Kitabı oku: «Der Bastard von Mauléon», sayfa 43
Einundsiebzigstes Kapitel.
Aissa
Voll Ungeduld zog Don Pedro seine Truppen zwischen Montiel und Toledo zusammen.
Sie bedeckten zwei Landmeilen und waren, Reiterei und Fußvolk, staffelförmig in einer glänzenden Ordnung aufgestellt.
Don Enrique konnte nicht mehr zögern. Das Treffen als ein gezwungener Mann aushalten wäre schmählich für einen Prätendenten gewesen, der ebenfalls in (Kastilien den Wahlspruch: Hier bleiben, König oder todt aufgepflanzt hatte.
Er begab sich daher zum Connetable und sagte zu ihm:
»Auch diesmal, Sire Bertrand, lege ich die Sorge für mein Königreich in Eure Hände. Ihr sollt den Oberbefehl führen. Ihr könnt glücklicher sein, als bei Navarrete, aber Ihr werdet weder tapferer, noch geschickter sein. Doch Ihr wißt als Christ, was Gott das eine Mal nicht gestattet, will er gnädigst das andere Mal gestatten.«
»Ich befehlige also, Sire,« rief der Connetable lebhaft.
»Wie ein König. Ich bin Euer erster oder Euer letzter Lieutenant, Sire Connetable,« sprach Enrique.
»Und Ihr sagt mir das, was König Karl V., mein weiser und glorreicher Herr, mir in Paris sagte, als er mir das Schwert des Connetable überreichte.«
»Und was sagte er Euch, braver Bertrand?«
»Er sagte mir, Sire: »»Die Disciplin wird schlecht beobachtet bei meinen Heeren, welche sich in Ermangelung von Botmäßigkeit und Fügsamkeit zu Grunde richten. Es gibt Prinzen, die sich schämen, einem einfachen Rittersmann zu gehorchen, nie aber ist eine Schlacht ohne den Einklang Aller und den Willen eines Einzigen gewonnen worden. Ihr werdet also befehligen, Bertrand, und jedes ungehorsame Haupt, und wäre es das meines eigenen Bruders, wird sich beugen oder fallen, wenn es sich nicht unterwerfen will.««
Vor dem ganzen Rath ausgesprochen, faßten diese Worte auf eine zarte Weise das Unglück von Navarrete zusammen, wo die Unklugheit von Don Tellez und Don Sancho, den Brüdern des Königs, den Untergang eines großen Theils der Armee herbeigeführt hatte.
Die gegenwärtigen Prinzen hörten diese Worte von Duguesclin und errötheten.
»Sire Connetable,« sprach der König, »ich habe gesagt, Ihr werdet befehligen, folglich seid Ihr der Herr. Jeden hier, der nicht nach Eurer Laune, oder nach Eurem Befehle handelt, schmettere ich mit dieser meiner Axt nieder, und wäre er mein Verbündeter, wäre er mein Verwandter, wäre er mein Bruder. Wahrlich, wer mich liebt, muß meinen Sieg wünschen, und ich werde nur siegen durch den Gehorsam Aller gegen den weisesten Feldherrn der Christenheit.«
»So sei es,« sagte Duguesclin, »Ich nehme den Oberbefehl an, und morgen werden wir eine Schlacht liefern.«
Der Connetable brachte die ganze Nacht damit zu, daß er die Berichte seiner Spione und Boten anhörte.
Die Einen meldeten ihm, neu e Truppen von Saracenen landen in Cadix.
Andere verbreiteten sich über den Jammer des Landes, das diese achtzigtausend Mann seit einem Monat wie eine Wolke von Heuschrecken verheerten.
»Es ist Zeit, daß dies ein Ende nimmt,« sagte der Connetable zum König; denn diese Leute hätten Euer Königreich aufgezehrt, dergestalt daß Euch nach dem Sieg kein Brocken mehr davon übrig geblieben wäre.«
Freudigen und zugleich beklommenen Herzens, wie dies geschieht am Vorabend eines Ereignisses, nach dem man sich sehnt, während es zugleich eine wichtige Frage entscheiden soll, hinterging Agenor seine Schmerzen und seine Unruhe durch eine unerhörte Entfaltung von Thätigkeit.
Beständig zu Pferde, überbrachte er Befehle, versammelte er die Compagnien und gruppirte sie, recognoscirte die Gegend und wies jeder Truppe ihre Stellung für den andern Tag an.
Duguesclin theilte sein Heer in fünf Corps.
Viertausend fünfhundert Reiter, befehligt von Olivier Duguesclin und dem Stammler von Villaines, bildeten den Vortrab.
