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Kitabı oku: «Denkwürdigkeiten eines Fechtmeisters», sayfa 12

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Meine erste Bewegung war, meinen Dolch fahren zu lassen, und mein Gewehr zu nehmen, als der erstaunte Bär uns einen nach dem anderen anblickte, und noch unentschlossen zu sein schien, auf wen von uns beiden er zuschreiten sollte; aber der Graf ließ ihm keine Zeit zu wählen. In der Meinung, daß ich irgend eine Ungeschicklichkeit begehen würde, wollte er den Feind auf sich ziehen, und, indem er, um eine Art von lichten Raum zu gewinnen, in welchem er in seinen Bewegungen freier wäre, einige Schritte auf mich zu that, warf er ihm eines der Schilder von weißem Blech, das er in der Hand hielt, auf die Nase. Der Bär warf sich sogleich mit einem einzigen Sprunge darüber her, und mit einer unglaublichen Leichtigkeit nahm er das Schild zwischen seine Tatzen, und zerbog es brummend. Der Graf trat ihm nun einen Schritt näher und warf ihm ein zweites zu; der Bär erfaßte es wie ein Hund den Stein, den man ihm zuschleudert, und zermalmte es zwischen seinen Zähnen. Der Graf warf ihm, um seinen Zorn zu erhöhen, ein drittes zu; aber als ob er eingesehen hätte, daß es eine Thorheit sei, sich gegen einen leblosen Gegenstand zu erboßen, ließ er dieses Mal das neben ihm zu Boden gefallene Schild verächtlich liegen, wandte seinen Kopf nach dem Grafen, stieß ein fürchterliches Gebrüll aus, und that im Trabe einige Schritte auf ihn zu, so daß sie sich nur noch ein zehn Schritte einer von dem anderen befanden. In diesem Augenblicke ließ der Graf einen scharfen Pfiff hören. Auf diesen Ton richtete sich der Bär sogleich auf seine Hinterfüße, das war es, was der Graf erwartete; er warf sich auf das Thier, welches seine beiden Arme ausstreckte, um ihn zu ersticken; aber bevor er nur noch Zeit gehabt hatte, sie zu schließen, stieß der Bär einen entsetzlichen Schmerzens-Schrei aus, und indem er wankend wie ein trunkener Mensch drei Schritte zurück hat, fiel er todt zu Boden. Der Dolch hatte ihm das Herz durchbohrt.

Ich eilte zu dem Grafen, um ihn zu fragen, ob er nicht verwundet sei, und ich fand ihn so ruhig und so kalt, als ob er die Flechsen eines Rehes durchschnitten hätte. Ich verstand nichts von einem solchen Muthe, ich zitterte am ganzen Leibe davon, daß ich nur dem Kampfe beigewohnt hatte.

– Sehen Sie, wie man es machen muß, sagte der Graf zu mir, es ist nichts leichter als das. Helfen Sie mir ihn umwenden, ich habe ihm den Dolch in der Wunde gelassen, um Ihnen die Unterweisung vollständig zu geben.

Das Thier war gänzlich todt; wir wandten es mit Mühe um, denn es mußte wohl vier Zentner wiegen, da es ein schwarzer Bär von der größten Art war. Er hatte wirklich den Dolch bis ans Heft in der Brust stecken; der Graf zog ihn heraus, und senkte die Klinge drei oder vier Mal in den Schnee, um sie zu reinigen. In diesem Augenblicke hörten wir von neuem rufen, und durch die Zweige sahen wir den Jäger, welcher sich zur Linken des Herrn von Narischkin befand, seiner Seits mit einem Bären beschäftigt. Der Kampf dauerte ein wenig länger, aber am Ende fiel der Bär wie der erste.

Dieser doppelte Sieg, den ich so eben unter meinen Augen hatte erringen sehen, hatte mich begeistert, das Fieber, welches mir das Blut verbrannte, hatte alle Furcht entfernt, Ich fühlte mich stark wie der Nemäische Herkules, und begehrte nun auch meine Proben abzulegen./p> Die Gelegenheit ließ nicht auf sich warten. Kaum hatten wir zwei Hundert Schritte weit von dem Orte gethan, wo wir die beiden Leichname gelassen, als ich den oberen Theil von dem Körper eines Bären zu bemerken glaubte, der halb aus seiner Höhle herausgegangen, zwischen zwei Felsen stand. Einen Augenblick lang war ich ungewiß, und um mich aus der Ungewißheit zu ziehen, warf ich herzhaft eines meiner Blech- Schilder nach dem Gegenstande, er mochte nun sein, was er wolle. Die Probe war entscheidend, der Bär öffnete seinen Rachen, zeigte mir zwei Reihen schneeweißer Zähne, und ließ ein Brummen hören. Bei diesem Brummen blieben meine Nachbaren zur Rechten und zur Linken stehen, indem sie ihre Gewehre in Bereitschaft setzten, um mit im Falle der Noth Hilfe zu leisten, denn sie sahen wohl, daß dieser da für mich war.

