Kitabı oku: «Der Frauenkrieg», sayfa 26
XVII
Die Rückkehr der Belagerer nach Bordeaux bot ein trauriges Schauspiel. Die Bürger waren triumphierend ausgezogen, denn sie rechneten auf ihre Anzahl, auf die Geschicklichkeit ihrer völlig ruhigen Generale, auf den Ausgang des Ereignisses, in Folge der Gewohnheit, diesen zweiten Vertrauen des Menschen in, Gefahr.
In der That, wer von den Belagernden war in seiner Jugend nicht auf den Wiesen und in den Wäldern der Insel Saint-George allein oder in Gesellschaft umhergelaufen? Welcher Bordelese hatte nicht das Ruder, die Jagdmuskete, oder die Fischernetze in der Gegend gehandhabt, die er nun als Soldat wiedersehen sollte?
Für unsere Bürger war die Niederlage zweimal schwer: die Oertlichkeit machte ihnen eben so sehr Schande, als der Feind. Man sah sie daher mit gesenktem Haupte zurückkehren und mit Resignation die Seufzer und Wehklagen der Frauen anhören, die, nach Art der Wilden in Amerika, die abwesenden Krieger zählend, allmählich die Verluste wahrnahmen, welche die Besiegten erlitten hatten.
Ein allgemeines Gemurre erfüllte nun die große Stadt mit Trauer und Verwirrung. Die Soldaten kehrten nach Hause, um das Unglück jeder auf seine Weise zu erzählen. Die Anführer begaben sich zu der Prinzessin, welche erwähnter Maßen bei dem Präsidenten wohnte.
Frau von Condé erwartete an ihrem Fenster die Rückkehr der Expedition. Geboren in einer Kriegerfamilie, die Frau einen der größten Sieger der Welt, erzogen in der Verachtung der verrosteten Waffen und des lächerlichen Aufzugs der Bürger, konnte sie sich einer unbestimmten Unruhe nicht erwehren, wenn sie bedachte, daß ihre Parteigänger eine Armee von wahren Soldaten bekämpfen sollten. Drei Dinge beruhigten sie jedoch: einmal, daß Herr von Larochefoucault die Expedition befehligte; zweitens, daß das Regiment Navailles an der Spitze marschierte; drittens, daß der Name Condé auf die Fahnen geschrieben war.
Aber durch einen leicht begreiflichen Contrast war Alles, was der Prinzessin Hoffnung gewährte, Schmerz für Frau von Cambes; wie auch Alles, was der erhabenen Dame Schmerz bereiten sollte, ein Triumph für die Vicomtesse werden mußte.
Der Herzog von Larochefoucault erschien ganz staubig und blutig bei Frau von Condé. Der Ärmel seinen schwarzen Wammses war offen und seine Hand mit Blut befleckt.
»Ist eo wahr, was man mir sagt?« rief die Prinzessin, dem Herzog entgegeneilend.
»Und was sagt man, Madame?« fragte der Herzog mit kaltem Tone.
»Man sagt, Ihr wäret zurückgetrieben worden?«
»Man sagt nicht genug, Madame; wir sind, um die Wahrheit zu sprechen, geschlagen worden.«
»Geschlagen,« rief die Prinzessin erbleichend; »geschlagen, das ist nicht möglich!«
»Geschlagen,« murmelte die Vicomtesse, »geschlagen von Herrn von Canolles!«
»Und wie hat sich das zugetragen?« fragte Frau von Condé mit einem stolzen, ihre tiefe Entrüstung verrathenden Tone.
»Das hat sich zugetragen, wie sich alle Verstöße im Spiel, in der Liebe, im Kriege zutragen; wir haben mit einem Feineren oder Stärkeren, als wir sind, angebunden.«
»Er ist also tapfer, dieser Herr von Canolles?« fragte die Prinzessin.
Das Herz von Frau den Cambes zitterte vor Freude.
»Ei! mein Gott,« erwiederte Larochefoucault die Achseln zuckend, »tapfer wie Jedermann! . . . nur hatte er, da er frische Soldaten und gute Mauern besaß und auf seiner Hut war, leichten Kauf mit unsern Bordelesen. Ah! Madame, beiläufig gesagt, was für traurige Soldaten! sie flohen beim zweiten Feuer.«
»Und Navailles?« rief Claire, ohne die Unklugheit dieses Ausrufs wahrzunehmen.
