Kitabı oku: «Der Bastard von Mauléon», sayfa 42
Neunundsechsigstes Kapitel.
Vorbereitungen
Das Pulver entzündet sich nicht schneller, als sich die Empörung in den Staaten von Don Pedro entzündete.
Aus Furcht, von den benachbarten Königreichen überfallen und überwältigt zu werden, erklärten sich die Einwohner beider Castilien der Mehrzahl nach zu Gunsten von Don Enrique, sobald ein von ihm ausgegangenes Manifest Spanien verkündete, er sei mit einem Heer zurückgekehrt, und dieses Heer werde vom Connetable Bertrand Duguesclin befehligt.
In wenigen Tagen waren die Straßen bedeckt von Glückssoldaten, von ergebenen Bürgern, von Mönchen aller Orden und von Bretagnern, welche gen Toledo wanderten.
Aber Pedro getreu, wie es Bertrand vorhergesehen, schloß Toledo seine Thore, befestigte seine Mauern und wartete die Ereignisse ab.
Enrique verlor keine Zeit. Er berannte die Stadt und begann eine regelmäßige Belagerung.
Dieser feindselige Zustand unterstützte ihn vortrefflich, denn er gab seinen Verbündeten Zeit, sich unter seine Fahnen zu schaaren.
Andererseits vervielfältigte sich Don Pedro. Er schickte Eilboten auf Eilboten an den König von Granada, an den König von Portugal und an den König von Aragonien und Navarra, seine alten Freunde.
Er unterhandelte mit dem Prinzen von Wales, der, in Bordeaux krank, ein wenig von seiner Thatkraft für den Krieg verloren zu haben schien und sich durch die Ruhe für den grausamen Tod vorbereitete, der ihn jung einer glorreichen Zukunft entriß.
Die von Mothril angekündigten Saracenen landeten in Lissabon. Sie machten einige Rasttage, um sich zu erholen, und fuhren dann mit Schiffen, die ihnen der König von Portugal lieferte, den Tajo hinauf, wobei ihnen dreitausend an Don Pedro von seinem Verbündeten von Portugal überschickte Pferde vorangingen.
Enrique hatte die Städte von Galizien und Leon für sich; ein gleichartiges Heer, von dem fünftausend von Olivier Duguesclin befehligte Bretagner den mächtigen Kern bildeten.
Er wartete nur noch auf sichere Nachrichten von Mauléon, als dieser mit seinem Knappen in's Lager zurückkehrte und erzählte, was er gethan und gesehen hatte.
Der König und Bertrand horchten mit tiefem Stillschweigen.
»Wie!« sagte der Connetable, »Mothril ist nicht mit Don Pedro aufgebrochen?«
»Er erwartet die Ankunft der Saracenen, um sich an ihre Spitze zu stellen.«
»Man kann hundert Mann abschicken, um zuerst ihn in Montiel zu packen,« sprach Bertrand. »Agenor soll den Zug befehligen, und da ich annehme, daß er keine starke Gründe hat, um diesen Mothril zu lieben, so wird er einen hohen Galgen am User des Tajo errichten und an diesen Galgen den Saracenen, den Mörder, den Verräther hängen.«
»Edler Herr,« erwiderte Agenor, »Ihr seid so gut gewesen, mir Eure Freundschaft, Eure Unterstützung zu versprechen. Weist mich heute nicht zurück: ich bitte, laßt den Saracenen Mothril ruhig und ohne Mißtrauen im Schloß Montiel leben.«
»Warum? es ist ein Nest, das man zerstören muß.«
»Edler Herr Connetable, es ist ein Ort, den ich kenne und dessen Nützlichkeit Euch die Zukunft beweisen wird. Ihr wißt, daß man, wenn man den Fuchs überwältigen will, sich den Anschein gibt, als bemerkte man sein Versteck nicht, und daran vorübergeht, ohne es anzuschauen, sonst verläßt er es und kehrt nie mehr dahin zurück.«
»Hernach, Ritter?«
»Edler Herr, laßt Mothril und Don Pedro glauben, sie seien im Schloß Montiel unbekannt und unverletzlich; wer weiß, ob wir sie später dort nicht Beide mit einem Netzzug sangen werden?«
»Agenor,« sprach der König,«das ist nicht Dein einziger Grund?«
»Nein, Sire, und ich habe nie gelogen, nein, es ist nicht mein einziger Grund. Der wahre Grund ist der, daß das Schloß einen Freund von mir enthält, einen Freund, den Mothril tödten lassen wird, wenn man ihn zu eng einschließt.«
»Sage es doch!« rief Bertrand, »und glaube nie, man zögere, Dir zu bewilligen, was Du wünschest.«
Nach dieser Unterredung, welche Mauléon über das Schicksal von Aissa beruhigte, betrieben die Anführer des Heeres kräftig die Belagerung von Toledo.