Die Franzosen und die Spanier der Elite bildeten das Haupttreffen, befehligt von Enrique von Transtamare.
Die Aragonier und die anderen Verbündeten waren zur Nachhut bestimmt.
Eine Reserve von vierhundert Pferden unter dem Befehl von Olivier von Mauney sollte den Rückzug sichern.
Der Connetable aber hatte die dreitausend Bretagner, befehligt vom jüngeren Mauney, Carlonnet, la Houssaie und Agenor, genommen.
Wohl beritten und aus unüberwindlichen Männern bestehend, sollte diese Truppe überall einbrechen, wo es das Auge des Feldherrn für den Sieg des Tages nothwendig erachten würde.
Bertrand ließ seine Soldaten vor Tagesanbruch aufstehen, und Jeder marschirte langsam an seinen Posten, so daß, ehe das Morgenroth am Horizont auftauchte, die Armee ohne Ermüdung und ohne Lärmen aufgestellt war.
Er hielt keine lange Reden.
»Bedenkt nur,« sagte er, »daß Jeder von Euch vier Feinde zu erschlügen hat, daß ihr aber Jeder zehn werth seid.
Dieses Gesindel von Mauren, Juden und Portugiesen kann nicht Stand halten gegen Kriegsleute von Spanien und Frankreich.
Schlagt ohne Mitleid, tödtet Alles, was nicht Christ ist.
Ich habe nie zum Vergnügen Blut vergießen lassen; heute macht uns die Nothwendigkeit ein Gesetz daraus.
Es gibt kein Band zwischen den Mauren und den Spaniern.
Sie hassen sich gegenseitig.
Das Interesse allein vereinigt sie; sobald aber die Mauren sich den Spaniern geopfert sehen werden, sobald sie im Gemenge sehen, daß man den Christen schont, um den Ungläubigen zu tödten, wird das Mißtrauen sich in ihre Reihen einschleichen, und wenn die erste Verzweiflung vorüber ist, werden sie rasch aus ihre Rettung bedacht sein. Tödtet also, und zwar ohne Gnade!«
Diese Anrede brachte die gewöhnliche Wirkung hervor. Eine außerordentliche Begeisterung durchlief die Reihen.
Don Pedro war indessen bei der Arbeit: man sah ihn mühsam diese undisciplinirten, aber ungeheuren afrikanischen Schaaren manoeuvriren, deren Waffen und kostbare Gewänder in der aufgehenden Sonne glänzten.
Als Duguesclin von einem Hügel herab, den er sich als Beobachtungsposten gewählt hatte, diese zahllose Menge erschaute, befürchtete er, die kleine Anzahl seiner Soldaten könnte seinen Gegnern zu viel Vertrauen einflößen: er ließ daher bei den hinteren Reihen aus zwei immer vier machen, um die vorderen zu schließen, so daß man sie für gleich hielt.
Ueberdies ließ er hinter dem Rücken der Hügel Bündel von Standarten aufpflanzen, damit die Saracenen glauben sollten, unter diesen Standarten wären Soldaten versammelt.
Don Pedro sah dies Alles; sein Genie wuchs mit der Gefahr. Er hielt eine eindrucksvolle Rede an seine getreuen Spanier und ertheilte den Saracenen glänzende Versprechungen.
So glänzend aber auch diese Versprechungen waren, so kamen sie doch den Hoffnungen nicht gleich, welche seine Verbündeten auf seine eigene Hinterlassenschaft gründeten.
Die Trompeten erschollen auf der Seite von Don Pedro; alsbald ertönten auch die von Duguesclin, und ein gewaltiges Zittern, ähnlich dem zweier Welten, welche sich gegeneinander stürzen, erschütterte den Boden und sogar die Bäume der Hügel.
Man sah gleich bei den ersten Streichen die Wirkung der Ermahnungen von Duguesclin.
Dadurch, daß die Bretagner sich weigerten, mahometanische Gefangene zu machen, und daß sie alle Ungläubige tödteten, während sie die Spanier und die Christen verschonten, brachten sie ein tiefes Mißtrauen in den Geist dieser Ungläubigen, und dieses Mißtrauen verbreitete sich wie ein Schauer in den Reihen der Saracenen, um sie abzukühlen.
Sie bildeten sich ein, die Christen von beiden Parteien seien mit einander einverstanden, und die Saracenen, möchte nun Enrique Sieger sein oder besiegt werden, wären die einzigen Opfer.
