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Kitabı oku: «Der Bastard von Mauléon», sayfa 8

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Siebentes Kapitel.
Wie der Maure Don Pedro erzählte, was vorgefallen war

Der Maure näherte sich dem König, gab seinen Zügen den Ausdruck eines tiefen Miteids, das heißt des Gefühls, das Don Pedro von Seiten eines Untergeordneten am meisten verletzen mußte, und sprach:

»Sire, ehe ich diese Erzählung beginne, ist es nothwendig, daß Eure Hoheit sich Punkt für Punkt der Befehle erinnert, die sie mir gegeben hat.«

»Ich vergesse nie das, was ich einmal gesagt habe,« erwiderte Don Pedro.

»Der König befahl mir nach Coimbra zu reisen, und ich begab mich dahin; dem Großmeister zu sagen. Seine Hoheit erwarte ihn, und ich sagte es ihm; seinen Ausbruch zu beschleunigen, und ich ruhte nur eine Stunde aus, und wir setzten uns schon am Tage unserer Ankunft wieder in Marsch.«

»Gut, gut, ich weiß, daß Du ein treuer Diener bist, Mothril.«

»Eure Hoheit fügte bei: »»Du wirst darüber wachen, daß der Großmeister während der Reise Niemand Nachricht von seinem Aufbruche gibt.«« Nun wohl, am andern Tage nach unserer Abreise schrieb der Großmeister . . . Doch in der That, ich weiß nicht, ob ich Eurer Hoheit trotz ihrer Befehle Alles sagen soll, was vorgefallen ist.«

»Sprich . . . Am andern Tag nach Eurer Abreise. . .«

»Schrieb der Großmeister einen Brief. . .«

»An wen?«

»Gerade an die Person, von der Eure Hoheit befürchtete, er würde an sie schreiben.«

»An die Königin Blanche?« rief Don Pedro erbleichend.

»An die Königin Blanche, Sire.«

»Maure,« sprach Don Pedro, »bedenke, wie ernst eine solche Anschuldigung ist.«

»Ich bedenke nur, daß ich meinem König diene.«

»Du kannst abermals sagen, Du habest Dich getäuscht.«

Mothril erwiderte den Kopf schüttelnd:

»Ich täusche mich nicht.«

»Nimm Dich in Acht! dieser Brief, ich muß ihn haben,«

»Ich habe ihn!« antwortete kalt der Maure.

Don Pedro, der einen Schritt vorgegangen war, schauerte und machte einen Schritt rückwärts.

»Ah! Du hast ihn?» sagte er.

»Ja.«

»Dieser Brief ist von Don Federigo geschrieben?«

»Ja.«

»An Blanche von Bourbon?«

»Ja,«

»Und dieser Brief? . . ..«

»Ich werde ihn Eurer Hoheit geben, sobald sie nicht mehr zornig sein wird, wie sie es in diesem Augenblick ist.«

»Ich,« erwiderte Don Pedro mit einem nervigen Lächeln, »ich zornig? Ich bin nie ruhiger gewesen.«

»Nein, hoher Herr, Ihr seid nicht ruhig, denn Euer Auge ist entrüstet, denn Eure Lippen erbleichen, denn Eure Hand zittert und greift nach dem Dolche. Warum wollt Ihr es verhehlen, Sire? Es ist ganz natürlich, und die Rache ist in einem solchen Fall gesetzlich; da ich errathe, die Rache Eurer Hoheit werde furchtbar sein, so versuche ich es zum Voraus, sie zu mildern.«

»Gebt den Brief, Mothril!« rief der König.

»Aber, Hoheit . . .«

»Gebt den Brief, ohne Verzug, aus der Stelle, ich will es!«

Der Maure zog langsam unter seinem rothen Gewande die Waidtasche des unglücklichen Fernando hervor.

»Meine erste Pflicht,« sprach er, »ist, meinem König zu gehorchen, was auch daraus entstehen mag.«

Der König betrachtete die Waidtasche, nahm daraus den mit Perlen gestickten Beutel, öffnete ihn und griff rasch nach dem Brief, den er enthielt. Das Siegel dieses Briefes war sichtbar abgenommen; abermals zog sich das Gesicht von Don Pedro bei diesem Anblick zusammen; doch er las, ohne eine Bemerkung zu machen:

»Madame, meine Königin, der König ruft mich nach Sevilla.