Bei der Bewegung, mit welcher ich sie Hand an ihr Gewehr legen sah, hielt ich mich für ermächtigt, mich auch des meinigen zu bedienen; außerdem gestehe ich, daß ich mehr Vertrauen zu dieser Waffe, als zu meinem Dolche hatte. Ich steckte ihn dem nach in den Gürtel, und nun das Gewehr ergreifend, nahm ich das Thier mit all dem kalten Blute, das ich zu Hilfe rufen konnte, aufs Korn; der Bär seiner Seits machte mir gut Spiel, indem er sich nicht reizte; endlich, als ich ihn recht gefaßt, legte ich den Finger an den Drücker und der Schuß ging los.

Im selben Augenblicke ließ sich ein entsetzliches Brüllen hören. Der Bär richtete sich auf, indem er die Luft mit einer seiner Pfoten peitschte, während dem daß die andere, an der Schulter zerschmettert, längs seines Körpers hinab hing. Zu gleicher Zeit hörte ich meine beiden Nachbaren mir zurufen: Nehmen Sie sich in Acht! In der That kam der Bär, als ob er sich von einer ersten Regung der Bestürzung erholt, trotz seiner zerschmetterten Schulter mit einer solchen Schnelligkeit gerade auf mich zu, daß ich kaum die Zeit hatte, meinen Dolch zu ziehen. Ich wäre nicht im Stande das zu erzählen, was sich nun ereignete, denn alles geschah rasch wie der Gedanke. Ich sah das wüthende Thier mit ganz blutigem Rachen sich vor mir aufrichten; ich führte meiner Seits mit aller meiner Kraft einen fürchterlichen Stoß gegen ihn; aber ich traf eine Rippe, und der Dolch glitt aus; ich fühlte nun feine Tatze wie einen Felsen auf meiner Schulter lasten, ich bog die Knie, und sie rücklings unter meinen Gegner, indem ich ihn instinktmäßig mit meinen beiden Händen am Halse packte, und alle meine Kräfte sammelte, um seinen Rachen von meinem Gesichte abzuhalten. Im selben Augenblicke knallten zwei Schüsse, ich hörte das Pfeifen der Kugeln, dann ein mattes Geräusch. Der Bär stieß einen Schmerzensschrei aus, und senkte sich mit seiner ganzen Last auf mich. Ich sammelte alle meine Kräfte, und mich von der Seite werfend, befand ich mich befreit. Ich stand sogleich auf, um mich wieder in Vertheidigungsstand zu setzen, aber es war unnöthig, der Bär war todt; er hatte zu gleicher Zeit die Kugel des Grafen Alexis hinter das Ohr und die des Jägers in die Weichen der Schulter bekommen. Was mich anbelangt; so war ich mit Blut bedeckt, aber ich hatte nicht die geringste Verletzung.

Jedermann eilte herbei, denn in dem Augenblicke, wo man wußte, daß ich mit einem Bären im Kampfe wäre, war jeder besorgt, daß sich die Sache schlimm für mich wenden möchte. Man sah mich demnach mit einer großen Freude neben meinem todten Feinde auf meinen Füßen stehen.

Mein Sieg, so geheilt er auch war, machte mir darum nicht minder große Ehre, denn ich hatte mich nicht zu übel für einen Neuling benommen. Der Bär hatte, wie ich bemerkt, die Schulter durch meine Kugel zerschmettert, und mein Dolch war ihm im Ausgleiten auf der Rippe bis an die Gurgel gedrungen; die Hand hatte mir also weder in der Ferne noch in der Nähe gezittert.

Die beiden anderen Bären, die man in der Einschließung aufgespürt hatte, waren bei unseren Musikern durchgebrochen, die Jagd demnach beendigt; man schleppte die Leichen bis an den Weg, und schritt zu der Auskleidung der Todten; dann schnitt man ihnen die vier Pfoten ab, die als einer der größesten Leckerbissen betrachtet, uns zum Mittagessen dienen sollten.

Wir kamen mit unseren Trophäen auf das Schloß zurück. Ein wohlriechendes Bad erwartete jeden von uns in seinem Zimmer, und das war, nachdem wir einen ganzen halben Tag in unsere Pelze eingehüllt gewesen waren, eben nicht überflüssig. Nach Verlauf einer halben Stunde meldete uns die Glocke, daß es Zeit sei, in den Speisesaal hinab zu gehen.