Ihre Schlachtordnung war gerade vom Bruder von Duguesclin und vom Stammler angegriffen worden, und diese unerschrockenen Bretagner richteten ein solches Blutbad um sich her an, daß, als die Anführer und selbst der Fürst von Bennemarino erschlagen waren, die Mauren Furcht bekamen und die Flucht ergriffen, da man ihr erstes Corps in Stücke gehauen hatte.
Das zweite schwankte, rückte aber noch ziemlich muthig vor: Duguesclin befahl seinen dreitausend Bretagnern, im Galopp anzusprengen, und griff mit solcher Gewalt an, daß die Hälfte der Feinde umkehrte.
Das war eine zweite Schlächterei: Generale, Adel, Soldaten, Alles wurde getödtet. Es kam nicht Einer davon.
Duguesclin kehrte an seinen Posten zurück, und ganz erhitzt, den Schweiß abwischend, sah er, wie Enrique von der Verfolgung zurückkam und, dem Befehle gemäß, wieder seinen Platz mit den Seinigen einnahm.
»So ist es gut, meine edle Herren,« sagte Duguesclin, »das geht schön und beinahe von sich selbst.
Seht diesen Mauléon, der auf das dritte Corps der Saracenen, befehligt von Mothril, ansprengt. Der Maure hat ihn erschaut und gibt Befehl, ihn zu umzingeln; er wird sich tödten lassen, blaset zum Rückzug, Trompeter.
Zehn Trompeter bliesen; Agenor gehorchte, und folgsam, als hätte er eine Uebung in der Reitschule auszuführen gehabt, kehrte er an seinen Posten unter einem Hagel von Pfeilen zurück, welche seine gute Rüstung hämmerten.
»Nun, meine edlen Herren,« sprach der Connetable, »nun greife mein Vordertreffen die Spanier an! Das sind gute Truppen, und wir werden keinen leichten Handel haben. Man muß sich hier in drei Corps theilen und von drei Seiten angreifen. Der König wird die rechte nehmen, Olivier die linke. Ich warte.«
Er berührte, wie man sieht, weder seine Reserve, noch seine leichte Reiterei.
Die Spanier nahmen den Ansturz wie Leute welche siegen oder sterben wollen.
Enrique, der das Corps von Don Pedro an stieß auf den Widerstand des Hasses und des verständigen Muthes.
Die zwei Könige erblickten sich von fern und bedrohten sich, ohne sich erreichen zu können.
Um sie her erhoben sich Berge von Menschen und Waffen, welche an einander stießen, dann stürzten diese Berge verschlungen nieder und die Erde trank das Blut – in Wellen.
Plötzlich ließ das Heer von Enrique nach; Don Pedro hatte, die Oberhand: er kämpfte nicht wie ein Soldat, sondern wie ein Löwe. Schon war einer von seinen Schildknappen getödtet worden; er wechselte zum zweiten Mal das Pferd; er hatte keine Wunde, und sein Arm schwang mit so viel Gewandtheit und richtiger Kraftanwendung die Streitaxt, daß jeder Schlag einen Mann niederschmetterte.
Enrique sah sich von den Mauren von Mothril und von Mothril selbst umgeben, der ein Tiger war, wenn Don Pedro der Löwe. Die französischen Herren wurden reichlich von den Datagans und Pallaschen der Mauren niedergemäht; ihre Reihen fingen an sich zu lichten und die Pfeile gelangten bis zur Brust des Königs; schon hatte ein Verwegener ihn mit seiner Lanze zu berühren vermocht.
»Es ist Zeit!« rief der Connetable. »Vorwärts, meine Freunde. Notre-Dame-Guesclin zum Siege!«
Die dreitausend Bretagner setzten sich mit einem furchtbaren Geräusch in Bewegung und drangen, in einen Winkel formirt, wie ein stählerner Keil in die Schlachtordnung von Don Pedro, welche zwanzigtausend Mann stark war.
Agenor bekam endlich die von ihm so glühend ersehnte Erlaubniß, zu kämpfen und Mothril gefangen zu nehmen.
In einer Viertelstunde waren die Spanier durchbrochen, niedergeworfen. Die maurische Reiterei konnte nicht Stand halten gegen das Gewicht der geharnischten Ritter und die gewaltigen Lanzenstöße.
Mothril wollte fliehen, aber er traf auf die Aragonler und die Leute des Stammlers von Villaines, befehligt von Mauléon.
Man mußte um jeden Preis durchkommen, wenn man nicht von dieser furchtbaren Mauer eingeschlossen werden wollte. Agenor konnte sich schon für den Herrn des Lebens und der Freiheit von Mothril halten; aber dieser durchbrach, mit höchstens dreihundert Mann, die Bretagner, verlor zweihundert und fünfzig Reiter und zog vorbei; als er vorbeizog, schlug er mit einem Säbelhieb dem Pferde von Agenor, der ihm auf zwei Schritte folgte, den Kopf ab.