Einwohner vertheidigten sich so gut, daß dies vieler Waffenthaten wurde, und daß Viele von den ausgezeichnetsten und geübtesten Belagerern bei den Scharmützeln oder Ausfällen den Tod fanden, oder schwere Wunden erhielten.
Doch diese Kämpfe ohne Erfolg waren nur das Vorspiel eines allgemeinen Treffens, wie die Blitze und das Zusammenstoßen der Wolken das Vorspiel des Sturmes sind.
Siebzigstes Kapitel.
Der Grausame
Don Pedro hatte in Toledo, einer Stadt, welche sich mit ihren zahlreichen Mitteln gut vertheidigen ließ, alle seine Angelegenheiten mit seinen Unterthanen und seinen Verbündeten geordnet.
Die Toledaner hatten in dieser endlosen Reihenfolge von Bürgerkriegen von einer Partei zur andern geschwankt; es war die Aufgabe, einen moralischen Schlag bei ihnen zu thun, der sie auf ewig mit der Sache des Siegers von Navarrete verbinden sollte.
Dies war der schönste Titel von Don Pedro. In der That, wenn die Toledaner ihren Fürsten diesmal nicht unterstützten und er bei der ersten Schlacht Sieger blieb wie bei der letzten, so war es um Toledo für immer geschehen! Don Pedro würde nicht verzeihen.
Der schlaue Mann wußte wohl, daß die Bevölkerung einer großen Stadt keine andere Impulse hat, als den Hunger und die Habgier.
Mothril wiederholte es ihm jeden Tag. Man mußte also die Toledaner ernähren und ihnen Hoffnung auf reiche Beute machen.
Es gelang Don Pedro nicht, beide Resultate zu erreichen.
Er versprach viel für die Zukunft, doch er hielt nichts für die Gegenwart.
Als die Toledaner bemerkten, daß es an Lebensmitteln auf dem Markt fehlte, daß die Speicher leer waren, fingen sie an zu murren.
Ein Bündniß von zwanzig reichen, dem Grafen von Transtamare ergebenen, oder nur von einem Geist der Opposition beseelten Privatleuten brachte dieses Gemurre und die böse Stimmung der Stadt in Gährung.
Don Pedro fragte Mothril um Rath, und der Maure antwortete ihm:
»Diese Leute werden Euch den schlimmen Streich spielen, während Ihr schlaft, ein Thor der Stadt Eurem Mitbewerber zu öffnen.
Zehntausend Mann werden eindringen, Euch gefangen nehmen, und der Krieg ist beendigt.«
»Was ist zu thun?«
»Etwas ganz Einfaches. Man nennt Euch in Spanien Don Pedro den Grausamen.«
»Ich weiß es, und ich verdiene diesen Titel nur durch etwas energische Akte der Gerechtigkeit.«
»Ich bestreite das nicht . . . doch wenn Ihr diesen Namen verdient habt, so dürft Ihr Euch nicht fürchten, ihn abermals zu verdienen; habt Ihr ihn nicht verdient, so beeilt Euch, ihn durch irgend eine gute Execution zu rechtfertigen, welche die Toledaner von der Stärke Eures Armes unterrichten soll.«
»Es sei sagte der König. »Ich werde noch in dieser Nacht handeln.«
Don Pedro ließ in der That die von uns erwähnten Unzufriedenen bezeichnen; er erkundigte sich nach ihrem Aufenthaltsort und ihren Gewohnheiten. Mit hundert Soldaten, die er in Person befehligte, sprengte er sodann die Thüren des Hauses von jedem der Meuterer und ließ sie erwürgen.