»Madame,« antwortete Larochefoucault, »der ganze Unterschied zwischen Navailles und den Bürgern bestand darin, daß die Bürger geflohen sind und Navailles eine Wendung gemacht hat.«
»Nun fehlte uns nur noch, daß wir Vayres verlieren würden!«
»Ich sage nicht nein,« erwiederte Larochefoucault kalt.
»Geschlagen!« wiederholte die Prinzessin mit dem Fuße stampfend, »geschlagen von nichtsnutzigen Volk, befehligt von einem Herrn von Canolles! der Name ist lächerlich.«
Claire erröthete bis unter das Weiße der Augen.
»Ihr findet diesen Namen lächerlich, Madame,« versetzte der Herzog; »Herr von Mazarin findet ihn erhaben. Und ich möchte beinahe behaupten, daß er nicht allein dieser Ansicht ist,« fügte er mit einem raschen, durchdringenden Blick auf Claire bei. »Die Namen sind wie die Farben, Madame,« fuhr er mit seinem gallichten Lächeln fort, »es läßt sich nicht darüber streiten.«
»Glaubt Ihr, Richon wäre der Mann, der sich schlagen ließ?«
»Warum nicht? ich habe mich auch schlagen lassen! Wir müssen darauf gefaßt sein, den bitteren Kelch bis auf die Hefe zu leeren; der Krieg ist ein Spiel; früher oder später werden wir unsere Entschädigung nehmen.«
»Das wäre nicht geschehen, wenn man meinen Plan befolgt hätte.« sagte Frau von Tourville.
»Allerdings,« sprach die Prinzessin, »man will nie thun, was wir vorschlagen, unter dem Vorwande, wir seien Frauen und verstehen nichts vom Kriege: Die Männer handeln nach ihrem Kopf, und lassen sich schlagen.«
»Ei, mein Gott! Ja, Madame; aber das begegnet den besten Generalen. Paulus Aemilus wurde bei Cannä, Pompejus bei Pharsalus und Attila bei Chalons geschlagen. Nur Alexander und Ihr, Frau von Tourville sind nie geschlagen worden. Laßt Euren Plan hören.«
»Mein Plan, Herr Herzog,« erwiederte Frau von Tourville mit ihrem trockensten Tone, »bestand darin, daß man regelmäßig belagere. Man wollte mich nicht hören und gab einem Handstreich den Verzug. Ihr seht den Erfolg.«
»Antwortet Frau von Tourville, Herr Lenet,« sagte der Herzog, »ich fühle mich nicht stark genug in der Strategie, um den Streit auszuhalten.«
»Madame,« sprach Lenet, dessen Lippen sich bis jetzt nur zu einem Lächeln geöffnet hatten, »gegen die von Euch beantragte Belagerung war einzuwenden, daß die Bordelesen keine Soldaten, sondern Bürger sind; sie bedürfen des Abendbrodes zu Hause und des Nachtlagers im Ehebett. Eine regelmäßige Belagerung aber schließt eine Menge Bequemlichkeiten aus, an welche unsere braven Städter gewöhnt sind. Sie belagerten daher Saint-George als Liebhaber; schmäht sie nicht, weil sie heute gescheitert sind; sie werden die vier Stunden noch einmal machen und den Krieg so oft wieder beginnen, als es nothwendig sein mag.«
»Ihr glaubt, sie werden wieder beginnen?« fragte die Prinzessin.
»Oh! was das betrifft,« sprach Lenet, »ich bin es fest überzeugt: »sie lieben ihre Insel zu sehr, um sie dem König zu überlassen.«
»Und wann werden sie dieselbe nehmen?«
»Ohne Zweifel eines Tags . . .«
»Wohl an dem Tage, an welchem sie die Insel genommen haben,« rief die Prinzessin, »soll dieser unverschämte Canolles erschossen werden, wenn er sich nicht auf Gnade oder Ungnade ergibt,«
Claire fühlte, wie ein tödtlicher Schauer ihre Adern durchlief.
»Ihn erschießen!« sagte der Herzog von Larochefoucault; »Teufel! wenn Eure Hoheit so das Kriegshandwerk treibt, so wünsche ich mir von Herzen Glück, daß ich zu der Zahl ihrer Freunde gehöre.«
»Dann mag er sich ergeben.«
»Ich möchte wohl wissen, was Eure Hoheit sagte, wenn sich Richon ergeben würde?«
»Richon ist nicht im Spiele, Herr Herzog, es ist nicht von Richon die Rede. Man bringe mir einen Bürger, einen Juraten, kurz irgend Jemand, mit dem ich sprechen kann, und der mir die Versicherung gibt, daß diese Schmach nicht ohne Bitterkeit für diejenigen sein wird, welche mir dieselbe zugezogen haben.«
»Das kommt vortrefflich,« versetzte Lenet, »Herr d’Espagnet bittet eben um die Ehre, bei Eurer Hoheit eingeführt zu werden.«
»Laßt ihn eintreten,« erwiederte die Prinzessin.