Das Mittagessen war nicht minder prunkvoll, als am Tage zuvor, ausgenommen die Störe, welche durch die Bären-Klauen ersetzt waren. Es waren unsere Jäger, die sie, ihr Recht in Anspruch nehmend, zum Verdrusse des Haushofmeisters gebraten hatten, und das ganz einfach in einem in der Erde ausgehölten Loche unter glühenden Kohlen und ohne alle Zubereitung. Als ich demnach auch diese gestaltlose und geschwärzte Art von Kohlen erscheinen sah, fühlte ich wenig Appetit zu diesem sonderbaren Gerichte; man legte mir nichts desto weniger meine Tatze wie den anderen vor, und entschlossen dem Beispiele bis an das Ende zu folgen, nahm ich mit meiner Messerspitze die sie bedeckende verbrannte Kruste ab, und gelangte zu einem auf das trefflichste in seinem Safte gebratenen Fleische, dessen Werth ich dem ersten Bissen erkannte. Es war eine der Schmackhaftesten Sachen, die man essen konnte.

Als ich wieder in meinen Schlitten stieg fand ich in demselben das Fell meines Bären, welches Herr von Narischkin artiger Weise in denselben hatte legen lassen.

XI

Wir fanden St. Petersburg in den Vorbereitungen zweier großer Feste wieder, die in einem Zwischenraume von einigen Tagen auf einander folgen; ich will von dem Neujahrsfeste und der Wasserweihe reden: das erste durchaus weltlich, und das zweite durchaus religiös.

Zu Folge des Herkommens, welches die Russen, den Kaiser Vater, und die Kaiserin Mutter, nennen läßt, empfangen am Neujahrstage der Kaiser und die Kaiserin ihre Kinder. Fünf und zwanzig Tausend Eintrittskarten sind wie dem Zufalle überlassen an diesem Tage durch die Straßen St. Petersburgs verbreitet, und die fünf und zwanzig Taufend Eingeladenen sind am selben Abende ohne Unterschied des Ranges im Winterpalaste zugelassen.

Es waren einige Unglück verkündende Gerüchte im Umlauf: man sagte, daß der Empfang dieses Jahr nicht stattfinden würde, denn es hatten sich trotz dem finsteren und tiefen Schweigen, welches die Polizei in Rußland bewahrt, Gerüchte von Mordanschlägen verbreitet. Es war noch jene unbekannte Verschwörung, jene Schlange mit Tausend Krümmungen und tödtlichen Stacheln, welche das Haupt erhob, drohete, und dann wieder sogleich in die Finsterniß zurückkehrend sich vor aller Blicken verbarg. Aber bald verschwanden die Besorgnisse, zum mindesten die der Neugierigen, der Kaiser hatte dem Großmeister der Polizei ganz bestimmt den Wunsch erklärt, daß alles, wie gewöhnlich vor sich ginge, welche Bequemlichkeit auch zur Ausführung eines Mordes der Domino böte, mit dem nach einem alten Gebrauche die Männer an diesem Abende bekleidet sind.

– Es ist übrigens in Rußland bemerkenswerth, daß, die Familienverschwörungen abgerechnet, der Herrscher nichts zu fürchten hat, als die Großen; seine doppelte Würde als hoher Priester und als Kaiser, die er gleich ihren morgenländischen Nachfolgern von den Cäsaren geerbt hat, machen ihn für das Volk geheiligt. Sonst war es in allen Ländern so, und es liegt hierin die blutige Seite der Civilisation. In den Zeiten der Barbarei blieb der Mörder in der Familie, aus der Familie ging er in den Adel über, und aus dem Adel sank er in das Volk herab. Rußland hat demnach noch Jahrhunderte zur überschreiten, bis es seine Jaques Clement, seine Damiens und seine Alibaud hat; es ist bis jetzt nur noch an seinen Pahlen und an den Ankarström’s.

Demnach war es auch unter seinem Adel, in seinem Palaste selbst, und bis unter seiner eigenen Garde, daß Alexander, wie man sagte, Mörder finden sollte. Man wußte das, man sagte es zum mindesten und inzwischen konnte man unter den Händen, welche sich nach dem Kaiser austreckten, nicht die Freundeshände von den Feindeshänden unterscheiden; der, welcher sich ihm kriechend gleich einem Hunde näherte, konnte sich plötzlich aufrichten, und ihn wie ein Löwe zerreißen. Es war dabei nichts zu thun, als abzuwarten und Gott zu vertrauen, und das war es, was Alexander that.