Ihre Leichname wurden in den Tajo geworfen. Ein wenig nächtlicher Lärmen, viel sorgfältig abgewaschenes Blut, dies war es, wodurch die Toledaner erfuhren, was der König unter den Worten »Gerechtigkeit üben und die Stadt verwalten« verstand.
Sie murrten nicht mehr und singen an mit viel Begeisterung zuerst ihre Pferde zu verspeisen.
Der König wünschte ihnen Glück dazu und sprach:
»Ihr braucht keine Pferde in der Stadt. Die Ritte sind nicht mehr lang, und was die Ausfälle auf die Belagerer betrifft, so werden wir sie zu Fuß machen.«
Nach ihren Pferden sahen sich die Toledaner genöthigt, ihre Maulthiere zu verzehren. Das ist für den Spanier eine harte Nothwendigkeit. Das Maulthier ist ein nationales Thier, und man betrachtet es beinahe wie einen Landsmann. Wohl opfert man die Pferde bei den Stiergefechten; aber man beauftragt die Maulthiere, Pferde und Stiere, die einander getödtet, von der Arena wegzuschaffen.
Die Toledaner verspeisten also seufzend die, Maulthiere.
Enrique von Transtamare ließ sie machen.
Dieses Hinschlachten der Maulthiere stachelte die Energie der Belagerer, und sie fielen aus, um Lebensmittel zu suchen; doch der Stammler von Villaines und Olivier von Mauney, welche ihre bretagnischen Pferde nicht gegessen hatten, schlugen sie so grausam, daß sie in ihren Wällen zu bleiben genöthigt waren.
Don Pedro gab ihnen einen neuen Gedanken ein, den, das Futter zu fressen, das die Pferde und die Maulthiere nicht mehr fraßen, insofern sie todt waren.
Dies währte acht Tage, wonach man sich um etwas Anderes bekümmern mußte.
Die Umstände waren aber nicht vortheilhaft.
Aergerlich darüber, daß er die Geldsumme nicht erhielt, die ihm Don Pedro schuldig war, schickte der Prinz von Wales drei Abgeordnete nach Toledo, um die Rechnung der Kriegskosten zu überreichen.
Don Pedro fragte Mothril über diese neue Verlegenheit um Rath, und dieser antwortete:
»Die Christen lieben ungemein das Gepränge der Ceremonien und die öffentlichen Feste; zur Zeit, wo wir noch Stiere besaßen, hätte ich Euch gerathen, Ihr solltet ein glänzendes Stiergefecht geben; doch wir haben keine mehr, und man muß auf einen Ersatz dafür bedacht sein.«
»Sprecht, sprecht.«
»Die Abgeordneten verlangen Geld von Euch. Ganz Toledo erwartet Eure Antwort: weigert Ihr Euch, so sagt Ihr damit, Eure Cassen seien leer, und Ihr könnet auf nichts mehr rechnen.«
»Aber ich kann nicht bezahlen, da ich nichts habe.«
»Ich weiß es wohl, Hoheit, ich, der ich die Finanzen verwalte; doch in Ermangelung von Geld muß man Geist haben. Ihr fordert die Abgeordneten auf, mit großem Gepränge nach der Kathedrale zu ziehen. Dort, in Gegenwart von allem Volk, das sehr entzückt sein wird, Eure königlichen Gewänder, das Gold und die Edelsteine der priesterlichen Ornamente, den Reichthum der Rüstungen und die hundert und fünfzig Pferde zu sehen, welche als Muster der seltsamen Thiere, deren Race verloren gegangen ist, übrig sind, dort, sage ich, sprecht Ihr: »»Meine edlen Herren Abgeordneten, habt Ihr Vollmacht, um mit mir zu unterhandeln?«« »»Ja,«« werden sie antworten, »»wir vertreten Seine Hoheit den Prinzen von Wales, unsern allergnädigsten Herrn.««
»»Nun!«« sprecht Ihr, »»Ihr verlangt von mir die Geldsumme, die ich der Verabredung gemäß bezahlen sollte?««
»»Ja,«« werden sie antworten.«
»»Ich leugne die Schuld nicht,«« sagt Ihr, mein Fürst. »»Nur war ich mit seiner Hoheit dahin übereingekommen, daß ich für die schuldige Summe den Schutz, das Bündniß und die Mitwirkung der Engländer haben sollte.««
»Aber ich habe das gehabt,« rief Don Pedro.