Agenor rollte in den Staub, Musaron schoß einen Pfeil ab, der verloren ging, und dem fliehenden Wolfe ähnlich, verschwand Mothril hinter den Haufen von Leichnamen in der Richtung von Montiel.
In diesem Augenblick sah Don Pedro die Seinigen unterliegen. Er fühlte gleichsam in seinem Gesichte den Athem seiner erbittertsten Feinde. Einer derselben aber zerschmetterte ihm seinen Helmschmuck und erschlug seinen Fahnenjunker, und was dem Fürsten zur Schmach gereichte, rettete den Menschen.
Don Pedro war nicht mehr so sehr erkenntlich. Die Schlächterei fand um ihn her ohne Verstand statt.
Da geschah es, daß ein englischer Ritter mit schwarzer Rüstung und niedergelassenem Visir sein Pferd am Zügel faßte und ihn vom Schlachtfeld fortriß.
Vierhundert von dem vorsichtigen Freund hinter einem Hügel verborgen gehaltene Reiter escortirten allein den König, Dies war Alles, was Don Pedro von achtzigtausend Mann blieb, die für ihn am Ansang des Tages lebten.
Da sich die Ebene mit Flüchtigen in allen Richtungen bedeckte, so vermochte Bertrand die Truppe des Königs nicht von den anderen zerstreuten Banden zu unterscheiden.
Der Connetable ließ also auf den Zufall seine Reserve und die fünfzehnhundert Mann von Olivier von Mauney Allem, was floh, nachsetzen; aber Don Pedro hatte durch die Vortrefflichkeit seiner Pferde einen bedeutenden Vorsprung.
Man dachte nicht daran, ihn persönlich zu verfolgen, um so mehr, als man ihn nicht erkannte. Er war für Alle nur ein gewöhnlicher Flüchtling.
Aber Agenor, der den Weg nach Montiel und das Interesse von Don Pedro, dahin zu fliehen, kannte, lauerte seinerseits.
Er hatte Mothril in dieser Richtung enteilen sehen Mauléon errieth, wer der gegen Don Pedro so gefällige Engländer war.
Er sah das Corps von vierhundert Reitern einen Mann escortiren, der, unterstützt durch sein herrliches Roß, seinem Geleite weit voran jagte.
Er erkannte den König an seinem zerbrochenen Helm, an seinen goldenen, mit Blut überzogenen Sporen; er erkannte ihn an der Gluth, mit der er in die Ferne nach den Thürmen von Montiel schaute.
Agenor ließ seine Blicke umherlaufen, um zu sehen, ob ihn ein Armeecorps in Verfolgung dieses kostbaren Flüchtlings unterstützen und seinen vierhundert Reitern den Rückzug abschneiden könnte.
Er gewahrte nun den Stammler von Villaines mit elfhundert Pferden, welche, außer Athem, ein wenig rasteten, ehe sie, wie die anderen, die allgemeine Verfolgung begannen.
Bertrand war zu fern, um den Flüchtlingen nachzusetzen und den Sieg auf allen Punkten vollständig zu machen.
»Messire,« sagte Agenor zum Stammler, »kommt mir rasch zu Hilfe, wenn Ihr den König Don Pedro gefangen nehmen wollt, denn er ist es, der dort nach dem Schloß flieht.«
»Seid Ihr dessen sicher?« rief der Stammler.
»Wie meines Lebens!« antwortete Mauléon, »ich erkenne den Mann, der die Reiter befehligt; es ist Caverley, ohne Zweifel gibt er dem König nur so gutes Geleite, um ihn nach seinem Belieben gefangen zu nehmen und zu verkaufen: das ist sein Gewerbe.«
»Ja,« rief der Stammler, »doch ein Engländer soll diesen schönen Schlag nicht thun, wenn wir, so viele brave französische Lanzen, da sind.«
Und sich gegen seine Reiter umwendend, befahl der Kapitän:
»Alle zu Pferde! und zehn Mann benachrichtigen den Herrn Connetable, daß wir gen Montiel reiten, um den besiegten König zu holen.«
Die Bretagner sprengten mit solcher Wuth vorwärts, daß sie binnen Kurzem die Reiter der Escorte erreichten.
Sogleich theilte der englische Anführer seine Truppe in zwei Banden; die eine folgte demjenigen, welchen man für den König hielt, die andere stellte gegen die Bretagner.