Der Neujahrstag kam herbei. Die Eintrittskarten waren wie gewöhnlich vertheilt; ich hatte deren zehn für eine, so sehr beeiferten sich meine Schüler, mich dieses, für einen Fremden so interessante Nationalfest sehen zu lassen. Um sieben Uhr Abends öffneten sich die Thüren des Winterpalastes.

Ich hatte vor allem nach den verbreiteten Gerüchten erwartet, die Eingänge des Palastes mit Truppen besetzt zu finden, mein Erstaunen war demnach groß, als ich nicht ein einziges Bajonet Verstärkung erblickte; die Schildwachen allein befanden sich wie gewöhnlich an ihren Posten, das Innere des Palastes war ohne Wachen.

Nach dem Eingange unserer Freitheater kann müßte einen Begriff machen, wie groß das Gedränge einer acht Mal größeren Menge sein muß, die sich in einen gleich den Tuilerien weiten Palast stürzt; und inzwischen ist es in St. Petersburg bemerkenswerth, daß die Ehrerbietung, die man unwillkürlich für den Kaiser hat, verhindert, dieses Zuströmen in ein lärmendes Gewühl ausarten zu lassen. Anstatt aus Leibeskräften zu schreien, sagt jeder durchdrungen von seiner Niedrigkeit, und dankbar für die Gunst, die man ihm bewilligt, zu seinem Nachbar: Keinen Lärm, keinen Lärm!

Während dem man seinen Palast anfüllte, befand sich der Kaiser in dem St. Georgs-Saale, wo er bei der Kaiserin sitzend, und umgeben von den Großfürsten und Großfürstinnen, das diplomatische Korps empfing. Dann plötzlich, wenn die Säle voller vornehmer Herrn und Moujicks, Fürstinnen und Grisetten sind, öffnet sich die Thüre des St. Georgs-Saales, die Musik ertönt, der Kaiser bietet Frankreich, Oesterreich oder Spanien in der Person ihrer Gesandtinnen die Hand, und zeigt sich in der Thür. Nun drängt und zieht sich jeder zurück, die Wogen trennen sich wie das rothe Meer, und Pharao geht hindurch.

Das war der Augenblick, den man der Sage nach gewählt hatte, um ihn zu morden, und ich muß gestehen, daß das leicht zu vollziehen gewesen wäre.

Die verbreiteten Gerüchte waren die Veranlassung, daß ich den Kaiser mit einer neuen Neugierde betrachtete. Ich erwartete, an ihm dieses betrübte Gesicht zu finden, das ich in Czarsko-Selo an ihm bemerkt; demnach war mein Erstaunen außerordentlich, als ich im Gegentheile sah, daß dasselbe vielleicht niemals offener und heiterer gewesen war. Das war übrigens die Wirkung, welche jede moralische Aufregung gegen eine große Gefahr auf den Kaiser Alexander hervorbrachte, und er hatte von dieser erkünstelten Heiterkeit zwei überraschende Beispiele gegeben, das eine auf dem Balle des französischen Gesandten, Herrn von Caulaincourt, das andere auf einem Feste zu Zakret bei Wilna.

Herr von Caulaincourt gab dem Kaiser zu Ehren einen Ball, als um Mitternacht, das heißt um die Zeit, wo die Tänzer am vollzähligsten waren, man ihm zu melden kam, daß Feuer im Hause ausgebrochen sei. Sogleich stellte sich dem Geiste des Herzogs von Vicenza das Andenken an den, durch einen ähnlichen Unglücksfall unterbrochenen Ball des Fürsten von Schwarzenberg vor, mit der Erinnerung an alle die unseligen Folgen, welche dasselbe begleitet hatten, Folgen, welche viel eher durch das, allen die Besinnung raubende Entsetzen, als durch die Gefahr selbst verursacht worden waren. Demnach stellte der Herzog, welcher sich selbst überzeugen wollte, an jede Thür einen Adjutanten mit dem Auftrage, niemanden hinausgehen zu lassen, und näherte sich dem Kaiser: – Sire, sagte er zu ihm ganz leise, es ist Feuer im Hause, ich will selbst nachsehen, ob es etwas zu bedeuten hat; es ist nothwendig, daß niemand etwas davon erfährt, bevor man die Natur und die Ausdehnung der Gefahr kennt. Meine Adjutanten haben den Auftrag, niemanden hinausgehen zu lassen, als Eure Majestät und ihre kaiserlichen Hoheiten, die Großfürsten und die Großfürstinnen. Wenn sich Eure Majestät demnach entfernen wollen, so steht es in Ihrem Belieben, nur erlaube ich mir zu bemerken, daß man nicht an das Feuer glauben wird, so lange man Sie in dem Salon sieht.