Während diesen ganzen Gesprächen hatte das Herz von Claire bald geschlagen, als wollte es die Brust zersprengen, bald war es zusammengepreßt wie in einem Schraubstock; sie sagte sich auch, die Bordelesen würden Canolles seinen ersten Sieg theuer bezahlen lassen. Aber es war noch schlimmer, als d’Espagnet erschien, um durch seine Betheuerungen die Zusagen von Lenet zu überbieten.
»Madame,« sagte er zu der Prinzessin, »Eure Hoheit mag sich beruhigen, statt viertausend Mann werden wir achttausend schicken; statt sechs Kanonen pflanzen wir zwölf auf; statt hundert Mann, verlieren wir zweihundert, dreihundert, vierhundert, wenn es sein muß, aber wir nehmen Saint-George.«
»Bravo! Herr,« rief der Herzog: »den heiße ich sprechen; Ihr wißt, daß ich Euer Mann bin, sei es als Anführer, sei es als Freiwilliger, so oft Ihr dieses Unternehmen versuchen werdet. Doch bedenkt, daß bei fünfhundert Mann jedes mal, wenn wir nur vier Züge wie diesen annehmen, unser Heer auf den fünften Theil vermindert werden wird.«
»Herr Herzog,« erwiederte d’Espagnet, »wir haben in Bordeaux dreißigtausend waffenfähige Männer. Wir schleppen, wenn es sein muß, alle Kanonen des Arsenals vor die Festung; wir machen ein Feuer, das einen Granitberg in Staub zu verwandeln im Stande ist; ich setze selbst an der Spitze der Sapeurs über den Fluß und wir nehmen Saint-George: so eben haben wir zu diesem Behuf einen feierlichen Eid geleistet.«
»Ich zweifle, ob Ihr Saint-George nehmen werdet, so lange Herr von Canolles am Leben ist,« sprach Claire mit einer beinahe unverständlichen Stimme.
»Wohl,« erwiederte d’Espagnet, »wir tödten ihn oder lassen ihn tödten, und erobern Saint-George hernach.«
Frau von Cambes drängte einen Angstschrei zurück, der ans ihrer Brust hervorbrechen wollte.
»Will man Saint-George nehmend?«
»Wie! ob man es will,« rief die Prinzessin. »Ich glaube wohl, denn man will nur dieses.«
»Wohl,« sprach Frau von Cambes, »man lasse mich handeln, und ich überliefere den Platz.«
»Bah!« entgegnete die Prinzessin, »Du hast mir bereits dergleichen versprochen und bist gescheitert.«
»Ich hatte Eurer Hoheit versprochen, einen Versuch bei Herrn von Canolles zu machen. Dieser Versuch ist gescheitert, ich fand Herrn von Canolles unbeugsam.«
»Hoffst Du ihn nach seinem Siege zugänglicher zu finden.«
»Nein. Diesmal sagte ich Euch auch nicht, ich würde den Gouverneur, sondern ich würde den Platz überliefern.«
»Wie dies?«
»Indem ich Eure Soldaten bis in den Hof der Festung führe.«
»Seid Ihr eine Fee, Madame, daß Ihr eine solche Arbeit übernehmt?« fragte Larochefoucault.
»Nein, mein Herr, ich bin Grundherrin.«
»Ihr scherzt?« versetzte der Herzog.
»Nein, nein,« sagte Lenet, »ich erschaue Vieles in den drei Worten, welche Frau von Cambes so eben ausgesprochen hat.«
»Das genügt mir,« sprach die Vicomtesse, »die Ansicht von Herrn Lenet ist Alles für mich. Ich wiederhole also, daß Saint-George genommen ist, wenn man mich ein paar Worte mit Herrn Lenet allein sprechen lassen will.«
»Madame,« versetzte Frau von Tourville die Vicomtesse unterbrechend, »ich nehme Saint-George ebenfalls, wenn man mich gewähren läßt.«
»Laßt zuerst Frau von Tourville ihren Plan laut auseinandersetzen,« sprach Lenet, Frau von Cambes zurückhaltend, welche ihn in einen Winkel ziehen wollte, »dann werdet Ihr mir den Eurigen leise mittheilen.«
»Sprecht, Madame,« sagte die Prinzessin.