»Greift an! greift an!« rief Agenor, »sie wollen nur Zeit gewinnen, damit der König Montiel erreicht.«
Zum Unglück für die Bretagner öffnete sich ein Engpaß vor ihnen und sie konnten nur zu sechs und sechs eindringen, um die Flüchtigen zu erreichen.
»Wir werden sie verlieren! sie werden uns entkommen!« rief Mauléon; »Muth, Ihr Bretagner, Muth!«
»Ja, wir werden Dir entkommen, Teufelsbearner!« brüllte der englische Ritter, der Anführer der Escorte; »wenn Du uns übrigens fassen willst, komm heran.«
Er sprach mit diesem Vertrauen, weil Agenor, durch seine Hitze, durch seine Eifersucht fortgerissen, allen seinen Gefährten weit voran war und beinahe allein vor den zweihundert Lanzen erschien.
Der unerschrockene Jüngling hielt im Angesicht dieser furchtbaren Gefahr nicht inne.
Er preßte seine Sporen noch tiefer in die Flanken seines von Schaum weißen Pferdes.
Caverley war kühn, und seine natürliche Wildheit ergötzte sich zum Voraus an einem Sieg, der unfehlbar schien.
In der Mitte seiner Leute aufgestellt, erwartete er Mauléon fest in seinen Steigbügeln.
Man sah nun ein seltsames Schauspiel; das eines Ritters, der mit gesenktem Haupte gegen zweihundert eingelegte Lanzen ansprengte.
»Oh! der feige Engländer!« rief von fern der der Stammler; »Oh! Feiger, Feiger! . . . Haltet ein, Mauléon, das ist zu viel Ritterlichkeit! . . . Feiger! feiger Engländer!«
Caverley wurde von Scham ergriffen, er war im Ganzen Ritter und der Ehre seiner goldenen Sporen und seiner Nation einen Lanzenstoß schuldig.
Er ritt aus den Reihen hervor und schickte sich an, zu kämpfen.
»Ich habe schon Dein Schwert,« rief er Mauléon zu, der wie der Blitz heranjagte. »Es ist hier nicht wie in der Höhle von Montiel, und binnen Kurzem werde ich Deine ganze Rüstung haben.«
»Nimm zuerst die Lanze,« erwiderte der junge Mann und führte einen so gewaltigen Lanzenstoß, daß er den Engländer aus dem Sattel hob und mit seinem Pferd zu Boden schmetterte.
»Hurrah!« riefen die Bretagner, trunken vor Freude, während sie immer weiter vorrückten.
Als die Engländer dies sahen, wandten sie um und suchten ihre Gefährten einzuholen, welche schon, den von seinem Roß gen Montiel fortgerissenen König im Stiche lassend, nach der Ebene entflohen.
Caverley wollte wieder aufstehen, aber seine Lenden waren gebrochen, und sein Pferd, als es sich frei machte, schlug ihn mit den Hinterbeinen auf die Brust und nagelte ihn abermals auf die von einer schwarzen Blutwoge übergossene Erde.
»Beim Teufel! es ist vorbei,« murmelte er, »ich werde Niemand mehr festnehmen . . . ich bin todt!«
Und er fiel zurück.
In demselben Augenblick kam die ganze bretagnische Reiterei heran, und die elfhundert geharnischten Pferde sprengten wie ein Orkan über den zerrissenen und zerstückelten Leichnam des berüchtigten Königsfängers.
Doch diese Zögerung rettete Don Pedro. Vergebens gab mit heldenmüthigem Kraftaufwand der Stammler den Menschen und den Pferden eine dreifache Seele.
Die Bretagner jagten voll Wuth, auf die Gefahr, ihre Pferde zu Tode zu reiten, nach, aber sie erreichten die Spuren von Don Pedro erst in dem Augenblick, wo dieser Fürst durch den ersten Fallbaum der Feste und hierdurch in Sicherheit gelangte, denn das Thor schloß sich sogleich hinter ihm. Er pries Gott, daß er diesmal entkommene Mothril war schon seit einer Viertelstunde innerhalb der Mauern.
Der Stammler raufte sich in Verzweiflung die Haare aus.
»Geduld, Messire,« sagte Agenor, »verlieren wir nicht die Zeit, und laßt den Platz berennen; was wir heute nicht gethan haben, werden wir morgen thun.«
Der Stammler befolgte diesen Rath; er zerstreute alle seine Reiter um die Feste her, und die Nacht brach in dem Augenblick ein, wo der letzte Ausgang für jeden, der aus Montiel herauszukommen versuchen wollte, verschlossen war.