Es ist gut, sagte der Kaiser, gehen Sie; ich bleibe.

Herr von Caulaincourt eilte nach dem Orte, wo das Feuer ausgebrochen war. Wie er vorausgesehen war die Gefahr nicht so groß, als man im ersten Augenblicke hatte befürchten können, und das Feuer erlosch bald unter den vereinigten Anstrengungen der Diener des Hauses. Sogleich begab sich der Gesandte wieder in die Salons zurück, und fand dort den Kaiser eine Polonaise tanzend. Herr von Caulaincourt und er begnügten sich einen Blick auszutauschen.

– Nun? fragte der Kaiser nach dem Tanze.

– Sire, das Feuer ist gelöscht, antwortete Herr von Caulaincourt, und alles war gesagt. Erst am anderen Tage erfuhren die zu diesem glänzenden Feste Geladenen, daß sie eine Stunde lang auf einem Vulkane getanzt hätten.

Zu Zakret war es noch ganz etwas anderes, denn der Kaiser spielte dort nicht blos um sein Leben, sondern auch um sein Reich. In Mitte des Festes kam man ihm zu melden, daß die französische Avant-Garde den Niemen passiert habe, und daß der Kaiser Napoleon, sein Wirth von Erfurt, den er vergessen hatte einzuladen, von einem Augenblicke zum anderen von sechsmal hundert Tausend Tänzern begleitet in den Saal treten könnte. Alexander gab seine Befehle, während dem er mit seinen Adjutanten über die unbedeutendsten Dinge zu plaudern schien, fuhr er fort durch die Säle zu gehen, deren Beleuchtung zu rühmen, von welcher der so eben auf gegangene Mond, wie er sagte, das schönste Stück wäre, und entfernte sich erst um Mitternacht in dem Augenblicke, wo das auf kleinen Tischen angerichtete Souper, welches alle Gäste beschäftigte, ihm ihnen seine Abwesenheit zu verbergen leicht gestattete. Niemand hatte während des ganzen Abends auf seiner Stirne die geringste Spur von Unruhe bemerkt, so daß man durch die Ankunft der Franzosen selbst erst ihre Anwesenheit erfuhr.

So leidend und so schwermüthig auch der Kaiser zu dieser Zeit, das heißt, am ersten Januar 1825, war, so sieht man, daß er dennoch, wenn nicht seine ganze frühere Heiterkeit, doch zum mindesten seine ganze frühere Kraft wieder gefunden hatte. Er durchwanderte wie gewöhnlich alle Säle, indem er gefolgt von seinem Hofe eine Art von Galopp anführte. Ich meiner Seits ließ mich durch die Woge fortreißen, welche, nachdem sie die Runde durch den Palast gemacht, gegen neun Uhr wieder an ihrem Ausgangspunkte anlangte.

Als die Illumination der Eremitage beendigt war, wurden um zehn Uhr diejenigen, welche zu diesem besonderen Schauspiele Eintrittskarten hatten, eingeladen, sich dorthin zu begeben. Da ich zu der Zahl der Bevorrechtigten gehörte, so machte ich mich mit großer Mühe aus dem Gedränge los. Zwölf in reiche orientalische Gewänder gekleidete Neger standen an der Thüre, durch welche man sich nach dem Theater begibt, um die Menge zurückzuhalten und die Einladungen zu prüfen.

Ich gestehe, daß ich beim Eintreten in das Theater der Eremitage, an dessen Ende in einer langen Galerie, welche dem Saale gegenüber liegt, das Souper des Hofes angerichtet war, in einen Feenpalast versetzt zu sein glaubte. Denke man sich einen weiten Saal, der ganz, sowohl an den Wänden als an der Decke mit Krystallröhren von der Dicke der gläsernen Blasröhre, womit die Kinder mit Thonkugeln nach den Sperlingen schießen, besetzt ist. Alle diese Röhren bilden Gestalten, sind gewunden, in dem Orte, wo sie angebracht, angepaßte Formen gedrehet, unter sich durch unsichtbare Silberfäden verbunden, und maskiren acht oder zehn Taufend Lämpchen, deren Licht sie wiederspiegeln und verdoppeln. Diese gefärbten Lämpchen erleuchten Landschaften, Gärten, Blumen, Gebüsche, aus welchen sich luftige und unsichtbare Musik erhebt, Wasserfälle und Teiche, welche Tausende von Diamanten zu rollen scheinen, und die durch diesen Schleier von Licht gesehen, wundervoll poetische und phantastische Farben annehmen.