»Ich breche in der Nacht mit fünfundzwanzig Barken aufs welche zweihundert Musketiere führen; eine andere Truppe von derselben Zahl schleicht längs dem rechten Ufer hin; vier- bis fünfhundert Andere marschieren am linken Ufer hinauf; während dieser Zeit machen tausend bis zwölfhundert Bordelesen . . .«
»Gebt wohl achte Madame,« jagte Larochefoucault, »es sind bereits tausend bis zwölfhundert Mann in Anspruch genommen.«
»Ich nehme Saint-George mit einer einzigen Compagnie,« »gebt mir Navailles und ich stehe für alles.«
»Das ist in Betracht zu ziehen,« sprach die Prinzessin, während Larochefoucault auf die verächtlichste Weise lächelnd mitleidig die Frauen anschaute, die über Kriegsdinge urtheilten, welche die kühnsten und unternehmendsten Männer in Verlegenheit setzten.
»Ich höre,« sagte Lenet. »Kommt, Madame,«
Und er führte die Vicomtesse in eine Fenstervertiefung.
Claire flüsterte ihm ihr Geheimnis in das Ohr, und es entschlüpfte Lenet ein Freudenschrei.
»In der That,« sprach er sich gegen die Prinzessin wendend, »wenn Ihr diesmal Frau den Cambes unumschränkte Vollmacht geben wollt, so ist Saint-George genommen.«
»Und wann dies?« fragte die Prinzessin.
»Wann man will.«
»Die Frau Vicomtesse ist ein großer Kapitän,« sagte Larochefoucault ironisch.
»Ihr werdet darüber urtheilen, Herr Herzog«, erwiederte Lenet, »wenn Ihr im Triumph in Saint-George einzieht, ohne einen Flintenschuß gethan zu haben.«
»Dann werde ich meine Billigung nicht verweigern.«
»Wenn die Sache so sicher ist, wie ihr sagt,« sprach die Prinzessin, »so bereite man Alles für morgen.«
»An dem Tage und in der Stunde, wie es Ihrer Hoheit belieben wird,« antwortete Frau von Cambes; »ich werde ihre Befehle in meinem Gemache erwarten.«
Nach diesen Worten verbeugte sie sich und ging in ihre Wohnung; die Prinzessin, welche in einem Augenblick vorn Zorn zur Hoffnung übergegangen war, that dasselbe; Frau von Tourville folgte ihr. D’Espagnet entfernte sich ebenfalls, nachdem er seine Betheuerungen wiederholt hatte, und der Herzog befand sich allein mit Lenet.
»Mein lieber Lenet,« sagte der Herzog, »da sich die Frauen des Krieges bemächtigt haben, so wäre es glaube ich, für die Männer gut, ein wenig Intriguen zu machen. Ich habe von einem gewissen Cauvignac sprechen hören, der beauftragt ist, für Euch eine Compagnie zu rekrutieren; man hat ihn mir als einen gewandten Burschen geschildert und ich verlangte nach ihm; kann man ihn wohl sehen?«
»Monseigneur, er wartet.«
»Er mag kommen.«
Lenet zog an einer Klingelschnur; ein Diener erschien.
»Führt den Kapitän Cauvignac ein,« sagte Lenet.
Einen Augenblick nachher zeigte sich unser alter Bekannter auf der Schwelle. Aber stets klug, blieb er hier stehen.
»Nähert Euch, Kapitän,« sagte der Herzog, »ich bin der Herr Herzog von Larochefoucault.«
»Monseigneur,« antwortete Cauvignac, »ich kenne Euch vollkommen.«
»Ah! desto besser. Ihr habt den Auftrag erhalten, eine Compagnie anzuwerben?«
»Sie ist geworben.«
»Wie viel Mann habt Ihr zu Entree Verfügung?«
»Hundertundfünfzig.«
»Gut equipirt, gut bewaffnet?«
»Gut bewaffnet, schlecht equipirt. Ich habe mich vor Allem mit den Waffen als dem Wesentlichsten beschäftigt. War die Equipirung betrifft, so fehlte es an Geld, in Betracht, daß ich ein sehr uneigennütziger Mensch bin, einzig und allein von meiner Liebe für die Herren Prinzen angetrieben wurde und von Herrn Lenet nur zehntausend Livree erhalten hatte.«
»Und mit zehntausend Livres habt Ihr hundertundfünfzig Soldaten angeworben?«
»Ja, Monseigneur.«
»Das ist wunderbar.»
