte mir, dass ich mich auf einer Intensivstation befinden musste. Ich war nicht ganz wach, aber ich schlief auch nicht; es musste ein seltsamer Wachtraum sein, ein halbwacher Zustand mit dem traumähnlichen Bild eines aus Fragmenten bestehenden Ereignisses. Noch während ich erschöpft wieder die Lider schloss und mich mit einem Seufzer tiefer ins Bett sinken liess, wusste ich, dass ich nicht träumte. Niemals zuvor in meinem Leben war ich bei klarerem Bewusstsein gewesen. Es gab nicht den geringsten Zweifel. An der Decke weitete sich plötzlich ein grosser Klecks wie ein gefühlter Schatten aus, und als ich meinen Kopf nach hinten beugte, konnte ich sehen, wie sich ihr Engelsgesicht einer dunklen Wolke ähnelnd vor die Deckenlampe schob. Sie beugte sich über mich und schaute mir von oben in die Augen. In diesem Augenblick bin ich aufgewacht und mir wurde alles klar, und ich fragte mich, wer sie war: „Wer war dieser zweite Geist, der sich aus der Energiekette meiner Vorfahren herausgeschält hatte, die mir aber alle erst sehr viel später im ‚Haus der Erinnerungen‘ vorbehalten waren? War das ein Akt ‚zukünftiger Erinnerung‘ oder wer war diese vorgezogene Stimme in meinem Ohr?“

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Yaş sınırı:
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Litres'teki yayın tarihi:
22 aralık 2023
Hacim:
357 s. 96 illüstrasyon
ISBN:
9783906925011
Yayıncı:
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