Die Aufstellung dieser Illumination allein kostet zwölf Tausend Rubel und dauert zwei Monate.

Um elf Uhr verkündete die Musik die Ankunft des Kaisers durch einen Trompetentuch. Er trat in Mitte seiner Familie, und gefolgt von seinem Hofe ein. Sogleich nahmen die Großfürsten, die Großfürstinnen, die Gesandten, die Gesandtinnen, die Officiere der Krone und die Ehrendamen Platz an der mittleren Tafel, die übrigen Eingeladenen, welche aus ungefähr sechs Hundert, zu dem höchsten Adel gehörigen Gästen bestanden, setzten sich an die beiden anderen Tische. Der Kaiser allein blieb stehen, indem er zwischen den Tischen herum ging, und nach der Reihe verschiedene seiner Gäste anredete, welche ihm nach den Regeln der Etikette ohne aufzustehen antworteten.

Ich kann den Eindruck nicht beschreiben, welchen der magische Anblick dieses Kaisers, dieser Großfürsten, dieser Großfürstinnen, dieser Herren und dieser Frauen, von denen die einen mit Gold und mit Stickereien bedeckt sind, und die anderen von Diamanten strahlen, auf diese Weise in einem Krystallpalaste gesehen, auf die anderen Anwesenden hervorbrachte; aber ich weiß, daß, was mich anbelangt, ich niemals bis dahin, und niemals seitdem wieder, ein ähnliches Gefühl von Größe empfunden habe. Ich habe späterhin einige unserer königlichen Feste gesehen, aber, den Patriotismus bei Seite, muß ich die Ueberlegenheit von diesem da eingestehen.

Als das Banket beendigt, verließ der Hof die Eremitage, und schlug wieder den Weg nach dem St. Georgs-Saale ein. Um ein Uhr gab die Musik das Zeichen zu einer zweiten Polonaise, welche, wie die erste von dem Kaiser geführt, vorüber ging. Das war sein Abschied für das Fest, denn sobald diese Polonaise beendigt war, entfernte er sich.

Ich gestehe, daß ich die Nachricht von seinem Fortgehen mit Vergnügen empfing; den ganzen Abend hindurch war mir das Herz bei dem Gedanken von Furcht beklommen gewesen, daß von einem Augenblicke zum anderen ein so prachtvolles Fest mit Blut befleckt werden könnte, obgleich es mir bei dem Anblicke eines so hohen Vertrauens, welches der Herrscher seinem Volke, oder vielmehr der Vater seinen Kindern bewieß, unmöglich schien, daß der Dolch nicht aus der Hand des Mörders, wer er auch sein mögte, fallen würde.

So bald sich der Kaiser entfernt, so verlor sich die Menge nach und nach; es waren vierzig Grad Hitze in dem Palaste, und zwanzig Grad Kälte draußen. Das war ein Unterschied von sechzig Grad. In Frankreich würden wir acht Tage nachher erfahren haben, wie viel Personen als ein Opfer dieses schnellen und heftigen Wechsels gestorben wären, und man würde Mittel gefunden haben, den Fehler auf den Herrscher, die Minister, oder auf die Polizei zurückzuwerfen, was den Menschenfreunden der Presse einen wundervollen Federkrieg geliefert hätte. In St. Petersburg erfährt man nichts, und Dank diesem Schweigen haben die heiteren Feste keinen betrübten Morgen.

Was mich anbelangt, so langte ich, Dank einem Diener, der, eine seltene Sache, den glücklichen Einfall gehabt an dem Orte zu verweilen, wo ich ihm mich zu erwarten den Auftrag gegeben, und mittelst eines dreifachen Pelzmantels und eines wohl verschlossenen Schlittens, glücklich wieder an dem Katharinen-Kanale an.

Das zweite Fest, welches das der Wasserweihe war, entlehnte dieses Jahr noch eine neue Feierlichkeit den entsetzlichen Unglücksfällen, welche die kürzliche Ueberschwemmung der Newa herbeigeführt hatte. Seit ohngefähr vierzehn Tagen geschahen demnach auch die Vorbereitungen zu dieser Feierlichkeit mit einer Pracht und einer Thätigkeit, in welche sichtlich von jener religiösen Furcht gemischt war, die uns anderen Völkern ohne Glauben gänzlich unbekannt ist. Diese Vorbereitungen bestanden darin, daß man auf der Newa einen großen runden Pavillon mit acht Oeffnungen errichtete, der mit vier großen Gemälden geschmückt, und mit einem Kreuze gekrönt war; man begab sich auf einem, der Eremitage gegenüber aufgeworfenen Damme dorthin, und in Mitte des Eisbodens von dem Gebäude sollte man am Morgen des Festes eine große Oeffnung durchbrechen, damit der Priester bis zu dem Wasser gelangen, oder vielmehr, damit das Wasser bis zu dem Priester heraufsteigen könnte.