Da erschien auch Duguesclin mit dreitausend Mann und erfuhr von Agenor die wichtige Kunde.
»Das ist Unglück,« sagte er, »denn der Platz ist uneinnehmbar.«
»Hoher Herr, wir werden sehen,« erwiderte Mauléon; »kann man nicht hinein, so ist doch nicht zu leugnen, daß man auch nicht heraus kann.«
Der Connetable war kein leichtgläubiger Mann.
Er hatte von den Talenten von Don Pedro eine ebenso vortheilhafte Meinung, als er eine ärgerliche von seinem Charakter hatte.
Nachdem er rings um Montiel geritten war, nachdem er den Platz recognoscirt und sich überzeugt hatte, daß man mit einer guten und sicheren Bewachung eine Maus aus dem Schloß herauszukommen verhindern würde, sagte er:
»Nein, Messire von Mauléon, wir haben nicht das Glück, auf das Ihr uns hoffen laßt. Nein, der König Don Pedro hat sich nicht in Montiel eingeschlossen, denn er weiß zu gut, daß man ihn hier blockieren und sich seiner durch Aushungerung bemächtigen würde.«
»Ich betheure, hoher Herr,« erwiderte Mauléon, »Mothril ist in Montiel und der König Don Pedro mit ihm.«
»Ich werde es glauben, wenn ich es sehe,« sprach der Connetable.
»Wie viel Garnison hat das Schloß?« fragte Bertrand.
»Ungefähr dreihundert Mann, hoher Herr.«
»Diese dreihundert Mann, wenn sie uns nur Steine an den Kopf fliegen lassen wollen, werden sie uns fünftausend Mann tödten, ohne daß wir ihnen einen einzigen Pfeil zusenden könnten.
Morgen wird Don Enrique hierher kommen; er fordert in diesem Augenblick Toledo auf, sich zu ergeben; sogleich nach seiner Ankunft werden wir uns berathen, ob es nicht besser ist, abzuziehen, als hier einen Monat umsonst zu verlieren.
Agenor wollte eine Einwendung machen. Der Connetable war halsstarrig wie ein Bretagner; er duldete keine Erwiderung, oder er ließ sich vielmehr nicht überreden.
Am andern Tag kam wirklich Don Enrique, strahlend von seinem Sieg.
Er brachte die freudetrunkene Armee, und als sein Rath über die Frage, ob Don Pedro in Montiel sei oder nicht sei, verhandelte, sagte der König:
»Ich denke wie der Connetable; Don Pedro ist zu listig, um sich sichtbar in einen Platz ohne Ausgang eingeschlossen zu haben.
Man muß also hier eine schwache Besatzung lassen, um Montiel zu beunruhigen, das Schloß zur Capitulation zu zwingen und nicht einen Platz hinter sich zu haben, der darauf stolz wäre, daß man ihn nicht eingenommen; aber wir, wir werden weiter ziehen, denn wir haben, Gott sei Dank, mehr zu thun, und Don Pedro ist nicht hier.«
Agenor war bei der Berathung gegenwärtig.
»Hoheit,« sprach er, »ich bin sehr jung und sehr unerfahren, um unter so vielen muthigen Kapitänen die Stimme zu erheben; aber meine Ueberzeugung ist so, daß sie nichts zu erschüttern vermag. Ich habe Caverley erkannt, der dem König folgte, und Caverlev ist getödtet worden! Ich habe Don Pedro in Montiel einreiten sehen, ich habe seinen zerschmetterten Helmschmuck, seinen zerbrochenen Schild und seine mit Blut überzogenen goldenen Sporen erkannt.«
»Und warum sollte Caverley selbst nicht getäuscht worden sein? Ich habe auch bei Navarrete mit einem getreuen Ritter die Waffen getauscht!« entgegnete Don Enrique; »kann Don Pedro nicht dasselbe gethan haben?«
Diese letzte Antwort erhielt die allgemeine Beistimmung. Agenor sah sich abermals geschlagen,
»Ich hoffe, Ihr seid überzeugt?« fragte ihn der König.
»Nein, Sire,« erwiderte er bescheiden; »aber ich vermag nichts gegen die weisen Ansichten Eurer Majestät.«
»Ihr müßt überzeugen, Sire von Mauléon, Ihr müßt überzeugen.«
»Ich werde mir Mühe geben,« sprach der junge Mann mit einem Schmerz, den er nicht zu verbergen vermochte.