»Ja, aber Ihr habt es nicht mehr, und Ihr lauft Gefahr, das Gegentheil zu haben . . Das ist es, was Ihr vor Allem von ihnen erhalten müßt, die Neutralität: in Betracht, daß Ihr, wenn Ihr mit der Armee Enrique von Transtamare und die Bretagner, befehligt vom Connetable, Euren Vetter den Prinzen von Wales und zwanzigtausend Engländer zu bekämpfen habt, verloren seid, mein Fürst, und die Engländer sich eigenhändig mit Eurer Hinterlassenschaft bezahlen werden.«
»Sie werden sich weigern, Mothril, da ich sie nicht bezahlen kann.«
»Wenn sie etwas zu verweigern hätten, wäre es schon geschehen. Aber die Christen sind zu eitel, um einander zu gestehen, sie seien hintergangen worden. Der Prinz von Wales würde lieber Alles verlieren, was Ihr ihm schuldig seid, und für bezahlt gelten wollen, als bezahlt sein, ohne daß man es wüßte. Laßt mich endigen . . Eure Abgeordneten werden Euch auffordern, sie zu bezahlen . . Ihr antwortet: »»Von allen Seiten bedroht man mich mit Feindseligkeiten vom Prinzen von Wales . . . Wenn dem so wäre, so wollte ich lieber mein ganzes Königreich verlieren, als die Spur eines Bündnisses mit einem so unredlichen Fürsten fortbestehen lassen. Schwört mir also, daß Seine Hoheit zwei Monate von jetzt an, nicht das Versprechen, daß sie mir geleistet, mich zu unterstützen, sondern ihr früheres Versprechen, neutral zu bleiben, halten wird, und in zwei Monaten, das schwöre ich Euch bei dem heiligen Evangelium, das Ihr hier seht, sollt Ihr bezahlt sein . . . ich halte das Geld hierzu bereit.«
»Die Abgeordneten werden schwören, um das Recht zu erhalten, rasch in ihr Land zurückzukehren; sicher, keine neuen Feinde mehr zu haben, wird Euer Volk sodann freudig, erleichtert sein und, nachdem es seine Pferde und Maulthiere verzehrt hat, alle Ratten und alle Eidechsen von Toledo verspeisen, die sich in ziemlich großer Anzahl wegen der Nähe des Flusses und der Felsen hier finden.«
»Aber in zwei Monaten, Mothril. . .«
»Werdet Ihr ebenso wenig bezahlen, das ist wahr; in zwei Monaten habt Ihr die Schlacht, die wir liefern wollten, gewonnen oder verloren; in zwei Monaten braucht Ihr als Sieger oder als Besiegter Eure Schulden nicht zu bezahlen: als Sieger, weil Ihr mehr Credit habt, als Ihr braucht; als Besiegter, weil Ihr mehr als zahlungsunfähig sein werdet.«
»Aber mein Schwur auf das Evangelium?«
»Ihr habt oft davon gesprochen, Ihr wollet Mohametaner werden; das wird eine gute Gelegenheit sein, mein Fürst. Ein Anhänger Mohamet's, habt Ihr keinen Handel mehr mit Jesus Christus, dem andern Propheten, zu schlichten.«
Abscheulicher Heide!« murmelte Don Pedro; »was für Rathschläge!«
»Ich leugne es nicht,« erwiderte Mothril; »doch getreuen Christen geben Euch gar keine, und folglich sind die meinigen mehr werth.«
Don Pedro führte, nachdem er die Sache reiflich, erwogen hatte, den Plan von Mothril Punkt für Punkt aus.