Ich habe Euch versprochen, Euch von den großen Ereignissen meines Lebens in Kenntniß zu setzen; dieses scheint mir entscheidend.«

»Wie es auch sein mag, erhabene Dame und geliebte Schwester, ich werde die Rache von Dona Padilla, die mich ohne Zweifel rufen läßt, wenig fürchten, wenn ich weiß, daß Eure so theure Person vor ihren Angriffen geschützt ist, Es ist mir nicht bekannt, was meiner harrt! vielleicht das Gefängniß, vielleicht der Tod. Als Gefangener vermöchte ich Euch nicht mehr zu vertheidigen; und wenn ich sterben soll, benütze ich den Augenblick, wo mein Arm frei ist, um Euch zu sagen, daß mein Arm Euer wäre, wenn man ihn nicht gefesselt hätte, daß mein Herz Euch gehört bis zum Tod.

»Fernando bringt Euch diese Kunde, diesen Abschied vielleicht. Auf Wiedersehen, meine süße Königin und Freundin, in dieser Welt vielleicht, im Himmel gewiß.

»Don Federigo.«

»Dieser Fernando, wer ist er? wo ist er?« rief Don Pedro so bleich, daß er furchtbar anzuschauen war.

»Sire,« erwiderte Mothril mit vollkommen natürlichem Tone, »dieser Fernando war der Page des Großmeisters. Er reiste mit uns ab. Am Abend des ändern Tages nach unserem Ausbruch erhielt er die Sendung. In derselben Nacht, beim Uebergang über die Zezere, wollte es der Zufall, daß er ertrank und daß ich diese Schrift an seinem Leichnam fand.«

Don Pedro brauchte keine Erläuterungen, um Mothril zu verstehen?«

»Ah!« sagte er, »Ihr habt den Leichnam wiedergefunden?«

»Ja.«

»Vor Jedermann?«

»Ja.«

»Also weiß Niemand, was dieser Brief enthält?«

»Sire,« sprach Mothril, »verzeiht meine Kühnheit; die Interessen meines Königs überwogen die mir gebotene Discretion; ich öffnete die Waidtasche und las den Brief.«

»Doch Ihr allein? Dann ist es, als ob ihn Niemand gelesen hätte.«

«Gewiß, gewiß, Hoheit, seitdem der Brief in meinen Händen ist.«

»Doch zuvor?«

»Ah! Sire, für das Zuvor stehe ich nicht, um so mehr, als der Page nicht allein bei seinem Herrn war: es war da ein Verfluchter . . . ein Giaur . . . ein Hund . . . ein Christ . . . Verzeiht, Sire.«

»Und wer war dieser Christ?«

»Ein französischer Ritter, den er seinen Bruder nennt.«

»Ah!« versetzte Don Pedro lächelnd, »ich hätte geglaubt, er würde seinen Freunden einen andern Namen geben.«

»Für diesen Christen hat er nun keine Geheimnisse, und man dürfte sich nicht wundern, wenn er das Vertrauen, das der Page genoß, theilte, und in diesem Fall wäre das Verbrechen öffentlich.«

»Der Großmeister kommt?« fragte Don Pedro.

»Er folgt mir, Hoheit.«

Don Pedro ging eine Zeit lang, die Stirne gefaltet, die Arme gekreuzt, den Kopf auf die Brust geneigt, auf und ab; es war leicht zu sehen, daß ein furchtbarer Sturm um sein Herz tobte.

»Man muß also mit ihm anfangen,« sprach er endlich mit dumpfer Stimme, »das ist überdies das einzige Entschuldigungsmittel, welches mir Frankreich gegenüber zu Gebot steht. Sieht Karl V., daß ich meinen Bruder nicht schonte, so wird er nicht mehr am Verbrechen zweifeln und mir verzeihen, daß ich seine Schwägerin nicht geschont habe.«

»Befürchtet Ihr aber nicht, Hoheit,« sagte Mothril, »man könnte sich in der Rache täuschen und denken, Ihr habet den Großmeister, nicht den Geliebten der Königin Blanche, sondern den Bruder von Enrique Transtamare, Eurem Mitbewerber um den Thron, geschlagen?«

»Ich werde den Brief öffentlich machen,« erwiderte der König, »das Blut wird den Flecken bedecken; Ihr habt mir treulich gedient.«

»Was befiehlt nun der König?«

»Man halte die Wohnung des Großmeisters bereit.«

Mothril ging ab. Don Pedro blieb allein, und seine Gedanken verdüsterten sich immer mehr; er sah den Spott sich an seinen Namen anhängen, der eifersüchtige und stolze Mensch erschien wieder unter dem unempfindlichen König; es kam ihm vor, als hörte er schon das Gerücht von der Liebschaft von Blanche und dem Großmeister unter dem Volk mit allen Uebertreibungen umherlaufen, mit denen man die Fehler der Könige behandelt. Dann, als er die Augen auf die Gemächer von Dona Padilla heftete, glaubte er sie hinter dem Vorhang ihres Fensters stehen zu sehen, und auf ihrem Gesichte das Lächeln des befriedigten Stolzes wahrzunehmen.