»Monseigneur, ich habe nur mir allein bekannte Mittel, mit deren Hilfe ich zu Werke gehe.«
»Und wo sind diese Leute?«
»Sie sind hier, Monseigneur; Ihr sollt sehen, wie schön die Compagnie ist, besondere in moralischer Beziehung; lauter Leute von Stand; nicht ein einziger Schlucker aus dem Bauernvolk.«
Der Herzog von Larochefoucault trat an das Fenster und sah wirklich auf der Straße hundertundfünfzig Menschen von jedem Alter, von jedem Stand, durch Ferguzon, Barrabas, Carrotel und ihre zwei anderen Gefährten, insgesamt in ihren schönsten Gewändern, in zwei Reihen gehalten. Diese Menschen hatten unendlich mehr das Aussehen einer Truppe von Banditen, als einer Compagnie Soldaten.
Sie waren, wie Cauvignac gesagt hatte, sehr abgerissen, aber vortrefflich bewaffnet.
»Habt Ihr einen Befehl in Beziehung auf Eure Leute erhalten?« fragte der Herzog.
»Ich habe den Befehl erhalten, sie nach Vayres zu führen, und erwarte nur die Bestätigung dieses Befehls durch den Herrn Herzog, um meine ganze Compagnie an Richon zu übergeben, welcher derselben entgegen harrt.«
»Aber Ihr bleibt nicht bei ihnen in Vayres?«
»Nein, Monseigneur, es ist mein Grundsatz, nie die Dummheit zu begehen, mich zwischen die vier Mauern einzuschließen, wenn ich im freien Felde umherstreifen kann. »Ich bin geboren, das Leben der Patriarchen zu führen.«
»Wohl, so verweilt, wo es Euch beliebt, aber, bringt Eure Leute nach Vayres.«
»Dann bilden sie also entschieden einen Theil der GarnIson dieses Platzes?«
»Ja.«
»Unter dem Befehle von Herrn Richon?«
»Ja.«
»Aber, Monseigneur, was sollen meine Leute dort thun, da bereits ungefähr dreihundert Mann in der Festung liegen?«
»Ihr seid sehr neugierig.«
»Oh! ich frage nicht aus Neugierde, Monseigneur, sondern aus Furcht.«
»Was fürchtet Ihr?«
»Ich befürchte, man konnte sie zur Unthätigkeit verurtheilen, und das wäre ärgerlich; wer eine gute Waffe rosten läßt, hat Unrecht,«
»Seid unbesorgt, Kapitän, sie werden nicht rosten; in acht Tagen schlagen sie sich.«
»Dann wird man sie mir wohl tödten?«
»Wahrscheinlich, wenn Ihr nicht, wie Ihr ein Mittel habt, Soldaten zu rekrutieren ein Geheimniß besitzt, um sie unverwundbar zu machen.«
»Oh! das ist es nicht; ich wünschte nur, daß sie bezahlt wären, ehe man sie mir tödtet.«
»Sagtet Ihr nicht, Ihr hättet zehntausend Livres empfangen?«
»Ja, auf Abschlag. Fragt Herrn Lenet, der ein geordneter Mann ist und sich gewiß unserer Uebereinkunft erinnern wird.«
Der Herzog wandte sich gegen Lenet.
»Er spricht die Wahrheit,« sagte der tadellose Rath; »wir haben Herrn Cauvignac zehntausend Livree baares Geld für die ersten Auslagen gegeben; ihm aber, abgesehen den dem Verbrauch dieser zehntausend Livres noch hundert Thaler für den Mann versprochen.«
»Dann sind wir dem Kapitän fünfunddreißigtausend Livres schuldig?« sprach der Herzog.
»Ganz richtig, Monseigneur.«
»Man wird sie Euch geben.«
»Könnten wir nicht in der gegenwärtigen Zeit sprechen, Herr Herzog?«
»Nein, unmöglich.«
»Warum?«
»Weil Ihr zu unseren Freunden gehört und die Fremden Allem vorgehen müssen. Ihr begreift, daß man den Leuten nur schmeicheln muß, wenn man vor ihnen Angst hat.«
»Eine vortreffliche Maxime,« erwiederte Cauvignac; »es ist jedoch bei allen Händeln Gewohnheit, eine Frist zu bestimmen.«
»Wohl, setzen wir acht Tage,« sprach der Herzog.