Die Ceremonie brachte den größten Eindruck hervor; die Toledaner vergaßen ihren Hunger beim Anblick der Herrlichkeiten des Hofes und beim Schimmer eines kriegerischen Gepränges.
Don Pedro entwickelte so viel Großmuth, hielt so schöne Reden und betheuerte sich so feierlich, daß die Abgeordneten, nachdem sie Neutralität geschworen hatten, glücklicher aussahen, als wenn man sie mit baarem Geld bezahlt hätte.
»Was ist mir im Ganzen daran gelegen?« sagte Don Pedro;«das wird so lange dauern, als ich.«
Er hatte mehr Glück, als er hoffte, denn nach den Vorhersehungen von Mothril kam eine bedeutende Verstärkung Afrikaner auf dem Tajo an und durchbrach die feindlichen Linien, um Toledo zu verproviantiren, wonach Don Pedro, als er seine Streitkräfte zählte, fand, daß er unter seinen Befehlen ein Heer von achtzigtausend Mann, bestehend aus Juden und Saracenen, Portugiesen und Castilianern, hatte.
Während der ganzen Dauer dieser Vorbereitungen hielt er sich beiseit, schonte seine Person mit der größten Aengstlichkeit und gab durchaus keinen Spielraum dem Zufall, der für ihn durch einen vereinzelten Unstern das Resultat des großen Schlages, auf den er sann, verlieren machen konnte.
Don Enrique organisierte schon im Gegentheil eine Regierung wie ein erwählter, auf dem Thron gesicherter König.
Es sollte nach seinem Willen am andern Tag nach einer Schlacht, welche ihm die Krone gebracht hätte, dieses Königthum fest und stark sein wie das durch einen langen Frieden geheiligte.
Während Jeder seine Anordnungen traf, hatte Agenor sein Auge auf Montiel, und er wußte durch wohlbezahlte Späher, daß Mothril, der einen Cordon von Truppen zwischen dem Schloß und Toledo aufgestellt hatte, beinahe alle Tage auf einem Berber, so leicht wie der Wind, Aissa besuchte, welche gänzlich von ihrer Wunde wiederhergestellt war.
Er versuchte alle mögliche Mittel, um den Eintritt in's Schloß zu erlangen, oder, um Aissa eine Kunde zukommen zu lassen, doch es glückte ihm nicht.
Musaron träumte so anhaltend hierüber, daß er das Fieber bekam.
Agenor sah nur noch ein Heil in einem allgemeinen und nahe bevorstehenden Kampf, der ihm mit eigener Hand Don Pedro zu tödten und Mothril gefangen zu nehmen gestatten würde, wonach er für das Lösegeld dieses verhaßten Lebens Aissa frei und lebendig kaufen könnte.
Dieser süße Gedanke, dieser unabläßige Traum ermüdete das Gehirn des jungen Mannes durch seine glühende Beharrlichkeit.
Es befiel ihn ein tiefer Ekel gegen Alles, was nicht der thätige und entscheidende Krieg war; und da er zum Rath der Anführer gehörte, so war immer seine Meinung, die Belagerung aufzugeben und Don Pedro zu einer geordneten Schlacht zu zwingen.
Er traf gewichtige Gegner im Rath, denn das Heer von Don Enrique belief sich auf höchstens zwanzigtausend Mann, und viele Officiere dachten, es wäre eine Thorheit, mit schlimmen Chancen eine so schöne Partie zu wagen.
Doch Agenor stellte ihnen vor, wenn Don Enrique nur zwanzigtausend Mann seit seinem Manifest zu seiner Verfügung hätte und sich nicht durch einen glänzenden Schlag Anerkennung verschaffte, so würden sich seine Streitkräfte vermindern, statt zu vermehren, während der Tajo jeden Tag Don Pedro Verstärkung an Saracenen und Portugiesen bringe.
»Die Städte werden unruhig,« sagte er, »sie schwanken zwischen zwei Bannern; seht, mit welcher Gewandtheit Don Pedro Euch zur Unthätigkeit zwingt, die für Alle ein Beweis unserer Ohnmacht ist.
Gebt Toledo auf, das Ihr nicht einnehmen werdet.