»Nicht sie ist es, die mich bewegt, zu thun, was ich vollbringen will,« sprach er, »und dennoch wird man sagen, sie sei es, und dennoch wird sie es glauben.«

Ungeduldig wandte er den Kopf ab und schaute rings umher.

In diesem Augenblick gingen über eine Terrasse, welche niedriger war als die königliche, zwei maurische Sklaven; sie trugen Räucherpfännchen, die einen bläulichen, wohlriechenden Dampf ausströmten. Der Gebirgswind machte diesen berauschenden Wohlgeruch bis zum König aufsteigen.

Hinter den Sklaven kam eine verschleierte Frau von geschmeidigem, hohem Wuchse, von zartem Leib mit geneigtem Kopf. Sie war bedeckt mit dem arabischen Schleier, der nur eine Oeffnung läßt, daß der Strahl des Auges hervorspringen kann. Mothril folgte ihr mit einer gewissen Ehrfurcht, und als sie vor der Thüre des Zimmers waren, wo die Fremde eintreten sollte, warf sich der Maure gleichsam zu den Füßen des Mädchens nieder.

Dieser Wohlgeruch, dieser wollüstige Blick, diese Ehrerbietung des Mauren bildeten einen so mächtigen Contrast mit den Leidenschaften, welche das Herz von Don Pedro zusammenpreßten, daß er sich einen Augenblick erfrischt und wiedergeboren fühlte, als ob ihm die Jugend und die Freude durch diese Erscheinung eingeflößt worden wären.

Er erwartete auch voll Ungeduld den Abend.

Und als der Abend gekommen war, stieg er aus seiner Wohnung hinab und kam, der Nacht vertrauend, durch die Gärten, wo er allein einzutreten das Recht hatte, vor den von Mothril bewohnten Kiosk; vorsichtig hob er die dicken Epheugewinde und die Zweige eines ungeheuren Oleanders auf, der besser als ein Vorhang das Innere der Wohnung vor indiscreten Augen verbarg, und er erblickte nun aus einem Kissen von silbergestickter Seide, die Füße nackt, kaum verschleiert durch ein langes durchsichtiges Gewand, geschmückt mit Ringen und Halsbändern, nach orientalischer Sitte, die Stirne ruhig, die Augen in einer Träumerei verloren, Aissa lächelnd und unter der Röthe ihrer Lippen ihre seinen, weißen, perlartig gleichen Zähne entblößend.

Mothril hatte aus die Neugierde des Königs gerechnet; seitdem es Nacht geworden war, horchte und schaute er; er hörte das Geräusch der ausgehobenen Zweige; er unterschied in der ruhigen Frische der Nacht den glühenden Athem des Königs; doch er schien aus keine Weise zu bemerken, daß sein Fürst da war. Nur, als das nachlässige Mädchen von seinen zerstreuten Fingern sein Combolio von Korallen fallen ließ, stürzte er nieder, hob es auf und kniete beinahe vor ihr, als er es ihr zurückgab.

Aissa lächelte.

»Warum so viele Ehrenbezeigungen seit zwei oder drei Tagen?« sagte sie. »Ein Vater hat nur zärtlich gegen sein Kind zu sein, und das Kind ist dem Vater Ehrfurcht schuldig.«

»Was Mothril thut, muß er thun,« erwiderte der Maure.

»Mein Vater, warum erweist man mir sogar mehr Zuvorkommenheit, als Euch?«

»Weil man Euch mehr Zuvorkommenheit schuldig ist, als mir; denn bald erscheint der Tag, wo sich Alles enthüllen wird, und ist dieser Tag erschienen, so werdet Ihr Euch vielleicht nicht mehr herablassen, mich Euren Vater zu nennen, Dona Aissa.«

Diese geheimnißvollen Worte machten einen unbeschreiblichen Eindruck sowohl auf das Mädchen, als auf den König; doch so sehr auch Aissa in ihn drang, Mothril wollte nicht mehr sagen und zog sich zurück.

Hinter ihm traten die Frauen von Aissa ein; sie kamen mit großen Fächern von Straußenfedern und bewegten die Luft um den Sopha ihrer Gebieterin, während eine sanfte Musik, die man hörte, ohne das Instrument und den Musiker zu sehen, gleichsam einen melodischen Wohlgeruch in der Luft vibriren ließ. Aissa schloß ihre großen, ganz von geheimen Flammen entzündeten Augen.