In der That, welch eine grausame Lage für diesen so zärtlich Liebenden! Don Pedro war bei Aissa eingeschlossen, Don Pedro, der, außer sich durch seine Niederlage, nichts mehr zu schonen hatte! Wie sollte dieser treulose Fürst, mit dem Bilde eines nahe bevorstehenden Todes vor sich, nicht seinem Todeskampf eine letzte Wollust vorangehen zu lassen suchen? Wie sollte er unberührt und in der Macht eines Andern das Mädchen lassen, das er liebte, und das die Gewalt in seine Arme bringen konnte?
War überdies nicht Mothril da, dieser verhaßte Ränkeschmied, fähig zu Allem, um seine blutdürstige habgierige Politik einen Schritt weiter vorrücken zu lassen?
Dies war es, was Agenor vor Schmerz und Kummer wahnsinnig machte. Er sah ein, daß er, sein Geheimniß länger bewahrend, sich der Gefahr aussetzte, Don Enrique, das Heer, den Connetable abziehen zu,lassen, und daß es dann Don Pedro, der an Geist und Talenten den Lieutenants, welche vor Montiel zurückblieben, weit überlegen, gelingen würde, zu entkommen, nachdem er Aissa einer Laune des Augenblicks, des Ueberdrusses geopfert.
Er faßte plötzlich einen Entschluß und bat den König um eine geheime Unterredung.
»Hoheit,« sagte er sodann, »hört, warum Don Pedro sich trotz alles Anscheins, der dagegen sprechen mag, nach Montiel geflüchtet hat. Das ist ein Geheimniß, das ich bewahrte, denn es ist das meinige; doch ich muß es im Interesse Eures Ruhmes offenbaren. Don Pedro liebt leidenschaftlich Aissa, die Tochter von Mothril. Er will sie heirathen. Deshalb hat er es geduldet, daß Mothril Dona Maria Padilla ermordete, wie er für Maria Madame Blanche von Bourbon hatte ermorden lassen.«
»Nun wohl!« sagte der König, »Aissa ist also in Montiel?«
»Sie ist dort,« erwiderte Agenor.
»Abermals eine Sache, der Ihr nicht mehr sicher seid, als der andern, mein Freund.«
»Ich bin derselben sicher, hoher Herr, weil ein Liebender immer weiß, wo seine theure Geliebt« ist.«
»Ihr liebt Aissa, eine Maurin?«
»Ich liebe sie leidenschaftlich, hoher Herr, wie Don Pedro, nur mit dem Unterschied, daß Aissa für mich eine Christin werden wird, während sie sich tödten läßt, wenn sie Don Pedro besitzen will.«
Agenor erbleichte, indem er diese Worte sprach, denn er glaubte nicht daran, der arme Ritter, und dieser Gedanke brachte ihn in Verzweiflung. Ueberdies, hätte sich Aissa auch getödtet, um nicht entehrt zu werden, so wäre sie doch immerhin für ihn verloren gewesen.
Dieses Geständnis, versetzte Don Enrique in eine tiefe Verlegenheit.
»Das ist ein Grund,« murmelte er; »nur erzählt mir, woher Ihr wißt, daß Aissa in Montiel ist.«
Agenor erzählte Punkt für Punkt den Tod von Hafiz und die Einzelheiten der Verwundung von Aissa.
»Sprecht, habt Ihr einen Plan?« fragte der König.
»Ich habe einen, und wenn Eure Majestät mir ihre Unterstützung gewähren will, so werde ich Don Pedro binnen acht Taigen in ihre Hände liefern.«
Der König ließ den Connetable kommen, dem Agenor abermals Alles erzählte, was er gesagt hatte.
»Ich glaube darum nicht mehr, daß ein so schlauer, so harter Fürst sich aus Liebe für eine Frau fangen läßt,« erwiderte der Connetable; »doch der Sire von Mauléon hat mein Wort, daß ich ihn in dem, was ihm Vergnügen machen dürfte, unterstützen würde, und ich werde ihn unterstützen.«
»Laßt also den Platz eingeschlossen,« sprach Agenor; »laßt rings umher einen Graben ziehen, und mit der Erde dieses Grabens errichtet eine Verschanzung, hinter der nicht Soldaten, sondern wachsame und geschickte Officiere verborgen sein sollen.
Ich und mein Knappe werden unsere Stellung an einem uns bekannten Ort nehmen, von wo man jedes Geräusch des Platzes hört.