Erinnert Euch, daß die Stadt, wenn Ihr Sieger seid, sich zu ergeben genöthigt ist, während in diesem Augenblick nichts sie antreibt: im Gegentheil, der Plan von Mothril kommt zum Vollzug. Ihr werdet zwischen Mauern von Stein und Mauern von Stahl eingeschlossen sein. . .»hinter Euch der Tajo, besetzt mit achtzigtausend Streitern. Wir werden nur noch kämpfen müssen, um zu sterben. Heute könnt Ihr angreifen, um zu siegen.«
Der Grund dieser Rede war eigennützig; doch welcher gute Rath ist dies nicht ein wenig? Der Connetable hatte zu viel Geist und Kriegserfahrung, um nicht Mauléon zu unterstützen. Es blieb die Unentschlossenheit des Königs, der sehr viel wagte, wenn er einen Streich auf gut Glück unternahm, ohne alle Vorsichtsmaßregeln getroffen zu haben.
Doch was die Menschen nicht thun, thut Gott nach seinem Willen.
Don Pedro drängte es eben sosehr als Agenor, in den Besitz des Gutes zu gelangen, nach dem er am meisten auf der Welt, nach seiner Krone, begehrte.
So oft er in der Nacht, wenn seine Geschäfte abgethan waren, längs einer Reihe ergebener Soldaten nach Montiel reiten und die schöne, nun so bleiche und traurige Aissa sehen konnte, fühlte sich der König glücklich.
Mothril bewilligte ihm diese Gunst nur selten. Der Plan des Saracenen war reif, sein gut ausgespanntes Garn hatte seine Beute erhascht; die Aufgabe war nur noch, sie zu behalten, denn ein König in der Falle ist wie ein Löwe im Netz, man hält ihn nie weniger fest, als wenn er gefangen ist.
Don Pedro bestürmte Mothril mit Bitten, ihm Aissa zu übergeben; er versprach, sie zu heirathen und sie den Thron besteigen zu lassen.
»Nein,« antwortete Mothril, »nicht im Augenblick einer Schlacht feiert ein König seine Hochzeit, nicht wenn so viele brave Leute für ihn sterben, beschäftigt er sich mit der Liebe. Nein, wartet den Sieg ab, dann wird Euch Alles gestattet sein.«
So hielt er den bebenden König zurück . . .Sein Gedanke war indessen durchleuchtend und Don Pedro hätte ihn erkannt, wäre er nicht geblendet gewesen, Mothril wollte aus Aissa eine Königin von Castilien machen, weil er wußte, dieses Bündniß des Christen mit der Mohametanerin würde die ganze Christenheit zum Aufruhr bringen, die ganze Welt würde dann Don Pedro verlassen, und die so oft besiegten Saracenen wären bereit, um Spanien wiederzuerobern und sich für immer darin festzustellen.
Mothril wäre der König von Spanien geworden, Mothril, der so großes Ansehen bei seinen Landsleuten genoß und diese seit zehn Jahren Schritt für Schritt auf eine für Jedermann, nur nicht für den trunkenen oder wahnsinnigen König, bemerkbare Weise nach dem gelobten Land leitete.
Indem er aber Don Pedro Aissa gab und ihm eine Rückkehr der Unfälle vorbehielt, durfte Mothril jedoch nur langsam und sicher zu Werke gehen, und er wartete einen entscheidenden Sieg ab, der die wüthendsten Feinde, welche die Mauren in Spanien treffen konnten, zerstören sollte. Die Mauren mußten mit dem Namen von Don Pedro eine große Schlacht gewinnen, um Enrique von Transtamare, Bertrand Duguesclin und alle Bretagner zu tödten, um endlich der Christenheit zu bedeuten, Spanien sei ein Land, das sich leicht öffnen lasse, wenn es sich darum handle, Gräber für die Eroberungssüchtigen zu graben.
Es mußte auch das größte Hinderniß bei den Plänen von Mothril, es mußte Agenor von Mauléon getödtet werden, damit die junge Liebende, Anfangs besänftigt durch Versprechungen und durch die Versicherung einer nahe bevorstehenden Verbindung, sodann entmuthigt durch den unverdächtigen Tod auf dem Schlachtfeld, sich durch ihre Verzweiflung bewegen ließe, Mothril zu dienen, dem sie nicht mehr mißtrauen würde.