»Woran mag sie denken?« sagte der König, als er sah, wie der Schatten eines Traumes über ihr Antlitz hinzog.

Sie träumte von dem schönen französischen Ritter. Die Frauen näherten sich, um die Vorhänge niederzulassen.

»Es ist seltsam,« sprach der König, genöthigt, diese gefährliche Beschauung aufzugeben, »man sollte glauben, sie habe einen Namen ausgesprochen.«

Der König täuschte sich nicht, sie hatte den Namen Agenor ausgesprochen.

Aber obgleich die Vorhänge wieder geschlossen waren, befand sich doch Don Pedro nicht in einer Stimmung des Geistes, die ihm in seine Gemächer zurückzukehren gestattete.

Das Herz des Fürsten vereinigte zu dieser Stunde die entgegen gesetztesten Gefühle.

Diese Gefühle bildeten unter sich einen Kampf, der jede Hoffnung auf Rast und Schlaf ausschloß; Kühlung von der Nachtluft, Ruhe vom Stillschweigen erwartend, irrte er in den Gärten umher und kam immer wieder zu einem unwiderstehlichen Ziele, zu dem Kiosk zurück, wo die Maurin im tiefsten Schlafe lag; zuweilen ging er auch an den Fenstern von Dona Padilla vorüber und heftete seine Augen auf die finsteren Scheiben; im Glauben, die hochmüthige Spanierin schlafe, setzte er sodann seine Wanderung fort, die ihn auf einem mehr oder minder langen Umweg zu dem Kiosk zurückführte.

Der König täuschte sich, Maria Padilla schlief nicht; es waren keine Lichter vorhanden, doch voll Flammen, wie das von Don Pedro, brannte und sprang in der Brust ihr Herz, denn unbeweglich hinter ihrem Fenster, in ein Gewand von dunkler Farbe gehüllt, schaute sie nach dem König, ohne eine von seinen Bewegungen zu verlieren und, wir möchten beinahe sagen, ohne einen von seinen Gedanken entschlüpfen zu lassen.

Außer den Augen von Maria Padilla gab es noch zwei Augen, die sich in das Herz des Königs Don Pedro tauchten; es waren die des Mauren, welcher Schildwache stand, um den Erfolg seiner Intriguen beurtheilen zu können. Wenn sich der König den Fenstern von Aissa näherte, so bebte er vor Freude. Schlug aber Don Pedro den Blick zu den Gemächern von Maria Padilla auf, schien er zu zögern, ob er nicht zur Favoriten hinaufgehen sollte, so stieß sein Mund ganz leise Drohungen aus, welche seine Hand, instinctartig seinen Dolch suchend, zu vollziehen bereit schien. Unter dem Einfluß dieser zwei so durchdringenden und so giftigen Blicke, brachte Don Pedro die ganze Nacht hin, während er sich allein und vergessen glaubte. Endlich von Müdigkeit niedergebeugt, streckte er sich eine Stunde vor Tagesanbruch aus einer Bank ans und versank in jenen fieberhaften, bewegten Schlaf, der nur ein Leiden mehr den übrigen beigefügt ist.

»Du bist noch nicht, wie ich Dich haben will,« sagte Mothril, als er den König der Last der Müdigkeit erliegen sah; »ich muß Dich von dieser Dona Padilla frei machen, die Du wie Du behauptest, nicht mehr liebst und dennoch nicht verlassen kannst.«

Und er ließ den Vorhang wieder fallen, den er aufgehoben hatte, um in den Garten zu schauen.

»Auf!« sagte Maria Padilla zu sich selbst, »es ist ein letzter Versuch zu machen, aber aus eine rasche, entscheidende Weise und ehe diese Frau, denn es ist ohne Zweifel eine Frau, was er durch das Fenster betrachtete, Einfluß aus sein Herz erlangt hat.«

Und sie gab ihren Leuten Befehle, und diese machten vom Morgen an einen großen Lärmen im Palast.

Als der König erwachte und wieder in seine Gemächer hinausging, hörte er in den Höfen das Stampfen von Pferden und Maulthieren, und in den Gängen die hastigen Schritte von Frauen und Pagen.

Er wollte sich nach den Ursachen dieser Bewegung erkundigen, als sich die Thüre öffnete und Maria Padilla aus der Schwelle erschien.

»Woraus warten diese Pferde, und was wollen diese geschäftigen Diener, Senora?« fragte Don Pedro.