Don Pedro, wenn er ein starkes Belagerungsheer sieht, wird glauben, man kenne seine Ankunft in Montiel, und er wird dann mißtrauen; das Mißtrauen aber ist die Rettung eines so gewandten und gefährlichen Mannes. Laßt alle Eure Truppen nach Toledo abgehen, und es mögen bei dem Erdwall nur zweitausend Mann zurückbleiben, welche genügen, um das Schloß zu berennen und gegen einen Ausfall Widerstand zu leisten. Wenn Don Pedro glaubt, man halte nachlässig Wache, wird er herauszukommen versuchen, und ich werde Euch davon in Kenntniß setzen.«
Kaum hatte Agenor seinen Plan entwickelt, kaum war es ihm gelungen, die Aufmerksamkeit des Königs zu fesseln, als man dem Connetable einen Parlamentär von Seiten des Gouverneur von Montiel meldete.
»Man lasse ihn hier eintreten, und er erkläre sich,« sprach Bertrand.
Es war ein spanischer Officier, Namens Rodrigo von Sanatrias. Er verkündigte dem Connetable, die Garnison von Montiel sehe mit Unruhe eine beträchtliche Entwickelung von Streitkräften; die dreihundert mit einem einzigen Officier in der Feste eingeschlossenen Leute wollen nicht lange kämpfen, da seit dem Abzug und der Niederlage von Don Pedro keine Hoffnung mehr vorhanden sei.
Bei diesen Worten schauten der Connetable und der König Agenor an, als wollten sie zu ihm sagen:
»Seht Ihr, daß er nicht dort ist!«
»Ihr würdet Euch also ergeben?« fragte der König.
»Wie tapfere Leute, ja, Messire, nach einer gewissen Zeit, denn der König Don Pedro darf uns bei seiner Rückkehr nicht beschuldigen, wir haben seine Sache ohne einen Schwertstreich verrathen.«
»Man sagte, der König sei bei Euch?« fragte Don Enrique.
Lachend erwiderte der Spanier:
»Der König ist sehr fern, und warum sollte er auch hierher gekommen sein, wo Leute, welche eingeschlossen sind, wie Ihr uns einschließt, nur Hungers zu sterben oder sich zu ergeben haben.«
Ein neuer Blick des Connetable und des Königs an Agenor gerichtet.
»Was verlangt Ihr denn?« fragte Duguesclin; »sprecht Eure Bedingungen aus.«
»Einen Waffenstillstand von zehn Tagen,« sagte der Officier, »damit Don Pedro Zeit hat, uns zu Hilfe zu kommen . . . wonach wir uns ergeben werden.«
»Hört,« sagte der König, »Ihr versichert bestimmt, daß Don Pedro nicht im Schloß ist?«
»Ganz bestimmt, hoher Herr, sonst würden wir nicht Abzug verlangen; denn wenn wir abziehen, werdet Ihr uns alle sehen und folglich den König erkennen.
Hätten wir aber gelogen, so würdet Ihr uns bestrafen; und wenn Ihr den König gefangen nähmet, würdet Ihr ihn ohne Zweifel nicht schonen?«
Dieser letzte Satz war eine Frage, der Connetable antwortete nicht darauf. Enrique von Transtamare hatte Kraft genug, das blutige Feuer zu löschen, das die Voraussetzung der Gefangennehmung von Don Pedro in seinen Augen glänzen machte.
»Wir bewilligen den Waffenstillstand, nur darf Keiner aus dem Schloß heraus,« sprach der Connetable.
»Aber unsere Lebensmittel, gnädiger Herr?« fragte der Officier.
»Man wird sie Euch liefern. Wir kommen zu Euch, aber Ihr dürft nicht heraus.«
»Das ist also kein gewöhnlicher Waffenstillstand,« murmelte der Officier.
»Warum wolltet Ihr heraus? Um zu entfliehen! denn in vierzehn Tagen lassen wir Euch unversehrt abziehen!«
»Ich habe nichts mehr zu sagen,« erwiderte der Officier, »ich nehme es an; habe ich Euer Wort, Messire?«
»Darf ich es geben, Hoheit?« fragte Bertrand den König Enrique.
»Gebt es, Connetable.«
»Ich gebe es,« sprach Duguesclin; »zehn Tage Waffenstillstand und freien Abzug für die Garnison.«
»Für die ganze? . . . «
»Das versteht sich von selbst,« rief Mauléon, »es kann keine Beschränkung geben, da Ihr selber versichert habt, Don Pedro sei nicht in der Feste.«
Diese Worte entschlüpften dem jungen Mann, trotz der Ehrfurcht, die er seinen zwei Oberen schuldig war, und er wünschte sich Glück, daß er sie ausgesprochen, denn eine sichtbare Blässe schwebte wie eine Wolke über das Antlitz von Don Rodrigo von Sanatrias hin.