»Setzen wir acht Tage,« wiederholte Cauvignac.
»Wenn wir aber in acht Tagen nicht bezahlt haben?« sagte Lenet.
»Dann werde ich wieder Herr meiner Compagnie,« antwortete Cauvignac.
»Das ist nur zu billig,« sprach der Herzog.
»Ich mache damit, was ich will.«
»Da sie Euch gehört.«
»Jedoch . . .« bemerkte Lenet.
»Bah!« sagte der Herzog, »wir werden sie in Vayres eingeschlossen halten.«
»Ich liebe solche Händel nicht,« erwiederte Lenet den Kopf schüttelnd.
»Sie sind indessen sehr gebräuchlich im Landrecht der Normandie,« entgegnete Cauvignac; »man nennt das einen Verkauf auf Wiederkauf.«
»Er ist also abgemacht?« fragte der Herzog.
»Vollkommen abgemacht?« antwortete Cauvignac.
»Und wann werden Eure Leute abgehen?«
»Sogleich, wenn Ihr befiehlt.«
»Ich befehle es.«
»Dann sind sie abgegangen, Monseigneur.«
Der Kapitän ging hinab, sagte Ferguzon zwei Worte in das Ohr, und die Compagnie Cauvignac, marschierte, begleitet von allen den Neugierigen, welche ihr seltsamer Anblick um sie her versammelt hatte, nach dem Hafen, wo dir drei Schiffe ihrer harrten, auf denen sie die Dordogne hinauf nach Vayres fahren sollte, während ihr Führer, getreu den einen Augenblick vorher gegen den Herzog von Larochefoucault ausgedrückten Freiheits-Grundsätzen, ihr mit verliebten Blicken nachschaute.
In ihre Wohnung zurückgezogen, schluchzte und betete die Vicomtesse mittlerweile.
»Ach!« sagte sie, »ich konnte ihm die Ehre nicht ganz retten, aber ich werde ihm wenigstens den Schein wahren. Er soll naht durch die Gewalt besiegt werden; denn ich kenne ihn, durch die Gewalt überwunden wird er sich vertheidigend sterben; er muß durch den Verrath zu unterliegen scheinen. Wenn er dann erfährt, was ich für ihn gethan und besondere in welcher Absicht ich es gethan habe, wird er mich obgleich besiegt, noch segnen.«
Und durch diese Hoffnung beruhigt, erhob sie sich, schrieb einige Worte, die sie an ihrer Brust verbarg, und ging zu der Frau Prinzessin, welche sie hatte rufen lassen, um mit ihr Hilfe den Verwundeten und Trost und Geld den Witwen und Waisen zu bringen.
Die Prinzessin versammelte alle Diejenigen, welche an dem Zuge Theil genommen hatten; sie erhob in ihrem Namen und in dem des Herrn Herzogs von Enghien die Thaten der Männer, die sich ausgezeichnet hatten; sprach lange mit Ravailly, der, den Arm in der Binde, ihr schwor, er wäre bereit, am andern Tage wieder anzufangen; legte ihre Hand auf die Schulter von d’Espagnet und sagte ihm, sie betrachte ihn und seine braven Bordelesen als die festesten Stützen ihrer Partei; erwärmte endlich so gut die Phantasie Aller, daß die Entmuthigtsten feierlich gelobten, sie würden ihre Entschädigung nehmen, und auf der Stelle nach der Insel Saint-George zurückkehren wollten.
»Nicht auf der Stelle,« sagte die Prinzessin, »benützt den Tag und die Nacht zur Ruhe, und übermorgen werdet Ihr für immer dort eingesetzt sein.«
Diese Versicherung, mit fester Stimme ausgesprochen, wurde mit lauten Rufen kriegerischen Eifers aufgenommen. Jeder von diesen Rufen tauchte sich tief in das Herz der Vicomtesse, denn sie erschienen ihr wie eben so viele das Leben ihres Geliebten bedrohende Dolche.
»Du siehst, wozu ich mich anheischig gemacht habe, Claire,« sprach die Prinzessin; »es ist Deine Sache, meine Schuld gegen diese braven Leute abzutragen.«
»Seid unbesorgt, Madame,« antwortete die Vicomtesse, »ich werde halten, was ich versprochen habe.
An demselben Abend ging ein Eilbote nach Saint-George ab.