»Sie warten aus meine Abreise, Sire, zu der ich so früh, als ich konnte, Vorkehrungen treffen ließ, um Eurer Hoheit die Gegenwart einer Frau zu ersparen, welche nichts mehr für Euer Glück vermag. Ueberdies kommt heute mein Feind, und da es ohne Zweifel im Erguß Eures brüderlichen Herzens Sure Absicht wäre, mich ihm zu opfern, so trete ich ihm den Platz ab, denn ich bin mich meinen Kindern schuldig, die, da ihr Vater sie vergißt, ihrer Mutter zweimal bedürfen.«

Maria Pudilla galt für die schönste Frau Spaniens; ihr Einfluß auf Don Pedro war so groß, daß die Chronikschreiber der Zeit, überzeugt, die Schönheit, so vollkommen sie auch sein möge, könne keine solche Macht erreichen, diesen Einfluß der Zauberkunst zuschrieben, statt die Ursachen desselben in den natürlichen Reizen der Zauberin zu suchen.

So, wie sie war, schön in ihren fünfundzwanzig Jahren, reich in ihrem Muttertitel, mit ihren langen schwarzen Haaren, welche auf das einfache wollene Kleid herabfielen, das nach der Mode des vierzehnten Jahrhunderts ihre Arme, ihre Schultern und ihren Buden eng umschloß, faßte sie für Don Pedro nicht Alles, was er geträumt, aber Alles, was er an Liebe und süßen Gedanken gefühlt hatte, zusammen; es war die Fee des Hauses, die Blume des Gemüths, das Schmuckkästchen glücklicher Erinnerungen. Der König schaute sie traurig an und sprach:

»Es wunderte mich, daß Ihr mich noch nicht verlassen hattet, Maria; Ihr habt allerdings den Augenblick gut gewählt, den, wo mein Bruder Enrique sich empört, den, wo mein Bruder Federigo mich verräth, den, wo der König von Frankreich ohne Zweifel Krieg mit mir anfangen wird. Es ist wahr, die Frauen lieben das Unglück, nicht.«

»Seid Ihr unglücklich!« rief Dona Padilla, indem sie drei Schritte machte und ihre beiden Hände gegen Don Pedro ausstreckte, »dann bleibe ich, das genügt mir; einst hätte ich gefragt: »»Pedro, wirst Du glücklich sein, wenn ich bleibe?««

Der König hatte seinerseits den Leib vorwärts geneigt, so daß eine von den schönen Händen von Maria auf die seinige fiel. Er befand sich in einem der Augenblicke, wo das tief verwundete Herz das Bedürfniß fühlt, sich durch ein wenig Liebe zu vernarben. Er drückte diese Hand an seine Lippen.

»Ihr habt Unrecht, Maria,« sagte er, »ich liebe Euch, nur hättet Ihr, um eine Liebe zu finden, die der Eurigen entspräche, einen andern Mann als einen König lieben müssen.«

»Ihr wollt also nicht, daß ich abreise?« fragte Maria Padilla mit dem anbetungswürdigen Lächeln, das Don Pedro die übrige Welt vergessen ließ.

»Nein,« sprach der König, »wenn Ihr einwilligt, mein zukünftiges Glück zu theilen, wie Ihr mein vergangenes getheilt habt.«

Von dem Platze, wo sie war, und durch das offene Fenster befahl nun die schöne Statue mit einer jener Geberden einer Königin, durch die man hätte glauben sollen, Maria wäre am Fuße eines Thrones geboren, der Schaar von Dienern, welche zum Aufbruch bereit waren, in die Gemächer zurückzukehren.

In diesem Augenblick trat Mothril ein. Die zu sehr ausgedehnte Unterredung von Don Pedro mit seiner Geliebten beunruhigte ihn.

»Was gibt es?« fragte Don Pedro ungeduldig.

»Sire,« erwiderte der Maure, »Euer Bruder Don Federigo kommt an, und man erblickt schon sein Gefolge auf der Straße nach Portugal.«

Bei dieser Nachricht zuckte ein solcher Ausdruck von Haß in Blitzen aus den Augen des Königs hervor, daß Maria Padilla wohl sah, sie habe von dieser Seite nichts zu befürchten, und daß sie, nachdem sie ihre Stirne Don Pedro geboten, der seine bleichen Lippen darauf drückte, lächelnd in ihr Gemach zurückkehrte.

Achtes Kapitel.
Wie der Großmeister in den Alcazar von Sevilla einzog, wo ihn der König Don Pedro erwartete

Der Großmeister rückte in der That, wie Mothril gesagt hatte, gegen Sevilla heran; er erreichte die Thore gegen Mittag, nämlich mitten in der stärksten Hitze des Tages.