Der Tag, welcher den Zorn des Flusses besänftigen sollte, kam endlich herbei. Trotz der Kälte, die einige zwanzig Grade war, waren von Morgens neun Uhr an die Kais mit Zuschauern besetzt. Was den Fluß anbelangt, so verschwand er gänzlich unter der Menge von Neugierigen. Ich gestehe, daß ich nicht wagte unter ihnen Platz zu nehmen, indem ich zitterte, daß, wie stark und wie dick es auch sein mögte, das Eis doch unter einem solchen Gewichte brechen könnte. Ich glitschte demnach so gut ich konnte, und nach drei Viertelstunden Arbeit, während welcher man mir zwei Male gesagt, daß meine Nase erfröre, gelangte ich bis an die Brustwehr von Granit, welche den Kai einfaßt. Ein weiter, kreisförmiger Raum war um den Pavillon herum freigelassen.

Um halb zwölf Uhr kündigten die Kaiserin und die Großfürstinnen dadurch, daß sie unter einem mit Glasfenstern versehenen Balkon des Palastes Platz nahmen, der Menge an, daß das Te Deum beendigt wäre. In der That sah man von dem Marsfelde her die ganze kaiserliche Garde, das heißt ohngefähr vierzig Tausend Mann, heranrücken, und sich unter dem Klange der Militair-Musik auf dem Flusse in Schlachtordnung aufstellen, indem sie sich in einer dreifachen Linie von dem französischen Gesandtschaftshotel bis nach der Festung hin ausdehnten. Im selben Augenblicke öffnete sich das Thor des Palastes, die Banner, die heiligen Bilder und die Sänger der Kapelle erschienen, indem ihnen die Geistlichkeit, geführt von dem Bischof, vorausschritt; hierauf kamen die Pagen und die von Unterofficieren getragenen Fahnen der verschiedenen Garderegimenter; dann endlich der Kaiser, zu einer Rechten der Großfürst Nicolaus, zu einer Linken der Großfürst Michael und gefolgt von den Großofficieren der Krone, den Generaladjutanten und Generälen.

Sobald der Kaiser an der Thüre des beinahe ganz von der Geistlichkeit und den Fahnenträgern angefüllten Pavillons angelangt war, gab der Erzbischof das Zeichen, und im selben Augenblicke ertönte der von mehr als Hundert Männer- und Knabenstimmen ohne irgend eine Instrumentalmusik angestimmte heilige Gesang mit einer solchen Harmonie, daß ich mich nicht erinnere, jemals einen so wundervollen Ausdruck gehört zu haben. So lange als das Gebet dauerte, das heißt während ohngefähr zwanzig Minuten, blieb der Kaiser ohne Pelz, nur mit seiner Uniform bekleidet, mit entblößtem Haupte stehen, indem er einem Clima trotzte, das viel mächtiger als alle Kaiser der Welt, und eine wirklichere Gefahr lief, als er sie vor einer Schlachtlinie Hundert Feuerschlünden gegenüber gefunden hätte. Diese fromme Unbesonnenheit hatte für die in ihre Mäntel gehüllten und mit ihren Pelzmützen bedeckten Zuschauer etwas um so mehr erschreckendes, da der Kaiser, obgleich noch jung, fast ohne Kopfhaar war.

Gleich, nachdem das zweite Te Deum beendigt, nahm der Erzbischof aus den Händen eines Chorknaben ein silbernes Kreuz, und in Mitte dieser ganzen knieenden Menge segnete er mit lauter Stimme den Fluß, indem er das Kreuz in die in das Eis gehauene Oeffnung, welche gestattete, daß das Wasser bis zu ihm hinauf stieg, senkte. Hierauf nahm er ein mit diesem geweiheten Wasser gefülltes Gefäß, und überreichte es dem Kaiser. Nach dieser Ceremonie kam die Reihe an die Fahnen. In dem Momente, wo die Fahnen sich senkten, um den Segen zu empfangen, stieg eine Rakete aus dem Pavillon auf, und warf ihren weißen Rauch in die Lüfte. Im selben Augenblicke ließ sich ein fürchterlicher Donner hören, das war das ganze Geschütz der Festung, welches mit seiner ehernen Stimme nun seiner Seits das Te Deum sang.