Der Maure verdoppelte seine Zärtlichkeiten, seine Bemühungen: er ging sogar so weit, daß er Hafiz beschuldigte, er habe ein Einverständniß mit Dona Maria unterhalten, um Agenor zu täuschen oder zu Grunde zu richten. Hafiz war todt und konnte sich nicht mehr rechtfertigen.
Er verschaffte Aissa wahre oder erdichtete Nachrichten von Agenor.
»Er denkt an Euch,« sagte er, »er liebt Euch; er lebt bei seinem Herrn, dem Connetable, und verfehlt keine Gelegenheit, sich mit den Emissären in Verbindung zu setzen, die ich ihm zusende, damit er Nachricht von Euch bekommt.«
Beruhigt durch diese Worte, wartete Aissa geduldig. Sie fand sogar einen gewissen Reiz in dieser Trennung, welche ihr dafür bürgte, daß Mauléon sich ihr zu nähern trachtete.
Ihre Tage vergingen in dem entlegensten Gemache des Schlosses. Allein mit ihren Frauen, müßig und träumerisch, schaute sie nach dem Lande hinaus von einem Fenster, von dem es senkrecht hinabging in die Schlucht der Felsen von Montiel.
Wenn sie Don Pedro besuchte, hatte sie für ihn das eisige, abgemessene Wohlwollen, das bei den der Verstellung unfähigen Frauen die äußerste Anstrengung der Heuchelei ist. . . eine so unverständliche Kälte, daß sie die Anmaßlichen zuweilen für die Schüchternheit eines Anfangs von Liebe nehmen.
Der König hatte nie einen Widerstand erfahren. Die stolzeste der Frauen, Maria Padilla, hatte ihn geliebt, Allem vorgezogen. . .warum hätte er nicht an die Liebe von Aissa glauben sollen, besonders seitdem der Tod von Maria und die Verleumdungen von Mothril ihn überzeugten, das Herz seiner Tochter sei rein von jedem Liebesgedanken?
Mothril überwachte auf's Aengstlichste den König bei jedem seiner Besuche. Nicht ein Wort dieses Fürsten war für ihn ohne Werth, und er duldete nicht, daß Aissa auf ein einziges Wort etwas erwiderte. Ihr Krankheitszustand heische gebieterisch das Stillschweigen, sagte er. Und dann hatte er beständig bange vor einem Einverständniß von Don Pedro mit den Leuten des Schlosses, das Aissa dem König in die Hände geliefert hätte, wie dies bei so vielen anderen Frauen der Fall gewesen war.
Unumschränkter Gebieter in Montiel, hatte Mothril seine Vorsichtsmaßregeln getroffen. Die beste von Allen war, Aissa zu überzeugen, er billige ihre Liebe für Agenor. Das Mädchen war aber überzeugt.
Die Folge hiervon war, daß Mothril an dem Tag, wo er Montiel verlassen mußte, um den Oberbefehl über die für die Schlacht angekommenen afrikanischen Truppen zu übernehmen, nur zwei Vorschriften zu ertheilen hatte, die eine seinem Lieutenant, die andere Aissa selbst.
Dieser Lieutenant war eben derjenige, welcher vor der Schlacht von Navarrete die Sänfte von Aissa schlecht vertheidigt hatte; aber er brannte vor Begierde nach einer Ausgleichung.
Es war mehr ein Soldat, als ein Diener. Unfähig, sich zu den Gefälligkeiten von Hafiz zu erniedrigen, verstand er nur den dem Vorgesetzten schuldigen Gehorsam und die den Vorschriften der Religion gebührende Ehrfurcht.
Aissa verstand auch nur Eines: sich auf ewig mit Mauléon zu verbinden.
»Ich breche zur Schlacht auf,« sagte Mothril zu ihr. »Ich habe einen Vertrag mit dem Sire von Mauléon geschlossen, daß wir uns gegenseitig im Kampfe schonen. Ist er Sieger, so soll er Euch in diesem Schlosse holen, dessen Pforten ich ihm öffne, und Ihr flieht mit ihm, wenn Ihr mich als Vater liebt.