Die Reiter, welche sein Gefolge bildeten, Mauren und Christen, waren mit Staub überzogen, und der Schweiß badete die Flanken der Maulthiere und Pferde. Der Großmeister warf einen Blick aus die Mauern der Stadt, die er mit Soldaten und Volk bedeckt zu sehen glaubte, wie dies an festlichen Tagen Gewohnheit ist; doch er sah nichts als Schildwachen, die man auch an anderen Tagen hier zu sehen pflegte.

»Soll ich den König benachrichtigen?« fragte einer der Officiere von Don Federigo, der, wenn es der Prinz befehlen würde, voran zu reiten sich anschickte.

»Beunruhigt Euch nicht,« erwiderte Don Federigo mit einem traurigen Lächeln, »der Maure ist voraus gereist und mein Bruder ist benachrichtigt. Wißt Ihr übrigens nicht,« fügte er mit einem bitteren Tone bei, »wißt Ihr nicht, daß Turniere und Feste bei Gelegenheit meiner Ankunft in Sevilla stattfinden?«

Die Spanier schauten erstaunt umher, denn nichts deutete die versprochenen Turniere und die befohlenen Feste an. Es war im Gegentheil Alles düster und traurig; sie befragten die Mauren, doch die Mauren antworteten nicht.

Sie zogen in die Stadt ein; Thüren und Fenster waren geschlossen, wie es in Spanien zur Zelt der großen Hitze Gewohnheit ist: man sah in den Straßen weder Volk, noch Vorbereitungen, und man hörte kein anderes Geräusch, als das der Thüren, welche sich öffneten, um irgend, einen säumigen Schläfer durchzulassen, der, ehe er seine Siesta machte, gern wissen wollte, wer diese Truppe von Reitern wäre, welche in die Stadt zu einer Stunde einzogen, wo in Spanien selbst die Mauren, die Kinder der Sonne, den Schatten der Wilder oder die Frische des Flusses suchen.

Die christlichen Reiter marschirten voran; um das Doppelte zahlreicher, denn mehrere Truppen hatten sich nach und nach der ersten angeschlossen, bildeten die Mauren die Nachhut. Don Federigo betrachtete mit forschendem Blick alle diese Manoeuvres; die Stadt, die er lebendig und freudig zu sehen erwartete und im Gegentheil düster und schweigsam wie ein Grab fand, hatte schon in seinem Herzen furchtbaren Argwohn erregt.

Ein Officier ritt nahe zu ihm heran, neigte sich an sein Ohr und sprach:

»Hoher Herr, habt Ihr bemerkt, daß man hinter uns das Thor geschlossen, durch welches wir eingeritten sind?«

Der Großmeister antwortete nicht, man ritt weiter und erblickte bald den Alcazar. Mothril wartete vor der Thüre mit einigen Officieren von Don Pedro. Sie hatten wohlwollende Gesichter.

Die so ungeduldig erwartete Truppe zog alsbald in die Höfe des Alcazar ein, dessen Thore sich, wie die der Stadt, sogleich hinter ihr schloßen.

Mothril folgte dem Prinzen mit allen Zeichen der tiefsten Ehrfurcht. In dem Augenblick, wo er abstieg, näherte er sich ihm und sagte: »Ihr wißt, Hoheit, daß es nicht gebräuchlich ist, mit Waffen in den Palast einzutreten. Soll ich Euer Schwert in Eure Wohnung tragen lassen?«

Der so lange zurückgehaltene Zorn von Don Federigo schien nur diese Gelegenheit abzuwarten, um loszubrechen,

»Sklave!« sprach er, »hat Dich die Knechtschaft so verdumpft, daß Du Deine Fürsten nicht mehr zu erkennen und Deine Herren nicht mehr zu achten weißt? Seit wann hat der Großmeister von San Jago von Calatrava, der das Recht hat, behelmt und bespornt in die Kirchen einzutreten und ganz bewaffnet mit Gott zu sprechen, nicht mehr das Recht, bewaffnet in den Palast einzutreten und den Degen in der Scheide mit seinem Bruder zu reden?«

Mothril hörte mit Ehrfurcht, beugte das Haupt in Demuth und erwiderte:

»Eure Hoheit hat die Wahrheit gesprochen, und Euer untertäniger Diener vergaß, nicht daß Ihr Prinz, sondern daß Ihr Großmeister des Ordens von Calatrava seid. Alle diese Vorrechte sind christliche Gewohnheiten und man darf sich nicht wundern, wenn ein armer Ungläubiger, wie ich, sie nicht kennt oder vergißt.«

In diesem Augenblick näherte sich ein anderer Officier Don Federigo.

»Ist es wahr, Hoheit,« fragte er, »habt Ihr befohlen, daß wir Euch verlassen sollen?«

»Wer hat das gesagt?« entgegnete der Großmeister.