Die Salven erneuerten sich drei Mal während der Segnung. Bei der dritten bedeckte sich der Kaiser, und schlug den Weg nach dem Palaste ein. Bei diesem Wege kam er auf wenige Schritte weit an mir vorbei. Dieses Mal war er traurig, wie ich ihn niemals gesehen hatte; er wußte, daß er in Mitte eines religiösen Festes keine Gefahr lief, und er war deshalb wieder er selbst geworden.

Kaum hatte er sich entfernt, als sich das Volk nun in den Pavillon stürzte; die einen tauchten ihre Hände in die Oeffnung, und machten mit dem frisch gesegneten Wasser das Zeichen des Kreuzes, die anderen trugen ganze Gefäße voll davon fort, und einige tauchten sogar ihre Kinder ganz hinein, überzeugt, daß an diesem Tage die Berührung dieses Flusses nichts Gefährliches habe.

Am selben Tage geht dieselbe Ceremonie in Konstantinopel vor sich, nur daß dort, wo der Winter keinen Hauch, und das Meer kein Eis hat, der Patriarch ein Schiff besteigt, und in das blaue Wasser des Bosphorus das heilige Kreuz wirft, das ein Taucher, bevor es sich noch in seiner Tiefe verliert, wieder auffängt.

Beinahe unmittelbar nach den heiligen Ceremomien kommen die profanen Belustigungen, von denen die winterliche Decke des Flusses noch einmal der Schauplatz sein soll; nur sind diese gänzlich den Launen der Temperatur unterworfen. Oft, wenn alle Baracken aufgeschlagen, alle Anstalten getroffen sind, wenn die Rennbahn nur ihre Pferde, und wenn die Rutsch-Berge nur ihre Glitscher erwarten, dreht sich die aufwachende Wetterfahne plötzlich nach Westen; Stöße feuchten Windes kommen aus dem finnischen Meerbusen, das Eis wird naß und die Polizei schreitet ein; sogleich werden zur großen Verzweiflung der Bevölkerung von St. Petersburg die Baracken, abgebrochen, und auf das Marsfeld gebracht. Aber obgleich das auch ganz dasselbe sein mag, und obgleich die Menge dort dieselben Belustigungen wiederfindet, gleichviel, der Karneval ist verfehlt. Der Russe ist für seine Newa, wie der Neapolitaner für seinen Vesuv: wenn er aufhört zu rauchen, so fürchtet man, daß er erloschen sein möchte, und der Lazaroni sieht ihn lieber tödtlich, als todt.

Glücklicher Weise war es während des ruhmwürdigen Winters von 1825 nicht so, und Gott sei Dank, fand keinen Augenblick Furcht vor Thauwetter statt; währenddem demnach auch einige adelige Bälle das Vorspiel der Volksbelustigungen machten, begannen zahllose Baracken sich der französischen Gesandtschaft gegenüber aufzurichten, indem sie sich beinahe von einem Kai bis zum anderen, das heißt in einer Breite von mehr als zwei Tausend Schritten ausdehnten. Die Rutsch-Berge blieben nicht im Rückstand, und zu meinem größesten Erstaunen schienen sie mir weit weniger elegant, als ihre Pariser Nachahmungen; es ist ganz einfach ein bogenförmiger Abhang von Hundert Fuß Höhe und vier Fuß. Breite, der aus Brettern gebildet ist, auf welche man abwechselnd Wasser und Schnee schüttet, bis dasselbe eine Eiskruste von ohngefähr sechs Zoll gebildet hat. Was den Schlitten anbelangt, so ist er ganz einfach ein an dem einen Ende gebogenes Brett, und gleicht der Gestalt nach gänzlich den Haken, womit unsere Eckensteher ihre Lasten tragen. Die Führer gehen unter der Menge herum, indem sie ihr Brett unter dem Arme tragen, und die Liebhaber einladen. Wenn sie einen Kunden gefunden haben, so steigen sie mit ihm die auf den Gipfel führende Treppe hinauf, welche an der entgegengesetzten Seite von dem Abhange angebracht ist; der Rutschende oder die Rutschende setzt sich vorn hin, die Füße gegen die Randleiste gestützt, der Führer kauert sich dahinter, und lenkt seinen Schlitten mit einer um so nothwendigeren Gewandtheit, als, weil die beiden Seiten des Rutschberges ohne Geländer sind, man hinunter stürzen würde, wenn das Brett in seinem Laufe ausglitte. Jede Fahrt kostet eine Kopecke, das heißt etwas weniger als zwei Liards (ohngefähr zwei Pfennig) nach unserem Gelde.

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