Wird er besiegt, so kommt er mit mir, und er verdankt mir zugleich das Leben und Euren Besitz. . . Werdet Ihr mich wohl für so viel aufopfernde Ergebenheit lieben, Aissa? Ihr begreift, wenn der König Don Pedro nur ein einziges Wort erführe, nur einen einzigen Gedanken von diesem Plan ahnete, würde mein Kopf vor Ablauf einer Stunde zu seinen Füßen rollen, und Ihr wäret für immer für den Mann, den Ihr liebt, verloren.«
Aissa ergoß sich in Betheurungen ihrer Dankbarkeit und begrüßte diesen Tag der Trauer und des Bluts als die Morgenröthe ihrer Freiheit und ihres Glückes.
Als er das Mädchen so vorbereitet hatte, gab er seinem Lieutenant seine Instructionen.
»Hassan,« sagte er zu ihm, »der Prophet soll über Leben und Glück von Don Pedro entscheiden. Wir sind im Begriff, eine Schlacht zu liefern. Werden wir besiegt, oder sind wir Sieger, und ich kehre am Abend der Schlacht nicht in's Schloß zurück, so bin ich verwundet, todt oder gefangen genommen; dann öffnest Du die Thüre von Aissa, hier hast Du den Schlüssel; Du erdolchst sie mit ihren Frauen, und wirfst sie vom Felsen herab in die Schlucht, weil es sich nicht geziemt, daß gute Muselmänninnen den Beleidigungen eines Christen ausgesetzt sein sollen, und würde dieser Christ auch Don Pedro oder Transtamare heißen! Wache besser, als bei Navarrete; dort hat sich Deine Wachsamkeit mit einer Schuld beladen; ich habe Dir verziehen, ich habe Dich leben lassen; diesmal würde Dich der Prophet bestrafen. Schwöre mir also, meine Befehle zu vollstrecken.«
»Ich schwöre es.« sprach Hassan mit kaltem Tone, »und wenn die drei Frauen todt sind, werde ich mich mit ihnen erdolchen, damit mein Geist über ihren Geistern wache.«
»Ich danke,« antwortete Mothril, indem er sein goldenes Collier um Hassans Hals schlang. »Du bist ein guter Diener, und wenn wir siegen, sollst Du den Oberbefehl über dieses Schloß erhalten. Dona Aissa darf bis auf den letzten Augenblick das Schicksal nicht erfahren, das ihr vorbehalten ist; sie ist eine Frau, sie ist schwach, und soll nicht mehr als einmal den Tod erleiden. Was aber den Sieg betrifft,« fügte er hastig bei, »so glaube ich nicht, daß er uns entgehen kann. Somit ist mein Befehl eine Vorsichtsmaßregel, zu der wir unsere Zuflucht zu nehmen nicht nöthig haben werden.«
Nachdem er so gesprochen, ergriff Mothril seine Waffen, bestieg sein bestes Roß, suchte zwei ergebene Männer aus, die ihm folgen sollten, übergab das Commando von Montiel Hassan und brach noch in derselben Nacht auf, um sich zu Don Pedro zu begeben, der ihn voll Ungeduld erwartete.
Mothril rechnete auf diesen Sieg, und er täuschte sich nicht. Man vernehme, was seine Chancen waren: Vier gegen Einen. Jeden Augenblick frisch eintreffende Hilfstruppen, alles Gold Afrikas in Spanien verwendet durch einen dumpfen, unerschütterlichen Willen, den einer Eroberung, welche ein nie verlassener, häufig zerstörter Plan war; während die europäischen Ritter hier nur kämpften, die Einen aus Habgier, die Andern aus religiöser Pflicht, Alle ziemlich kalt und sehr bereit, sich durch einen Umschlag die Sache entleiden zu lassen.
Wenn je ein Ereigniß unter gut entworfenen Plänen glänzend zu Tage ausging, so war es das der Schlacht, der die Geschichte den poetischen und ritterlichen Namen Montiel gegeben hat.