»Eine von den Wachen am Thore.«

»Und was habt Ihr darauf geantwortet?«

»Wir hätten nur Befehle von unserem Herrn Don Federigo zu empfangen.«

Der Prinz zögerte einen Augenblick; er sah sich jung, er fühlte sich kräftig, er wußte sich muthig: er war endlich hinreichend umgeben, um eine lange Vertheidigung zu unternehmen.

»Hoheit,« fuhr der Officier fort, als er sah, daß sein Herr mit sich zu Rathe ging, »sprecht ein Wort, macht eine Geberde, und wir ziehen Euch aus dem Hinterhalt, in den Ihr gerathen seid; wir sind hier zu Dreißig, die die Lanze, den Dolch und das Schwert führen.«

Don Federigo schaute Mothril an; er gewahrte ein Lächeln aus seinen Lippen und folgte der Richtung seines Blickes. Auf den Terrassen, die den Hof um gaben, sah man Bogenschützen und Armbrustschützen, den Bogen oder die Armbrust in der Hand.

»Ich würde diese braven Leute erwürgen lassen,« sagte Don Federigo zu sich selbst; »nein, da es aus mich allein abgesehen ist, will ich auch allein eintreten.«

Der Großmeister wandte sich ruhig und fest gegen seine Gefährten um und sprach:

»Zieht Euch zurück, meine Freunde; ich bin in dem Palaste meines Bruders und meines Königs; der Verrath wohnt nicht an solcher Stätte, und wenn ich mich täusche, erinnert Euch, daß man mich vor einem Verrathe gewarnt hat, und daß ich es nicht habe glauben wollen.«

Die Soldaten von Don Federigo verbeugten sich und gingen einer nach dem andern ab. Don Federigo fand sich nun allein mit den Mauren und den Leibwachen des Königs Don Pedro.

»Und nun will ich meinen Bruder sehen,« sagte er, sich gegen Mothril umwendend.

»Hoher Herr, Euer Wunsch wird sogleich erfüllt werden, denn der König erwartet Euch voll Ungeduld,« antwortete der Maure.

Er trat aus die Seite, damit der Prinz die Treppe des Alcazar hinaussteigen konnte.

»Wo ist mein Bruder?« fragte der Großmeister.

»In dem Gemach der Terrasse.« Dies war ein Gemach in der Nähe desjenigen, welches Don Federigo in der Regel bewohnte. Als er vor der Thüre des seinigen vorüberkam, blieb der Großmeister einen Augenblick stehen, und fragte:

»Kann ich nicht in meine Wohnung eintreten und ein wenig ausruhen, ehe ich vor meinem Bruder erscheine?«

»Gnädigster Herr erwiderte Mothril, »wenn Eure Hoheit den König gesehen hat, mag sie ganz nach ihrem Belieben, und so lange es ihr gut dünkt, ausruhen.«

Es entstand nun eine Bewegung unter den Mauren, welche dem Prinzen folgten. Federigo wandte sich um.

»Der Hund . . .« murmelten die Mauren.

Der getreue Alan war in der That, statt den Pferden in den Stall zu folgen, seinem Herrn gefolgt, als hätte er die Gefahr ahnen können, die ihn bedrohte.

»Der Hund gehört mir,« sagte Don Federigo.

Die Mauren traten weniger aus Achtung, als aus Furcht bei Seite, und der Hund lief freudig herbei und stützte seine Pfoten auf die Brust seines Herrn.

»Ja,« sagte dieser, »ich verstehe Dich, und Du hast Recht. Fernando ist todt, Agenor ist fern von hier, und Tu bist der einzige Freund, der mir bleibt.«

»Hoheit,« fragte Mothril mit seinem spöttischen Lächeln, »gehört es auch zu den Privilegien des Großmeisters von San Jago, in die Gemächer des Königs, gefolgt von seinem Hund, einzutreten?«

Eine finstere Wolke zog über die Stirne von Don Federigo hin. Der Maure war nahe bei ihm; Don Federigo hatte die Hand an seinem Dolch; ein schneller Entschluß, eine rasche Bewegung und er war gerächt an diesem frechen, höhnischen Sklaven.

»Nein,« sagte er in seinem Innern, »die Majestät des Königs ist in allen denjenigen, welche ihn umgeben; wir wollen die Majestät des Königs nicht angreifen.«

Er öffnete kalt die Thüre seines Gemaches und hieß den Hund durch ein Zeichen hineingehen.

Der Hund gehorchte, »Erwarte mich hier, Alan,« sagte Don Federigo.

Der Hund legte sich aus eine Löwenhaut nieder, der Großmeister schloß die Thüre. In diesem Augenblick hörte man eine Stimme rufen:

»Mein Bruder, wo ist denn mein Bruder?« Don Federigo erkannte die Stimme des Königs und eilte nach dem Punkte, von dem diese Stimme kam.

Don Pedro verließ so eben das Bad; noch bleich von der schlaflos zugebrachten Nacht, in dumpfem Zorne brütend, heftete er einen strengen Blick auf den jungen Mann, der sich vor ihm niederwarf und sprach:

»Hier bin ich, mein König und Bruder; Ihr habt mich gerufen und hier bin ich. Ich bin in aller Eile gekommen um euch zu sehen und Euch jedes Glück zu wünschen.«

»Wie ist dies Möglich, Großmeister?« erwiderte Don Pedro, »und muß ich mich nicht wundern, daß Eure Worte so wenig mit Euren Handlungen im Einklange stehen? Ihr wünscht mir alles Glück, sagt Ihr, und conspirirt mit meinen Feinden!«

»Sire, ich begreife Euch nicht,« entgegnete Don Federigo ausstehend, denn sobald man ihn anschuldigte, wollte er nicht eine Secunde mehr aus den Knieen bleiben. »Sind diese Worte wirklich an mich gerichtet?«

»Ja, an Euch selbst, Don Federigo, Großmeister von San Jago.«

»Sire, Ihr nennt mich also einen Verräther?«

»Ja! denn Ihr seid ein Verräther,« antwortete Don Pedro.

Der junge Mann erbleichte, bemeisterte sich aber.

»Warum dies, mein König?« fragte er mit einem Ausdruck unendlicher Sanftmuth. »Ich habe Euch nie beleidigt, wenigstens nie mit Willen. Ganz im Gegentheil: bei mehreren Treffen und besonders im Kriege gegen die Mauren, weiche heute Eure Freunde sind, handhabte ich ein Schwert, das sehr schwer für meinen Arm, denn ich war noch so jung.«

»Ja, die Mauren sind meine Freunde!« rief Don Pedro, »und ich mußte meine Freunde wohl unter den Mauren wählen, da ich in meiner Familie nur Feinde fand.«

Don Federigo richtete sich immer stolzer, immer unerschrockener aus, je ungerechter und verletzender die Vorwürfe des Königs wurden.

»Wenn Ihr von meinem Bruder Enrique sprecht,« sagte er, »so habe ich nichts zu erwiedern, und das geht mich nichts an. Mein Bruder Enrique hat sich gegen Euch empört, er hat Unrecht gehabt, denn Ihr seid unser gesetzlicher Herr, sowohl durch das Alter, als durch die Geburt; doch mein Bruder Enrique will König von Castilien sein und man sagt, der Ehrgeiz lasse Alles vergessen; ich bin nicht ehrgeizig und nehme nichts in Anspruch. Ich bin Großmeister von San Jago; wenn Ihr Einen wißt, der würdiger ist, als ich, so bin ich bereit, mein Amt in seine Hände niederzulegen.«

Don Pedro antwortete nicht.

»Ich habe Coimbra von den Mauren erobert und mich darin wie in meinem Eigenthum eingeschlossen. Niemand hat ein Recht auf meine Stadt. Wollt Ihr Coimbra, mein Bruder? es ist ein guter Hafen.«

Don Pedro antwortete eben sowenig.

»Ich habe ein kleines Heer,« fuhr Don Federigo fort. »Doch ich sammelte es unter Eurem Gutheißen. Wollt Ihr meine Soldaten, um Eure Feinde zu bekämpfen?«

Don Pedro schwieg fortwährend.

»Ich besitze kein anderes Gut, als das meiner Mutter, Dona Eleonore von Guzman, und die Schätze, die ich von den Mauren erobert habe. Wollt Ihr mein Geld, mein Bruder?«

»Ich will weder Dein Amt, noch Deine Stadt, noch Deine Soldaten, noch Deinen Schatz,« rief Don Pedro, der bei dem Anblick des ruhigen jungen Mannes nicht mehr länger an sich halten konnte, »ich will Deinen Kopf.«

»Mein Leben gehört Euch, wie alles Uebrige, mein König; ich werde es ebenso wenig vertheidigen, als ich das Uebrige vertheidigt hätte.

Nur frage ich, warum wollt Ihr den Kopf nehmen, wenn das Herz unschuldig ist?«

»Unschuldig!« versetzte Don Pedro. »Kennst Du eine Französin, die sich Blanche von Bourbon nennt?«

»Ich kenne eine Französin, die sich Blanche von Bourbon nennt, und ich achte sie wie meine Königin und wie meine Schwester.«

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